DGUF Newsletter Nr. 123 vom 30.03.2024

Inhalt

1  DGUF-Nachrichten

1.1  DGUF-Jahrestagung 2024 "Archäologische Fach-Ethiken: zeitgerecht und wirksam?" (Frankfurt, 10.5.; CfP bis 15.4.)

1.2  Deutscher Studienpreis für Archäologie für Attila Dézsi

1.3  DGUF nimmt Stellung zur laufenden Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes

1.4  Neu: Christina-Maria Wiesner, Siedlungsmuster der Neandertaler in Süddeutschland (Archäologische Berichte 35)

1.5  Ergebnisse der DGUF-Umfrage "Archäologie & #IchBinHanna"

1.6  DGUF-Umfrage zur Lage der privatwirtschaftlichen Archäologie im Jahr 2023 (bis 8.4.)

1.7  Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Marc Vander Linden, The Bell Beaker Phenomenon in Europe. A Harmony of Difference

2  Tagungen und Veranstaltungen

2.1  Jahrestagung CIfA Deutschland (Frankfurt a. M., 11.5.)

2.2  Internationales Studentisches Archäologie Symposium SABA (Bamberg, 25.-27.10.)

2.3  Internationaler Workshop zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik n Süddeutschland und angrenzenden Regionen (Bamberg, 2.-3.5.)

3  Forschung

3.1  Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"

3.2  Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien

3.3  Fortschritte bei der Korrektur nahrungsbedingter Fehler bei Kohlenstoff-Datierungen

3.4  Die Bevölkerungsentwicklung zur Merowingerzeit in West- und Süddeutschland

3.5  Datenbank und umfassende Studie zur Erhaltung menschlicher Gehirne

4  Archäoinformatik

4.1  Quarto-Update auf Version 1.4

4.2  Kenneth Aitchison: "Big data" ungleich "viele Daten"

4.3  Spickzettel zu den Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT

4.4  Update für das R-Graphikpaket ggplot2

4.5  Robert Kabacoff: Datenvisualisierung mit R / gglpot2

5  Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)

5.1  NFDI4Objects für Dummies

6  Kulturgutschutz

6.1  Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien

6.2  Russland, die Ukraine und die Vernichtung von Kulturgut

7  Beruf Archäologie

7.1  Schleswig-Holstein: Archäologie als Modell- und Vorzeigeprojekt der Verwaltungsdigitalisierung

7.2  Jeff Altschul über das Berufsfeld Archäologie in den USA

7.3  Frankreich: Prekäre Arbeitsverhältnisse in der Archäologie – gerade zu Beginn des Berufslebens

7.4  "Das Ziel ist gut, der Ansatz daneben": Rainer Schreg zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

8  Berufsverband

8.1  Nächste Verhandlungsrunde: Lohnuntergrenzen für die privatwirtschaftliche Archäologie

9  Ausstellungen und Museen

9.1  Aktuelles rund um Museen in den Medien

10     Bürger und Archäologie & Citizen Science

10.1      "Eine einzige, gigantische Sicherheitslücke": Raimund Karl zur neuen österreichischen Fundmelde-App "IceWatcher"

11     Und sonst …

11.1      Erstmals Mikroplastik in Bodenproben einer Ausgrabung gefunden

 

1         DGUF-Nachrichten

1.1        DGUF-Jahrestagung 2024 "Archäologische Fach-Ethiken: zeitgerecht und wirksam?" (Frankfurt, 10.5.; CfP bis 15.4.)

Die Jahrestagung der DGUF findet 2024 am Freitag nach Christi Himmelfahrt statt (10.5.), und zwar erneut in Kooperation mit dem Archäologischen Museum in Frankfurt/M. Unser Thema: In Deutschland regeln mehrere Ethiken den Umgang mit archäologischen Befunden und Arbeitsprozessen sowie den Umgang der rund um die Archäologie tätigen Personen untereinander. Die DGUF-Jahrestagung will diese Ethiken stärker ins Bewusstsein rücken und zugleich eine gemeinsame Überprüfung anstoßen, inwiefern die – teils alten – Ethiken zeitgerecht und wirksam sind. Fragen, an denen sich Vortragende orientieren können, findet man auf der Tagungswebsite. Alle bereits angenommenen Vorträge samt Abstract werden zeitnah auf der Tagungswebsite veröffentlicht. Für Vortragende: Wir setzen die Vorträge auf 20 Minuten an, ihnen folgt eine 10-minütige Diskussion. Wir bitten bei der Vortragsanmeldung um: Titel des Beitrags, eine kurze Zusammenfassung (ca. 150-200 Wörter) sowie Namen, Titel und Kontaktadresse. Bitte bis spätestens Mo., 15.4. per E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. – Bereits jetzt ist eine Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung möglich. Die normale Tagungsgebühr beträgt 30 Euro, für DGUF-Mitglieder liegt sie bei 15 Euro, für Studierende bei 5 Euro. Für weitere Ermäßigungen konsultiere man die Tagungswebsite. Die Anmeldung erfolgt per E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. Bitte geben Sie an: Name, Vorname (ggf. Titel), Anschrift, E-Mail-Adresse und ggf. Ihre Institution. – Am Do., 9.5. findet nachmittags ab 14:15 Uhr die Mitgliederversammlung der DGUF statt und anschließend die Verleihung des Deutschen Studienpreises für Archäologie.

https://dguf.de/tagungen-events/tagungen/aktuelle-tagung

 

1.2        Deutscher Studienpreis für Archäologie für Attila Dézsi

Der diesjährige Studienpreis der DGUF geht an Attila Dézsi für seine an der Universität Hamburg eingereicht und verteidigte Dissertation "Zeitgeschichtliche Archäologie des 20. Jahrhunderts an Orten des Protests. Kritische Archäologie und Community Archäologie der Freien Republik Wendland". Die Arbeit beschäftigt sich aus historisch-archäologischer Sicht mit dem zentralen Protest-Ort der deutschen Anti-Atom-Bewegung: dem anfangs Juni 1980 geräumten Hüttendorf an der "Bohrstelle 1004" in Gorleben. Dabei kommt eine Vielzahl von Auswertungsansätzen zur Anwendung; der fachübergreifende Methodenkanon reicht von Interviews mit Zeitzeugen und der Auswertung von zeitgenössischem wie aktuellem Fotomaterial bis hin zu klassischen archäologischen Techniken wie Metalldetektor-Prospektion, Oberflächensurvey und Grabungsschnitten. Die aus dem DGUF-Beirat und externen Gutachtern bestehende Jury lobte u. a. die Methodik, die geeignet sei, zukünftigen Arbeiten im Bereich der Zeitgeschichtlichen Archäologie als Vorbild zu dienen. Die Jury hob außerdem die Übertragung der Community Archaeology wie auch der Critical in die deutsche Forschung und die deutsche Sprache hervor; dies ermögliche deutschsprachigen Forschenden einen vereinfachten Zugang in diese Forschungskonzepte. – Die Preisverleihung ist öffentlich und findet am Nachmittag des 9.5. (Christi Himmelfahrt) im Archäologischen Museum Frankfurt a. M. statt.

https://dguf.de/fachgesellschaft/dsa-preistraeger/2024-deutscher-studienpreis-fuer-archaeologie-fuer-attila-dezsi-m-a

 

1.3        DGUF nimmt Stellung zur laufenden Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes

Das seinerzeit viel diskutierte Kulturgutschutzgesetz (KGSG) trat 2016 in Kraft. Wie damals festgelegt, holte der Bundestag einen im Mai 2022 veröffentlichten Anwendungsbericht ein, um die Praxis der Umsetzung des Gesetzes zu prüfen. Dieser "Bericht über die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes" hat einen Änderungsbedarf am KGSG aufgezeigt, dem der Gesetzgeber nachkommt. Im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens wurde die DGUF im März eingeladen, zum vorliegenden Referentenentwurf Stellung zu nehmen. Die Änderungen (der Gesetzgeber vermeidet den Begriff Novellierung) sollen insbesondere der Anpassung des deutschen Gesetzes an EU-Recht dienen, insbes. an die EU-Verordnung 2019/880 (17. April 2019). Die DGUF nutzt die Gelegenheit, um das Thema Wertuntergrenze und Sonderbehandlung von Münzen ins Gedächtnis zu rufen: Einfallstore für möglichen Missbrauch, weil damit die Dokumentations- und Sorgfaltspflicht beim Import und Export umgangen werden kann. Im aktuellen KGSG sind Münzen von den Vorschriften ausgeklammert, d. h. frei handelbar – was nach Ansicht der DGUF geltendem EU-Recht widerspricht. Mehr zum Thema samt Stellungnahme der DGUF bietet DGUF.de.

Stellungnahme der DGUF zur Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes (30.3.2024): https://dguf.de/ngo/stellungnahmen/regelungen-und-gesetzgebungsverfahren/2024-dguf-zur-novellierung-des-kulturgutschutzgesetzes

Kulturgutschutzgesetz (KGSG): https://www.gesetze-im-internet.de/kgsg/

"Bericht über die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes" (Deutscher Bundestag, Drs. 20/2018, 19.5.2022): https://dserver.bundestag.de/btd/20/020/2002018.pdf

Verordnung (EU) 2019/880 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Verbringen und die Einfuhr von Kulturgütern (EUR-Lex): https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32019R0880

"DGUF zur Verabschiedung des Kulturgutschutzgesetzes im Juni 2016": https://dguf.de/ngo/stellungnahmen/regelungen-und-gesetzgebungsverfahren/2016-dguf-zur-verabschiedung-des-kulturgutschutzgesetzes-im-juni-2016

"2015: Ein Desaster für den Kulturgutschutz. DGUF kommentiert Referentenentwurf zum neuen Kulturgutschutzrecht": https://dguf.de/ngo/stellungnahmen/regelungen-und-gesetzgebungsverfahren/2015-ein-desaster-fuer-den-kulturgutschutz-dguf-kommentiert-referentenentwurf-zum-neuen-kulturgutschutzrecht

 

1.4        Neu: Christina-Maria Wiesner, Siedlungsmuster der Neandertaler in Süddeutschland (Archäologische Berichte 35)

Die GIS-gestützte Analyse von Christina-Maria Wiesner – ausgezeichnet mit dem Deutschen Studienpreis für Archäologie 2021 – untersucht das Siedlungsverhalten und die Raumnutzung des Neandertalers anhand der Lageparameter von mittelpaläolithischen Höhlen- und Freilandstationen in Süddeutschland. Methodisch arbeitet die Autorin mit dem "Weighted Layer Approach" (WLA), einer Variante der multiplen linearen Regression. In das Modell gehen unterschiedliche, für das Siedlungsmuster prähistorischer Menschen relevante Lageparameter ein, die in einem zweiten Schritt mit geologischen Faktoren der Fundstellenerhaltung und Auffindungswahrscheinlichkeit in Beziehung gesetzt werden. Aus den transparent gewichteten Daten errechnet Wiesner ein Archäoprognose-Modell, das in detaillierte Prognosekarten für die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins bislang noch unentdeckter mittelpaläolithischer Fundstellen im untersuchten Raum mündet.

Mehr zum Band: https://dguf.de/publikationen/archaeologische-berichte/bisher-erschienen-ab/ab-35-christina-maria-wiesner-das-siedlungsmuster-des-mittelpalaeolithikums-in-sueddeutschland-eine-gis-gestuetzte-archaeoprognose-fuer-fundstellen-in-bayern-und-baden-wuerttemberg

Kerpen-Loogh 2023. 113 Seiten, mit 29 Tabellen und 26 meist farbigen Abb. Verlag Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF). ISBN 978-3-945663-22-6. Softcover. 29,50 Euro, für DGUF-Mitglieder 19,50 Euro.

E-Book im Open Access: ISBN 978-3-96929-262-4. DOI: https://doi.org/10.11588/propylaeum.1287,

 

1.5        Ergebnisse der DGUF-Umfrage "Archäologie & #IchBinHanna"

Wo steht die Archäologie in der Debatte über das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die Initiative #IchBinHanna? Wie verhält es sich mit dem eigenen Engagement? Das sollte Ende 2023 die DGUF-Umfrage "Archäologie & #IchBinHanna" klären, an der ein breiter Querschnitt durch die Archäologie teilnahm. Die Auswertung von Frank Siegmund, Diane Scherzler und Michaela Schauer identifiziert jetzt u. a. "einige beachtliche Klüfte" zwischen Betroffenheit, Informiertheit und persönlichem Engagement: Ein gründliches Sich-Informieren und – mehr noch – ein persönliches Engagement sind Sache von Wenigen. Erst dann, wenn man längst betroffen ist, steigt das Engagement.

Siegmund, F., Scherzler, D. & Schauer, M. (2024). Persönliches Engagement, prekäre Arbeitsplätze und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz – Ergebnisse der DGUF-Umfrage "Archäologie & #IchBinHanna". Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 19. Febr. 2024. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund-etal.pdf

 

1.6        DGUF-Umfrage zur Lage der privatwirtschaftlichen Archäologie im Jahr 2023 (bis 8.4.)

Die DGUF wendet sich wieder an die privatwirtschaftlich tätigen Archäologie-Unternehmer mit der Bitte, sich an der jährlichen Umfrage zur Lage der privatwirtschaftlichen Archäologie im zurückliegenden Jahr, d.h. nun zum Jahr 2023, zu beteiligen. Das 2019 begonnene Projekt der DGUF-Monitoring-Reports hat sich inzwischen branchenintern wie auch bei anderen Interessenten (z. B. Uni-Absolventen) zu einer wichtigen Informationsquelle entwickelt. Die  Aussagen sind umso tragfähiger, je mehr Firmen sich beteiligen. Wer unser Anschreiben am 13.3. übersehen hat oder (noch) nicht in unserem Adressverteiler ist, ist dennoch herzlich eingeladen, mitzumachen. Wer in den Adressverteiler aufgenommen werden möchte, schreibe bitte kurz an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Fragebogen (bis 8.4. ausfüllbar): https://www.soscisurvey.de/DGUF2024/

Siegmund, F. (2023). Leichtes Wachstum in 2022, verhaltene Branchenstimmung für 2023 – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2022. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 24. April 2024. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund2.pdf

Siegmund, F. & Scherzler, D. (2022). Zu geringes Lohnwachstum trotz Arbeitskräftemangels und zweistelliger Wachstumsraten bei Umsatz und Mitarbeitern – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2021. Archäologische Informationen 45, Early View, online publiziert 6. Juni 2022. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/95259

Siegmund, F. & Scherzler, D. (2020). Grabungsfirmen in Deutschland trotz Pandemie auf Wachstumskurs – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2020. Archäologische Informationen, 43, 211-224. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/81411

Siegmund, F. & Scherzler, D. (2019). Die derzeitige Wirtschaftslage in der privatwirtschaftlichen Archäologie Deutschlands – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2019. Archäologische Informationen, 42, 79-98. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/69349

 

1.7        Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Marc Vander Linden, The Bell Beaker Phenomenon in Europe. A Harmony of Difference

Unter den zahlreichen Publikationen, welche die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" zur Rezension ausschreiben, sei diesmal ein im März bei Cambridge University Press erschienenes schmales Buch hervorgehoben – der siebte Band der von CUP und der EAA verantworteten Reihe "Elements in the Archaeology of Europe". Aus dem Klappentext: "After a brief presentation of the historiography of the Bell Beaker phenomenon, this Element offers a synthetic account of the available evidence structured on a regional basis. Following the renewed interest in human mobility generated by stable isotopes and ancient DNA studies, the central thesis developed here is that the Bell Beaker Phenomenon can adequately be described as a metapopulation, a concept borrowed from population ecology." Wenn Sie Interesse an einer Rezension haben, richten Sie bitte Ihre Anfrage mit Ihrer vollständigen Postanschrift sowie einer kurzen Begründung, weshalb Sie dieses Werk besprechen wollen, an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Alle Rezensionsangebote der "Archäologischen Informationen" mit weiteren Informationen zu Modalitäten und Ablauf: https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/dguf-dok_arch-inf_rezensionsangebote.pdf

Marc Vander Linden: The Bell Beaker Phenomenon in Europe. A Harmony of Difference. Elements in the Archaeology of Europe 7. 75 pages. March 2024. https://www.cambridge.org/core/elements/bell-beaker-phenomenon-in-europe/6CE35EF669A4A6A910AAB12FDA3C370C#element

 

2         Tagungen und Veranstaltungen

2.1        Jahrestagung CIfA Deutschland (Frankfurt a. M., 11.5.)

Anstatt der üblichen Fachvorträge setzt der Berufsverband CIfA Deutschland auf ein interaktives Programm mit Workshops und Diskussionsrunden zu den Themen Arbeitssicherheit, Arbeitsnehmerrechten, Arbeitsverträgen und Kommunikation/Konfliktkultur. Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum in Frankfurt in dessen Räumlichkeiten statt. CIfA-Mitglieder und Studierende – egal ob CIfA Mitglieder oder nicht – können kostenfrei an der Tagung teilnehmen. Für Nichtmitglieder fällt eine Tagungsgebühr von 25 Euro an. Die Anmeldung ist bis zum 25.4. möglich.

Tagungswebsite: https://cifa-deutschland.de/veranstaltungen/tagungen

 

2.2        Internationales Studentisches Archäologie Symposium SABA (Bamberg, 25.-27.10.)

Die sechste SABA wendet sich erneut an Studierende der archäologischen Wissenschaften. Diese können im Rahmen der Tagung z. B. ihre Bachelor- oder Masterarbeiten vorstellen und diskutieren. Als Eröffnungsvortrag ist die Vorstellung des Projektes AktArcha vorgesehen.

https://saba-bamberg.blogspot.com

 

2.3        Internationaler Workshop zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik n Süddeutschland und angrenzenden Regionen (Bamberg, 2.-3.5.)

Verschiedene Kolleginnen und Kollegen berichten in kurzen Vorträgen über Forschungsstand und -strategien ausgewählter Regionen und Themenbereiche. Keramikkomplexe werden sie persönlich/auf Postern vorstellen. Der offen und informell gestaltete Workshop soll zahlreiche Möglichkeiten für gegenseitiges Kennenlernen, Vernetzung, Diskussionen sowie die gemeinsame Sichtung ausgelegter Keramikkomplexe bieten. Die offizielle Anmeldefrist (31.3.) wurde um eine Woche verlängert, die Veranstalter bitten alle Interessenten jedoch um baldige Anmeldung.

"Einladung Keramikworkshop Bamberg 2024" (Archaeologik, 28.3.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/03/einladung-keramikworkshop-bamberg-2024.html

 

3         Forschung

3.1        Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"

Siegmund, F. (2024). Population trend in the Merovingian era in Western and Southern Germany. Archäologische Informationen, 46, Early View, published online 8 March 2024. - Deutsch: Die Bevölkerungsentwicklung zur Merowingerzeit in West- und Süddeutschland.

Schmidt, J. & Reller, J. (2024). Kritische Anmerkungen zu den aktuellen Absolventenzahlen und Berufsaussichten in den Fächern Ur- und Frühgeschichte sowie Archäologie des Mittelalters und Neuzeit. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 27. Febr. 2024.

Helmbrecht, M. (2024). Rezension zu: Hilberg, V. (2023). Haithabu 983–1066. Der Untergang eines dänischen Handelszentrums in der späten Wikingerzeit. Mit Beiträgen von J. Fried, B. Gratuze, St. Merkel und I. Pactat. (Die Ausgrabungen in Haithabu, 19). München: Pfeil. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 26. Febr. 2024.

Siegmund, F., Scherzler, D. & Schauer, M. (2024). Persönliches Engagement, prekäre Arbeitsplätze und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz – Ergebnisse der DGUF-Umfrage "Archäologie & #IchBinHanna". Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 19. Febr. 2024.

Barba, P. (2024). Review of: Murphy, E. & Le Roy, M. (eds) (2023). Normative, Atypical or Deviant? Interpreting Prehistoric and Protohistoric Child Burial Practices. Oxford: Archaeopress. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 5 Feb 2024.

https://www.dguf.de/early-views

 

3.2        Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien

"Genetic secrets from 4,000-year-old teeth illuminate the impact of changing human diets over the centuries" (Phys.org, 27.3.): https://phys.org/news/2024-03-genetic-secrets-year-teeth-illuminate.html

Dahschur: "Mastaba-Grab des Alten Reiches mit seltener, fein gemalter Dekoration entdeckt" (DAI, 27.3.): https://www.dainst.org/newsroom/mastaba-grab-des-alten-reiches-mit-seltener-fein-gemalter-dekoration-entdeckt/349

Must Farm: "Iranian glass beads found at 'UK's Pompeii' near Peterborough" (BBC, 26.3.): https://www.bbc.com/news/uk-england-cambridgeshire-68667398

"Why did modern humans replace the Neanderthals? The key might lie in our social structures" (The Conversation, 26.3.): https://theconversation.com/why-did-modern-humans-replace-the-neanderthals-the-key-might-lie-in-our-social-structures-195056

"Pompeii, from the excavations in Region IX new light is shed on Roman construction techiniques" (Pompeii, 25.3.): http://pompeiisites.org/en/comunicati/pompeii-from-the-excavations-in-region-ix-new-light-is-shed-on-roman-construction-techiniques/

"Wissenschaftliche Bohrungen lösen historisches Rätsel um Santorini" (Geomar, 25.3.): https://www.geomar.de/news/article/wissenschaftliche-bohrungen-loesen-historisches-raetsel-um-santorini

"Naturkatastrophe: Warum Menschen vor 60.000 Jahren Afrika verließen" (Spiegel, 21.3.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/menschheitsgeschichte-warum-menschen-vor-60-000-jahren-afrika-verliess-a-820ac594-5271-476d-8d1e-41769e1908ad

"Archaeologists discover prehistoric people had the same piercings as us. Some wear on the lower teeth of the skulls showed that the individuals would have had lower lip piercings when alive" (The Independent, 20.3.): https://www.independent.co.uk/news/science/archaeology/piercings-turkey-dig-iraq-archaeology-b2515681.html

Osterinsel: "Obsidian blades with food traces reveal 1st settlers of Rapa Nui had regular contact with South Americans 1,000 years ago" (Live Science, 20.3.): https://www.livescience.com/archaeology/obsidian-blades-with-food-traces-reveal-1st-settlers-of-rapa-nui-had-regular-contact-with-south-americans-1000-years-ago

"2 000 ans d’histoire sous la place du Maréchal Leclerc à Auxerre (Yonne)" (INRAP, 20.3.): https://www.inrap.fr/2-000-ans-d-histoire-sous-la-place-du-marechal-leclerc-auxerre-yonne-17883

"Nahe Rom: Archäologen finden Kanus aus der Jungsteinzeit" (Spiegel, 20.3.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/italien-archaeologen-finden-kanus-aus-der-jungsteinzeit-a-1ca9d8c9-a29e-480d-a0f8-8570637a5349 und "The first Neolithic boats in the Mediterranean. Canoes from Italy reveal early development of advanced nautical technology" (PLOS, 20.3.): https://www.eurekalert.org/news-releases/1037843

"New evidence suggests Ötzi the Iceman's tattoos were made using a single-pointed tool" (Phys.org, 19.3.): https://phys.org/news/2024-03-evidence-tzi-iceman-tattoos-tool.html

"Totenhütten und Wagengrab. Archäologen entdecken jungsteinzeitliche Begräbnislandschaft auf dem Eulenberg bei Magdeburg" (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesmuseum für Vorgeschichte, 15.3.): https://idw-online.de/de/news830367

Bad Ems: "Mit teuflischen Fallen haben die Römer ihre Lager geschützt" (Welt, 13.3.): https://www.welt.de/geschichte/article250323198/Archaeologie-Mit-diesen-teuflischen-Fallen-haben-die-Roemer-ihre-Lager-geschuetzt.html

"Auf den Spuren der Neandertaler: Susan Peeters’ faszinierende Forschungsreise" (Neanderthal Museum, 13.3.): https://neanderthal-blog.de/2024/03/auf-den-spuren-der-neanderthaler-susan-peeters-faszinierende-forschungsreise/

"Architectures et dépôts funéraires au Néolithique à Pontcharaud (Clermont-Ferrand, Puy-de-Dôme)" (INRAP, 13.3.): https://www.inrap.fr/architectures-et-depots-funeraires-au-neolithique-pontcharaud-clermont-ferrand-17868

"Vor der türkischen Küste: Archäologen wollen Hinweise auf Schiffswrack aus der Bronzezeit gefunden haben" (Spiegel, 9.3.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/tuerkei-archaeologen-wollen-hinweise-auf-wrack-aus-der-bronzezeit-gefunden-haben-a-1a6c79e5-8337-46f6-b68e-f5b45ac58b1d

Irak: "Rabana-Merquly: Was the Mountain Fortress also a Parthian-Era Sanctuary?" (Universität Heidelberg, 7.3.): https://www.uni-heidelberg.de/en/newsroom/rabana-merquly-was-the-mountain-fortress-also-a-parthian-era-sanctuary

"Der Weg nach Europa führte die ersten Menschen vor 1,4 Millionen Jahren in die heutige Ukraine" (Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, 6.3.): https://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=71429&pNid=3438

Thüringen: "Frühbronzezeitliches Leben im Schatten des Leubinger Hügels" (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Thüringen, 5.3.): https://denkmalpflege.thueringen.de/aktuelles/medieninformation/detailseite/neue-erkenntnisse-fruehbronzezeitliches-leben-im-schatten-des-leubinger-huegels

"Europe's last hunter-gatherers had sophisticated societies that helped them avoid inbreeding. Ancient DNA from some of Europe's last hunter-gatherers reveals that they avoided inbreeding" (Live Science, 4.3.): https://www.livescience.com/archaeology/europes-last-hunter-gatherers-had-sophisticated-societies-that-helped-them-avoid-inbreeding

"Seeing the wood for the trees: how archaeologists use hazelnuts to reconstruct ancient woodlands" (Frontiers, 29.2.): https://www.eurekalert.org/news-releases/1035600

"Copper Age necropolis unearthed in Italy contains skeletal remains and still-sharp weapons, maybe from ancient warriors" (Live Science, 28.2.): https://www.livescience.com/archaeology/copper-age-necropolis-unearthed-in-italy-contains-skeletal-remains-and-still-sharp-weapons-maybe-from-ancient-warriors

"Der frühe Mensch als Ingenieur. Internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Tübingen untersucht in Südafrika, wie unsere Vorfahren mit Steinmaterialien für die Werkzeugherstellung umgingen" (Universität Tübingen, 27.2.): https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/der-fruehe-mensch-als-ingenieur/

"Osterinsel: Altersbestimmung von Holztafel weist auf eigene Schrift hin. Radiokarbonmethode datiert Holztafel mit Rongorongo-Schrift vor Ankunft der ersten europäischen Schiffe" (Universität Hohenheim, 27.2.): https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=61621&cHash=da35d4776d0d263eac53232fb2ba9f83

"Nach sensationeller Entdeckung in Bad Ems: Tödliche Holzfallen des römischen Militärs erstmals im Originalzustand zu sehen" (LEIZA, 26.2.): https://www.leiza.de/presse/details-pressmeldungen/nach-sensationeller-entdeckung-in-bad-ems-toedliche-holzfallen-des-roemischen-militaers-erstmals-im-originalzustand-zu-sehen

Iran: "Bright-red pigment is one of the earliest examples of Bronze Age lipstick" (Live Science, 23.2.): https://www.livescience.com/archaeology/bright-red-pigment-is-one-of-the-earliest-examples-of-bronze-age-lipstick

"Mammoth and red deer remains discovered on Metro 3 site in Brussels" (The Brussels Times, 16.2.): https://www.brusselstimes.com/927113/mammoth-and-red-deer-remains-discovered-on-metro-3-site-in-brussels

"Holzspeere auf Wackelpudding werfen: Experimente verändern den Blick auf die Entwicklung der Waffen in der Steinzeit" (NZZ, 14.2.): https://www.nzz.ch/wissenschaft/experimente-und-neue-ideen-veraendern-den-blick-auf-die-waffen-der-altsteinzeit-ld.1769055

"In England gefundenes Ei aus der Römerzeit im Innern noch flüssig" (Basler Zeitung, 13.2.): https://www.bazonline.ch/sensationelle-entdeckung-in-england-gefundenes-ei-aus-der-roemer-zeit-im-inneren-noch-fluessig-942935587415

"Scandinavia's first farmers slaughtered the hunter-gatherer population, DNA analysis suggests" (Phys.org, 12.2.): https://phys.org/news/2024-02-scandinavia-farmers-slaughtered-hunter-population.html

"Endangered Nomads. Excavation of a Pan-Grave cemetery in Wadi el-Tawil, Aswan" (LISA, 7.2.): https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/endangered_nomads

"Un habitat rural de la fin de l’âge du Fer à Beaugency (Loiret)" (INRAP, 5.2.): https://www.inrap.fr/un-habitat-rural-de-la-fin-de-l-age-du-fer-beaugency-loiret-17795

Lochstäbe: "Was stellten Steinzeitmenschen mit diesem Werkzeug an?" (Süddeutsche, 2.2.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/werkzeug-steinzeit-schwaebische-alb-1.6343024

 

3.3        Fortschritte bei der Korrektur nahrungsbedingter Fehler bei Kohlenstoff-Datierungen

Die 14C-Datierung kann in vielen Fällen sehr genau beantworten, wie alt Knochen sind. Doch manche Lebensgewohnheiten, wie z. B. die von Jäger-Sammler-Fischer-Gemeinschaften, können 14C-Daten verfälschen. Denn Fluss-, See- oder Meeresökosysteme enthalten typischerweise weniger 14C als Landtiere oder -Pflanzen. Hat jemand sehr viel Fisch gegessen, reduziert diese Ernährung das Verhältnis von Kohlenstoff-14 zu Kohlenstoff-12 in den Knochen – diese erscheinen dadurch viel zu alt. Diese Verschiebungen sind sehr variabel und waren bislang nur schlecht zu korrigieren. Ein Team von Wissenschaftlern verglich Isotopenanalysen an je zwei Proben von Menschen, die in Sakhtysh ausgegraben wurden, einem Fundplatz aus der Zeit von etwa 5000 bis 3000 v. u. Z. Die erste Probe stammt vom Zahn, die andere von der Pars Petrosa (dem Felsenbein). Die Zähne und der Felsenbeinknochen seien die einzigen mineralisierten Teile des menschlichen Körpers, die nach ihrer Entstehung nicht umgebaut werden; sie werden in unterschiedlichen Altersstufen gebildet. "Wenn sich die Ernährung während der Kindheit und Jugend geändert hat", so der leitende Forscher Dr. John Meadows, "können wir anhand der unterschiedlichen Isotopenwerte von Zahn und Felsenbein eines Individuums Rückschlüsse darauf ziehen, wie stark die 14C-Datierung des Individuums korrigiert werden muss". Ein mathematisches Modell dieser Unterschiede ergab bei einigen Bestattungen aus Sakhtysh eine Änderung der Datierung von bis zu 900 Jahren. Neben zahlreichen Erkenntnissen zum Bestattungsplatz und jener Zeit kann nach Überzeugung der Wissenschaftler die neue Methode helfen, entsprechende Unsicherheiten auch an anderen Fundplätzen zu verringern.

Meadows, J., A. Khramtsova, H. Piezonka, B. Krause-Kyora, N. da Silva, E. Kostyleva, M. Dobrovolskaya, E. Veselovskaya, S. Vasilyev (2024): Dietary 14C reservoir effects and the chronology of prehistoric burials at Sakhtysh, central European Russia. Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adk2904

"So alt sind Fisch-Esser wirklich" (Universität Kiel, 21.2.): https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/025-fisch-esser-14c#

 

3.4        Die Bevölkerungsentwicklung zur Merowingerzeit in West- und Süddeutschland

Die in den 530er-Jahren vorhandene Bevölkerung verdoppelt sich bis in die 610er-Jahre und verdreifacht sich bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes in den 690er-Jahren. Diese Zahlen bilanzieren die wachsende Anzahl an Gräbern und an Gräberfeldern. Innerhalb des gut beobachtbaren Zeitfensters der 535er-Jahre bis 665er-Jahre gibt es bei 29 von 34 Gräberfeldern keine signifikanten Abweichungen vom übergreifenden Wachstumstrend, die auf eine weitflächig wirksame Katastrophe resp. deren Auswirkungen schließen lassen (z. B. Vulkanausbrüche und deren Klimafolgen, LALIA, Pest etc.). Neben Altenerding, wo die Pest per aDNA nachgewiesen ist, zeigen die vier Gräberfelder von Esslingen-Sirnau, Mengen, Westheim und Westhofen in der Mitte des 6. Jahrhunderts n. Chr. Abweichungen vom üblichen Wachstumsverlauf, die mit den Auswirkungen der Pest zusammenhängen  könnten. Das Wachstum der einzelnen Gräberfelder ist geprägt von einem komplexen Ablauf von Gründung, immanentem Wachstum und Zuzug, Erreichen einer sozialen Wachstumsobergrenze und Ausgründung.

Siegmund, F. (2024). Population trend in the Merovingian era in Western and Southern Germany. Archäologische Informationen, 46, Early View, published online 8 March 2024. - Deutsch: Die Bevölkerungsentwicklung zur Merowingerzeit in West- und Süddeutschland. Englisch: https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund_e.pdf. Deutsch: https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund_d.pdf. Open Data: https://dguf.de/fileadmin/AI/siegmund-f_2024_supplmat.zip

 

3.5        Datenbank und umfassende Studie zur Erhaltung menschlicher Gehirne

Die Überreste von Gehirnen ägyptischer und koreanischer Könige, britischer und dänischer Mönche,  von Arktisforschern und Kriegsopfern sind weltweit in Sammlungen konserviert. Gehirne aus archäologischen Stätten stammen z. B. vom Ufer eines Seegrundes im steinzeitlichen Schweden, aus den Tiefen eines iranischen Salzbergwerks um 500 v. Chr. und von den Gipfeln der Anden während dem Höhepunkt des Inka-Reiches. Die Erhaltung des Gehirns beim gleichzeitigen Fehlen anderer Weichteile – also das Überleben des Gehirns inmitten ansonsten skelettierter Überreste – wurde historisch als "einzigartiges" Phänomen angesehen. Neue Forschungen der Universität Oxford zeigen jedoch, dass Nervengewebe tatsächlich in viel größerer Menge vorhanden ist als bisher angenommen, unterstützt durch Bedingungen, die den Zerfall verhindern. Eine in den "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlicht. Studie vereint in einer Datenbank die Aufzeichnungen von mehr als 4.000 konservierten menschlichen Gehirnen aus mehr als zweihundert Quellen aus sechs Kontinenten. Die Gehirne sind bis zu 12.000 Jahre alt, die Aufzeichnungen ihrer Archivierung reichen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. Mehr als 1.300 Gehirne waren die einzigen erhaltenen Weichteile, was die Frage aufwirft, warum das Gehirn bestehen bleiben kann, wenn andere Organe vergehen. Jedes Gehirn in der Datenbank wurde mit historischen Klimadaten aus demselben Gebiet abgeglichen, um Trends zu untersuchen, wann und wo sie gefunden wurden. Die Analysen zeigten Muster in den Umweltbedingungen, die mit verschiedenen Arten der Konservierung im Laufe der Zeit verbunden sind – darunter Dehydrierung, Gefrieren, Verseifung (die Umwandlung von Fetten in "Grabwachs") und Gerben (normalerweise mit Torf bei der Bildung von Moorleichen). Die Konservierungsmechanismen der ältesten Gehirne sind allerdings noch unbekannt. Alexandra Morton-Hayward, Hauptautorin der Studie, sagte: "In the forensic field, it is well-known that the brain is one of the first organs to decompose after death – yet this huge archive clearly demonstrates that there are certain circumstances in which it survives. Whether those circumstances are environmental, or related to the brain’s unique biochemistry, is the focus of our ongoing and future work. We’re finding amazing numbers and types of ancient biomolecules preserved in these archaeological brains."

Alexandra L. Morton-Hayward et al.: Human brains preserve in diverse environments for at least 12 000 years. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. Published: 20 March 2024. DOI: https://doi.org/10.1098/rspb.2023.2606

"Oxford researchers uncover remarkable archive of ancient human brains" (University of Oxford, 20.3.): https://www.ox.ac.uk/news/2024-03-20-oxford-researchers-uncover-remarkable-archive-ancient-human-brains

 

4         Archäoinformatik

4.1        Quarto-Update auf Version 1.4

Ende Januar hat Posit (ehem. RStudio) das Tool "Quarto" auf die Version 1.4 renoviert, d. h. die neue Schreib- und Code-Umgebung u. a. für das Statistik-Paket R. Quarto löst RMarkdown schrittweise ab und ermöglicht es, Code und Text in einem Dokument zu vereinen und aus diesem Basisdokument heraus ohne besonderen Aufwand verschiedene Fassungen auszuspielen, u. a. PDF- und *.docx-Dokumente, aber auch HTML-Seiten oder PPT-Präsentationen. Die neue Version 1.4 von Quarto bringt neben den üblichen Verbesserungen und Bereinigungen mehrere größere neue Fähigkeiten mit sich. Zunächst "Quarto Dashboards": die Möglichkeit, mit dem nunmehr integrierten Shiny eine interaktive Statistik-Oberfläche zu kreieren, die z. B. in Websites eingebaut werden kann. Für Wissenschaftler, deren Produkte am Ende "gedruckt" werden (PDF), eher belanglos, aber ein wertvolles Tool z. B. für die Lehre, für wissenschaftliche Vorträge oder Demonstrationen beim Kunden, um Statistik "live" auf dem Bildschirm passieren zu lassen (wobei Quarto & Dashboards außer dem Arbeiten mit R auch das parallele Arbeiten mit Python und Julia erlauben). Sodann wird nun "Typst" (gespr. "teipist") in Quarto eingebettet, ein neues, Markup-basiertes Layoutsystem, das dazu diesen soll, das bislang im Ausgabeprozess von Quarto verwendete Bündel von Pandoc und LaTeX zu ersetzen. Da die Ausgabe von Quarto-Dokumenten z. B. als PDF- oder *.docx-Datei mit Hilfe des im Hintergrund tätigen Pandoc und LaTex jedoch bereits bisher sehr geschmeidig verlief, fragen Skeptiker wie z. B. Jörg Kantel "wozu?" – ein besonderer Mehrwert sei im Ist-Zustand noch nicht erkennbar. Immerhin ist die Ausgabe via Typst schneller als das bisher übliche Rendern via Pandoc. Befürworter argumentieren, dass die Fehlermeldungen von Typst erheblich zielgenauer und verständlicher seien als solche von Pandoc & LaTeX, sodass man nun auch eher in der Lage sei, eigene Layout-Vorlagen zu formulieren. Mit dem neuen Quarto-Tool "Cross-References" wird das dokumenten-interne Referenzieren von Inhalten wie z. B. Tabellen und Abbildungen erleichtert. Die neue "Inline Code Syntax" erlaubt es z. B., die Ergebnisse von statistischen Berechnungen automatisch in den Fließtext eines Dokuments einzuspielen. Mit "Manuscripts" bietet Quarto nun ein das bisher schon vorhandene "Books" ergänzendes Tool an, um Manuskripte in einem Projekt als Masterdokument zu führen, aus denen heraus alle anderen Ausgaben (HTML, PDF, *.docx) ausgespielt werden können. Mittelfristiges Ziel dieser z. T. kleinteilig erscheinenden Neuerungen ist es, Teams von Wissenschaftlern in Zukunft eine komplette integrierte Schreibumgebung anbieten zu können für das kollektive Erarbeiten, Verfassen und Publizieren von reproduzierbaren Manuskripten.

"Quarto 1.4 has been released" (Postit, 24.1.): https://posit.co/blog/quarto-1-4-release/

"Quarto Introduction" - ein Tutorial in 26 ca. 10-minütigen Videos (YouTube): https://www.youtube.com/playlist?list=PLY9YSTWETzmq-3Qb6cmBN3nO5sPpATUl1

Jörg Kantel: "Quarto 1.4 released" (Blog Der Schockwellenreiter, 6.2.): https://kantel.github.io/posts/2024020602_quarto_1_4/index.html

Jörg Kantel: "Erste (und vermutlich letzte) Schritte mit Typst" (Blog Der Schockwellenreiter, 10.9.2023): https://kantel.github.io/posts/2023091002_typst_1st_steps/

Nicola Rennie: "Making Pretty PDFs with Typst (and Quarto)" (Blog, 31.1.): https://nrennie.rbind.io/blog/making-pdf-with-quarto-typst-latex/

John Kulas: "R for Authoring!" (YouTube, 1:07:43 min): https://www.youtube.com/watch?v=a1tu0VlV8U0

Mine Çetinkaya-Rundel: "Reproducible Manuscripts with Quarto" (Posit-Conference 2023, 19.9.2023). https://mine.quarto.pub/manuscripts-conf23/

 

4.2        Kenneth Aitchison: "Big data" ungleich "viele Daten"

"Big data" ist ein Buzzword, das in den 2010er-Jahren aufkam und auch in die Archäologie hineingeschwappt ist. Aber haben wir wirklich "big data"? Diese Frage stellt Kenneth Aitchison in einem lesenswerten Aufsatz. Er unterscheidet und stellt fest: viele Daten sind nicht unbedingt auch "big data". Das Merkmal von Big data sei, dass sie (a) ständig neu hereinkommen (z. B. Verkehrsinformationen, Nutzerinformationen bei YouTube) und (b) unstrukturiert sind (z. B. Kommentare in Social Media). Gute archäologische Datenerhebungen, auch wenn sie groß sind und zahlreiche Fälle beinhalten, seien in der Regel strukturiert: in einem Feld steht der Fundortname, im nächsten Feld die Kreis- oder Stadtzugehörigkeit, in den nächsten beiden Feldern / Spalten die Hoch- und die Rechtskoordinate - oder ähnlich. Anschließend erinnert Aitchison an erfolgreiche "small data"-Projekte: gut geplante gezielte Erhebungen ohne "big data", aus denen viel Nutzen gezogen werden konnte.

Aitchison, K. (2024). Big Data and Lots of Data are Not the Same Things: Small data sources in the social science of archaeologists. Internet Archaeology, 65; https://doi.org/10.11141/ia.65.3: https://intarch.ac.uk/journal/issue65/3/

 

4.3        Spickzettel zu den Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT

Das Bildungs- und Beratungsunternehmen DataCamp hat in einem frei verfügbaren "Cheat Sheet" (Spickzettel) die Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT für Datenanalytiker zusammengestellt. Anhand von einfachen und gut verständlichen Beispielen – angewendet auf das Programmieren in R, SQL und Python – wird erläutert, was ChatGPT leisten kann, und was nicht. Man kann z. B. eine Aufgabe an ChatGPT formulieren und um passenden Code bitten; man kann sich vorliegenden (z. B. von Dritten übernommenen) Code im Klartext erläutern lassen; man kann Code auf Fehler prüfen lassen; man kann lauffähigen Code optimieren lassen; man kann Code von der einen Programmiersprache in die andere übersetzen lassen; man kann ... Der Spickzettel bietet eine Fülle an Beispielen. Die wichtigsten Folie steht gleich am Anfang: ChatGPT führt nicht immer zur Wahrheit! Es kann von Programmierern als bequemes und mächtiges Hilfsmittel eingesetzt werden, doch die Letztverantwortung für den Erfolg oder Misserfolg und  die Qualität des Ergebnisses liegt beim Menschen.

DataCamp (2024). ChatGPT Cheat Sheet for Data Science: https://res.cloudinary.com/dyd911kmh/image/upload/v1678453027/Marketing/Blog/ChatGPT_Cheat_Sheet.pdf

 

4.4        Update für das R-Graphikpaket ggplot2

Das viel verwendete Grafikpaket ggplot2 im Statistikprogramm R hat im Februar ein Update erfahren, auf die Versionsnummer 3.5.0. Die Macher ordnen das Release trotz des Sprungs der Versionsnummer von 3.4.4 auf 3.5.0 als "minor release" ein, d. h. als vorwiegend von "Bug Fixes" und "Improvements" geprägtes Update. Wesentliche Neuerungen sind u. a., dass nun in viele Grafiken leichter Muster als Hintergrund eingezogen werden können und diese Muster auch als Verlauf gestaltet werden können, z. B. von dunkel- zu hellgrau. In der Beschriftung der Achsen von Grafiken sind mehr Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen worden. Die Polardiagramme / Radardiagramme werden neu statt mit der Komponente "coord_polar()" mit "coord_radial()" erzeugt, die mehr Gestaltungsmöglichkeiten bietet.

ggplot2 Changelog (28.2.): https://ggplot2.tidyverse.org/news/index.html

Tidyverse: "ggplot2 3.5.0. (23.2.): https://www.tidyverse.org/blog/2024/02/ggplot2-3-5-0/

 

4.5        Robert Kabacoff: Datenvisualisierung mit R / gglpot2

Robert I. Kabacoff, Autor des empfehlenswerten und inzwischen in dritter Auflage erschienen Lehrbuches "R in action" (2022), arbeitet an einem Lehrbuch speziell zum Thema Grafiken / Datenvisualisierung in R - genauer: mit ggplot2. Das Buch "Modern Data Visualization with R" soll Ende 2024 bei CRC Press im Druck erscheinen. Bereits jetzt gibt es eine freie Online-Version (CC BY NC ND 4.0), die via GitHub genutzt werden kann. Die mit Bookdown verfasste Online-Version bietet nicht nur Code, den man sich mit Copy & Paste nutzbar machen, weiterverwenden und anpassen kann, sondern sie betont den Zusammenhang von Daten, Fragestellung und Grafik, d. h. versucht, die jeweils angemessenste Grafik für einen Datensatz und eine Fragestellung anzubieten. Kabacoff führt in gut systematischer Ordnung nicht nur die gängigen Standards wie Balkendiagramme, Histogramme und Streuungsdiagramme ein, sondern bietet auch eine Fülle (noch?) ungewöhnlicher Visualisierungen an, die dennoch stets wissenschaftlich-seriös bleiben. Damit Leser das Gebotene gut nachvollziehen können, umschließt das Buch auch 18 Beispieldatensätze.

Kabacoff, R. (2024). Modern Data Visualization with R. Boca Raton: CRC Press. Online: https://rkabacoff.github.io/datavis/

 

5         Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)

5.1        NFDI4Objects für Dummies

Das Projekt NFDI4Objects - "Eine Forschungsdateninfrastruktur für die materiellen Hinterlassenschaften der Menschheitsgeschichte" - ist seit ca. einem Jahr gefördert und aktiv - doch weiterhin vor allem in Spezialistenkreisen bekannt. Die AG CAA bat daher im Rahmen ihrer Webcasts die Geschäftsführerin von NFDI4Objects, Christin Keller, das Vorhaben für eine breite Hörerschaft vorzustellen. Der aufgezeichnete Vortrag wurde nun als Video bei YouTube eingestellt, Interessierte haben die Gelegenheit, sich bequem in 38 Minuten über NFDI4Objects zu informieren: die Ziele des Projekts, seine Genese, die Differenz zu NFDI4Culture, den aktuellen Arbeitsstand, usw. Die AG CAA hat angekündigt, ihre Vortragsreihe über NFDI4Objects fortzusetzen.

"Was ist NFDI4Objects?" (CAA, YouTube, 8.3.; Video, 38:35 Min,): https://www.youtube.com/watch?v=MdppWG8RINw

Website von NFDI4Objects: https://www.nfdi4objects.net/

Zum Abonnement des NFDI4Objects-Newsletters: https://www.listserv.dfn.de/sympa/info/n4o-newsletter

 

6         Kulturgutschutz

6.1        Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien

"Domicide: Architecture, War, and the Destruction of Home in Syria" (Forum transregionale Studien, 28.3.): https://trafo.hypotheses.org/50946

"Thief sold stolen gems to at least 45 buyers on eBay, British Museum says" (BBC, 26.3.): https://www.bbc.com/news/entertainment-arts-68665773

"In Museen lagern immer noch Tausende Objekte aus Namibia" (Deutschlandfunk, 26.2.): https://www.deutschlandfunkkultur.de/in-museen-lagern-immer-noch-tausende-objekte-aus-namibia-100.html und "Namibisches Kulturerbe in deutschsprachigen Institutionen" (Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, 26.2.): https://kulturgutverluste.de/pressemeldung/namibisches-kulturerbe-deutschsprachigen-institutionen

"Kreis Heilbronn: Ermittler beschlagnahmen jahrtausendealte Keilschrift" (SWR, 22.2.): https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/lka-findet-illegal-erworbene-jahrtausendealte-keilschriften-100.html

 

6.2        Russland, die Ukraine und die Vernichtung von Kulturgut

In zwei ausführlichen Blogposts thematisiert Rainer Schreg die gegenwärtige Situation in der Ukraine. Mehr als 340 beschädigte Kulturerbestätten zählt die UNESCO derzeit in der Ukraine. Schreg gibt einen ausführlichen Überblick über Schäden und die Versuche, Hilfe zu leisten. Den Plünderungen der Museen durch Russland gibt er Raum und schildert Russlands Versuche, sich der rechtlich in die Ukraine gehörenden Funde für die russische Geschichtspropaganda zu bedienen.

"Kulturzerstörung in der Ukraine - ein Update" (Archaeologik, 14.2.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/02/kulturzerstorung-in-der-ukraine-ein.html

"Politik, Propaganda und Geschäfte mit archäologischen Funden - 2 Jahre russischer Überfall auf die Rest-Ukraine" (Archaeologik, 24.2.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/02/politik-propaganda-und-geschafte-mit.html

 

7         Beruf Archäologie

7.1        Schleswig-Holstein: Archäologie als Modell- und Vorzeigeprojekt der Verwaltungsdigitalisierung

Schleswig-Holstein treibt die Digitalisierung der Landesverwaltung energisch voran. Eines der geförderten Pilot- und Modellprojekte ist das archäologische Fachverfahren daD.SH - die "digitale archäologische Denkmalpflege Schleswig-Holstein". Für die Digitalisierung des Managements des Weltkulturerbes Haithabu und Danewerk sollen landesweit einsetzbare digitale Werkzeuge entwickelt werden. Diese werden die denkmalrechtliche und denkmalpflegerische Arbeit des ALSH sowie die Forschungen in der Landesarchäologie verbessert. Ziel ist es, den Schatz der vorhandenen Datenbestände, die teilweise analog, teils digital vorliegen, zusammenzuführen. Dies soll den Arbeitsalltag erleichtern. Zum Beispiel bei der Bewältigung der derzeit bis zu 3.200 Vorgänge pro Jahr in der Bauleitplanung, der Menge der stetig anwachsenden Feldprojekte, des Monitorings zu den mehr als 5.000 archäologischen Kulturdenkmalen sowie durchschnittlich 250 Verfahren zu Such- und Grabungsgenehmigungen. Das Ziel ist es aber auch, im Rahmen einer Open-Data-Strategie Informationen für Denkmalbesitzerinnen und -besitzer und Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zugänglich zu machen und die Zusammenarbeit mit zertifizierten Sondengängerinnen und Sondengängern zu verbessern. Die Digitalisierungsstrategie des ALSH soll die Vernetzung aller haupt- und nebenberuflichen Archäologinnen und Archäologen ermöglichen. Hierzu werden gemeinsame technische Forschungsmöglichkeiten, die auf Datenbanken basieren, vorangetrieben.

"Digitalisierung des archäologischen Erbes" (schleswig-holstein.de, 1.2.): https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/I/_startseite/Artikel2024/I/240201_digitalisierungsprogramm_haithabu.html

Website ALSH: https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/ALSH/alsh_node.html

 

7.2        Jeff Altschul über das Berufsfeld Archäologie in den USA

Seit Sept. 2022 Zeit bietet das Archaeological Institute of America (AIA) eine "Archaeology Hour" an: monatliche Online-Vorträge, die sich insbes. an Studierende der Archäologie und an interessierte Bürger wenden. Die Vorträge werden gestreamt und anschließend auch via YouTube verfügbar gemacht. Das Jahr 2024 wurde eröffnet mit einem Vortrag von Jeff Altschul, u. a. langjähriger Vorsitzender der Society for American Archaeology (SAA) und des Berufsverbands Register of Professional Archaeologists (RPA). In seinem Vortrag gibt Altschul einen aktuellen Überblick über das Berufsfeld Archäologie in den USA. Nach Altschul arbeiten z. Zt. ca. 21.400 Menschen in den USA im Beruf Archäologie: ca. 2.000 Archäologinnen und Archäologen in der Academia und ca. 19.400 im "Cultural Ressource Management" (CRM), d. h. in Museen, in der Denkmalpflege und in der privatwirtschaftlichen Archäologie. Das Berufsfeld sei aktuell geprägt von zwei Entwicklungen: US-amerikanische Universitäten beschneiden archäologische Studienprogramme und verlängern Verträge mit Dozierenden nicht mehr, zugleich könne die Nachfrage der staatlichen Denkmalpflege und Grabungsfirmen nach geschultem Fachpersonal nicht gedeckt werden. Dahinter stehe auch eine entsprechende langfristige Entwicklung der Finanzen: Gegenüber 1968 habe die National Science Foundation (NSF) im Jahr 2020 ca. 19 % weniger Forschungsmittel für die Archäologie ausgegeben, während die Budgets im Bereich CRM im gleichen Zeitraum um 11 % gewachsen seien. Doch der Vortrag von Altschul liefert nicht nur Zahlen; "nebenbei" erklärt er auch die Berufsfelder und deren Grundlagen, d. h. die archäologie-relevante Gesetzgebung in den USA.

"AIA Archaeology Hour with Jeff Altschul" (YouTube, 24.1.; Video, 60 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=ycCY7cb9C8I

YouTube-Kanal des AIA: www.youtube.com/@ArchaeologyTV

 

7.3        Frankreich: Prekäre Arbeitsverhältnisse in der Archäologie – gerade zu Beginn des Berufslebens

Mit einer groß angelegten Umfrage untersuchten Hugues Bonnefon und Audren Chapon den Arbeitsmarkt für die Archäologie in Frankreich. Das Ergebnis ist erschreckend: Mehr als ein Drittel aller Antwortenden, die bereits einmal als Archäologe gearbeitet haben, hatten im Befragungsjahr keinen stabilen Job. Die Umfrage zeigt, dass gerade am Beginn des Arbeitslebens in der Archäologie unstabile, präkare Vertragssituationen dominieren, mit kurzen Vertragsdauern und Mindestlohnnähe. Ein interessanter Blick ins Nachbarland.

Bonnefon, H. & Chapon, A. (2022). Données nouvelles sur la précarité systémique en archéologie. Les Nouvelles de l'archéologie, 168, 66-69: https://journals.openedition.org/nda/14085

 

7.4        "Das Ziel ist gut, der Ansatz daneben": Rainer Schreg zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

Zur Diskussion um den zweiten Referentenentwurf des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, den das Kabinett Ende März beschlossen hat, schreibt Rainer Schreg, es sei kontraproduktiv, immer wieder die Befristungsregelungen zu verändern, solange die grundsätzliche Finanzierung der Wissenschaft nicht neu strukturiert werde. Schreg erinnert daran, dass Geld über (per se befristete) Projektförderungen verteilt wird, um längerfristige Haushaltsverpflichtungen zu vermeiden. Eine noch kürzere Befristung in den Geisteswissenschaften auf vier Jahre ermögliche es den Nachwuchswissenschaftlern gerade noch, ein Forschungsprojekt mitzumachen; danach müssten sie dann aus der Wissenschaft ausscheiden, denn die unbefristeten Stellen würden ja nirgendwo geschaffen. Ein Fazit des Bamberger Professors: "Viele Studierende, die aktuell im System sind, haben ihre Karriereplanung an den längeren Fristen orientiert. Sie werden nun unvermittelt aus der Wissenschaft aussortiert. Für Studienanfänger wird die Wissenschaft noch unattraktiver und der vielbeschrieene Wissenschaftsstandort Deutschland blutet aus."

Rainer Schreg: "Erneutes Rumgepfrickel im WissZeitVG" (Archaeologik, 30.3.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/03/erneutes-rumgepfrickel-im-wisszeitvg.html

"WissZeitVG im Kabinett beschlossen" (Forschung & Lehre, 28.3.): https://www.forschung-und-lehre.de/politik/wisszeitvg-im-kabinett-beschlossen-6330

"Arbeiten in der WissenschaftWie der Forschernachwuchs durch Befristungen ausgebremst wird" (Deutschlandfunk, 28.3.): https://www.deutschlandfunk.de/wissenschaftszeitvertragsgesetz-reform-universitaet-forschung-100.html

"WissZeitVG: Drei Schlussfolgerungen, bevor das Parlament dran ist" (JMWiarda, 27.3.): https://www.jmwiarda.de/2024/03/27/wisszeitvg-novelle-drei-schlussfolgerungen-bevor-das-parlament-dran-ist/

"Kabinettstermin fürs WissZeitVG" (JMWiarda, 10.3.): https://www.jmwiarda.de/https-www.jmwiarda.de-2024-03-11-kabinettstermin-fuers-wisszeitvg/

 

8         Berufsverband

8.1        Nächste Verhandlungsrunde: Lohnuntergrenzen für die privatwirtschaftliche Archäologie

Der Berufsverband CIfA Deutschland hat 2021 erstmals "Lohnuntergrenzen" definiert. Dies sind keine Lohnempfehlungen oder Tarife, sondern Untergrenzen im Wortsinne: CIfA Deutschland ist der Überzeugung, dass fachgerechte archäologische Arbeit mit hinreichend qualifizierten Fachkräften nur dann möglich ist, wenn eine Fachfirma diese Untergrenzen einhält und ihren Mitarbeitern nach Möglichkeit mehr zahlt. Der Aushandlungsprozess ist einfach und transparent: Jährlich setzen sich unter dem Dach von CIfA Deutschland der AK Arbeitnehmer:innen und der AK Archäologiefirmen zusammen und handeln diese Lohnuntergrenzen neu aus. Das Ergebnis wird der Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland vorlegt und von dieser angenommen – womit die (neuen) Lohnuntergrenzen per 1. Januar des Folgejahres in Kraft treten. Dieser Prozess – ohne Gewerkschaft, ohne Tarifverhandlungen, ohne Streikoption – wurde anfangs von manchem Kollegen als zahnloser Tiger belächelt. Doch zeigen die jährlichen Umfragen der DGUF bei den Grabungsfirmen, dass sich diese Lohnuntergrenzen in der Privatwirtschaft inzwischen breit durchgesetzt haben. Angesichts des herrschenden Fachkräftemangels werben Firmen vielmehr in Vorstellungsgesprächen damit, dass sie besser zahlen als diese Lohnuntergrenzen – und  genau das ist ja das Ziel des Verfahrens. Nach Ostern beginnt die Verhandlungsrunde 2024 für die Periode 1. Jan. 2025 ff. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, den AK Arbeitnehmer:innen kraftvoll zu unterstützen. Niederschwellig: man unterzeichnet eine Willenserklärung, dass man den AK Arbeitnehmer:innen und die verabschiedeten Lohnuntergrenzen unterstützt. Dies dient dem AK dazu, gegenüber den Arbeitgebern nachzuweisen, dass er wirklich einen großen Anteil der Arbeitnehmer:innen vertritt. Wer sich stärker einbringen kann und will, ist herzlich zur Mitarbeit im AK Arbeitnehmer:innen eingeladen. Man wende sich dazu per E-Mail an Hendrik Hofmann, den Sprecher des AK:  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Website zu den Lohnuntergrenzen: https://cifa-deutschland.de/fachpolitik/lohnuntergrenzen

Aktuelle Lohnuntergrenzen, geltend für 2023: https://cifa-deutschland.de/fachpolitik/lohnuntergrenzen-2023

Siegmund, F. (2023). Leichtes Wachstum in 2022, verhaltene Branchenstimmung für 2023 – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2022. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 24. April 2023: https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund2.pdf

Unterstützungserklärung Lohnuntergrenzen: https://www.soscisurvey.de/lohnuntergrenzen2025/

 

9         Ausstellungen und Museen

9.1        Aktuelles rund um Museen in den Medien

"British Museum in sexism row after suggesting ‘confused’ women can attract men at Roman exhibition" (The Independent, 6.3.): https://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/british-museum-roman-sexist-tiktok-b2507808.html

"Schöne neue Ausstellungswelt? Über Chancen und Risiken digitaler Ausstellungen" (Archivwelt, 27.2.): https://archivwelt.hypotheses.org/3889

 

10    Bürger und Archäologie & Citizen Science

10.1    "Eine einzige, gigantische Sicherheitslücke": Raimund Karl zur neuen österreichischen Fundmelde-App "IceWatcher"

Mitte Januar 2024 stelle das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA) eine Fundmelde-App namens IceWatcher vor. Die von Biolovision Sàrl entwickelte App biete, so das BDA, die Möglichkeit einer automatisierten Übermittlung geographischer Koordinaten. Dadurch könne der Fundort auch in unwegsamem Gelände – z. B. auf Gletschern – auf ca. 20 m genau eingegrenzt werden. Die Finder können auch Text und Fotos von Fund und Fundort übermitteln. Raimund Karl hat sich jetzt ausführlich mit der App beschäftigt. Die App "stellt sicher einen sehr gut gemeinten Versuch dar, das bislang vollkommen dysfunktionale archäologische Fundmeldewesen in Österreich auf ein neues Fundament zu stellen". Die App möge, so Karl, für Fundmeldungen von Gletscherfunden durch Alpinisten möglicherweise geeignet sein, für ein auch nur halbwegs funktionierendes archäologisches Fundmeldesystem sei sie frontend- wie backendseitig hingegen aus mehreren Gründen völlig ungeeignet. Karl fragt, wieso das BDA sich nicht einfach um eine Adaption des PAS, des Portable Antiquities of the Netherlands (PAN), des dänischen DIME oder des finnischen Denkmalamts bzw. dessen FindsSampo-Programm bemühte. Raimund Karls Blogpost nimmt die App und die Konsequenzen in der Praxis detailliert auseinander, darunter sind die Themen "Archäologische Funde in situ aus 1,5 m Distanz fotografieren?", einer Arbeitszeitberechnung für die Erstaufnahme (inkl. Hochrechnung im Fall des Erfolgs der App), gesetzliche Fristen, Fundbergung, rechtliche Fragen, Finderlohn und längerfristige Folgen für das archäologische Fundmeldewesen.

Raimund Karl: "Ein gut gemeinter Versuch. 'Ice Watcher'? Die neue Fundmelde-App des BDA" (Archäologische Denkmalpflege, 4.3.): https://archdenk.rkarl.org/2024/03/ein-gut-gemeinter-versuch.html

"Meldung archäologischer Funde ab sofort per IceWatcher App möglich" (BDA, 18.1.): https://www.bda.gv.at/themen/aktuelles/2024-01-18-archaeo-icewatcher-app.html

Johannes Pöll, BDA: "IceWatcher-app. Eine neue Möglichkeit für Meldungen archäologischer Funde von Gletschern und überhaupt" (BDA, 18.1.): https://www.bda.gv.at/dam/jcr:5b47456e-4d52-49b8-ac96-57adee9e7a14/04_IceWatcherApp.pdf

 

11    Und sonst …

11.1    Erstmals Mikroplastik in Bodenproben einer Ausgrabung gefunden

Forscher der University of York fanden Mikroplastik in Bodenablagerungen mehr als sieben Meter unter der Erde, die im ersten oder zweiten Jahrhundert n. Chr. abgelagert und in den 1980er Jahren ausgegraben wurden. Insgesamt konnten 16 verschiedene Mikroplastik-Polymertypen in zeitgenössischen und archivierten Bodenproben identifiziert werden. "What were previously thought to be pristine archaeological deposits, ripe for investigation, are in fact contaminated with plastics, and that this includes deposits sampled and stored in the late 1980s" sagt John Schofield (University of York) in einem Statement. "We are familiar with plastics in the oceans and in rivers. But here we see our historic heritage incorporating toxic elements." Das Vorhandensein von Mikroplastik könne durch Kontamination den wissenschaftlichen Wert archäologischer Schichten beeinträchtigen. Dies erfordere, so die in "Science of The Total Environment" publizierte Studie, neue Überlegungen zur Erhaltung archäologischer Ablagerungen in situ.

Jeanette M. Rotchell et al.: The contamination of in situ archaeological remains: A pilot analysis of microplastics in sediment samples using μFTIR. Science of The Total Environment, Vol. 914, 1 March 2024. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969724000755?via%3Dihub

"Archaeologists are now finding microplastics in ancient remains" (CNN, 25.3.): https://edition.cnn.com/2024/03/25/uk/microplastics-archeological-remains-study-scli-intl-scn-gbr/index.html