Das archäologische Jahr 2024

Welche spannenden archäologischen Ausgrabungen, Entdeckungen und Entwicklungen gab es in Deutschland im Jahr 2024? Darüber berichten Ausgräber, Forschende und Fachleute am 22. Februar 2025 auf unserer virtuellen Tagung via "Zoom". Sie richtet sich gleichermaßen an Fachkollegen wie an interessierte Bürgerinnen und Bürger – sie alle sind uns ganz herzlich willkommen! Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist erforderlich.

 

Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung / die Vorträge sehen

Eine Anmeldung zur Tagung ist bis Fr., 21. Febr. (19:00 Uhr) möglich; später eingehende Anmeldungen können nicht mehr berücksichtigt werden. Die Teilnahme ist kostenfrei und unabhängig von einer Mitgliedschaft bei DGUF oder CIfA Deutschland für alle Interessierten möglich. Alle bis dahin Angemeldeten erhalten wenige Tage vor der Veranstaltung eine Erinnerung zugemailt, und am Morgen der Tagung gegen 8:45 Uhr erhalten Sie dann den Zugangslink (Zoom-Link). Für Ihre Anmeldung nutzen Sie bitte unseren Event-Kalender: Link.

 

Vortragsprogramm

Das Vortragsprogramm beginnt am Sa., 22. Februar um 9:00 Uhr. Circa eine Viertelstunde vor Beginn erhalten alle Angemeldeten via E-Mail den ZOOM-Link zugesandt, mit dem sie sich in den Online-Vortrag einklinken können. Die Veranstaltung wird nicht gestreamt und nicht aufgezeichnet.

Die Vorträge dauern ca. 15 Minuten. Im Anschluss an jeden Vortrag ist Zeit für Ihre Fragen und Anmerkungen. Wir laden ausdrücklich auch Nicht-Archäologinnen und Nicht-Archäologen ein, Fragen zu stellen.

 

ab 8:45 Uhr: Einlass in den virtuellen Raum

9:00 Uhr: Begrüßung

 

9:10 Uhr: Hirn und Holz: Die Holzartefakte von Schöningen und ihre Bedeutung für die Menschheitsgeschichte

Dr. Dirk Leder, Prof. Dr. Thomas Terberger (Nieders. Landesamt für Denkmalpflege) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Niedersachsen; Altsteinzeit; Holzgeräte

Holzartefakte sind im archäologischen Fundkontext selten erhalten; dies gilt für paläolithische Fundstellen in besonderem Maße. Der Speerhorizont von Schöningen bildet eine Ausnahme. Vor etwa 300.000 Jahren machten Frühmenschen hier an einem Seeufer Jagd auf Großwild und ließen Steinartfakte, Jagdbeutereste und Holzartefakte zurück. So konnten in den 1990er-Jahren die ersten vollständig erhalten Jagdwaffen der Menschheit in Schöningen entdeckt werden. Mit 187 Holzartefakten stellt der Speerhorizont das weltweit größte und bedeutendste Inventar paläolithischer Holzartefakte dar. In einem DFG-geförderten Projekt wurden 2021-2024 alle Hölzer detaillierter untersucht: High-Tech 3D-Mikroskopie und CT-scans wurden genutzt, um durch eine Analyse der Herstellungsspuren die Fertigung der Speere und anderer Geräte zu erschließen und deren Chaîne opératoires zu entschlüsseln. Die Untersuchungsergebnisse zeigen eine planvolle Auswahl dichtgewachsener Koniferen zur Fertigung von Jagdwaffen. Speziell ausgewählte Fichtenhölzer wurden hingegen via Spalttechnik aus Baumstämmen gewonnen und für Werkzeuge mit häuslicher Funktion genutzt. Schöningen liefert somit nicht nur den Nachweis für eine ausgefeilte Holzwaffentechnik, sondern auch den ältesten Beleg für die Anwendung der Spalttechnik. Im Vergleich mit anderen alt- und mittelpaläolithischen Werkzeugen wie etwa dem Faustkeil zeigt sich, dass die Holzwaffen von Schöningen höhere technische Fertigkeiten bezeugen. Holzwerkzeuge werfen somit neues Licht auf die geistigen Fähigkeiten des Frühmenschen.

Leder, D. et al. (2024). The wooden artifacts from Schöningen’s Spear Horizon and their place in human evolution. PNAS, 121(15) e2320484121: https://doi.org/10.1073/pnas.2320484121

 

9:30 Uhr: Römische Brandbestattungen und Wegstrukturen bei Ehingen-Rißtissen

Dr. Jens Axel Frick (ArchaeoBW GmbH, Gerlingen) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Einordnung: Baden-Württemberg, Römische Kaiserzeit, Brandgrab

Der Bau einer Ortsumfahrung um Rißtissen löste eine Rettungsgrabung am Ortsausgang aus, da in der Nähe Bodendenkmäler (Römerkastell, Donausüdstraße) nachgewiesen sind.  Bei den vorgestellten römischen Hinterlassenschaften handelt es sich um 69 Brandbestattungen nebst Steinsetzung, wobei die eigentliche Römerstraße im Bereich der heutigen K 7263 nur rund 30 Meter weiter nördlich anzunehmen ist. Wegen moderner Eingriffe sind nur Teile des Gräberfeldes erhalten. In der Antike wurde der Boden des Auengleys stellenweise bis auf die Staunässezone abgetragen. In diese wurden sich kreuzende Gräben eingetieft. Der südliche Parallelgraben wurde mit einer Schüttschicht begraben und gerundete Kalksteine und Ziegel aufgesetzt. Die Brandbestattungen befinden sich in den Gräben und in den Schichtpaketen darüber. Die Urnen sind unterschiedlich erhalten: wenige waren intakt, die meisten wurden durch Sedimentdruck zerscherbt. An Beigaben fanden sich Firma-Lampen, Trinkgefäße und Metallgegenstände wie Messer oder Dolche. Der Anteil an Nägeln, vor allem Schuhnägeln, ist auf der gesamten Fläche mit mehr als 4 kg sehr hoch. Die römischen Strukturen stehen in einem Zusammenhang mit dem römischen Kastell in Rißtissen, sie stammen aus dem 1. und 2. Jh., wodurch das Bild der römischen Okkupation in Rißtissen um zahlreiche Brandbestattungen und Wegstrukturen (Furt oder Straße) bereichert wird.

 

9:50 Uhr: Römische Keller und ein bodenloser Brunnen

Antje Franz-Steinert, M.A. (Archäologische Dienstleistungen Wolff) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Baden-Württemberg, Römische Kaiserzeit, Römer, vicus

Vorgestellt wird die Ausgrabung, die von Oktober 2023 bis März 2024 unmittelbar nordöstlich des Kohortenkastells Mainhardt am "Marktplatz 5" durchgeführt wurde. Unter neuzeitlichen und hochmittelalterlichen Baubefunden konnte anhand mehrerer Keller und eines Brunnens nachgewiesen werden, dass sich der römische Vicus nicht nur auf das bisher bekannte Areal südwestlich des Kastells beschränkte. Neben einer kleinen Fortunastele und verschiedenen Kleinfunden aus den Kellern gehören zwei Pferdeskelette aus dem Brunnen zu den eindrucksvollsten Funden der Grabung.

 

10:10 Uhr: Das vergessene Dorf auf der Fröttmaninger Heide bei München

Birgit Anzenberger M.A. (Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht GbR) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Bayern; Früh- und Hochmittelalter; Wüstung; Kirche

Im Sommer 2024 wurde auf dem Neubaugelände des Bundesamtes für Strahlenschutz in Neuherberg bei München eine Siedlung des frühen bis hohen Mittelalters (9./10.–14./15. Jahrhundert) aufgedeckt. Zahlreiche Öfen und Grubenhäuser bzw. Erdkeller deuten zusammen mit dem Fundmaterial auf eine intensive wirtschaftliche Nutzung hin. Überraschend konnte außerdem der Grundriss einer Saalkirche mit halbrunder, eingezogener Apsis freigelegt werden. Südlich davon fand sich ein kleiner Friedhof, vier weitere Gräber wurden innerhalb des Kirchenbaus angetroffen. Die bislang unbekannte Wüstung könnte nach ersten historischen Recherchen mit dem in einer päpstlichen Bulle aus dem Jahr 1260 genannten Dorf "Wachrain" in Verbindung zu bringen sein, das möglicherweise im 14. Jahrhundert aufgelassen wurde. Eine Auswertung der geborgenen Keramik sowie geplante 14C-Analysen an den Bestattungen werden nähere Aufschlüsse über diesen vergessenen Ort im Norden Münchens erbringen.

 

10:30 - 10:40 Uhr: Kaffeepause

 

10:40 Uhr: Archäologie rund um die Stadtkirche – Eine Baubegleitung in der Darmstädter Innenstadt (Arbeitstitel)

Dr. Regine Müller (SPAU GmbH) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Hessen; Darmstadt; Mittelalter bis Neuzeit; Kirchhof; Besiedlung; Frühe Neuzeit; Mittelalter; Innenstadt; Baubegleitung

In der Darmstädter Innenstadt, rund um die Evangelische Stadtkirche, wurden zwischen April 2023 und November 2024 zahlreiche Gas-, Wasser- und Stromleitungen saniert. Diese Maßnahmen wurden von Seiten der Denkmalpflege mit einer archäologischen Baubegleitung beauflagt, u.a., da der Bereich um die Stadtkirche bis ins 16. Jh. noch als Friedhof genutzt wurde.

Trotz der umfangreichen Störungen des Areals konnten neben mehreren In-situ-Bestattungen auch noch mittelalterliche, frühneuzeitliche und neuzeitliche Befunde freigelegt und dokumentiert werden. Die archäologische Begleitung dieser Sanierungsmaßnahme ermöglicht schlaglichtartige Einblicke in die Geschichte der Darmstädter Innenstadt vom Mittelalter bis heute und zeigt darüber hinaus, dass derartige Maßnahmen trotz scheinbar ungünstiger Voraussetzungen lohnend und wichtig sind.

 

11:00 Uhr: Das Grabhügelfeld Kelkheim - eine Schadensaufnahme

Sascha Piffko M.A. (SPAU GmbH) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Hessen; Frankfurt; Bodendenkmalpflege; Methodik

Bei der Vorbereitung einer Führung durch ein bronzezeitliches Grabhügelfeld in Kelkheim (Main-Taunus-Kreis) wurden zahlreiche Schäden an den Grabhügeln festgestellt. In Folge wurde im Auftrag der Stadt Kelkheim der Zustand der Gräber mittels moderner Survey-Methoden dokumentiert, um weitere Maßnahmen zur Erhaltung und Präsentation des Denkmals planen zu können. Der Vortrag fokussiert auf den Methoden und Ergebnissen der Schadensaufnahme.

 

11:20 Uhr: Von Köln in die Welt – Ergebnisse aus dem ersten Jahr des DFG/AHRC-Projektes "Bartmann goes global"

Dr. Sören Pfeiffer (Univ. Bonn, Institut für Archäologie und Kulturanthropologie) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: NRW; Frühe Neuzeit; Rheinische Keramik; Handel und Distribution

Seit Anfang 2024 untersuchen Forschende aus Deutschland, UK und den USA die frühneuzeitlichen Bartmannkrüge in einem interdisziplinären Projekt. Dieses rheinländische Produkt, mit seiner ikonischen Maske, die ein bärtiges Gesicht zeigt, wurde ab dem 16. Jahrhundert u. a. in Köln, Frechen, Siegburg und Raeren hergestellt und vorrangig als Schank- und Trinkgefäß genutzt. Im 17. Jahrhundert wurden Bartmannkrüge als eines der ersten europäischen Produkte über die Niederlande nach England und in die kolonialen Überseegebiete gebracht. Sie dienten u.a. als Transportcontainer für Flüssigkeiten wie Quecksilber. Die technischen Eigenschaften des Steinzeugs, kombiniert mit der ikonischen Maske, bilden die Grundlage für die weltweite Verbreitung der Bartmannkrüge, die sich in unterschiedlichsten archäologischen Kontexten finden. Vorgestellt werden Ergebnisse aus dem ersten Forschungsjahr des Projektes, mit einem Fokus auf Grundlagenforschungen zu historischen Quellen aus Deutschland, den Niederlanden und UK sowie zur Typochronologie. Einen Ausblick liefern Informationen zu den Zielen und Teilaspekten der verschiedenen Arbeitsgruppen.

 

11:40 Uhr: Verborgene Geschichte – bedrohte Zukunft: Moorarchäologie im Klimawandel

Tobias Reuter, M.Sc. (Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein, Projekt Moorvernässungen in SH) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Schleswig-Holstein; Moor; Klimawandel; Wiedervernässung; Feuchtbodenarchäologie

Moore sind einzigartige Archive, die wertvolle Zeugnisse der Natur- und Kulturgeschichte bewahren. Ihre besonderen Erhaltungsbedingungen ermöglichen die Konservierung organischer Materialien, die für die Rekonstruktion der Landschafts- und Kulturgeschichte seit der letzten Eiszeit entscheidend sind. Entwässerung und Klimawandel bedrohen diese wertvollen Archive, da sie zur Zersetzung der organischen Substanz und damit zur Zerstörung der darin enthaltenen Zeugnisse der Menschheitsgeschichte führen. Wiedervernässungsmaßnahmen, die derzeit verstärkt als Maßnahme gegen den Klimawandel durchgeführt werden, bieten daher auch Chancen für die archäologische Denkmalpflege, indem sie die Erhaltungsbedingungen wiederherstellen. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass Eingriffe in den Boden und Veränderungen der Vegetation kulturhistorische Funde gefährden können. Daher ist es wichtig, Wiedervernässungsvorhaben aus denkmalpflegerischer Sicht zu prüfen und Planer für die Belange der Denkmalpflege zu sensibilisieren, um den Schutz des kulturellen Erbes zu gewährleisten. Ziel des Vortrages ist es, die Bedeutung von Mooren für die archäologische Denkmalpflege herauszustellen und Lösungsansätze aufzuzeigen, wie der Denkmalschutz bei Moorrenaturierungen angemessen berücksichtigt werden kann.

 

12:00 Uhr: abschließende Fragen und Diskussion

ca. 12:15 Uhr: Ende der Veranstaltung

 

Stand: 18. Febr. 2025

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