DGUF Newsletter Nr. 121 vom 23.12.2023
DGUF Newsletter
vom 23. Dezember 2023
Inhalt
1.1 4-Minuten-Umfrage Archäologie, WissZeitVG und #IchBinHanna (bis 31.12.)
1.2 Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie für 2024 (bis 15.2.)
1.3 Drei DGUF-Nominierte gewählt: DFG-Fachkollegienwahl für 2024-2028
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 Persisting With Change. 30th EAA Annual Meeting (Rom, 28.-31.8.; CfP bis 8.2.)
2.2 Symposium "Lebenswelten und Dynamiken der Michelsberger Kultur" (Hofheim am Taunus, 14.-15.3.)
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
3.3 Thurgau: Sondengänger findet mittelbronzezeitliches Schmuckdepot
3.4 Wie lange wurden Kinder gestillt?
3.5 Stonehenges Bluestone-Altarstein ist kein Bluestone?!
3.6 Prignitz: Entdeckung einer große Halle aus Bronzezeit
4.1 archeoViz: ein R-Paket zur räumlichen Analyse von Fundstellen
4.2 Die zehn beliebtesten freien R-Bücher im Jahr 2023
4.3 Schmidt & Maddison: besser ein R-Paket publizieren als R-Code kollegial weitergeben
4.4 Paula Moraga: "Spatial Statistics for Data Science: Theory and Practice with R"
5 Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)
5.1 NFDI4Objects verlässt X / Twitter und passt seinen Newsletter an
6.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
7.1 Hälfte der UFG-Studierenden mit Curriculum zufrieden, Verbesserungspotenziale deutlich erkennbar
7.2 Akademische Bewerbungen schreiben
7.3 Studienbegleitendes Kompetenzvermittlungsprogramm für die Privatwirtschaft
7.4 Tödlicher Arbeitsunfall auf Ausgrabung in Leimen (Baden-Württemberg)
7.5 Derzeit weitaus zu wenig: Zur Petition "Archäologie in Sachsen erhalten!"
7.6 Debatte um WissZeitVG eingeschlafen? Muss nicht sein, meint J. M. Wiarda
8.1 Umfrage von CIfA Deutschland zu Workshop-Themen auf der Jahrestagung 2024 (bis 6.1.)
9.1 "Ein Scheinerfolg": Zum Open-Access-Vertrag des DEAL Konsortiums mit Elsevier
9.2 cOAlition S: "Towards responsible publishing: a proposal from cOAlition S"
10 Bürger und Archäologie & Citizen Science
10.1 Friedrich-Brinkmann-Archäologiepreis an ehrenamtliche Forscher vergeben
10.2 Mecklenburg-Vorpommern: So gut kann die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen funktionieren
10.3 Interessant für Vereine und Fachgesellschaften: Datenschutz im Ehrenamt
11.1 Aktuelles rund um Museen in den Medien
12.1 Rechtliche Fragen und Antworten rund ums 3D-Scannen
12.2 EAA-Tagung 2024 in Rom leidet am eigenen Erfolg
12.3 Wieder mal: ein Bilderstreit in der Archäologie
12.4 Was wollen wir aufbewahren - und wie?
1 DGUF-Nachrichten
1.1 4-Minuten-Umfrage Archäologie, WissZeitVG und #IchBinHanna (bis 31.12.)
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) und die Initiative #IchBinHanna sind auch für die archäologischen Fächer hochrelevant. Zu handeln und sich aktiv einzubringen, ist wichtig für die Zukunft des Berufs! Unsere 4-Minuten-Umfrage Umfrage richtet sich an alle Berufstätigen und Studierenden in den archäologischen Fächern. Wir wollen von Ihnen wissen, wie Sie die Lage bewerten. Die Umfrageergebnisse werden wir zeitnah veröffentlichen. Bitte machen Sie mit!
https://www.soscisurvey.de/ArchIchBinHanna/
1.2 Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie für 2024 (bis 15.2.)
Ab sofort läuft der Ausschreibungszeitraum für den Deutschen Studienpreis für Archäologie 2024 der DGUF. Die Ausschreibung richtet sich an Studierende aller archäologischer Fachdisziplinen und ihrer Nachbarwissenschaften, die an einer deutschen Hochschule im Jahr 2023 preiswürdige Studienleistungen erbracht haben. Hierzu zählen Seminar‐ oder Abschlussarbeiten und erste eigene Publikationen, die sich innovativ mit für die europäische Archäologie relevanten Forschungsthemen auseinandersetzen. Als preiswürdig erachtet werden herausragende archäologische Forschungsarbeiten zur Geschichte Mitteleuropas oder zu Regionen der Welt, die auf die kulturellen Entwicklungen Mitteleuropas Einfluss ausgeübt haben respektive zu deren Verständnis wichtig sind. Ebenso können innovative methodologische Arbeiten in der Archäologie oder ihren Nachbardisziplinen gewürdigt werden, die der archäologischen Wissenschaft, der archäologischen Denkmalpflege, dem Kulturgüter- und Kulturlandschaftsschutz oder den archäologierelevanten Rechts- und Umweltwissenschaften einen wichtigen Impuls geben. Die eingereichte Arbeit soll auf Grundlage eines findigen interdisziplinären Ansatzes oder einer besonderen Vernetzung oder eines unorthodoxen Forschungskonzeptes oder eines innovativen Einsatzes neuer Medien oder technischer Anwendungen erfolgt sein. Die DGUF kann auch hochschulpolitische Aktivitäten auszeichnen, die der Verbesserungen der archäologischen Studiengänge oder der allgemeinen Studienbedingungen dienen. Die ausgezeichnete Studienleistung kann in eine Publikation in einer der DGUF-Schriften münden. Wir unterstützen dies durch ein bis zu vierstündiges Publikations-Coaching durch einen der Herausgeber bzw. Redakteure der DGUF‐Schriften, das der Preisträgerin bzw. dem Preisträger bei Bedarf hilft, der Arbeit den letzten Schliff zu geben. Die viele Zeit und der große Aufwand, der in die Erstellung der prämierten Arbeit geflossen ist, können sich für den Preisträger also besonders lohnen, wenn die Arbeit einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Veröffentlichung trägt zudem dazu bei, für den am Anfang seiner Karriere stehenden Preisträger eine fachliche Reputation aufzubauen. Der Preis ist ansonsten undotiert. Vorschläge können durch Studierende und Dozenten einer deutschen Hochschule oder Mitglieder einer deutschen archäologischen Gesellschaft eingereicht werden. Der Einreichungszeitraum endet am 15.2.2024.
https://dguf.de/archaeologiepreise/studienpreis/deutscher-studienpreis-fuer-archaeologie
1.3 Drei DGUF-Nominierte gewählt: DFG-Fachkollegienwahl für 2024-2028
Das Ergebnis der Fachkollegienwahl 2023 für die Amtsperiode 2024 bis 2028 in der DFG gab die DFG am 24.11. bekannt. Im Fachkollegium "Alte Kulturen", Fach "Ur- und Frühgeschichte (weltweit) sind dies: Prof. Doris Mischka (Erlangen), Dr. Julia Gresky (Berlin), Prof. Martin Bartelheim (Tübingen) und Dr. Stefan Burmeister (Bramsche). Sie erhielten unter den zwölf Nominierten die meisten Stimmen. Die Wahl fand vom 23.10.-20.11. statt; wahlberechtigt waren an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen angestellte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die DGUF und ihr Arbeitskreis "Professorium" hatten sich im Vorfeld als vorschlagsberechtigte Fachgesellschaft an der Nominierung von Kandidaten beteiligt. Drei der vier nun Gewählten waren auch von der DGUF nominiert worden.
"DFG-Fachkollegienwahl 2023. Vorläufiges Wahlergebnis gemäß § 11 Nr. 1 Wahlordnung" (DFG, 24.11.2023): https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/gremien/fachkollegien/fk-wahl2023/fkwahl_2023_vorlaeufiges_wahlergebnis.pdf
"DGUF-Kandidaten für die DFG-Fachkollegienwahl 2023" (DGUF): https://dguf.de/fachgesellschaft/wahl-dfg-fachkollegium
1.4 Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Annick de Capitani: Die Seeufersiedlungen von Cham-Bachgraben (Kanton Zug)
Unter den zahlreichen Publikationen, welche die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" zur Rezension ausschreiben, sei diesmal auf eine dreibändige Publikation vom November hingewiesen. Die Pfahlbaustation Cham-Bachgraben, Kanton Zug, wurde - insbes. 2009-2012 - auf einer Fläche von über 4000 qm ergraben. Die nun abgeschlossene Auswertung liefert wichtige Erkenntnisse zu den Pfahlbauern in der voralpinen Zentralschweiz. Die Fundstelle befand sich in prähistorischer Zeit auf einer Halbinsel, die von Westen her in den Zuger See hineinragte und in der Stein- und in der Bronzezeit wiederholt besiedelt wurde. Das ausgedehnte Pfahlfeld ermöglicht es, die Siedlungsstrukturen von insgesamt sechs Siedlungen aus der Zeit zwischen 3200 und 1550 v. Chr. zu rekonstruieren. Zahlreiche Funde wie Keramikgefäße, Steinbeile, Werkzeuge und Waffen aus
Silex und Metall geben einen detaillierten Einblick in den Alltag der Pfahlbauer. Dank der Grabungsmethode kamen auch zahlreiche kleinformatige Objekte zum Vorschein, darunter solche, die aus anderen Fundstellen noch kaum bekannt sind, wie etwa Perlen aus so genannter Quarzkeramik, einer Art frühem Glas. Neben Alltagsgegenständen konnten auch exklusivere Objekte geborgen werden, wie z. B. Dolche aus Kupfer oder Feuerstein, die aus Frankreich und Italien importiert wurden und unterstreichen, dass bereits in der Steinzeit ein weitreichender Güteraustausch stattfand. Während der Bronzezeit wurden zahlreiche Schmuckobjekte importiert, u. a. Bernsteinperlen, die aus dem Baltikum stammen. Wenn Sie Interesse an einer Rezension haben, richten Sie bitte Ihre Anfrage mit einer kurzen Begründung, weshalb Sie dieses Werk besprechen wollen, an:
Alle Rezensionsangebote der "Archäologischen Informationen" mit weiteren Informationen zu Modalitäten und Ablauf: https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/dguf-dok_arch-inf_rezensionsangebote.pdf
de Capitani, A. u.a. (2023). Die Seeufersiedlungen von Cham-Bachgraben (Kanton Zug). (Antiqua, 57/1-3). Basel: Archäologie Schweiz. https://archaeologie-schweiz.ch/pub/antiqua-57-aktueller-band/
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 Persisting With Change. 30th EAA Annual Meeting (Rom, 28.-31.8.; CfP bis 8.2.)
Am 18.12. veröffentlichte die EAA die Liste der bisher angenommenen Sektionen und eröffnete den Call for Papers sowie den Call for Posters. Der CfP ist bis zum 8.2. offen, die Ergebnisse werden am 25.3. bekannt gegeben.
EAA paper submissions: https://www.e-a-a.org/EAA2024/Programme.aspx?WebsiteKey=20b5538d-68f8-4056-9596-1ae1ce0ead47&hkey=fe6595a9-39e9-47f1-8159-520091f89dfa&Program=3#Program
2.2 Symposium "Lebenswelten und Dynamiken der Michelsberger Kultur" (Hofheim am Taunus, 14.-15.3.)
In der Zeit der Michelsberger Kultur vor 6.000 Jahren vermischten sich im westlichen Mitteleuropa. die indigenen Sammler- und Jäger-Gemeinschaften zunehmend mit den bereits 2.000 Jahre vorher aus Anatolien eingewanderten Bauern; es bildet sich die Grundlage der heutigen Bevölkerung heraus. Die Menschen errichteten die ersten über europaweite Netzwerke verbundenen Großsiedlungen – eine dieser Siedlungen war der Kapellenberg bei Hofheim. Diese auch heute noch hervorragend erhaltene befestigte Höhensiedlung steht im Zentrum des Symposiums. Diskutiert wird über die Lebenswelten und die Dynamiken dieser zentralen Epoche; Aspekte sind die Archäogenetik, die Anthropologie, Siedlungsstrukturen und Wirtschaftsformen und die damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Prozesse. Vor allem aber soll diskutiert werden, welche Lehren wir aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit für unsere heutige und zukünftige Welt ziehen können und müssen. Im Rahmen der Veranstaltung wird es auch eine geführte Exkursion zum Kapellenberg geben.
3 Forschung
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Brestel, Th. J. (2023). Rezension zu: Zamboni, L., Fernández-Götz, M. & Metzner-Nebelsick, C. (Hrsg.). (2020). Crossing the Alps: Early Urbanism between Northern Italy and Central Europe (900-400 BC). Leiden: Sidestone Press. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 20. Dez. 2023.
Aitchison, K. & Heald, A. (2023). Archaeology and Covid-19 in Scotland – resilience and recovery. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 18 Dec 2023.
Colson, A., Näth, F., Näth, I., Waltke-Poppen, H. & Tausendfreund, H. (2023). Von der Berufsorientierung bis zur Führungskompetenz eines Grabungsleiters: Vorstellung eines modularen und studienparallelen Kompetenzvermittlungsprogramms für die Baugrundarchäologie in der Privatwirtschaft. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 1. Dez. 2023.
Polymeropoulou, P., Kameas, A., Papadatos, I., Kalara, A., Sogliani, Fr., Roubis, D., Tóth, P., Malíšková, F. & Hons, D. (2023). Digital excavation and the new skills for archaeologists in the DELTA project. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 29 Nov 2023.
Pyrgaki, M. (2023). Impact of COVID-19 crisis on archaeology: challenges for the future. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 28 Nov 2023.
Heller, D. (2023). Rezension zu: Davies, B., Schädlich, S. & Stang, M. (2023). MENSCH! Eine Zeitreise durch unsere Evolution. Hamburg: Carlsen Verlag. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 23. Nov. 2023.
Quilici, S., Antonetti, St., Campanella, L., Cugno, S. A., Iovine, S., Oliva, L., Paolillo, Fr. R., Picchione, A., Pontisso, M., Reginaldi, M., Roascio, St., Rocchetta, R. & Spallino, Cl. (2023). Urbs: From the City to the Roman Campagna. A Project of the Appia Antica Archaeological Park (Rome, Italy) for the Complementary National Investment Plan. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 21 Nov 2023.
Borgia, E. & Taloni, M. (2023). Next generation Italia: Innovative doctorates for public administration and cultural heritage. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 20 Nov 2023.
Taloni, M., Chadburn, A. & Byrnes, E. (2023). Introduction to the session #275: The role of archaeology (and archaeologists) in the COVID-19 recovery plans across Europe and beyond. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 20 Nov 2023.
Sandes, C. A. (2023). Review of: Clack, T. & Dunkley, M. (eds) (2022). Cultural Heritage in Modern Conflict: past, propaganda, parade. London: Routledge. Archäologische Informationen 46, Early View, published online 8 Nov 2023.
Schmidt, J., Sickel, Th. & Reller, J. (2023). Was macht das Curriculum der Ur- und Frühgeschichte zukunftsfähig? Eine studentische Bestandsaufnahme und Perspektive. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 6. Nov. 2023.
https://www.dguf.de/early-views
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
"Did authoritarian Bronze Age rulers advance civilisation?" (Roots, 21.12.): https://www.cluster-roots.uni-kiel.de/en/publications/publications-by-roots-member/did-authoritarian-bronze-age-rulers-advance-civilisation
"Archäologie: Im Zeichen der Schlange. In Bayern, Tschechien und Ungarn haben Archäologen frühmittelalterliche Gürtelschnallen mit einem rätselhaften Schlangenmotiv entdeckt. Überreste eines unbekannten Kults?" (SZ, 21.12.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/awaren-ungarn-bayern-archaeologie-1.6322951, dazu: Macháček, J. et al. (2024). Copper-alloy belt fittings and elite networking in Early Medieval Central Europe. Journal of Archaeological Science, 161, 105895: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0305440323001759
Mesopotamien: "Ancient bricks reveal enigmas in Earth’s magnetic field" (Cosmos, 19.12.): https://cosmosmagazine.com/history/archaeology/bricks-magnetic-field-mesopotamia/ und " Tontafeln verraten mysteriöse Schwankungen im Erdmagnetfeld" (Spiegel, 20.12.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/vor-3000-jahren-alte-tontafeln-verraten-mysterioese-schwankungen-im-erdmagnetfeld-a-0d671a62-1d8e-430c-9d22-0bb1ae4c0013
"Hawass könnte in vier Monaten die Mumien von Nofretete und Anchesenamun präsentieren" (Selkets Blog, 17.12.): https://blog.selket.de/aus-der-forschung/hawass-koennte-in-vier-monaten-die-mumien-von-nofretete-und-anchesenamun-praesentieren
"Neanderthal DNA may explain why some of us are morning people. Scientists find genes inherited from our prehistoric cousins increase tendency to rise early – useful in regions with short winter days" (The Guardian, 14.12.): https://www.theguardian.com/science/2023/dec/14/neanderthal-dna-may-explain-why-some-of-us-are-morning-people
"People buried at 'mega' stone tombs in Spain were defleshed and their bones fractured after death. A tomb in Iberia that dates to 6,000 years ago contained bones that were cracked after death" (Live Science, 14.12.): https://www.livescience.com/archaeology/people-buried-at-mega-stone-tombs-in-spain-were-defleshed-and-their-bones-fractured-after-death
"A Cambridge-led team of archaeologists challenge major assumptions about the decline of Roman Italy - Italy’s tough town. Archaeologists reveal how a Roman ‘backwater’ bucked an Empire’s decline" (University of Cambridge, 14.12.): https://www.cam.ac.uk/stories/interamna-lirenas-roman-backwater-bucked-empires-decline
"Earliest evidence for domestic yak found using both archaeology, ancient DNA" (Washington University in St. Louis, 13.12.): https://source.wustl.edu/2023/12/earliest-evidence-for-domestic-yak-found-using-both-archaeology-ancient-dna/
Split: "Archaeologists Discover Ancient Roman Baths Beneath a Museum in Croatia. The pool, mosaic floors and underfloor heating once formed part of Emperor Diocletian’s palace" (Art Net, 12.12.):
"Die Pest aus Ägypten: Mehr Topos als historische Tatsache?" (Universität Basel, 12.12.): https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Die-Pest-aus-Aegypten.html
"Wie frühe Bauern in Skandinavien Klimaschwankungen meisterten" (Roots, 8.12.): https://idw-online.de/de/news825685
"Ancient DNA analysis reveals how the rise and fall of the Roman Empire shifted populations in the Balkans" (Cell, 7.12.): https://www.eurekalert.org/news-releases/1009713
Girsu: "Temple linked to Hercules and Alexander the Great discovered in ancient megacity in Iraq" (Live Science, 7.12.): https://www.livescience.com/archaeology/temple-linked-to-hercules-and-alexander-the-great-discovered-in-ancient-megacity-in-iraq
"Scandinavia's oldest known ship burial is located in mid-Norway" (Phys.org, 5.12.): https://phys.org/news/2023-12-scandinavia-oldest-ship-burial-mid-norway.html und "Mehr als 1300 Jahre altes Schiffsgrab in Skandinavien entdeckt" (Spiegel, 20.12.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/herlaugshaugen-in-norwegen-wohl-aeltestes-schiffsgrab-in-skandinavien-entdeckt-a-efa2bf2c-f196-4c58-9837-4dfc1173c8e3
"Jagd auf Waldelefanten war unter Neandertalern vor 125.000 Jahren weit verbreitet. Funde in Ostdeutschland zeigen, dass Neandertaler große Mengen an Fleisch und Fett lagerten oder sich zeitweise zu größeren Gruppen zusammenschlossen, um diese zu verzehren" (Universität Mainz, 5.12.): https://presse.uni-mainz.de/jagd-auf-waldelefanten-war-unter-neandertalern-vor-125-000-jahren-weit-verbreitet/
"Paleolithic humans may have understood the properties of rocks for making stone tools" (Nagoya University, 30.11.): https://www.eurekalert.org/news-releases/1009799
"Menschen vor 400.000 Jahren jagten systematisch Biber. Funde in Ostdeutschland zeigen, dass sich frühe Menschen vielfältiger ernährten als bisher bekannt" (Universität Mainz, 30.11.): https://presse.uni-mainz.de/menschen-vor-400-000-jahren-jagten-systematisch-biber/
"Archäologenstreit in Indonesien: Ist das die älteste Pyramide der Welt – oder bloß ein Hügel?" (Spiegel, 29.11.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/indonesien-archaeologen-streiten-um-pyramide-gunung-padang-auf-java-a-426b51c7-f3ee-44f5-a36b-42df8490dc54
Roland Haubner (TU Wien): "Kritische Betrachtungen zur Zusammenarbeit von Archäologen und Naturwissenschaftlern" (Archäologische Denkmalpflege, 28.11.): https://archdenk.rkarl.org/2023/11/kritische-betrachtungen-zur.html
"Iron Age site in Europe unearths rituals of animal sacrifice" (Cosmos, 23.11.): https://cosmosmagazine.com/history/archaeology/iron-age-site-in-europe-unearths-rituals-of-animal-sacrifice/
"Neue archäologische Untersuchungen auf dem Magdeburger Domplatz erbringen erstmals Mauerreste eines ottonischen Großbaus" (Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, 23.11.): https://archlsa.de/oeffentlichkeitsarbeit/presseinformationen/2023/231123-magdeburg-domplatz.html
"'Remarkable' 1,400-year-old possible temple found near Sutton Hoo" (BBC, 23.11.): https://www.bbc.com/news/uk-england-suffolk-67496541
Doliche: "2,000 ancient clay stamps used to seal official Roman documents discovered in Turkey" (Live Science, 21.11.): https://www.livescience.com/archaeology/romans/2000-ancient-clay-stamps-used-to-seal-official-roman-documents-discovered-in-turkey
"Melting ice reveals dozens of 7,000-year-old artifacts in Canada" (The Miami Herald, 20.11.): https://ca.sports.yahoo.com/news/melting-ice-reveals-dozens-7-221609873.html?guccounter=1
"See the Outstandingly Ornate 4th Century Mosaic Floors Unearthed in an Ancient Turkish Villa. The mosaic is the largest to be discovered in the Cappadocia region" (Art Net, 18.11.): https://news.artnet.com/art-world/largest-known-4th-century-floor-mosaic-uncovered-in-turkey-2395605
"A new peculiar mass deposition of headless human bodies from the LBK settlement in Vráble, SW Slovakia" (EAA, Nov.): http://www.e-a-a.org/EAA/Navigation_Publications/TEA_78_content/Research_Overview.aspx#78_vrable
"Frühmenschen in der Altsteinzeit: Mehr als nur Wild auf dem Speiseplan. Ernährungsgewohnheiten und Jagdstrategien von Frühmenschen der mittleren Altsteinzeit untersucht" (Senckenberg, 28.10.): https://www.senckenberg.de/de/pressemeldungen/fruehmenschen-in-der-altsteinzeit-mehr-als-nur-wild-auf-dem-speiseplan/
"Major discovery at Mohenjo Daro: Pot of ancient copper coins unearthed" (Times of Karachi, 17.11.): https://timesofkarachi.pk/article/major-discovery-at-mohenjo-daro-pot-of-ancient-copper-coins-unearthed/2746#
"Were early societies dependent on climate?" (Roots, 25.10.): https://www.cluster-roots.uni-kiel.de/en/publications/publications-by-roots-member/were-early-societies-dependent-on-climate
Mecklenburg-Vorpommern: Über einen neu entdeckten Schalenstein mit 46 Vertiefungen bei Franzfelde nahe Pasewalk (The Megalithic Portal, 22.10.): https://www.megalithic.co.uk/article.php?sid=59272
"‘A Neolithic feat of engineering’: Orkney dig reveals ruins of huge tomb" (The Guardian, 21.10.): https://www.theguardian.com/uk-news/2023/oct/21/a-neolithic-feat-of-engineering-orkney-dig-reveals-ruins-of-huge-tomb?ref=upstract.com
"La plaine Dunkerquoise, un ancien estuaire polderisé (Nord)" (INRAP, 12.10.): https://www.inrap.fr/la-plaine-dunkerquoise-un-ancien-estuaire-polderise-nord-17540
3.3 Thurgau: Sondengänger findet mittelbronzezeitliches Schmuckdepot
Im Thurgau (CH) hat ein ehrenamtlicher Sondengänger im August ungewöhnliche Funde entdeckt. Seiner Meldung folgte eine sorgfältige Bergung durch die Kantonsarchäologie. Die 50x50x50cm große Blockbergung wurde inzwischen im Labor freigelegt. Der Komplex umfasst u. a. 14 Stachelscheiben der mittleren Bronzezeit, um 1500 v. Chr., acht Spiralen aus feinem Golddraht und mehr als 100 Bernsteinperlen. Nach der Restaurierung werden sie im Museum in Frauenfeld ausgestellt werden.
"Bronzezeitlicher Schmuckhort in Güttingen entdeckt" (Amt für Archäologie, 16.10.): https://archaeologie.tg.ch/news/detailseite.html/15369/news/66346
3.4 Wie lange wurden Kinder gestillt?
Ein im November erschienener Aufsatz des Anthropologinnen-Teams um Michela Harbeck und Sandra Lösch (München, Bern) hat 38 spätantike und frühmittelalterliche Individuen aus Bayern untersucht, um die Titelfrage zu beantworten. Ausgangspunkt ist die Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopie an den Zähnen sowie das Alter der Linearen Schmelzhypoplasien (LEH). Danach erfolgte das Abstillen vor allem im 3. Lebensjahr der Kinder, die Ernährung nach dieser Umstellung war recht unterschiedlich. Das Abstillalter bei Eingewanderten war höher, und für das 7. Jahrhundert wird ein gegenüber dem Älteren verändertes Verhalten konstatiert. Im Detail sind die Ergebnisse der Studie komplex, offenbar, weil es starke individuelle Unterschiede gibt und die Zeit- und Gruppenunterschiede an der Stichprobe von 38 Individuen noch nicht hinreichend klar erfasst werden konnten. Zu ähnlichen Ergebnissen kam wenige Monate zuvor eine Forschungsgruppe der Univ. Komotini um Christina Papageorgopoulou an 51 antiken bis post-byzantinischen Kindern aus Thessaloniki. Auch hier lag das Abstillalter meist bei etwa 2,5 Jahren. Die Bestimmung des Abstillalters ist von weitergehender Bedeutung, da es einen Zusammenhang zwischen der Dauer des Stillens und dem Intergeburtenabstand gibt, der wiederum wesentlichen Einfluss auf die Reproduktionsstrategie und die Demographie einer Population hat.
Velte, M., Czermak, A., Grigat, A., Neidich, D., Trautmann, B., Lösch, S., Päffgen, B. & Harbeck, M. (2023). Tracing early life histories from Roman times to the Medieval era: weaning practices and physiological stress. Archaeological and Anthropological Sciences, 15, 15:190 (https://doi.org/10.1007/s12520-023-01882-6): https://link.springer.com/article/10.1007/s12520-023-01882-6
Ganiatsou, E., Georgiadou, A., Souleles, A., Aidonis, A., Protopsalti, T., Tzevreni, St., Konstantinidou, Kr., Vasileiadou, St., Siegmund, Fr. & Papageorgopoulou, Chr. (2023). Application of Machine Learning on Isotopic Data from Tooth Microsections for Reconstructing Weaning Patterns and Physiological Stress. Journal of Archaeological Science, 47, no. 103765: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2352409X2200428X?via%3Dihub
3.5 Stonehenges Bluestone-Altarstein ist kein Bluestone?!
In einem kürzlich im Journal of Archaeological Science erschienenen Artikel diskutiert eine Forschergruppe um Richard E. Bevins mit verschiedenen Methoden den sog. Altarstein (Stein 80) von Stonehenge. Auch wenn Untersuchungen dieses Steins schon zigfach durchgeführt wurden, ist diese besonders spannend. Mit Hilfe portabler Röntgenfluoreszenzanalyse (p-RFA) wurde zunächst ein umfangreiches chemisches Screening sowohl des Altarsteins als auch potenzieller Rohstoffquellen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser doch häufig kritisierten Methode überzeugen dabei vor allem durch den fachgerechten Umgang mit Gerät, Analyseparametern und Einhaltung der Grenzen der Aussagekraft. Ausgehend von der Erkenntnis, dass maximal einer der einbezogenen Rohstoffe möglicherweise als Ursprungsgestein gedient haben könnte, werden basierend auf den p-RFA-Analysen ausgewählte Objekte weiteren Untersuchungen unterzogen: SEM-EDS, Raman-Spektroskopie und Petrographie. Diese unterstützen die bereits im ersten Analyseschritt durch die Autoren getätigte Vermutung, dass der Altarstein nicht aus dem anglo-walisischen Becken stammt, wie bis dato in der Forschung angenommen, und zudem nicht weiterhin als Bluestone bezeichnet werden darf. Zukünftig wird sich der Blick der Autoren nach eigener Aussage nun auf andere Regionen Großbritanniens v. a. auf das Midland Valley und dem Orcadian Basin in Schottland sowie die Perm-Trias-Formationen in Nordengland richten, um möglicherweise dort den Ursprung des Altarsteins zu finden.
Richard E. Bevins, Nick J.G. Pearce, Rob A. Ixer, Duncan Pirrie, Sergio Andò, Stephen Hillier, Peter Turner, Matthew Power, The Stonehenge Altar Stone was probably not sourced from the Old Red Sandstone of the Anglo-Welsh Basin: Time to broaden our geographic and stratigraphic horizons? Journal of Archaeological Science: Reports, Volume 51, 2023, 104215, https://doi.org/10.1016/j.jasrep.2023.104215
"Material des 'Altarsteins' von Stonehenge stellt Wissenschaft vor Rätsel" (Der Standard, 8.10.): https://www.derstandard.de/story/3000000190037/material-des-altarsteins-von-stonehenge-stellt-wissenschaft-vor-raetsel
3.6 Prignitz: Entdeckung einer große Halle aus Bronzezeit
Bei Ausgrabungen stießen Mitarbeiter des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologen der Universität Göttingen auf Überreste eines riesigen Hauses aus der Bronzezeit. Dabei soll es sich um die Halle des Königs Hinz handeln. Mit zehn Metern Breite und 31 Metern Länge ist die Halle die bisher größte ihrer Art im nordeuropäischen Raum. "Häuser in der Urgeschichte werden meistens so errichtet, dass sie eine Breite von sechs bis sieben, teilweise acht Metern haben. Wir sind hier bei zehn Metern, das ist das Ungewöhnliche", erläutert Dr. Immo Heske, federführender Archäologe der Uni Göttingen, gegenüber dem RBB. Der Befund ist 250 Meter vom so genannten Königsgrab von Seddin entfernt, einem zehn Meter hohen Grabhügel aus der jüngeren Bronzezeit.
"Die Königshalle von Seddin" (RBB, 1.11.): https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2023/11/prignitz-seddin-archaeologie-koenigsgrab-bronzezeit.html
"Große Halle aus Bronzezeit in der Prignitz entdeckt" (ntv, 1.11.): https://www.n-tv.de/wissen/fundsache/Grosse-Halle-aus-Bronzezeit-in-der-Prignitz-entdeckt-article24502821.html
3.7 Amnya in Westsibirien: 8.000 Jahre alte befestigte Siedlung datiert und siedlungsorganisatorisch bewertet
Die Zunahme sozialer und politischer Komplexität verbinden Archäologen meist mit der Entstehung landwirtschaftlicher Gesellschaften. Dieser Rahmen vernachlässige – so eine jüngst in "Antiquity" publizierte Arbeit von Henny Piezonka et al. – jedoch die Innovationen der Jäger- und Sammlerpopulationen. Konkret geht es um die Zeit vor 8000 Jahren vor heute, um die sibirische Taiga und um den Bau einiger der ältesten bekannten befestigten Stätten der Welt. Die Autorengruppe präsentiert Ergebnisse der befestigten Stätte Amnya in Westsibirien, die mittels neues Radiokarbondaten chronologisch und siedlungsorganisatorisch neu bewertet wurde. "Unsere neuen Untersuchungen zeigen, dass die Bewohner Westsibiriens einen hoch entwickelten Lebensstil führten, der auf den reichhaltigen Ressourcen der Taiga basierte", sagte Mitautorin Tanja Schreiber dem "Spiegel". Palisadenbewehrte Wälle von mehreren Metern Höhe umgaben die Siedlung, Gebäude waren zum Schutz vor Kälte fast zwei Meter tief in den Boden gegraben. "To many people, this still is not part of what hunter-gatherers are. There’s still an element in archaeology that believes complexity develops over time", sagt der Archäologe Rick Schulting (University of Oxford), der nicht zu den Autoren gehört. "This is a nice study that demonstrates you can have alternate pathways to complexity." Im Kontext der sich verändernden sozialen und ökologischen Landschaft der Taiga könnten, so die Autoren, Amnya und ähnliche befestigte Standorte als eine Facette einer umfassenderen Anpassungsstrategie verstanden werden.
Henny Piezonka et al., The world's oldest-known promontory fort: Amnya and the acceleration of hunter-gatherer diversity in Siberia 8000 years ago. Antiquity, Volume 97, Issue 396, December 2023, pp. 1381 – 1401. DOI: https://doi.org/10.15184/aqy.2023.164
"Bisher älteste befestigte Siedlung der Welt nachgewiesen. Internationales Forschungsteam unter Leitung von Archäologinnen der Freien Universität Berlin legt 8000 Jahre alte Siedlung in Sibirien frei" (FU Berlin, 6.12.): https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2023/fup_23_291-aelteste-siedlung-amnya-nachgewiesen/index.html
"World’s oldest forts upend idea that farming alone led to complex societies. In remote Siberia, hunter-gatherers built complex defenses 8000 years ago" (Science News, 30.11.): https://www.science.org/content/article/world-s-oldest-forts-upend-idea-farming-alone-led-complex-societies
"8000 Jahre alte Anlage gefunden Schon Jäger und Sammler haben Festungen errichtet" (Spiegel, 7.12.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/sibirien-schon-jaeger-und-sammler-haben-festungen-gebaut-8000-jahre-alte-anlage-gefunden-a-ff44f54f-777e-4922-9505-114db4433251
4 Archäoinformatik
4.1 archeoViz: ein R-Paket zur räumlichen Analyse von Fundstellen
In der aktuellen Ausgabe des Journal of Open Source Software stellt Sébastien Plutniak (CNRS, Tours) sein Paket "archeoViz" vor. Es dient dazu, mit R Shiny zwei- oder dreidimensionale Daten von Fundplätzen wie z. B. Grabungen in Höhlen und Abris interaktiv zu analysieren und visualisieren. Kernfunktionen sind das Anfertigen von 2D- und 3D-Darstellungen sowie von Profilprojektionen. Ergänzend bietet die Website "archeoViz portal" Anschauungsmaterial von ersten Anwendungen und Übungsdatensätze. Ist das Paket eher ein hübsches Spielzeug, oder doch eher ein mächtiges und hilfreiches Tool? Die "Archäologischen Informationen" laden Experten herzlich zu einer Software-Rezension ein!
Plutniak, S., (2023). archeoViz: an R package for the Visualisation, Exploration, and Web Communication of Archaeological Spatial Data. Journal of Open Source Software, 8(92), 5811, https://joss.theoj.org/papers/10.21105/joss.05811
4.2 Die zehn beliebtesten freien R-Bücher im Jahr 2023
Oscar Baruffa stellt seit August 2020 ein fortlaufend aktualisiertes Online-Buch "Big Book of R" zusammen mit dem Motto "you ever-last bookmark": eine umfassende, thematisch geordnete Sammlung von freien, online verfügbaren Büchern zu und mit dem Statistik-Programm R. Gestartet 2020 mit ca. 100 Titeln, umfasst seine Sammlung aktuell ca. 400 Bücher. Diese eine Sammlung mit Anspruch auf Vollständigkeit soll es erübrigen, dass R-Interessierte sich all die Bücher einzeln bookmarken müssen. Vielmehr bietet das Big Book of R an, sich über diesen Knotenpunkt systematischer und gezielter als zuvor dem Suchen & Finden widmen können. Nun hat Baruffa für das Jahr 2023 ausgewertet, wie oft ein Buch aus dieser Sammlung geklickt wurde, also Lese-Interesse fand. Herausgekommen ist ein Blog-Beitrag mit den zehn meistgeklickten R-Büchern im Jahr 2023. Zwar bedeutet "oft geklickt" nicht notwendigerweise auch "gut & nützlich", aber die Hitliste bildet ab, wo derzeit die überwiegenden Lese-Interessen der R-Gemeinde liegen.
Oscar Baruffa (2023). Big Book of R: https://book.rwithoutstatistics.com/
Oscar Baruffa (10.12.2023). The 10 most popular R books of 2023. R-bloggers, 10.12.2023: https://www.r-bloggers.com/2023/12/the-10-most-popular-r-books-of-2023/
4.3 Schmidt & Maddison: besser ein R-Paket publizieren als R-Code kollegial weitergeben
Auf der AG CAA in Wilhelmshaven stellten Sophie C. Schmidt und Simon Maddison die Perkolationsanalyse vor - ein spezielles räumliches Clusterverfahren, das dazu dient, Befunde (oder auch Funde) anhand ihrer Lage als zusammenhängend resp. nicht zusammenhängend zu erkennen, d. h. aus Einzel(be-)funden Fundstellen zu rekonstruieren und gegen benachbarte Fundstellen abzugrenzen. Inzwischen sind aus dem Vortrag und den publizierten Vortragsfolien ein R-Paket geworden und ein peer-reviewter Aufsatz: Schmidt & Maddison 2023. In diesem Aufsatz geht es jedoch nicht darum, Leser in die Tiefen der Perkolationsanalyse einzuführen. Vielmehr legen die Autoren den Mehrwert des Aufwandes dar, aus dem aus einem gemeinsamen Forschungsanliegen heraus entstandenen, zunächst persönlichen R-Code ein R-Paket zu machen. Also die übliche Fußnote in einer Tagungspublikation "der R Code steht auf Nachfrage zur Verfügung" mit Mehraufwand zu einem richtigen R-Paket zu machen und dieses zu veröffentlichen. Schmidt & Maddison sehen dies nicht nur als das korrekte Fertigmachen eines persönlichen Projektes an, sondern langfristig als Arbeitsersparnis: Man werde nicht mehr individuell um Code und – in Konsequenz – um Rat gefragt, vielmehr stehe nun ein fertiges (und zitierfähiges) Produkt zur Verfügung, die weitere Arbeit liege bei den Lesern / Nutzern. Inklusive des Prozesses eines offenen Peer Reviews dieses Aufsatzes via PCI Archaeology also ein Text zum Nachdenken, auch jenseits der Perkolationsanalytiker und R-Nerds.
Maddison, S. & Schmidt, S. C. (2019). Perkolationsanalyse – Archäologische Anwendungen auf unterschiedlichen räumlichen Maßstäben. 9. Workshop der AG CAA Deutschland, Wilhelmshaven 2019. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.3464854
Schmidt, S. C. (2020). percopackage: https://github.com/SCSchmidt/percopackage
Schmidt, S., & Maddison, S. (2023). Percolation Package - From script sharing to package publication. https://doi.org/10.5281/zenodo.10200406
Allison, J. (2023). Recommendation of: Sharing Research Code in Archaeology. PCI Archaeoloyg, 23.11.2023: https://archaeo.peercommunityin.org/PCIArchaeology/articles/rec?id=333
4.4 Paula Moraga: "Spatial Statistics for Data Science: Theory and Practice with R"
Die spanische Mathematikerin Paula Moraga, Assistenzprofessorin an der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST), hat ihr neues Lehrbuch über räumliche Statistik mit R veröffentlicht. Neben einer soeben bei CRC Press erscheinenden gedruckten Fassung stellt sie eine Online-Version auf ihrer Website kostenlos zur Verfügung. Das Buch bietet eine gelungene, kompakte Einführung in die wichtigsten Felder der räumlichen Statistik und zeigt auf, wie man die entsprechenden Analysen mit Hilfe von R umsetzen kann. Auch für alle Diejenigen, die sich skeptisch fragen, ob resp. inwieweit R als GIS-Software taugt, ist diese Einführung nützlich, weil sie alle wirklich wichtigen Felder abdeckt, die derzeit mit R umsetzbar sind. Woran man in Vergleich z. B. zu ArcGIS, QGIS, gvSIG, SAGA etc. auch die Grenzen des Arbeitens mit R gut erkennen kann: Man arbeitet mit fertigen Karten, alle Digitalisierungswerkzeuge fehlen, die man zum "Machen" von Karten braucht.
Moraga, P. (2023). Spatial Statistics for Data Science: Theory and Practice with R. New York: CRC Press. AO: https://www.paulamoraga.com/book-spatial/index.html
5 Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)
5.1 NFDI4Objects verlässt X / Twitter und passt seinen Newsletter an
Das archäologische Konsortium NFDI4Objects verändert seinen Außenauftritt. In Abstimmung mit der Oberorganisation NFDI e.V. und den anderen NFDI-Konsortien wird NFDI4Objects zum Ende des Jahres bei X / Twitter austreten. Am 20.12. wurde eine entsprechende Nachricht auf der NFDI4Objects-Website und den Social-Media-Kanälen veröffentlicht. Statt X will die Gruppe nun auf mehreren Plattformen präsent sein: Mastodon, BlueSky, LinkedIn und Instagram. Auch beim eigenen Newsletter wird aufgeräumt: Derzeit existieren zwei Newsletter parallel - diese Doppelspurigkeit wird beendet. Der Verteiler zum Newsletter "NFDI4Objects" wird zum Ende des Jahres gelöscht. NFDI4Objects lädt alle Interessierten ein, sich für den neuen Newsletter "N4O" zu registrieren.
Website NFDI4Objects: https://www.nfdi4objects.net/
Registrierung für den NFDI4Objects-Newsletter: https://www.listserv.dfn.de/sympa/info/n4o-newsletter
5.2 Umfrage "Documentation Standards 2023" an die privatwirtschaftliche und ehrenamtliche Archäologie (bis 7.1.)
Der Aufgabenbereich "Dokumentation" im archäologischen Konsortium NFDI4Objects wendet sich mit einer Umfrage an "das Fach". Ziel sei, für die Nationale Forschungsdateninfrastruktur eine solide Übersicht über die derzeit in der praktischen Archäologie für die "primäre Dokumentation" verwendete Software zu gewinnen samt der dabei üblicherweise verwendeten Datenformate, über die Hardware / "technische Geräte" und über die Standards, an denen man sich orientiert. Die drei in der baden-württembergischen Landesarchäologie beschäftigten Initiatoren und Leiter des Aufgabenbereichs "Dokumentation" stehen für Rückfragen bundesweit zur Verfügung (
Link zum Fragebogen: http://survey.nfdi4objects.net/index.php/872326?lang=de
6 Kulturgutschutz
6.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Gegen Verfall und Katastrophen – Wie Archive und Bibliotheken ihre Bestände schützen" (SWR2, 20.12.): https://www.swr.de/swr2/wissen/gegen-verfall-und-katastrophen-wie-archive-und-bibliotheken-ihre-bestaende-schuetzen-swr2-wissen-2023-12-18-102.html
"The Met Will Return 16 Ancient Treasures Tied to Looting. Many of the works headed back to Cambodia and Thailand were featured in the museum’s galleries. All were linked to Douglas Latchford, a Khmer art collector later charged as a trafficker" (The New York Times, 18.12.; Paywall): https://www.nytimes.com/2023/12/15/arts/met-return-ancient-treasures.html
"Der Diskobol des Myron - Begierden zwischen Klassik und NS-Propaganda" (Archaeologik, 14.12.): https://archaeologik.blogspot.com/2023/12/der-diskobol-des-myron-begierden.html
"Zerstörtes Kulturerbe im Gaza-Streifen. Archäologin Katja Lembke im Gespräch" (Deutschlandfunk, 10.12.): https://www.deutschlandfunk.de/zerstoertes-kulturerbe-im-gaza-streifen-archaeologin-katja-lembke-im-gespraech-dlf-acc56bb1-100.html
"Kunstverbrechen: Anderthalb Stunden Raubgräber" (Archaeologik, 29.11.): https://archaeologik.blogspot.com/2023/11/kunstverbrechen-anderthalb-stunden.html
"German authorities repatriate 75 ancient artefacts to Mexico. All but one of the items were voluntarily handed over by the Museum Schloss Salder in Salzgitter" (The Art Newspaper, 29.11.): https://www.theartnewspaper.com/2023/11/29/germany-repatriates-75-archaeological-artefacts-mexico
"Grabräuber und die Mafia handeln illegal mit antiken Fundstücken – eine Spur führt von Caserta in ein Zürcher Auktionshaus" (NZZ, 24.11.): https://www.nzz.ch/zuerich/illegaler-handel-mit-antikem-raubgut-spur-von-caserta-nach-zuerich-ld.1766128
6.2 Umfrage "Verpackungsmaterialien und -methoden für archäologisch-historisches Kulturgut" (bis 9.1.)
Im Zuge ihrer Masterarbeit im Fachbereich der Präventiven Konservierung von archäologischem Kulturgut (HTW Berlin) führt Saskia Blumenstein die anonyme Umfrage durch. Sie richtet sich an all jene, die sich als Konsumenten von Verpackungsmaterialien für archäologisches Kulturgut zur Lagerung verstehen. Blumensteins Studie untersucht, welche Verpackungsmaterialien und -methoden aktuell für archäologische und historische Objekte zur Langzeitlagerung in deutschsprachigen Institutionen eingesetzt werden und warum die Wahl auf diese Materialien fällt. Die ermittelten Ergebnisse möchte Saskia Blumenstein später in einer Datenbank öffentlich verfügbar machen. Die Beantwortung dauert max. 18 Min.
Zur Umfrage: https://survey.lamapoll.de/Kulturgut-Verpackungen/
6.3 Podiumsdiskussion "Schutz des Unterwasser-Kulturerbes – eine Herausforderung" (24.3.2023) veröffentlicht
Auf Anregung des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein (ALSH) fand im März 2023 im Kontext der DEGUWA-Tagung "In Poseidons Reich XXVIII" eine Podiumsdiskussion zum Schutz des Unterwasser-Kulturerbes statt. Hintergrund dieser Runde ist die Tatsache, dass Denkmäler an Land und in Küstengewässern durch die Bodendenkmalschutzgesetze der Bundesländer geschützt sind. Als "Küstengewässer" gilt entlang der Küste eine 12 Meilen (ca. 22 km) weite Zone ins Meer hinein. Der weitere meerseitige Bereich, die "200-Meilen-Zone" (ca. 370 km), wird "Ausschließliche Wirtschaftszone" (AWZ) genannt. Für den Denkmalschutz in der AWZ fehlen in Deutschland gesetzliche Grundlagen. Durch Leitungstrassen, Pipelines und auch Windparks kommt es jedoch in diesem küstenferneren Bereich zu immer ausgreifenderen wirtschaftlichen Aktivitäten, die auch historische Schiffswracks und Bodendenkmäler tangieren. Daher sprachen sich u. a. die Vertreter des ALSH auf der Podiumsdiskussion dafür aus, dass die Bundesrepublik Deutschland endlich das völkerrechtlich 2009 in Kraft getretene "UNESCO-Übereinkommen über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes" (2001) ratifizieren möge und die denkmalrechtliche Umsetzung an die Küstenländer delegieren solle. Ein Aufsatz in der Fachzeitschrift Skyllis fasst nun die wesentlichen Beiträge und Positionen, die auf dieser Podiumsdiskussion vorgetragen wurden, zusammen und erinnert damit an das gen. Desiderat. Auf S. 9-10 gibt der Aufsatz auch eine nützliche Übersicht über den bisherigen Verfahrensgang in Deutschland zu dieser UNESCO-Konvention. Die DGUF setzt sich seit 2016 für die Ratifizierung des UNESCO-Übereinkommens über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes ein.
Winterstein, P. (2023). Schutz des Unterwasser-Kulturerbes – dringender denn je! Podiumsdiskussion anlässlich der Tagung "In Poseidons Reich XXVIII" zum Thema "Schutz des Unterwasser-Kulturerbes – eine Herausforderung" am 24. März 2023 im Europäischen Hansemuseum Lübeck. Skylllis, 22, 2022, 4-10. http://www.deguwa.org/data/File/Unesco/UNESCO-Artikel%20Winterstein%20Skyllis%2022.pdf
"Wahlprüfsteine der DGUF zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2016" (dguf.de): https://dguf.de/ngo/wahlpruefsteine/bisherige-wahlpruefsteine/wahlpruefsteine-der-dguf-zur-landtagswahl-in-mecklenburg-vorpommern-2016
7 Beruf Archäologie
7.1 Hälfte der UFG-Studierenden mit Curriculum zufrieden, Verbesserungspotenziale deutlich erkennbar
Im Hinblick auf die DGUF-Tagung 2023 "Archäologischer Bildungskanon" führte der DASV e. V. eine Umfrage unter Studierenden zu den aktuellen Curricula durch. Jonathan Schmidt, Thomas Sickel und Johannes Reller stellen jetzt die Ergebnisse in einem Aufsatz vor: Ca. die Hälfte der UFG-Studierenden ist mit den aktuellen Curricula zufrieden, wünscht aber spezifische Ergänzungen durch freie Module. Aktuell führe das hohe studentische Interesse an zusätzlichen Inhalten jenseits der Pflicht auch zu Verlängerungen der Studienzeit.
Schmidt, J., Sickel, Th. & Reller, J. (2023). Was macht das Curriculum der Ur- und Frühgeschichte zukunftsfähig? Eine studentische Bestandsaufnahme und Perspektive. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 6. Nov. 2023. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_schmidt-etal.pdf
Anonymisierte Ergebnisse (erg. Mat.): https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_schmidt-etal_ergmat.zip
7.2 Akademische Bewerbungen schreiben
Die Post-Doc-Neu-Latinistin und DH-Expertin Sarah Lang, z. Zt. Uni Graz, unterhält auf Hypotheses zusammen mit ihrer Bamberger Kollegin Astrid Schmölzer einen interessanten Blog "Epigrammetry". Aktuelles Thema: Wie schreibe ich eine erfolgversprechend Bewerbung für akademische Stellen? Denn: Ratgeber für das Schreiben guter CVs und guter Bewerbungen gibt es "wie Sand am Meer". Aber die Academia ist ein ganz eigenes Biotop – was in der übrigen Berufswelt richtig und zielführend ist, ist es nicht zwingend auch im akademischen Milieu. Ratgeber für akademische Positionen sind selten. Nicht zuletzt: die Sitten und Gebräuche haben sich in den zurückliegenden Jahrzehnten stark verändert, der gut gemeinte Rat so manchen "väterlichen Unterstützers" stammt oft aus einer vergangenen Erfahrungswelt. Sarah Langs Beitragsreihe "Applications in Academia 101: A Survival Guide " umfasst bislang vier Teile, von denen die Newsletter-Redaktion sagt: realistisch, erfahrungsgestählt, lesenswert.
Sarah Lang: "Applications in Academia 101: A Survival Guide".
Part 1 (Hypotheses, 5.10.): https://epigrammetry.hypotheses.org/3326
Part 2 (Hypotheses 26.10.): https://epigrammetry.hypotheses.org/3346
Part 3 (Hypotheses, 26.11.): https://epigrammetry.hypotheses.org/3354
Part 4 (Hypotheses, 14.12.): https://epigrammetry.hypotheses.org/3366
7.3 Studienbegleitendes Kompetenzvermittlungsprogramm für die Privatwirtschaft
"Die Archäologie ist durch die zahlreichen Verursachergrabungen Teil der gesellschaftsrelevanten Privatwirtschaft geworden", schreiben Amandine Colson et al., tätig beim Unternehmen denkmal3D. Die Inhalte der universitären Curricula in Richtung Projekt- und Personalmanagement beschränkten sich auf wenige Praxiswochen, während diese Themen in der unternehmerischen Archäologie von zunehmender Bedeutung seien. Wichtige Aufgabenbereiche einer Führungskraft auf Ausgrabungen, z. B. Kompetenzen bezüglich der Arbeitssicherheit, in der Personalführung und in Projektmanagement, könnten so nicht aufgebaut werden. Die Autoren stellen einen Lösungsansatz vor, in dem – ergänzend zu einem Studium der Ur- und Frühgeschichte oder anderer archäologischer Disziplinen – eine studienbegleitende Praxisausbildung als Wissenschafts-Transfer zwischen Universität und Wirtschaft erfolgen kann. Das Programm kann von Anfang bis Ende wahrgenommen werden oder im Quereinstieg mit entsprechender Vorbildung.
Colson, A., Näth, F., Näth, I., Waltke-Poppen, H. & Tausendfreund, H. (2023). Von der Berufsorientierung bis zur Führungskompetenz eines Grabungsleiters: Vorstellung eines modularen und studienparallelen Kompetenzvermittlungsprogramms für die Baugrundarchäologie in der Privatwirtschaft. Archäologische Informationen 46, Early View, online publiziert 1. Dez. 2023. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_colson_etal.pdf
7.4 Tödlicher Arbeitsunfall auf Ausgrabung in Leimen (Baden-Württemberg)
Bei einer Stadtkerngrabung in Leimen (südlich von Heidelberg, Baden-Württemberg) kam es am 27.11. zu einem Arbeitsunfall. Bei Arbeiten in einem Gewölbekeller stürzte dieser ein und verschüttete einen 21-jährigen Mitarbeiter der Grabungsfirma "Südwest Archäologie" unter Steinen und Erdreich. Zwar konnte er mit Hilfe eines Baggers schnell geborgen werden, erlag aber in der Klinik seinen schweren Verletzungen. Die Kriminalpolizei und die Gewerbeaufsicht ermitteln derzeit, wie es zu dem Unglück kommen konnte.
Großeinsatz in Leimen: Verschütteter 21-Jähriger ist tot – Ausgrabungen ruhen (Rhein-Neckar-Zeitung, 27.11.): https://www.rnz.de/region/rhein-neckar_artikel,-Grosseinsatz-in-Leimen-Stein-begrub-Mann-auf-Rathausplatz-Baustelle-unter-sich-_arid,1234688.html
"Leimen in Baden-Württemberg Mann stirbt bei archäologischen Ausgrabungen" (SPIEGEL, 29.11.): https://www.spiegel.de/panorama/leimen-mann-stirbt-bei-archaeologischen-ausgrabungen-a-a2416cd9-8830-4497-86d9-ada6ae7ed4ee
"Schwerer Arbeitsunfall im Rhein-Neckar-Kreis – Mann (21) in Grube verschüttet – tot" (Heidelberg24.de, 29.11.): https://www.heidelberg24.de/region/polizei-leimen-arbeitsunfall-mann-grube-verschuettet-buergermeister-lingg-strasse-bergung-tot-92699124.html
7.5 Derzeit weitaus zu wenig: Zur Petition "Archäologie in Sachsen erhalten!"
Der Fachschaftsrat "Archäologie und Geschichte des Alten Europa" hat am 3.12. eine Petition "Archäologie in Sachsen erhalten!" lanciert. Nein, nicht das dynamisch-erfolgreiche Sächsische Landesamt für Archäologie in Dresden ist gefährdet, sondern es geht um eine Junior-Professur für Klassische Archäologie an der Universität Leipzig. Deren Inhaberin hat soeben einen Ruf an die Univ. des Saarlandes in Saarbrücken erhalten, und die fällige Neubesetzung nach dem Sommersemester 2024 sei, so die Studierenden, gefährdet. Die Universität habe das Auslaufen dieser Stelle sowie zweier weiterer Stellen im Mittelbau der Archäologie und der Ur- und Frühgeschichte beschlossen. Damit sei ein Studium der Klass. Archäologie in Leipzig nicht mehr möglich, weshalb künftig auch die mit ihr seit 2018 in einem gemeinsamen Studiengang verknüpfte Ur- und Frühgeschichte gefährdet sei. Das bedeutet aus Sicht der Petenten zugleich "das Ende einer vollwertigen archäologischen Ausbildung in Sachsen und damit Gefährdung des archäologischen Nachwuchses in Sachsen" und "das Ende der Universität Leipzig als Volluniversität". Wem dies plausibel erscheint und die Leipziger Archäologie / Ur- und Frühgeschichte als rettbar: den Link zur Petition findet man am Ende dieses Textes. Der in Sachen erfolgreiche Petition erfahrene DGUF-Vorstand schaut genauer hin: Die Petition ist neben wenigen "letters of concern" (s.u.) der einzige Teil einer dringend erforderlichen Kampagne, will man wirklich eine Chance auf Erfolg haben. Wenn "die Volluniversität" gefährdet ist - wo ist die breite Unterstützung zumindest mal der Leipziger Geisteswissenschaften? Sind sie allesamt unfähig, das Problem zu erkennen, oder gibt es in ihren Augen gar kein Problem? Wo ist die operative Unterstützung bei der Angelegenheit, die bis heute alleine in den Händen weniger Studierender liegt? Will sich niemand die Arbeit machen, die Studierenden zu unterstützen, oder denkt man, die Mühe lohne eh nicht? Weitere zentrale Fragen: Was tun die Petenten dafür, ihr Anliegen aus dem kleinen Kreis der universitätsbezogenen Klass. Archäologie / Ur- und Frühgeschichte hinauszutragen, d. h. die breite Bürgerschaft in Sachsen für Ihre Sache zu interessieren? Sitzen die (wenigen) angeführten Argumente? Ist es wirklich ein den sprichwörtlichen "Bürger auf der Straße" überzeugendes Argument, dass man Klassische Archäologie unbedingt auch in Sachsen studieren können muss, wo doch dieses Fach im Kern sogar vor allem jenseits der deutschen Staatsgrenzen tätig ist - sich also keinesfalls an den Grenzen deutscher Bundesländer orientiert? Hat die in Dresden ansässige sächsische Landesarchäologie ihren tatsächlich erforderlichen Nachwuchs an fähigen, berufsqualifizierten Ur- und Frühgeschichtlern in den zurückliegenden Jahrzehnten vor allem von der Uni Leipzig gewinnen können? (Hier zeigt eine schnelle Recherche: Die auf der Website des Landesamtes angeführten Wissenschaftler haben promoviert in Berlin, Chemnitz, Dresden (TU), Frankfurt /Main, Halle /Saale, Jena (2x), Marburg (2x), Mainz, München, Münster (2x), Regensburg, … und in einem Fall in Leipzig. Eine gesunde Pluralität der Herkünfte, "Schulen" und Erfahrungen, die der Landesarchäologie gewiss nicht geschadet hat.) Perspektivwechsel: Wer interessiert sich für die Petition und damit die Sache? In Leipzig gibt es ca. 200 Studierende in den genannten BA- und MA-Programmen. Diese werden selbst unterschreiben, ihre Eltern, ihre Geschwister, ihre Freunde, Sport- und WG-Partner ... macht großzügig bemessen ca. 1.000 bis 2.000 "selbstverständliche" Unterschriften. In Deutschland gibt es ca. 6.000 berufstätige Archäologen und Archäologinnen, ebenfalls mit ihren nahen Umfeldern, macht überschlägig ca. 6.000 weitere, erwartbare Unterschriften. Sprich: Universitätsleitung und Kultusministerium dürften innerlich auf etwa 10.000 Unterschriften eingerichtet sein, die sie mit einem Schulterzucken abtun werden – es unterschreiben halt die Stakeholder im engsten Sinne. Und zwar dann, wenn es ihnen selbst oder ihren Kollegen an den Kragen geht. Protest zur Besitzstandswahrung einer Elite: diese ganz erhebliche argumentative Schwäche jenes "späten Zeitpunkts" von Protest war übrigens ein "learning" im Rahmen der erfolgreichen DGUF-Petition gegen die Streichung aller Archäologie-Landesmittel in NRW 2013. Dass der Fachverband dArV und auch der DVA mit klassischen Betroffenheits-Briefen an die Universitätsleitung aufwarten werden: Wen überrascht das, wen beeindruckt das vor diesem Hintergrund? Die Referenten aller Behörden sind es selbstverständlich gewöhnt, bei jeder Änderung oder Kürzung die im Grund immer gleichen Schreiben zu erhalten. Sie antworten darauf meist mit den immer gleichen Textbausteinen. Wo also ist eine wirkliche Diskussion, ein echtes "Gespräch" mit der Universität und mit der Gesellschaft? Bisher liegen nur der Beschluss zur Streichung auf dem Tisch sowie die Forderung "wir sind gegen die Streichung! Denn die Archäologie ist wichtig." Das ist weitaus zu wenig.
Link zur Petition: https://www.change.org/p/arch%C3%A4ologie-in-sachsen-erhalten
Rainer Schreg: "Streichungsgefahr für die Archäologie! nicht nur in Sachsen" (Archaeologik, 8.12.): https://archaeologik.blogspot.com/2023/12/streichungsgefahr-fur-die-archaologie.html
7.6 Debatte um WissZeitVG eingeschlafen? Muss nicht sein, meint J. M. Wiarda
Die Debatte um #IchBinHanna ist erfolgreich: Der vom Wissenschaftsministerium ausgehende, nach Meinung vieler untaugliche Reformvorschlag für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz dürfte durch die sich um den Hashtag #IchBinHanna Versammelten ausgebremst worden sein. Doch nun? Der Gaza-Krieg, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 usw. usf. – infolge aktueller anderer Krisen ist es still geworden um das Thema. Jüngst ließ das Ministerium verkünden, dass man das Thema frühestens im Sommer 2024 weiterverfolgen wolle. Der Blogger, Journalist, Politikwissenschaftler und Volkswirt J. M. Wiarda sieht in einem aktuellen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages einen Hoffnungsschimmer. Danach kann der Bund, trotz der Bildungs- und Kulturhoheit der Länder, durchaus eine Höchstbefristungsquote festlegen, d. h. den Anteil befristeter Stellen an Universitäten deckeln: ein einfacher und wirksamer Ansatz, um den weitaus zu hohen Anteil an Teilzeitstellen schrittweise zu verringern.
- M. Wiarda: Ein bisschen Staub aufwirbeln (Blog jmwiarda.de, 22.11.): https://www.jmwiarda.de/2023/11/22/ein-bisschen-staub-aufwirbeln/
Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste: "Zur Regelungsmöglichkeit einer Befristungshöchstquote im Wissenschaftszeitvertragsgesetz. (Deutscher Bundestag, WD 8 - 3000 - 059/23, 29.9.): https://www.bundestag.de/resource/blob/975054/d01114d01f8ca811631ad99406aef89a/WD-8-059-23-pdf-data.pdf
8 Berufsverband
8.1 Umfrage von CIfA Deutschland zu Workshop-Themen auf der Jahrestagung 2024 (bis 6.1.)
CIfA Deutschland gestaltet die kommende Jahrestagung am 11.5.2024 in Frankfurt /M. als partizipativen Prozess. Geplant sind Workshops, deren Themen mit einer fachöffentlichen Umfrage ausgelotet werden. Der CIfA Vorstand schreibt: "Rückmeldungen von zufriedenen Teilnehmer:innen der vergangenen Jahrestagungen von CIfA Deutschland haben deutlich gezeigt, dass vor allem der Aspekt der Debatten und die Möglichkeit zum persönlichen Austausch über berufsbezogene Themen an unseren Veranstaltungen wertgeschätzt wird. In Konsequenz weichen wir für 2024 vom traditionellen Modell wissenschaftlicher Tagungen mit Fokus auf Vorträgen ab und gestalten den Tag mit Workshops zu Themen, die in der deutschen Archäologie Tätige bewegen. Daher fragen wir nach Ihrer Meinung: Welche Workshops sollte es 2024 in der CIfA Jahrestagung geben? Die Umfrage richtet sich an alle, die sich für CIfA und berufsbezogene Themen interessieren, unabhängig davon, ob Sie bereits Mitglied bei CIfA sind oder nicht. Ihre Meinung ist uns wichtig!" Die kurze Umfrage ist ab sofort offen, Interessierte sind gebeten, ihr Votum bis Hl. Drei Könige 2024 (6.1.) abzugeben.
Link zur Umfrage: https://www.soscisurvey.de/ThemaCIfA2024/
9 Open Access & Open Data
9.1 "Ein Scheinerfolg": Zum Open-Access-Vertrag des DEAL Konsortiums mit Elsevier
Das deutsche DEAL Konsortium hat im November den seit 1.9.2023 geltenden Open-Access-Vertrag mit dem Wissenschaftsverlag Elsevier öffentlich gemacht. Es ist, nach den Vereinbarungen mit Wiley und Springer Nature, die dritte Vereinbarung betreffs Open Access und Abonnementgebühren zwischen DEAL und den drei großen, weltweit agierenden Wissenschaftsverlagen. Unter dem Titel "Keine DEALs mit unseren Papern!" ordnet der Humanmediziner und Neurologe Prof. U. Dirnagl diese Vereinbarung aus seiner Sicht ein. Es sei ein Scheinerfolg, Ergebnis eines EU-weit deutschen Sonderweges, welcher der Heilung des wissenschaftlichen Publikationswesens mehr schade als nütze. Der lesenswerte Beitrag erklärt die Lage und die Randbedingungen rund um das wiss. Publikationswesen und seine Transformation in den Open Access so, dass auch nicht näher mit der Problematik vertraute Leser verstehen, dass ein Nicht-DEAL und ein Umlenken der Gelder in andere, rein wissenschaftsbetriebene Publikationsmodelle richtiger gewesen wären.
DEAL Konsortium: "Verträge: Die bundesweiten, transformativen DEAL-Verträge treiben den Umstieg auf Open Access im wissenschaftlichen Publikationswesen voran. Wiley, Springer Nature, Elsevier" (DEAL, Nov. 2023): https://deal-konsortium.de/vertraege
Ulrich Dirnagl: "Keine DEALs mit unseren Papern!" (LaborJournal.de, 7.11.): https://www.laborjournal.de/editorials/2871.php
"'Ein gigantischer Fortschritt!' – 'Das Gegenteil eines Deals!' Ein Streitgespräch-Podcast über DEAL, Elsevier und die Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens – mit Günther M. Ziegler und Ulrich Dirnagl" (J. M. Wiarda, 20.12.): https://www.jmwiarda.de/2023/12/20/ein-gigantischer-fortschritt-das-gegenteil-eines-deals/
9.2 cOAlition S: "Towards responsible publishing: a proposal from cOAlition S"
Ende Oktober hat Plan S / cOAlition S ein neues Grundlagenpapier zum wissenschaftlichen Publizieren vorgelegt. cOAlition S ist der 2018 gegründete europäische Verbund zahlreicher wichtiger nationaler Forschungsförderer, die sich gemeinsam für das Publizieren im Open Access einsetzen. cOAlition S wird von der Europäischen Kommission und vom Europäischen Forschungsrat ERC unterstützt. Deutsche Institutionen sind bislang nicht Mitglied, sondern gehen mit dem Verbund DEAL einen eigenen Weg. Im Kern bietet das neue Grundlagenpapier einen Katalog von fünf leitenden Prinzipien: (1) Autoren sind [selbst] verantwortlich für die Verbreitung ihrer Forschungsergebnisse. (2) Alle wissenschaftlichen Ergebnisse werden unmittelbar und offen geteilt. (3) Qualitätssicherungsprozesse sind gemeinschaftsbasiert und offen, um die Vertrauenswürdigkeit von Forschungsergebnissen zu sichern. (4) Alle wissenschaftlichen Ergebnisse können bei Forschungsbewertungen berücksichtigt werden. (5) Stakeholder verpflichten sich zur Unterstützung der Nachhaltigkeit und der Vielfalt des wissenschaftsgetriebenen Publikationssystems. Damit positioniert sich cOAlition S erheblich deutlicher als bisher gegen das gebührenfinanzierte Open-Access-Publizieren bei den großen Wissenschaftsverlagen. Stichworte wie "community based" und "scholar led" streben ein Publikationswesen an, das vor allem von Fachgesellschaften getragen wird. Mit Prinzip (2) wird die Bedeutung der Publikationsgeschwindigkeit und von Prä-Publikationsservern wie z. B. arXiv betont, Prinzip (4) fordert dazu auf, z. B. bei Berufungen alle Publikationen eines Autors, nicht nur die in gerankten Journals mit Impact Factor, zu berücksichtigen. Kurz: deutlicher als bisher wendet sich cOAlition S gegen die großen Wissenschaftsverlage und deren Open-Access-Angebote und damit auch gegen den Weg, den Deutschland mit DEAL bestreitet. Der US-Amerikaner Jeff Pooley, Professor für Medien und Kommunikation am Muhlenberg Collage (Pennsylvania), vergleicht das aktuelle Papier von cOAlition S mit älteren Verlautbarungen und interpretiert es als Ende einer bisher gegebenen leichten Ambivalenz resp. Offenheit für mehrere Wege. cOAlition S habe sich nunmehr endgültig entschieden, das wissenschaftliche Publikationswesen in Europa ohne die großen Wissenschaftsverlage gestalten zu wollen. Das Papier geht jetzt bis April 2024 in einen Konsultationsprozess und soll, ggf. angepasst, im Juni 2024 als europäische Leitlinie verabschiedet werden.
cOAlition S: "Towards responsible publishing: a proposal from cOAlition S" (31.10.): https://www.coalition-s.org/wp-content/uploads/2023/10/Towards_Responsible_Publishing_web.pdf
Bodo Stern: "Introducing the “Towards Responsible Publishing” proposal from cOAlition S" (Blog, 31.10.): https://www.coalition-s.org/blog/introducing-the-towards-responsible-publishing-proposal-from-coalition-s/
Jeff Pooley: "The redemption of Plan S" (Blog, 2.11.): https://www.jeffpooley.com/
Rachel Magee: "Plan S presents ‘responsible publishing’ proposal for feedback" (Research Professional News, 31.10.): https://www.researchprofessionalnews.com/rr-news-europe-infrastructure-2023-10-plan-s-presents-responsible-publishing-proposal-for-feedback/
10 Bürger und Archäologie & Citizen Science
10.1 Friedrich-Brinkmann-Archäologiepreis an ehrenamtliche Forscher vergeben
Am 9.12. wurden Hermann Kleinebenne aus Petershagen (Westfalen) und Thomas van Lohuizen M. Sc. aus Brühl im Rheinland mit dem Friedrich-Brinkmann-Archäologiepreis ausgezeichnet. Der Preis wurde erstmals verliehen. Hermann Kleinebenne wurde für seine Bemühungen um eine Dokumentation zum Bodendenkmal "Arbeitserziehungslager Lahde" geehrt. Thomas van Lohuizen erhielt den Preis für seine jahrzehntelangen Bemühungen um die Archäologie sowie die Vermittlung des Denkmalschutzgedankens. Der Preis, verliehen von der Gesellschaft zur Förderung der Bodendenkmalpflege im Kreis Minden-Lübbecke e. V. (GeFBdML e.V.), würdigt herausragendes Engagement auf den Gebieten der Archäologie, der Heimatforschung, der Vermittlung des Denkmalschutzgedankens sowie der Förderung der Zusammenarbeit von amtlicher und bürgerlicher Bodendenkmalpflege – vor allem im Kreis Minden-Lübbecke.
10.2 Mecklenburg-Vorpommern: So gut kann die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen funktionieren
Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern stellte am 22.11. drei Fundkomplexe vor, die 2022 von ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern entdeckt worden waren. Bei der Vorstellung der Funde sagte Kulturministerin Bettina Martin: "Rund 250 Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler sind derzeit in der Bodendenkmalpflege aktiv. Etwa genauso viele befinden sich zurzeit in einer entsprechenden Ausbildung. Sie sind unverzichtbar für den Erhalt unseres kulturellen Erbes in Mecklenburg-Vorpommern. Auch die drei herausragenden Funde haben wir den ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern zu verdanken. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken." Es handelt sich bei den Fundkomplexen um sieben Schwerter aus der Bronzezeit, 6.000 Silbermünzen aus dem 11. Jahrhundert und einen Schatzfund mit Reliquienbehälter ebenfalls aus dem 11. Jahrhundert. Die sieben Schwerter wurden bei Mirow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) gefunden; sie bildeten ein in einer Niederung versenktes Depot und stammen aus der jüngeren Bronzezeit. Die 6.000 Silbermünzen aus dem 11. Jahrhundert wurden auf Rügen gefunden, sie waren ursprünglich in einem Tongefäß verpackt. Es handelt es sich um den bisher größten slawenzeitlichen Münzschatz der Nachkriegszeit. Die Reliquienbehälter wurden im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gefunden. In einem Topf mit etwa 1.700 Münzen lagen Hals-und Fingerringe, eine Perlenkette mit Gold, Bergkristall und Karneolperlen und zwei Reliquienbehälter in Form einer Kaptorge und eines Kruzifixes.
"Schwerter, Münzen und mehr: Archäologischer Sensationsfund aus MV" (NDR, 23.11.): https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Schwerter-Muenzen-und-mehr-Archaeologischer-Sensationsfund-aus-MV,schatz202.html
"Forschungsergebnisse: Landesamt für Kultur und Denkmalpflege präsentiert außergewöhnliche Funde" (idw, 22.11.): https://nachrichten.idw-online.de/2023/11/22/landesamt-fuer-kultur-und-denkmalpflege-praesentiert-aussergewoehnliche-funde
"Kostbare Funde in Mecklenburg-Vorpommern: Silberschatz auf Rügen mit rund 6000 Münzen entdeckt" (Spiegel, 22.11.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/silberschatz-auf-ruegen-mit-rund-6000-muenzen-entdeckt-a-b160ff3f-b815-4220-8917-3112fe77b135
10.3 Interessant für Vereine und Fachgesellschaften: Datenschutz im Ehrenamt
Die Stiftung Datenschutz bot im November ein Webinar zu "Datenschutz im Ehrenamt: Die digitale Mitgliederverwaltung" an. Als Aufzeichnung ist die Veranstaltung jetzt frei verfügbar. Vorgestellt wurde eine beispielhafte Mitgliederverwaltung. Außerdem wurde erläutert, wie sich die DSGVO-Anforderungen im Hinblick auf Rechtsgrundlagen, Informationspflichten und Datenlöschung umsetzen lassen.
11 Ausstellungen und Museen
11.1 Aktuelles rund um Museen in den Medien
"Top New York museum to remove all human remains from display. President of American Museum of Natural History says historical thinking around such displays 'deeply flawed'" (The Guardian, 15.10.): https://www.theguardian.com/us-news/2023/oct/15/american-museum-of-natural-history-human-remains
11.2 "Besuch wärmstens empfohlen": "Archäologische Schätze aus Usbekistan. Von Alexander dem Großen bis zum Reich der Kuschan" (Berlin, bis 14.1.)
Seit dem 4.5. und noch bis 14.1. präsentiert das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin eine Sonderausstellung zum zentralasiatischen Land Usbekistan. Dort hinterließen unzählige Kulturen wichtige Zentren von Kultur und Macht. Der Fokus der Ausstellung, in der rund 350 Objekte zu sehen sind, liegt auf dem Ausschnitt 4. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr. Der erste Ausstellungsteil im Neuen Museum konzentriert sich mit Hilfe von Sammlungsobjekten der Staatlichen Museen zu Berlin auf die makedonische Präsenz, nämlich die Feldzüge Alexanders des Großen. Es werden hier auch Grenzbefestigungen vorgestellt, die vor wenigen Jahren erst erforscht wurden. An dieser Stelle sei besonders Kurganzol hervorgehoben, einer Befestigungsanlage in beeindruckender Lage, bei deren Ausgrabungen auch eine tönerne Badewanne zu Tage kam, die Einblick in die griechische Lebenskultur im Osten gibt. Aus konservatorischen Gründen gelangten nach Berlin jedoch nur Keramikgefäße und Schleuderkugeln. Der zweite Teil der Ausstellung, in der James-Simon-Galerie, widmet sich den verschiedenen Kulturen und Reichen, dazu gehören u. a. die Kuschan, die Yuezhi oder auch die Kangju. Hier sind es vor allem Bau- und Kunstsprache, mit denen sie vorgestellt werden. Beindruckend sind insbesondere die Fragmente von Wandmalereien der Palast- und Tempelanlage von Akchakhan-kala und die bemalten plastischen Darstellungen aus dem Palastkomplex von Chaltschajan. Sie allein zu sehen, ist ein großer Kulturgenuss aus einer Region, wo religiöse, sprachliche und kulturelle Vielfalt dem Betrachter begegnen. Unterstützt werden die Eindrücke von Denkmälern mit Hilfe von Fotos und vor allem durch beeindruckende Videos und Computeranimationen zu ausgewählten archäologischen Stätten, die eine sehr gute Ergänzung zu den kleinteiligen Objekten bilden. Die Ausstellungstexte werden in Deutsch und Englisch präsentiert. Dem Zeitgeist entsprechend, gibt es eine sog. Besucherlounge mit gemütlichen Sitzsäcken und einer Wand samt Fragen für die Besucher. Sie drehen sich – aufbauend auf Eindrücken zur Ausstellung – beispielsweise um die Themen Religion und Faszination für antike Kulturen. Das Ausstellungsdesign enttäuscht allerdings mit seinen einfachen Gerüsten. Möglicherweise werden hier bereits Einsparungen beim Ausstellungsetat oder auch Nachhaltigkeitsbekundungen deutlich, da die Gerüste an das Ausstellungsdesign der vorangegangenen Ausstellung "Schliemanns Welten" erinnern. Zur Ausstellung gehört auch ein umfangreicher deutschsprachiger Katalog mit einem Objektteil aller ausgestellten Exponate. Das Begleitprogramm umfasst Führungen und das Format "Eins zu Eins" – mit der Möglichkeit, Zwiegespräche mit Kulturvermittlern zu führen. Die Ausstellung öffnet den Blick nach Usbekistan und richtet sich an jene, die die Museumsinsel besuchen und die in Kulturen und Länder eintauchen möchten, die für unsere Breitengrade unbekannt sind. Fazit: Es ist beeindruckend, was aktuell in Berlin auf der Museumsinsel präsentiert wird. Wer abseits von Themen wie Ägypten, Römern und Germanen etwas Neues sehen möchte, dem ist der Besuch wärmstens zu empfehlen. Nach der Ausstellung "Margiana. Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan" im Jahr 2018 ist dem Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin erneut gelungen, einen faszinierenden Blick auf Zentralasien zu richten und diesen Raum einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ausstellungswebsite: https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/archaeologische-schaetze-aus-usbekistan/
"Ein 2.000 Jahre alter Melting Pot" (taz, 4.5.2023): https://taz.de/Schaetze-aus-Usbekistan-in-Berlin/!5928673/
"Von Alexander bis zu den Kuschan: Archäologische schätze Usbekistans in Berlin" (novastan, 30.5.2023): https://novastan.org/de/zentralasien-und-europa/von-alexander-bis-zu-den-kuschan-archaeologische-schaetze-usbekistans-in-berlin/
"Von unbekannten Welten" (Tagesspiegel, 2.6.2023): https://www.tagesspiegel.de/kultur/von-unbekannten-welten-eine-ausstellung-zeigt-schatze-aus-usbekistan-9917345.html
"'Archäologische Schätze aus Usbekistan' mit Steinmeier" (Zeit, 3.5.2023): https://www.zeit.de/news/2023-05/03/archaeologische-schaetze-aus-usbekistan-mit-steinmeier
"Soft Power Kultur" (Berliner Zeitung, 3.5.2023): https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/berlin-mitte-schau-auf-der-museumsinsel-soft-power-kultur-worum-es-in-der-usbekistan-ausstellung-wirklich-geht-li.344567
12 Und sonst …
12.1 Rechtliche Fragen und Antworten rund ums 3D-Scannen
Wie sieht die generelle (urheber-)rechtliche Situation bei 3D-Reproduktionen aus? Das schildert der Jurist Paul Klimpel in einem Blogpost. Er unterscheidet dabei "3D-Scans urheberrechtlich geschützter Werke" und "3D-Scans von gemeinfreien Werken", beleuchtet außerdem die eigenen Rechte an Scans.
"3D-Scans und das Recht" (iRights.info, 12.10.): https://irights.info/artikel/3d-scans-und-das-recht/32063
12.2 EAA-Tagung 2024 in Rom leidet am eigenen Erfolg
Die jährlichen, Ende August/Anfang September an wechselnden Städten zusammenkommenden EAA-Tagungen haben sich in den zurückliegenden Jahren zu *dem* Treffpunkt von Archäologinnen und Archäologen auf europäischer Ebene entwickelt – stets gut besucht, stets mit arg vielen arg parallel laufenden Sektionen. Zuletzt in Belfast waren es knapp 280 Sessions, die sich in vier Tage drängten. Für die kommende Tagung 2024 in Rom (vgl. Punkt 2.3. in diesem Newsletter) hat das Executive Board der EAA am 13.12. ein ungewöhnliches Statement herausgegeben: Es liegen 535 Sektions-Anmeldungen vor, das sei weitaus zu viel. Man werde strenger als bisher selektieren müssen, man werde Organisatoren bitten, Sektionen ähnlicher Ausrichtung miteinander zu verschmelzen. Kurz: die Tagungen der EAA sind mittlerweile so begehrt und erfolgreich, dass sie drohen, organisatorisch und praktisch kaum mehr bewältigbar zu sein. Gleichwie: schön, dass die europäische Archäologie ihren jährlichen "place to be" gefunden hat, Sorgen aus Fülle sind besser als Sorgen aus Mangel.
EAA Executive Board statement on session evaluation, 30th annual meeting: https://www.e-a-a.org/EAA2024/Programme.aspx?WebsiteKey=20b5538d-68f8-4056-9596-1ae1ce0ead47&hkey=fe6595a9-39e9-47f1-8159-520091f89dfa&Program=3#Program
12.3 Wieder mal: ein Bilderstreit in der Archäologie
Der Mittelalterarchäologe Rainer Schreg bloggt am 25.11. von einem Bilderstreit zwischen der Wikipedia und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachen-Anhalt: Die Wikipedia solle ein Bild der Himmelsscheibe von Nebra löschen, da die Urheberrechte des Fotografen Jan Liptak nicht gewahrt seien. Die Wikipedia weist dies zurück. Schreg kommentiert den Fall: "Wie auch immer man das nun rechtlich beurteilen mag: es ist widersinnig, dass ein Museum, dessen Auftrag Wissenschaftsvermittlung ist, versucht, Bilder von ihren archäologischen Funden aus Wikimedia löschen zu lassen." "In der Tat, hier verhält sich die staatliche Archäologie eigenartig", kommentiert der stellvertretende DGUF-Vorsitzende Frank Siegmund. "Immer, wenn Privatpersonen etwas wissenschaftlich Wertvolles finden, betonen Archäologen, dass solche Kulturgüter der Allgemeinheit gehören. Sprich: in staatliches Eigentum zu überführen seien. Sobald solche Objekte dann staatliches Eigentum sind, wird die Allgemeinheit wieder ausgesperrt." Derzeit bereitet eine internationale Arbeitsgruppe bei der EAA unter der Leitung von Sophie Hüglin Wahlprüfsteine für die Europawahl im Juni 2024 vor. Auf Initiative der DGUF wird einer der fünf Wahlprüfsteine sich mit der Frage nach der verpflichtend offenen Lizensierung von Bildern beschäftigen, die Funde und Kulturgüter aus öffentlichem Besitz zeigen.
Rainer Schreg: "Streit um Bilder der Himmelsscheibe von Nebra bei WikimediaCommons" (Archaeologik, 25.11.): https://archaeologik.blogspot.com/2023/11/streit-um-bilder-der-himmelsscheibe-von.html
Wikipedia: "Himmelsscheibe von Nebra" (16.11.2023): https://de.wikipedia.org/wiki/Himmelsscheibe_von_Nebra
12.4 Was wollen wir aufbewahren - und wie?
Dieser Frage stellt sich eine 43-minütige Doku, die Mitte Dezember auf 3Sat ausgestrahlt wurde. Wie können wir die Flut von Wissen, Daten und Dingen für nachfolgende Generationen bewahren? Was ist wirklich wichtig, was kann weg? Im Film werden auch spannende Sammlungen und Speichermedien vorgestellt, darunter eine Sauerteigbibliothek in Belgien und Daten, die in DNA-Code umgewandelt und als künstliche DNA gespeichert werden.
"Vom Sammeln, Speichern und Bewahren" (3Sat, 14.12.; Video, 43 Min.): https://www.3sat.de/wissen/wissenschaftsdoku/231214-vom-sammeln-speichern-und-bewahren-sendung-wido-100.html
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