Inhalt
1.2 "Das archäologische Jahr 2024" (Online, 22.2.; CfP bis 15.2.)
1.3 Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie für 2025 (bis 28.2.)
1.4 Bundestagswahl 2025: Wahlprüfsteine der DGUF
1.6 DGUF-Umfrage Social-Media-Nutzung in der Archäologie
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 Vortragsreihe 2025 von CIfA Deutschland (Online, immer dienstags, 18 Uhr)
2.2 Schifffahrt-Bilder (Würzburg, 8.-13.4.)
2.4 CIfA2025 - Shaping the future (of our profession) (Birmingham, 30.4.-1.5.)
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
3.3 Flachsproduktion: Spezialisierte Bauern des Jung- bis Endneolithikums im circum-alpinen Raum
3.4 Neues Goldschmiedegrab aus Thüringen
3.5 Wo wohnte der im Schiffsgrab von Sutton Hoo Bestattete?
3.7 Goldschale von Zürich-Altstetten neu datiert
3.8 Menschen vor ca. 2 Millionen Jahren in Europa?
3.9 Psychologischer Langzeiteffekt des römischen Erbes in Deutschland
4 Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)
4.1 Was wäre, wenn NFDI4Objects erfolgreich wird?
4.3 Aktuelle Entwicklungen und Angebote aus den NFDI4Objects Task Areas Collecting und Protecting
4.4 Minimaldatensatz-Empfehlung für archäologische Forschungsdaten
4.5 Der digitale Besitznachweis als Anwendungsbeispiel für den Minimaldatensatz
4.6 FAIRification-Tools und LOD-Projekte aus der Archäoinformatik und den Geowissenschaften
5.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
6.2 BMBF veröffentlicht turnusgemäß Bericht über Wissenschaftler in frühen Karrierephasen
6.3 Wertvoller Vergleich! Arbeitsbedingungen in der Kunstwissenschaft
6.4 Netzwerk Nachhaltige Wissenschaft fordert Evaluation der Exzellenzstrategie
7.1 Mehr als 6.000 3D-Scans von ca. 400 Primaten online
8 Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1 Portable Antiquities Scheme: 2023 fast 75.000 Funde gemeldet
9.1 Die Redaktion des "Journal of Human Evolution" kündigt geschlossen
9.2 eXit - Mehr als 60 Hochschulen und Forschungseinrichtungen verlassen X
9.3 INRAP: Neugebautes archäologisches Forschungszentrum im Elsass
9.4 Die Object Capture Photogrammetry API von Apple liefert archäologie-taugliche 3D-Modelle
9.5 MGH-Blog berichtet: "ACHTUNG: Fake-Wissenschaft!"
9.6 Angenehm, unaufgeregt: Archäologie meldet Misserfolg
1 DGUF-Nachrichten
1.1 DGUF-Jahrestagung: "Die archäologischen Berufe und Arbeitsmärkte in 10 Jahren" (Frankfurt, 30.5.; CfP bis 7.4.)
Die aktuellen Debatten rund um den Beruf Archäologie drehen sich vor allem um den Ist-Zustand. Insbesondere DGUF, CIfA Deutschland, DASV e.V. und die Leopoldina – aber auch #IchbinHanna – haben zuletzt fachöffentlich aus unterschiedlichen Perspektiven den aktuellen Zustand beleuchtet und auf dieser Basis Veränderungswünsche formuliert: an den Inhalten der aktuellen Ausbildung, an der Gestaltung von Arbeitsverträgen, an der Bezahlung, an Vorgehensweisen der Forschungsförderung, an der Qualitätssicherung. Im Ergebnis wissen wir empirisch und datenbasiert viel über das Heute und leiten daraus konkrete Verbesserungsvorschläge ab, die am besten "jetzt" angefasst und umgesetzt werden sollten.
Die Umsetzungswahrscheinlichkeiten sind dabei unterschiedlich hoch, und es bestehen Risiken, Ausbildung und Anforderungen nicht nur an dem vorbei zu entwickeln, was im nächsten Jahr gebraucht werden wird, sondern erst recht an dem, was in der näheren Zukunft nötig ist. Denn ein Abiturient, der ein Studium erwägt, eine junge Kollegin M.A., die nach ihrem Volontariat über den nächsten Schritt ins Berufsleben nachdenkt, ein mit Anfang 50 frisch zum Chef Aufgestiegener usw. haben eine andere Planungsperspektive. Ebenso Behörden und Universitäten, deren Planungen naturgemäß mit größeren Vorläufen einhergehen.
Daher fragen wir auf unserer Jahrestagung: Wie sehen die archäologischen Berufsfelder, qualitativ wie quantitativ, in 10 Jahren aus? Auf welche äußeren Bedingungen müssen wir uns einstellen, welche Randbedingungen können und wollen wir aktiv mitgestalten?
Wir bitten um Vortragsvorschläge über erwartbare und sich abzeichnende Szenarien in der gesamten beruflichen Wirklichkeit der Archäologien. Ziel unserer Tagung ist, auf Basis von profunden Erfahrungen oder vorliegenden Daten/Informationen ein möglichst realistisches Bild des Erwartbaren, Sich-Abzeichnenden, Planbaren, auf das wir uns einstellen müssen oder sollten; es geht um Prozesse, die wir mitgestalten wollen. Wir laden herzlich ein, darüber gemeinsam nachzudenken, multiperspektivisch, evidenzbasiert, zuversichtlich, gestaltungsfreudig, die Allgemeinheit im Blick.
Bitte planen Sie Ihre Vorträge als 20-Minuten-Beitrag und senden Sie Ihr Abstract (max. 300 Wörter) bis zum 7.4.
https://dguf.de/tagungen-events/tagungen/aktuelle-tagung
1.2 "Das archäologische Jahr 2024" (Online, 22.2.; CfP bis 15.2.)
Welche spannenden archäologischen Ausgrabungen, Entdeckungen und Entwicklungen gab es in Deutschland? Ausgräber, Forschende und Fachleute berichten auf unserer virtuellen Tagungsreihe erneut von ihren Ergebnissen. Die Veranstaltung am Samstag, dem 22. Februar, richtet sich gleichermaßen an Fachkollegen wie an interessierte Bürgerinnen und Bürger – sie alle sind uns ganz herzlich willkommen! Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist erforderlich. – Besonders freuen wir uns auf Ihren Vortragsvorschlag einreichen: Ihre Ausgrabung/Ihr Forschungsprojekt muss in Deutschland (plus Grenzgebiete) und großteils im Jahr 2024 stattgefunden haben. Bei mehrjährigen Projekten können Sie den Anteil aus dem Jahr 2024 vorstellen. Zur Anmeldung eines Vortrags (15 Minuten und 5 Minuten für Diskussion/Fragen) senden Sie bitte bis spätestens 15. Febr. ein Abstract von max. 200 Wörtern & einen Vortragstitel von max. 15 Wörtern an
Tagungswebsite: http://www.das-archaeologische-jahr.de
Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung: https://dguf.de/tagungen-events/events/46-das-archaeologische-jahr-2024
1.3 Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie für 2025 (bis 28.2.)
Die aktuelle Ausschreibung richtet sich wie immer an Studierende aller archäologischen Fachdisziplinen und ihrer Nachbarwissenschaften, die an einer deutschen Hochschule preiswürdige Studienleistungen erbracht haben. Hierzu zählen Seminar‐ oder Abschlussarbeiten und erste eigene Publikationen, die sich innovativ mit für die europäische Archäologie relevanten Forschungsthemen auseinandersetzen. Als preiswürdig erachtet werden herausragende archäologische Forschungsarbeiten zur Geschichte Mitteleuropas oder zu Regionen der Welt, die auf die kulturellen Entwicklungen Mitteleuropas Einfluss ausgeübt haben respektive zu deren Verständnis wichtig sind. Ebenso können innovative methodologische Arbeiten in der Archäologie oder ihren Nachbardisziplinen gewürdigt werden, die der archäologischen Wissenschaft, der archäologischen Denkmalpflege, dem Kulturgüter- und Kulturlandschaftsschutz oder den archäologierelevanten Rechts- und Umweltwissenschaften einen wichtigen Impuls geben. Die eingereichte Arbeit soll auf Grundlage eines findigen interdisziplinären Ansatzes oder einer besonderen Vernetzung oder eines unorthodoxen Forschungskonzeptes oder eines innovativen Einsatzes neuer Medien oder technischer Anwendungen erfolgt sein. Die DGUF kann auch hochschulpolitische Aktivitäten auszeichnen, die der Verbesserungen der archäologischen Studiengänge oder der allgemeinen Studienbedingungen dienen. Die ausgezeichnete Studienleistung kann in eine Publikation in einer der DGUF-Schriften münden. Wir unterstützen dies durch ein bis zu vierstündiges Publikations-Coaching durch einen der Herausgeber bzw. Redakteure der DGUF‐Schriften, das der Preisträgerin bzw. dem Preisträger bei Bedarf hilft, der Arbeit den letzten Schliff zu geben. Die viele Zeit und der große Aufwand, der in die Erstellung der prämierten Arbeit geflossen ist, können sich für den Preisträger also besonders lohnen, wenn die Arbeit einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Veröffentlichung trägt zudem dazu bei, für den am Anfang seiner Karriere stehenden Preisträger eine fachliche Reputation aufzubauen. Der Preis ist ansonsten undotiert. Vorschläge können durch Studierende und Dozenten einer deutschen Hochschule oder Mitglieder einer deutschen archäologischen Gesellschaft eingereicht werden. Der Einreichungszeitraum endet am 28.2.
https://dguf.de/archaeologiepreise/studienpreis/deutscher-studienpreis-fuer-archaeologie
1.4 Bundestagswahl 2025: Wahlprüfsteine der DGUF
Am 2.12.2024 hatte die DGUF an alle wahlrelevanten Parteien (CDU/CSU, AfD, SPD, Grüne, BSW, FDP, Die Linke) fünf Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2025 übermittelt. In Folge erhielten wir vielstimmig die Rückmeldung, dass sich CDU/CSU, SPD, Bündnis90/Die GRÜNEN, FDP und Die Linke darauf geeinigt hätten, angesichts der ungewöhnlichen Kürze der Zeit "nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten." Neben den bei der DGUF eingegangenen Parteiantworten haben wir daher ersatzweise zur schnellen Orientierung Interessierter die einschlägigen Wahlprogramme der Parteien gesichtet und geprüft, welche Aussagen sich in Bezug auf unsere Wahlprüfsteine daraus ergeben. Das Ergebnis finden Interessierte auf DGUF.de. Für die aktuelle Bundestagswahl verzichten wir auf unser bisheriges Vorgehen, die Parteiantworten auch seitens des DGUF-Vorstandes einzuordnen und zu kommentieren. Denn die Aussagen und Nicht-Aussagen in den Wahlprogrammen sind unseres Erachtens auch ohne einen Kommentar klar und eindeutig genug, um eine archäologie- und wissenschaftsorientierte Wahlentscheidung zu unterstützen. – Wer sich ärgert, dass Archäologie, Denkmalschutz, WissZeitVG u. ä. derzeit keine Themen im Bundestagswahlkampf sind und in den Wahlprogrammen der Parteien nicht resp. nur ausnahmsweise vorkommen, möchte vielleicht die Empfehlungen der DLF-Redakteurin Ann-Kathrin Büüsker (@uedio.bsky.social) beherzigen. Sie schrieb am 6.2. auf BlueSky: "Du möchtest, dass im Wahlkampf über Thema xy gesprochen wird? Hier ein paar Tipps, wie du dein Thema platzieren kannst: (1) Schreib den Kandidierenden in deinem Wahlkreis, warum du das Thema für wichtig hältst, und frag sie, was sie zum Thema planen. Welche Antworten sie geben. Sag ihnen, wenn die nicht ausreichen. (2) Geh zum Wahlkampfstand der Parteien in deinem Wahlkreis und sprich das Thema an. Auch und vor allem bei den Parteien, die das Thema eher nicht auf dem Schirm haben. (3) Geh zu öffentlichen Wahlveranstaltungen, zu Diskussionen, beteilige dich an Formaten von Presse und Rundfunk, bring dein Thema ein. Sei freundlich, aber bestimmt, lass dich nicht abwimmeln, aber werde auch nicht kacke. (4) Geh nicht davon aus, dass irgendwer das Thema doch mal anpacken müsste, weil es wichtig ist. Sei die Person, die es anpackt, weil es wichtig ist. (5) Geh nicht davon aus, dass eine E-Mail etwas ändert, so funktioniert das nicht. Sei beharrlich. Ein Thema in den Fokus zu holen, Wahrnehmung zu gestalten, ist ein langwieriger Prozess, er erfordert Geduld und Ausdauer. (6) Die Themen, die gerade im Mittelpunkt stehen, stehen dort, weil sie jemand dort platziert hat. Das kann man doof finden oder aktiv versuchen, es zu ändern."
Wahlprüfsteine der DGUF zur Bundestagswahl 2025: https://dguf.de/ngo/wahlpruefsteine/bisherige-wahlpruefsteine/wahlpruefsteine-der-dguf-zur-bundestagswahl-2025
1.5 Der DGUF-Vorstand zum Diskussionspapier der Leopoldina zur akademischen Ausbildung in der Archäologie
Das im November 2024 vorgelegte Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu Defiziten der aktuellen Ausbildung im Fach Archäologie / Ur- und Frühgeschichte fasst bekannte Mängel, die anderweitig bereits seit längerem diagnostiziert wurden, zusammen. Die Diagnose mündet in elf Apelle und den Vorschlag, ein "Forum Archäologischer Kulturgutschutz" zu gründen. Der DGUF-Vorstand greift das Diskussionsangebot auf. Er zeigt auf, dass im Leopoldina-Papier eine sorgfältige Analyse der wirklichen Ursachen der Probleme fehlt, was aber zentral für die Ableitung von Maßnahmen ist. Zur Umsetzung der Apelle werden im Leopoldina-Papier keine SMARTen Maßnahmen beschrieben, nirgendwo werden Aufgaben, Befugnisse und Verantwortungen auch nur angerissen. Absehbar bleiben solche Apelle wirkungslos. Das Diskussionspapier der Leopoldina fasst daher nicht nur Symptome zur Situation der Archäologie in Deutschland verständlich zusammen, es ist nach Überzeugung des DGUF-Vorstands vielmehr selbst symptomatisch für die Lage der deutschen Archäologie.
Siegmund, F., Scherzler, D. & Schön, W. (2025). Ohne Hand und Fuß: das Diskussionspapier der Leopoldina zur akademischen Ausbildung in der Archäologie. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 7. Febr. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund_scherzler_schoen.pdf
1.6 DGUF-Umfrage Social-Media-Nutzung in der Archäologie
An der 3-Minuten Umfrage zur Social-Media-Nutzung (9.12.2024-31.1.2025) haben sich ca. 250 Interessierte beteiligt. Wir danken allen von Ihnen, die geantwortet haben, ganz herzlich! Die Antworten zeigen, dass der bei den Nutzern beliebteste Kanal der DGUF kein Soziales Medium ist, sondern der klassische DGUF-Newsletter. Er hat stabil viele Abonnenten und erreicht seit Monaten verlässlich Öffnungsraten von mehr als 50 %, was unter Profis als außerordentlich hoher Wert gilt. Die Landschaft der Social Media im engeren Sinne erweist sich als heterogen, weil nicht mehr ein Kanal "alle" resp. "die Mehrheit" erreicht, sondern die Nutzerschaft stark fragmentiert ist. Was keine neue Erkenntnis ist, sondern z. B. auch aus der jährlich aktualisierten ARD-ZDF-Online-Studie hervorgeht. Wir werden nun DGUF-intern die Antworten auswerten und abwägen, wie wir uns in Zukunft aufstellen werden. Was wir schon sehen: die Ergebnisse der Umfrage geben keine einfachen Antworten. Eines steht aber fest: der DGUF-Newsletter wird bleiben.
"Wie entwickelt sich die Mediennutzung im Internet 2024? (ARD/ZDF-Medienstudie): https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/
Die DGUF auf Facebook: www.facebook.com/dguf1969/
Die DGUF auf LinkedIn: www.linkedin.com/company/dguf1969/
1.7 Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Martin Kuckenburg: Studien zu Friedrich Engels' Schrift "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats"
Unter den zahlreichen Publikationen, welche die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" zur Rezension ausschreiben, sei diesmal die vierbändige Reihe des studierten Archäologen, Journalisten und Sachbuchautors Martin Kuckenburg hervorgehoben. Kuckenburg gleicht die Thesen von Friedrich Engels in vier Themenkreisen ca. 140 Jahre später mit dem Wissensstand der modernen Archäologie ab. Wenn Sie Interesse an einer Rezension haben, richten Sie bitte Ihre Anfrage mit Ihrer vollständigen Postanschrift sowie einer kurzen Begründung, weshalb Sie dieses Werk besprechen wollen, an:
Alle Rezensionsangebote der "Archäologischen Informationen" mit weiteren Informationen zu Modalitäten und Ablauf: https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/dguf-dok_arch-inf_rezensionsangebote.pdf
Martin Kuckenburg: Studien zu Friedrich Engels' Schrift "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats". Bände 1-4. 820 Seiten. Dezember 2024. Mehr zu den Büchern: https://buchshop.bod.de/catalogsearch/result/?q=Kuckenburg+Engels
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 Vortragsreihe 2025 von CIfA Deutschland (Online, immer dienstags, 18 Uhr)
Der Berufsverband richtet eine Reihe von Online-Vorträgen samt Möglichkeit zum Austausch ein. Fest stehen bislang folgende Termine und Themen: 11. März, Erich Halbwidl: Vorteile und Möglichkeiten geographischer Informationssysteme (GIS) in der archäologischen Forschung und Denkmalpflege. / 8. April, Frank Siegmund: Archäologie publizieren. / 13. Mai, Michaela Schauer: Schon wieder Keramik gefunden ... und warum das etwas Gutes ist! - Ein Einblick in archäometrische Untersuchungsmethoden. / 10. Juni, Sascha Piffko: Grabungsfirma - Was ist das? Wie funktioniert das? Was macht man da? Wie viel verdiene ich dort? Wie stehen die Karrierechancen? / 8. Juli, Olaf Plung: Restauratorische Erstversorgung mineralischer Materialien (Naturstein, Keramik, Mauerwerk). / 12. August, Brigitte Buss: No longer lost in translation: die Aufgaben eines Consultant oder "Dienst ohne Kelle". Eine vorherige Anmeldung zu den Vorträgen ist nicht erforderlich.
www.cifa-deutschland.de/veranstaltungen/kurse-und-vortraege
2.2 Schifffahrt-Bilder (Würzburg, 8.-13.4.)
Die 30. Tagung der DEGUWA will von der Frühgeschichte bis zur Spätantike Brücken schlagen zwischen nautischer und limnischer Archäologie im Mittelmeerraum und seinen Binnengewässern einerseits und den Bildwissenschaften andererseits. Die Themenfelder: Antike Darstellungen von Schiffen bzw. Schiffsverkehr, Bildwerke an Schiffen und Schiffsmodelle; der Transport von Bildwerken; (digitale) Bilder und Rekonstruktionen von vormodernen Schiffen, Schiffsrouten und Transportlogistik. Außerdem sollen aktuelle Forschungsthemen berücksichtigt werden.
2.3 15. Internationale Jahrestagung der Archäologischen Arbeitsgemeinschaft Werkzeuge & Waffen (Bad Reichenhall, 8.-11.5.; CfP bis 30.3.)
Die diesjährige Tagung findet hat als Schwerpunktthema "Brauen, Backen, Braten, Sieden, Keltern und Kochen. Werkzeuge und Geräte der Nahrungsmittelzubereitung" - ohne besonderen chronologischen Fokus. Unter der Rubrik "Sonstiges" können auch Vorträge zu aktuellen Funden und Befunden angemeldet werden, die eher allgemein mit Werkzeugen oder Waffen in Zusammenhang stehen. Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch, die Vortragsdauer beträgt 30 Minuten (Abweichungen nach Absprache). Interessierte senden Vortragstitel samt Abstract bis spätestens 30. 3. an
CfP: https://www.academia.edu/127377997/Tagung_AG_Werkzeuge_and_Waffen_2025_Bad_Reichenhall
2.4 CIfA2025 - Shaping the future (of our profession) (Birmingham, 30.4.-1.5.)
On this conference it will be discussed: what does fit for the future look like? How is the sector preparing for the opportunities and challenges the next ten years will bring? Do we have the right structures, standards and skillsets to drive change, contribute to sustainable growth and deliver social value?
https://www.archaeologists.net/annual-conference
3 Forschung
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Siegmund, F., Scherzler, D. & Schön, W. (2025). Ohne Hand und Fuß: das Diskussionspapier der Leopoldina zur akademischen Ausbildung in der Archäologie. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 7. Febr. 2025.
Thiery, F., Schenk, F. & Thiery, P. (2025). Das Research Squirrel Engineers Network: FAIRification Tools und LOD-Projekte aus der Archäoinformatik und den Geowissenschaften. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 4. Febr. 2025.
Klose, Chr. & Weisser, B. (2025). Digitale Sicherheitsdokumentation im musealen Kontext: Der digitale Besitznachweis als Anwendungsbeispiel für den Minimaldatensatz. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 3. Febr. 2025.
Mina, M. (2025). EAA Code and Principles: Opportunities and Challenges in Setting the Standards of Archaeological Work in Europe. Archäologische Informationen 47, Early View, published online 31 Jan 2025.
Städtler, D. & Gerber, A. (2025). Die Minimaldatensatz-Empfehlung für archäologische Forschungsdaten. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 28. Jan. 2025.
Auler, J. (2025). Rezension zu: Wojtucki, D. (ed.) (2024). Former Places of Execution in Silesia. An interdisciplinary perspective. Wroclaw: Oficyna Wydawnicza ATUT. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 27. Jan. 2025.
Karg, S. (2025). DFG-Abschlussbericht: Know-how in der Flachsproduktion – Spezialisierte Bauern des Jung- bisEndneolithikums (4300-2200 B.C.) im circum-alpinen Raum. Eine interdisziplinäre Studie zur Ausbreitungs- und Nutzungsgeschichte der Kulturpflanze Lein (Linum usitatissimum L.). Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 24. Jan. 2025.
Thiery, F., Fella, K., Mempel-Länger, L. & Puhl, A. (2025). Digitale Services in der Archäologie: Aktuelle Entwicklungen und Angebote aus den NFDI4Objects Task Areas Collecting und Protecting. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 20. Jan. 2025.
Anzenberger, A. & Winkler, St. (2025). Über den Rubikon – Wie Daten über Grenzen hinweg vergleichbar werden. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 13. Jan. 2025.
Siegmund, F. (2024). Den Erfolg planen! – Was wäre, wenn NFDI4Objects erfolgreich wird? Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 7. Jan. 2025.
https://www.dguf.de/early-views
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
"Des tombes inattendues à l’île de Ré témoignent d’échanges avec le monde nordique" (INRAP, 11.2.): https://www.inrap.fr/des-tombes-inattendues-l-ile-de-re-temoignent-d-echanges-avec-le-monde-nordique-19841
"Spuren für Kannibalismus vor 18.000 Jahren. Forschende analysieren Manipulationsspuren an menschlichen Überresten aus der Maszycka-Höhle" (Universität Göttingen, 10.2.): https://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?id=7716
5. Jh. n. Chr.: "Rare bronze beverage filter discovered in Hadrianopolis" (Heritage Daily, 10.2.): https://www.heritagedaily.com/2025/02/rare-bronze-beverage-filter-discovered-in-hadrianopolis/154519
"Evolution im Zeitraffer: Wie der Mensch unbeabsichtigt den Schädel von Schweinen veränderte" (Universität Halle-Wittenberg, 10.2.): https://pressemitteilungen.pr.uni-halle.de/index.php?modus=pmanzeige&pm_id=5858
"Occupations humaines néandertaliennes du plateau de Chartres (Eure-et-Loir)" (INRAP, 7.2.): https://www.inrap.fr/occupations-humaines-neandertaliennes-du-plateau-de-chartres-eure-et-loir-19838
"'Missing Link' in der Geschichte der indogermanischen Sprachen gefunden" (Universität Wien, 5.2.): https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/missing-link-in-der-geschichte-der-indogermanischen-sprachen-gefunden/
"Forscher entschlüsseln 1900 Jahre alten Papyrus und stoßen auf antiken Kriminalfall. Es ging um den Scheinkauf mehrerer Sklaven, Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung: Aufzeichnungen von einem Prozess aus dem Jahr 130 bieten einmalige Einblicke in die Justiz des römischen Reichs" (Spiegel, 31.1.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/roemisches-reich-1900-jahre-alter-papyrus-schildert-antiken-kriminalfall-a-2841aa8f-848d-4abd-825d-71282f6d4390
"Mit Pfeil und Bogen. Etwa 4500 Jahre alte Gräber von Kriegern der Glockenbecherkultur bei Förderstedt, Sachsen-Anhalt" (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesmuseum für Vorgeschichte, 30.1.): https://idw-online.de/de/news846663
"A hard ceiling on modern human dispersal. Neandertal DNA in some of the oldest modern human genomes establishes a short timeline of 50,000 years for the out-of-Africa founder event" (JohnHawks,net, 29.1.): https://johnhawks.net/weblog/when-and-how-neandertals-mixed/
"Un village du Néolithique récent à Val-des-Marais (Marne)" (INRAP, 23.1.): https://www.inrap.fr/un-village-du-neolithique-recent-val-des-marais-marne-19774
"Explosive volcanic eruption may have led to growth of ancient city in Bolivia. New study suggests rise of ancient city Tiwanaku coincided with major volcanic event in Lake Titicaca Basin's vicinity" (The Art Newspaper, 22.1.): https://www.theartnewspaper.com/2025/01/22/ancient-volcano-lake-titicaca-tiwanaku-growth-ash-analysis
"Beziehungsdynamik in Ökosystemen vor rund 130.000 bis 20.000 Jahren: Frühe Menschen nahmen Einfluss auf Verfügbarkeit von Fleisch und auf aasfressende Tiere" (Universität Tübingen, 22.1.): https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/fruehe-menschen-nahmen-einfluss-auf-verfuegbarkeit-von-fleisch-und-auf-aasfressende-tiere/
"A look at the Maba hominin skull. Found in 1958, the skull is one of a handful of fossil hominins from southern China that may be connected with the Denisovans" (JohnHawks.net, 20.1.): https://johnhawks.net/weblog/a-look-at-the-maba-hominin-skull/
"The contribution of segmental duplications to human diversity. New studies based on long-read sequencing open a new way of looking at variation of these structural variants" (JohnHawks.net, 18.1.): https://johnhawks.net/weblog/the-contribution-of-segmental-duplications-to-human-diversity/
Trichterbecherkultur: "Nicht nur Getreide: Neue Einblicke in den Speiseplan von vor 5000 Jahren" (Universität Kiel, 17.1.): https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/005-nicht-nur-getreide
"Versteckt vor 400 Jahren: Geheimer Münzschatz in Eisleben entdeckt" (National Geographic, 17.1.): https://www.nationalgeographic.de/2025/01/versteckt-vor-400-jahren-geheimer-muenzschatz-in-eisleben-entdeckt
"Health and Healing in the Norse World: A Glimpse into Medieval Scandinavian Medicine" (Leiden Archaeology Blog, 16.1.): https://www.leidenarchaeologyblog.nl/articles/health-and-healing-in-the-norse-world-a-glimpse-into-medieval-scandinavian-medicine
"In Niederösterreich trifft Ostasien auf Europa. Alte Genome zeigen die Integration genetisch unterschiedlicher Gruppen in dieselbe frühmittelalterliche Awaren-Gesellschaft im Wiener Becken" (MPG, 15.1.): https://www.mpg.de/23997124/0115-evan-in-niederoesterreich-trifft-ostasien-auf-europa-150495-x
Teufelsbrücke: "Neues Bild der Menschen des Jungpaläolithikums" (Universität Jena, 13.1.): https://www.uni-jena.de/293678/neues-bild-der-menschen-des-jungpalaeolithikums
"Über 4000 Jahre altes Grab eines Hofarztes in Sakkara gefunden" (Selket's Blog, 13.1.): https://blog.selket.de/aus-der-archaeologie/ueber-4000-jahre-altes-grab-eines-hofarztes-in-sakkara-gefunden
"Uralte Straße entdeckt: Archäologischer Fund auf der Baustelle des Heilbronner KI-Innovationsparks" (SWR, 11.1.): https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/fund-aus-roemerzeit-in-heilbronn-100.html
Litauen/15. Jh.: "Forscher entdecken lange verloren geglaubte Reichskronen" (Focus, 11.1.): https://www.focus.de/wissen/mensch/forscher-entdecken-verloren-geglaubte-reichskronen-unbezahlbar_78abb21b-b40b-4135-814f-be27d0a9b416.html
Frühe Homininen/TraCEr: "Werkzeugwahl der Urzeit" (Leiza, 10.1.): https://www.leiza.de/presse/details-pressmeldungen/werkzeugwahl-der-urzeit und: Paixão E, Gossa T, Gneisinger W, Marreiros J, Tholen S, Calandra I, et al. (2025) Exploring early Acheulian technological decision-making: A controlled experimental approach to raw material selection for percussive artifacts in Melka Wakena, Ethiopia. PLoS ONE 20(1): e0314039. doi.org/10.1371/journal.pone.0314039
"Kleopatras Schwester bleibt weiterhin verschollen" (Universität Wien, 10.1.): https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/kleopatras-schwester-bleibt-weiterhin-verschollen/
"A look at the fossil skull from Steinheim. The skull provides some of the best evidence for the ancestral population of Neandertals, and had a tumultuous history in the decades after its discovery" (JohnHawks.net, 6.1.): https://johnhawks.net/weblog/a-look-at-the-fossil-skull-from-steinheim/
3.3 Flachsproduktion: Spezialisierte Bauern des Jung- bis Endneolithikums im circum-alpinen Raum
Die Untersuchungen zum Lein / Flachs an 50 Fundplätzen zeigen, dass im Neolithikum im gesamten Alpenraum zwei entscheidende Änderungen in der Samengröße fassbar sind. Ab dem 38. Jahrhundert v.Chr. erscheint eine neue Variante des Leins mit kleineren Samen. Gleichzeitig nehmen Funde von Textilwerkzeugen wie Webgewichte und Spinnwirtel sowie Leinen-Textilien zu. Ab dem 35. Jahrhundert v.Chr. dominiert dieser Faserlein in allen Fundstellen. Im Laufe des Endneolithikums/Beginn der Bronzezeit nimmt die Größe der Samen wieder zu, was vermutlich damit zusammenhängt, dass Leinen durch Wollstoff ersetzt worden ist und der Anbau von Lein zur Ölgewinnung wieder Vorrang erhalten hat.
Karg, S. (2025). DFG-Abschlussbericht: Know-how in der Flachsproduktion – Spezialisierte Bauern des Jung- bis Endneolithikums (4300-2200 B.C.) im circum-alpinen Raum. Eine interdisziplinäre Studie zur Ausbreitungs- und Nutzungsgeschichte der Kulturpflanze Lein (Linum usitatissimum L.). Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 24. Jan. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_karg.pdf
3.4 Neues Goldschmiedegrab aus Thüringen
Im Zuge der Erschließung eines Gewerbegebietes westlich von Artern (Kyffhäuserkreis, Thüringen) fanden 2022-24 auf insgesamt 92 Hektar Fläche umfangreiche Verursachergrabungen statt. Nahe Schönfeld wurde dabei ein Grab der Zeit um 500 n.Chr. entdeckt, das neben einer Spatha mit Scheidenmundblech im Tierstil I auch mehrere Goldschmiede-Werkzeuge enthielt.
"Der Goldschmied von Artern, Kyffhäuserkreis" (LDA Thüringen, 20.1.): https://denkmalpflege.thueringen.de/aktuelles/ausgrabungen/meldungen-2025/der-goldschmied-von-artern-kyffhaeuserkreis
Tobias, B. (2008). Frühmittelalterliche Gräber mit Beigabe von Schmiedewerkzeugen. (Monographien des RGZM, 153): https://books.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum/catalog/book/1262
3.5 Wo wohnte der im Schiffsgrab von Sutton Hoo Bestattete?
Das 1939 entdeckte, unberaubte Schiffsgrab von Sutton Hoo (East Anglia, Großbritannien) aus dem frühen 7. Jahrhundert n. Chr. ist in der Frühmittelalterforschung weithin bekannt. Es wird immer wieder mit dem aus den Schriftquellen bekannten ostanglischen König Readwald verbunden (ca. 599-624 n. Chr.). Bei Untersuchungen in den 1960er- und 1980er-Jahren wurden ca. 20 weitere mögliche Grabhügel im näheren Umfeld entdeckt. Doch wo wohnte der König? Seit den 2010er-Jahren untersuchen Christopher Scull und sein Team mit Surveys, Testgrabungen, Geomagnetik etc. das Umland von Rendlesham (Suffolk) ca. 6 km nordwestlich des Schiffsgrabs, um diese Frage zu klären. Nachgewiesen sind auf diesem ca. 50 Hektar großen Areal inzwischen viele Indizien: reiche Metall- und Münzfunde seit dem 4. Jahrh. n. Chr.; Siedlungsreste seit dem 5. Jh.; Goldbrakteaten des späten 5. Jh.; Gold- und Schmuckfunde des 6.Jh., die nach ihrer Art und Qualität mit der Elite verbunden werden können. Bei Grabungen 2021-23, über die jetzt in "Medieval Archaeology" berichtet wird, konnte neben Siedlungsspuren und Grubenhäusern u. a. der Grundriss einer "großen Halle" (Versammlungshalle) freigelegt werden. Der der Elite zugeschriebene Bereich der Siedlung wurde nach der vorläufigen Analyse der Funde ca. 570/80 n. Chr. gegründet und in den 730er-Jahren verlassen.
Scull, Chr., Everett, L. & Minter, F. (2024). Excavations at Rendlesham, Suffolk, 2021 - 2023: Investigating an Early-Medieval Royal Settlement. Medieval Archaeology, 68(2), 203-228: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00766097.2024.2419190
Scull, Chr., Brookes, St. & Williamson, T. (eds) (2024). Lordship and Landscape in East Anglia AD 400 - 800. The Royal Centre at Rendlesham, Suffolk, and its Contexts. (Research Reports of the Society of Antiqaries of London, 84). London: Soc. of Antiquaries. https://library.oapen.org/handle/20.500.12657/95717
Scull, Chr. & Plouviez, J. (2014). Rendlesham rediscovered. British Archaeology, July/August 2014, 50-55: https://www.academia.edu/8917490/Rendlesham_Rediscovered?email_work_card=view-paper&li=0
3.6 Sutton Hoo und Prittlewell-Prinz: Rückkehrer aus dem oströmischen Krieg gegen das Sassanidenreich 575-591?
Das 1939 entdeckte Schiffsgrab von Sutton Hoo (East Anglia, Großbritannien) und das 2003 entdeckte Grab des "Prittlewell Prinz" (Essex, Großbritannien) enthalten reiche und außergewöhnliche Grabbeigaben, von denen einige wahrscheinlich aus dem oströmischen Reich stammen. Die übliche Deutung ist, dass diese über indirekte Vermittlung, d. h. aus dem Merowingerreich, nach Großbritannien gelangten. Helen Gittos (Oxford) plädiert in einem gründlichen Aufsatz jetzt für eine andere Deutung: Unter dem oströmischen Kaiser Iustinus II brach - wieder einmal - 575 n. Chr. ein Krieg mit dem Sassanidenreich aus, für den sein Heerführer ("Caesar") Tiberius eine große Anzahl an Soldaten anwarb, u. a. Foederaten, d. h. Soldaten - vorwiegend Reiterkrieger - unter eigenen Führungskräften. Dieser Krieg dauerte bis 591 n. Chr. an. In gründlicher Sichtung der exotisch-oströmischen Objekte aus den beiden Gräbern begründet sie ihre Hypothese, dass beide Bestatteten führende Krieger dieses Heeres gewesen sein könnten, die nach ihrem erfolgreichen Söldnerdienst in den frühen 590er-Jahren auf die britische Insel zurückkehrten und dort Teil der sozialen Elite waren. Lesenswert!
Gittos, H. (2025). Sutton Hoo and Syria: The Anglo-Saxons Who Served in the Byzantine Army? The English Historical Review, ceae213 (2.1.2025): https://academic.oup.com/ehr/advance-article/doi/10.1093/ehr/ceae213/7941799 (Open Access)
3.7 Goldschale von Zürich-Altstetten neu datiert
Die 1906 bei Bauarbeiten entdeckte, gut 900 Gramm schwere Goldschale von Zürich-Altstetten ist ein besonderer, recht einzigartiger und leider kontextloser Fund, weshalb sich die Forschung mit der Datierung schwertut. Der aktuelle Wikipedia-Beitrag stellt sie in die Spätbronzezeit, aber auch Einordnungen in die Hallstattzeit wurden begründet vorgetragen. Nun legt Werner E. Stöckli einen neuen Vorschlag vor, auf Basis einer merkmalanalytisch-typologischen Untersuchung. Er untersucht (1) den Stil der Tierdarstellungen, (2) entwickelt einen Vergleich mit weiteren Goldfunden in der Schweiz, (3) betrachtet das Gewicht von Goldgefäßen und (4) deren Wanddicke. Mit dem Aufzeigen von Parallelen und dem Legen typologischer Reihen - ganz im Sinne von Montelius - macht Stöckli wahrscheinlich, dass die Goldschale von Altstetten jeweils am Anfang mehrerer typologischer Reihen steht. Danach gehört die Goldschale am ehesten an den Anfang des 3. Jahrtausends v. Chr., sie ist also tausend Jahre älter als bislang zumeist vermutet.
Stöckli, W. E. (2024). Die Goldschale von Zürich-Altstetten. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 81(4), 353-384.
Wikipedia (13.1.2025). Goldschale von Altstetten: https://de.wikipedia.org/wiki/Goldschale_von_Altstetten
3.8 Menschen vor ca. 2 Millionen Jahren in Europa?
An der Fundstätte Grăunceanu in Süd-Rumänien wurden in den 1960er und 1980er-Jahren tausende Knochen von Eiszeittieren entdeckt, u. a. Mammute, Hirsche und Auerochsen, Urpferde und Säbelzahnkatzen. Der Fundkomplex soll ca. 1,95 Millionen Jahre alt sein. Nun wurden ca. 4.500 dieser Knochen neu untersucht, wobei an ca. 20 Tierknochen Schnittspuren festgestellt wurden, wie sie für das Entbeinen von Jagdbeute durch Menschen typisch sind. Am Ort fehlen Steinwerkzeuge oder auch menschliche Überreste, doch die Schnittspuren werden als "klare Belege für die Präsenz von Homininen an diesem Ort" interpretiert.
"Europa: Erste Menschen schon vor zwei Millionen Jahren? Schnittspuren auf Tierknochen in Rumänien legen frühe Präsenz von Frühmenschen nahe" (scinexx.de, 28.1.): https://www.scinexx.de/news/archaeologie/europa-erste-menschen-schon-vor-zwei-millionen-jahren/
Curran, S. C., Drăgușin, V., Pobiner, B. et al. (2025). Hominin presence in Eurasia by at least 1.95 million years ago. Nature Communications 16, 836 (2025), https://doi.org/10.1038/s41467-025-56154-9 (Open Access): https://www.nature.com/articles/s41467-025-56154-9
3.9 Psychologischer Langzeiteffekt des römischen Erbes in Deutschland
Nicht nur die ehemalige innerdeutsche Grenzen, sondern auch der Limes bildet eine "psychologische Grenze", die Deutschland teilt. Das postuliert eine aktuelle Studi, die in "Current Research in Ecological and Social Psychology" publiziert wurde. Der Bereich südlich des römischen Grenzwalls weist laut Studienergebnissen höhere Werte in Lebenszufriedenheit, Lebenserwartung und damit verbundenen Persönlichkeitsmerkmalen auf als der nördliche Bereich. Überraschend klar zeichne sich in diesen heutigen psychologischen Landkarten Deutschlands eine Grenze entlang des ehemaligen Limes ab. "Während die ökonomische Forschung bereits seit längerem untersucht, wie die Römer langfristige Effekte auf die lokale Wirtschaftskraft hatten, ist unsere Studie neu, da sie diese Analyse nun auch auf die psychologischen Landkarten ausweitet", sagt der leitende Forscher Prof. Martin Obschonka. "Die Studie deutet darauf hin, wie historische Ereignisse, die Tausende von Jahren zurückliegen, langanhaltende 'verdeckte' psychologische Auswirkungen auf die heutige Bevölkerung haben können." Die Forschergruppe sieht darin einen psychologischen Langzeiteffekt des römischen Erbes in Deutschland – so wie Archäologen römische Ruinen ausgraben, vermuten sie, ein psychologisches Erbe in den Köpfen der Menschen sichtbar zu machen. Ausgewertet wurden psychologische Daten von mehr als 70.000 Befragten. Dass der Effekt so lange anhielt, lasse sich durch die menschliche Fähigkeit erklären, über Generationen hinweg auf kulturellen Fortschritten aufzubauen und regionale Kultur weiterzugeben. Auch in den Niederlanden zeige sich dieser Limes-Effekt
Martin Obschonka, Fabian Wahl, Michael Fritsch, Michael Wyrwich, P. Jason Rentfrow, Jeff Potter, Samuel D. Gosling: Roma Eterna? Roman Rule Explains Regional Well-Being Divides in Germany. Current Research in Ecological and Social Psychology. DOI: 10.1016/j.cresp.2025.100214. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666622725000012
"Eine zweite Mauer in den deutschen Köpfen. Neue Studie zeigt auf, dass ein alter römischer Grenzwall bis heute die Psychologie der Deutschen beeinflusst" (Universität Jena, 6.2.): https://www.uni-jena.de/297990/eine-zweite-mauer-in-den-deutschen-koepfen
3.10 Çatalhöyük ein Dorf?
Die Wissenschaftsjournalisten Joachim Willeitner und Karin Schlott berichten in einem gut informierten Beitrag auf Spektrum.de über aktuelle Debatten um den berühmten Fundplatz Çatalhöyük in Anatolien, seit 2012 UNESCO Weltkulturerbestätte. Mit geschätzt 3.500 - 8.000 / 10.000 Einwohnern gilt der nur zu 5 % ergrabene Tell gemeinhin als frühneolithische "Stadt". Doch Ian Kuijt und Arkadiusz Marciniak halten diese gängigen Schätzungen für weit überzogen: Nach ihrer stark auf ethnoarchäologischen Parallelen beruhenden Argumentation zur geringen Lebensdauer der einzelnen Gebäude seien es eher 600-800 gleichzeitig lebende Einwohner gewesen – ein Dort statt einer Stadt. Die gelungene Aufbereitung der Debatte auf Spektrum.de stellt nicht einfach zwei Ergebnisse gegeneinander, sondern macht die Argumentationsstränge verschiedener Forschergruppen transparent, berichtet über Wissenschaft, nicht Schlagzeilen.
"Çatalhöyük : War die erste Stadt der Menschheitsgeschichte gar keine Stadt?" (Spektrum.de, 8.2.): https://www.spektrum.de/news/war-die-erste-stadt-der-menschheitsgeschichte-gar-keine-stadt/2225502
Kuijt, I. & Marciniak, A. (2024). How many people lived in the world’s earliest villages? Reconsidering community size and population pressure at Neolithic Çatalhöyük. Journal of Anthropological Archaeology, 74, 101573: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0278416524000047?via%3Dihub
"Archaeology: One of the world’s earliest farming villages housed surprisingly few people" (ScienceNews, 20.5.2024): https://www.sciencenews.org/article/earliest-farming-villages-housed-people
4 Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)
4.1 Was wäre, wenn NFDI4Objects erfolgreich wird?
Derzeit erfolgt der Umbau des boomenden Grabungswesens und der archäologischen Forschung in eine weitgehend digital dokumentierende und dokumentierte Archäologie. Wenn das NFDI4Objects-Vorhaben einer FAIRen Archivierung und Erschließung dieser Datenberge gelingt, steht die Archäologie vor einem beträchtlichen Bildungs- und Fortbildungsbedarf. Der Autor Frank Siegmund begleitet als stellv. Vorsitzender der DGUF das Projekt NFDI4Objects seit der Phase der Antragstellung. Er postuliert: "Wird die Aufgabe Bildung weiterhin unterschätzt, sind sehr bald schon viele Absolventen und berufstätige Archäologen wie auch Ehrenamtliche von der Arbeit an den archäologischen Primärquellen ausgeschlossen."
Siegmund, F. (2024). Den Erfolg planen! – Was wäre, wenn NFDI4Objects erfolgreich wird? Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 7. Jan. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_siegmund2.pdf
4.2 Daten vergleichbar machen durch kuratierte Thesauri, ein Workflow-offenes Design und Exporte je nach den Anforderungen des zuständigen Fachamtes
Anna Anzenberger und Stephan Winkler zeigen mit einer systematischen Sichtung aller aktuellen Grabungsrichtlinien auf, wie unterschiedlich die Dokumentationen in Deutschland erfolgen - was Forschern wie auch Ausgräbern ein Arbeiten über die Grenzen von Bundesländern hinweg erheblich erschwert. Eine mögliche Lösung aus der Privatwirtschaft: eine universelle, eigenständig normierte Vorgehensweise und eine Dokumentationssoftware, die später vorgabenspezifisch das ausspielt, was die jeweilige Behörde erwartet. Kein Man-müsste-mal-Projekt, sondern als Software "Sapikon" bereits lauffähig realisiert und praxiserprobt.
Anzenberger, A. & Winkler, St. (2025). Über den Rubikon – Wie Daten über Grenzen hinweg vergleichbar werden. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 13. Jan. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_anzenberger_winkler.pdf
Sapikon: www.sapikon.eu
4.3 Aktuelle Entwicklungen und Angebote aus den NFDI4Objects Task Areas Collecting und Protecting
Der Beitrag stellt die zentralen Services der NFDI4Objects-Task-Area 2 "Collecting" und der Task Area 4 "Protecting" vor, die sich der Verbesserung und Unterstützung im Umgang mit digitalen Daten in Bezug auf Sammlungen und dem Schutz sowie der Erhaltung des kulturellen Erbes widmen. Der Aufsatz erläutert die Ansätze und Werkzeuge beider Task Areas und zeigt, wie sie zur digitalen Erfassung, Vernetzung und nachhaltigen Nutzung von Forschungsdaten beitragen: Im Fokus steht die Vernetzung heterogener Daten aus unterschiedlichen Quellen und die Förderung der standardisierten Dokumentation von konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen. Zudem soll für Sammlungen mit Hilfe von digitalen Daten mehr Schutz erreicht werden.
Thiery, F., Fella, K., Mempel-Länger, L. & Puhl, A. (2025). Digitale Services in der Archäologie: Aktuelle Entwicklungen und Angebote aus den NFDI4Objects Task Areas Collecting und Protecting. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 20. Jan. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_thiery-etal.pdf
4.4 Minimaldatensatz-Empfehlung für archäologische Forschungsdaten
Die AG Minimaldatensatz bei NFDI4Objects erarbeitet eine Empfehlung, welche Daten für die Erfassung eines archäologischen Objektes z.B. bei der Inventarisierung mindestens angegeben werden sollten. Sie wird dazu handfeste Hilfen bereitstellen, um diese Daten auch FAIR und vielfältig nutzbar zu machen.
Städtler, D. & Gerber, A. (2025). Die Minimaldatensatz-Empfehlung für archäologische Forschungsdaten. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 28. Jan. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_staedtler_gerber.pdf
4.5 Der digitale Besitznachweis als Anwendungsbeispiel für den Minimaldatensatz
Die digitale Sicherheitsdokumentation von Sammlungsbeständen in Museen und Archiven dient u.a. dem eindeutigen Besitznachweis. Richtig angelegt, ergeben sich daraus zugleich wertvolle Forschungsdaten – wie dieser Beitrag aus dem Berliner Münzkabinett aufzeigt. Das Thema "Besitznachweis" wird in einer Temporary Working Group (TWG) von NFDI4Objects behandelt.
Klose, Chr. & Weisser, B. (2025). Digitale Sicherheitsdokumentation im musealen Kontext: Der digitale Besitznachweis als Anwendungsbeispiel für den Minimaldatensatz. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 3. Febr. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_klose_weisser.pdf
4.6 FAIRification-Tools und LOD-Projekte aus der Archäoinformatik und den Geowissenschaften
Die Bereitstellung gut erschlossener, vernetz- und wiederverwendbarer Forschungsdaten ist kein Hexenwerk. Das "Research Squirrel Engineers Network" stellt dazu verschiedene, unterstützende Werkzeuge bereit und in diesem Beitrag auch Anwendungsbeispiele vor.
Thiery, F., Schenk, F. & Thiery, P. (2025). Das Research Squirrel Engineers Network: FAIRification Tools und LOD-Projekte aus der Archäoinformatik und den Geowissenschaften. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 4. Febr. 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_thiery_schenk_thiery.pdf
5 Kulturgutschutz
5.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Schimpansen besitzen Dialekte. Kulturverlust bei Schimpansen durch menschlichen Einfluss belegt" (MPG, 4.2.): https://www.mpg.de/24113793/0204-evan-dialekte-bei-schimpansen-150495-x
"Öffnungen und Eröffnungen in Damaskus" (Archaeologik, 2.2.): https://archaeologik.blogspot.com/2025/02/offnungen-und-eroffnungen-in-damaskus.html
6 Beruf Archäologie
6.1 Die Kodizes und Prinzipien der EAA: Chancen und Herausforderungen bei der Festlegung von Standards für die archäologische Arbeit in Europa
"Die Überprüfung des EAA Code of Practice and Principles hat gezeigt, dass es nicht möglich oder sogar wünschenswert ist, kategorische ethische Richtlinien zu erstellen", schreibt Maria Mina in ihrem Artikel, welcher den Prozess vorstellt, der der jüngsten Aktualisierung des Verhaltenskodex und der Grundsätze der European Association of Archaeologists (EAA) zugrunde liegt. Die Prähistorikerin leitete die Arbeitsgruppe, welche die Neufassung auf den Weg brachte. Maria Mina zeigt die ethischen Dilemmata auf, die im aktuellen archäologischen Diskurs in Europa wesentlich sind. Sie unterstreicht die Verantwortung eines internationalen Gremiums, umstrittene Themen in der Archäologie anzusprechen anstatt sie zu unterdrücken. Es sei wichtig, dass etablierte archäologische Praktiken in Europa an denen gemessen werden, die in der weltweiten Archäologie diskutiert werden.
Mina, M. (2025). EAA Code and Principles: Opportunities and Challenges in Setting the Standards of Archaeological Work in Europe. Archäologische Informationen 47, Early View, published online 31 Jan 2025. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_mina.pdf
6.2 BMBF veröffentlicht turnusgemäß Bericht über Wissenschaftler in frühen Karrierephasen
Anfang Februar veröffentlichte des Bundesministerium für Bildung und Forschung den "Bundesbericht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase: Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland" (BuWik 2025). Der Bericht gibt wertvolle Daten und zeigt durch den Vergleich mit früheren Berichten Entwicklungen auf. So beschreibt z. B. der Begriff "Leaky-Pipeline" den Befund: "Je fortgeschrittener die Qualifizierungs- und Karrierestufe, desto geringer ist der Anteil der in der Wissenschaft tätigen Frauen." Die Leaky Pipeline existiert in Deutschland weiterhin, im Vergleich zum BuWiN 2021 zeigt sich jedoch, dass die Frauenanteile in allen Karrierestufen zugenommen haben. Mit Blick auf die Stichjahre 2010 und 2015 wird festgestellt, dass die Zahl der Habilitationen weiterhin kontinuierlich sinkt. Der Bericht unterstreicht das bekannte Phänomen der zahlreichen Befristungen: "99,7% des promovierenden (R1) und 90% des promovierten hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen (unter 35 bzw. unter 40 Jahren, ohne Professorinnen und Professoren) sind befristet beschäftigt." Ganz den DGUF-Erhebungen für die Ur- und Frühgeschichte entsprechend gilt: "Die Promotionsquote [sank] zwischen 2014 und 2022 von 22 auf 16%". Wertvolle Informationen, die helfen, die eigenen Optionen und die Lage des eigenen Faches besser einzuordnen.
"BuWik 2025 (Kurzfassung)" (BMBF, 28.1.): https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/DE/2025/buwik_kurzfassung.html
Konsortium BuWiK (2025). Bundesbericht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase: Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Bielefeld: wbv Verlag.
Siegmund, F. (2024). Die Studierenden- und Absolventenzahlen in den Fächern Ur- und Frühgeschichte sowie Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit und Provinzialrömische Archäologie im Jahr 2023. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 12. Juni 2024: https://dguf.de/fileadmin/AI/siegmund_2024b.pdf
6.3 Wertvoller Vergleich! Arbeitsbedingungen in der Kunstwissenschaft
Der von DGUF und CIfA Deutschland verfolgte Kurs, die fachspezifischen Arbeitsverhältnisse zu thematisieren und empirisch zu untersuchen, greift auch bei unseren Nachbarn um sich. Aktuell liefert die AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft wertvolle neue Einsichten auf Basis einer Umfrage, die sie über sechs Monate im Jahr 2022 durchgeführt hat, und zwar bei Kunstwissenschaftlern, die sich selbst als Arbeitssuchende, Freiberufler, in der freien Wirtschaft tätig, im Museum, Ausstellungswesen und Denkmalpflege, als Stipendiaten sowie in Universitäten, Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen tätig eingeordnet haben. Die Ergebnisse sind nun im Open Access als Broschüre und als Präsentationsfolien erhältlich. Grundlage aller Aussagen sind 979 vollständige Datensätze. Die Umfrage macht deutlich, dass neben den stabilen und nach Tariflohn bezahlten Anstellungen sehr viele Kunstwissenschaftler unter ausnehmend prekären Bedingungen arbeiten. Freiberufler, beispielsweise, erzielen ein mittleres Jahreseinkommen (Median) von 5.000 Euro (pro Jahr!), und viele Bereiche mit aktuell auskömmlichen Einkommen sind geprägt von befristeten Arbeitsverträgen mit kurzen Laufzeiten. Für angehende Kunstwissenschaftler sehr wertvolle Informationen, und für Archäologen ein wertvoller Vergleich mit dem eigenen Fach.
AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (2024). Prekäre Karrieren. Resultate der Umfrage zu den Arbeitsbedingungen in den Kunstwissenschaften: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/9360/
AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (2024). Prekäre Karrieren. Ergebnisse der Umfrage zu den Arbeitsbedingungen in den Kunstwissenschaften (2022) - [Präsentation und Grafiken]: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/9363/
6.4 Netzwerk Nachhaltige Wissenschaft fordert Evaluation der Exzellenzstrategie
Die langjährigen Bemühungen und Initiativen der DGUF um Selbstreflektion archäologischen Arbeitens (fachliche Ethik; Ausbildung; EvaBA; bessere Datenlage zu Studium und Beruf Archäologie ...) finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern sind Teil eines um sich greifenden Prozesses in der deutschen Wissenschaftslandschaft. Immer mehr Forschenden reicht es nicht mehr, akademischen Titeln, Publikationen und Drittmitteln erfolgreich hinterherzujagen, sondern sie denken über Wissenschaft als Beruf nach und wollen dieses ihr Umfeld besser gestalten. Markantestes Gesicht dieser Selbstreflektion sind derzeit die Graswurzelbewegung #95vsWissZeitVG (Okt. 2020 ff.) und die daraus hervorgegangene Gruppe #IchBinHanna (Juni 2021 ff.), die erheblichen gesellschaftlichen Druck aufgebaut haben, das geltende Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) grundlegend zu modernisieren. Dass es sich hier keinesfalls um eine Versammlung von Underdogs und jenen, "die es nicht geschafft haben" handelt, zeigt spätestens die Initiative #ProfsfürHanna, die im März 2023 binnen weniger Tage 3.000 Unterschriften von fest Etablierten ("Prof. Dr.") einsammelte zur Unterstützung der Forderungen der #IchbinHanna-Bewegung. Dass es hierbei auch innerhalb "der Wissenschaft" (die es so eben nicht gibt), rumpelt - Stichwort #Ciao_DHV - ist keine Widerlegung oder Selbstzerstörung, sondern Zeichen einer erfreulich erstarkenden Debattenkultur und eben eines Prozesses der Selbstreflektion als Grundlage notwendigen politischen Agierens. Aus der Gruppe #ProfsfürHanna ist im Mai 2024 das "Netzwerk Nachhaltige Wissenschaft" (NNW) hervorgegangen, das am 14.1. mit einer "Stellungnahme zur Exzellenzstrategie" an die Öffentlichkeit trat. Das Netzwerk NNW kritisiert die mangelnde Grundfinanzierung im deutschen Wissenschaftssystem und die Überbetonung kompetitiver Drittmittel, genauer: der Exzellenzstrategie. Bevor man das Kollektiv der deutschen Wissenschaft in die nächste Runde der Exzellenzstrategie stürze, sollten die bisherigen Runden, ihre Erfolge, ihre Misserfolge und ihre Nebenwirkungen wissenschaftlich evaluiert werden. In einem ersten Schritt war das NNW im Okt. 2024 mit konkreten Fragen, die auf empirisches Wissen über die Exzellenzstrategie zielten, an die DFG, den Wissenschaftsrat und die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz herangetreten. Die aktuelle Stellungnahme zieht Bilanz aus deren Antworten sowie aus vielen Gesprächen mit Exzellenzinitiative-erfahrenen Experten und Antragstellern: "Insgesamt entsteht bei uns der Eindruck, dass eine relativ große Zahl sehr relevanter Fragen zur ExStra offen bleibt. Wenigstens in Teilen scheint es sich um ein vorrangig glaubensgestütztes Projekt zu handeln: Die Beteiligten sollen glauben, dass der künstlich erzeugte Wettbewerb zwischen den einzelnen Standorten die wissenschaftliche Qualität steigert, anstatt sie (was bei weitgehender Abwesenheit echter Qualitätskontrolle mindestens ebenso plausibel ist) zu senken. Die wissenschaftliche und die allgemeine Öffentlichkeit sollen glauben, dass die Antragstellenden ehrlich sind und die Gutachtenden gründlich und unparteiisch arbeiten. ..." Schlussfolgernd erneuern sie ihre Forderung, die Exzellenzstrategie zu reflektieren und die bisherigen Runden wissenschaftlich zu evaluieren. "Ein strukturbildendes Element von dieser Reichweite so lange ohne ein ausreichend kritisches Monitoring von unabhängiger – und wissenschaftlich qualifizierter – Seite zu belassen, erscheint uns verantwortungslos." Wie notwendig ein solches Monitoring ist, unterstreicht jüngst ein Beitrag von J. M. Wiarda über eine Ausschreibung des BMBF, auf die sich mehr als 100 Antragsteller bewarben - wiewohl dem von Ministerin B. Stark-Watzinger (FDP) geführten BMBF seit April 2024 klar war: Es stehen dafür keine Mittel zur Verfügung. 22.320 Seiten mit Herzblut und viel Wissenschaftler-Zeit wohlformulierter Anträge, verfasst für die Rundablage.
NNW: https://netzwerk-nachhaltige-wissenschaft.de/
Stellungnahme zur Exzellenzstrategie (NNW, 14.1.): https://netzwerk-nachhaltige-wissenschaft.de/?p=449
"Hinter der Exzellenzfassade" (NNW, 20.11.2024; zugleich FAZ Nr. 271 vom 20.11.2024): https://netzwerk-nachhaltige-wissenschaft.de/?p=384
"Wissenschaftspolitik: Am ausgestreckten Arm" (Blog J. M. Wiarda, 15.1.): https://www.jmwiarda.de/2025/01/15/am-ausgestreckten-arm/
7 Open Access & Open Data
7.1 Mehr als 6.000 3D-Scans von ca. 400 Primaten online
Das National Museum of American History hat ca. 6.000 3D-Scans von Skeletten (400 einzelne Arten) nicht-menschlicher Primaten online gestellt. Die Online-Stellung dient u. a. zur Entlastung des Museumsbetriebes, denn bisher wurden jeweils spezifische Anfragen einzelner Kollegen nach Daten händisch individuell beantwortet, Suchende ggf. zum analogen Besuch der Vergleichssammlung eingeladen. Nun können Interessierte in der AMNH-Datenbank "MorphoSource" online weltweit via Suchmaske nach Art, Knochen etc. suchen und sich ein 3D-Bild herunterladen. Die 3D-Scans sind im PLY-Format abgelegt, das z. B. via MeshLab lesbar ist. Über näheres zum Inhalt und zu den Nutzungsbedingungen der Datenbank unterrichtet ein wiss. Aufsatz von S. Almécija et al (2024).
American Museum of National History: "New Dataset Makes 3D Scans from Primate Collections Available Worldwide" (8.1.): https://www.amnh.org/explore/news-blogs/primate-digital-collections
MorphoSource: https://www.morphosource.org/projects/00000C706/
Almécija, S., Pugh, K.D., Anaya, A. et al. (2024). Primate Phenotypes: A Multi-Institution Collection of 3D Morphological Data Housed in MorphoSource. Scientific Data 11, 1391: https://doi.org/10.1038/s41597-024-04261-5
8 Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1 Portable Antiquities Scheme: 2023 fast 75.000 Funde gemeldet
Die Institution Portable Antiquities Scheme (PAS) dient in Großbritannien nicht nur dazu, Fundmeldungen von Bürgern, Sammlern und Sondengängern zu sammeln, sondern soll auch mit Schulungen, Berichten, Wegleitungen etc. den Kontakt zwischen Bürgern und Profi-Archäologie stärken. Ein Instrument zu diesem Zweck sind die seit 1997 veröffentlichten "Annual Reports", die einen Überblick über wichtigsten Funde eines Jahres und eine Jahresstatistik geben. Zur Jahreswende 24/25 ist der 44-seitige Bericht über das Jahr 2023 erschienen, er kann über die Website des PAS eingesehen und heruntergeladen werden. Demnach wurden 2023 von 3.877 Findern insgesamt 74.506 Funde und 1.358 "Schatzfunde" (nach britischem Recht) gemeldet. 95% der Funde wurden von Sondengängern gemacht. Den Hauptteil der Broschüre nimmt die Vorstellung besonderer Funde ein, vom neolithischen Steinbeil bis zur neuzeitlichen Münze.
Website PAS: https://finds.org.uk/
The British Museum (2024). The Portable Antiquities Scheme Annual Report 2023. London: British Museum. https://finds.org.uk/documents/annualreports/2023.pdf
9 Und sonst …
9.1 Die Redaktion des "Journal of Human Evolution" kündigt geschlossen
Zur Jahreswende hat das Editorial Board der renommierten Elsevier-Zeitschrift "Journal of Human Evolution" (JHE) seinen Rücktritt erklärt. In einer Erklärung legten die Herausgeber und Redakteure die Gründe für diesen gemeinsamen Schritt dar: Der Verlag Elsevier habe sie u. a. angewiesen, künftig auf redaktionelle Arbeit (Sprache, Grammatik, Lesbarkeit, Formatierung) zu verzichten, weil eine KI diese Aufgabe nun übernehme. Ein Testlauf habe jedoch gezeigt, dass die KI in zur Publikation angenommenen Manuskripten allzu viele Fehler bestehen lasse und vor allem viele neue hinzufüge. So soll die KI in bereits fertiggestellten Texten die Groß- und Kleinschreibung entfernt haben, darunter auch bei Seitennamen, Epochen, Ländern und Städten. Auch Kursivschrift für Spezies und Gattungen seien entfernt worden. Die Formatierung durch die KI sorge oft für Sinn verändernde Textänderungen. Der Anthropologe John Hawks, der selbst häufig im JHE publizierte, schreibt, den Autoren sei von Elsevier nicht mitgeteilt worden, dass KI ihre Texte bearbeite: "I would have submitted elsewhere if I was aware that AI would potentially be altering the meaning of the articles." – Die Zeitschrift war 1972 gegründet worden und 1986 umfassend renoviert worden, um ein höheres Qualitätsniveau zu erreichen. Sie ist peer-reviewed und erreichte zuletzt einen Journal Impact Factor von 3,1, der höchste zu diesem Themenfeld. Mit Publikationsgebühren von zuletzt 3.990 US-Dollar ist sie zugleich im oberen Kostensegment angesiedelt. Bislang hat sich der Verlag nicht zum Rückzug der Redaktion und weiteren Schicksal der Zeitschrift geäußert, aber zum 16.1. ein neues Redaktionsteam vorgestellt.
"Journal of Human Evolution: Resignation of the Editorial Board" (27.12.2024): https://retractionwatch.com/wp-content/uploads/2024/12/Social-Media-Statement-re-JHE-Resignations.pdf
"Rücktritt beim Journal of Human Evolution" (Open Access Network, 2.1.): https://open-access.network/services/news/artikel/ruecktritt-beim-journal-of-human-evolution
"Journal of Human Evolution: Redakteure kündigen aus Protest gegen KI-Einsatz" (golem.de, 4.1.): https://www.golem.de/news/journal-of-human-evolution-redakteure-kuendigen-aus-protest-gegen-ki-einsatz-2501-192109.html
Verlags-Website "Journal of Human Evolution": https://www.sciencedirect.com/journal/journal-of-human-evolution
"A sad end for the Journal of Human Evolution" (JohnHawks.net, 28.12.): https://johnhawks.net/weblog/a-sad-end-for-the-journal-of-human-evolution/
9.2 eXit - Mehr als 60 Hochschulen und Forschungseinrichtungen verlassen X
Am 10.1. haben mehr als 60 deutschsprachige Hochschulen und Forschungsinstitutionen - koordiniert von der Univ. Düsseldorf - in einer kurzen Erklärung bekannt gegeben, dass sie ihre Aktivitäten auf der Plattform X (Twitter) einstellen. "Der Rückzug ist Folge der fehlenden Vereinbarkeit der aktuellen Ausrichtung der Plattform mit den Grundwerten der beteiligten Institutionen: Weltoffenheit, wissenschaftliche Integrität, Transparenz und demokratischer Diskurs. [...] Diese Entscheidung betrifft ausschließlich die X-Accounts der beteiligten Institutionen und nicht ihre Kommunikation über andere Social-Media-Kanäle. Im Lichte der jüngsten Ereignisse werden sie die Entwicklung der Plattformen und ihrer Algorithmen weiterhin aufmerksam beobachten." US-amerikanische Leitmedien beschrieben die Instrumentalisierung von X Anfang Februar: Die Washington Post erläutert, wie Musk auf der Plattform seine Fans hinter sich versammelt und so seine Machtposition weiter ausbaut. Die New York Times schreibt darüber, wie Musk X nutzt, um seine Gegner zu diskreditieren.
HHU Düsseldorf: "Hochschulen und Forschungsinstitutionen verlassen Plattform X - Gemeinsam für Vielfalt, Freiheit und Wissenschaft" (HHU, 10.1.): https://idw-online.de/de/news845520
"Konzertierte Aktion: Mehr als 60 Hochschulen und Forschungsinstitute verlassen X-Twitter" (netzpolitik.org, 10.1.): https://netzpolitik.org/2025/konzertierte-aktion-mehr-als-60-hochschulen-und-forschungsinstitute-verlassen-x-twitter/
"Schluss mit X - Welche Info-Kanäle und Diskussionsräume braucht Wissenschaft? (Deutschlandfunk, 18.1.; Audio, 51 Min.): https://www.deutschlandfunk.de/schluss-mit-x-welche-info-kanaele-und-diskursraeume-braucht-wissenschaft-100.html
"Elon Musk is making X into his own digital Mar-a-Lago. As DOGE disrupts Washington, the billionaire is fielding policy pitches and expressions of fealty on the social platform he owns" (The Washington Post, 6.2.): https://www.washingtonpost.com/technology/2025/02/06/musk-x-doge-influence/
"Elon Musk’s X Becomes Weapon in Government Cost Cutting. The billionaire has used the social media site to boast of victories, lash out at enemies and conduct polls for the initiative he calls the Department of Government Efficiency" (The New York Times, 4.2.): https://www.nytimes.com/2025/02/04/technology/elon-musk-x-doge.html
"The Far Right Has a New Hero: Elon Musk" (Wired, 5.2.): https://www.wired.com/story/far-right-new-leader-elon-musk/
9.3 INRAP: Neugebautes archäologisches Forschungszentrum im Elsass
Am 30.1. wurde ein archäologische Forschungszentrum des Institut national de recherches archéologiques préventives (INRAP) in Eckbolsheim (Bas-Rhin) nahe Strasbourg eröffnet. Der Neubau bietet Platz für 40 Mitarbeiter, eine Bibliothek, eine Sammlung und ein Lager. Den konservatorischen Anforderungen an organische Materialien und Metalle werden durch zwei Klimareservoirs Rechnung getragen. Aktuell untersucht werden derzeit u. a. die mehr als 10.000 archäologischen Überreste aus Koenigshoffen in den westlichen Vororten von Strasbourg, die 2024 ergraben worden waren; darunter sind mehr als vierzig römerzeitliche Urnenfunde. Ebenfalls erforscht werden mesolithische und neolithische Grabfunde sowie Siedlungsfunde aus der Bronze- und Eisenzeit von Oberschaeffolsheim.
"Un nouveau centre de recherches archéologiques en Alsace" (INRAP, 30.1.): https://www.inrap.fr/un-nouveau-centre-de-recherches-archeologiques-en-alsace-19802
9.4 Die Object Capture Photogrammetry API von Apple liefert archäologie-taugliche 3D-Modelle
In einer wissenschaftlichen Studie haben Stance Hurst, Lauren Franklin und Eileen Johnsen untersucht, ob Apples Object Capture photogrammetry API brauchbare 3D-Modelle liefert. Ergebnis: ja, und zwar recht aufwandsarm, weil die überwiegende Mehrheit der 3D-Modelle errechnet werden konnte, ohne die Bilder vorab freistellen zu müssen. Der in PLOS One publizierte Aufsatz liefert interessierten Spezialisten alle nötigen technischen Details der Apparaturen und Vorgehensweisen. Die meisten Modelle konnten innerhalb von weniger als 15 Minuten berechnet werden. Die Abweichungen zwischen den resultierenden photogrammetrischen Modellen und konventionellen manuellen Streckenmessungen wie Länge, Breite etc. von Steinartefakten liegt im Bereich von Zehntelmillimetern.
Hurst, St., Franklin, L. & Johnson, E. (2024). Assessment of Apple’s object capture photogrammetry API for rapidly creating research quality cultural heritage 3D models. PLOS One, 12.12.2024: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0314560
9.5 MGH-Blog berichtet: "ACHTUNG: Fake-Wissenschaft!"
Der Mitte Januar im Monumenta-Germaniae-Historica-Blog veröffentlichte Beitrag berichtet über zwei im Herbst 2024 erschienene Monografien, die (zu üblichen Monografie-Preisen) über den Buch- und Onlinehandel bestellt werden können: Luitpold Frenzel: "Ludwig der Deutsche und die Geburtsstunde eines Reiches. Die politischen, kulturellen und militärischen Grundlagen des Ostfränkischen Reiches" und Wilhelm G. Walther: "Intrigen, Königswahl und Herrschaft: Die Machtkämpfe des Ostfränkischen Reiches. Von Ludwig dem Deutschen bis zur Konsolidierung der Macht." Eine sorgfältige Recherche der renommierten Mediävistin Prof. Dr. Dr. h.c. Martina Hartmann, Präsidentin der MGH, ergab: die Autoren existieren nicht, die offensichtlich KI-generierten Texte stecken voller Fehler, viele Zitate sind falsch, und Werke, die die gen. beiden Bücher zitieren, sind wiederum erfundene KI-Produkte.
"ACHTUNG: Fake-Wissenschaft!" (Blog MGH, 14.1.): https://www.mgh.de/de/blog/post/achtung-fake-wissenschaft
9.6 Angenehm, unaufgeregt: Archäologie meldet Misserfolg
Nahe Rantum auf Sylt war ca. am 15.1. ein bislang unbekanntes Schiffwrack nach starken Stürmen bei Ebbe freigespült worden. Auf Umwegen gelangte die Meldung ans ALSH, das unmittelbar ein Team aussandte, den Fund näher abzuklären. Doch das Meer gibt, das Meer nimmt: Das angereiste Expertenteam fand das Wrack nicht mehr, wohl, weil es zwischenzeitlich wieder vom Meer überspült und mit Sand überdeckt worden war. ntv Wissen und der Süddeutschen ist dies (basierend auf einem dpa-Text) einen gut gelungenen, informativen Artikel wert, der den Fund anhand der Augenzeugenberichte und eines Fotos einordnet, dabei aber auch die archäologie-üblichen amtlichen Wege und Arbeitsweisen erläutert und die Bedeutung der Zusammenarbeit von Bürgerschaft und Amtsarchäologie unterstreicht. Endlich mal eine schön aufbereitete Misserfolgsmeldung statt des üblichen, "sensationellen" "Schatzfundes" samt "die Geschichte muss neu geschrieben werden".
"Fundstelle fehlt Markierung: Archäologen auf Sylt finden Schiffswrack nicht mehr wieder" (ntv Wissen, 20.1.): https://www.n-tv.de/wissen/Archaeologen-auf-Sylt-finden-Schiffswrack-nicht-mehr-wieder-article25502072.html
"Nach Sturm: 100 Jahre altes Schiffswrack auf Sylt bleibt verborgen" (SZ, 20.1.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/nach-sturm-100-jahre-altes-schiffswrack-auf-sylt-bleibt-verborgen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-250120-930-349885
"Archäologie: Historisches Schiffswrack an Sylter Strand freigespült" (Deutschlandfunk, 15.1.): https://www.deutschlandfunk.de/historisches-schiffswrack-an-sylter-strand-freigespuelt-100.html
"Sylter Strand: Sturm spült Schiffswrack frei" (Tagesschau, 15.1.): https://www.tagesschau.de/wissen/sylt-strand-schiffswrack-104.html