Archäologische Quellen 7
In der niedersächsischen Stadt Cloppenburg wurden an der ältesten Kirche der Stadt, der St. Andreas Kirche im Ortsteil Krapendorf, umfangreiche archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Hierbei wurden über 200 vorwiegend neuzeitliche Gräber aus dem Randbereich des ehemaligen Kirchhofs erforscht. Daneben wurden diverse Gebäudestrukturen entdeckt, die zu Wohngebäuden direkt an der Kirche gehörten. Eines dieser Gebäude war das Dienstgebäude des Kaplans von St. Andreas. Zudem wurde um die Kirche ein komplexes Wegenetz verschiedener Zeitstellungen dokumentiert.
St. Andreas-Kirche in Cloppenburg-Krakenburg (2024). Foto: Krzysztof Golik. Südwestlich des heutigen Stadtzentrums von Cloppenburg liegt im Stadtteil Krapendorf, der früher eine eigenständige Gemeinde war, die St. Andreas-Kirche. In Folge von geänderten Anforderungen wurden die kirchlichen Gebäude auf dem Kirchplatz abgerissen und neu errichtet. Zuletzt geschah dies in den 1950er-Jahren, damals ohne eine archäologische Untersuchung. Verschiedene historische Quellen zeugen vom archäologischen Wert des Ortes. Im Kataster von 1835 sind um die Kirche einige Gebäude eingezeichnet, die heute nicht mehr stehen. Eine mittelalterliche Urkunde bezeugt die Pfarrgründung der Kirche an diesem Ort unter Karl dem Großen. Auch wenn die Urkunde inzwischen als mittelalterliche Fälschung entlarvt wurde, zeugt sie dennoch von der langen Geschichte der Kirche bis ins Mittelalter. Direkt südlich des Kirchplatzes fanden bereits Ausgrabungen statt, die jedoch unpubliziert blieben.
Die Kirche selbst steht mindestens seit dem 15. Jahrhundert an ihrem heutigen Platz. Im 18. Jahrhundert wurde die Kirche neu errichtet, wobei Teile des Kirchturms wiederverwendet wurden. Ältere Vorgängerbauten werden unter dem heutigen Bau vermutet, konnten aber durch die Grabung, die sich nur auf das Umfeld der Kirche bezog, nicht belegt werden.
Da archäologische und historische Quellen die Relevanz des Ortes bezeugen, wurden die Bauarbeiten 2022 baubegleitend in den drei Flächen archäologisch begleitet, wo später neue Gebäude errichtet werden sollten: (1) neues Pfarrheim, (2) Bibliothek und (3) Verwaltungsgebäude. Während dieser Grabungen konnten Teile der neuzeitlichen Keller aus dem Kataster von 1835 in ihren jeweiligen Erhaltungszuständen nachgewiesen werden. In den näher an der Kirche gelegenen Grabungsflächen wurden annähernd 200 Gräber dokumentiert, die meisten davon beigabenlos. Anhand weniger beigabenführender Gräber ist fast ausnahmslos von neuzeitlichen Bestattungen auszugehen.
Von besonderer Bedeutung ist die Erforschung des ehemaligen (neuzeitlichen) Dienstgebäudes des Kaplans von St. Andreas, welches sich komplett in dem Untersuchungsbereich südlich der Kirche befand. Direkt unter diesem Gebäude und in weiteren Untersuchungsflächen um die Kirche fanden sich gepflasterte Wege unterschiedlicher Machart, die von einer regen Bautätigkeit in diesem Gebiet in der Neuzeit zeugen. Aufgrund der Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die Wege zu einem Wegesystem gehören, woraus sich u.a. ein Rundweg um die Kirche ergibt.
Kastenbrunnen (Befund 261, Fläche 5; 11.7.2022).Unterhalb der neuzeitlichen Befunde fand sich südlich der Kirche eine spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Hofstelle. Einem Holzkastenbrunnen konnten Proben für eine Dendroanalyse entnommen werden, sie ergab das Fälljahr 1600 n.Chr. Daran wird klar, dass die angeführten neuzeitlichen Wege und Gebäudestrukturen innerhalb von ca. 250 Jahren errichtet und wieder zerstört wurden.
Ältere, hochmittelalterliche Spuren fanden sich nur in Form von Keramik. Gräber konnten nicht gesichert in das Hochmittelalter datiert werden. In einer Fläche nördlich der Kirche fand sich ein Grubenhaus und einige Gruben aus dem 8. - 9. Jahrhundert n. Chr.
Der Autor
Porträt des Autors (2024).Dr. Christopher Otto, geb. 1989, studierte an der Universität Münster und der Ruhr-Universität Bochum Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie, Frühchristliche Archäologie sowie Sinologie und Japanologie. 2022 promovierte er mit einem interdisziplinären Thema zur Prunkgrabsitte in Europa und Japan. Er war bereits für verschiedene Grabungsfirmen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen tätig und hat Prospektionen, Baubegleitungen, Flächen- und Stadtkerngrabungen verschiedener Zeitstellungen durchgeführt. Derzeit ist er für die Archäologie am Hellweg eG tätig. Neben seiner Tätigkeit in der Privatwirtschaft forscht er im Rahmen seines Habilitationsprojektes über Möglichkeiten der Publikation und Zugänglichkeit von Grabungsergebnissen. Er hält regelmäßig Lehrveranstaltungen an der Universität Münster.
Der Band
Arch. Quellen 8: CoverKerpen-Loogh 2025. 110 Seiten, mit 53 meist farbigen Abbildungen. Verlag Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF).
E-Book im kostenlosen Open Access: eISBN 978-3-96929-401-7. DOI: https://doi.org/10.11588/propylaeum.1542, dort.
Gedruckte Ausgabe: ISBN 978-3-945663-25-7. Softcover. 29,80 Euro, für DGUF-Mitglieder 19,90 Euro. Preise zzgl. Porto und Verpackung.
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Stand: Febr. 2025