Archäologische Berichte 28
Lage und Größe der Fundplätze
Mit der Aufnahme des Silex- und Felsgestein-Inventars sind etwas mehr als 3.500 Silices, Felsgesteine und natürliche Grundformen aus Feuerstein erfasst worden. Die Auswertung der Grundformen und der Rohmaterialien lässt die Rolle von Weisweiler 107 und Weisweiler 108 im Weitergabe-Netzwerk der rheinischen Bandkeramik erkennen, wonach sich beide Siedlungen in wichtigen Details anders als nach dem bisherigen Modell erwartet verhalten. Der Einzelhof Weisweiler 108 weist nämlich deutliche Parallelen zu zwei weiteren Einzelhöfen auf der Aldenhovener Platte auf und zeigt eine Sonderstellung dieser autonomen Einzelhöfe im Weitergabe-Netzwerk an. Die Silexgeräte werden mit denen anderer Siedlungen hinsichtlich einer möglichen unterschiedlichen Gewichtung von handwerklichen zu landwirtschaftlichen Aktivitäten verglichen.
Chronologie
Mit Hilfe einer Korrespondenzanalyse der Bandtypen aus allen (!) zum Zeitpunkt der Bearbeitung verfügbaren bandkeramischen Grubeninventaren der rheinischen Bandkeramik erstellt Guido Nockemann eine relative Chronologie der rheinischen Bandkeramik. Die Befunde bzw. Bandtypen werden darüber hinaus in das bekannte Standardmodell zur Chronologie des Merzbachtals eingehängt und so den dort postulierten 15 Hausgenerationen zugeordnet. Grundlage sind die mehrfach erprobten Modelle zur bandkeramischen Siedlungsstruktur und den Hofplätzen. So wird der Siedlungsablauf von Weisweiler 107 und Weisweiler 108 rekonstruiert und mit der Entwicklung der Besiedlung im Schlangengrabental sowie der rheinischen Bandkeramik insgesamt verglichen.
Die Intrasite-Analyse der Funde erbringt interessante Ergebnisse in Hinblick auf das Standardmodell der Aktivitätszonen auf bandkeramischen Hofplätzen. Anhand der Verteilung der Fels- und Silexgeräte wie auch der Keramikverzierungen wird die interne Struktur und Organisation der bandkeramischen Siedlungen untersucht und mit bisherigen Erkenntnissen verglichen.
Durch eine Netzwerkanalyse der Zwickelmotive wurden die Verbindungen der Siedlungen der rheinischen Bandkeramik untereinander herausgearbeitet. Ausgangspunkt ist die angenommene symbolhafte Bedeutung der Zwickelmotive, die als soziale Äußerungen interpretiert werden. Die soziale Netzwerkanalyse ist eine Methode der empirischen Sozialforschung zur Erfassung und Analyse sozialer Beziehungen und Netzwerke. Die Aufwertung präzisiert das Beziehungsgeflecht zwischen den Siedlungen der rheinischen Bandkeramik und kommt zu einer Neubewertung. Auch die Art der Verbindungen der Siedlungen zu den zwei Gräberfeldern der Aldenhovener Platte sowie zum Erdwerk Langweiler 3 sind bemerkenswert.
Der hier angezeigte Band Archäologische Berichte 28 enthält vor allem die Auswertung des Materials: Er publiziert die Siedlungsgruppe Weisweiler 107/Weisweiler 108, erweitert die Erkenntnisse zur rheinischen Bandkeramik und beleuchtet neue Aspekte, speziell für die Siedlungsvorgänge im Schlangengrabental auf der Aldenhovener Platte. Damit schließt die Arbeit eine bisherige Lücke, denn nunmehr liegen alle bisher bekannten bandkeramischen Siedlungen im Schlangengrabental vor und sind hier zusammenhängend ausgewertet. Der gleichzeitig erschienene Folgeband, Archäologische Berichte 29, enthält die zahlreichen Anhänge (Tabellen, Listen etc.) sowie die Tafeln mit Funden und Plänen.
Der Autor
Kerpen-Loogh 2017. 510 Seiten, zahlreiche, z.T. farbige Abbildungen. Verlag Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF).
E-Book im kostenlosen Open Access: ISBN 978-3-945663-12-7.
DOI: 10.11588/propylaeum.295.403
Gedruckte Ausgabe, Hardcover: ISBN 978-3-945663-12-7. Preis: 110 Euro. Für DGUF-Mitglieder: 70 Euro. Preise zzgl. Porto und Verpackung.
DGUF-Verlag
z. Hd. Dr. Werner Schön
An der Lay 4
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Interview
- Frank Siegmund, Herausgeber der Reihe, im Gespräch mit Autor Guido Nockemann: Ein neuer Blick auf die bandkeramischen Siedlungsvorgänge der Aldenhovener Platte