AB 34 Dietrich Klaus Hartmann: Die katholische Pfarrkirche St. Vitus in Schmiechen, Stadt Schelklingen

Archäologische Berichte 34

St. Vitus in Schmiechen. - Foto D. K. Hartmann.

Ein seit langem von der katholischen Kirchengemeinde geplanter Ausbau der Pfarrkiche St. Vitus im Ortsteil Schmiechen (Stadt Schelklingen, Alb-Donau-Kreis) war Anlaß für eine umfassende archäologische Untersuchung in den Jahren 1990 und 1992. Bei der Grabung im Innenraum des aktuellen, aus dem 13. Jahrhundert stammenden Kirchenbaus konnte eine lückenlose Abfolge von Vorgängerbauten erschlossen werden. Erste Spur menschlicher Nutzung am Platz ist ein Gebäude unbekannter Funktion, das mutmaßlich in die Zeit der römischen Präsenz in Süddeutschland zu datieren ist. Einer frühmittelalterlichen Nutzung als Friedhof folgte nach den archäologischen Quellen im 9. Jahrhundert ein erstes Kirchengebäude. An diesen frühmittelalterlichen Erstbau schlossen sich mehrere hoch- und spätmittelalterliche Nachfolgebauten an. Eine Besonderheit für eine Kirche im ländlichen Raum ist der Einbau einer tonnengewölbten Krypta im 12. Jahrhundert. Die Publikation der Grabungsbefunde ergänzt die vom selben Autor vorgelegten Ergebnisse über die Entwicklung der Dorfkichen im ehemaligen Bistum Konstanz (Arch. Ber. 32).

Die erste Siedlungsspur (Periode I) am späteren Standort der Kirche St. Vitus sind Fundamentreste sowie einzelne Fragmente von Terra Sigillata; sie weisen auf eine Nutzung in der Zeit der römischen Präsenz in Oberschwaben hin, auch wenn die Funktion der Bebauung unklar bleibt. Nach einer Nutzung des Geländes als Friedhofsareal - die erfassten Gräber waren beigabenlos, sind aber wohl ins Frühmittelalter zu datieren - erfolgte nach den Befunden im 9. Jahrhundert die Errichtung einer ersten Kirche (Per. II). Diese Holzkirche, deren Ausrichtung für die späteren Bauten maßgeblich blieb, konnte durch eine Reihe von Pfostengruben belegt werden und hatte die Gestalt eines einfachen Saals mit einem durch eine Chorschranke abgeteilten Chor. Zahlreiche Bestattungen östlich der Kirche lassen sich dieser Phase zuweisen.

Eine Erneuerung dieses Kirchenbaus fand ausweislich der Keramik erst im ausgehenden 10. Jahrhundert statt, wobei der jetzt errichtet Steinbau (Per. III) nur unwesentlich größer war als sein hölzerner Vorgänger. Im 12. Jahrhundert entstand im Zuge einer Erweiterung der Kirche nach Osten auch eine kleine tonnengewölbte Krypta unter dem Chor, deren genaue Funktion unklar bleibt. Nach mehreren Umbau- und Erneuerungsphasen, in deren Rahmen auch die Krypta verändert sowie der bis heute bestehende Chorflankenturm errichtet wurde, erfolgte ein letzter größerer Umbau im späten 15. Jahrhundert mit der Errichtung eines gotischen Polygonalchors sowie der Neuerrichtung des gesamten Dachwerks (Per. Vd). Ende des 20. Jahrhunderts bedingte der starke Zuwachs an Gemeindemitgliedern das Bedürfnis nach einer Erweiterung der Kirche, die durch die Errichtung von seitlichen Anbauten an das bestehende Kirchenschiff erfolgte.

Die erfassten Funde werden im Rahmen der Untersuchung detailliert dargestellt und liefern einen wesentlichen Beitrag für das Verständnis der materiellen Kultur der Region. Insbesondere die Keramik zeigt das bei einer Kirchengrabung zu erwartende Bild.

 

Der Autor

D. K. Hartmann (2021).Dietrich Klaus Hartmann (geb. 1936) studierte nach einer Lehre der Feinmechanik an der Staatlichen Ingenieurschule Gauss in Berlin Elektrotechnik. Nach 35-jähriger Berufstätigkeit in der Computerindustrie und im internationalen Normungswesen im In- und Ausland nahm er 1997 nach seinem Ausscheiden aus dem Beruf ein Studium der Ur- und Frühgeschichte, Kunstgeschichte und Geologie an der Universität Tübingen auf. Daneben engagierte er sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich in der Archäologie und Denkmalpflege. Dem Magisterabschluss im Jahr 2006 folgte ein Promotionsstudium an den Universitäten Basel und Münster, das im Jahr 2017 abgeschlossen wurde. Anschließend arbeitete er in seiner Freizeit ehrenamtlich für das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg ältere Grabungen auf.

 

Der Band

Kerpen-Loogh 2021. 304 Seiten, davon 54 mit farb. Abb. Verlag Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF).
E-Book im kostenlosen Open Access: ISBN 978-3-96929-011-8
DOI: https://doi.org/10.11588/propylaeum.765, urn:nbn:de:bsz:16-propylaeum-ebook-765-2 

Gedruckte Ausgabe: ISBN 978-3-945663-19-6. Softcover. 49,00 Euro, für DGUF-Mitglieder 35,00 Euro. Preise zzgl. Porto und Verpackung.

CC BY 4.0

Bestellung

DGUF-Verlag
z. Hd. Dr. Werner Schön
An der Lay 4
D-54 573 Kerpen-Loogh
Telefon: 06593 / 9896-42
Telefax: 06593 / 9896-43
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.