AB 32 Dietrich Klaus Hartmann: Archäologisch-baugeschichtliche Studie zu den Dorfkirchen im ehemaligen Bistum Konstanz

Archäologische Berichte 32 

Der Osten des ehemaligen Bistums Konstanz (ca. 585 bis 1821) ist eine auch heute noch weitgehend ländlich geprägte Region mit einer reichen, bis auf das Frühmittelalter zurückgehenden Kirchenlandschaft. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wurden an vielen dieser Kirchen archäologische Untersuchungen vorgenommen, deren Ergebnisse allerdings bislang nicht allgemein verfügbar waren. Der vorliegende Band gibt für das Gebiet des heutigen Regierungsbezirks Tübingen eine vollständige Übersicht über diese Forschungen.

St. Georg in Burladingen.Grundlage dieser Untersuchung ist eine vollständige Übersicht über die bekannten Kirchen im Bereich des Regierungspräsidiums Tübingen, die in diesem Band katalogartig vorgelegt wird. Damit wird eine große Anzahl bisher nicht publizierter Untersuchungen der Forschung zugänglich gemacht. Für mehr als 1.100 Kirche wurden sowohl sämtliche bekannte archäologische Befunde und Beobachtung der Baudenkmalpflege, wie auch die vorhandenen Schriftquellen zusammengetragen und einer kritischen Bewertung unterzogen. Insbesondere geachtet wurde auch auf die Beziehung zu anderen lokalen Befunden frühmittelalterlicher Zeitstellung wie Reihengräberfelder und Siedlungen.

Turm von St. Peter und Paul in Nusplingen.
 
Der mögliche Einfluss der bedeutenden karolingischen Reichsabteien St. Gallen und Reichenau auf die Entwicklung der Kirchenlandschaft im Südwesten Deutschlands ist im Detail dokumentiert und Gegenstand der Arbeit. Eine kurze Übersicht der weiteren Baugeschichte bis zur Gegenwart ist jeweils Teil der Darstellung.

Damit lassen sich trotz der verhältnismäßig kleinen Zahl modern ergrabener Kirchen, von denen drei wichtige Beispiele in Folgebänden der "Archäologischen Berichte" vorgelegt werden, eine Reihe von allgemeinen Fragen der frühen Kirchenentwicklung genauer erfassen. Festgestellt werden konnte dabei, dass bereits für die jeweiligen ersten Bauphasen sehr unterschiedliche Bedingungen angenommen werden müssen. Es zeigt sich ein großer Reichtum an unterschiedlichen Ausprägungen sowohl von Holz- wie auch Steinbauten, wobei die frühesten Bauten im Allgemeinen ins 7. Jahrhundert zurückreichen.

St. Vitus in Schmiechen.Die häufige Nähe zu so genannten Hofgrablegen wie auch die geringen Abmessungen der Gebäude der jeweils ersten Bauphasen legen dabei vielfach den Schluss nahe, dass die Entstehung der Kirchen in erster Linie lokaler Initiative folgte und weniger Teil eines umfassenden Programms der christlichen Durchdringung war. Dies spiegelt sich auch in der großen Variabilität der Patrozinien wider, wobei einschränkend zu bemerken ist, dass sich nur wenige davon sicher in die Zeit vor 1000 zurückverfolgen lassen und Patrozinienwechsel überraschend häufig festgestellt werden konnten. Der aus der historischen Forschung bekannte Begriff der Eigenkirche lässt sich somit auch im archäologischen Befund wiederfinden.

Als wichtiges Ergebnis der Arbeit zeigt sich, dass die Kirchenentwicklung an den verschiedenen Orten außerordentlich individuell verläuft und nur die genaue Betrachtung der einzelnen Objekte weitere Ergebnisse verheißt.

 

Open Data
Der 185-seitige gedruckte Auswertungsband wird in der im Open Access zugänglichen Online-Ausgabe ergänzt um das vollständige Verzeichnis der 1.140 fassbaren Kirchen im Untersuchungsraum, das neben einer Fassung als Text (1.227 S. PDF) auch als maschinenlesbare "Open Data" veröffentlicht ist - offen für weitere Nachnutzungen.

Der Autor

K. D. Hartmann (2021).Dietrich Klaus Hartmann (geb. 1936) studierte nach einer Lehre der Feinmechanik an der Staatlichen Ingenieurschule Gauss in Berlin Elektrotechnik. Nach 35-jähriger Berufstätigkeit in der Computerindustrie und im internationalen Normungswesen im In- und Ausland nahm er 1997 nach seinem Ausscheiden aus dem Beruf ein Studium der Ur- und Frühgeschichte, Kunstgeschichte und Geologie an der Universität Tübingen auf. Daneben engagierte er sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich in der Archäologie und Denkmalpflege. Dem Magisterabschluss im Jahr 2006 folgte ein Promotionsstudium an den Universitäten Basel und Münster, das im Jahr 2017 mit der vorliegenden Arbeit abgeschlossen wurde. Anschließend arbeitete er in seiner Freizeit ehrenamtlich für das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg ältere Grabungen auf.

Der Band

 

Kerpen-Loogh 2019. 194 Seiten (inkl. 6 Tabellen u. 56 s/w Abb.). Verlag Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF).
E-Book im kostenlosen Open Access: ISBN 978-3-946654-93-3.
DOI: https://doi.org/10.11588/propylaeum.587, urn:nbn:de:bsz:16-propylaeum-ebook-587-8

Die Online-Ausgabe enthält zusätzlich einen vollständigen Katalog aller relevanten Kirchen im Reg.-Bez. Tübingen (1.227 Seiten, PDF).

Gedruckte Ausgabe: ISBN 978-3-945663-17-2. Softcover. 28,00 Euro, für DGUF-Mitglieder 19,50 Euro. Preise zzgl. Porto und Verpackung.

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