2023, 19. Juni, Frankfurt: Archäologischer Bildungskanon - wie gelingt ein zukunftsfähiges Kern-Curriculum UFG?

In Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum Frankfurt /M.

Immer wieder melden Lehrende, Arbeitgeber oder Interessenvertreter Wünsche und Forderungen an die Curricula der Universitäten an: mehr Praxis, mehr Theorie, mehr Archäologie der Neuzeit, mehr IT-Skills, Grundlagenkenntnisse des Denkmalrechts usw. usf. Häufig erscheinen diese Forderungen - für sich genommen - als sehr plausibel und sind es vielfach auch. Warum finden diese Desiderate also nicht einfach Eingang in ein UFG-Kern-Curriculum?

Ein reguläres BA-Studium umfasst 180 Kreditpunkte, ein MA-Studium 120 Kreditpunkte, ist also in seinem Volumen klar begrenzt. Viele Studierende beschreiben ihren Studienplan schon jetzt als sehr vollgestopft. Zudem sind die Autonomie der Universitäten und die Freiheit der Lehre geschützte Güter, Diktate von außen also weder erwünscht noch rechtlich möglich. Wie kann es gelingen, in dieser Gemengelage statt Untätigkeit, Frust-Schieben und „es ist halt so“ aktiv zu werden und eine Verständigung über gemeinsame Ziele und Inhalte eines UFG-Studiums zu gewinnen? Eine Art Bildungskanon zu umreißen, der überall gewährleistet werden sollte, bei gleichzeitiger Erhaltung von hinreichendem Raum für individuelle wie institutionelle Spezialisierungen?

Bisher standen die o. g. inhaltlichen Desiderate nebeneinander, wurden in der Academia wechselseitig höflich gutgeheißen. Folgen blieben aus. Die DGUF wünscht hier inhaltlich nichts und sie will nichts bestimmen. Sie bietet dem Fach schlicht eine Plattform, sich über die Thematik gemeinsam auszutauschen und die Debatte fokussiert zu führen. Dabei sehen wir die Jahrestagung 2023 nicht als Kulminations- oder Schlusspunkt einer Debatte, sondern als den Versuch, eine solche Debatte im Fach zu starten. Eine Debatte, die viele Kräfte wünschen. Dabei kann es nicht darum gehen, im „Wünsch-Dir-was-Modus“ alle plausiblen Wünsche und alle „nice to have“ zu sammeln. Vielmehr muss es im bewussten Umgang mit begrenzten Ressourcen darum gehen, ggf. auch traditionelle Inhalte wegzulassen und positiv zu umreißen, was im Konsens des Faches unbedingt im Pflichtteil der Curricula im Minimum enthalten sein muss.

 

Traditionsreiche Rolle der DGUF

Neu ist diese Rolle der DGUF nicht. Im Jahr 2020 debattierten wir auf der Tagung "Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?" (Tagungswebsite; Publikation in den Arch. Inf.) einen Teilaspekt dieser Frage nach einem Bildungskanon. Doch die DGUF-Beschäftigung mit diesem Themenfeld hat weit mehr Tradition. Bereits in den frühen 1990er-Jahren formierte sich aus Unruhen in Studierendenkreisen und dem Wunsch nach berufsqualifizierender Ausbildung in der DGUF ein "Arbeitskreis Archäologische Perspektiven", der Mindest-Forderungen an ein Grundstudium der Archäologie formulierte. Forderungen, die anschließend in der DGUF-Fachzeitschrift "Archäologische Informationen" vor allem von Universitätslehrern eingehend debattiert wurden und seinerzeit gewiss Einfluss auf Studienpläne hatten (Arch. Inf. 16(1), 1993). Ein Jahrzehnt später war es die Bologna-Reform Anlass, die zur Fortsetzung der innerfachlichen Debatte nach einem Bildungskanon in den Arch. Informationen führte (Arch. Inf. 26(1) u. 16(2), 2003).

 

Vorträge (Fr., 19. Mai)

Grundlagen

9:00 - 9:15 Uhr - Begrüßung und Einführung in die Tagung - Diane Scherzler & Frank Siegmund (DGUF)

9:15 - 9:45 Uhr - Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie studieren: Eine Übersicht über die Studiengänge in Deutschland - Doris Gutsmiedl-Schümann (Universität der Bundeswehr München)

Die diesjährige Tagung der DGUF stellt die Frage nach einem zukunftsfähigen Kern-Curriculum der UFG. Um dazu fundiert diskutieren zu können, ist es wichtig, die aktuellen Bachelor- und Masterstudiengänge, die zu einem Abschluss in ur- bzw. vor- und frühgeschichtlicher oder prähistorischer Archäologie führen, zu kennen. Ich möchte in meinem Beitrag die aktuellen Studiengänge zuerst kontextualisieren und einführend auf die Grundgedanken und Ziele des Bologna-Prozesses eingehen sowie typische Elemente und Charakteristika von Bachelor- und Masterstudiengängen vorstellen. Im Schwerpunkt meines Beitrags steht eine Analyse der aktuellen ur- und frühgeschichtlichen Studiengänge, der darin vermittelten Inhalte sowie der genutzten Vermittlungsmethoden. Hierzu werden Studien- und Prüfungsordnungen sowie Modulbeschreibungen ausgewertet und universitätsübergreifend verglichen. Mit einem kurzen Blick auf die Ressource Zeit in der Studiengangsplanung möchte ich meine Ausführen schließen.

Ansatz: zusätzliche wesentliche Inhalte ins Curriculum aufnehmen

9:45 - 10:10 Uhr - Archäoinformatik im Lehrplan - Sophie C. Schmidt (Berlin Graduate School of Ancient Studies; FU Berlin)

Computeranwendungen sind aus der Archäologie nicht mehr wegzudenken. Wie sehr müssen folglich archäoinformatische Inhalte, die das Feld zwischen Archäologie und Computerwissenschaften darstellen, in die universitäre Ausbildung integriert werden? Der Beitrag lotet aus, welche Fähigkeiten Studierende an welcher Stelle ihrer Laufbahn benötigen. Im Bachelorstudium sollten grundlegende Anwender-Kompetenzen vermittelt werden, die Absolvent:innen auf Anforderungen vorbereitet, auf die sie in der Berufswelt inner- und außerhalb der Wissenschaften mit Sicherheit stoßen werden (z. B. GIS). Im Masterstudium können sich Studierende entscheiden, ob sie sich archäoinformatisch spezialisieren oder nur bestimmte Techniken und Methoden erlernen möchten. Ein kritischer Umgang mit computergestützten Methoden und ihre fruchtbare Kombination mit archäologischer Theorie und Methodik ist nur möglich, wenn die Beschäftigung mit den archäoinformatischen Werkzeugen eine gewissen Tiefe erreicht. Auf allen Niveaus ist die Vermittlung von Konzepten wichtig und nicht das Erlernen bestimmter Abläufe in einem Programm. Archäologie sollte ein geisteswissenschaftliches Studium bleiben, das zur wissenschaftlichen Arbeit befähigt. Ein Fokus auf Archäoinformatik im Studium darf nicht dazu führen, dass die Absolvent:innen als "Techniker:innen" ohne wissenschaftlichen Anspruch oder Fähigkeiten gesehen werden. Es ist essenziell, einen geisteswissenschaftlich kritischen Umgang mit computergestützten Methoden zu finden. Dieser stellt zudem eine "transferable skill" dar, die auch außerhalb der Wissenschaft Berufsmöglichkeiten eröffnet.

10:10 - 10:35 Uhr - "…aber ich hab doch studiert!" Was Feldarchäologen wirklich können müssen. - Sarah Wolff (ADW Archäologische Dienstleistungen Wolff, infra EU)
    
Jedes Semester verlassen Absolventen der Ur- und Frühgeschichte die Universitäten, deren Lebensläufe dann zusammen mit einer Bewerbung auf den Schreibtischen der Firmenchefs landen. Häufig hoch spezialisiert, mit viel Uni-Engagement, tollen Noten, nicht selten mit einem Doktortitel. Die Absolventen sind hoch motiviert und wollen nun in ihre Archäologen-Karriere starten. Groß ist die Ernüchterung, wenn das Gespräch auf die Dinge kommt, die wirklich wichtig sind für einen Job in der Feldarchäologie: kannst du Keramik datieren? Stratigraphien verstehen? Bodenarten bestimmen? Wie gut bist du in Vermessungstechnik und Projektmanagement? Weißt du, ab wann dein Profilkasten verschalt werden muss? Oder wie man am besten ein Grubenhaus schneidet? Leider fehlt es den Absolventen oft schon an ganz grundlegenden Kenntnissen, so dass auf Jahre des Studiums draußen, in der "echten Welt", noch einmal Jahre der Ausbildung folgen müssen. Dass Universitäten nicht nur Feldarchäologen ausbilden können, ist klar – aber dennoch sollte es im Studienkonzept der Ur- und Frühgeschichte möglich sein, zumindest die Basics der Feldarchäologie unterzubringen. Mein Vortrag soll einige pragmatische Lösungsansätze und Denkanstöße liefern, mit denen zukünftigen Studenten der Weg in die Feldarchäologie geebnet werden würde. Ganz egal, ob die Ausgrabungen später für eine Forschungsstelle, ein Landesamt, eine Universität oder eine Grabungsfirma durchgeführt werden sollen.

10:35 - 11:00 Uhr - An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft: Herausforderungen für Archäolog:innen in Museum, Schule und Erwachsenenbildung - Wolfgang David (Ltd. Dir. Archäologisches Museum Frankfurt)

Das Thema wird auf Basis mittlerweile jahrzehntelanger Erfahrungen seit der eigenen Studienzeit unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Hochschulassistent und Fachstudienberater (in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren im Arbeitskreis "Student und Arbeitsmarkt" der LMU München), als Dozent in der Erwachsenenbildung, Lehrbeauftragter und als Direktor eines Archäologischen Museums – und somit Arbeitgeber für Archäologinnen und Archäologen – zunächst seit 2005 als "Gründungsdirektor" in Manching in einem eher ländlichen Umfeld innerhalb einer Metropolregion, seit 2018 in Frankfurt /M. im Stadtzentrum einer internationalen Metropole mit vielfältiger Museums- und Kulturszene und anspruchsvoller Stadtgesellschaft.
 In den vergangenen fünf Jahren wurden mehrere Besetzungsverfahren für speziell für Archäolog:innen ausgeschriebene Stellen durchgeführt, auf die sich jeweils etwa zwischen 50 und 80 Archäolog:innen aus dem In- und Ausland mit ganz unterschiedlichen Curricula und Biographien bewarben. Dabei ließen sich einige aufschlussreiche Beobachtungen machen, die zur Diskussion gestellt werden.

11:00 - 11:15 Uhr - Debatte über diesen Block / Ansatz.


11:15 - 11:45 Uhr - Kaffeepause


Ansatz: bestehende Curricula besser organisieren

11:45 - 12:10 Uhr - Das "Kieler Modell": Best of both worlds? - Nils Müller-Scheeßel (Inst. f. Ur- u. Frühgeschichte, Uni Kiel)

An der CAU Christian-Albrechts-Universität Kiel kann man – die verschiedenen Abschlüsse miteingerechnet – Prähistorische und Historische Archäologie in sieben Studiengängen studieren. Bei der Einrichtung der modularisierten Bachelor- und Masterstudiengänge stand bei allen notwendigen Vorgaben die Flexibilität des Lehrens und Studierens im Vordergrund. Diese wird dadurch erreicht, dass Lehrveranstaltungen in der Regel mehreren Modulen zugeordnet werden. Im Zuge einer anstehenden Re-Akkreditierung der Studiengänge wurden umfangreiche Evaluationen durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass die Studierenden mit diesem System überwiegend zufrieden sind. Kritik entzündet sich an Faktoren, die nicht mit der Studienordnung zusammenhängen, sondern beispielsweise mit dem Stand der Digitalisierung. Aus diesem Grund hat man sich entschieden, an der grundsätzlichen Struktur der Studiengänge nichts Grundlegendes zu ändern, nicht zuletzt auch deshalb, weil tiefgreifende strukturelle Änderungen mit einem abschreckend hohen bürokratischen Aufwand einhergehen würden. In dem Vortrag werden die Studienpraxis, aber auch die Evaluationen und Entscheidungsprozesse bei der Re-Akkreditierung beleuchtet.

12:10 - 12:35 Uhr - Was macht das Curriculum der Ur- und Frühgeschichte zukunftsfähig? Eine Studentische Bestandsaufnahme und Perspektive - Jonathan Schmidt1, Thomas Sickel2 & Johannes Reller2 (1Regionalverband West, DASV e.V.; 2Vorstand DASV e.V.)

Der DASV - Dachverband Archäologischer Studierendenvertretungen e.V. möchte die studentischen Erfahrungen und Änderungswünsche zur Verbesserung der Lehre in die Diskussion um eine Curriculum-Neugestaltung der Archäologien einbringen. Grundlage ist eine Umfrage, welche die studentische Zufriedenheit mit den bestehenden Curricula an deutschsprachigen Universitäten untersucht. Es wird herausgestellt, welche Aspekte des Studiums Studierenden besonders wichtig oder unwichtig für die Vorbereitung auf das spätere Berufsleben sind und welche Umgebungen dafür notwendig sind. Auf dieser Basis werden weitere Aspekte zur Zukunft des Fachcurriculums diskutiert: Welche Module sind "typologische Rudimente" der Studiengänge? Sind 6 Semester im Bachelor sinnvoll oder das Frankfurter Modell? Auf welche Neuerungen sollte sich eingestellt werden? Welche Prüfungsformen sind zukunftsfähig? In welcher Form sollen Themen wie Forschungsgeschichte, Klimakrise, Public Archaeology und Datenmanagement Eingang finden? Wie sollte die Balance aus Praxis und wissenschaftlicher Arbeit für ein bestmögliches Studium aussehen? Welche Gründe führen zur hohen Zahl an Langzeitstudierenden innerhalb der UFG? Wie kann hybride Lehre den Zugang zum Studienfach erleichtern und den interuniversitären Austausch fördern? Ist das Curriculum ursächlich für den angeprangerten Kompetenzverlust der Absolvent:innen oder ist ein weiterer wichtiger Faktor der Stellenwert konstanter und innovativer Lehre an den Universitäten? Schließlich wird ein von Studierenden erarbeitetes und erprobtes Wikipedia-Seminar vorgestellt und dessen Sinnhaftigkeit diskutiert.


12:35 - 14:00 Uhr - Mittagspause


14:00 - 14:25 Uhr - Zur Zukunft archäologischer Theorieausbildung - Alexander Veling (FU Berlin)

Seit vielen Jahren werden verschiedene archäologische Themenbereiche wie Fach- und Forschungsgeschichte, Konzept-Apparat, Quellen- und Methodenkritik, Methodologie, Interpretation, Modell-Bildung, Epistemologie oder Ethik der Archäologie zunehmend unter dem Begriff "Theorie" zusammengefasst. Bei Theorie geht es also um die Reflexion, Kontextualisierung, Rahmung, Begründung, Diskussion, Strukturierung und Weiterentwicklung all dessen, was Archäolog:innen so machen. Gleichzeitig ist die "Theorie der Archäologie" die große Klammer einer immer weiter in spezialisierte Methoden-, Raum- und Epochendiskurse zerfallenden Fächerlandschaft, in der die übergreifende Kommunikation zunehmend schwierig wird. Damit geht es bei Theorie nicht nur um die Grundlagen und das Verständnis, sondern auch eine gemeinsame Sprache und Diskussionskultur der Archäologie. Obwohl es also unter dem Begriff "Theorie" um das Kernstück einer Wissenschaft geht, spielt eine explizite Theorieausbildung im Grundstudium offensichtlich keine zentrale Rolle. Theoriebezogene Lehrformate konzentrieren sich häufig auf die gut aufgearbeitete anglophone Forschungsgeschichte (Kulturhistorische, Prozessuale, Postprozessuale, Symmetrische Archäologie) oder vermitteln vor allem das jeweils aktuelle, im disziplinübergreifenden Drittmittelmarkt angesagte Begriffs-Repertoire. Damit ist eine weitgehende Entfremdung von Theorie-Diskussion und Forschungs-Praxis verbunden. Um die Theorie-Ausbildung wieder im Kern des Studiums zu verankern ist es also einerseits notwendig, ständig wiederholte Missverständnisse um den Theoriebegriff abzulegen, und andererseits, auch eine Theoriediskussion zu führen, die archäologisch relevant ist.

14:25 - 14:50 Uhr - Berufsorientierung im Studium - Doris Gutsmiedl-Schümann & Holger Kieburg (AG Wissen schafft Karriere, dArV)
Junge Menschen entscheiden sich aus vielerlei Gründen für ein Archäologiestudium. Sie haben dabei oft nur vage Vorstellungen von den vielfältigen beruflichen Möglichkeiten, die sich ihnen mit einem Bachelor- oder Masterabschluss in einem archäologischen Fach bieten. Manche Berufsfelder sind während des Studiums meist präsenter als andere: Allen voran wohl die archäologische Ausgrabung, die sowohl in den Medien als auch in den praktischen Anteilen der Studiengänge oft in den Vordergrund gestellt wird. Doch Archäologie ist mehr als Ausgraben, daher ist es aus unserer Sicht wichtig, auch im Studium Berufsfeldorientierung anzubieten. Hierzu haben Mitglieder der "AG Wissen schafft Karriere" des dArV in den vergangenen Jahren unterschiedliche Wege ausprobiert. Diese Modelle werden vorgestellt, um zu erörtern, wie sie sich in ein Curriculum integrieren lassen.

14:50 - 15:05 Uhr - Debatte über diesen Block / Ansatz.


15:05 - 15:30 Uhr - Kaffeepause


Ansatz: zusätzliche Angebote neben die bestehenden Curricula packen

15:30 - 16:55 Uhr - Archäologische Naturwissenschaften in der Lehre: Situation und Vision aus Sicht des Bonn Center for ArchaeoSciences - Eva Rosenstock, Alice Toso & Jan Bemmann (Bonn Center for ArchaeoSciences)

Archäologische Naturwissenschaften stellen - trotz gelegentlicher prinzipieller Einwände gegen diese Entwicklung - ein wachsendes Forschungsfeld innerhalb der Archäologie dar. In der Lehre ist dieses Feld jedoch noch unzureichend abgebildet: Als im Magisterstudium der Ur- und Frühgeschichte begründete Tradition sind zwar einschlägige BA-Module zur Archäoanthropologie, -zoologie und -botanik regelmäßig im Wahlpflichtbereich zu finden und führten zu einer Öffnung auch der anderen Archäologien für naturwissenschaftliche Ansätze. Anders als beispielsweise im Vereinigten Königreich jedoch erfolgt aufgrund der geringen Kapazitäten des BA-Wahlpflichtbereichs die systematische Vermittlung Archäologischer Naturwissenschaften sowie der Erwerb apparativ und methodisch aufwendigerer Fähigkeiten in der Molekularen Bioarchäologie oder der Archäologischen Materialwissenschaft erst ab dem Masterstudium. Da derzeit ein Master in Archaeological Sciences in Deutschland nur in Tübingen angeboten wird, lernen Student:innen Archäologische Naturwissenschaften häufig informell während der Betreuung von Master- und Doktorarbeiten und zudem oft außerhalb der Universität an reinen Forschungsinstitutionen. Es ist daher zu wünschen, daß an geeigneten universitären Standorten die BA-Studiengänge in den Archäologien um ein je nach Studienordnung 30 bis 40 Leistungspunkte umfassendes Bacheloangebot in den Archäologischen Naturwissenschaften sowie um entsprechende aufbauende Masterstudiengänge ergänzt werden. Das Bonn Center for ArchaeoSciences strebt beides an und dient im Vortrag als Fallbeispiel für auf dem Weg dorthin aufkommende Hemmnisse und Chancen.

15:55 - 16:20 Uhr - Berufsschule Archäologiestudium? - Sascha Piffko (SPAU GmbH)
Der privatwirtschaftliche Sektor der Archäologie hat sich in den letzten Jahren zum Hauptarbeitsmarkt für Archäologen entwickelt, während die klassischen Berufsfelder an Denkmalämtern, Universitäten und Museen sich nur wenig entwickelt haben bzw. stagnieren. Die Forderung von Grabungsfirmen nach besser auf sie ausgebildetem Nachwuchs ist logische Folge und sollte im Interesse der Studierenden gehört werden. Die Universitäten haben auf die Entwicklung der Arbeitswelt nicht reagiert, die derzeitigen Bachelor- und Masterstudiengänge weisen stark schulische Konzepte auf, Praktikumszeiten und praktische Übungen sind rückläufig. Forschungsgrabungen vermitteln leider selten die grabungsrelevanten Fähigkeiten. Absolventen der Archäologie stehen nach ihrem Abschluss ohne hinreichend praktische Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt. Sollen Universitäten nun also Vermessung, GIS-Planerstellung, Arbeitssicherheit, Kampfmittelerkennung, Baggerfahren, Schnitttechnik, Blockbergung, Fotokurse, Befund- und Fundzeichnen etc. in ihr Curriculum aufnehmen? Wer wird diese Kurse anbieten? Oder wäre nicht die Einbindung und Mitwirkung der potenziellen späteren Arbeitgeber am Curriculum zielführender? Könnte man sich eine Art Volontariat auch bei Grabungsfirmen vorstellen?

16:20 - 16:45 Uhr - Wissenschafts-Transfer in der Archäologie? - Falk Näth (denkmal3D)

Nicht nur in den Natur- und Ingenieurswissenschaften ist mittlerweile ein Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen der Hochschulen mit Erfahrungen der Privatwirtschaft üblich. Die Archäologie ist durch die zahlreichen Veranlassergrabungen Teil der gesellschaftsrelevanten Privatwirtschaft geworden. Umso wichtiger werden Kenntnisse und Methoden im Querschnitt zum Projekt- und Personalmanagement. Allerdings beschränken sich die Praxisinhalte der Curricula auf wenige Praxiswochen. Nur wenige Modulverzeichnisse werden hierzu konkret: In ca. 3 bis 6 Wochen je Bachelor- und Masterstudiengang, zuweilen in Lehrgrabungen des jeweiligen Seminars, sollen in "Geländepraktika" oder "Praxisseminaren" die Studierenden fit für den beruflichen Alltag z. B. als Grabungsleiter gemacht werden. Der Leistungsnachweis erfolgt durch einen kurzen schriftlichen Bericht oder eine einzelne Befunddokumentation über 5 - 10 Seiten. Es wird schnell deutlich, dass in diesen Praxisseminaren weder Ansprüche der Arbeitssicherheit noch der Personalführung, noch eines irgendwie gearteten Projektmanagements – was ja einen Großteil der Tätigkeit eines Grabungsleiters, also einer Führungskraft auf Ausgrabungen ausmachen sollte – geleistet werden können.

Der Vortrag wird einen Lösungsansatz vorstellen, nach dem – ergänzend zum Studium der Ur- und Frühgeschichte oder anderer archäologischer Disziplinen – eine studienbegleitende Praxisausbildung als Wissenschafts-Transfer zwischen Universität und Wirtschaft erfolgen kann: Durch studienvorbereitende Praktika (wie etwa bei den Restaurierungs- und Grabungstechnik-Studiengängen vorgeschrieben), Block-Übungsveranstaltungen ("Planspiele") und Studienpatenschaften, aber auch "Referendariate" zwischen Bachelor- und Masterstudiengang. Hierbei wird auch das Potenzial der Privatwirtschaft beleuchtet, den Universitäten Mittel und Unterstützung bei einer praxisnahen Ausbildung zu liefern.


16:45 - 17:00 Uhr - Debatte über diesen Block / Ansatz.

17:00 - 18:00 Uhr - Generaldebatte: Lösungen - Vortragende und Teilnehmer:innen

18:00 Uhr - Ende der Tagung

 

Tagungsort

Die Tagung wird in enger Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum der Stadt Frankfurt organisiert (Website) und findet in dessen Räumlichkeiten statt. Weitere Hinweise zum Tagungsort folgen ...

 

Hinweis: Mitgliedersammlung DGUF & Deutscher Studienpreis für Archäologie

Ort: Archäologisches Museum der Stadt Frankfurt

Donnerstag, 18. Mai 2023:

  • 13:30 - 16:15 Uhr: DGUF-Mitgliederversammlung
  • 16:30 - 17:30 Uhr: Verleihung des Deutschen Studienpreises für Archäologie, an William Snyder (Univ. Tübingen) für seine Dissertation "New Experimental Insights into Early Hominin Cultures and Oldowan Technology".

 

Anmeldung, Tagungsgebühren und Stornoregelung

Eine Anmeldung für die Tagung ist erforderlich und ab sofort möglich, und zwar per E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. Bitte geben Sie bei Ihrer Anmeldung an: Name, Vorname (ggf. Titel), Anschrift, E-Mail-Adresse und ggf. Ihre Institution (z.B. "LEIZA", "Uni Frankfurt" etc.).
 
Um Anmeldung wird bis 10. Mai gebeten; die Tagungsgebühr (sofern erhoben) muss bis spätestens 10. Mai bei der DGUF eingegangen sein. Erst mit Eingang der Tagungsgebühr (sofern erhoben) auf dem DGUF-Konto ist die Anmeldung gültig. Ab 8. Mai sind nur noch Anmeldungen vor Ort möglich (Barzahlung; für alle Teilnehmerkategorien fällt ein Aufschlag von 10 Euro pro Anmeldung an.)
 
Bei einer Stornierung der Tagungsteilnahme fällt nach dem 10. Mai eine Bearbeitungsgebühr von 5 Euro an.
 
Tagungsgebühren
  • Normal 30 Euro
  • DGUF-Mitglieder 15 Euro
  • Vortragende 15 Euro
  • Studierende 5 Euro
  • Studierende DGUF-Mitglieder kostenfrei

Stand: 19. Juni 2023