Das archäologische Jahr 2023

Welche spannenden archäologischen Ausgrabungen, Entdeckungen und Entwicklungen gab es in Deutschland im Jahr 2023? Darüber berichten Ausgräber, Forschende und Fachleute am Samstag, 17. Februar 2024, auf unserer virtuellen Tagung via "Zoom". Sie richtet sich gleichermaßen an Fachkollegen wie an interessierte Bürgerinnen und Bürger – sie alle sind uns ganz herzlich willkommen! Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist erforderlich.

Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung / die Vorträge sehen

Eine Anmeldung zur Tagung ist bis 16. Febr., 15:00 Uhr möglich; später eingehende Anmeldungen können nicht mehr berücksichtigt werden. Die Teilnahme ist kostenfrei und unabhängig von einer Mitgliedschaft bei DGUF oder CIfA Deutschland für alle Interessierten möglich. Alle bis dahin Angemeldeten erhalten wenige Tage vor der Veranstaltung eine Erinnerung zugemailt, und am Morgen der Tagung gegen 8:45 Uhr erhalten Sie dann den Zugangslink (Zoom-Link). Für Ihre Anmeldung nutzen Sie bitte unseren Event-Kalender: [dort].

 

Vortragsprogramm

Das Vortragsprogramm beginnt am Sa., 17. Februar um 9:00 Uhr. Circa eine Viertelstunde vor Beginn erhalten alle Angemeldeten via E-Mail den ZOOM-Link zugesandt, mit dem sie sich in den Online-Vortrag einklinken können. Die Veranstaltung wird nicht gestreamt und nicht aufgezeichnet.

Die Vorträge dauern ca. 15 Minuten. Im Anschluss an jeden Vortrag ist Zeit für Ihre Fragen und Anmerkungen. Wir laden ausdrücklich auch Nicht-Archäologinnen und Nicht-Archäologen ein, Fragen zu stellen.

 

ab 8:45 Uhr: Einlass in den virtuellen Raum

9:00 Uhr: Begrüßung

9:10 Uhr: Besondere Töpfe für besondere Leute? La Hoguette-Keramik im Visier der Röntgenpistole (p-RFA)

Michaela Schauer M.A., ACIfA (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Hessen, Bandkeramik, La Hoguette, p-RFA

Im westlichen Verbreitungsgebiet der ersten Ackerbauern Mitteleuropas, der Bandkeramik, taucht um 5.500 v. Chr. unvermittelt eine auffällige Keramik auf: die eiförmige, stichverzierte, oft knochengemagerte La Hoguette-Keramik. Sie wird in der Forschung mobilen Jäger- und Sammlergemeinschaften zugeschrieben und damit als eigenständige Kultur definiert. Und das, obwohl der Großteil der La Hoguette-Funde aus bandkeramischen Siedlungen stammt und es daher nicht abwegig erscheint, dass dieselben Personenkreise sowohl bandkeramische Ware als auch La Hoguette-Gefäße hergestellt und genutzt haben... Was also, wenn beide Keramikarten aus lokalen Rohstoffen hergestellt wurden? Erste Antworten auf diese Frage liefert die chemische Untersuchung der Funde aus der ältestbandkeramischen Siedlung von Friedberg-Bruchenbrücken (Wetterau, Hessen) mittels portabler Röntgenfluoreszenzanalyse (p-RFA).

 

9:30 Uhr: Arch. Berichte 36: Eine Siedlungskammer der Ältesten Bandkeramik im Nördlinger Ries – Die Sammlung Krippner
Dr. Anna-Leena Fischer, Univ. Köln (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Bayern; Bandkeramik; Privatsammlung; Oberflächenfunde

Ende 2023 konnten die Publikationsvorbereitungen der Dissertation "Eine Siedlungskammer der Ältesten Bandkeramik im Nördlinger Ries – Die Sammlung Krippner" für die Reihe "Archäologischen Berichte" abgeschlossen werden - der Band erscheint im Februar 2024. Die Autorin erläutert die Voraussetzungen und Umstände bei der Bearbeitung dieser außergewöhnlichen Oberflächensammlung und stellt die wichtigsten Ergebnisse vor.

 

9:50 Uhr: Was ist schon normal? – Eine "reguläre" Bestattung der Münchshöfener Kultur aus Großmehring
Christiana Later und Andreas Otto, Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Einordnung: Bayern; Neolithikum

Bei bauvorgreifenden Grabungen am Rand von Großmehring, Lkr. Eichstätt, kam überraschend statt der erwarteten urnenfelderzeitlichen Befunde ein Grab der Münchshöfener Kultur zu Tage. Diese für Südbayern charakteristische Kulturerscheinung des Jungneolithikums zeichnet sich durch eine starke Variabilität der Totenbehandlung aus, bei der die klassischen Kategorien von "regulären" und "Sonder-"Bestattungen kaum zu greifen scheinen. Das mit einem gut datierbaren Keramikinventar der späten Münchshöfener Kultur ausgestatte Grab von Großmehring stellt dabei eine bislang wenig bekannte Facette dar, die in dem Vortrag in das bekannte Spektrum der archäologisch nachweisbaren Totenriten dieser Kulturgruppe eingebunden werden soll.  

 

10:10 Uhr: Von Tonstempeln, Toten und Trensenknebeln – die lange Besiedlungsgeschichte von Tauberrettersheim

Antonie Löschner M.A., ADW Archäologische Dienstleistungen Wolff (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Bayern; Landkreis Würzburg; Stadt Tauberrettersheim; Siedlung; Urnenfelderzeit (Ha A/B)

Von Ende April bis Ende Juli 2023 erfolgte in Tauberrettersheim auf knapp 8000 qm zur Vorbereitung des Neubaugebietes „Vierzig Gärten“ die Ausgrabung einer urnenfelderzeitlichen Siedlung. Auf der Fläche am Hangfuß südlich der Tauber finden sich unter insgesamt 244 Befunden neben üblichen Siedlungsbefunden wie Vorrats-, Pfosten- und Entsorgungsgruben einige Schlitzgruben und zwei (Sonder-) Bestattungen. Damit zeichnet sich das für die Region typische Bild einer metallzeitlichen Siedlung, in der gleich mehrere Funde besonders auffallen. Zum einen konnten mehrere neolithische Steinbeile geborgen werden, die zusammen mit einer Hockerbestattung auch eine jungsteinzeitliche Nutzung des Areals belegen. Zum anderen stammen aus dem Bereich der urnenfelderzeitlichen Siedlung ein tönerner Stempel und ein seltenes, gut erhaltenes Paar beinerner Trensenknebel.

 

10:30 - 10:40 Uhr: Kaffeepause

 

10:40 Uhr: Pfahlreihen aus dem frühen 10. Jahrhundert vor der Insel Reichenau – Wehranlage zur Abwehr von Ungarn?

Dr. Bertram Jenisch, Dr. Julia Goldhammer, Dr. Oliver Nelle (LAD Stuttgart) (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Baden-Württemberg; Karolingerzeit; frühes 10. Jahrhundert

Drei schon länger bekannte Pfahlreihen in der Flachwasserzone vor dem Nordufer der Insel Reichenau wurden im Frühjahr 2023 durch das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD) taucharchäologisch untersucht und beprobt. Die längste dieser Reihen von Pfählen erstreckt sich zwischen St. Georg /Oberzell in Richtung der im Nordosten liegenden Burgruine Schopflen und endet etwa 700 m westlich von dieser entfernt. Eine weitere Reihe liegt westlich des Hafens des Klosters in Mittelzell. Die dritte Pfahlsetzung wurde vor der Kirche St. Peter und Paul in Niederzell erkannt. Die beauftragte Firma UwArc kartierte und dokumentierte 1300 Pfähle, die über den Seegrund ragten.

Das dendrochronologische Labor des LAD in Hemmenhofen konnte bei der Untersuchung von bisher ca. 100 Proben ein einheitliches Fälldatum der verwendeten Bäume im Winter 909/910 n. Chr. ermitteln. Die Errichtung der Konstruktionen fällt damit in das Abbatiat von Hatto II. (* um 850; † 15. Mai 913), einem der schillerndsten Äbte der Reichenau. Er war zudem noch Abt anderer Reichsklöster, Erzbischof von Mainz und Kanzler mehrerer deutscher Könige und damit einer der mächtigsten Männer am Übergang des 9. zum 10. Jahrhundert. Erste Deutungsversuche als Einrichtung zur Verkehrslenkung oder dem Fischfang, als Landestege oder Maßnahmen zur Landgewinnung scheiden aus, da keine Reparaturen feststellbar sind. Es fällt auf, dass die Pfahlreihen kurz nach der 907 beginnenden zweiten Phase der Ungarneinfälle errichtet wurden, die erstmals Schwaben, die Nordschweiz und das Elsass betroffen haben. Möglicherweise fassen wir hier erstmals eine Fortifikation der Uferzone des Inselklosters aus der späten Karolingerzeit.

 

11:00 Uhr: Es lebe der Domfriedhof – Einblick in die laufenden Ausgrabungen auf dem Freisinger Domberg
Dr. Gertrud Kuhnle, Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: Bayern; Frühmittelalter bis Neuzeit

Der topographisch herausgehobene Freisinger Domhügel ist ausweislich zweier Siedlungsgruben an seinem Westende bereits in der ausgehenden Bandkeramik um ca. 5000 v.Chr. besiedelt worden. Zwischen ca. 1700/1650 und 1500 v.Chr. (und erneut zwischen 1250 und 900/800 v.Chr.) bildete eine befestigte Siedlung auf dem Domhügel einen überregional bedeutsamen Zentralort. Doch erst die zu Beginn des 8. Jahrhunderts von Herzog Theodo (reg. 680/90–717) auf dem Domberg gegründete Burg und Herzogspfalz wurde zum Nucleus der späteren Stadt Freising. Archäologisch ist die Neubesiedlung des Dombergs um 700 bisher vor allem anhand weniger Gräber im kleinen Domhof greifbar: zwei eiserne Gürtelschnallen aus zwei Körperbestattungen können ins Frühmittelalter datiert werden. Anschließend wurde der große Domplatz bis zur barocken Neugestaltung als Friedhof und auch für wirtschaftliche Aktivitäten genutzt, wobei letzterer Bereich vor dem Barock durch eine Pferdeschwemme im Südosten des Platzes geprägt war. Im Zuge der aktuellen Baumaßnahmen, die fast den gesamten Domberg betreffen, sind im Norden und Nordosten des Platzes bis dato über 300 Bestattungen ausgegraben worden. Wie bei Kirchhöfen üblich wurden die Toten – beider Geschlechter und jeder Altersklasse – in zahlreichen Lagen dicht neben- und übereinanderliegend ohne Rücksicht auf ältere Gräber beigesetzt. Der Vortrag fokussiert auf die laufende Ausgrabung dieses mittelalterlichen bis neuzeitlichen Friedhofs.

 

11:20 Uhr: INFRA JV – INFRA Europe: Internationale Zusammenarbeit bei bundesweiten Infrastrukturprojekten
Sascha Piffko, M.A. , Geschäftsführer SPAU GmbH (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Einordnung: überregional; "Entwicklungen, Techniken und Methoden"

Durch die Energiewende werden in Deutschland zunehmend bundesweite Trassenprojekte geplant und durchgeführt, die auch die deutsche Archäologie vor neue Herausforderungen stellt. Mit mehreren hundert Kilometern Länge durchlaufen die Stromleitungen mehrere Bundesländer. Der hohe Personalbedarf solcher Megaprojekte ist durch Einzelfirmen kaum noch zu decken, auch die kommerzielle Abwicklung übersteigt die Anforderungen bisheriger Archäologieprojekte. 2023 wurde "INFRA Europe" gegründet, um in Deutschland mit internationalen Ressourcen hohen Archäologiestandard zu bieten: Rubicon Heritage Ltd. aus Irland, Network Archaeology aus England, SPAU GmbH aus Hessen, SWA und ADW (beide Baden-Württemberg) sind die fünf beteiligten Firmen in diesem Joint Venture. Grundlage der gemeinsamen Arbeit sind gemeinsame Standards bei Arbeitssicherheit, Gehältern und Arbeitsbedingungen.

 

11:40 Uhr: abschließende Fragen und Diskussion

ca. 12 Uhr: Ende der Veranstaltung

 

 

Stand: 11. Febr. 2024