Der zunächst im Mai 2020, dann nach erheblicher Überarbeitung im März 2021 vorgelegte Regierungsentwurf (CDU, FDP) zur Novellierung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG NRW) lässt den politischen Wunsch nach starken Änderungen in der Bau- und Bodendenkmalpflege in NRW erkennen. In der Novelle ist ein tiefer Eingriff in die Behördenstruktur geplant, wonach die Unteren Denkmalbehörden neu statt bei den Kommunen bei den Kreisen und kreisfreien Städten angesiedelt werden sollen, um dort mehr Fachkompetenz vorhalten zu können. In Fragen der Baudenkmalpflege sollen nunmehr die Verwaltungseinheiten Untere Denkmalschutzbehörden "nach Anhörung" des Fachamtes entscheiden - statt wie zuvor "im Benehmen". Hinsichtlich der Archäologie enthält der Gesetzentwurf nach Auffassung der DGUF sinnvolle Änderungen und Klärungen, wie etwa eine Öffnung für die Archäologie der Moderne und die Einführung des deklaratorischen Verfahrens – aber auch bedenkliche Neuerungen. Zentrale Änderungsvorschläge der DGUF sind: Beibehaltung der Benehmensregung für die Baudenkmalpflege, mehr Transparenz hinsichtlich der Zuständigkeiten und erhebliche Reduzierung der Kann-Regelungen, einen sachangemessenen Landesdenkmalrat, die Einführung des Verbandsklagerechts im Denkmalschutz und die Geltung des Verursacherprinzips samt Kostentragungspflicht auch bei Braunkohletagebau und Kiesgewinnungen.
Ausgangspunkt der debattierten Gesetzesnovelle war eine eingehende externe Evaluation der nordrhein-westfälischen Denkmalpflege, die im März 2018 vorgelegt und im August 2018 veröffentlicht wurde. In Folge hatten die Regierungsfraktionen von CDU und FDP im Landtag NRW im Okt. 2018 den Entschließungsantrag "Starke Denkmalpflege – starke Heimat! Eigentümer beim Erhalt und der Nutzung von Denkmälern unterstützen" vorgelegt, im März 2019 kam es zu einer Anhörung im zuständigen Landtagsausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen. Anschließend erarbeitete das Ministerium einen Entwurf für die Neufassung des DSchG NRW, der am 19.5.2020 vom Kabinett beschlossen wurde. Mit Schreiben vom 27.5.2020 wurde u.a. die DGUF zu einer Stellungnahme zu diesem Entwurf eingeladen, die per 3.7.2020 erfolgte. Eine in Folge erheblich überarbeitete Fassung der Gesetzesnovelle wurde am 2.3.2021 wiederum als Regierungsentwurf vom Kabinett beschlossen und den Verbänden zur Anhörung zugeleitet; die DGUF reichte ihre Stellungnahme am 9.4.2021 ein.
Baudenkmalpflege: DGUF moniert gravierende Minderstellung der Denkmalfachbehörden
In ihrer Stellungnahme vom 9.4.2021 moniert die DGUF die geplante rechtliche Herabsetzung der Fachbehörden für Baudenkmalpflege, die damit zu einem "armlosen Körper" würden. Das Gesetz enthalte zu viele Kann-Bestimmungen, und auffallend oft räume das Gesetz dem Ministerium ein, Sachverhalte "per Verordnung" zu regeln. So fehle die Option parlamentarisch-demokratischer Kontrolle und ggf. auch rechtlicher Überprüfungen. Viele Zuständigkeiten seien aus Bürgersicht nunmehr weniger klar als zuvor.
DGUF begrüßt Einführung des "deklaratorischen Prinzips" und Einschluss der "Archäologie der Moderne"
Für die Archäologie begrüßt die DGUF die – schon lange von ihr geforderte – Einführung des deklaratorischen Prinzips, wonach ein Bodendenkmal ein solches ist, wenn es die Merkmale eines solchen aufweist, also auch ohne ein förmliches Eintragungsverfahren. Sie begrüßt die Spezifizierung samt zugehörigen Erläuterungen im Denkmalbegriff auf "aus vergangener Zeit", weil so sicherer als zuvor der Einschluss einer Archäologie der Moderne ermöglicht werde.
Eine zentrale DGUF-Forderung ist die Einführung eines "Verbandsmitwirkungs- und -klagerechts" im Denkmalschutz, wofür die DGUF einen konkreten Textvorschlag einbringt. Diese schon länger von der DGUF erhobene Forderung sei in NRW nun dringlicher als zuvor, weil der Gesetzentwurf die Stellung der Fachbehörden für Baudenkmalpflege erheblich mindert. Es brauche ein Mehr an bürgerlicher Mitwirkung.
Stand: 9. April 2020
Weitere Informationen betr. Regierungsentwurf 2021
- Entwurf für eine Neufassung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes vom 3.3.2021 (PDF)
- DGUF-Stellungnahme vom 9.4.2021 (PDF)
- förmliche Stellungnahmen Dritter zur Gesetzesnovelle:
- Stellungnahme des Berufsverbands CIfA Deutschland zur Novellierung DSchG NRW 2021
- Stellungnahme des Rheinischen Vereins für Denkmalschutz und Landschaftpflege (PDF)
- Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (2021). Partizipation und Verbandsklagerecht (PDF)
- LEE Landesverband Erneuerbare Energien NRW (2021). Stellungnahme zum Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes NRW (PDF)
- Stellungnahme des "Denkmalschutz-Bündnis NRW" (Website)
- Kommentare Dritter:
- "Neues Denkmalschutzgesetz für NRW" - WDR 5 Scala (3.3.2021) (Audio)
- Schreg, R.: Auffallend laut! Der Protest der Denkmalpfleger in NRW gegen den Gesetzesentwurf der Landesregierung (Blog Archaeologik, 22.4.2021)
Regierungsentwurf 2020 und Vorfeld
- Regierungsentwurf zur Novellierung DSchG NRW vom 19./27. Mai 2020 (PDF)
- DGUF-Stellungnahme vom 3.7.2020 (PDF)
- Wahlprüfsteine "Archäologie" zur Landtagswahl in NRW am 14.5.2017
- Anhörung März 2019
- Dazu Stellungnahme der Landschaftsverbände LVR und LWL (7.3.2019)
- Dazu weitere Stellungnahmen (März 2019)
- Evaluationsbericht synergon (31.8.2018)
- Antrag CDU/FDP: Drucksache 17/3807 (2.10.2018)