Der im Mai 2020 vorgelegte Regierungsentwurf (CDU, FDP) zur Novellierung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG) lässt den politischen Wunsch nach starken Änderungen in der Bau- und Bodendenkmalpflege in NRW erkennen. In der Novelle ist ein tiefer Eingriff in die Behördenstruktur geplant, wonach die Unteren Denkmalbehörden neu statt bei den Kommunen bei den Kreisen und kreisfreien Städten angesiedelt werden sollen, um dort mehr Fachkompetenz vorhalten zu können. In Fragen der Baudenkmalpflege sollen nunmehr die Verwaltungseinheiten Untere Denkmalschutzbehörden "nach Anhörung" des Fachamtes entscheiden. Hinsichtlich der Archäologie enthält der Gesetzentwurf nach Auffassung der DGUF sinnvolle Änderungen und Klärungen, wie etwa eine Öffnung für die Archäologie der Moderne und die Einführung des deklaratorischen Verfahrens – aber auch bedenkliche Neuerungen. Zentrale Änderungsvorschläge der DGUF sind: Einführung des Verbandsklagerechts im Denkmalschutz, Geltung des Verursacherprinzips samt Kostentragungspflicht auch bei Braunkohletagebau und Kiesgewinnung und mehr Ressourcen in den Fachämtern zur Betreuung von Sammlern und Sondengängern.
Ausgangspunkt der debattierten Gesetzesnovelle war eine eingehende externe Evaluation der nordrhein-westfälischen Denkmalpflege, die im März 2018 vorgelegt und im August 2018 veröffentlicht wurde. In Folge hatten die Regierungsfraktionen von CDU und FDP im Landtag NRW im Okt. 2018 den Entschließungsantrag "Starke Denkmalpflege – starke Heimat! Eigentümer beim Erhalt und der Nutzung von Denkmälern unterstützen" vorgelegt, im März 2019 kam es zu einer Anhörung im zuständigen Landtagsausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen. Anschließend erarbeitete das Ministerium einen Entwurf für die Neufassung des DSchG NRW, der am 19.5.2020 vom Kabinett beschlossen wurde. Mit Schreiben vom 27.5.2020 wurde u.a. die DGUF zu einer Stellungnahme zu diesem Entwurf eingeladen.
Baudenkmalpflege: DGUF moniert gravierende Minderstellung der Denkmalfachbehörden
In ihrer Stellungnahme vom 3.7.2020 moniert die DGUF die geplante rechtliche Herabsetzung der Fachbehörden für Baudenkmalpflege, die damit zu einem "armlosen Körper" würden. Auffallend oft räume das Gesetz dem Ministerium ein, Sachverhalte "per Verordnung" zu regeln, d.h. ohne die Option parlamentarisch-demokratischer Kontrolle. Auch seien Zuständigkeiten nunmehr aus Bürgersicht weniger klar als zuvor.
DGUF begrüßt Einführung des "deklaratorischen Prinzips" und Einschluss der "Archäologie der Moderne"
Für die Archäologie begrüßt die DGUF die – schon lange von ihr geforderte – Einführung des deklaratorischen Prinzips, wonach ein Bodendenkmal ein solches ist, wenn es die Merkmale eines solchen aufweist, also auch ohne ein förmliches Eintragungsverfahren. Allerdings sei eine Spezifizierung hinsichtlich des Umgebungsschutzes auch für Bodendenkmäler erforderlich. Sie begrüßt die Spezifizierung samt zugehörigen Erläuterungen im Denkmalbegriff auf "aus vergangener Zeit", weil so sicherer als zuvor der Einschluss einer Archäologie der Moderne ermöglicht werde. Die DGUF moniert das Entfallen des Begriffs "vermutetes Bodendenkmal", der sich insbesondere in der Kommunikation mit Nicht-Archäologen sehr bewährt habe. Wie schon angesichts der Novellierung DSchG NRW 2013 mahnt die DGUF hinsichtlich der öffentlichen Führung der Denkmalliste eine Spezifizierung an, dass diese über ein geeignetes Internet-Portal zugänglich sein müsse.
Einführung des Verbandsklagerechts im Denkmalschutz
Eine zentrale DGUF-Forderung ist die Einführung eines "Verbandsmitwirkungs- und –klagerechts" im Denkmalschutz, wofür die DGUF einen konkreten Textvorschlag einbringt. Diese schon länger von der DGUF erhobene Forderung sei in NRW nun dringlicher als zuvor, weil der Gesetzentwurf den im bestehenden Gesetz vorgesehenen Landesdenkmalrat – übrigens gegen ein explizites Wahlversprechen der Landes-CDU – abschafft. Es brauche dafür einen Ausgleich an bürgerlicher Mitwirkung.
Keine Ausklammerung der Braunkohletagebaue und Auskiesungsgebiete aus dem Verursacherprinzip
Hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Verursacher empfiehlt die DGUF, den Begriff "zumutbar" zu spezifizieren, um Bürgern wie Investoren mehr Planungssicherheit zu bieten. Zudem regt sie an, die unmittelbaren Kosten der Grabungsnachsorge gemäß Malta-Konvention explizit in diese Kostentragungspflicht aufzunehmen, weil diese verursacherbedingten Kosten sonst von der Allgemeinheit zu tragen sind. Vor allem aber müsse der Bergbauvorbehalt entfallen, nachdem bei Maßnahmen gemäß Abgrabungsgesetz das Verursacherprinzip nicht gelte. Die bestehende und lt. Gesetzentwurf weiterhin geltenden Bestimmungen bedeuteten aus DGUF-Sicht eine erhebliche Schädigung der Archäologie in diesen Gebieten und eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten der erneuerbaren Energien, die bei ihren Investitionen dem Verursacherprinzip unterliegen. Auch hierzu hatte die Landes-CDU in ihren Wahlprüfsteinen zur Landtagswahl 2017 der DGUF gegenüber Zusagen gemacht, auf deren Einhaltung die DGUF nun pocht.
Stand: 15. Juli 2020
Weitere Informationen
- DGUF-Stellungnahme vom 3.7.2020 (PDF)
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Wahlprüfsteine "Archäologie" zur Landtagswahl in NRW am 14.5.2017