2017-2018: DGUF moniert die geplante Streichung der Denkmalfördermittel in Sachsen

DGUF moniert die geplante Streichung der Denkmalfördermittel in Sachsen

Sachsen sieht eine vollständige Streichung der Fördermittel zum Erhalt von (Bau-) Denkmälern vor. So jedenfalls die Zahlen im Plan, der statt 5 Mio. Euro für das Jahr 2016 für die Jahre 2017 und 2018 keine Mittel (null Euro) ausweist. Die DGUF hat am 13.11. zum geplanten Sparkurs Stellung genommen. Antworten aus der Politik an die DGUF lassen nun hoffen, dass der Sparplan nicht verfolgt werden wird. mehr

Der Regierungsentwurf zum "Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 (Haushaltsgesetz 2017/2018 – HG 2017/2018) sowie Entwurf des Doppelhaushaltsplanes 2017/2018" vom 25.7.2016 sah im Herbst 2016 eine vollständige Streichung der Fördermittel zum Erhalt von (Bau-) Denkmälern vor. Statt 5 Mio. Euro für das Jahr 2016 wies der Plan für die Jahre 2017 und 2018 keine Mittel (null Euro) aus. Die DGUF nahm Mitte November 2016 zum geplanten Sparkurs Stellung. Am 16.12.2016 beschloss der Landtag, die Fördermittel wieder in den Haushaltsplan einzustellen.
Mit einem Schreiben an den Präsidenten des Sächsischen Landtags, Dr. Matthias Rößler, sowie an die Abgeordneten und Fraktionen des Landtags bat die DGUF am 13.11. darum, diesen für das bauliche kulturelle Erbe des Freistaates Sachsen ganz einschneidenden Schritt zu überdenken.

Streichung der Mittel würde zu starkem Wachstum von Abrissen führen
Erfahrungsgemäß hätten, so die DGUF in ihrem Schreiben, diese Fördermittel nur einen geringen Anteil am Gesamtbudget von Investition in denkmalgeschützte Gebäude. Sie seien indes für die Eigentümer ein wichtiges Zeichen dafür, dass die Allgemeinheit (der Staat) den Erhalt der Baudenkmale, der vor allem auf der Eigeninitiative der Eigentümer beruht, unterstütze und wertschätze. Abschreibungsmöglichkeiten seien in der Tat interessant, jedoch vor allem für Wohlhabende, und längst nicht alle Baudenkmale seien im Eigentum von Wohlhabenden, z. B. sei an unter Denkmalschutz stehenden Arbeitersiedlungen oder Bauernhöfe zu denken. Fast 5.000 Kulturdenkmale seien seit dem Jahr 2000 in Sachsen abgerissen worden. Eine Streichung der Landesmittel würde dazu führen, dass die Zahl der Abrisse noch stark anwachsen würde. Die DGUF erinnerte die Abgeordneten auch an einen wichtigen Grundsatz im Denkmalschutz: "Was weg ist, ist weg! Jeder Schaden, welcher dem kulturellen Erbe in Sachsen zugefügt wird, ist nicht wieder gutzumachen. Denkmäler sind keine nachwachsende Ressource, für die man Ausgleiche schaffen kann oder um die man sich 'in besseren Zeiten' wieder kümmern kann."

Auswirkungen der Sparpläne auf die Archäologie?
Der Landespolitische Sprecher Denkmalpflege von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfram Günther, der auch Vorsitzender der Leipziger Denkmalstiftung ist, äußerte sich auf Nachfrage der DGUF nach den Auswirkungen der Sparpläne auf die Archäologie am 10.11.2016 dahingehend, dass im Fall einer Streichung der Landesmittel auch Zuwendungen zum Erwerb von Grundstücken mit archäologischen Kulturdenkmalen betroffen seien. Dr. Thomas Westphalen, Leiter der Archäologischen Denkmalpflege und Stadtkernarchäologie beim Landesamt für Archäologie, teilte der DGUF am 11.11.2016 mit, die Archäologie sei von der geplanten Streichung nicht betroffen.

Doch keine Streichung
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien im sächsischen Landtag, Dr. Stephan Meyer, teilte der DGUF am 17.11.2016 mit: "Im Haushaltsverfahren konnten wir uns im Rahmen der Haushaltsberatungen innerhalb der Koalition auf eine (Wieder-) Aufstockung der besagten Mittel verständigen."
Das sächsische Parlament stimmte am 16.12.2016 über den Doppelhaushalt ab und entschied erfreulicherweise, die Mittel weiterhin zur Verfügung zu stellen.

Stand: 19.1.2017

DGUF-Standpunkt

Stipendien müssen jungen Wissenschaftlern einen angemessenen Lebensunterhalt sichern, sonst sind es keine Stipendien.

Das Forschungsvorhaben
Die Stadt Rödermark (Kr. Offenbach), die Kommission für Archäologische Landesforschung in Hessen (KAL) und hessenArchäologie – also das Landesamt für Archäologie – haben im Oktober 2016 ihr bereits berüchtigtes Archäologie-"Stipendium" neu vergeben: Die Stipendiatin, Aika Diesch M. A., soll in den nächsten zwei Jahren die Grabungsdokumentation, die Befunde und Funde sowohl des Siedlungsbereichs Ober-Roden als auch das frühkarolingischen Klosters Rothaha aufarbeiten. Zusätzlich wird erwartet, dass sich die Stipendiatin mit Vorträgen und anderen Informationsveranstaltungen an die Bevölkerung wendet. Hessens früherer Landesarchäologe Prof. Dr. Egon Schallmayer wurde in Ober-Roden geboren und führte die Ausgrabungen 1985 bis 1994 in seiner Heimatgemeinde durch.
Das Stipendium ist laut Ausschreibung vom April 2016 mit 400 Euro, laut Zeitungsberichten vom Oktober 2016 mit knapp 500 Euro monatlich dotiert und wurde anlässlich Schallmayers Pensionierung 2013 ins Leben gerufen. Räumlichkeiten zum Wohnen und Arbeiten in Rödermark werden kostenfrei gestellt. Aika Diesch ist mit diesem Material Doktorandin bei Prof. Dr. Ingolf Ericsson (Universität Bamberg).
 
Was moniert die DGUF?
Über das Stipendium berichteten wir bereits 2014 bei seiner ersten Ausschreibung sehr kritisch (DGUF-Newsletter vom 19.6.2014 Punkt 5.3.). Im Sommer 2015 warf die damalige Stipendiatin Katharina Dittrich das Handtuch. Nun also der zweite Versuch, zu – soweit erkennbar – unverändert skandalösen Bedingungen: Das Stipendium ist mit 400 oder knapp 500 Euro monatlich dotiert. Das sind ca. 19 resp. 23 Euro pro Arbeitstag und damit selbst bei der wohlwollendsten Berechnung weniger als 3 Euro pro Stunde, also weniger als die Hälfte des Mindestlohns. Zum Vergleich: der Regelsatz des Arbeitslosengeldes II ("Hartz IV") liegt z. Zt. bei 404 Euro pro Monat; auch dann werden die Kosten für eine Wohnung übernommen, zusätzlich aber auch die Krankenversicherung, und es werden Grundbedürfnisse des Empfängers abgesichert. Hier wird also eine auf Sozialhilfeniveau honorierte 2-jährige wissenschaftliche Tätigkeit angeboten, das Vorhaben schönfärbend als Stipendium deklariert und der Stipendiatin zwei Jahre Arbeit ohne Arbeitslosen- und Rentenversicherung beschert. Dass schon allein die Fundmenge und die weiteren geforderten Aufgaben die Stipendiatin zwei Jahre lang mindestens Vollzeit auslasten werden (die Dissertation kommt wie üblich unbezahlt dazu), ist aus fachlicher Sicht stark anzunehmen und wird auch durch die Aussage der ersten Stipendiatin untermauert, die als einen Grund für ihr Aufgeben im Sommer 2015 sagte, die zeitliche Dimension für die notwendigen Arbeiten sei "umfangreicher als angenommen".
Glaubhaft wirken hingegen die Willensbekundungen von Archäologie und Stadt, Aika Diesch tatkräftig zu unterstützen. "Ein aufwändiges Stipendium funktioniert nur mit vielen Partnern, sagte Dr. Frank Verse, der Chef der Kommission Archäologische Landesforschung, als er den Vertrag mit Stipendiatin Aika Diesch unterschrieb", schreibt die Offenbach-Post und bildet die zufrieden strahlenden Personen ab. Die Partner sind Bezirksarchäologe Thomas Becker und der hessische Landesarchäologe Dr. Udo Recker, Hessens früherer Landesarchäologe Prof. Dr. Egon Schallmayer, Rödermarks Bürgermeister Roland Kern und der Erste Stadtrat Jörg Rotter.
 
Die Forderung der DGUF
Seriöse Arbeit soll seriös bezahlt werden - das gilt auch in der Archäologie. Aus Sicht der DGUF hätten die Verantwortlichen für das Forschungsvorhaben vorab Drittmittel einwerben müssen, um die Promovendin wie üblich mit einer 50%-Stelle nach TV-L 13 entlohnen zu können. Wenn das nicht möglich ist, sollte man ehrlich bleiben und von einer ehrenamtlichen Tätigkeit sprechen, um die es geht. So etwas darf es geben, z. B. auch als Citizen-Science-Projekt, aber dann ist der Begriff "Stipendium" verfehlt und auch ein anderes Betreuungsmodell aufzusetzen. Die DGUF fasst derzeit bei den Verantwortlichen nach, wie sie ihr wiederholt abweichendes Vorgehen mit ihrer fachlichen Ethik verbinden wollen.
Stand: 2.11.2016
 

Weitere Informationen

Brief der DGUF an Abgeordnete & Fraktionen des sächsischen Landtags betr. der geplanten Streichung der Denkmalfördermittel (13.11.2016)

Mehr im WWW

Nicht mehr online

Gesetzentwurf über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 (25.7.2016)

DGUF moniert unangemessenes "Stipendium", vergeben durch die hessische Landesarchäologie
Die hessische Landesarchäologie hat ein 2-jähriges wissenschaftl. Forschungsprojekt auf Sozialhilfeniveau für eine Archäologin mit Studienabschluss als ein "Stipendium" ausgelobt. Das Projekt wurde im Oktober gestartet. Aus Sicht der DGUF wäre eine Bezahlung nach oder analog 50% TV-L 13 die sachlich angemessene Bezahlung. Das in Hessen gewählte Modell verstößt gegen die fachliche Ethik. mehr
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