2016: DGUF-Stellungnahme zum Kooperationsvertrag "Forschungsprojekt Schöninger Speere"

DGUF-Stellungnahme zum Kooperationsvertrag "Forschungsprojekt Schöninger Speere"
Ein Kooperationsvertrag des Landes Niedersachsen mit der Uni Tübingen und der Senckenberg-Gesellschaft über künftige Forschungen an den Schöninger Speeren hat in der Presse und in Teilen der Fachwelt für Kritik gesorgt. Die DGUF sieht im Vertrag jedoch eine starke Position des Landes Niedersachsen sowie weitgreifende Optionen für das Einwerben von Drittmitteln zur Erfoschung der Schöninger Speere. Dies hat die DGUF am 8.8. dem niedersächsischen Ministerpräsidenten mitgeteilt. mehr

Mit einem Alter von ca. 300.000 Jahren sind die Schöninger Speere die bisher ältesten uns bekannten Jagdwaffen der Menschheit. Ein neuer Kooperationsvertrag des Landes Niedersachsen mit der Universität Tübingen und der Senckenberg-Gesellschaft über die künftigen Forschungen an den Speeren hat im Juli und August 2016 in der Presse wie auch in Teilen der Fachwelt für Aufregung gesorgt: Seit 1.8.2016 ist die Forschung zu den Schöninger Speeren an die Uni Tübingen und die Senckenberg-Gesellschaft übertragen. Während der Vertrag mancherorts als bedenklicher Rückzug des Landes Niedersachsen zu Gunsten der Senckenberg-Gesellschaft wahrgenommen wurde, bewertet ihn u. a. die DGUF als ausnehmend vorteilhaft. Die DGUF sieht im Vertrag eine starke Position des Landes Niedersachsen sowie weitgreifende Optionen für das Einwerben von Drittmitteln zur Erfoschung der Schöninger Speere. Dies hat die DGUF am 8.8. dem niedersächsischen Ministerpräsidenten in einer Stellungnahme mitgeteilt.

Die Aufregung um den Kooperationsvertrag, die sich insbesondere in der Braunschweiger Zeitung seit dem 26.7.2016 in einer wahren Artikelflut niederschlug, und die auch Widerhall in anderen Presseorganen, der Wikipedia sowie in Teilen der Fachwelt gefunden hat, kann die DGUF nach Prüfung des Sachverhalts nicht nachvollziehen.
 
Ein weithin übliches Vorgehen
Zwar werden einzelne Kollegen in Niedersachsen den direkten Zugriff auf Funde und Befunde verlieren und können sich nur mehr, wie andere auch, um eine forschende Mitwirkung beim Projekt bewerben. Doch von der Sache her betrachtet und aus einer fachlichen Gesamtperspektive ist der zwischen dem Land Niedersachsen, der Universität Tübingen und der Senckenberg-Gesellschaft geschlossene Vertrag aus unserer Sicht ein heute in der Wissenschaft weithin übliches Vorgehen ‒ eine vertragliche Basis, welche die Universität Tübingen und die Senckenberg-Gesellschaft zwingend benötigen, wenn sie erfolgreich Drittmittelmittel für die weitere Forschung einwerben wollen.

Dass der "lead" in der Sache bei Prof. N. Conard (Universität Tübingen) liegt, ist nicht neu, sondern folgt einer Vereinbarung, die schon seit ca. 2010 greift und bereits international sichtbar und anerkannt Früchte getragen hat.
Anders als es der Verband der Landesarchäologen (VLA) in seiner Stellungnahme äußert, ist es keinesfalls ein einmaliger Vorgang, dass Forschungen zur Archäologie des Landes Niedersachsen ohne direkte Mitwirkung des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege (NLD) stattfinden.
 
Starke Stellung für Niedersachsen und Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Soweit wir den Vertrag verstehen, sind die Stellung des Landes Niedersachsen darin und die des NLD sogar ungewöhnlich stark. Festmachen lässt sich das z. B. an einer relativ kurzen Laufzeit des Vertrags und einer frühen Kündigungsmöglichkeit. Das Land bleibt außerdem Eigentümerin der Funde und der Dokumentation, das niedersächsische Denkmalschutzgesetzt gilt unberührt, das Paläon erhält einen vertraglichen zugesicherten Mehrwert, und das NLD hat als Aufsicht führende Fachbehörde starke Möglichkeiten zu Auflagen und Mitwirkungen.
 
Weitaus bessere Optionen für Einwerben von Drittmitteln und stärkere Forschung
Die in der Presse monierten finanziellen Leistungen des Landes für das Kooperationsprojekt entsprechen nach unserer Kenntnis in etwa dem, was das Land bereits zuvor für Schöningen bereitstellte. Mit der Senckenberg-Gesellschaft (Leibniz-Gemeinschaft) als Partner gewinnen aus unserer Sicht die Forschungen in Schöningen neben der Expertise der Gesellschaft auch unmittelbar ganz neue und weitgreifende Optionen für das Einwerben weitaus höherer Finanzmittel (auch Bundesmittel), die im Ergebnis ein Mehr an Forschung und Ergebnissen bedeuten können.

Die DGUF ist sich bewusst, dass die landeseigenen Möglichkeiten, solche Forschungen zu subventionieren, derzeit und auf nahe Sicht durch die großen wirtschaftlichen Probleme des VW-Konzerns stark limitiert sind, der Zugewinn externer Mittel daher zwingend nötig ist.
 
Guter und vorteilhafter Vertrag
In Summe ist der Vertrag nach unserer fachlichen Bewertung durch Ihre nachgeordneten Stellen gut und hart verhandelt und für das Land Niedersachsen ausnehmend vorteilhaft. Als Fachgesellschaft freuen wir uns, dass die Forschungen um die wahrlich bedeutende Fundstelle Schöningen nun noch einmal erheblich intensiviert werden können.
 
Ministerpräsident rügt Wissenschaftsministerin
Dass die Genese des Vertrags und vor allem die Kommunikation dazu "suboptimal" verlaufen seien, betonte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil bei seinem Sommerbesuch im Schöninger "Paläon" am 3.8.2016 und bat dafür öffentlich um Entschuldigung (vgl. Bericht des Deutschlandfunks vom 18.8.2016). In der Sache selbst sehe er jedoch Vorteile in der neuen Zusammenarbeit.

Stand: August 2016
 
Beispiele von erfolgreichen Projekten des Archäo-Tourismus im Saarland, an denen die Univ. Saarbrücke in unterschiedlichster Weise beteiligt war und die eine wissenschaftliche Unterstützung aus der Region benötigen:
Europäischer Kulturpark Bliesbruck - Reinheim mehr
Keltischer Ringwall Otzenhausen mehr
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