Wissende Bürger können Archäologie schützen

Die Revolution in Bayern
Im September 2007 gab es eine Revolution in der deutschen Archäologie, ausgeführt von der Bayerische Denkmalpflege: Die Liste der eingetragenen Bodendenkmäler des Bundeslandes Bayern wurde ins Netz gestellt, als "BayernViewer Denkmal", öffentlich einsehbar für alle, samt detaillierten Lagekarten. Damit vollzog Bayern als erste Landesarchäologie in Deutschland einen Schritt nach, der in einigen anderen Ländern Europas längst getan wurde. Beispielsweise in England, wo der "NMR National Monument Record" seit langem im Netz steht, oder in Dänemark, wo das "Kulturhistorische Zentralregister" im Netz eingesehen werden kann.

Unmittelbare Reaktionen auf BayernViewer Denkmal
Die Revolution war in Bayern und anderswo heftig umstritten. Manche betrachteten die Tat als Einladung samt Gebrauchsanweisung an Raubgräber. Es protestierten ehrenamtlich tätige Sammler, die nun "ihre" Fundplätze offen gelegt sahen. Es protestierten Grundstücksbesitzer wegen der Entwertung ihres Eigentums: nun könne jeder sehen, dass ein Grundstück "archäologiebelastet" sei, was einer Wertminderung gleichkomme. Und es freuten sich Menschen, z. B. solche, die den "BayernViewer Denkmal" als Wanderführer nutzen.

In der Fachwelt argumentieren Verteidiger des Geheimhaltens gegen das Offenlegen der Karten auch wegen der scheinbar fundfreien Flächen ohne Eintragungen. Hier könnte bei Nicht-Archäologen leicht der Eindruck entstehen, diese Flächen seien "archäologiefrei" und bedürften keiner Aufmerksamkeit und keines Schutzes. Ein nachvollziehbares Argument, denn es ist schwer vermittelbar, dass überall da, wo keine Eintragung vorliegt, noch (!) nichts gefunden wurde, aber Entdeckungen weiterhin möglich sind.

Daran wird deutlich: Beide Alternativen, Offenlegen und Geheimhalten, sind Lösungen, die der Diskussion und der Erläuterung an eine breite Öffentlichkeit bedürfen.

Wie reagierte die Bayerische Landesarchäologie auf die kontroverse Diskussion?
Sie hielt ihre getroffene Entscheidung bei und führte sie konsequent fort. Im August 2014 löste der neue "Bayerische Denkmal-Atlas" den BayernViewer Denkmal ab: eine verbesserte Benutzeroberfläche, hinterlegt mit einem weitaus umfassenderen Verzeichnis von Bau- und Bodendenkmälern als zuvor, weil nun auch solche Denkmäler aufgeführt sind, bei denen die juristischen Verfahren der Eintragung erst angestoßen, aber noch nicht abgeschlossen sind.

Was geschieht in den anderen Bundesländern?
Umso mehr fällt das versammelte Schweigen aus den anderen Bundesländern auf. Stattdessen erfolgt stille Stellungnahme durch die Tat. Denn alle Landesarchäologien in Deutschland haben heute mächtige Datenbanken und elektronisch geführte Denkmälerverzeichnisse. Alle Bundesländer könnten sich dem bayerischen Vorbild anschließen. Es nicht zu tun, heißt, es inhaltlich abzulehnen, und stattdessen die alte Praxis fortzuschreiben: Karten und Koordinaten sind Verschlusssache, Herrschaftswissen, zu dem man Zutritt gewähren kann oder auch nicht.

DGUF-Standpunkt

Wir begrüßen den mutigen Schritt der Bayerischen Landesarchäologie. Das kulturelle Erbe gehört allen Bürgern. Das Wissen darum ist nicht der exklusive Besitz einer Landesarchäologie, die verfügen kann, wer Information bekommt und wer nicht. Vom Staat erarbeitetes Wissen gehört allen, und alle müssen Zutritt zum staatlichen Wissen haben.

Die DGUF setzt auf den mündigen Bürger, der Archäologie und Denkmäler kennt und sie engagiert schützt.

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