Verdeckte Subventionen zu Lasten der Archäologie beenden

In ihrer Selbstvorstellung auf der Website des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) bekennt die für die Braunkohlenarchäologie zuständige Außenstelle in Titz, dass sie allenfalls 5% der später vom Tagebau abgebaggerten Fundplätze wissenschaftlich untersuchen kann. Mit anderen Worten: Im rheinischen Braunkohlenrevier werden 95% der vorhandenen Fundplätze ohne jede wissenschaftliche Dokumentation zerstört. Unwiederbringliche Zeugnisse rheinischer Geschichte verschwinden auf immer. Archäologie ist kein nachwachsender Rohstoff, "wat weg is, is weg" wie man im lokalen Dialekt sagt. Nutznießer: die RWE, die vom Abbau profitiert, aber die kulturellen Folgekosten nicht trägt.

Gründe für die hohen Verluste
Den Hintergrund dokumentieren eindrückliche Veröffentlichungen des heutigen Landesarchäologen von Baden-Württemberg, PD Dr. Dirk Krausse. Es sind zwei Studien, die er 2008/09 im Auftrag des Verbandes der Landesarchäologen durchführte. Krausse zeigt in ihnen auf, dass die von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten EU-Abkommen und Konventionen nicht hinreichend in die Gesetzgebung der Bundesländer umgesetzt sind. Konsequenz sei eine im europäischen Vergleich erhebliche finanzielle Unterausstattung der deutschen Landesarchäologien. Deutschland habe die geringste "Archäologendichte" in Europa. Grund sei insbesondere die mangelnde Umsetzung des Verursacherprinzips in Deutschland, nach dem diejenigen die Ausgrabung und Nachsorge zu finanzieren haben, die als Investoren die Zerstörung von Denkmälern verursachen und wirtschaftlich von ihr profitieren.

Die Sicht der DGUF
Die DGUF bewertet die hohe Verlustquote und die damit einhergehende geringe Archäologendichte als verdeckte Subventionen von Investoren in Deutschland zu Lasten unseres kulturellen Erbes. Wir fordern die Anwendung bestehender Gesetze und von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten EU-Konventionen, nach denen im Braunkohlerevier nicht 5% der Denkmäler, sondern 100% der Denkmäler wissenschaftlich dokumentiert werden müssen, zu finanzieren durch den Verursacher der Zerstörungen, z. B. die Betreiber von Tagebauen, Sandabgrabungen und Trassen.

In Europa ist die Konvention von Malta (1992) die Grundlage des gemeinsam vereinbarten Umgangs mit Denkmälern und archäologischen Relikten. Deutschland ist dieser Vereinbarung 2003 auch formell beigetreten. Doch anders als bei den Nachbarn, wo Investoren für die Archäologiefolgen ihrer Planungen finanziell einstehen müssen, ist es in Deutschland beim Lippenbekenntnis geblieben. Der mangelnde Gesetzesvollzug in Deutschland führt zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Archäologie und zu Lasten unserer europäischen Nachbarn.

DGUF-Standpunkt

Auch die deutschen Bundesländer müssen die europaweit vereinbarten Standards einhalten und ihre Landesgesetze an die Konvention von Malta anpassen. Auch in Deutschland müssen Unternehmen, die mit ihren Investitionen archäologische Denkmäler zerstören, die Kosten von Ausgrabung, Fundkonservierung und Publikation tragen.

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