DGUF-Newsletter vom 7.3.2014

DGUF-Newsletter vom 7.3.2014

1. DGUF-Nachrichten
1.1. Archäologische Informationen 27, 2004 und 28, 2005 im Open Access
1.2. DGUF begleitet die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes in Schleswig-Holstein

2. Tagungen
2.1. "Culture, Climate and Environment Interactions at Prehistoric Wetland Sites" (Bern, 11.-14.6.)
2.2. Review der Tagung "The Educational Museum: Innovations and Technologies Transforming Museum Education" (Athen, 17.10.2013)
2.3. "Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie". 6. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie (Linz, 27.-29.11.; CfP bis 30.4.)
2.4. CHNT-Konferenz "Urban Archaeology and Processing. Analysing the data" (Wien, 3.-5.11.; CfP bis 16.5.)
2.5. IFaTa (Köln, 6.-9.6.)
2.6. "New Approaches to Heritage Ethics: Interdisciplinary conversations on heritage, crime, conflicts and rights" (Canterbury, 23.-24.6.)
2.7. 6th Annual ARCA Conference (Amelia, Italien, 28.-29.6.; CfP bis 1.4.)

3. Veranstaltungen
3.1. "Focus: Neue Medien und Ausstellungen in Museen" (Brandenburg, 27.-28.3.)

4. Forschung
4.1. Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
4.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
4.3. Aktuelle Forschung in den Medien
4.4. Aktuelle Übersicht zum Übergang vom Jung- zum Spätpaläolithikum
4.5. Bedenkliche Unschärfe in der Verwendung der Begriffe "ancestry", "race" und "ethnic groups" in US-amerikanischer Forschung
4.6. Das Wikingermassengrab von Weymouth: publiziert und ausgestellt
4.7. Köln: Bedeutendes Forschungsprojekt zum Frühmittelalter startet

5. Kulturgutschutz
5.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
5.2. "Immens spannend und vielschichtig": "Loot" von Sharon Waxman
5.3. Ai Weiwei, Manuel Salvisberg und Maximo Caminero: Die Zerstörung von Antiken als Kunst
5.4. DEGUWA sucht Unterstützung, damit die Bundesregierung die UNESCO-Konvention zum Schutz des Unterwassererbes ratifiziert
5.5. Der Rülzheimer "Barbarenschatz" und die Vernichtung historischer Quellen durch Schatzsucher
5.6. "Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen": Resonanzen zum Rülzheimer "Barbarenschatz" und warum die Idee der "Aufklärung" seit 20 Jahren tot ist
5.7. Was Archäologen gegen Antikenhehlerei tun könnten (aber üblicherweise nicht tun)
5.8. "Keine moralische Schattierung, nirgends": George Clooneys "The Monuments Men"
5.9. Syrien: Raubgrabungen "tödlich" für das kulturelle Erbe, EU unterstützt Kampf gegen Antikenhehlerei

6. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
6.1. EU schlägt klarere Leitlinien für Praktika vor
6.2. Massive Open Online Courses (MOOCs): Revolution oder Enttäuschung in der Hochschulbildung?
6.3. Beeindruckend und lehrreich: Erlebnisbericht vom MOOC "Early Christianity – The Letters of Paul"
6.4. Lübecker MOOC zum Thema Hanse startet am 4. April
6.5. Lehrbeauftragte an der Universität Wien protestieren gegen geringe Bezahlung
6.6. Fast 10.000 Unterschriften: Petition gegen die Schließung der Klassischen Archäologie an der Uni Leipzig

7. Und sonst …
7.1. Warum im DGUF-Newsletter Beiträge nicht namentlich gekennzeichnet werden
7.2. Richtig gut erklärt: Der Tempelberg in Jerusalem
7.3. Handreichung für Lehrer und Schüler zum Vesuvausbruch 79 n. Chr.
7.4. Bei eBüchern sind preiswerte Angebote die Marktführer
7.5. Interessant enttäuschende Diskussion um Open Access an der LMU München
7.6. Urheberrecht: Hinweis auf eine unterstützenswerte, aber leider schwer verständliche Petition
7.7. Jahrbuch RGZM im Open Access
7.8. Zeitschriften der PLoS-Gruppe: Open Access führt zu Open Data
7.9. Kim Tallbear: Soziale Gruppenzugehörigkeit ist wichtiger als biologische Verwandtschaft
7.10. Lehrreich: Audio-Wissenschaftspodcasts. Eine Übersicht
7.11. Einfluss der Keltenwelt Glauberg auf Wirtschaft, Tourismus und Engagement in der Wetterau
7.12. Berliner Senat und Akademie der Wissenschaften gründen Forschungsverbund Digital Humanities

8. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.1.
Archäologische Informationen 27, 2004 und 28, 2005 im Open Access
Die Retro-Digitalisierung der bereits im Druck publizierten Bände der Archäologischen Informationen schreitet voran. Neu steht im Open Access Band 28 (2005) mit dem Themenschwerpunkt "Erst das Fressen, dann die Moral? - Die soziokulturelle Dimension von Nahrung, Nahrungserwerb und Nahrungsverzehr". Dieser Schwerpunkt geht auf die DGUF-Tagung 2005 in Worms zurück, die facettenreich unser Wissen um die Ernährung in der Ur- und Frühgeschichte beleuchtete. Teilnehmer erinnern sich noch gerne an die große Gastlichkeit der örtlichen Organisatorin M. Grünewald und das themenadäquat besondere Abendessen. ;-) Im Jahrgang 27 (2004) wurden u. a. die Vorträge der Tagung 2004 in Halle publiziert, die unter dem Titel "Stille Revolution: Der Handlungsrahmen von Archäologie wird verändert" Neuerungen in der nationalen wie internationalen Gesetzgebung thematisierte, die tief in die Genehmigungsverfahren und die Bodendenkmalpflege einwirken. - Während für die Online-Stellung der Zeitschrift bisher auf sog. Verlags-PDFs zurückgegriffen werden konnte, werden die Jahrgänge 1972 bis 2005 nun durch die UB Heidelberg gescannt. Das weitere Fortschreiten des Projekts wurde vor allem ermöglicht durch das Team J. Reinhard (koordinierend), M. Irlenbusch und I. Hohle, das begonnen hat, von Jg. 2005 an rückwirkend weitere Autoren anzuschreiben und um ihre schriftliche Zustimmung zur Online-Publikation zu bitten.
Neu online: Arch. Inf. 28, 2005: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/1472/showToc
Neu online: Arch, Inf. 27(2), 2004: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/1474/showToc
Neu online: Arch. Inf. 27(1), 2004: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/1473
Autoren, die uns ihre wertvolle Zustimmung proaktiv zusenden möchten, finden die nötigen Informationen und Formblätter auf DGUF.de: http://www.dguf.de/index.php?id=37

1.2.
DGUF begleitet die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes in Schleswig-Holstein
Das Denkmalschutzgesetz in Schleswig-Holstein, das erst 2012 von der vorangehenden Landesregierung novelliert worden war, wird erneut verändert. Zu dem Gesetzentwurf vom 14. Januar 2014 hat die DGUF im Rahmen der Verbandsanhörung Stellung genommen. Die DGUF begrüßt den vorliegenden Entwurf und schlägt einige Veränderungen vor.
http://www.dguf.de/index.php?id=334


2. Tagungen
2.1.
"Culture, Climate and Environment Interactions at Prehistoric Wetland Sites" (Bern, 11.-14.6.)
This conference addresses palaeoecologists, climate change researchers and prehistorians. The scope of the conference is "Holocene climate and environmental changes in the cultural context; impacts of climate and environmental change on humans. Holocene ecology, economy and the use of resources at prehistoric wetland sites; anthropogenic impacts on wetland environments, ecosystems and regional climate. Prehistoric wetland sites in the regional context: migration, mobility, trade and exchange".
http://www.oeschger.unibe.ch/events/conferences/cultureclimate/index_en.html

2.2.
Review der Tagung "The Educational Museum: Innovations and Technologies Transforming Museum Education" (Athen, 17.10.2013)
Wie können Museen Social Media nutzen, um ein größeres Publikum zu verstehen und zu erreichen? Bei der Konferenz in Athen im vergangenen Oktober wurde über Plattformen wie Facebook, Twitter, Pinterest und Kickstarter diskutiert. Die Vortragenden schilderten Strategien und Erfahrungen ihrer Häuser, darunter das MoMA und das Victoria and Albert Museum. Dimitra Christidou fasst die Tagung jetzt im Journal of Conservation and Museum Studies zusammen, der Artikel ist im Open Access und mit einer Creative-Commons-Lizenz frei zugänglich. Eine wesentliches Thema der Konferenz sei der Rollenwandel von Museen: weg vom Selbstverständnis, ein "Etwas" zu sein, hin zu "Jemand" zu sein, der sein Publikum und dessen Bedürfnisse verstehen lernen muss. Einfach das Web 2.0 als Technologie zu nutzen und damit eine interaktive Ausstellung zu gestalten, führe nicht automatisch zu mehr Besuchern, schreibt Christidou. Social Media öffneten vielmehr die Museen für die Öffentlichkeit, es gehe um eine wechselseitige Beziehung, die Neue Medien ermöglichen und verstärken.
Christidou, D 2014. The Educational Museum: Innovations and Technologies Transforming Museum Education. The Benaki Museum, Athens, 17 October 2013. Journal of Conservation and Museum Studies 12(1):1 (published: 30 January 2014), DOI: http://dx.doi.org/10.5334/jcms.1021211

2.3.
"Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie". 6. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie (Linz, 27.-29.11.; CfP bis 30.4.)
Die Veranstalter laden ein, Interpretationen eisenzeitlicher Gesellschaften vorzustellen sowie die Eingliederung von Funden und Befunden in typologische und chronologische Ordnungssysteme zu diskutieren. Neu ist am 2. Tag das Vortragsformat der zehnminütigen Kurzreferate und ausgedehnten Diskussionspausen mit Kaffee. Am 3. Tag steht das Thema "(Wofür) brauchen wir archäologische Geschlechtsbestimmung in der Eisenzeit?" im Mittelpunkt. Vorträge können bis 30.4. eingereicht werden.
http://www.landesmuseum.at/eisenzeiten/

2.4.
CHNT-Konferenz "Urban Archaeology and Processing. Analysing the data" (Wien, 3.-5.11.; CfP bis 16.5.)
Die 19. CHNT (Conference on Cultural Heritage and New Technologies) befasst sich mit der Analyse archäologischer Daten. Thematisiert werden Computeranwendungen, Drohnen, GIS-Tools und vieles mehr. Der Call for Papers, Posters und Videos endet am 16. Mai.
http://www.chnt.at/

2.5.
IFaTa (Köln, 6.-9.6.)
Das nächste internationale Treffen der Studierendenvertretungen archäologischer Fächer, IFaTa genannt, findet vom 6.-9. Juni in Köln statt. Die Teilnahmegebühr beträgt 15 Euro, die Veranstalter bitten um eine Anmeldung bis zum 15. März.
http://ifata-koeln.weebly.com/

2.6.
"New Approaches to Heritage Ethics: Interdisciplinary conversations on heritage, crime, conflicts and rights" (Canterbury, 23.-24.6.)
The aim of this conference is to consider the topics of crime, conflict and rights in relation to heritage in an interrelated and holistic manner, instead of considering them through the lens of a single, specific theme. The expectation of the organizers is that such a comprehensive framework will result in novel approaches to understanding and conceptualizing each of these issues, as well as in laying the groundwork for new practical approaches to protecting various rights while mitigating heritage crime and conflicts. The deadline for abstracts is February, 3rd. Themes the organizers are particularly interested in consider, amongst others, the following themes: Looting of classical and archaeological sites and conflict; Relationships between looting of classical and archaeological sites and social and economic rights and opportunities; Engagements of communities in the prevention of vandalism and the willful destruction of heritage; Practical issues in the promotion of cultural, social and economic rights through heritage; Critical approaches to the legal regulation of heritage with particular emphasis on rights.
http://www.kent.ac.uk/secl/classics/news/?view=1948

2.7.
6th Annual ARCA Conference (Amelia, Italien, 28.-29.6.; CfP bis 1.4.)
Die sechste Konferenz der Association for Research into Crimes against Art (ARCA) findet wieder in Amelia (Umbrien) statt. Im vergangenen Jahr wurden u. a. der Verkauf geplünderter Objekte thematisiert, Strategien gegen den illegalen Handel von Kulturgut und Gesetzesfragen. Anmeldungen für Vorträge bei der diesjährigen Konferenz können bis 1. April eingereicht werden.
http://www.artcrimeresearch.org/interdisciplinary-art-crime-conference/


3. Veranstaltungen
3.1.
"Focus: Neue Medien und Ausstellungen in Museen" (Brandenburg, 27.-28.3.)
Das Archäologische Landesmuseum in Brandenburg startet unter dem Namen "Focus" eine neue Veranstaltungsreihe. Sie soll sich "zu einem interdisziplinären Forum und einer nachhaltigen Kommunikationsplattform für aktuelle und innovative Themen aus dem Museums- und Ausstellungsbetrieb entwickeln". Die erste Veranstaltung hat das Thema "Neue Medien in Museen und Ausstellungen". Die Veranstalter laden Fachspezialisten, führende Entwickler, kreative Anwender und Gestalter aus nationalen und internationalen Unternehmen, Museen und Kultureinrichtungen, Fach- und Forschungsinstitutionen, Universitäten und Hochschulen ein, Vorträge oder Produktpräsentationen einzureichen. Übrigens: Für Studierende ist die Teilnahme kostenlos, kostenfrei ist auch die Präsentation studentischer Projekte.
Weitere Informationen auf der Website des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg: http://www.landesmuseum-brandenburg.de/de/veranstaltungen/focus/
Projekt-Website "Focus": http://www.focus-museum.de/


4. Forschung
4.1.
Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Claßen, E. & Schön, W. (2014). Die DGUF-Tagung 2013 "Archäologie und Paläogenetik"- eine Einführung. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 19. Febr. 2014.
Holzkämper, J., Kretschmer, I., Maier, A., Baales, M., von Berg, A., Bos, J. A. A., Bradtmöller, M., Edinborough, K., Flohr, St., Giemsch, L., Grimm, S. B., Hilpert, J., Kalis, A. J., Kerig, T., Langley, M. C., Leesch, D., Meurers-Balke, J., Mevel, L., Orschiedt, J., Otte, M., Pastoors, A., Pettitt, P., Rensink, E., Richter, R., Riede, F., Schmidt, I., Schmitz, R. W., Shennan, St., Street, M., Tafelmaier, Y., Weber, M.-J., Wendt, K. P., Weniger, G.-Chr. & Zimmermann, A. (2014). The Upper-Late Palaeolithic Transition in Western Central Europe. Typology, Technology, Environment and Demography. Report on the workshop held in Rösrath, 21st – 24th June 2012. Archäologische Informationen, Early View, published online 6 March 2014.
Blaich, M. C. (2014). Rezension zu: S. Kurz, Die Baubefunde vom Runden Berg bei Bad Urach. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg, Band 89. Verlag Konrad Theiss, Stuttgart 2009. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 6. März 2014.
Siegmund, F. (2014). Besprechung zu: Bayliss, A., Hines, J., Høilund Nielsen, K., Mc-Cormac, G. & Scull, Chr. (2013). Anglo-Saxon graves and grave goods of the 6th and 7th centuries AD: a chronological framework. Edited by J. Hines & A. Bayliss. The Society for Medieval Archaeology Monograph 33. London: The Society for Medieval Archaeology. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 6. März 2014.
http://www.dguf.de/index.php?id=9

4.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Bergkamen: 1300 Jahre altes ‚Fürstengrab‘ entdeckt" (Westfälischer Anzeiger, 5.3.): http://www.wa.de/lokales/bergkamen/sensationeller-grabfund-bergkamener-logistikpark-3398103.html
"Prehistoric forest arises in Cardigan Bay after storms strip away sand" (The Guardian, 20.2.): http://www.theguardian.com/uk-news/2014/feb/20/prehistoric-forest-borth-cardigan-bay-wales
"800.000 Jahre alte menschliche Fußabdrücke in Norfolk entdeckt" (Archäologie Online, 14.2.): http://www.archaeologie-online.de/magazin/nachrichten/800000-jahre-alte-menschliche-fussabdruecke-in-norfolk-entdeckt-29250/
"Fischer findet seltene Apollo-Statue: Ein Fund wie eine zweite Mona Lisa" (Tagesschau, 10.2.): http://www.tagesschau.de/ausland/apollo-statue100.html und "'Priceless' bronze statue of Greek god Apollo found in Gaza Strip" (The Guardian, 10.2.): http://www.theguardian.com/science/2014/feb/10/priceless-bronze-statue-apollo-gaza-strip

4.3.
Aktuelle Forschung in den Medien
"Der Mumien-Käse. Max-Planck-Forscher in Dresden rekonstruieren ein Käserezept aus der frühen Bronzezeit" (Pressemeldung Max-Planck-Gesellschaft, 4.3.): http://www.mpg.de/7979786/kaese_aus_der_bronzezeit
"Restaurierung zeigt: Bergkamener Grabfunde sind einzigartig" (Pressemeldung LWL, 28.2.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=32268#.UxnQ2BCx18E
"Vorfahren der Indianer: Überwintern auf der Beringbrücke" (Spiegel, 28.2.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/ur-amerikaner-ueberlebten-eiszeit-auf-der-beringbruecke-a-956191.html
"Spektakuläre Datierungen: ‚Nach Aachen kommt Corvey‘. Älteste Bauhölzer im Kloster Corvey sind über 1150 Jahre alt" (Pressemeldung LWL, 27.2.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=32234&frmVolltext=Corvey#.UxnUXxCx18E
Fränkische Alb: "Drei Epochen auf 20 Quadratmetern. Erste Ergebnisse aus der Kirschbaumhöhle präsentiert" (Pressemeldung Universität Bamberg, 20.2.): http://www.uni-bamberg.de/kommunikation/news/artikel/kirschbaumhoehle_ergebnisse/
Sulzburg: "Georadar zeigt verschüttete Spuren der Klosteranlage St. Cyriak und auf dem Burgberg" (Badische Zeitung, 19.2.): http://www.badische-zeitung.de/sulzburg/georadar-zeigt-verschuettete-spuren-der-klosteranlage-st-cyriak-und-auf-dem-burgberg--80920278.html
"Svante Pääbo: the DNA hunter taking us back to our roots" (The Observer, 15.2.): http://www.theguardian.com/science/2014/feb/15/svante-paabo-dna-neanderthal-genetics
"Oldest Burial Yields DNA Evidence of First Americans. Ancient genome confirms link between Asians and Native Americans" (National Geographic News, 12.2.): http://news.nationalgeographic.com/news/2014/02/140212-anzik-skeleton-dna-montana-clovis-culture-first-americans/
"Dating refined for Atapuerca site where Homo antecessor appeared" (ScienceDaily, 7.2.): http://www.sciencedaily.com/releases/2014/02/140207083736.htm
Prähistorische Tundra/Paläobotanik: "Die krautige Welt der Mammuts" (Der Standard, 5.2.): http://derstandard.at/1389859447611/Die-krautige-Welt-der-Mammuts

4.4.
Aktuelle Übersicht zum Übergang vom Jung- zum Spätpaläolithikum
Am Ende der jüngsten Eiszeit waren die Jahrhunderte um 14.000 v. Chr. in Europa eine Zeit starken kulturellen Wandels, in welcher der Übergang vom Jung- zum Spätpaläolithikum erfolgte. Der Kölner SFB 806 machte diesen Übergang im Sommer 2012 zum Thema eines hochkarätig besetzten internationalen Kolloquiums. Die Organisatoren legen nun einen Tagungsbericht vor, der in Kurzfassungen alle dort gehaltenen Vorträge widergibt. Eine aktuellere und kondensiertere Übersicht über diesen Epochenwandel in Europa wird man derzeit schwerlich finden.
Holzkämper, J., Kretschmer, I., Maier, A. et al. (2014). The Upper-Late Palaeolithic Transition in Western Central Europe. Typology, Technology, Environment and Demography. Report on the workshop held in Rösrath, 21st – 24th June 2012. Archäologische Informationen, Early View, published online 6 March 2014.
http://www.dguf.de/index.php?id=9

4.5.
Bedenkliche Unschärfe in der Verwendung der Begriffe "ancestry", "race" und "ethnic groups" in US-amerikanischer Forschung
Im Kuriositätenkabinett des Blogs ScienceNews stellt E. Engelhaupt eine aktuelle Studie vor, nach der humanes Ohrschmalz unterschiedliche chemische Zusammensetzungen seiner Inhaltsstoffe aufweist. So weit, so unspektakulär. Aber die Studie unterscheidet die Menschen nach Herkunft (ancestry) und führt die These an, dass Menschen unterschiedlicher Herkunftsgruppen sich im Geruch ihres Ohrschmalzes systematisch unterscheiden, was auf genetische Unterschiede zurückgehe. "Smelly earwax is just another of the genetic quirks we inherit as part of one ethnic group or another" fasst Engelhaupt die These der Studie zusammen. Die zu Grunde liegende Veröffentlichung stammt nicht aus Grauer Literatur, sondern aus einem anerkannten peer-reviewten Journal mit Impact-Faktor 2,5. Was wir hier beobachten können, ist die subkutane Wiederkehr des Rassekonzepts und der Rasseforschung in der Anthropologie, verkleidet im Gewand hochmoderner naturwissenschaftlicher Forschung. Denn die in der Studie benutzen Termini "ancestry" und "race" beziehen sich auf biologische Tatsachen (wobei "race" angewendet auf Menschen ein auch unter Naturwissenschaftlern ausnehmend umstrittenes Konzept ist), aber die nähere Erläuterung dieser Forschungsergebnisse spricht von "ethnic group", was eindeutig ein rein soziales Konzept ist. Hier werden biologische Verhältnisse und soziale Gruppen unreflektiert gleichgesetzt. Es ist an uns Archäologen, lauter und öffentlichkeitswirksamer als bislang zu betonen, dass es soziale Gruppen von Menschen, z. B. Ethnien, gibt, und dass diese nichts, aber auch rein gar nichts mit genetischen Gruppen zu tun haben.
Erika Engelhaupt: "What your earwax says about your ancestry" (ScienceNews, 24.2): https://www.sciencenews.org/blog/gory-details/what-your-earwax-says-about-your-ancestry
Ohashi, J., Naka, I. & Tsuchiya, N. (2011). The Impact of Natural Selection on an ABCC11 SNP Determining Earwax Type. Mol. Biol. Evol. 28(1): 849–857. doi:10.1093/molbev/msq26 http://mbe.oxfordjournals.org/content/28/1/849.full.pdf
Prokop-Prigge, K. A., Thaler, E., Wysocki, Ch. J. & P. George (2014). Identification of volatile organic compounds in human cerumen. Journal of Chroatography B vol. 953-954, pp. 48-52. http://www.sciencedirect.com/science/journal/15700232

4.6.
Das Wikingermassengrab von Weymouth: publiziert und ausgestellt
Im Januar 2009 wurde beim Straßenbau nahe Weymouth (Dorset, Südostengland) ein spektakuläres Massengrab gefunden: 54 hingerichtete und enthauptete Wikinger der Zeit um 1000 n. Chr. Bei der Entdeckung hatte man die Toten noch für von Römern hingerichtete Kelten gehalten, doch nun sind sie sicher in die Zeit 970-1025 n. Chr. datiert. Bereits fünf Jahre nach der Entdeckung liegt eine wissenschaftliche Publikation vor, und das British Museum in London integriert den Fund in seine Dauerausstellung über die Wikingerzeit. Ende 2014 soll auch eine Sonderausstellung nach Berlin kommen. Die vorwiegend jungen Männer kamen aus der arktischen oder subarktischen Zone in Norwegen, Schweden, Island oder Russland. Sie hatten auch vor ihrem gewaltsamen Tod ein raues Leben. Die Knochen zeugen weniger von einem lange währenden Dasein als erfahrene Krieger, sondern vielmehr von einem harten Leben bei schlechter Gesundheit, geprägt von chronischen und Infektionskrankheiten. Eher Bauern zuvor, aus denen Räuber wurden. Fast alle Toten hatten gleichartig intentionell manipulierte Schneidezähne, was die britischen Kollegen als Zeugnis einer Markierung als Gruppe deuten, funktional ähnlich heutigen Tattoos.
"Executed Vikings were inexperienced raiders who oozed smelly pus, say archaeologists" (Culture24, 6.3.): http://www.culture24.org.uk//history-and-heritage/archaeology/art470702-Executed-Vikings-oozed-smelly-pus-suffered-kidney-stones-decorated-teeth-say-archaeologists
Loe, L., Boyle, A., Webb, H. & Score, D. (2014). "Given to the Ground": A Viking Age Mass Grave on Ridgeway Hill, Weymouth. Oxford: Oxbow Books.

4.7.
Köln: Bedeutendes Forschungsprojekt zum Frühmittelalter startet
Der Historiker Prof. Karl Ubl, Universität Köln, hat ein wichtiges Forschungsprojekt zum Frühmittelalter einwerben können. Das Projekt wird die so genannten Kapitularien, die Erlasse der Könige, aus den Jahren 507 bis 920 n. Chr. sammeln, rekonstruieren, herausgeben und übersetzen. Das Projekt schließt damit eine Lücke resp. eine Schwachstelle in der vielbändigen, noch im 19. Jahrhundert begründeten und bis heute maßgeblichen und weltweit benutzen Edition mittelalterlicher Schriftquellen, der Monumenta Germaniae Historica. Dort waren die Kapitularien bis anhin nur unvollständig erschlossen. Das Projekt ist auf einen Förderzeitraum von 16 Jahren angelegt und wird mit einer Gesamtsumme von 5,28 Millionen Euro gefördert.
"Millionenförderung für Mittelalter-Projekt" (Pressemitteilung der Univ. Köln, 18.2.): http://www.portal.uni-koeln.de/nachricht+M524b3b676a5.html


5. Kulturgutschutz
5.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
Pompeji: "Der kontinuierliche Zerfall" (Archaeologik, 5.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/der-kontinuierliche-zerfall.html
"Nach den Unruhen: Blue Shield Ukraine gegründet" (Archaeologik, 25.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/02/nach-den-unruhen-blue-shield-ukraine.html
Archäologische Stätte Gao Saneye: "UN experts find ‘serious damage’ by extremists to cultural sites in Mali" (Heritage Daily, 16.2.): http://www.heritagedaily.com/2014/02/un-experts-find-serious-damage-by-extremists-to-cultural-sites-in-mali/102130
"Ägypten drei Jahre nach der Revolution (Februar 2014)" (Archaeologik, 15.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/02/agypten-drei-jahre-nach-der-revolution_15.html
"Cyprus–Switzerland agreement on repatriation of antiquities enters into force" (Cyprus Mail, 14.2.): http://cyprus-mail.com/2014/02/14/cyprus-switzerland-agreement-on-repatriation-of-antiquities-enters-into-force/
"Fear and looting in Egypt – visible from space" (Al Jazeera America, 13.2.): http://america.aljazeera.com/watch/shows/techknow/blog/2014/2/13/fear-and-lootinginegyptvisiblefromspace.html
"Monica Hanna : L’urgence pour le patrimoine" (Al Ahram Hebdo, 5.2.): http://hebdo.ahram.org.eg/News/5008.aspx?fb_action_ids=707270717996& und: "Egypt's Tomb Raiders, with Monica Hanna" (Channel 4, 8.11.2013; Ausschnitt von 3:00 Min.): http://www.youtube.com/watch?v=THQ6HacY3oc

5.2.
"Immens spannend und vielschichtig": "Loot" von Sharon Waxman
Das Buch "Loot" der US-amerikanischen Journalistin Sharon Waxman erschien 2008; dem Archäologie-Blog "Sprache der Dinge" ist es aber auch jetzt einen Blogpost wert. Gut geschrieben, schnell lesbar, aber trotzdem nicht oberflächlich präsentiere Waxman die Rückgabedebatten der vergangenen 30 Jahre. Sie fokussiert sich auf vier Länder - Ägypten, Türkei, Griechenland und Italien – und auf vier Museen: Louvre, Metropolitan Museum of Art, British Museum, J. Paul Getty Museum. Es gelinge Waxman damit erstaunlicherweise, alle Argumente aller Seiten darzustellen. Als Leser begreife man, dass es in der Debatte keine Lösungen, sondern nur Lösungsansätze gebe. Alle Beteiligten trügen Scheuklappen, die Fronten seien verhärtet. "Loot" mache deutlich, dass es jedoch kein Gut und Böse gebe. Das Buch sei auch sechs Jahre nach seinem Erscheinen hochaktuell und deshalb eine echte Leseempfehlung.
"Loot" - von Sharon Waxman (Sprache der Dinge, 7.2.): http://sprachederdingeblog.wordpress.com/2014/02/07/loot-von-sharon-waxman/
"Art of the Steal" (The New York Times, 7.11.2008): http://www.nytimes.com/2008/11/09/books/review/Eakin-t.html
"Author Sharon Waxman discusses her book "Loot: Stolen Treasures of the Ancient World," at Cambridge Forum" (YouTube, 13.8.2012, 1:05 Std.): http://www.youtube.com/watch?v=Dr9mmNUV9Yw

5.3.
Ai Weiwei, Manuel Salvisberg und Maximo Caminero: Die Zerstörung von Antiken als Kunst
1995 hatte Ai Weiwei "Dropping a Han Dynasty Urn" geschaffen, ein schwarz-weiß-fotografiertes Triptychon, das ihn zeigt, wie er ein 2.000-jähriges, Han-zeitliches Gefäß fallen lässt und damit zerstört. Der chinesische Künstler bemalte auch antike Gefäße mit dem Coca-Cola-Logo ("Coca Cola Vase", 1994) und tauchte neolithische Vasen in grelle Industriefarben ("Colored Vases", 2007-2010). Durch seine Zerstörung hinterfrage Ai Weiwei die kulturellen Werte Chinas, schreiben Kunstgeschichtler, er verwandle Antiken in zeitgenössische Kunst und thematisiere die Bedrohung chinesischer politischer Ordnung durch die Geschichte. Der Schweizer Künstler Manuel Salvisberg wiederum fotografierte die Zerstörung von Ais Coca-Cola Gefäß, das der Kunstsammler Uli Sigg fallen ließ. Übrigens, ohne vorher Ai Weiwei um Erlaubnis zu bitten. Ergebnis ist das Foto-Triptychon "Fragments of History". Interpretiert wurde Salvisbergs und Siggs Tun als Hinterfragen des moralischen Besitzes von Kunst. Am 16. Februar hat der nur lokal bekannte Künstler Maximo Caminero im Pérez Art Museum Miami eine von Ai Weiweis "Colored Vases" zertrümmert – keine Kunst attribuiert die Presse diesmal, denn Caminero tat es aus schnöder Beleidigtheit und war – anders als Salvisberg auch nicht Eigentümer der Vase. Caminero klagte, er würde im Museum, für das er Steuern zahle, nicht ausgestellt. Ai Weiwei ist verärgert: "Man kann diese Tat nicht vergleichen mit meinem Werk. Ich habe damals schließlich nicht das Eigentum eines Anderen zerstört." Die Medien berichten eifrig – und trauern um die Zerstörung von Ais Arbeit, nicht um die der Antike. Geschockt ist Caminero übrigens vom Wert der Vase, der nach Ais "Bearbeitung" auf eine Million US-Dollar beziffert wurde. Der Aspekt des Wertes ist überhaupt in vielen Interpretationen von Ais Werk zu lesen: dass aus einem antiken Objekt durch Ai etwas monetär viel Wertvolleres entstanden sei.
"Zerstörte Ai-Weiwei-Vase: Der zerbrochene Krug" (Süddeutsche, 19.2.): http://www.sueddeutsche.de/panorama/zerstoerte-ai-weiwei-vase-der-zerbrochene-krug-1.1892469
"Who's the vandal: Ai Weiwei or the man who smashed his Han urn?" (The Guardian, 18.2.): http://www.theguardian.com/artanddesign/jonathanjonesblog/2014/feb/18/ai-weiwei-han-urn-smash-miami-art
Erläuterung zum Kunstwerk Ai Weiweis "Dropping a Han Dynasty Urn, 1995" (Watson Institute for International Studies, 2013; Video, 2:21 Min.): http://vimeo.com/64886243
"Manuel Salvisberg, Fragments of History": http://fragmentsofhistory.net/
"Devastating History" (ArtAsiaPacific, Mai/Juni 2012): http://artasiapacific.com/Magazine/78/DevastatingHistory

5.4.
DEGUWA sucht Unterstützung, damit die Bundesregierung die UNESCO-Konvention zum Schutz des Unterwassererbes ratifiziert
Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie (DEGUWA) kämpft dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland die UNESCO-Konvention zum Schutz des Unterwasserkulturerbes (2001) ratifiziert. Eine entsprechende Petition der DEGUWA wurde 2013 von zuständigen Gremien der vergangenen Bundesregierung angenommen und beraten. Doch nach dem Regierungswechsel besteht Sorge, dass das weitere Procedere stecken bleibt. Deshalb möchte die DEGUWA den Druck auf das Parlament aufrecht erhalten - ein Druck von außen übrigens, der von manchen Parlamentariern sehr begrüßt werde, wie es aus DEGUWA-Kreisen heißt. Auf ihrer Jahrestagung 2014 (16.-22. März) in Nürnberg - auf dem die DEGUWA auch ihr 20-jähriges Jubiläum begeht - soll ein Komitee gegründet werden, das den politischen Prozess weiter vorantreibt. Die DEGUWA lädt Institutionen und Individuen dazu ein, diesem Komitee beizutreten und an seiner Arbeit mit zu wirken. Ziel der Komiteegründung ist es, auf möglichst breiter Basis ein gemeinsames Konzept für die Sensibilisierung der Zivilgesellschaft zu erarbeiten und über die Fachkreise hinaus zu wirken.
DEGUWA: Aufruf zur Komiteegründung (2.3.): http://www.deguwa.org/
UNESCO: Übereinkommen über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes (6.11.2001): http://www.unesco.de/konvention_unterwasserkulturerbe.html
Ulrike Koschtial: "Die UNESCO und der ungleiche Kampf für den Schutz des Unterwasserkulturerbes" (Mai 2009): http://www.deguwa.org/?id=221

5.5.
Der Rülzheimer "Barbarenschatz" und die Vernichtung historischer Quellen durch Schatzsucher
Ein von einem Raubgräber entdeckter völkerwanderungszeitlicher Hortfund in einem Wald bei Rülzheim erhitzt seit Februar die Gemüter. "Der Gewinn an Fundobjekten wiegt den Verlust an Wissen bei weitem nicht auf", fasst es Dr. Rainer Schreg in seinem Blog "Archaeologik" zusammen und analysiert die gewonnen und vor allem für immer verlorenen Erkenntnisse. Schreg stellt die wichtigsten Medienberichte zusammen. Er weist außerdem darauf hin, dass die Unkenntnis der Bevölkerung z. B. von der Bedeutung des Fundkontexts zeige, "wie sehr es die Archäologie versäumt hat, ihre Funde in ihrem wissenschaftlichen Wert darzustellen". Wer die landläufigen Pressemeldungen von und Interviews mit Archäologen beobachtet, kann Schreg aus der Perspektive journalistischer Kommunikation nur beipflichten: im Mittelpunkt stehen meist Funde, die ganz gerne forschungsseitig mit "sensationell" attribuiert werden. Diane Scherzler, stv. DGUF-Vorsitzende, hat über zehn Jahre als Journalistin und Redakteurin für die ARD gearbeitet und als Prähistorikerin auch immer wiederarchäologische Themen bearbeitet. Sie sagt: "In all diesen Jahren hat kein Archäologe die Gelegenheit ergriffen, mich von sich aus darauf hinzuweisen, dass neben dem Fund vor allem der Befund von hoher Bedeutung ist. Niemand hat mir jemals erzählt, dass ein Knochensplitter eine höhere Aussagekraft haben kann als die prachtvollste Fibel. Woher soll dann ein Journalist ohne archäologische Ausbildung davon jemals erfahren? Wie sollte ein Journalist, der täglich über unterschiedlichste Themen schreibt, sich überhaupt diese Gedanken machen?" Und wie sollte dann der Fernsehzuschauer, Leser oder Radiohörer davon hören? Ein kurzes Video auf YouTube erklärt was ein Befund ist, wie wichtig Befunde sind, und dass das unprofessionelle Bergen von Funden den Befund zerstört. Dieses wirklich gute Video stammt allerdings nicht von einem hauptberuflichen Archäologen, sondern von einem Sondengänger.
"Ein Räuber im Zauberwald - die Vernichtung einer Quelle zur Völkerwanderungszeit" (Archaeologik, 21.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/02/ein-rauber-im-zauberwald-die.html
"Das einmal eins der Fundzusammenhänge" (SondelDieWaldfee, 20.2.; Video, 9:47 min). http://www.youtube.com/watch?v=g10T4Psxejk
"Schatz gefunden, Wissen zerstört - Der ‚Barbarenschatz‘ aus der Pfalz" (Archäologie Online, 28.2.): http://www.archaeologie-online.de/magazin/nachrichten/schatz-gefunden-wissen-zerstoert-der-barbarenschatz-aus-der-pfalz-29366/

5.6.
"Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen": Resonanzen zum Rülzheimer "Barbarenschatz" und warum die Idee der "Aufklärung" seit 20 Jahren tot ist
Viele Medienberichte thematisierten die Entdeckung des Hortfundes von Rülzheim durch einen illegal tätigen Sondengänger. Das öffentliche Interesse schlug sich auch in vielen Kommentaren im Netz nieder. Dr. Jutta Zerres hat diese Resonanz dankenswerterweise untersucht und stellt ihr Ergebnis zusammen mit besonders aussagekräftigen Kommentaren im Blog "Archaeologik" vor. Als faul, unfähig, egoistisch und geltungssüchtig würden Archäologen häufig wahrgenommen. "Die Verpflichtung, Funde zu melden und eventuell abgeben zu müssen, wird nicht als Maßnahme zum Schutz von Kulturgut verstanden, sondern als Instrument eines gierigen und autoritären Staates", analysiert Zerres. Die Bedeutung großer Serien und des Fundkontexts sei weithin unbekannt. Es ist ebenso schmerzlich wie lehrreich, die ausgewählten Kommentare zu lesen sowie Zerres' Analyse. Spannend sind aber auch die ungewöhnlich vielen, teilweise sehr differenzierten Kommentare unter dem Archaeologik-Blogpost. Wiederholt genannt wird dort die Idee der "Aufklärung" und zwar bei fachnah wirkenden Kommentaren: Würden wir Archäologen die Bürger mehr aufklären, wäre alles besser, ist der Tenor. Das sind Resonanzen - mutmaßlich aus dem Fach -, die mit derselben Tonalität auch anderswo regelmäßig vorzufinden sind und einen tiefen Blick in die Psyche der Disziplin erlauben. Der Gedanke des Aufklärens entspricht in den Theorien der Wissenschaftskommunikation dem so genannten Defizit-Modell: Das Publikum hat ein Wissensdefizit, das ich als Fachfrau bzw. Fachmann beheben kann. Tue ich das, z. B. indem ich viel erkläre, wird das Publikum verstehen und mir beipflichten, mir "Akzeptanz" zuteilwerden lassen. Das Defizit-Modell mündete einst in große Förderprogramme unter Labels wie "Public Understanding of Science and Humanities" (PUSH). Seit ca. Mitte der 90er Jahre ist unter den Profis der Wissenschaftskommunikation jedoch klar, dass es so nicht oder allenfalls in Einzelfällen funktioniert: Kein Publikum will sich als defizitär wahrnehmen – derart angesprochen, verweigert es das Zuhören. Wer "aufklärt", weiß es angeblich besser, ist im Besitz der alleinigen Wahrheit, und folglich am Dialog nur vordergründig interessiert. Was naiv oder scheinheilig als Kommunikation bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit Information. Welches Publikum sehnt sich da nach der Statistenrolle des zu Erleuchtenden? Akzeptanz als einzige Option der Öffentlichkeit: da spielt sie nicht mit. Kommunikationsforscher wissen heute z. B. auch, dass informierte Öffentlichkeiten eher kritischer werden, statt bloß dem Wissenschaftler beizupflichten. Seit vielen Jahren setzen Disziplinen, die stark auf öffentliche Interaktion angewiesen sind – wie z. B. die Nanotechnologie oder die Humangenetik – auf deutlich mehr echten Dialog. Erklären ist wichtig, natürlich! (vgl. Punkt 5.5.), aber noch wichtiger sind Zuhören und Lernen. Es geht letztlich um eine Haltungsänderung: Nicht ich bin der große Bescheidwisser, sondern ich weiß nur über manche – meist sehr wenige - Aspekte gut Bescheid. Und weil ich mich als Teil einer Gesellschaft verstehe, will ich mich aufrichtig austauschen. Das kann eine sehr unbequeme Haltung sein, und wer eitel ist, hat’s nicht eben leicht. Diese Art echten Kommunizierens hat in Web-2.0-Umgebungen stark zugenommen, und seitdem gibt es kaum noch Alternativen – Öffentlichkeiten erwarten einen solchen Umgang auf Augenhöhe heute schlichtweg, auch außerhalb des Web. Archäologen, die immer noch unbeeindruckt von der Realität alleine auf das Modell Aufklärung setzen, laufen Gefahr, mit ihrer Weisheit am Schluss alleine dazustehen. Gängig ist dann übrigens, das Nicht-Funktionieren der Aufklärung larmoyant als bedauernswertes Desinteresse einer Spaßgesellschaft umzuinterpretieren. Kann man machen, vertut aber Chancen.
"‘Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen‘ – Der Rülzheimer ‚Barbarenschatz‘ und die öffentliche Wahrnehmung von Denkmalpflege und Archäologen" (Archaeologik, 27.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/02/das-nennt-sich-fieldwork-ihr.html
"Öffentliche Akzeptanz als zentrales Problem der archäologischen Denkmalpflege" (Archaeologik, 4.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/offentliche-akzeptanz-als-zentrales.html
Susanne Weiß, Michael Sonnabend: "Schreiben, bloggen, präsentieren. Wege der Wissenschaft in die Welt. Eine Reputationswerkstatt". Edition Stifterverband, Essen 2011. http://www.stifterverband.org/publikationen_und_podcasts/edition_stifterverband/schreiben_bloggen_praesentieren/index.html

5.7.
Was Archäologen gegen Antikenhehlerei tun könnten (aber üblicherweise nicht tun)
Ein paar ihrer Gedanken, was Archäologen ganz persönlich gegen Antikenhehlerei unternehmen können, hat Dr. Donna Yates in ihrem Blog "Property of an Anonymous Swiss Collector" notiert: Zeichen von Plünderung auf der eigenen Grabung dokumentieren und an zentrale Stellen melden, beispielsweise an "Trafficking Culture". Die Rechtsprechung rund um illegale Grabungen und Antikenhandel kennen. Ach, die kennen Sie schon? Yates hat da ihre Zweifel und fragt, ob Sie die Höchststrafe für illegales Ausgraben in Ihrem Forschungsgebiet wissen. Mit Journalisten über das Thema sprechen – nicht nur über die fachlichen Erfolge. Niemals, wirklich niemals, Echtheitsbescheinigungen für Objekte ausstellen, die Ihnen ohne sauberste Papiere vorbeigebracht werden. Weitere wertvolle Tipps finden Sie in Yates' Blogpost. Und das Beste: Es müsste, sollte, könnte nicht erst einmal ein Komitee gegründet werden, das verbands- wenn nicht länderübergreifend abwägt, was zu tun ist. ;-) Wofür es Geld braucht, das es derzeit leider nicht gibt. Sie können selbst handeln, heute noch. Yates ist da übrigens pessimistisch: "nearly nothing has been as surprising as the lack of true engagement by most archaeologists. I love you guys, but it is true." Eine wichtige Zusammenstellung, die Pflichtlektüre ist.
"What archaeologists can (but usually don't) do to help reduce and regulate the illicit trade in cultural objects" (Property of an Anonymous Swiss Collector, 10.2.): http://anonymousswisscollector.com/2014/02/What-Archaeologists-Can-Do.html
"Trafficking Culture. Researching the global traffic in looted cultural objects": http://traffickingculture.org/
"Why Don't Archaeologists Fight Looting?" Paul Barford kommentiert Yates' Blogpost (PACHI, 10.2.): http://paul-barford.blogspot.de/2014/02/why-dont-archaeologists-fight-looting_10.html

5.8.
"Keine moralische Schattierung, nirgends": George Clooneys "The Monuments Men"
Frauen und Männer, die ihr Leben für das kulturelle Erbe der Menschheit wagen: das waren die rund 350 Mitglieder der Spezialeinheit "Monuments, Fine Arts and Archives" – kurz die "Monuments Men". 1943 von Roosevelt gebildet, spürten sie Nazi-Raubkunst in ganz Europa auf und brachten sie vor den Verwüstungen des Krieges in Sicherheit. Der Kinofilm "The Monuments Men" von George Clooney (Regisseur, Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Produzent) basiert auf Robert M. Edsels Buch "The Monuments Men: Allied Heroes, Nazi Thieves and the Greatest Treasure Hunt in History" und bringt ein wenig bekanntes Kapitel der Geschichte ins öffentliche Bewusstsein. Erzählt wird, wie aus hoch gebildeten Kunstexperten über Nacht Soldaten werden, die in der Normandie landen und quasi hinter den Linien des Militärs retten, was zu retten ist. Der Film (Start: 20.2.) biete keine moralische Schattierung, beklagt die "Zeit": "Die Monuments Men sind so weiß, wie die Nazis schwarz." Kurzweilig sei der Film jedoch durchaus. Nur eines sei an Clooneys Film monumental, ätzt der Tagessspiegel, nämlich die Besetzung: Neben Clooney sind Matt Damon zu sehen, Bill Murray, John Goodman, Cate Blanchett, Bob Balaban, Hugh Bonneville und Jean Dujardin. Braves Bildungsfernsehen sei es geworden mit Sentenzen zum Mitschreiben, z. B. "Kunst gehört der Menschheit". Der Archäologe Paul Barford – er sah den Film in einem polnischen Kino, das auf den Überresten des früheren Warschauer Ghettos erbaut wurde - beklagt hingegen die Verfälschung von Geschichte.
"George rettet das Abendland" (Die Zeit, 8.2.): http://www.zeit.de/kultur/film/2014-02/monuments-men-berlinale
"Kein Denkmal gebaut" (Der Tagesspiegel, 8.2.): http://www.tagesspiegel.de/kultur/filmkritik-the-monuments-men-kein-denkmal-gebaut/9452162.html
"Kunstraub-Posse" (NZZ, 20.2.): http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/film/the-monuments-men-1.18247123
Paul Barford: "Monuments Men" come to Poland (PACHI, 1.3.): http://paul-barford.blogspot.de/2014/03/monuments-men-come-to-poland.html
Emma Cunliffe: "We will need Monuments Men for as long as ancient sites remain battlefields" (The Conversation, 7.2.): https://theconversation.com/we-will-need-monuments-men-for-as-long-as-ancient-sites-remain-battlefields-22964

5.9.
Syrien: Raubgrabungen "tödlich" für das kulturelle Erbe, EU unterstützt Kampf gegen Antikenhehlerei
Im Februar bezeichnete Francesco Bandarin (UNESCO) während einer Pressekonferenz Raubgrabungen in Syrien als "tödlich" für das kulturelle Erbe des Landes. Überall werde geplündert, von Ebla bis Mari. Apameia sei vollständig zerstört. Keine dieser Nachrichten war im Februar neu. Die UNESCO sei im Fall Syrien erst sehr spät aktiv geworden, kritisierte Dr. Rainer Schreg (RGZM) im Januar gegenüber dem Deutschlandradio. Prof. Dr. Mamoun Fansa, in Aleppo geboren und ehemaliger Leitender Direktor am Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg, bezeichnet die Weltkulturorganisation als "Debattierclub". Nun gibt es 2,5 Millionen Euro von der EU für die UNESCO, um eine Datenbank syrischer Artefakte anzulegen; zusammengearbeitet wird mit Interpol, der syrischen Polizei und dem Zoll. Bandarin sagte, die UNESCO wolle bei den Syrern, die nahe der archäologischen Stätten leben, genauso Bewusstsein schaffen für die Artefakte und für die Gefahren der Antikenhehlerei wie bei syrischen Flüchtlingen. Bandarins Plan macht fassungslos: Menschen, die ins unmittelbarer Lebensgefahr sind, Hunger leiden, irgendwie ihre Familie ernähren müssen, jetzt etwas vom Schutz von Kulturgut vorzuplappern, ist zu wenig, ist zu spät.
"Kulturerbe in Trümmern" (Deutschlandradio, 12.1.): http://www.deutschlandradiokultur.de/syrienkonferenz-kulturerbe-in-truemmern.1013.de.html?dram%3Aarticle_id=275243
"Syria’s protection of cultural artifacts ‘only piece of good news’ amid rubble of war, says UN cultural agency" (Pressemeldung UN, 5.2.): http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=47085&Cr=syria&Cr1#.UwiKp857xyL
Übersicht über das Geschehen: "Bildersturm religiöser Fanatiker in Syrien (Februar 2014)" (Archaeologik, 2.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/bildersturm-religioser-fanatiker-in.html
"Kulturgüter in Aleppo durch Sprengungen gefährdet" (Archaeologik, 25.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/02/kulturguter-in-aleppo-durch-sprengungen.html


6. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
6.1.
EU schlägt klarere Leitlinien für Praktika vor
Die Europäische Kommission hat am 4. Dezember einen Vorschlag für eine Ratsempfehlung für einen "Qualitätsrahmen für Praktika" vorgelegt. Er soll die Mobilität innerhalb der EU verbessern helfen und gewährleisten, "dass junge Menschen, die ein Praktikum absolvieren, unter sicheren Bedingungen wertvolle Arbeitserfahrungen sammeln". Die Kommission begründet ihren Vorschlag mit den ihres Erachtens überwiegend schlechten Arbeitsbedingungen und mangelnden Lerninhalten von Praktika. Konkret werden die EU-Mitgliedstaaten zu folgenden Punkten aufgefordert: (1) Sie sollen sicherstellen, dass Praktika auf einer schriftlichen Praktikumsvereinbarung basieren, welche u. a. folgende Aspekte umfasst: Lerninhalte und -ziele, Rechte und Pflichten des Praktikanten und Praktikumsgebers, Betreuung durch einen Vorgesetzten, Dauer des Praktikums, Arbeitszeiten sowie Angabe, ob und ggf. in welcher Höhe die Praktikantinnen und Praktikanten eine Bezahlung/Aufwandsentschädigung erhalten und ob sie sozialversichert sind. (2) Die Angaben zur Bezahlung/Aufwandsentschädigung sowie zur Sozialversicherung sollen ebenfalls bereits in der Stellenausschreibung enthalten sein. (3) Die Dauer von Praktika soll in der Regel auf sechs Monate begrenzt werden, wobei in begründeten Ausnahmefällen auch eine längere Dauer vorgesehen werden kann. (4) Anbieter von Praktika sollen dazu ermutigt werden, im Anschluss an das Praktikum ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen. (5) Um die innereuropäische Mobilität von Praktikanten zu erleichtern, sollen klare Regelungen für die Aufnahme bzw. Entsendung von Praktikanten in andere Mitgliedstaaten in die nationalen Rechtsrahmen aufgenommen werden. (6) Zur Steigerung der Anzahl und Qualität von Praktika sollen zudem finanzielle Mittel aus dem ESF und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie aus der Jugendbeschäftigungsinitiative bereitgestellt werden. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen sollen die Sozialpartner eingebunden werden. - Ein Text, der auch auf viele Praktika in Museen und bei Denkmalämtern Auswirkungen haben könnte.
"Jugendbeschäftigung: EU-Kommission schlägt Standards zur Verbesserung der Qualität von Praktika vor" (Pressemitteilung der EU, 4.12.2013): http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-1200_de.htm
"Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika" (Brüssel, 4.12.2013; 16 Seiten als PDF): http://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=11213&langId=de

6.2.
Massive Open Online Courses (MOOCs): Revolution oder Enttäuschung in der Hochschulbildung?
Einführungskurse von Elitehochschulen wie Yale oder Harvard gibt es mittlerweile kostenlos im Internet (vgl. DGUF-Newsletter vom 25.11.2013, Punkt 3.1., siehe auch dieser Newsletter, Punkt 6.3.). Solche Massive Open Online Courses (MOOCs) verfügen über Videos, Hausaufgaben und Elementen zur Verankerung des Gelernten. Seit 2011 – da hielten der damalige Stanford-Professor Sebastian Thrun und Peter Norvig einen MOOC zu Künstlicher Intelligenz mit 160.000 Teilnehmern aus 190 Ländern ab – diskutiert man im Wissenschaftsbetrieb darüber, ob nun die Verlagerung von Vorlesungen ins Internet ansteht. Mehrere wertvolle Zeitungsartikel geben nun einen aktuellen Überblick. Mittlerweile sei klar, fasst es das Handelsblatt zusammen, dass die ganz große Revolution ausbleiben werde, jedenfalls zunächst. Dass das renommierte MIT und Harvard im Jahr 2012 60 Mio. US-Dollar in die MOOC-Plattform edX investiert haben, um "innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Milliarde Studenten zu unterrichten" ist allerdings ebenfalls ein starkes Signal. Die "Zeit" zitiert den Bildungsvorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger, der konstatiert, Studierende würden in Deutschland "mit einem im Prinzip seit Jahrhunderten unveränderten System von Einheitsvorlesungen abgespeist", demgegenüber sei es doch faszinierend, dass sie online bei den besten und engagiertesten Professoren studieren könnten. Doch auch dieser Artikel thematisiert die Kritik an den Online-Kursen: viele MOOCs seien lediglich abgefilmte Vorlesungen, die Betreuung bestehe oft nur aus einem Quiz. Wer den Frontalunterricht im Hörsaal kritisiert, werde kaum das Video des Frontalunterrichts gutheißen können. Auch Thrun hat ernüchtert festgestellt, dass mit MOOCs die Menschen nicht so ausgebildet würden, "wie andere sich das wünschen oder wie ich mir das wünsche. Wir haben ein schlechtes Produkt." Foren, in denen Studierenden einander helfen, würden nicht genutzt. Die Abbrecherquoten lägen zwischen 90 und 97 Prozent. Abhilfe will man nun mit personalisierten Kursen schaffen. Und so heißt das neue Schlagwort SPOCs: Small Private Online Courses.
"Bildungshäppchen von der Elite-Uni" (Handelsblatt, 5.2.): http://www.handelsblatt-hochschulinitiative.com/index.php/2873-bildungsh%C3%A4ppchen-von-der-elite-uni.html
"MOOC: Ohne Dozenten geht es nicht" (Zeit, 20.1.): http://www.zeit.de/2014/03/online-kurse-anti-mooc
"Online 'Mooc' courses are too big to work, says Stanford head" (Financial Times, 2.2.): http://www.ft.com/intl/cms/s/0/e711c690-8c2a-11e3-bcf2-00144feab7de.html
"Sebastian Thrun im Interview: 'MOOCs sind bisher nicht gut genug'" (Tagesspiegel, 15.1.): http://www.tagesspiegel.de/wissen/sebastian-thrun-im-interview-moocs-sind-bisher-nicht-gut-genug/9331844.html

6.3.
Beeindruckend und lehrreich: Erlebnisbericht vom MOOC "Early Christianity – The Letters of Paul"
Vom 6.1. bis 5.2. bot Prof. Laura Nasrallah, Harvard University, auf der MOOC-Plattform edX den kostenlosen Kurs "Early Christianity – The Letters of Paul" an. Die DGUF-Auxiliarin Dr. Rebekka Loschen, von Hause aus Chemikerin, registrierte sich und wagte damit nicht nur einen Sprung in die Welt der Geisteswissenschaften, sondern auch in die digitale Bildungskultur. Ihr Erlebnisbericht: "Der Kurs begann damit, dass sich die Studenten in einem Forum kurz selbst vorstellen sollten. Als Mitglied der Prä-Facebook-Generation war mir dabei nicht ganz wohl, und so übersprang ich diese Aufgabe um direkt zum Lehrmaterial zu kommen. Dreimal die Woche (Mo, Mi, Fr) wurde neues Material bereit gestellt. Es gab einmal Lesetexte (historische Quellen und Teile der Paulusbriefe), die direkt online kommentiert werden konnten, und Videomaterial, in welchem Prof. Nasrallah weitergehende Informationen und Interpretationen lieferte. Zusätzlich wurden Aufgaben gestellt, die das Gelernte abfragten und Raum für eigene Interpretationen der Texte ließen. In den Foren wurde eifrig diskutiert, das Dozententeam versuchte, hier und da Anregungen zu geben, aber die Flut der Postings wurde schnell unübersichtlich. Ich machte mir deshalb nicht einmal mehr die Mühe, meine eigenen Postings zu verfolgen. So stand ich denn manchmal ziemlich ratlos mit meinen Fragen da und hätte gerne jemanden gehabt, den ich persönlich hätte ansprechen können. Es gab einige äußerst engagierte Studenten, die immer sehr gewissenhaft die gestellten Aufgaben beantworteten. Das verführte dazu, die Antworten auf die gestellten Fragen lediglich in den Foren durchzulesen, anstatt selber nachzudenken. Hier wäre vielleicht ein Online-Multiple-Choice-Test, wie sie in vielen anderen MOOCs zur Abfrage von Wissen verwendet werden, besser gewesen. Jeder Tag einer Lehreinheit schloss mit einem 'self-assessment' ab: Haben Sie alle Texte gelesen? Alle Videos geschaut? Sich an den Diskussionen beteiligt? Beantwortete man alles mit 'Ja', waren die 100% der erreichbaren Punktzahl sicher. Ob dieses 'Ja' der Wahrheit entsprach, konnten die Dozenten natürlich nicht überprüfen. Zum Bestehen des Kurses brauchte man 75%. Als ich nach fünf Tagen merkte, dass ich ohne Diskussionsbeteiligung nicht an mein Zertifikat komme würde, ergriff mich der Ehrgeiz, und ich fing an mitzudiskutieren. Von nun an war es ernst: Ich investierte ca. sechs bis acht Stunden pro Woche (offiziell angesetzt waren vier bis sechs Stunden). Im normalen (Berufs-)Alltag ist das wirklich anstrengend. Dennoch hatte ich viel Freude dabei, die historischen Texte Wort für Wort zu lesen und die oft inspirierenden Meinungen der anderen Studenten zu erfahren. Ich nutzte die Bahnfahrten zur Arbeit, um die Texte zu lesen, manchmal die Mittagspause, um Videos zu schauen und mich in den Foren zu tummeln. Sehr gut hat mir gefallen, dass überhaupt kein Vorwissen erforderlich war, ich war als Chemikerin sicher kein Exot unter meinen Mitstudenten. Ich habe in den nur vier Wochen wirklich sehr viel gelernt: über die Einordnung von Texten in den historischen Kontext, das römische Reich, Paulus' Einfluss auf die Anfänge der Christenheit, die Weltanschauung in der Antike etc. Ich war auch tief beeindruckt von dem engagierten Lehrpersonal, das nach seiner eigenen Aussage auch viel gelernt hat. Die persönliche Bindung zu Dozenten und Mitstudenten blieb allerdings gering. Insgesamt war es eine sehr positive Erfahrung, und m. E. war der Kurs sehr gut gestaltet. Die ca. drei- bis zehnminütigen Videos, in welche historisches Material oder animierte Zeichnungen eingeblendet wurden, bildeten zusammen mit den sehr gut ausgewählten historischen Quellen die Basis des Lehrmaterials. Darüber hinaus wurden noch interaktive 'timemaps' (historische Landkarten mit Bildern von archäologischen Fundorten und Erläuterungen dazu) angeboten, welche den Kurs extrem aufwerteten. Mein nächster MOOC läuft schon: 'Communication Science' bei coursera.org. Und wenn ich Zeit habe, schaue ich noch bei edX in 'Alexander the Great' hinein. Ist es nicht großartig, so viel Wissen, von Experten säuberlich aufbereitet; jederzeit und überall abgreifen zu können?" Wenn Sie ausprobieren wollen, wie eine Archäologie-Einführung per MOOC funktioniert: derzeit können Sie noch bei "Archaeology's dirty little secrets" einsteigen, der Kurs fing am 24.2. an und dauert acht Wochen.
Wer sich bei edX registriert, kann sich das Kursmaterial zu "Early Christianity – The Letters of Paul" noch anschauen: https://www.edx.org/course/harvardx/harvardx-hds1544-1x-early-christianity-927
"Archaeology's dirty little secrets" (coursera.org): https://www.coursera.org/course/secrets

6.4.
Lübecker MOOC zum Thema Hanse startet am 4. April
Die Fachhochschule Lübeck kündigt für die Zeit vom 4.4. bis 6.6. enthusiastisch ("einzigartiges Kursangebot") einen kostenlosen, wöchentlichen Kurs zum Thema Hanse an, den "HanseMOOC". Versprochen werden Informationen über "die größte Handelsmacht des Mittelalters", lernen, "wie Archäologinnen und Archäologen die Vergangenheit zum Leben erwecken", aber auch Methodisches wie "grundlegende Grabungs- und Datierungstechniken". Die Themen sollen von "Experten aus Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft" begleitet werden, u. a. Lübecks Bürgermeister, ein Weinhändler, die Stadtarchäologin und der Archivleiter. Die Archäologin Julia Seidl M. A. führt durch den Kurs. Die einzelnen Einheiten sollen wöchentlich freigeschaltet werden, können aber nach ihrer Freischaltung jederzeit wieder angesehen und bearbeitet werden. Jede Wocheneinheit wird Videos von zusammengenommen circa 15 Minuten Dauer umfassen, der tatsächliche Zeitbedarf der Teilnehmer hänge davon ab, wie rege man sich individuell an den anschließenden Diskussionen beteiligt. Zudem ist ein Gewinnspiel angekündigt, was für MOOCs eher ungewöhnlich ist. Mehr geben die schlanken Vorankündigungen (noch?) nicht her. Immerhin erfährt man auf einer anderen, nicht verlinkten Website, dass der Zeitaufwand pro Woche auf ca. 1 Stunde geschätzt wird und am Ende sogar ein Zertifikat ausgestellt wird. Doch weiterhin bleiben die Zielgruppe und die konkreten Lerninhalte offen und die Frage, was in der Nachbereitung geschehen soll: ein von Dozenten betreutes Arbeiten mit überlegtem Verankern der Inhalte, oder eher ein Chatten zwischen den Teilnehmern. Wir sind gespannt, denn die das Projekt finanzierende Lübecker Possehl-Stiftung ist nicht arm.
Anmeldung unter: www.hanse-mooc.de
Facebook-Präsenz: https://www.facebook.com/HanseMOOC?fref=ts
Weitere Informationen unter: http://www.mooc-list.com/course/hansemooc-fhlubeck

6.5.
Lehrbeauftragte an der Universität Wien protestieren gegen geringe Bezahlung
Die ca. 66.000 Studierenden an der Universität Wien finden mit etwa 1 Dozent auf 27 Studierende ein relativ gutes Betreuungsverhältnis vor. Doch diese Relation beruht auf 423 Universitätsprofessoren und ca. 2.000 Lehrbeauftragten. Seit 1996 kämpfen letztere um eine faire Bezahlung. Stattdessen verschlechterte das neue Universitätsgesetz von 2009 ihre Situation, denn anders als zuvor sind nun Kettenverträge ausgeschlossen. Nach sechs bzw. acht Jahren können ihre Verträge nicht mehr semesterweise verlängert werden, und das Entgelt wurde seit langem nicht mehr angepasst. Ein sog. großer Lehrauftrag zu 2 Semesterwochenstunden wird mit 400 Euro pro Monat entlohnt, wobei die Lektoren für jeweils sechs Monate angestellt werden und dann auch unfall-, kranken- und rentenversichert sind. Oft weicht die Universität sogar auf sog. kleine Lehraufträge aus, die nur mit 240 Euro pro Monat entlohnt werden und bei denen nur eine Unfallversicherung inkludiert ist. Eine Interessengemeinschaft der Lektoren erinnert nun an diese prekären Verhältnisse und fordert erneut Verbesserung. Ist das Beschriebene eine Wiener Spezialität? Keinesfalls. In Deutschland sind Lehrbeauftragte normalerweise nicht über ihren Lehrauftrag sozial- und krankenversichert, ihr Honorar liegt - mit den üblichen kleinen Unterschieden von Uni zu Uni - bei circa 1.500 Euro pro Semester. Ihre Entlohnung ähnelt also sehr dem Wiener kleinen Lehrauftrag. Auch hier ist die Schweiz mal wieder ganz anders: ein Lehrauftrag zu 2 Semesterwochenstunden wird mit ca. 8.000 CHF (ca. 6.500 Euro) pro Semester entlohnt.
Marliese Mendel: "Von der Banalität des Geldmangels und paradiesischen Zuständen" (DieZeitschrift.at, 20.2.): http://www.diezeitschrift.at/content/von-der-banalitaet-des-geldmangels-und-paradiesischen-zustaenden

6.6.
Fast 10.000 Unterschriften: Petition gegen die Schließung der Klassischen Archäologie an der Uni Leipzig
Im Zuge von starken Sparmaßnahmen an allen sächsischen Universitäten streicht die Universität Leipzig Kleine Fächer, u. a. das Institut für Klassische Archäologie. So wurde es Ende Januar kommuniziert (s. DGUF-Newsletter vom 3.2., Punkt 6.8), und so ist die Nachrichtenlage trotz vieler Protestschreiben weiterhin. Die Leipziger Fachschaft hat dazu auf ihrer Homepage einen Pressespiegel und einen Blog eingerichtet, der über den aktuellen, weiterhin sehr beunruhigenden Sachstand und die Debatte informiert. Der Pressespiegel macht auch deutlich, dass die Streichung der Theaterwissenschaften in Leipzig deutlich mehr überregionale Resonanz findet. Die vom Deutschen Archäologenverband e. V. vor einem Monat lancierte Petition gegen die Streichung hat jetzt fast 10.000 Unterschriften erreicht, was ein großer Erfolg und ein deutliches Zeichen für die kollektiv wahrgenommene hohe Bedeutung der Klassischen Archäologie in Leipzig ist. "Mehr als 10.000" wäre für die weitere Kommunikation deutlich besser als "fast 10.000". Wer die Petition unterstützen möchte, bislang aber noch nicht dazu kam, sollte jetzt handeln und nicht später. Wer Freunde auf das Anliegen aufmerksam machen und aktivieren möchte: jetzt und nicht später.
DArV: "Petition zum Erhalt des Instituts für Klassische Archäologie und des Antikenmuseums der Universität Leipzig": http://www.change.org/de/Petitionen/prof-dr-dr-sabine-von-schorlemer-erhalt-des-instituts-f%C3%BCr-klassische-arch%C3%A4ologie-und-des-antikenmuseums-der-universit%C3%A4t-leipzig
Pressespiegel des FSR Archäologie: http://fsr-archaeologie-leipzig.jimdo.com/aktuelles/presse/
"Ausgraben statt Begraben - Archäologie in Sachsen erhalten!" Blog des Fachschaftsrats Archäologie Leipzig zu den Kürzungen an der Universität Leipzig: http://ausgraben.wordpress.com/


7. Und sonst …
7.1.
Warum im DGUF-Newsletter Beiträge nicht namentlich gekennzeichnet werden
Aus aktuellem Anlass erläutern wir, warum die Textbeiträge der DGUF-Newsletter nicht namentlich gekennzeichnet werden, auch bewertende Texte nicht. Unsere Inhalte entstammen den Federn eines wechselnden Kollektivs aus DGUF-Aktiven und externen Autoren; die Auswahl von Inhalten und die redaktionelle Bearbeitung liegen in den Händen einer Schlussredaktion. Bei den allermeisten Inhalten, z. B. einem kurzen Sachhinweis auf ein Vortragsvideo, wäre eine Autoren-Angabe schlicht deplatziert. Daher sind Autorenzeilen in Newslettern generell sehr ungewöhnlich. Wertende Inhalte entstehen bei uns häufig in Zusammenarbeit mehrerer Autoren, z. B. die Einschätzung einer Datenbank. Wollte man hier namentlich kennzeichnen, wer für welche Teileinschätzung verantwortlich ist, entstünden unlesbare Inhalte. Hinsichtlich einzelner Rezensionen, wie z. B. der zu einer Ausstellung, kann man allerdings ganz richtig anmerken, dass es in Fachzeitschriften wie auch in journalistischen Erzeugnissen, z. B. Zeitungen, normalerweise Autoren-Angaben gibt. Warum verfahren wir anders? Die Antwort ist zunächst einfach: weil der Newsletter weder eine Fachzeitschrift sein will, noch das journalistische Produkt eines Medienunternehmens ist. Die Antwort aber ist aber auch eine, in der es um Macht geht: Journalisten, die eine Rezension schreiben, sind geschützt durch die Pressefreiheit. Sie sind beruflich unabhängig vom bewerteten Museum, Verlag oder Institut, und es schützen sie nicht zuletzt auch die Rechtsabteilungen ihrer Häuser. Diesen Schutz kann die DGUF keinem ihrer Newsletter-Autoren bieten: Natürlich gilt die Meinungsfreiheit auch für sie. Aber jeder Archäologe weiß, dass kaum ein Ur- und Frühgeschichtler wirklich völlig frei und unabhängig von den rezensierten Museen, Forschungseinrichtungen oder Verlagen ist. Jeder kennt jeden, mit allen Konsequenzen, die das hat. Die DGUF hat seit dem Start des Newsletters vor fast zwei Jahren insgesamt drei erboste Zuschriften erhalten, alle von Institutionen, deren Projekte kritisch bewertet worden waren. An diesen drei Rückmeldungen bzw. Schriftwechseln wird jeweils sehr klar die Dynamik spürbar, die sich gegenüber einem Autor entladen würde, wäre dessen Name bekannt. Es wurde in Einzelfällen sogar versucht, die DGUF einzuschüchtern. Gleichzeitig erhalten wir nach jeder Newsletter-Ausgabe rund ein Dutzend anerkennender Rückmeldungen, oft mit der expliziten Bemerkung, dass man froh ist, endlich Klartext lesen zu dürfen, egal ob Lob oder Kritik. Weil für uns dieses Gut bei weitem überwiegt, haben wir uns für das Vorgehen entschieden, das dem eines Peer Reviews bzw. eines wissenschaftlichen Gutachtens ähnelt: auch dort sind die Reviewer und Gutachter dem Begutachteten unbekannt, und auch dort hat das gute Gründe. Wir schützen unsere Autoren also bewusst und nennen ihre Namen nicht, weil wir nur so sicherstellen können, dass sie sich frei äußern können. Ein Punkt ist dabei aber ganz zentral und entspricht auch dem Verfahren des Peer Reviews: Es gibt eine Newsletter-Redaktion, die jeden Autor kennt. Wir wählen sie sorgfältig aus; da ist niemand, der "schon immer mal Dampf ablassen" wollte. Wertende und einordnende Texte stammen stets von erfahrenen Autoren(-Teams), deren Meinung dann zwar vielleicht nicht die des Beurteilten ist, die aber doch als überlegt und fundiert gelten darf. Im DGUF Newsletter gab und gibt es auch sehr positive und empfehlende Bewertungen. Auch dort stehen keine Namen – v. a. aus den eingangs genannten Gründen und auch, weil dann Gefälligkeitsgutachten, taktischen Vermarktungsaktionen etc. Tür und Tor geöffnet wären. Auch Selbstvorstellungen – wir werden häufig darum gebeten - gibt es bei uns nicht; unser Newsletter ist frei von Werbung Dritter, beispielsweise von Buchautoren. Der DGUF-Newsletter steht im Dienst seiner Leser und von niemandem sonst.

7.2.
Richtig gut erklärt: Der Tempelberg in Jerusalem
So glücklich Archäologen über Siedlungsplätze mit ausgeprägter Stratigraphie sind, so schwierig gestaltet sich die Kommunikation der Befunde außerhalb des engsten Fachkollegenkreises. Lange Vorträge mit vielen, ja: sehr vielen Powerpoint-Folien führen bis zum Wachkoma auch des geneigten Publikums. Nir Ortal, Master-Student der Archäologie, erklärt nun die 3.000-jährige Geschichte des Tempelbergs in Jerusalem – in einem gut fünfminütigen fröhlichen Video, das "Piled Higher and Deeper" (PhD) erstellt hat. Natürlich fehlen fast alle Details, aber wenn das Ziel erfolgreicher Kommunikation ist, dass Inhalte noch nach längerer Zeit vom Publikum erinnert werden können, ist das hier sehr gut gelungen.
http://www.youtube.com/watch?v=E4lTT908uY0

7.3.
Handreichung für Lehrer und Schüler zum Vesuvausbruch 79 n. Chr.
Auf der Website des größten Museums der südlichen Hemisphäre – dem Museum Victoria in Melbourne (Australien) – wird Lehrkräften eine umfangreiche, kostenlose Handreichung mit Videosequenzen zum Thema Römisches Reich und speziell zu den Ereignissen in Pompeji während des Vesuvausbruchs im Jahr 79 n. Chr. geboten. Ziel ist es, dieses Multimediaangebot auf individuelle Weise in den eigenen Unterricht einzubauen. Die Jugendlichen bekommen die Möglichkeit, sich anhand verschiedener Aufgabenstellungen intensiver mit dem Thema Quellenkritik sowie mit Ergebnissen und Methoden archäologischer, historischer und naturwissenschaftlicher Forschung auseinanderzusetzen und einen Einblick in die Lebenswelt/Kultur der Menschen dieser Zeit zu erlangen. Kritisches Hinterfragen nach dem ethischen Umgang mit Toten gehört ebenso zur Handreichung wie die vergleichende Gegenüberstellung eines animierten, ca. 9-minütigen Videos über den Vulkanausbruch mit dem Zeitzeugenbericht von Plinius dem Jüngeren. Dieses sehr interessante Onlineangebot öffnet für Lehrkräfte und Eltern zusammen mit Kindern und Jugendlichen auf vielfältige Art und Weise ein Fenster in die Geschichte. Dass die Website auf Englisch ist, könnte ein kleines Hindernis sein. Aber das genannte Video kommt ohne Sprachmodul aus, und auch die Aufgabenstellungen können einfach übertragen bzw. integriert werden in eine fachübergreifende Stunde zwischen Geschichte, Englisch, Biologie und Geographie.
Museum Victoria Learning Lab: Ancient Roman Empire: http://museumvictoria.com.au/education/learning-lab/ancient-roman-empire/
Museum Victoria Learning Lab: Recreation of Vesuvius Erupting: http://museumvictoria.com.au/education/learning-lab/ancient-roman-empire/recreation-of-vesuvius-erupting/

7.4.
Bei eBüchern sind preiswerte Angebote die Marktführer
In den USA wie in Deutschland entwickeln sich die Verkaufszahlen im Markt der eBücher ähnlich. In den USA erreichen unabhängige Autoren, die ihre Werke vergleichsweise billig verkaufen, weitaus höhere Umsätze als die großen eBuch-Verleger wie z. B. Amazon, die mit höheren Preisen agieren. Für Deutschland belegen die Umsätze bei Amazon, dass eBücher im Preissegment von 2,99 und 3,99 Euro die höchsten Absatzzahlen erreichen. Gewiss, hier geht es vor allem um das für eBücher typische Marktsegment "Mystery/Thriller, Science Fiction/Fantasy und Romance". Aber in der laufenden Debatte um Closed Access versus Open Access und um künftige Finanzierungsmodelle auch bei wissenschaftlichen Publikationen kann es nicht schaden, einmal über den Tellerrand hinauszuschauen. Dort zeigt sich, dass es zusätzlich zu den Optionen des Verkaufs von Büchern zu hohem Preis bei geringem Absatz (Closed Access) und des Verschenkens (Open Access) einen interessanten Weg dazwischen gibt: eine hohe Auflage zu geringen Preisen verkaufen, die die Leser gerne zahlen.
M. Matting: "Self Publishing in den USA: Indie-Autoren dominieren die Charts" (Die Self-Publisher-Bibel, 12.2.): http://selfpublisherbibel.de/self-publishing-in-den-usa-indie-autoren-dominieren-die-charts/
M. Matting: "eBooks in Deutschland 2013: Amazon-Umsätze in verschiedenen Preisgruppen und die Preisbindung" (Die Self-Publisher-Bibel, 21.1.): http://selfpublisherbibel.de/ebooks-in-deutschland-2013-amazon-umsaetze-in-verschiedenen-preisgruppen-und-die-preisbindung/

7.5.
Interessant enttäuschende Diskussion um Open Access an der LMU München
Die Podiumsdiskussion "Nachwuchswissenschaftler, Verlage, Bibliotheken & Open Access. Zeitgemäßes Publizieren in den Geisteswissenschaften" vom 11. Februar an der LMU München charakterisiert den Stand der Dinge in vielen Geisteswissenschaften. Hochkarätig vertreten waren die Fächer Geschichte und Kunstgeschichte, die Universitätsbibliothek München, ein namhafter Verlag und nicht zuletzt der Präsident der LMU. Nicht alle, aber viele Podiumsteilnehmer fremdeln sichtlich im Umgang mit dem Internet und dem Thema Open Access, wiewohl angesichts des für alle Wissenschaften maßgeblichen EU-Förderprogramms "horizon 2020" (2014-2020) der Weg zum Open Access sicher und unumkehrbar ist. Viel Zeit und Gedanken verwendeten die Teilnehmer mit der Frage des Ob und Wie und der Finanzierung. Auffallend selten geht der Blick den entscheidenden Schritt weiter und fasst ins Auge, dass Open Access die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit verändern wird und in Folge auch die wissenschaftlichen Publikationen selbst. Eine enttäuschende Diskussion, und daher umso wichtiger, sie zur Kenntnis zu nehmen.
Fabian Steiner, Max Trecker: "Zeitgemäß publizieren?" (hypotheses.org, posted by Lilian Landes, 17.2.): http://rkb.hypotheses.org/668
Eine Videoaufzeichnung der bei Steiner & Trecker zusammengefassten Diskussion findet sich bei: Lilian Landes: "Nachwuchswissenschaftler, Verlage, Bibliotheken & Open Access. Zeitgemäßes Publizieren in den Geisteswissenschaften" (L.I.S.A., 19.2., 114 min): http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/videos_watch.php?nav_id=4812

7.6.
Urheberrecht: Hinweis auf eine unterstützenswerte, aber leider schwer verständliche Petition
Die vergangene Bundesregierung hatte eine Novelle des Urheberrechts auf den Weg gebracht, die seit Anfang 2014 in Kraft ist. Nach dieser Novelle haben neu Wissenschaftler nun bereits zwölf Monate nach der Erstpublikation eines Forschungsbeitrages in einer wissenschaftlichen Zeitschrift das Recht, ein Zweitverwertungsrecht auszuüben. Das bedeutet, dass sie z. B. ihren traditionell über einen Verlag publizierten Aufsatz dann auf dem Wege des Self-Archiving in den Open Access geben können. Indes, diese Option gilt in der jetzigen Fassung des Gesetzes nicht für Monografien und für Sammelbände wie etwa Tagungspublikationen, und sie gilt vor allem nur für Werke, "die im Rahmen der öffentlichen Projektförderung oder an einer institutionell geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtung durchgeführt werden", also für aus Drittmittelprojekten herrührende Aufsätze. Wissenschaftler, die an einer Universität fest angestellt sind (wie z. B. alle Professoren) und die ihren Aufsatz auf Basis ihrer Festanstellung und nicht eines Drittmittelprojektes verfasst haben, sind davon ausgeschlossen. Sie sind weiterhin an die Verlagsvereinbarungen ihrer Erstpublikation gebunden, die in der Regel erheblich längere Schutzfristen oder gar kein Zweitverwertungsrecht seitens der Urheber vorsehen. Kurz: die neue, Open-Access-freundliche Regelung betrifft nur eine bestimmte Gruppe von Wissenschaftlern und schließt viele andere aus. Das betrachten die Petenten vom Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" als diskriminierend, sie fordern das Zweitverwertungsrecht nach zwölf Monaten für alle Wissenschaftler. Wer den Open-Access-Gedanken begrüßt und unterstützen möchte, sollte die Petition unterzeichnen; die am 25.2. gestartete Petition läuft noch bis zum 24.4.
"Protest gegen die Diskriminierung der Hochschulwissenschaft im Urheberrecht" auf OpenPetition, bis 24. 4. 2014: https://www.openpetition.de/petition/online/protest-gegen-die-diskriminierung-der-hochschulwissenschaft-im-urheberrecht

7.7.
Jahrbuch RGZM im Open Access
Das 1954 begründete Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums geht in den Open Access. Künftige Jahrgänge erscheinen parallel online im Open Access und in gedruckter Form, die eingereichten Beiträge sollen ab sofort auch einem Peer-Review-Verfahren unterzogen werden. Ältere Jahrgänge werden sukzessive retro-digitalisiert. Die technische Grundlage ist die gleiche, welche die DGUF für die Archäologischen Informationen wählte: die Software OJS und die UB Heidelberg als Partner. Der Auftakt im Februar 2014 erfolgt mit den kompletten Jahrgängen 2010 und 2011.
Jahrbuch. RGZM online: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/jahrb-rgzm/index

7.8.
Zeitschriften der PLoS-Gruppe: Open Access führt zu Open Data
Das erfolgreiche und bedeutende Open-Access Zeitschriftenbündel PLoS ("Public Library of Science") verlangt von seinen Autoren seit März auch Open Data: Wer in den Zeitschriften der PLOS-Gruppe wissenschaftliche Beiträge im Open Access publizieren möchte, die auf Forschungsdaten beruhen, muss nun auch diese Daten im Open Access zur Verfügung stellen.
Liz Silva: "PLOS' new data policy: public access to data" (PLoS ONE Blog, 24.2.): http://blogs.plos.org/everyone/2014/02/24/plos-new-data-policy-public-access-data/

7.9.
Kim Tallbear: Soziale Gruppenzugehörigkeit ist wichtiger als biologische Verwandtschaft
Die US-amerikanische Anthropologin Kim Tallbear (Univ. Texas, Austin), Mitglied der Dakota-Gruppe Sisseton Wahpeton Oyate, wendet sich in einem Interview mit Linda Geddes (New Scientist) gegen den aktuellen DNA-Wahn in USA, wo viele Menschen mit einem DNA-Test ihre Zugehörigkeit zu Gruppen der Natives untersuchen und verifizieren lassen. Sie stellt in Abrede, dass genetische Verwandtschaft eine relevante Aussage über die Zugehörigkeit eines Individuums zu einer sozialen Gruppe ist. In den USA zwar bereits lange und von vielen Blickwinkeln diskutiert, aber für europäische Archäologen lesenswert!
Kim Tallbear (im Interview mit Linda Geddes): "There is no DNA test to prove you're Native American" (NewScientist no 2955, Febr 13th): http://www.newscientist.com/article/mg22129554.400-there-is-no-dna-test-to-prove-youre-native-american.html#.UvxnuM6mU5d

7.10.
Lehrreich: Audio-Wissenschaftspodcasts. Eine Übersicht
Hintergründige, unterhaltsame, knackig-kurze und tiefgründige Wissenschaftspodcasts hat Henning Krause, Social-Media-Manager der Helmholtz-Gemeinschaft, in seinem Blog "Augenspiegel" versammelt. In der nützlichen Übersicht ist von Archäologie über Open Science bis zu Philosophie alles dabei, schön sortiert nach podcastenden Journalisten, Forschern, Institutionen oder Medienhäusern.
https://blogs.helmholtz.de/augenspiegel/2014/03/wissenschaft-auf-die-ohren-audiopodcasts/

7.11.
Einfluss der Keltenwelt Glauberg auf Wirtschaft, Tourismus und Engagement in der Wetterau
Der Kreis Wetterau hat seine Wirtschaftsförderung und seinen Tourismusbereich zusammengelegt - eine Folge der Entwicklungen rund um das neue Keltenmuseum am Glauberg. Der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung analysiert in einem Interview in der Frankfurter Rundschau die Folgen des neuen Museums für die Region: eine Stärkung der Identität der Bewohner, ein stark gestiegenes ehrenamtliches Engagement, ein Impuls für den Tourismus und die regionale Wirtschaft, vermehrte Investitionen in Hotels und Gastronomie. Sehr klar arbeitet er heraus, wie wichtig die gute Zusammenarbeit von wissenschaftlicher Forschung, professioneller Vermittlung und bürgerschaftlichem Engagement ist. Dieser Dreiklang erweise sich für die Wetterau als Erfolgsrezept - Archäologie als Wirtschaftsmotor. So deutlich hört man das selten von Leuten aus der Wirtschaft. Gerne werden die berühmten "weichen" Standortfaktoren in Sonntagsreden gepriesen, wenn es aber um harte Investitionen geht, fallen sie gerne unter den Tisch. Die EU hat ihren Wert zwar erkannt. In den regionalen Strukturprogrammen hat sie dafür Fördermöglichkeiten geschaffen, die in Deutschland auf Landeseben aber oft ungenutzt bleiben: in der regionalen Umsetzung wird oft gar nicht an die Kultur, oder gar die Archäologie, als Standortfaktor nachgedacht. Umso schöner, einmal aus berufenen Munde eine so klare Darstellung der Zusammenhänge zu lesen. Es wäre schön, wenn es in Zukunft mehr harte Studien zum Wert des kulturellen Erbes und der Archäologie für die regionale Wirtschaft gäbe - und dabei, wie hier, auch untersucht wird, wie wichtig Werte wie Identität, Bürgerbeteiligung und Vernetzung zwischen Wissenschaft, Vermittlung und Bürgern dabei sind. Ganz konkret sowohl für die gesellschaftliche wie für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region.
"Das ist ein Entwicklungssprung" Interview mit dem Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wetterau, Bernd-Uwe Domes (Frankfurter Rundschau, 4.3.): http://www.fr-online.de/bad-vilbel/keltenmuseum-glauberg--das-ist-ein-entwicklungssprung-,1472868,26459876.html

7.12.
Berliner Senat und Akademie der Wissenschaften gründen Forschungsverbund Digital Humanities
Das Who is Who universitärer und staatlicher Forschungseinrichtungen in Berlin hat sich zum "Interdisziplinären Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin" zusammengeschlossen, auch die dort angesiedelten bedeutenden archäologischen Institutionen. Das Netzwerk wird von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung finanziert und von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften koordiniert. Ziel ist es, die vielen in Berlin bestehenden Projekte, die im Bereich der Digital Humanities tätig sind, zu bündeln, denn "die weitgehend mit öffentlichen Geldern erarbeiteten digitalen Forschungsdaten und Forschungsinfrastrukturen müssen langfristig vorgehalten und für die Erkenntnisprozesse zukünftiger Forschung nutzbar gemacht werden." Dazu wird u. a. über ein Zentrum zur Langzeitverfügbarkeit geisteswissenschaftlicher Forschungsdaten nachgedacht. Das klingt gut. Und dennoch gerät man ins Grübeln und verbindet die aktuelle Nachricht gedanklich mit den bestehenden Aktivitäten und den fachlichen Situationen. "Langzeitverfügbarkeit" steht da, aber in den langen Texten findet sich nicht einmal der Begriff "Open Access". Es geht vielmehr um Archivierung und um Rechte, folglich auch um Kontrolle. Was könnte das bedeuten? Wer künftig eine Forschungsfinanzierung beantragt, die in irgendeiner Weise Daten erheben will (und wer tut das nicht?), wird sich von Gutachtern - möglicherweise kraft unstrittiger Expertise aus Berlin - fragen lassen müssen, wie er oder sie es mit der Datensicherheit und der nachhaltigen Archivierung hält. Das wäre gewiss eine berechtigte Frage, aber besteht das angestrebte Zentrum erst einmal, wird eine Kooperation mit dieser Einrichtung unvermeidlich werden, eine Kooperation, in der das individuelle Forschungsprojekt stets der schwächere Partner ist. Hier deutet sich eine Monopolbildung an, die wie jedes Monopol in der Wirtschaft wie in der Wissenschaft nicht gut tut. Alternative Einrichtungen aufzubauen, wäre eine Lösung. Doch was kann der Einzelne tun, das forschende Individuum? Open Data: Daten im Open Access publizieren. Nur so sind sie wirklich frei zugänglich, und kraft Publikation auch langzeitarchiviert.
"Memorandum für eine nachhaltige Förderung der Digital Humanities in Berlin" (Pressemitteilung der Berlin-Brandenburgischen Akademie des Wissenschaften, 5.3.): http://www.bbaw.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen/digital-humanities
Interdisziplinärer Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin: "Für eine nachhaltige Förderung der Digital Humanities in Berlin" (5.3.): http://www.ifdhberlin.de/memorandum/


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