DGUF-Newsletter vom 9.3.2018

DGUF-Newsletter vom 9.3.2018

1. DGUF-Nachrichten
1.1. Noch bis 18.3.: CfP DGUF-Jahrestagung "Sharing Heritage - Die Teilhabe am kulturellen Erbe als Bürger- und Menschenrecht" (München, 10.-13.5.)
1.2. Wir freuen uns riesig: der DGUF-Newsletter wird im März 6 Jahre alt und hat mehr als 1.500 Abonnenten
1.3. "Deutscher Studienpreis für Archäologie" der DGUF wird 2018 nicht vergeben
1.4. DGUF unterstützt Protest von VHD und Phil. Fakultätentag gegen neue Wahlordnung für die Fachkollegien der DFG

2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1. 10. Sammlungstagung "Knotenpunkte – Universitätssammlungen und ihre Netzwerke" (Mainz, 13.-15.9.; CfP bis 21.3.)
2.2. NeanderART (Turin, 22-26.8., CfP bis 30.4.)
2.3. 11. Internationale Jahrestagung der AG Werkzeuge & Waffen (Linz am Rhein, 23.-26.8.; CfP bis 30.4.)
2.4. Workshop "Dokumentationstechniken in der Archäologie. Generierung, Speicherung und Verbreitung archäologischer Daten" (Madrid, 4.-8.6.; Bewerbungsfrist: 16.3.)

3. Forschung
3.1. Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
3.3. Aktuelle Forschung in den Medien
3.4. Hyänen fressen Neandertaler?
3.5. aDNA-Projekt zur Glockenbecherkultur
3.6. Neandertaler fertigten Höhlenmalereien an
3.7. Umfangreiche aDNA-Studie zum Übergang Mesolithikum - Neolithikum auf dem Balkan
3.8. Wie man über Isotopen-Daten spricht und wie man sie publiziert
3.9. Neue Studie zur Ältest-LBK und deren Ausbreitung nach Westen
3.10. Sandra Söderlind: Mesolithische Handgriffkerne in Schleswig-Holstein und Skandinavien

4. Kulturgutschutz
4.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2. "Wichtiger und reflektierter Artikel" über die Organisation des illegalen Antikenhandels in Syrien

5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1. Neuerungen in der Redaktion der RGK und im Museum Herxheim
5.2. Protest gegen die Entmündigung der Fachgesellschaften seitens der DFG greift um sich
5.3. Margarete-Bieber-Preis 2018 zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Bewerbungsschluss: 15.6.)
5.4. Jetzt amtlich: Prof. Dr. Claus Wolf ist Vorstandsvorsitzender des WSVA
5.5. Drei Viertel aller Europäer nehmen Archäologie nicht als Beruf wahr
5.6. Mehr Professionalität - fordert Firmenchef Sascha Piffko
5.7. PD Dr. Natascha Mehler erhielt Caroline von Humboldt-Preis 2018
5.8. Deutscher Museumsbund: Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat

6. Berufsverband
6.1. CIfA Deutschland als Regionalgruppe von CIfA gegründet
6.2. CIfA Deutschland: die nächsten Termine

7. Open Access & Open Data
7.1. "Archäologische Nachrichten" aus Baden im Open Access
7.2. Open Access bei großen Wissenschaftsverlagen mehr Oberfläche als Praxis
7.3. Richtlinien des Europäischen Forschungsrates für Forschungsdaten
7.4. Forschungsdaten - und noch 'ne Handreichung
7.5. Gewichtige Kritik an der aktuellen Ausrichtung der Open-Access-Debatte in Deutschland
7.6. Berichte der Römisch-Germanischen Kommission "im Early View"

8. Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1. Braucht Wissenschaft die Öffentlichkeit, oder sollte vorrangig das Expertenwissen zählen?
8.2. Hamburg öffnet sich für Open Educational Resources (OER): eine neue Chance für die Archäologie an den Schulen
8.3. Crowdsourcing Geodata - Krise oder Erfolgsmodell?
8.4. Auch ein Erfolgsmodell für den Geschichtsunterricht? Die "Discovery Tour" von Assassin's Creed

9. Ausstellungen und Museen
9.1. Pferdekopf aus Waldgirmes kommt ins Saalburg-Museum

10. IT, GIS, Statistik für die Archäologie
10.1. Wie Weihnachten und Ostern zusammen: QGIS 3.0 ist da!

11. Und sonst …
11.1. Festschrift Andreas Heege "Vom Bodenfund zum Buch. Archäologie durch die Zeiten" nun auch im Open Access verfügbar
11.2. Zur Germanenfrage, oder: über den schwierigen Umgang mit unerwünscht Erfolgreichem
11.3. Anmeldung zur Tagung MOVA & WSVA kostenlos! Oder: freuen Sie sich nicht zu früh …
11.4. Ansehnlicher Endspurt bei IANUS (DAI)
11.5. Jetzt digital verfügbar: Gatermann, Becherkulturen in der Rheinprovinz
11.6. Facebook zensierte Fotos der Venus von Willendorf – und bittet nun um Entschuldigung
11.7. "Archäologische Denkmalpflege" - der neue Blog von Raimund Karl
11.8. Sehenswert: ARTE-Doku "Das Mädchen von Egtved"
11.9. Für Kinder: Malbuch "Abenteuer in der Archäologie"

12. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.1.
Noch bis 18.3.: CfP DGUF-Jahrestagung "Sharing Heritage - Die Teilhabe am kulturellen Erbe als Bürger- und Menschenrecht" (München, 10.-13.5.)
Die Teilhabe am kulturellen Erbe ist ein Bürgerrecht, sagt die Faro-Konvention. Wer Kulturgut zerstört, verletzt Menschenrechte, sagt die UN-Beraterin Karima Bennoune. Kulturgut ist ein Teil der Schöpfung, sagt Papst Franziskus. Wie wirkt sich so ein Verständnis von Kulturgut auf die Archäologie und den Denkmalschutz in Europa aus? Das DGUF-Tagungsthema "Sharing Heritage - Die Teilhabe am kulturellen Erbe als Bürger- und Menschenrecht" führt die Debatten der Jahrestagungen 2015 in Tübingen und 2016 in Berlin unter einem spezifischen neuen Blickwinkel fort. Selbstverständlich ist die Teilnahme an der diesjährigen Tagung auch ohne vorherige Mitwirkung in Tübingen und Berlin sinnvoll. Die Organisatoren laden Interessierte sehr herzlich zur Teilnahme an der Tagung und zum Einreichen von Vorträgen ein: Der Call for Papers ist noch bis 18.3. offen. Tagungsmodalitäten sowie erste angenommene Vorträge sind über die Tagungswebsite ersichtlich. Die Jahrestagung der DGUF am 10.-13. Mai in Grünwald bei München ist von den Organisatoren des ersten europäischen Kulturerbejahrs "EYCH 2018" offiziell in das internationale Gesamtprogramm aufgenommen worden. Außerdem wird die Tagung von der European Association of Archaeologists (EAA) unterstützt.
Tagungswebsite: http://www.dguf.de/sharing-heritage.html
Bereits angenommene Vorträge: http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/Tagungen/Muenchen2018/DGUF-Tagung-2018_Angenommene-Vortraege.pdf
Die DGUF-Tagung auf dem Programm des ersten europäischen Kulturerbejahres:
https://sharingheritage.de/projekte/sharing-heritage-die-teilhabe-am-kulturellen-erbe-als-buerger-und-menschenrecht/
Arch. Inf. 40, 2017 mit den Resultaten der DGUF-Tagung 2016 (Berlin) "Archäologie & Macht. Positionsbestimmungen für die Zukunft der Vergangenheitsforschung": http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/3589
Arch. Inf. 39, 2016 mit den Resultaten der DGUF-Tagung 2015 (Tübingen) "Schafft sich die Öffentlichkeit eine andere Archäologie? Analysen einer Machtverschiebung": http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/3097

1.2. Wir freuen uns riesig: der DGUF-Newsletter wird im März 6 Jahre alt und hat mehr als 1.500 Abonnenten
Der Ihnen hier vorliegende kostenlose, werbefreie und nicht an eine DGUF-Mitgliedschaft gebundene DGUF-Newsletter hat irgendwann zwischen Ausgabe Nr. 65 vom 31.1.2018 und der vorliegenden Nr. 66 vom 9.3.2018 stabil die Zahl von 1.500 Abonnenten überschritten. Zuallererst ist dies Anlass, Ihnen ganz herzlich für Ihr konstantes Interesse an unserer Publikation zu danken! Die Zahl ist aber auch Anlass für einen Rückblick auf den Anfang: Vor recht genau sechs Jahren, am 29.3.2012, versandte die Newsletter-Redaktion die Nullnummer an ca. 450 E-Mail-Adressen der DGUF-Mitglieder, machte auf das Projekt aufmerksam und bot einen Link an, wo man den Newsletter abonnieren könne. Am 30.3.2013 wurde dann die erste Ausgabe versandt, sieben Seiten lang. Größte damalige Sorge aus dem Umfeld der DGUF: "Wie wollt ihr bloß genug Inhalt finden, um mehr als einen Newsletter pro Halbjahr versenden zu können?" Nun, wir alle wissen, dass das nicht zum Problem werden sollte. ;-) Im Gegenteil: trotz stets ernsthafter Bemühungen, den Newsletter nicht zu lang werden zu lassen (ehrlich!), scheitern wir damit immer wieder. Wenn Ihnen der Newsletter gleichwohl gefällt, Sie gar bereits mit Spannung auf die jeweils nächste Ausgabe warten: warum nicht Freunden, Bekannten und Kollegen davon erzählen und sie auf die Möglichkeit des kostenlosen Abonnements hinweisen? Übrigens: Wissenschaftler haben errechnet, dass wenn die Abonnentenzahl weiterhin so rasant wächst wie bisher, schon in ca. 320.000 Jahren alle Bundesbürger den DGUF-Newsletter abonniert haben werden. :-)
Zum Abonnement für Noch-nicht-Leser: http://www.dguf.de/49.html
Das Archiv der DGUF-Newsletter: http://www.dguf.de/249.html

1.3.
"Deutscher Studienpreis für Archäologie" der DGUF wird 2018 nicht vergeben
Seit 2013 zeichnet die DGUF herausragende Studienleistungen (Seminar- oder Abschlussarbeiten sowie hochschulpolitisches Engagement) mit ihrem jährlich ausgeschriebenen "Deutschen Studienpreis für Archäologie" aus. Für die diesjährige Preisvergabe haben sich sechs junge Fachkollegen mit durchweg sehr guten Arbeiten beworben - dennoch hat sich der Beirat der DGUF dazu entschlossen, keine der Arbeiten auszuzeichnen und den Studienpreis 2018 somit nicht zu vergeben. "Die Einreichungen waren zwar alle von hoher wissenschaftlicher Qualität", so Beirätin Jutta Zerres, die den diesjährigen Studienpreis koordinierte, "dennoch fehlte uns, den Kriterien des Studienpreises entsprechend, eine wirklich herausragende Arbeit mit einem neuen, unorthodoxen, findig-innovativen Ansatz, die die ausgetretenen Wege verlässt und dadurch neue Impulse im Fach setzt." 2019 gibt es eine neue Chance - nähere Informationen werden zu gegebener Zeit über diesen Newsletter wie auch die weiteren Info-Kanäle der DGUF bekanntgegeben.
Informationen zum Studienpreis: http://www.dguf.de/studienpreis.html

1.4.
1.2. DGUF unterstützt Protest von VHD und Phil. Fakultätentag gegen neue Wahlordnung für die Fachkollegien der DFG
Die DFG hat im Winter 2017 eine neue Ordnung für die nächste Wahl der Fachkollegien verabschiedet - jener Gremien, die maßgeblich über Projektanträge entscheiden. Nachdem bereits bei der zurückliegenden Wahl das Gewicht der Fachgesellschaften gegenüber Universitäten und staatlichen Forschungsinstitutionen geschmälert worden war, steht die neue Wahlordnung für eine erneute erhebliche Einflussminderung der Fachgesellschaften. Der Verband der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) und der Philosophische Fakultätentag haben dagegen öffentlich protestiert. Die DGUF unterstützt diesen Protest und hat sich dieserhalben an die DFG gewandt. Interessierte finden das Schreiben der DGUF wie eine nähere Erläuterung des ebenso komplexen wie gerade für die Archäologie wichtigen Sachverhaltes auf der Website der DGUF.
"DGUF kritisiert weitere Schwächung der Fachgesellschaften bei den Wahlen zu den DFG-Fachkollegien" (DGUF.de, 21.8.): http://www.dguf.de/458.html
"VHD legt Protest gegen die neue Wahlordnung für die Fachkollegienwahl 2019 ein. Die neue Wahlordnung höhlt das Prinzip der Selbstverwaltung der Wissenschaften aus und bedroht die Freiheit der Forschung" (Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, 27.11.2017): http://www.historikerverband.de/presse/pressemitteilungen/vhd-legt-protest-gegen-die-neue-wahlordnung-fuer-die-fachkollegienwahl-2019-ein.html
Tassilo Schmitt: "Forschung: Der DFG fehlt Transparenz" (Tagesspiegel, 31.1.2018): http://www.tagesspiegel.de/wissen/forschung-der-dfg-fehlt-transparenz/20911454.html
Henning Lobin: "So arbeitet des DFG-Fachkollegium" (Blog "Die Engelberg-Galaxis" auf scilogs, 5.12.2017): https://scilogs.spektrum.de/engelbart-galaxis/so-arbeitet-ein-dfg-fachkollegium/


2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1.
10. Sammlungstagung "Knotenpunkte – Universitätssammlungen und ihre Netzwerke" (Mainz, 13.-15.9.; CfP bis 21.3.)
Universitäre Sammlungen sind keine abgeschlossenen Räume, sondern versammeln Menschen genauso wie Objekte; sie sind vielfach quer zu Disziplinen und Institutionen miteinander sowie mit außeruniversitären Feldern verflochten, bilden Knotenpunkte ausgedehnter Netzwerke. Die Perspektiven auf ihre Objekte sind dabei immer wieder unterschiedlich, je nach Blickwinkel erhalten diese andere Bedeutungszuschreibungen und Verwendungszusammenhänge. Die Tagung möchte die Beziehungsnetze der Sammlungen und die unterschiedlichen Perspektiven auf ihre Objekte in den Blick nehmen. Es soll ausgelotet werden, welches Potential sich daraus für Kooperationen mit anderen Fächern, mit inner- und außeruniversitären Partnern, auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene ergibt. Wie sind die Chancen und der Ertrag sammlungsbezogener Kooperationen? Wie wirkt sich die konkrete Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern auf objektbezogene Erkenntnisprozesse aus, wie auf die Weiterentwicklung von Sammlungen und das Selbstverständnis des eigenen Arbeitsfeldes? Es soll aber auch kritisch nach den Grenzen und Problemen in Kooperationen gefragt werden. Der CfP ist bis 21.3. offen.
http://wissenschaftliche-sammlungen.de/de/nachrichten/aktuelles/call-papers-zur-10-sammlungstagung-knotenpunkte-universitaetssammlungen-und-ihre-netzwerke

2.2.
NeanderART (Turin, 22-26.8., CfP bis 30.4.)
Is there palaeoart before modern humans? Did Neanderthals or other early humans create ‘art’? These questions are in the focus of this international Conference under the aegis of UISPP and the auspices of IFRAO. Three academic sessions are offered: Changes in environment and human adaptations; Changes in the utilitarian and non-utilitarian productions in two million years of human history; and The dawn of art-like productions and behaviours. Papers and posters are invited on the topics and sessions until end of April. The sessions (22-24 August) will be followed by field trips to Italian Neandertal sites on 25 and 26 August (Fumane Cave, Verona, and Ciota Ciara Cave, Borgosesia).
https://www.homoneanderthalensis.org/

2.3.
11. Internationale Jahrestagung der AG Werkzeuge & Waffen (Linz am Rhein, 23.-26.8.; CfP bis 30.4.)
Die AG Werkzeuge & Waffen stellt in diesem Jahr das Thema "Recycling: Fundinterpretation, Rekonstruktion, Experiment" in den Fokus ihrer Tagung. Chronologische oder regionale Grenzen setzen die Veranstalter nicht, allerdings stehen am ersten Veranstaltungstag Funde und Befunde aus der Umgebung des Tagungsortes auf der Agenda. Außer den Vorträgen, die auf Deutsch oder Englisch gehalten werden können, sind auch praktische bzw. experimentelle Demonstrationen willkommen. Vorschläge können bis 30.4. eingereicht werden.
https://www.academia.edu/36089891/Call_for_papers_Working_Group_Tools_and_Weapons_Linz_on_the_Rhine_2018_english_version_

2.4.
Workshop "Dokumentationstechniken in der Archäologie. Generierung, Speicherung und Verbreitung archäologischer Daten" (Madrid, 4.-8.6.; Bewerbungsfrist: 16.3.)
Die Nutzung von Drohnen, hochentwickelten Methoden der Geophysik, 3D-Dokumentation, die virtuelle Rekonstruktion und die Methoden der Mikrobiologie, der Gentechnik, Archäometrie und der Mikroskopie stellen einen rasanten Fortschritt in der Archäologie dar. Der Workshop für Nachwuchs-Wissenschaftler will die Ergebnisse, die Möglichkeiten aber auch die Grenzen dieser Techniken vermitteln. Teilnehmer haben die Gelegenheit, ihre Dissertationsprojekte vorzustellen, an Gruppenarbeit teilzunehmen und sich dadurch in die Diskussion zum Thema einzubringen. Zu den Mentoren gehören Kai-Christian Bruhn (Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik Hochschule Mainz), Reinhard Foertsch (DAI) und Jean-François Bernard (Institut de recherche sur l’architecture antique). Bewerbungen sind bis 16.3. möglich.
http://www.toletum-network.com/2018/03/cfp-dokumentationstechniken-in-der-archaeologie-generierung-speicherung-und-verbreitung-archaeologischer-daten/


3. Forschung
3.1.
Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Piffko, S. (2018). Firmenarchäologie und Berufsverband: Archäologen zwischen Unternehmertum und Forschung. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 6. März 2018.
Kristiansen, Kr. (2018). Review of: Scharl, S. & Gehlen, B. (2017). Mobility in Prehistoric Sedentary Societies. Papers of the CRC 806 Workshop in Cologne 26-27 June 2015. (Kölner Studien zur Prähistorischen Archäologie 8). Rahden /Westfalen: Marie Leidorf. Archäologische Informationen 41, Early View, published online 5 March 2018.
Scherf, D. (2018). Rezension zu: Pust, A. (2016) Slawische Siedlungen im Land Lebus. Untersuchungen zur Wirtschafts- und Landschaftsgeschichte zwischen Oder und Spree im frühen und hohen Mittelalter. (Studien zur Archäologie Europas 29). Bonn: Habelt. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 2. März 2018.
Schauer, M. & Sommer, C. S. (2018). Die Gründung von CIfA Deutschland als Regionalgruppe des Chartered Institute for Archaeologists. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 22. Febr. 2018.
Haas-Gebhard, B. (2018). Rezension zu: Furtmayr, H. (2017). München-Giesing. Ein frühmittelalterliches Gräberfeld vor der Stadt (Abhandlungen und Bestandskataloge der Archäologischen Staatssammlung, Digital Band 1) (München 2017). Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 20. Febr. 2018.
Söderlind, S. (2018). A Study of the Mesolithic Handle Core technology in Schleswig-Holstein. Archäologische Informationen 41, Early View, published online 16 Febr 2018. / with suppl. material: 1a database; 1b database description; 2 cluster; 3 predictors, 4 handle cores.
Winger, K. (2018). Rezension zu: Fries, J. E., Gutsmiedl-Schümann, D., Matias, J. Z. & Rambuschek, U. (Hrsg.) (2017). Images of the Past. Gender and its Representations (Frauen – Forschung – Archäologie 12). Münster: Waxmann. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 5. Febr. 2018.
Matić, U. (2018). Review of: Fischer, P. M. & Bürge, T. (2017). "Sea Peoples" Up-to-Date. New Research on Transformations in the Eastern Mediterranean in the 13th-11th Centuries BCE (Denkschriften der Gesamtakademie LXXXI. Contributions to the Chronology of the Eastern Mediterranean XXXV). Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 3. Febr. 2018.
http://www.dguf.de/9.html

3.2.
Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Das Geheimnis von Selinunt. Unter dem Archäologie-Park an der Südwestküste Siziliens könnte ein zweites Pompeji verborgen sein" (Frankfurter Rundschau, 4.3.): http://www.fr.de/kultur/archaeologie-das-geheimnis-von-selinunt-a-1459408
"Dutzende Särge und eine Goldmaske: Antike Totenstadt in Ägypten entdeckt" (Spiegel, 26.2.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/aegypten-archaeologen-entdecken-antike-totenstadt-a-1195499.html
Mexiko: "Bayerischer Taucher entdeckt größte Unterwasserhöhle der Welt" (Süddeutsche Zeitung, 21.2.): http://www.sueddeutsche.de/wissen/archaeologie-bayerischer-taucher-entdeckt-groesste-unterwasserhoehle-der-welt-1.3876971
Schweden: "8,000-Year-Old Heads on Stakes Found in Mysterious Underwater Grave" (LiveScience, 13.2.): https://www.livescience.com/61736-ancient-heads-on-stakes.html
"2,000-year-old Life-size Camel Art Found in Heart of Saudi Arabian Desert" (Haaretz, 13.2.): https://www.haaretz.com/archaeology/MAGAZINE-2-000-year-old-life-size-camel-art-found-in-heart-of-saudi-arabian-des-1.5812024
Dänemark: "Bizarre 'Spider Stones' Found at Site of Neolithic Sun-Worshipers" (LiveScience, 12.2.): https://www.livescience.com/61727-spider-stones-neolithic-sun-worship.html
Schleswig-Holstein: "Neubaugebiet in der Gemeinde Büchen : Archäologisches Landesamtes schreitet ein: Ausgrabungen in letzter Sekunde" (SHZ, 10.2.): https://www.shz.de/regionales/schleswig-holstein/kultur/archaeologisches-landesamtes-schreitet-ein-ausgrabungen-in-letzter-sekunde-id19048841.html
"Discovery of Windsor Neolithic monument excites archaeologists. Scientists expect to uncover entire circuit of causewayed enclosure at Berkshire quarry" (The Guardian, 8.2.): https://www.theguardian.com/science/2018/feb/08/discovery-of-windsor-neolithic-monument-excites-archaeologists
"Ausgrabung bei Kairo. Die Galerie der toten Priesterin" (Spiegel, 3.2.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/aegypten-archaeologen-entdecken-4000-jahre-altes-grab-von-priesterin-a-1191282.html
"Interlocked Spiral of Ancient Skeletons Unearthed in Mexico City" (LiveScience, 2.2.): https://www.livescience.com/61622-spiral-ancient-skeletons-mexico-city.html
"Archaeologists may have found architects' camp for Stonehenge. Posts with alignment matching stone circle are discovered on army land at nearby Larkhill" (The Guardian, 2.2.): https://www.theguardian.com/uk-news/2018/feb/02/archaeologists-architects-camp-stonehenge-larkhill

3.3.
Aktuelle Forschung in den Medien
"Deutliche menschliche Belastung der Umwelt bereits in der Bronzezeit nachweisbar" (Universität Wien, 8.3.): http://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/deutliche-menschliche-belastung-der-umwelt-bereits-in-der-bronzezeit-nachweisbar/
"Laser Technology Takes Maya Archaeologists to New Places. A UA-led team of archaeologists commissioned LiDAR to survey 470 square kilometers of previously unexplored Guatemalan jungle" (University of Arizona, 5.3.): https://uanews.arizona.edu/story/laser-technology-takes-maya-archaeologists-new-places und "Uralte Stadt, alte Entdeckung. Eine Metropole sei im Regenwald Guatemalas zum Vorschein gekommen – so lauteten die Schlagzeilen am Wochenende. Tatsächlich ist seit vielen Jahren bekannt, was amerikanische Forscher uns als Sensation verkaufen wollen" (ZEIT, 7.2.): http://www.zeit.de/2018/07/ausgrabungen-maya-guatemala-regenwald-metropole und "Why I am skeptical about the new Maya LiDAR results from NGS" (Pubslihing Archaeology, 4.2.): https://publishingarchaeology.blogspot.de/2018/02/why-i-am-skeptical-about-new-maya-lidar.html und "Fund in Guatemala: Riesige Maya-Siedlungen entdeckt" (Tagesschau, 3.2.): http://www.tagesschau.de/ausland/mayas-103.html
Königsstadt von Meroe: Sudans vergessene Pyramiden" (Der Tagesspiegel, 4.3.): https://www.tagesspiegel.de/wissen/koenigsstadt-von-meroe-sudans-vergessene-pyramiden/21030336.html
Ägypten: "World's earliest figural tattoos discovered on 5,000-year-old mummies" (British Museum, 1.3.): https://blog.britishmuseum.org/worlds-earliest-figural-tattoos-discovered-on-5000-year-old-mummies/
"Ancient DNA offers clues to remote Pacific islands’ population puzzle. Genomic studies provide details about the complex peopling of Vanuatu — one of the last places on Earth reached by humans" (Nature, 1.3.): https://www.nature.com/articles/d41586-018-02620-y
"WSU researchers extract nicotine from ancient dental plaque for the first time" (Washington State University, 27.2.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-02/wsu-wre022618.php
"Ancient mammoths and mastodons survived the changing environment because of inter species breeding" (International Business Times, 27.2.): http://www.ibtimes.co.uk/ancient-mammoths-mastodons-survived-changing-environment-because-inter-species-breeding-1663991
"Domestic goat dating back to the Neolithic Corded Ware period identified in Finland" (University of Helsinki, 23.2.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-02/uoh-dgd022318.php
"Theorien über Ursprung der Pferde auf den Kopf gestellt" (Veterinärmedizinische Universität Wien, 22.2.): http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinformationen-2018/ursprung-der-pferde/
Porto Maior, Galizien: "Giant handaxes suggest that different groups of early humans coexisted in ancient Europe" (The Conversation, 22.2.): http://theconversation.com/giant-handaxes-suggest-that-different-groups-of-early-humans-coexisted-in-ancient-europe-91977
"Rejecting the Solutrean hypothesis: the first peoples in the Americas were not from Europe. A recent Canadian documentary promoted a fringe idea in American archaeology that’s both scientifically wrong and racist" (The Guardian, 21.2.): https://www.theguardian.com/science/2018/feb/21/rejecting-the-solutrean-hypothesis-the-first-peoples-in-the-americas-were-not-from-europe
"Infant skull binding shaped identity, inequality in ancient Andes" (Cornell University, 21.2.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-02/cu-isb022118.php
Sunghir (Russland)/Paläolithikum: "In Ancient Grave, Skeletons Found Adorned with Spears, Ivory and Teeth" (LiveScience, 13.2.): https://www.livescience.com/61743-rich-paleolithic-burials.html
"Prehistoric wine discovered in inaccessible caves forces a rethink of ancient Sicilian culture" (The Conversation, 13.2.): http://theconversation.com/prehistoric-wine-discovered-in-inaccessible-caves-forces-a-rethink-of-ancient-sicilian-culture-89116
"Humans Cared for Sick Puppies Long Ago, Ancient Burial Shows" (LiveScience, 9.2.): https://www.livescience.com/61717-oldest-dog-burial.html
"First modern Britons had 'dark to black' skin, Cheddar Man DNA analysis reveals. The genome of Cheddar Man, who lived 10,000 years ago, suggests that he had blue eyes, dark skin and dark curly hair" (The Guardian, 7.2.): https://www.theguardian.com/science/2018/feb/07/first-modern-britons-dark-black-skin-cheddar-man-dna-analysis-reveals
"Dig site in Tuscany reveals Neanderthals used fire to make tools" (Phys.org, 6.2.): https://phys.org/news/2018-02-site-tuscany-reveals-neanderthals-tools.amp
Derbyshire: "Englisches Massengrab ist voller Wikinger" (Spektrum, 2.2.): http://www.spektrum.de/news/englisches-massengrab-ist-voller-wikinger/1538261
"Is the woolly mammoth really gone for good? Should we reintroduce animal species that have died out? New technology may offer opportunities that no one could imagine a few decades ago. But the answer may not be as simple as you think" (Norwegian University of Science and Technology, 1.2.): https://geminiresearchnews.com/2018/02/woolly-mammoth-really-gone-good/
"Mega-herbivores were displaced by humans who partly took their place" (Phys.org, 30.1.): https://phys.org/news/2018-01-mega-herbivores-displaced-humans-partly.html
"Scandinavians shaped by several waves of immigration" (Norwegian University of Science and Technology, 23.1.): https://geminiresearchnews.com/2018/01/scandinavians-shaped-several-waves-immigration/

3.4.
Hyänen fressen Neandertaler?
Jäger oder Beute - diese Debatte gab es bereits für frühe Hominiden in Afrika, wo manche Forscher Hominidenfundstellen wegen einschlägiger Bissmarken als Reste der Fressplätze von Beutegreifern lasen. Nun wiederholt sich die Debatte für Neandertaler, wenn auch weitaus softer. Die These oder auch nur Frage ist, ob z. B. Hyäenen Neandertaler auf ihrem Speiseplan hatten. Woran das festgemacht wird? - gute Frage. Zwei Neandertaler-Zähne (ja: 2) aus der Fundstelle Marillac (oder auch: Les Pradelles) in Westfrankreich, die aus den Grabungen 1965-1980 stammen. Der Fundplatz erbrachte neben Tierresten mit Bissspuren von Hyänen auch einzelne Knochen von Neandertalern mit ähnlichen Spuren - alles weitere ist Spekulation. Nun werden zwei Neandertaler-Zähne debattiert, die aussehen, als wären sie verdaut worden, sprich: Hyänen hätten an Neandertaler-Schädeln genagt, dabei hyänen-typisch auch Knochenteile mitverschluckt und anverdaut wieder herausgewürgt. Einstweilen beruht dies "auf einer makroskopischen Untersuchung der Zähne" - sprich: auf Augenschein; doch weitere Untersuchungen sind geplant, wie z. B. "microscopic techniques, such the scanning electron microscope". Wir haben also alles beisammen für eine erfolgreiche Geschichte: das Buzzword Neandertaler, wenig Fakten und gaaanz viel Fantasie.
"An ancient hyena may have chomped down on this Neanderthal's face" (LiveScience, 6.2.): https://www.livescience.com/61664-neanderthal-teeth-digested-by-hyenas.html
"Neanderthal Teeth Were Eaten–But By What?" (National Geographic, 6.2.): https://news.nationalgeographic.com/2018/02/neanderthal-teeth-marillac-france-carnivore-cave-hyena-spd/

3.5.
aDNA-Projekt zur Glockenbecherkultur
"In der bislang größten Studie zu alter DNA hat ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena die DNA von 400 vorgeschichtlichen Skeletten aus ganz Europa untersucht" - mit dieser Pressemeldung gingen am 21.2. das MPI f. Menschheitsgeschichte in Leipzig und die Universität Wien an die Öffentlichkeit. Dahinter steht eine aDNA-Studie an 400 Individuen aus weiten Teilen Europas, von denen 226 Individuen direkt mit Glockenbecher-Aktefakten kombiniert waren. Nachdem die Archäologie lange Zeit mit dem Begriff "Glockenbecherkultur" operiert hatte, hatte eine eingehende archäologische Re-Analyse der Befunde von Christian Strahm u. a. (1995) vom "Glockenbecher-Phänomen" gesprochen: In weiten Teilen Westeuropas seien viele unterschiedliche regionale Kulturen mit auch danach erkennbar fortlebenden Traditionen durch eine übergreifende Ideologie überprägt worden. Strahm sprach von "Phänomen" und "Ideologie", gemeint war letztlich so etwas wie eine Religion. Spätestens seit dieser Studie von Strahm u. a. war der in der älteren Forschung vertretene Gedanke einer europaweiten Einwanderungsbewegung vom Tisch (woher eigentlich sollten so viele Menschen kommen, um ganz Westeuropa zu füllen?). Aber aDNA-Forschende lassen ja gerne wandern (wie schon die sog. kulturgeschichtliche Archäologie im Sinne Gordon Childes), weshalb neuerdings das Thema Migration wieder in den Vordergrund rückt. Die aktuelle aDNA-Studie zeugt nun von beidem: viel Nicht-Wandern, sondern vor allem genetische Stabilität regionaler Gruppen. Die vorherige Bevölkerung der britischen Inseln scheint jedoch tatsächlich zu 90 % durch DNA-Träger vom Kontinent ersetzt worden zu sein - ein Ergebnis, das übrigens schon Mitte 2017 publiziert worden war. Aus archäologischer Sicht ist es spannend, in den Texten und Pressemeldungen zu verfolgen, wie stark die Terminologie der DNA-Forscher schwimmt: zumindest für Großbritannien meint man also ein "Glockenbechervolk" nachgewiesen zu haben, mag das aber nicht sagen und übernimmt daher die Terminologie "Glockenbecherphänomen" (ohne zu verstehen, dass Religion und DNA zunächst einmal keinen Zusammenhang haben) resp. spricht tatsächlich - wie zu Kossinas Zeiten - von wandernden Töpfen. Erkenntnis: die mit großen Schlagzeilen verkündeten Ergebnisse bedürfen noch eingehender geisteswissenschaftlicher Reflektion.
"Wie der Glockenbecher durch Europa wanderte" (Pressemeldung Univ. Wien, 21.2.): http://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/wie-der-glockenbecher-durch-europa-wanderte/
"Bislang größte Studie alter DNA beleuchtet das "Glockenbecherphänomen" im vorgeschichtlichen Europa" (Pressemeldung MPI f. Menschheitsgeschichte, 21.2.): http://www.shh.mpg.de/842820/beaker-phenomenon
Olalde, I., Brace, S. [...], Reich. D. (2018). The Beaker phenomenon and the genomic transformation of northwest Europe. Nature, 21.2.2018: doi:10.1038/nature25738
Strahm, Chr. (1995). Das Glockenbecher-Phänomen: ein Seminar. Freiburger archäologische Studien 2. Freiburg.
"Ancient-genome study finds Bronze Age ‘Beaker culture’ invaded Britain" (Nature, 17.5.2017): https://www.nature.com/news/ancient-genome-study-finds-bronze-age-beaker-culture-invaded-britain-1.21996

3.6.
Neandertaler fertigten Höhlenmalereien an
Tropfsteine in drei spanischen Höhlenkunst-Fundstellen, die sich über roten Farbaufträgen gebildet hatten, datierte ein Team von Archäologen, Anthropologen und Geologen aus Deutschland, Frankreich, England, Spanien und Portugal. Die dabei verwendete Thorium-Uran Datierung basiert wie die Radiokarbon-Datierung auf dem radioaktiven Zerfall von Spurenelementen und ist vor allem in den Geowissenschaften inzwischen eine Standardmethode zur Datierung von Kalksteinbildungen wie Tropfsteinen, Travertinen, Korallen etc. Sie wird häufig in der Paläoklimaforschung eingesetzt und hat eine sehr viel höhere Reichweite (bis etwa 550.000 Jahren vor heute) als die Radiokarbon-Datierung (bis etwa 45.000 Jahre vor heute). In allen drei Höhlen (La Pasiega / Kantabrien, Maltravieso / Estremadura und Ardales / Andalusien) sind so Proben der über den Farbaufträgen entstandenen Sinterkrusten auf bis zu 65.000 Jahre vor heute datiert worden. Die darunter liegenden Farbaufträge müssen also noch älter sein und stammen somit aus einer Zeit lange vor der Ankunft des anatomisch modernen Menschen in Europa – nach derzeitigem Wissensstand war das erst vor etwa 45.000 Jahren –, als Spanien und das übrige Europa noch ausschließlich von Neandertalern bevölkert waren. Bei den so datierten Malereien handelt es sich um einen "negativen" Handabdruck, der durch Aufsprühen von Pigmenten auf eine auf dem Untergrund aufliegende Hand erzeugt worden ist, um abstrakte Darstellungen (Punkte, Scheiben und ein leiterförmiges Zeichen) sowie um flächig rote Farbaufträge; figurative Kunst ist (bislang) nicht darunter. Eventuellen Einwänden gegen die Datierungsergebnisse – theoretisch kann der Thorium / Uran-Gehalt der Sinterschichten durch Mobilisierung/Infiltration von Spurenelementen verfälscht sein – stehen stratigrafisch konsistente Datierungen unterschiedlicher Partien der Sinterkrusten entgegen, aber natürlich wäre zu wünschen, dass die Ergebnisse durch andere Datierungsmethoden ähnlicher Reichweite (z. B. Thermolumineszenz) noch unabhängig bestätigt werden könnten, was unter den gegebenen Umständen aber nicht möglich ist. – Es wird auch anhand dieser jüngsten Ergebnisse immer deutlicher, dass wir uns mental und emotional allenfalls minimal vom Neandertaler unterscheiden: Neandertaler begruben ihre Toten, sie versorgten verletzte oder behinderte Sippenangehörige über lange Zeit, sie produzierten sehr ähnliche Werkzeuge, sie schmückten sich mit Raubtierfedern und durchbohrten Muscheln, sie hinterließen Handnegative und abstrakte Zeichen tief im dunklen Inneren von Höhlen. Last not least: Neandertaler paarten sich erfolgreich mit dem Homo sapiens sapiens, so dass alle Nichtafrikaner heute noch bis zu 4% menschliches Erbgut mit ihm teilen. Das ewige Klischee vom intellektuell minderbemittelten, keulenschwingenden Wilden ist einmal mehr endgültig obsolet, und die Frage, warum der Neandertaler ausgestorben ist, braucht gar nicht mehr gestellt werden, denn eigentlich lebt er ja heute noch – in uns, wenigstens zu kleinen Anteilen.
"Neandertaler dachten wie wir. Bereits vor mehr als 64.000 Jahren schufen Neandertaler auf der Iberischen Halbinsel Höhlenmalereien" (Max-Planck-Gesellschaft, 22.2.): https://www.mpg.de/11947682/neandertaler-hoehlenmalerei
D. L. Hoffmann et al., "U-Th dating of carbonate crusts reveals Neandertal origin of Iberian cave art". Science 23 Feb 2018: Vol. 359, Issue 6378, pp. 912-915 DOI: 10.1126/science.aap7778 http://science.sciencemag.org/content/359/6378/912
Rebecca Wragg Sykes, "Wherefore Art Thou, Neanderthal?" (The Rocks Remain, 22.2.): http://www.therocksremain.org/2018/02/wherefore-art-thou-neanderthal.html
"Neanderthals, the World’s First Misunderstood Artists" (The New York Times, 23.2.): https://www.nytimes.com/2018/02/22/science/neanderthals-cave-paintings-europe.html
"Neandertal est-il le premier auteur de peintures rupestres? " (Le Monde, 23.2.): http://www.lemonde.fr/sciences/article/2018/02/22/neandertal-est-il-le-premier-auteur-de-peintures-rupestres_5261139_1650684.html
"How we discovered that Neanderthals could make art" (The Conversation, 22.2.): https://theconversation.com/how-we-discovered-that-neanderthals-could-make-art-92127

3.7.
Umfangreiche aDNA-Studie zum Übergang Mesolithikum - Neolithikum auf dem Balkan
Am 21.2. haben die Universität Wien und die Max-Planck-Gesellschaft auf eine am gleichen Tag erschienene Studie in der Zeitschrift "Nature" hingewiesen und ihren Forschungsbeitrag dazu hervorgehoben. Es handelt sich um eine ungemein große, scheinbar stark arbeitsteilige Studie zum Übergang vom Mesolithikum zum Neolithikum auf dem Balkan, in die aDNA-Daten von 225 Individuen eingeflossen sind, wobei Proben aus dem Balkan um das Eiserne Tor herum im Vordergrund stehen. Der zu Grunde liegende Aufsatz wurde in der Zeitschrift "Nature" im Closed Access publiziert, ist aber als Pre-Print seit dem 30.5.2017 (!) auf BioRXiv im Open Access verfügbar. Gemäß dieser Studie geht die Neolithisierung im östlichen Mittelmeergebiet und auf dem Balkan mit einer Einwanderung von Bauern aus Anatolien einher. In der Folge sei es auf dem Balkan zunächst teils zu starken Vermischungen gekommen, teils länger zur Aufrechterhaltung zweier distinkter Gruppen. Nach zwei Jahrtausenden seien die Gruppen jedoch genetisch durchmischt. Aus archäologischer Sicht fragt man sich ob solch grobkörniger Aussagen, wo denn bitte das Überraschende und Neue liegt. Im Detail ist die Lektüre der zusammengefassten Ergebnisse mehr verwirrend als erhellend: Offenbar ist die Menge der aDNA-Informationen die eigentliche Botschaft der Publikation und wollte möglichst schnell publiziert werden, während das verstehende Durchdringen der großen Informationsfülle mehr Zeit und weiterer Analysen bedurft hätte. Nicht selten werden Fragen der Art "wie viel Banane steckt im Mensch?" (konkret: wie viel Steppen-Gene stecken in der minoischen Bevölkerung?) entschieden und mit hoher Sicherheit beantwortet, gewiss. Doch die Fragen selbst sind reichlich sinnfrei und das in ihnen steckende archäologische Wissen bewegt sich bestenfalls auf Wikipedia-Niveau. Nicht zuletzt muss die Autorenkette hinterfragt werden, die 114 Namen aufführt. Macht man sich die Mühe, bis zum Abschnitt "Contributions" zu lesen, wird deutlich, dass die Studie im Kern von zwei Autoren geschrieben wurde, dem Erstautor und von David Reich, beide Harvard Medical School, Boston, Massachusetts (USA), und fünf weitere haben zur Datenanalyse beigetragen. Die beiden o. g. deutschsprachigen Einrichtungen, die recht lauthals mit Pressemeldungen am Tag des Erscheinens in die Öffentlichkeit getreten sind, haben zur wissenschaftlichen Substanz kaum etwas beigetragen. Die überwiegende Mehrheit der Autoren, so ihre Selbstaussage, hat vor allem Proben eingereicht resp. vorhandene Proben weitergereicht. Begründet dies tatsächlich Autorenschaft an einer wissenschaftlichen Publikation? Eifrig Proben sammeln, weiterreichen und allein dadurch Co-Autor zahlreicher Science- / Nature- / PlosOne-Aufsätze werden und darauf eine wissenschaftliche Karriere gründen? Auch die beteiligten Archäologen müssen sich diese Frage stellen lassen: Es ist leicht, die Qualität der archäologisch-historischen Durchdringung der Materie zu bemängeln (wie es auch hier geschieht), aber sollte man nicht konsequent sein und die Co-Autorenschaft an solchen Publikation (die man ja gar nicht hat) auch verweigern? Der aDNA-Hype und die offensichtliche Überbewertung von Impact-Faktoren u. a. lassen vermehrt Schieflagen entstehen, die mit "guter wissenschaftlicher Praxis" kaum mehr vereinbar sind.
"Alte Genome beleuchten Vorgeschichte Südosteuropas" (Pressemitteilung MPI f. Menschheitsgeschichte, 21.2.): http://www.shh.mpg.de/843156/genomic-history-of-southeastern-europe
"Als Jäger und Sammler auf Migranten trafen" (Pressemitteilung Universität Wien 21.2.): http://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/als-jaeger-und-sammler-auf-migranten-trafen/
Mathieson, I., Alpaslan-Roodenberg, S., […] Reich, D. (2018). The genomic history of southeastern Europe. Nature, 21.2.2018: doi:10.1038/nature25778
Mathieson, I., et al. (30.5.2017). The genomic history of southeastern Europe. bioRXiv: https://www.biorxiv.org/content/early/2017/05/30/135616

3.8.
Wie man über Isotopen-Daten spricht und wie man sie publiziert
Stabile Isotopen erleben in der Archäologie gerade einen Hype, der bis hinein in die Arte-Doku über das Mädchen von Egtved (Punkt 11.8.) wirkt. Doch manchmal ist die Terminologie der veröffentlichten Texte nicht adäquat, und zu seriösen Publikationen gehört ein seriöses Nachweisen und Publizieren der Daten - so wie für einen Archäologen die Gräberfeldanalyse auf einem publizierten Katalog der Gräber beruht. Eine frisch publizierte Handreichung möchte hier etwas Orientierung geben: Was ist die Methodologie der Analyse stabiler Isotopen, wie die Terminologie und wie sollten die Daten zugänglich gemacht werden? Manche Profis in diesem Milieu werden sagen: "Selbstverständlichkeiten" - aber für Einige, die in diesem Bereich und mit diesen Daten arbeiten, offenbar nicht unbedingt. Vor allem die in Abschnitt 2 unter via "not" und "but" angeführten Beispiele zeigen häufig notwendige Korrekturen auf. Lesenswert, beherzigenswert.
Roberts, P., Fernandes, R., Craig, O. E., et al. (2018). Calling all archaeologists: guidelines for terminology, methodology, data handling, and reporting when undertaking and reviewing stable isotope applications in archaeology. Rapid Communication in Mass Spectrometry 32, 361-372. doi:10.1002/rcm.8044 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/rcm.8044/full

3.9.
Neue Studie zur Ältest-LBK und deren Ausbreitung nach Westen
In seiner soeben erschienenen Monografie hat Hans-Christoph Strien eine neue Chronologie für die bislang schwer gliederbare Ältest-LBK entwickelt. Grundlage sind 600 Fundkomplexe von 180 Fundstellen mit zusammengenommen etwa 32.000 Gefäßeinheiten, hinzu kommt die Analyse von Siedlungen und Haussequenzen. Im Ergebnis schlägt Strien eine Gliederung in acht Hausgenerationen zwischen etwa 5.550 und 5.350 v. Chr. vor. Im Startgebiet der Ältest-LBK im Bereich Plattensee und Donauknie nördlich Budapest identifiziert er drei unterscheidbare Gruppen der Ältest-LBK (March-, Donau- und Plattensee-Gruppe), deren Charakteristika auch bei ihrer großen Expansion nach Westen erkennbar blieben. Wobei Strien eine Expansion allein durch Migration ausschließt, vielmehr sei zusätzliche eine Akkulturation lokaler mesolithischer Gruppen wahrscheinlicher. Der Übergang zur Flomborn-Phase um 5.350 v. Chr. stehe für ein Nachlassen der drei donauländischen Identitäten und die Herausbildung neuer regionaler Identitäten im Westen.
Hans-Christoph Strien (2018). Westexpansion und Regionalisierung der Ältesten Bandkeramik. (Kommunikation und Wandel 1). Kerpen-Loogh: Welt und Erde Verlag. 152 S., 56 (tw. farbige) Abb., 4 Tafeln, Softcover. ISBN 978-3-938078-18-1: https://www.weltunderde.com/b%C3%BCcher/kommunikation-und-wandel-communication-and-change/westexpansion-und-regionalisierung-der-%C3%A4ltesten-bandkeramik/

3.10.
Sandra Söderlind: Mesolithische Handgriffkerne in Schleswig-Holstein und Skandinavien
In ihrem im Februar erschienenen Aufsatz stellt Sandra Söderlind die Handgriffkerne (handle cores) von drei mesolithischen Fundplätzen in Schleswig-Holstein vor und vergleicht sie mit entsprechenden Kernen in ganz Skandinavien. "Handgriffkern? - nie gehört!" - so ging es den Herausgebern der "Archäologischen Informationen" ehrlich gesagt auch. Aber der Begriff wird in dem Aufsatz in Wort und Bild sorgfältig erläutert. Söderlinds Text wirkt in angenehmer Weise "retro" / prozessual: der Text hat eine klare Fragestellung, er geht von konkretem Fundmaterial aus, Begriffe werden diskutiert und definiert, eine umfangreiche Literatur sorgfältig gesichtet, Forschungsmeinungen dargelegt und gegeneinander abgewogen, die Handgriffkerne merkmalanalytisch - statistisch untersucht, und die gewonnenen Daten am Ende auch als Open Data für weitere Analysen und Vergleiche zur Verfügung gestellt. Obwohl Handgriffkerne über ganz Skandinavien hinweg verbreitet sind, gelingt es Söderlind ein Merkmalsbündel zu umreißen, das die schleswig-holsteinischen Exemplare vor allem mit dem südskandinavischen Ostseeraum verbindet. Erneut ein Hinweis auf unterscheidbare "Kulturen" / räumlich begrenzte Traditionslinien innerhalb des Mesolithikums.
Söderlind, S. (2018). A Study of the Mesolithic Handle Core technology in Schleswig-Holstein. Archäologische Informationen 41, Early View, published online 16 Febr 2018. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Soederlind.pdf/ with suppl. material: 1a database http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Soederlind_Suppl-1a_Lithic_database.xlsx; 1b database description http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Soederlind_Suppl-1b_Database-description.pdf; 2 cluster http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Soederlind_Suppl-2_cluster.tif; 3 predictors http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Soederlind_Suppl-3_predictors.tif, 4 handle cores http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Soederlind_Suppl-4_handlecores.tif


4. Kulturgutschutz
4.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Over 41 000 artefacts seized in global operation targeting the illicit trafficking of cultural goods" (Europol, 21.2.): https://www.europol.europa.eu/newsroom/news/over-41-000-artefacts-seized-in-global-operation-targeting-illicit-trafficking-of-cultural-goods
"Das archäologische Debakel von Rülzheim" (Archäologische Denkmalpflege, 18.2.): http://archdenk.blogspot.de/2018/02/das-archaologische-debakel-von-rulzheim.html
"Jemens einziger Schatz steht auf dem Spiel. Kaum beachtet von der Weltöffentlichkeit, verheert der Bürgerkrieg das zuvor schon blutarme Jemen. Er zerstört nicht nur die Lebensgrundlage der Menschen, sondern führt auch zu einem unwiederbringlichen Verlust des kulturellen Erbes" (NZZ, 12.2.): https://www.nzz.ch/feuilleton/jemens-einziger-schatz-steht-auf-dem-spiel-ld.1355628 und "Rote Liste für den Jemen" (Archaeologik, 5.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/02/rote-liste-fur-den-jemen.html
"Neue Front - neue Zerstörungen: Das türkische Eingreifen in Syrien (Kulturgüter in Syrien und Irak Januar 2018)" (Archaeologik, 3.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/02/neue-front-neue-zerstorungen-das.html
"Ancient statues return to Lebanon as war on smuggling intensifies" (Reuters, 2.2.): https://www.reuters.com/article/us-lebanon-antiquities/ancient-statues-return-to-lebanon-as-war-on-smuggling-intensifies-idUSKBN1FM220

4.2.
"Wichtiger und reflektierter Artikel" über die Organisation des illegalen Antikenhandels in Syrien
Illegale Ausgrabungen und der Handel mit Kulturgütern aus syrischen archäologischen Stätten verschlechterten sich seit 2011 deutlich. Während die Schäden am archäologischen Erbe recht gut dokumentiert sind, steht es um die Erforschung der Organisation des Antikenhandels deutlich schlechter. Ein Artikel von Neil Brodie und Isber Sabrine beinhaltet Interviews mit sieben in Syrien lebenden Personen, die den Handel aus erster Hand kennen; der Beitrag schlägt ein Modell der sozioökonomischen Organisation syrischer Kriegswirtschaft in Bezug auf den Handel von kulturellen Objekten vor. "A really important, careful and reflective piece of work", schreibt Paul Barford anerkennend. Brodies und Sabrines Beitrag steht bis Ende Mai im Open Access.
Neil Brodie & Isber Sabrine, The Illegal Excavation and Trade of Syrian Cultural Objects: A View from the Ground. Journal of Field Archaeology Volume 43, 2018 - Issue 1, 74-84. Published online: 13 Dec 2017 https://doi.org/10.1080/00934690.2017.1410919
Paul Parford: Syrian Looting Today: A View from the Ground (PACHI, 28.2.): http://paul-barford.blogspot.de/2018/02/syrian-looting-today-view-from-ground.html


5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1.
Neuerungen in der Redaktion der RGK und im Museum Herxheim
Zum 1.2. hat Dr. Alexander Gramsch die Stelle des Redaktionsleiters in der RGK in Vollzeit übernommen, nachdem er zuvor schon drei Jahre lang mit einer 50%-Anstellung in der Redaktion tätig war. Zugleich gibt er damit seine bisherige 50%-Anstellung als Leiter des Museums in Herxheim auf, das er sieben Jahre lang geleitet hatte. So hat zum 1.2. Lhilydd Verena Frank M.A. die Museumsleitung in Herxheim übernommen. Sie ist prähistorische Archäologin und hatte ihr Studium in Heidelberg mit einer Magistraarbeit über "Materielle Kultur und Identität" bei Prof. J. Maran abgeschlossen. Danach arbeitete sie zwei Jahre für die GDKE, Direktion Landesarchäologie, in Speyer. Zum Dienstantritt eröffnete sie am 2.2. die neue Sonderausstellung "XIV / XVIII – Die Fotografie und der Erste Weltkrieg" in Herxheim.

5.2.
Protest gegen die Entmündigung der Fachgesellschaften seitens der DFG greift um sich
Nach der Wahl ist vor der Wahl: kaum haben die neu gewählten Fachkollegien der DFG - also jene Gremien, die über die Annahme und Ablehnung von Forschungsanträgen maßgeblich entscheiden - ihre Arbeit aufgenommen, beginnen bei der DFG die Vorbereitungen für die nächste Runde der Wahl zu eben diesen Fachkollegien. Sie steht für November 2019 an und gilt für die Amtsperiode 2020-2023. Doch um die Wahl gibt es beträchtliche Unruhe in der Akademia. Denn zur jüngsten Runde im Herbst 2015 für die laufende Amtsperiode 2016-2019 hatte die DFG die Spielregeln massiv verändert: Ehedem lag das Vorschlagsrecht, Kandidaten für diese Wahlen zu benennen, ausschließlich bei den anerkannten Fachgesellschaften. Für die Wahlrunde 2015 durften neu auch die Universitäten selbst Kandidaten nominieren. Neu war zudem, dass nun wichtig war, wie viele Nominierungen ein Kandidat erhielt. Verstanden? Ja, die Universitätsleitungen haben das Spiel sehr schnell verstanden: 1 Fachgesellschaft = 1 Nominierung. Doch als Universität ist man ja weder dumm noch alleine, also dealt man mit seinen Partnern: nominiere ich Deinen Herzchirurgen, nominierst Du meinen Physiker. Ziemlich simpel eigentlich und hoch wirksam, mit dem Ergebnis, dass klug vernetzte Universitäten die Fachgesellschaften leichthin majorisieren konnten. Im Kreisen der Professorenschaft und Fachgesellschaften beobachtete man dieses Spiel Ende 2015 eher konsterniert, es geschah ja entlang der etablierten Regeln. Doch diese Entmündigung der Fachgesellschaften geht der DFG nicht weit genug. Im Laufe des Jahres 2017 begann man, an der Wahlordnung für Ende 2019 zu basteln in einer Weise, die dieses interuniversitäre Dealen zu Lasten der Fachgesellschaften noch erleichtert hätte. Die neue Wahlordnung wurde im September 2017 seitens der DFG beschlossen, selbstredend ohne zuvor die Fachgesellschaften zu konsultieren. Immerhin, seitdem regt sich öffentlicher Protest. Der deutsche Historikerverband äußerte sich am 27.11.2017 mit einer Pressemitteilung; am 31.1. hat nun der Philosophische Fakultätentag nachgelegt, also die gemeinsame hochschulpolitische Vertretung von 135 geistes-, kultur- und sozialwissenschaften Fakultäten an 62 deutschen Universitäten. In einem Gastbeitrag im Tagesspiegel spricht der Vorsitzende des Philsophischen Fakultätentages, Prof. Tassilo Schmidt, offen von einer Entmündigung der Wissenschaftler, ein Streich gegen das in der Öffentlichkeit immer sehr hoch gehaltene Prinzip der Freiheit und Selbstverwaltung von Forschung und Wissenschaft in Deutschland.
"VHD legt Protest gegen die neue Wahlordnung für die Fachkollegienwahl 2019 ein. Die neue Wahlordnung höhlt das Prinzip der Selbstverwaltung der Wissenschaften aus und bedroht die Freiheit der Forschung." (Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, 27.11.2017): http://www.historikerverband.de/presse/pressemitteilungen/vhd-legt-protest-gegen-die-neue-wahlordnung-fuer-die-fachkollegienwahl-2019-ein.html
Tassilo Schmitt: "Forschung: Der DFG fehlt Transparenz" (Tagesspiegel, 31.1.): http://www.tagesspiegel.de/wissen/forschung-der-dfg-fehlt-transparenz/20911454.html

5.3.
Margarete-Bieber-Preis 2018 zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Bewerbungsschluss: 15.6.)
Die Archäologische Gesellschaft zu Berlin e.V. schreibt in diesem Jahr erstmals einen Preis für Nachwuchswissenschaftler im Bereich der archäologischen Wissenschaften und ihrer Nachbardisziplinen aus. Prämiert werden soll laut Ausschreibung "ein deutschsprachiger Vortrag, der nicht nur wegweisende wissenschaftliche Ergebnisse präsentiert, sondern vor allem auch eine breitere Öffentlichkeit von den vorgestellten fachlichen Inhalten begeistert. Der Vortrag soll die Relevanz der Archäologie für unsere Zeit unterstreichen und dem gesellschaftlichen Interesse an archäologischen Themen neue und auch unkonventionelle Perspektiven eröffnen." Der Margarete-Bieber-Preis ist mit 500 Euro dotiert, Bewerbungsschluss ist der 15.6.
http://www.archgesberlin.de/veranstaltungen/-/asset_publisher/p18EaVY7CoKg/content/%20margarete-bieber-preis-2018

5.4.
Jetzt amtlich: Prof. Dr. Claus Wolf ist Vorstandsvorsitzender des WSVA
Auf dem 9. Deutschen Archäologiekongress Anfang Juli 2017 in Mainz waren diverse Personalia zu entscheiden, u. a. wählte auch der West- und Süddeutsche Verband für Altertumsforschung (WSVA) einen neuen Vorstand. Wer die WSVA-Mitgliederversammlung am 4.7. verpasst hatte, wurde neben Mundpropaganda auch zwei Tage später durch den DGUF-Newsletter (6.7.2017 Punkt 5.2.) darüber informiert, dass Prof. Dr. Claus Wolf, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg, zum neuen Vorsitzenden des WSVA gewählt worden war. Am 6.2. hat nun auch der WSVA seine Mitglieder und die Fachöffentlichkeit schriftlich über den (fast) neuen Vorsitzenden und dem Umzug der WSVA-Geschäftsstelle informiert (Landesamt für Denkmalpflege, Berliner Straße 12, 73728 Esslingen).
Website des WSVA (z. Zt. noch mit altem Vorstand): http://www.wsva.net/vorstand/

5.5.
Drei Viertel aller Europäer nehmen Archäologie nicht als Beruf wahr
Das europaweite Netzwerk NEARCH tritt wieder mit einer Umfrage an die Öffentlichkeit. Ziel war die Untersuchung der öffentlichen Wahrnehmung von Archäologie: "was ist eigentlich Archäologie?". In neun europäischen Staaten, u. a. Deutschland, wurden insgesamt 4.516 Erwachsene einer repräsentativen Stichprobe befragt. Bei ca. 500 Antwortenden pro Land liegt die Sicherheit der länderspezifischen Aussagen bei etwa plus/minus 4 Prozent, bezogen auf die europäische Allgemeinheit bei etwa plus/minus 1,5 Prozent. Die Ergebnisse überraschen NEARCH: 90 % der Europäer halten Archäologie für nützlich, und 69 % sehen Archäologie als Wissenschaft an. Aber nur 26 % aller Europäer nehmen Archäologie als richtigen Beruf wahr. Was machen wir falsch?, fragt NEARCH. Die Ergebnisse der Umfrage sind im Open Access verfügbar:
NEARCH (2018). Europeans & Archaeology: http://archaeologydataservice.ac.uk/archiveDS/archiveDownload?t=arch-2749-1/dissemination/pdf/NEARCH_Europeans_and_Archaeology.pdf
Kajda, K., Marx, A., Wright, H., Richards, J., Marciniak, A., Rossenbach, K., Frase, I. (2018). Archaeology, Heritage, and Social Value: Public Perspectives on European Archaeology. European Journal of Archaeology, 21(1), 96-117. doi:10.1017/eaa.2017.19 https://www.cambridge.org/core/journals/european-journal-of-archaeology/article/archaeology-heritage-and-social-value-public-perspectives-on-european-archaeology/2BCF320928BF478120CDA6A9B58249B0

5.6.
Mehr Professionalität - fordert Firmenchef Sascha Piffko
Der bewegende und auch emotionale Vortrag von Sascha Piffko, den er am 4.7.2017 auf der DGUF-Tagung "Ein Berufsverband für die Archäologie?" hielt, ist nach dem Vortragsvideo auf YouTube nun auch in einer Schriftfassung im Open Access verfügbar. Piffko, der nach einer üblichen Anfängervita als Ausgräber im Jahr 2015 in Hessen eine eigene - inzwischen nicht mehr kleine - Grabungsfirma gründete (mit der er bereits als Unternehmer des Jahres 2017 in der Wetterau nominiert war), zeigt die Mängel der bestehenden Grabungsarchäologie auf. Er beschreibt die Zustände, die seines Erachtens mit Normalität und Professionalität wenig zu tun haben. Archäologie habe sich zu einer Art Parallelgesellschaft entwickelt, die ihren eigenen (schlechten) Regeln folge. Eine Wende zum Besseren sei nur aus eigener Kraft möglich: indem die Archäologen Verantwortung für sich selbst übernehmen, ihren Berufsstand (selbst-)bewusst wahrnehmen und weiterentwickeln. Er setzt sich für die Gründung eines Berufsverbandes ein, um gemeinsam mehr Professionalität zu erreichen - und nicht zuletzt ein würdiges und auskömmliches Berufsleben für alle Archäologen.
Piffko, S. (2018). Firmenarchäologie und Berufsverband: Archäologen zwischen Unternehmertum und Forschung. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 6. März 2018. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Piffko.pdf
S. Piffko (SPAU), Firmenarchäologie und Berufsverband: Archäologen im Zwiespalt von Unternehmertum, Forschung und Arbeitgeberrolle. (YouTube, 23.8.2017): https://youtu.be/tkx12yX0x4g

5.7.
PD Dr. Natascha Mehler erhielt Caroline von Humboldt-Preis 2018
Am 23.2. verlieh die Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen eines Festaktes den Caroline von Humboldt-Preis an Natascha Mehler. Sie leitet derzeit im Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremen eine Nachwuchsgruppe des im Leibniz-Wettbewerb geförderten Projekts "Zwischen Nordsee und Nordmeer - Interdisziplinäre Studien zur Hanse". Ihr Forschungsprojekt untersucht die ökonomischen und kulturellen Beziehungen von Hamburg und Bremen mit den nordatlantischen Inseln Island, Färöer und Shetland im Zeitraum von 1400 bis 1700. Mehler erhält den Preis "für ihre kreative interdisziplinäre Forschung, die Ansätze und Methoden der Archäologie, Geschichtswissenschaft, Kunstgeschichte sowie Sozial- und Kulturanthropologie miteinander verknüpft und so neue Impulse setzt." - so die Meldung der HU Berlin. Der 2011 erstmals vergebene Caroline von Humboldt-Preis wird jährlich an eine exzellente Postdoktorandin aus dem In- oder Ausland verliehen. Er ist einer der höchstdotierten Preise seiner Art in Deutschland; mit dem Preisgeld von 15.000 Euro soll der Preisträgerin die Durchführung eines Forschungsprojekts im Rahmen eines Forschungsaufenthaltes an der Humboldt-Universität ermöglicht werden. Das Team des DGUF-Newsletters gratuliert Natascha Mehler herzlich!
"Caroline von Humboldt-Preis für Natascha Mehler" (Leibniz-Gemeinschaft, 18.2.): https://www.leibniz-gemeinschaft.de/medien/aktuelles/c-v-humboldt-preis-und-professur/
"Hohe Auszeichnung für Forscherin am Deutschen Schiffahrtsmuseum – Leibniz-Institut für dt. Schiffahrtsgeschichte" (Pier der Wissenschaft, 2.3.): https://pierderwissenschaftblog.com/2018/03/02/hohe-auszeichnung-fuer-forscherin-am-deutschen-schiffahrtsmuseum-leibniz-institut-fuer-deutsche-schifffahrtsgeschichte/

5.8.
Deutscher Museumsbund: Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat
Der Deutsche Museumsbund (DMB) hat am 1.3. eine überarbeitete Neuauflage seines Leitfadens für das wissenschaftliche Volontariat im Museum herausgebracht. Eine Neufassung dieses Leitfadens sei notwendig geworden, weil sich die arbeitsrechtliche Bewertung des Volontariats gewandelt habe, schreibt der DMB im Vorwort des Leitfadens: "Es handelt sich beim wissenschaftlichen Volontariat nicht um eine Weiterbildung, ein Trainee-Programm oder Vergleichbares, sondern um eine Ausbildung im Sinne eines 'anderen Vertragsverhältnisses' nach dem Berufsbildungsgesetz. Daraus resultieren juristisch definierte Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung des Volontariats. Der vorliegende Leitfaden benennt und erläutert diese Bedingungen, ergänzt um einen Muster-Ausbildungsvertrag, einen Muster-Ausbildungsplan und eine Muster-Stellenausschreibung." Er richtet sich an Museen, ihre Träger und die Volontäre sowie am Volontariat Interessierte. Der DMB appelliert erneut an alle Museen, die Volontariate angemessen zu entlohnen und empfiehlt "weiterhin die Orientierung an den jeweils geltenden Tarifverträgen der öffentlichen Hand entsprechend einer Eingruppierung nach E 13, Stufe 1, davon 50 %". Die ca. 30-seitige Broschüre ist als PDF im Open Access erhältlich, aber auch als gedruckte Ausgabe - in kleinen Mengen kostenlos, ab elf Exemplaren gegen eine Gebühr.
"Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat" (DMB): http://www.museumsbund.de/publikationen/leitfadens-fuer-das-wissenschaftliche-volontariat-am-museum/


6. Berufsverband
6.1.
CIfA Deutschland als Regionalgruppe von CIfA gegründet
Am 12.2. gab das Chartered Institute for Archaeologists (CIfA) die förmliche Gründung von CIfA Deutschland bekannt. CIfA ist der rechtlich in Großbritannien angesiedelte internationale Berufsverband für die Archäologie, der etwa 3.500 Mitglieder hat. Nach dem Auftakt am 4.7.2017 in Mainz hatte sich sukzessive eine deutsche Gruppe zusammengefunden mit dem Ziel, zunächst eine anerkannte Regionalgruppe von CIfA zu formieren. Dafür ist eine Mindestanzahl von 15 Mitgliedern - egal ob akkreditiert oder nicht - vonnöten die CIfA Deutschland mittlerweile deutlich überschritten hat. Nachdem alle Voraussetzungen erfüllt sind, firmiert CIfA Deutschland nun als offizielle Regionalgruppe (area group) des internationalen CIfA. Nach Aussage von CIfA-Präsidentin Victoria Hunns hat es noch nie eine so schnell aufgebaute und gewachsene Regionalgruppe gegeben. Nun amtiert ein Gründungsvorstand, bis auf der ersten Mitgliederversammlung am 12.5.2018 in München die ersten regulären Vorstandwahlen stattfinden können (siehe Punkt 6.2. in diesem Newsletter). Der Gründungsvorstand von CIfA Deutschland besteht aus der Präsidentin: Michaela Schauer MA ACIfA, dem Schriftführer: Prof. Dr. C. Sebastian Sommer MCIfA und dem Schatzmeister: Dr. Jan Schneider ACIfA. Weitere Vorstandsmitglieder sind Falk Näth M.A. MCIfA, Astrid Otte M.A., Sascha Piffko M.A. MCIfA und Priv.-Doz. Dr. Frank Siegmund MCIfA.
Rob Lennox: "CIfA announces the formal launch of CIfA Deutschland" (12.2.): http://www.archaeologists.net/news/cifa-announces-formal-launch-cifa-deutschland-1518425844
Schauer, M. & Sommer, C. S. (2018). Die Gründung von CIfA Deutschland als Regionalgruppe des Chartered Institute for Archaeologists. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 22. Febr. 2018. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Schauer_Sommer.pdf
Der Gründungsvorstand von CIfA Deutschland stellt sich vor: http://www.archaeologists.net/vorstand-cifa-deutschland
Website von CIfA Deutschland: http://www.cifa-deutschland.de

6.2.
CIfA Deutschland: die nächsten Termine
Am 12.5. findet die erste von CIfA Deutschland organisierte Veranstaltung in den Räumlichkeiten des Burgmuseums Grünwald (Archäologische Staatssammlung) in München statt. Zwischen 10:00 und 11:30 Uhr wird die Mitgliederversammlung mit Vorstandswahlen abgehalten. Der Nachmittag (13:00 bis 16:30 Uhr) steht allen an einer Mitgliedschaft bei CIfA Interessierten offen. Er beginnt mit Kurzvorträgen zur Standortbestimmung von CIfA International sowie CIfA Deutschland und Erläuterungen zum Wert und Ablauf der Akkreditierung. Im Anschluss daran wird ein Akkreditierungscoaching angeboten, geleitet durch Vorstand und Beirat von CIfA Deutschland sowie bereits akkreditierte Mitglieder; hier können individuell Fragen zur Vorbereitung und zum Ablauf der Akkreditierung beantwortet werden. Für die Veranstaltung wird keine Gebühr erhoben. Interessierte sind gebeten, sich bis 30.4. bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. formlos per E-Mail anzumelden. Das aktuelle Tagungsprogramm ist über die Website von CIfA Deutschland herunterladbar. Hotelzimmer zu vergünstigten Konditionen sind auf der Website der parallel stattfindenden DGUF-Jahrestagung bis 15. bzw. 21.3. buchbar. - Bereits zuvor ist CIfA Deutschland auf der 23. Jahrestagung von MOVA und WSVA in Halle am 20.-21.3. mit einem Informationsstand vertreten, wo die Vorstandsmitglieder Michaela Schauer und Sascha Piffko für Fragen und auch für persönliche Beratung erreichbar sind.
Website von CIfA Deutschland: http://www.cifa-deutschland.de
Tagungsprogramm für den 12.5.: https://www.archaeologists.net/sites/default/files/CIfA%20Deutschland%20Veranstaltungsprogramm%2012.5.2018.pdf
Informationen zu den Hotelkontingenten für die CIfA-Veranstaltung am 12.5. finden Sie auf der Tagungs-Website der DGUF. Die Zimmer können selbstverständlich auch alleine für die CIfA-Teilnahme gebucht werden: http://www.dguf.de/451.html


7. Open Access & Open Data
7.1.
"Archäologische Nachrichten" aus Baden im Open Access
Im Laufe des Jahres 2017 ist in der deutschen Archäologie ein Open-Access-Boom ausgebrochen. Standen 2013 die DGUF mit ihren "Archäologischen Informationen" oder die Kieler "jungsteinsite.de" noch recht einsam da, hat sich nach einer gewissen Gärzeit im Laufe des Jahres 2017 ein Run auf das Publizieren im Open Access etabliert. So meldet das Heidelberger Portal Propylaeum.dok, die technische Heimat vieler auch archäologischer Open-Access-Zeitschriften, in seinem Januar-Newsletter die Zugriffszahlen für das Jahr 2017: weit über 1 Million Downloads. Propylaeum-DOK: 247.147 Downloads; Propylaeum-eBooks: 15.902 Downloads; Propylaeum-eJournals: 813.500 Downloads - wobei ein international weit verbreiteter Counter samt Ethikkodex zugrunde gelegt wird, nach dem z. B. die Zugriffe von Suchmaschinen, Webcrawlern etc. ausgeklammert werden. Jüngstes Kind bei Propylaeum.dok sind die "Archäologischen Nachrichten aus Baden" (1968 ff.), die nun sukzessive als Digitalisat zur Verfügung gestellt werden. Allerdings, so wollen es die Herausgeber, mit einer Moving Wall von fünf Jahren, d. h. das aktuelle Heft geht erst mit fünf Jahren Verzögerung auch online. Mit ähnlich großzügig bemessenen Schutzfristen operieren auch andere Fachzeitschriften wie z. B. die Bonner Jahrbücher oder die Fundberichte aus Baden-Württemberg (drei Jahre). Bemerkenswert, hat doch die Novellierung des Urheberrechts den Autoren in Periodika ein Zweitveröffentlichungsrecht nach bereits einem Jahr eingeräumt, so dass sie ohne rechtliche Sorgen ihre Aufsätze z. B. bei Academia.edu, ResearchGate.net o. ä. deponieren dürfen. So erschließt sich der Sinn dieser ausnehmend langen Schutzfristen nicht. Gleichwie: wieder eine archäologische Fachzeitschrift, die sich zeitgemäßen Lese- und Publikationsbedürfnissen öffnet.
Archäologische Nachrichten aus Baden: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/anb/index
Liste der archäologischen / altertumswissenschaftlichen Zeitschriften bei Proyplaeum: https://www.propylaeum.de/publizieren/propylaeum-ejournals/propylaeum-ejournals-a-z/

7.2.
Open Access bei großen Wissenschaftsverlagen mehr Oberfläche als Praxis
Eine aktuelle Studie einer finnischen Forschergruppe präsentiert eine systematische Übersicht zum Stand von Open Access bei ausgewählten großen Wissenschaftsverlagen. Das methodisch gut unterfütterte Ergebnis, das alle großen und wichtigen Verlage einschließt, zeigt, dass der scheinbaren Offenheit vieler großer Verlage gegenüber Open Access eine erheblich restriktivere Praxis gegenüber steht. Vielfach bieten angebliche Open-Access-Zeitschriften tatsächlich nur ein "hybrides Publizieren" an, wonach weiterhin Abonnenten für das Lesen zahlen, aber einzelne Aufsätze gegen hohe Publikationsgebühren von den Autoren in den Open Access frei gekauft werden können. Die heute als modern betrachtete CC-Lizensierung werde angewendet, aber statt der offenen und empfehlenswerten Lizensierung als CC BY würden die Wissenschaftsverlage meist sehr viel restriktivere Varianten wählen. Sogar hinsichtlich der Regelwerke zum Self-Archiving (grauer Open Access) seien die großen Verlage sehr restriktiv. In Summe sei der Anteil echter Open-Access-Publikationen gering und diese wiederum recht teuer. Aber: tendenziell haben die stärker restriktiven Zeitschriften auch die höheren Impact-Faktoren.
"Openness of academic publishers evaluated for the first time!" (Blog VÖB, 1.2.): http://www.univie.ac.at/voeb/blog/?p=45426
Anna Björk, Juho Matti Paavola, Teemu Ropponen, Mikael Laakso & Leo Lahti (2018). Opening academic publishing - Development and application of systematic evaluation criteria. Open Science and Research Initiative: https://avointiede.fi/documents/10864/12232/OPENING+ACADEMIC+PUBLISHING+.pdf/a4358f81-88cf-4915-92db-88335092c992

7.3.
Richtlinien des Europäischen Forschungsrates für Forschungsdaten
Die vom European Research Council (ERC) geförderten Forschungsprojekte sind gehalten, ihre Forschungsdaten zu publizieren. Das ist leicht gesagt und schwer getan, weil die damit verbundene Mehrarbeit für viele Forschende schlicht lästig ist, aber auch, weil man oft nicht so recht weiß, wo und wie. Dazu hat das ERC am 23.2. eine Handreichung veröffentlicht. Sie beschreibt die Standards, die man beim Publizieren von Forschungsdaten verfolgen sollte, welcher Metadaten es bedarf, und wo man Datendepots (Repositorien) findet, teils allgemeinere Gefäße, teils etablierte fachspezifische Gefäße. Auch das Stichwort "archaeology" wird genannt. Ein nützliches, kurzes Papier, das auch jenseits von ERC-Projekten informativ und befolgenswert ist.
"Open Research Data and Data Management Plans Information for ERC grantees" (ERC, 23.2.2018): https://erc.europa.eu/content/open-research-data-and-data-management-plans-information-erc-grantees

7.4.
Forschungsdaten - und noch 'ne Handreichung
Die Arbeitsgruppe "Forschungsdaten" der Schwerpunktinitiative "Digitale Information" der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen hat eine Handreichung zum "Forschungsdatenmanagement" verfasst, die viele nützliche Hinweise zum Offenlegen und Publizieren von Daten enthält. Die 15 Seiten lange Broschüre ist gut gegliedert, schlank geschrieben und tatsächlich ein guter Einstieg ins Thema. Gleichwie: wirklich neu ist das alles nicht, inzwischen weiß die Gemeinschaft der Wissenschaftler, wie's geht und was zu tun wäre - allein, es mangelt an den Taten.
Arbeitsgruppe Forschungsdaten (2018). Forschungsdatenmanagement: Eine Handreichung. Potsdam: Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. http://gfzpublic.gfz-potsdam.de/pubman/item/escidoc:3055893:2/component/escidoc:3055894/handreichung%20forschungsdatenmanagement.pdf

7.5.
Gewichtige Kritik an der aktuellen Ausrichtung der Open-Access-Debatte in Deutschland
Rafael Ball, seit März 2015 Direktor der Bibliothek der ETH Zürich, hat sich mit bemerkenswert mahnenden Worten zu laufenden Entwicklungen im wissenschaftlichen Publikationswesen und zum Open Access an die Öffentlichkeit gewandt. Sein ursprünglich in einer bibliothekarischen Fachzeitschrift publizierter Beitrag wurde nun auch (leicht gekürzt) in "Forschung & Lehre", der Monatszeitschrift des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), abgedruckt, was auch als starkes Signal des DHV gewertet werden kann. Nach einer ausführlichen Darlegung der Prinzipien und der Terminologie von Open Access und dessen verschiedenen Realisierungsmodellen kritisiert Ball mit sehr klaren Begründungen nichts anderes als DEAL. Nicht das Projekt DEAL und sein Verhandeln mit Elsevier, sondern die Tatsache, dass sich die Bemühungen und auch die Debatten der großen Player derzeit auf den Bereich MINT und die drei großen Wissenschaftsverlage fokussieren und alle anderen Interessengruppen - die Geisteswissenschaften, die kleinen Verlage, die Monographien etc. - -außer acht lassen. Aus DGUF-Sicht heraus könnte man auch sagen: Ball bekräftigt die Kritik, welche die DGUF bereits im März 2016 an die Initiative OA2020 herangetragen hatte. Balls Prognose (der DEAL nicht beim Namen nennt, aber klar beschreibt): DEAL wird dazu führen, dass es zu Regelungen kommt, in deren Konsequenz es einem speziellen Fächerbündel und eben jenen wenigen, monopolbildenden Großverlagen besser geht, aber für alle anderen Themenbereiche, Publikationsformen und Verlage weniger Geld geben wird. Sein Aufsatz endet in konkreten Vorschlägen, wie man dieser laufenden Entwicklung entgegengewirken kann.
Rafael Ball: Die Transformation des Publikationssystems zu Open Access und die Konsequenzen für Bibliotheken und Wissenschaft: Ausgewählte Aspekte. b.i.t. online 21(1), 2018: http://b-i-t-online.de/heft/2018-01-fachbeitrag-ball.pdf
Rafael Ball: Frei und qualitätsorientiert? Forschung unter Open-Access-Bedingungen. Forschung & Lehre 2018(3), 218-221: https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/ist-open-access-immer-gut-410/
Frank Siegmund & Diane Scherzler: "Die Archäologie muss sich einmischen": Die Initiative "Open Access 2020" und der Open-Access-Rummel im Frühling 2016 (DGUF.de, 24.3.2016): http://www.dguf.de/396.html

7.6.
Berichte der Römisch-Germanischen Kommission "im Early View"
Seit Mitte Februar steht Band 95, 2014 (2017) der Berichte der Römisch-Germanischen Kommission - noch vor dem Erscheinen der Printausgabe - im Heidelberger OJS-Archiv im Open Access zum Lesen und zum Download bereit.
http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/berrgk/issue/view/3732/showToc


8. Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1.
Braucht Wissenschaft die Öffentlichkeit, oder sollte vorrangig das Expertenwissen zählen?
Der Philosoph Dr. Thomas Grundmann (Universität Köln) stellt in der Deutschen Universitätszeitung eine These auf, die gänzlich gegen den Zeitgeist geht. Er äußert sich wider die Forderung, Wissenschaft solle mit breiten Öffentlichkeiten in einen Diskurs eintreten."Wissensdiskurse gelten als illegitim, sobald sie nicht mehr auf Augenhöhe stattfinden", schreibt Grundmann. Aber: "Nicht jede Meinung zählt gleich viel, und Laien sollten den Experten zumindest fachlich folgen", und das sogar dann, wenn eine Expertenaussage dem Laien abwegig erscheine. Davon abzuweichen sei allenfalls sinnvoll, wenn andere Experten widersprächen. Bitte keine fachlichen Überlegungen aus Laienmund gegen Experten. Denn das Vertrauen in die Experten sei der zuverlässigste Weg der Wahrheitsfindung. "Das System selbst beinhaltet Korrekturmechanismen, durch die Fehler aufgedeckt werden." Experte übrigens ist man, wenn man "innerhalb des Expertensystems durch Ausbildung, Ämter oder Auszeichnungen anerkannt" wird. Erwartungsgemäß regt sich gegen Grundmanns Äußerungen Widerspruch. Zunächst möchte man fragen, ob Grundmann durchdacht hat, dass eine Gesellschaft nicht nur über das Glauben an Experten funktioniert, sondern auch über Entscheidungen für das Eine und gegen das Andere. Ich entscheide mich als Wähler für die vom Experten für Energiewirtschaft dringend geforderte Stromtrasse und gegen die vom Experten für Denkmalpflege geforderte umfassende Ausgrabung. Selbst wenn ich beiden Personen(gruppen) Glauben schenke, erscheint mir nicht alles gleichermaßen plausibel und wichtig, bzw. ich muss mich u. U. schlicht entscheiden, z. B. bei einer Wahl oder durch mein Konsumverhalten (denken wir an genmanipulierte Organismen). Auch anderen Widerspruch gibt es: Der – kein Witz – Experte für Wissenschaftskommunikation Jens Rehländer attestiert Grundmanns Beitrag Mut, weil er selbstbewusst und dezidiert einer aktuellen Hauptforderung widerspricht, nämlich dass alles und jedes mit dem Nicht-Bürgern durchdiskutiert werden müsse. Rehländer ist sicher, dass viele im System Wissenschaft den Grundmannschen Äußerungen zustimmen werden: "Denn sie werden davon in einer Haltung bestärkt, die wohl immer noch die überwiegende ist: Dass die Wissenschaft summa summarum doch alles richtig macht. Kein Grund also, sich selbstkritische Fragen zu stellen. Erst recht nicht von Laien." Rehländer ist mit Grundmann der Auffassung, dass das Vertrauen in Experten und Autoritäten gestärkt gehört. Nicht aber die Maßnahme, die Grundmann vorschlägt, nämlich die Aufklärung der Öffentlichkeit, dass sich die Spielregeln der Wissensgesellschaft und der Demokratie unterscheiden. Denn das sei nicht die richtige Haltung, um die wachsende Spaltung in Teilbereichen unserer Gesellschaft zu kitten. Grundmann vermische wissenschaftliche Ergebnisse und Wahrheit, kommentiert der Wissenschaftsjournalist Reiner Korbmann unter Rehländers Blogpost. "Wissenschaft beschreibt keine Wahrheit, sondern Wirklichkeit, tatsächlich sogar nur einen (meist schmalen) Ausschnitt der Wirklichkeit, nämlich den, wonach die wissenschaftliche Untersuchung gefragt hat. Es ist eine (leider viel zu weit verbreitete) Hybris, dies als Wahrheit zu bezeichnen." Man darf gespannt sein, wie die Debatte weitergeht.
Thomas Grundmann, "Der Weg der Wahrheitsfindung" (Deutsche Universitätszeitung, 13.2.): https://bildungsklick.de/hochschule-und-forschung/meldung/der-weg-der-wahrheitsfindung/
Jens Rehländer, "Wissenschaftler findet: Wissenschaft braucht keine Öffentlichkeit" (jensrehlaender.com, 15.2.): https://jensrehlaender.com/2018/02/15/wissenschaftler-findet-wissenschaft-braucht-keine-oeffentlichkeit/

8.2.
Hamburg öffnet sich für Open Educational Resources (OER): eine neue Chance für die Archäologie an den Schulen
"Hamburg bezahlt Lehrkräfte für Entwicklung offener Unterrichtsmaterialien" lautet die Überschrift. Nun, tatsächlich will Hamburg für diejenigen unter seinen Lehrern, die OER-Materialien entwickeln, das Lehrdeputat verringern. Das ist ein großer Schritt. Offene Lehrmaterialien entwickeln und in einen Pool einfüttern, aus dem sich Schulen und Schüler frei bedienen können, wird damit vom Hobby zur bezahlten Arbeit. Für die Archäologie weitaus relevanter ist ein Nebeneffekt der Hamburger Initiative: die Stadt hat ein Gremium geschaffen, dass die eingereichten OER-Materialien sichtet, die Anbieter unterstützt und auch eine rechtliche Prüfung vornimmt, inwieweit alles Eingereichte mit dem Urheberrecht etc. vereinbar ist. Dieses Gremium nimmt auch Einreichungen von Personen an, die nicht bei der Stadt Hamburg als Lehrer angestellt sind. Sprich: hier ist ein Tor geöffnet worden, gute Unterrichtsmaterialien zur Archäologie in den Schulunterricht einzubringen.
"Wissen: Hamburg bezahlt Lehrkräfte für Entwicklung offener Unterrichtsmaterialien" (netzpolitik.org, 13.2.): https://netzpolitik.org/2018/hamburg-bezahlt-als-erstes-bundesland-lehrkraefte-fuer-entwicklung-offener-unterrichtsmaterialien/
"Onlineplattform: Joachim Herz-Stiftung und Bildungsbehörde starten gemeinsames Projekt zu digitalen Unterrichtsbausteinen" (hamburg.de, 12.2.): http://www.hamburg.de/bsb/pressemitteilungen/10445490/2018-02-12-bsb-digitale-unterrichtsbausteine/

8.3.
Crowdsourcing Geodata - Krise oder Erfolgsmodell?
"Crowdsourced Data", "Citizen Science", "Bürgerbeteiligung" - Schlagwörter, die in der Archäologie im Allgemeinen wie auch bei der DGUF im Besonderen immer wieder fallen. Aber diese Themen gibt es ja anderswo auch - wie sieht es denn eigentlich hinter dem archäologischen Tellerrand aus? Ein Einblick in Stärken und Probleme im Bereich der "Volunteered Geographic Information", also dem Zusammentragen von geografischen Informationen durch Freiwillige (bekanntestes Beispiel ist das OpenStreetMap-Projekt mit dem Ziel, eine freie Weltkarte zu erstellen), lässt sich jetzt anhand zweier neuer Publikationen gewinnen. Vielleicht lässt sich das eine oder andere auf die Verhältnisse auf dem archäologischen Teller übertragen?
"Mapping and the Citizen Sensor" (Website zum Buch, inkl. freiem Download als PDF): https://www.ubiquitypress.com/site/books/10.5334/bbf/
"Why OpenStreetMap is in Serious Trouble" (Emacsen’s Blog, 16.2.): https://blog.emacsen.net/blog/2018/02/16/osm-is-in-trouble/

8.4.
Auch ein Erfolgsmodell für den Geschichtsunterricht? Die "Discovery Tour" von Assassin's Creed
Historisch korrekt zu sein, bedeutet bei einem Videospiel meist, dass sich die Entwickler große Mühe mit der Darstellung von Bauwerken, Landschaften oder Kleidung gegeben haben. Aber immer ordnet sich das historische Korrekte dem Spielerischen unter, beispielsweise zu erledigenden Aufgaben, die mit dem (vor-)geschichtlichen Spielthema nichts zu tun haben. Die "Assassin's Creed"-Reihe hatte bisher - immerhin - eine Wikipedia-ähnliche Liste mit Informationen zu Gebäuden oder wichtigen Ereignissen integriert. Neu dazugekommen ist im vergangenen Oktober die "Discovery Tour" für den neuesten Serienteil "Origins"; seit 20.2. ist sie für Spiele-Besitzer kostenlos erhältlich (solo bzw. für Nicht-Besitzer ist sie kostenpflichtig). Ohne jeden Spiel-Anteil erkundet man mit diesem Download-Zusatz die Region von Alexandria bis ins südliche Ägypten inkl. der Bibliothek von Alexandria, den Pyramiden und fruchtbaren Inseln im Nildelta. "Es ist ein lebendig wirkendes Land", schreibt "Spiegel"-Autor Carsten Görig. "Bauern arbeiten auf den Feldern. Fischer, Marktleute, Handwerker gehen ihrer Tätigkeit nach. All das frei und ohne Druck zu erkunden, ist schon ein Genuss." Jean Guesdon, Kreativdirektor von "Origins" sagt: "We are doing a re-creation of Egypt that is plausible, credible, full of truthful information, and that’s what we want to offer." 75 geführte Touren werden so angeboten, in denen z. B. die Mumifizierung plastisch vorgeführt wird oder in denen man etwas über den Tagesablauf ägyptischer Familien erfährt. Die "Discovery Tour" sei ein Weg, den historischen Anspruch zu manifestieren, ohne das Gameplay zu beschränken, urteilt Görig. Nachdenklich stimmend und interessant für alle Kollegen, die seit Jahrzehnten die Archäologie wieder in die Lehrpläne der bundesdeutschen Schulen bringen wollen: "Assassin's Creed"-Entwickler Ubisoft schielt mit der "Discovery Tour" auch auf die Schulen. Eine erste Studie unter der Leitung des Didaktikers Prof. Marc-André Éthier ist an der Universität Montreal in Arbeit und soll zeigen, ob Schüler mit Konzepten wie der "Discovery Tour" einen einfacheren Zugang zu Geschichte finden. Die Studie läuft mit 330 Schülern aus 40 Klassen an acht High Schools und vergleicht die Lernerfolge via Discovery Tour mit denen konventionellen Geschichtsunterrichts, in dem allerdings die Verwendung von Fotos der Tour erlaubt ist. Éthiers erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Verwendung von Elementen der "Discovery Tour" starke Lernerfolge hervorruft und ein hybrider Ansatz – Geschichtsunterricht und Tour kombiniert – die besten Lernerfolge bringt.
Carsten Görig: "'Assassin's Creed: Discovery Tour' im Test. Endlich stressfrei durchs alte Ägypten" (Spiegel, 21.2.): http://www.spiegel.de/netzwelt/games/assassin-s-creed-discovery-tour-stressfrei-durchs-alte-aegypten-a-1194679.html
"Researchers conduct study on Assassin’s Creed educational mode, Discovery Tour" (Classcraft Blog, 26.2.): http://www.classcraft.com/blog/news/assassins-creed-discovery-tour-education-research/
"Right on target: using video games to enhance learning" (udem nouvelles, 15.2.): http://nouvelles.umontreal.ca/en/article/2018/02/15/right-on-target-using-video-games-to-enhance-learning/
"'Geschichte funktioniert wie eine Marke'. Interview mit dem 'Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele' über den Gebrauch von Geschichte in Konsolen- und Computerspielen" (L.I.S.A., 13.2.): https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/geschichte_digitale_spiele


9. Ausstellungen und Museen
9.1.
Pferdekopf aus Waldgirmes kommt ins Saalburg-Museum
Waldgirmes? - ein Ortsteil von Lahnau in Mittelhessen. Das Besondere? Der Ort, wo unter Kaiser Augustus tief im Rechtsrheinischen eine stadtartige Anlage gegründet wurde, aus der neben römischem Sachgut auch ungemein viele indigen-germanische Funde stammen. Der Platz wird heute als Zeugnis einer römischen Stadtgründung um 5 v. Chr. verstanden in einem Raum, der damals eine in Gründung befindliche rechtsrheinische römische Provinz war - ein historischer Prozess, der mit der Varus-Niederlage 9 n. Chr. abrupt endete. Bei den Ausgrabungen wurden hier u. a. Fragmente einer bronzenen, vergoldeten Reiterstatue gefunden, Reste einer Statue des Augustus. Das größte und anschaulichste Fragment ist der Pferdekopf, und um genau diesen geht es. Er ist seit seiner Entdeckung 2009 Gegenstand eines Streites zwischen Archäologie und Grundeigentümer, denn zum Zeitpunkt der Entdeckung gab es in Hessen noch kein Schatzregal. Also hat der Grundeigentümer Anspruch auf angemessene Entschädigung. Doch wie hoch fällt diese aus? 48.000 Euro, wie es das Land Hessen ursprünglich anbot; oder 1,64 Millionen, wie es ein Gutachter meinte; oder 500.000 Euro, wie das Gericht zuletzt vorschlug? Man weiß es nicht, der Streit ist hängig, das Verfahren soll 2018 zum Abschluss kommen. Aber genau deshalb ist der Pferdekopf seit Jahren praktisch unzugänglich, weil strittig. Nun scheint - unabhängig von der Frage des Geldes - eine Einigung über den Verbleib erzielt: der Kopf kommt in das Saalburg-Museum und kann dort, endlich, auch öffentlich gezeigt werden.
"Antike Kunst: Der Pferdekopf kommt auf die Saalburg" (Taunus Zeitung, 6.2.): http://www.taunus-zeitung.de/lokales/hochtaunus/vordertaunus/Der-Pferdekopf-kommt-auf-die-Saalburg;art48711,2899387


10. IT, GIS, Statistik für die Archäologie
10.1.
Wie Weihnachten und Ostern zusammen: QGIS 3.0 ist da!
Nach zwei Jahren Entwicklungszeit und mit nur erstaunlich wenig Verspätung zur Roadmap ist QGIS 3.0, die lang ersehnte nächste Hauptversion der in der Archäologie weit verbreiteten Open-Source-GIS-Software QGIS, endlich erschienen! Für die vorsichtig als "early adopter release" bezeichnete Version wurde nach Aussage der Entwickler kein Code-Schnipsel unangetastet belassen; es handelt sich um eine Rundumerneuerung des kompletten Programmaufbaus. Gleichzeitig sind viele neue Funktionen hinzugekommen: Vielversprechend ist etwa eine 3D-Ansicht, die es erlaubt, die GIS-Daten auf ein Höhenmodell-Layer zu projizieren - vielleicht ein erster Schritt zu einer sinnvollen Integration der insbesondere in den vergangenen Jahren wachsenden Menge von 3D-Daten aus Photogrammetrie und Laserscans? Trotz der Zurückhaltung der Entwickler: Beim ersten Antesten ließen sich keine offensichtlichen Kinderkrankheiten im Programm selber feststellen - im Gegenteil, QGIS wirkt gleichzeitig altvertraut und irgendwie schneller und aufgeräumter. So soll es sein! Einziger Wermutstropfen momentan: Die weitaus meisten Erweiterungen sind (noch) nicht portiert und damit derzeit nicht nutzbar, auch die Anbindung an das Plug-In-Repository scheint noch zu haken. Für Anwender, bei denen Stabilität im Vordergrund steht oder die eine bestimmte Erweiterung brauchen, steht die QGIS-Version 2.18 aber nach wie vor als langzeitunterstütztes "Long Term Release" zur Verfügung. Und eine parallele Installation beider Versionen ist (zumindest auf Windows 10) kein Problem. Oder besser: Passiert automatisch - bei der Neuinstallation der aktuellen Version wird die alte beibehalten. Zur Vorsicht raten die Entwickler allerdings: Mit QGIS 3 gespeicherte Daten sind nicht immer garantiert abwärtskompatibel - aber das war auch bislang bei neuen QGIS-Programmversionen schon so. Und à propos bestimmte Erweiterung: Die Newsletter-Redaktion wollte ja schon immer mal die "QuickMapServices" empfehlen - eine QGIS-Erweiterung, die eine breite Palette von Hintergrundkarten bereitstellt, vom OpenStreetMap bis Google, vom ASTER-Höhenmodell bis hin zu ukrainischen Katasterdaten. Aber ausgerechnet dieses geniale Plug-In ist noch nicht portiert ... Egal, das kommt schon noch. QGIS 3 jedenfalls scheint ein großer Schritt nach vorn zu sein, und der zuständige Newsletter-Redakteur meldet sich dann mal für eine Woche ab, zum intensiven Testen :o)
QGIS-Hauptseite mit Download-Möglichkeit: https://qgis.org/
"QGIS 3.0 Girnona is released!" (QGIS-Blog, 23.2.): http://blog.qgis.org/2018/02/23/qgis-3-0-girona-is-released/
"QGIS 3 officially released". Blogbeitrag mit Kurzeinführung inkl. Hinweisen zur Installation (Digital Geography, 26.2.): http://www.digital-geography.com/qgis-3-officially-released/
"My Favorite Features of QGIS 3.0...To Date" (Bird’s Eye View, 22.2.): https://www.birdseyeviewgis.com/blog/2018/2/22/my-favorite-features-of-qgis-30to-date
"QGIS and basemaps: QuickMapServices" (Digital Geography, 20.10.2016): http://www.digital-geography.com/qgis-quickmapservices/


11. Und sonst …
11.1.
Festschrift Andreas Heege "Vom Bodenfund zum Buch. Archäologie durch die Zeiten" nun auch im Open Access verfügbar
Die im November dem Jubilar als (prächtig) gedruckter Band überreichte Festschrift für Andreas Heege ist nun auch im Open Access erhältlich. Heege, in jungen Jahren mit Themen der Merowingerzeitarchäologie in Baden-Württemberg und dann neolithischen Erdwerken in Niedersachsen beschäftigt, ist seit langen Jahren vor allem in der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit tätig, zunächst in Südniedersachsen, nun in der Schweiz. Die sehr liebevoll und persönlich ausgelegte Festschrift spiegelt dies wider; die überwiegende Mehrheit der Beiträge gilt Themen der Neuzeitarchäologie, und zwar international mit Schwerpunkt in Niedersachsen und der Schweiz. Dabei stehen Funde und der Weg vom Fund zur historischen Deutung im Vordergrund. Ein schöner Band, der einlädt, Unerwartetes zu entdecken.
Vom Bodenfund zum Buch - Archäologie durch die Zeiten. Festschrift für Andreas Heege zum 60. Geburtstag. Hrsg. v. Chr. Rinne, Christoph, J. Reinhard, E. Roth-Heege & St. Teuber. Historische Archäologie, Sonderband 2017. 520 S., zahlr. (überw. farb.) Abb., 30 cm. Online Version Historische Archäologie: http://www.histarch.uni-kiel.de/sonderband01.htm

11.2.
Zur Germanenfrage, oder: über den schwierigen Umgang mit unerwünscht Erfolgreichem
Ein neues Buch über die Germanen im bekannt rechten Antaios-Verlag, das in Laienkreisen seit Herbst 2017 starke Resonanz findet - so etwas gerät unmittelbar zumindest in die Aufmerksamkeit von Karl Banghard, dem für die jüngere Fachgeschichte stets sensiblen Leiter des 1936 von Hans Reinerth gegründeten Freilichtmuseums in Oerlinghausen (am Nordostrand von Nordrhein-Westfalen). Andreas Vonderach, der Autor dieses Germanen-Buches, studierte Geschichte, Geographie und Anthropologie. Er versteht es in seinem Buch "Gab es Germanen? Eine Spurensuche" geschickt, selektiv auch wissenschaftliche Fachliteratur heranzuziehen, sie in Ausschnitten zu zitieren und geschickt zu arrangieren, um einerseits seine streng rechte Sicht auf das Thema Germanen zu untermauern, und andererseits die für rechte Gruppen übliche Verschwörungstheorie zu nähren, wonach die wissenschaftliche Wahrheit von allen Menschen links von ihnen aus ideologischen Gründen versteckt und negiert würde. Ob der scheinbaren Wissenschaftlichkeit des Buchs könnten Nicht-Archäologen es unbedacht für eine seriöse Quelle halten. Was tun, frug sich Banghard: das Werk ignorieren, oder angesichts seines Erfolgs in einen öffentlichen Widerspruch eintreten? Möglich wäre eine sachliche, streng wissenschaftliche Rezension, ein Auseinanderpflücken des Werks, und diese in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichen. Doch würde dies das Buch nicht unnötig aufwerten und eine zusätzliche, unverdiente Aufmerksamkeit schaffen? Mehr noch: Würde diese Rezension überhaupt den richtigen Leserkreis erreichen? Zwischen den Optionen Totschweigen und wissenschaftliche Rezension hat Banghard sich nun für einen dritten Weg entschieden: eine Polemik, publiziert als Beitrag in seinem AFM-Blog.
Karl Banghard: "Gab es Germanen? Ein Kommentar zu einem aktuellen Buch aus dem Antaios-Verlag" (AFM-Blog, 1.2.2018): http://www.afm-oerlinghausen.de/blog/start-de/gab-es-germanen-ein-kommentar-zu-einem-aktuellen-buch-aus-dem-antaios-verlag

11.3.
Anmeldung zur Tagung MOVA & WSVA kostenlos! Oder: freuen Sie sich nicht zu früh …
Wer sich in diesen Tagen über die Website des MOVA zur Jahrestagung in Halle anmeldet, jubiliert: Hinter der Schaltfläche "Anmeldeformular zur 23. Jahrestagung" klappt eine neue Seite auf, wo einem in hübschem und responsivem Webdesign entgegenspringt: "Ticket. Kostenlos. Jetzt buchen". Nach Klick auf "jetzt buchen" folgt das Erwartete: die Namens- und Adressabfrage, die Frage, an welcher AG und an welchem Event man teilnehmen möchte. Ganz unten dann: die Tagungsgebühren(en)! Und was bitte ist daran jetzt "kostenlos"? Nicht, dass es zu monieren wäre, dass Tagungsgebühren erhoben werden, das ist weder überraschend noch neu, sondern schlicht gänzlich nachvollziehbar. Aber die Sache mit dem "kostenlos" am Anfang bezieht sich offensichtlich lediglich auf die Eingabe der Anmeldedaten, die in der Tat nichts kostet. Das alles erinnert stark an Italiens "Ingresso libero!"-Boutiquen oder an das Geschäftsgebaren so mancher Billigflug-Airline, wo man eigentlich so gut wie kostenlos fliegt, dann aber für das Einchecken, das Gepäck und die Bearbeitung jeweils eine Extragebühr zahlen soll.
https://mova-online.de/veranstaltungen/#anmeldeform

11.4.
Ansehnlicher Endspurt bei IANUS (DAI)
Das am DAI beheimatete und über zwei mal drei Jahre von der DFG geförderte Forschungsprojekt IANUS ist Ende Dezember 2017 ausgelaufen. Eine beantragte Förderung für seine Fortführung ist (noch?) nicht zu Stande gekommen. IANUS sollte dazu dienen, ein Portal zur Beratung, An- und Aufnahme sowie Langzeitarchivierung archäologischer Forschungsdaten aufzubauen und nachhaltig zu betreiben. Wiewohl einstweilen stillgelegt, ist der Besuch der Website, die den Leser weiterhin freundlich mit "Herzlich willkommen bei IANUS!" empfängt, lohnend. Im Dezember 2017 hat IANUS aufgeräumt und in seinem "Datenportal" exemplarisch elf Forschungsprojekte aufgenommen und gehostet, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Projekten der Afrikaforschung. Lesenswert auch die Seite mit den "IT-Empfehlungen", die unabhängig von der Frage, ob man nun bei IANUS archiviert oder nicht, nützlich sind, insbesondere die systematische Sichtung und Kommentierung geeigneter und auch weniger geeigneter Datenformate für die verschiedenen Datentypen, die in der Archäologie anfallen.
https://www.ianus-fdz.de/

11.5.
Jetzt digital verfügbar: Gatermann, Becherkulturen in der Rheinprovinz
Wieder hat die Digitalisierungsabteilung der UB Heidelberg zugeschlagen: die "Becherkulturen" von Heinz Gatermann, eine nur mehr schwer erreichbare Kölner Dissertation aus dem Jahr 1938, liegen nun im Open Access vor. Der Autor, 1933 in Bonn Mitglied der zur NS-Herrschaft oppositionellen "Sozialistischen Arbeitsgemeinschaft", überlebte den Zweiten Weltkrieg nicht. Warum ist dieses kleine, 145 Seiten dünne Bändchen heute noch relevant? Gatermann hatte die Form und die Verzierungen der Keramik eingehend untersucht, heute würde man sagen: "merkmalanalytisch". Zentrales Ergebnis waren Tabellen, auf denen er darstellte, welche Verzierungen wie oft mit welchen Verzierungen auf den Bechern gemeinsam miteinander kombiniert sind (heute: "Burt-Tabelle"; op.cit. S. 11 Abb. 1). Neben den beobachteten Häufigkeiten verwendete er auch eine statistische Maßzahl, um den mehr oder minder starken Zusammenhang einzelner Merkmale präziser fassen zu können, den sog. Yule-Koeffizienten (op.cit. S. 10). Er führte noch keine Korrespondenzanalyse im heutigen Sinne durch mit einer algorithmisch begründeten Umordnung der Zeilen und Spalten solcher Tabellen, aber er machte alle nötigen gedanklichen Schritte in diese Richtung - ein wirkliche Pionierarbeit. Erkannt hatte dies Jahre später der britische Archäologe David Leonard Clarke (1937-1976), der Gatermanns System und Methode für seine "Beaker Pottery of Great Britain and Ireland" (1970) adaptierte - jener Clarke, den wir heute als einen der Väter der New Archaeology ansehen.
Heinz Gatermann (1942). Die Becherkulturen in der Rheinprovinz. Würzburg: Konrad Triltsch. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/gatermann1942

11.6.
Facebook zensierte Fotos der Venus von Willendorf – und bittet nun um Entschuldigung
Als "gefährlich pornografisch" zensierte Facebook Ende Dezember ein Foto der gravettienzeitlichen "Venus von Willendorf". Dies geschah nicht lediglich auf Basis der maschinellen Erkennung eines auf der Plattform unerlaubten Inhalts – die Entscheidung von Facebook wurde auch nach der Kommunikation mit der Nutzerin, die das Foto gepostet hatte, beibehalten und Fotografien mehrmalig gelöscht. Zwar erlaubt Facebook "Fotos von Gemälden, Skulpturen und anderen Kunstformen, die nackte Figuren zeigen", aber der Anblick einer paläolithischen Venus-Darstellung brachte Facebook mutmaßlich aus dem Konzept. Nach weltweiter Fassungslosigkeit der Nutzer und entsprechenden Kommentaren – auch vom Naturhistorischen Museum Wien, wo sich die Figurine befindet – hat Facebook Anfang März um Entschuldigung gebeten und das Foto erlaubt. Unklar ist noch, ob Facebooks Sittenwächter Fotografien anderer paläolithischer Venus- oder gar Phallusdarstellungen verkraften würden.
"Facebook censors 30,000 year-old Venus of Willendorf as 'pornographic'" (The Art Newspaper, 27.2.): https://www.theartnewspaper.com/news/facebook-censors-famous-30-000-year-old-nude-statue-as-pornographic
"Facebook entschuldigt sich für Zensur der prähistorischen ‚Venus von Willendorf‘" (Epoch Times, 1.3.): http://www.epochtimes.de/technik/digital/facebook-entschuldigt-sich-fuer-zensur-der-praehistorischen-venus-von-willendorf-a2362133.html

11.7.
"Archäologische Denkmalpflege" - der neue Blog von Raimund Karl
Der gebürtige Österreicher Dr. Raimund Karl, Professor für Archäologie und Denkmalpflege an der Prifysgol Bangor University in Nordwales (Großbritannien) ist unter die Blogger gegangen: Am 6.2. hat er seinen Blog "Archäologische Denkmalpflege" eröffnet und mit Elan begonnen - bis zur ersten Märzwoche waren elf Beiträge verzeichnet. Der erfahrene Blogger Rainer Schreg, der sein "Archaeologik" bereits 2010 startete, begrüßt den neuen Kollegen und kommentiert: "Raimund Karl [...] ist ein unbequemer Denker, provoziert gerne und erfolgreich und hat so schon manchen im Fach gegen sich aufgebracht. Zu seinen Interessensgebieten zählt die Auseinandersetzung mit der Praxis der archäologischen Denkmalpflege, an der er manches zu kritisieren hat. Viele Themen sind in der Tat viel zu wenig reflektiert und werden allenfalls im internen Kreis der Denkmalpfleger diskutiert. Diese Diskussionen in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, ist ein Anliegen von Raimund Karl, denn schließlich wird mit öffentlichem Interesse argumentiert und mit öffentlichen Geldern operiert." Die von Karl angestrebte Wirkung, nämlich eine vermehrte Debatte um die Theorie und Praxis der archäologischen Denkmalpflege und deren bessere Fundierung, ist schnell eingetreten: der Blogger Paul Barford, der beim Thema Sondengänger gänzlich anderer Meinung ist als Karl, hat bissig geantwortet.
Blog von Raimund Karl "Archäologische Denkmalpflege" (ISSN 2516-4309): http://archdenk.blogspot.de/
Rainer Schreg: "Sicher unbequem - sicher nötig: Der neue Blog von Raimund Karl" (Archaeologik, 5.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/03/sicher-unbequem-sicher-notig-der-neue.html
Paul Barford: "Bangor Bloggers versus the Preservationists" (Portable Antiquity Collecting and Heritage Issues, 4.3.): http://paul-barford.blogspot.de/2018/03/bangor-bloggers-versus-preservationists.html

11.8.
Sehenswert: ARTE-Doku "Das Mädchen von Egtved"
Das Mächen von Egtved (Ost-Jütland), die Bestattung einer 16- bis 18-jährigen jungen Frau aus der Zeit um 1.370 v. Chr., hat seit ihrer Entdeckung im Jahr 1921 vielfältige Überlegungen und Fantasien ausgelöst (vgl. DGUF-Newsletter vom 2.6.2015 Punkt 3.7.). Die Baumsargbestattung ist sehr gut erhalten, und das Erhaltene hat eine starke suggestive Kraft, der man sich nur schwer entziehen kann. Der kurze und nicht blickdichte wollene Schnurrock beispielsweise gab stets Anlass für Rekonstruktionen und einschlägige Bilder. Nüchternes archäologisches Fachwissen zur Taphonomie ist da eher hinderlich: Es gibt Erhaltungsbedingungen, unter denen sich Wolle erhält, aber kein Leinen, und vice versa. Das sehr saure Milieu in Egtved verhindert die Leinenerhaltung. Archäologenverstand ergänzt also einen soliden leinenen Unterrock zu dem lichten Schnurgeflecht - aber das ist eben keine so eingängige Geschichte. Im Jahr 2015 war es die Analyse stabiler Isotopen mit auffallend hohen Strontium-Werten, die erheblich vom lokalen Milieu Ost-Jütlands abweichen. Ähnlich hohe Werte sind für den Schwarzwald belegt, und schwuppdiwupp stammte das Mädchen von Egtved aus dem Schwarzwald. Dass es ähnlich hohe Isotopenwerte viel näher zu Egtved beispielsweise in England gibt, und dass man für viele Regionen Europas deren natürliches Isotopenmuster schlicht noch nicht kennt, diese selbstverständlichen quellenkritischen Überlegungen möchte man allzu gerne ausblenden, weil doch die Geschichte mit dem Schwarzwald so eingängig ist (und in der Tat nicht sicher falsch). Aus diesem Stoff, der das Erzählen vieler schöner Geschichten ermöglicht, hat ARTE nun eine ausführliche Doku gewebt: Schöne Bilder, eine hübsche junge Darstellerin streift durch zauberhafte Landschaften, edel ins Bild gesetzte Archäologen sprechen bedeutungsvolle Sätze in die Kamera, und vor allem viele Laborarchäologen in weißen Kitteln, Handschuhen und mit Mundschutz - ein neues Archäologenbild löst den vertrauten Lara- und Indy-Style ab. "Nebenbei" viele richtige und sinnvolle Informationen, die dem Zuschauer vermittelt werden, mit dem Tenor: Es gab viel Kommunikation, Austausch, Wanderung. Ein Schuft, der hier mehr Zeitgeist und Wir-wollen-dass-es-so-war wahrnimmt als die Geschichte der Bronzezeit. Eine sehenswerte Doku, die man als eine gute Präsentation von Bronzezeit-Archäologie anschauen kann, und auch als eine wertvolle Dokumentation darüber, wie sich Archäologie in den 2010er Jahren selbst inszeniert.
"Das Mädchen von Egtved" (ARTE, 24.2.; Video, 53 Min., verfügbar bis 24.5.): https://www.arte.tv/de/videos/069090-000-A/das-maedchen-von-egtved/

11.9.
Für Kinder: Malbuch "Abenteuer in der Archäologie"
Gut verständliche kurze Texte lesen, wie Archäologen forschen und was sie finden, damit etwas über die Vorgeschichte erfahren - und gleichzeitig Zeichnungen ausmalen: das bietet das 15-seitige Malbuch "Abenteuer in der Archäologie". Es wurde vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte entwickelt, existiert in elf Übersetzungen und steht in der Lizenz CC BY-NC-SA im Open Access zur Verfügung.
http://christinawarinner.com/outreach/children/adventures-in-archaeological-science/
Malvorlagen der Europeana: http://library.nyam.org/colorourcollections/wp-content/uploads/sites/5/2018/02/Europeana_ColorOurCollections_2018.pdf


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