DGUF-Newsletter vom 31.1.2018

DGUF-Newsletter vom 31.1.2018


1. DGUF-Nachrichten
1.1. Nennenswertes Wachstum: DGUF-Medien in Zahlen
1.2. DGUF-Forum zu Berufsfragen startet erst im Februar

2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1. Roman Networks in the West 2. Late Latène and Roman Archaeology between Moselle, Meuse and Rhine. Concepts of Land Use and Identities in Times of Transition (Krefeld-Linn, 14.-16.6.; CfP bis 15.2.)
2.2. "Experimentelle Archäologie und konkrete Unterstützung beim Darstellungsaufbau" (Ellwangen, 17.-18.2.)
2.3. CIfA-Jahrestagung: "Pulling together: collaboration, synthesis, innovation" (Brighton, 25.-27.4.)
2.4. "Training Archaeologists for Transnational Mobility". Annual Round Table of the Committee on the Teaching and Training of Archaeologists (Barcelona, 5.-8.9.)
2.5. "Glaube, Kunst und Herrschaft – Mittelalterliche Klöster zwischen Saale und Mulde" (Ponitz, 23.-24.11.; CfP bis 30.4.)
2.6. "Development-led archaeology in Europe. Meeting the needs of archaeologists, developers and the public". EAC-Jahrestagung (Sofia, 22.-24.3.)

3. Forschung
3.1. Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
3.3. Aktuelle Forschung in den Medien
3.4. Manipulation in der Forschung: Untermaßfeld in Thüringen ist keine paläolithische Fundstätte
3.5. Hobby-Archäologe entdeckt vergessenes Stück der Berliner Mauer
3.6. DNA eines vor 11.500 Jahren begrabenen Neugeborenen erhellt die Besiedlungsgeschichte Amerikas
3.7. Neue Thesen zur Übertragung der mittelalterlichen Pest
3.8. Österreichische Archäologen dürfen zurück nach Ephesos
3.9. 500.000 Jahre alter Faustkeil-Fundplatz in Israel entdeckt
3.10. Menschliche Vorfahren verließen Afrika vor mindestens 177.000 Jahren

4. Kulturgutschutz
4.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2. Kulturgutzerstörung als Kriegsverbrechen - Interview mit Ahmad Al Faqi Al Mahdi, einem Zerstörer der Mausoleen von Timbuktu
4.3. Rheinisches Braunkohlenrevier: Immerather "Dom" abgerissen, internationale Aufmerksamkeit für Zerstörung von Kulturgut
4.4. Antikenrazzia bei New Yorker Milliardär

5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1. Warnzeichen ohne Lösung: "Memorandum zur Situation der Vermittlungsarbeit im Museum im Hinblick auf Scheinselbständigkeit"
5.2. Neueste Ausgabe des Kulturmanagement-Network-Magazins zum Thema Cultural Leadership
5.3. Doch kein künftiger Archäologen-Mangel in Großbritannien
5.4. Carillion-Pleite scheint nur geringe Auswirkungen auf britische Archäologie zu haben
5.5. Neuer Landesarchäologe in Schleswig-Holstein: Dr. Ulf Ickerodt
5.6. Tübinger Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie für Dr. Frido Welker
5.7. Arbeitsbedingungen studentischer Hilfskräfte: Warnstreiks an Berliner Universitäten
5.8. "Sachgrundlose Befristung": eine Domäne von Staat und Wissenschaft
5.9. Drohende Kürzungen im Archäologischen Dienst des Kantons Neuenburg (Schweiz)
5.10. Französische Grabungsfirmen beklagen unfaire Konkurrenz durch die staatliche Denkmalpflege INRAP
5.11. Die problematische Suche nach einer Archäologin bzw. einem Archäologen für ein Museum

6. Berufsverband
6.1. CIfA-Verhaltenskodex ist in deutscher Sprache verfügbar

7. Open Access & Open Data
7.1. Schweizer Nationalfonds macht Open Access verbindlich, auch für Monografien
7.2. Warum Publikationsgebühren im Open Access ein faires Modell sein können – und warum es sie auch im Closed Access gibt
7.3. 1 : 0 für DEAL gegen Elsevier

8. Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1. Spinnen und Weben für die Wissenschaft, oder: Mit Profi-Citizen-Scientists zusammenarbeiten
8.2. Verwaltungsgebühr schafft Unruhe bei Schwedens Sondengängern
8.3. Projekt des British Museum: Forscher und Bürger erschließen gemeinsam 4000 Jahre ägyptische Geschichte
8.4. Guter Datenjournalismus eröffnet Blick auf öffentliche Wahrnehmung von Archäologie

9. Ausstellungen und Museen
9.1. Mehr als 50 Mio. Besucher: Rekordzahlen in Italiens Museen
9.2. Studie "Thüringer Museen im Internet"
9.3. Zum Greifen nah: 3D-Museum der Universität Tübingen
9.4. Übersicht: Aktuelle Initiativen und Studienangebote für die Vermittlungskompetenz von Wissenschaft im Museum

10. Und sonst …
10.1. "Aufsatz bitte schnell und kostenlos statt kostenpflichtig" - Tipps für hilfreiche Tools
10.2. Fünfzehn Tipps zur Visualisierung von Informationen
10.3. Gibt es wirklich: Weltatlas des Alters von Grenzen
10.4. Hermann Parzinger bittet Wissenschaftsrat um externe Evaluation der SPK
10.5. "Grundfragen der Urgeschichtsforschung" (1928) von K. H. Jacob-Friesen online
10.6. Immer nur Micky Maus ist ja auch langweilig - der Teppich-von-Bayeux-DIY-Comic-Generator ist zurück!
10.7. Doggerland: Was wäre wenn der Meeresspiegel nur etwas niedriger stünde?
10.8. Denkmalschutz und Denkmalpflege: für wen eigentlich?
10.9. Korrespondenz des Ägyptologen Georg Steindorff (1861-1951) online zugänglich
11.10. Römischer Straßenatlas für Britannien - oder: Auskartieren leicht gemacht!
10.11. Sudanesisches Arabisch und Nobiin - ein Grabungswörterbuch für Sudanforschende
10.12. Niedersachsen: "Einbeck im Mittelalter" digital verfügbar

11. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.2.
Nennenswertes Wachstum: DGUF-Medien in Zahlen
Gewiss, Klicks sind nicht alles, bisweilen findet Bedeutendes zunächst kaum Wahrnehmung und umgekehrt Unbedeutendes gerade in den Social Media beachtliche Resonanz. Dennoch ist eine Steigerung der Reichweite grundsätzlich erfreulich. Alle Online-Kanäle der DGUF haben im Jahr 2017 ein nennenswertes Wachstum erreicht. Die Zugriffe auf die Online-Ausgabe der Zeitschrift "Archäologische Informationen" betrugen im Jahr 2017 insgesamt 97.883 Downloads (i. e. 8.157 pro Monat), ein Plus von 13 % gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Abonnenten des DGUF-Newsletters stieg auf 1.495, ein Plus von 12 %. Ein besonders starkes Wachstum verzeichneten die Social-Media-Kanäle der DGUF: Die Twitter-Reichweite stieg auf 459 Follower (+ 78 %), die Facebook-Seite der DGUF auf 1.818 Abonnenten (+ 101 %). Der im Jahr 2017 neu aufgesetzte DGUF-Kanal bei YouTube erreichte 1.939 Aufrufe, die den Videos der DGUF-Tagung im Juli 2017 galten. Die DGUF freut sich über die Abonnenten, Zuschauer und Leser, über jeden Einzelnen. Das anhaltende Wachstum ist eine starke Motivation, die nicht geringen Mühen der gänzlich im Ehrenamt erfolgenden Produktion auf sich zu nehmen.

1.2.
DGUF-Forum zu Berufsfragen startet erst im Februar
Der von der DGUF für Januar 2018 angekündigte Start eines Forums zu Berufsfragen (DGUF-Newsletter vom 24.11.2017 Punkt 1.2.) verzögert sich um etwa einen Monat. Der DGUF-Vorstand bedauert dies, aber die Fülle des Unvorhergesehenen und Super-Dringenden im Dezember und Januar war einfach zu hoch - und ganz auf Weihnachten, Familie und kurze Neujahrspause zu verzichten, wäre auch keine gute Lösung. Wir bitten um Nachsicht für einen verzögerten Start.


2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1.
Roman Networks in the West 2. Late Latène and Roman Archaeology between Moselle, Meuse and Rhine. Concepts of Land Use and Identities in Times of Transition (Krefeld-Linn, 14.-16.6.; CfP bis 15.2.)
Neue Forschungsergebnisse zur römischen Zeit zwischen Maas, Mosel und Rhein stehen im Fokus des ersten Tages. Der 15.6. soll den Übergang von der Spätlatènezeit zur römischen Zeit (ca. 150 v. Chr. bis 150 n. Chr.) zwischen Rhein, Maas und Mosel mit Ausblicken ins Rechtsrheinische behandeln. Die drei großen Prozesse Latènisierung, Romanisierung und Germanisierung sollen mit zwei Ansätzen näher betrachtet werden, schreiben die Veranstalter: "Zum ersten im Rahmen einer landschaftsarchäologischen Perspektive, die den Übergang von der eisenzeitlichen zur voll entwickelten römischen Siedlungsstruktur mit ihren Villen und Vici aufgreift. Dabei sind vor allem im Süden spätlatènezeitliche befestigte Siedlungen zu nennen, gegenüber der mehr disparaten Siedlungsstruktur im Norden. Zum zweiten steht der Blick auf die Änderungen in der materiellen Kultur. Dies betrifft insbesondere die Keramik, aber auch das Münzwesen, die Fibelspektren, Metallgefässe oder Militaria." Für den 16.6. ist eine Exkursion zu römischen Denkmälern in Krefeld und Umgebung geplant. Vorschläge für Vorträge sind bis 15.2. erbeten. Die Tagung wird veranstaltet vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland mit dem Museum Burg Linn in Krefeld sowie den Universitäten Köln (Archäologie der Römischen Provinzen) und Mainz (Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie).
http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/de/aktuelles/veranstaltungen/roman_nw_2.html

2.2.
"Experimentelle Archäologie und konkrete Unterstützung beim Darstellungsaufbau" (Ellwangen, 17.-18.2.)
Mit dieser Fortbildungsveranstaltung möchte das Alamannenmuseum Ellwangen engagierte Geschichtsdarsteller dabei unterstützen, ihre Darstellung auszubauen und ihr Vermittlungskonzept professioneller zu gestalten. Die Veranstaltung umfasst zwei Schwerpunktthemen: einerseits die experimentelle Archäologie und andererseits die konkrete Unterstützung beim Darstellungsaufbau. Was unterscheidet einen Versuch von einem wissenschaftlichen Experiment? Ist der x-te Grubenbrand noch experimentelle Archäologie? Beim Thema "Darstellungsaufbau" sollen Projekte der Teilnehmer besprochen und wenn möglich ein "Fahrplan" für die Umsetzung entwickelt werden. Auch wer momentan kein aktuelles Projekt in Bearbeitung hat, kann nützliche Erfahrungen für die Zukunft sammeln, schreiben die Veranstalter. Die dargestellten Methoden sind auch auf andere Epochen übertragbar. Anmeldeschluss ist am 11.2.
http://www.ellwangen.de/index.php?id=332?&id=332&no_cache=1&publish[id]=407255&publish[start

2.3.
CIfA-Jahrestagung: "Pulling together: collaboration, synthesis, innovation" (Brighton, 25.-27.4.)
Wie kann die Zusammenarbeit von Kulturgüterschutz und Archäologie, aber auch mit der Öffentlichkeit zu allseitigem Vorteil funktionieren? Damit beschäftigt sich die diesjährige Jahrestagung des Chartered Institute for Archaeologists (CIfA), die sich wie immer auch als "training event" für alle Teilnehmenden versteht. Ein besonderer Fokus liegt auf der Frage, wie Projekte erfolgreich und innovativ gestaltet werden können, um ihre Wirkung über den Fachkreis hinaus zu entfalten und sowohl für Archäologie als auch Öffentlichkeit ein Gewinn zu werden. Der Zeitplan der Tagung und das vorläufige Tagungsprogramm sind bereits online zugänglich, wobei neben Vorträgen und Diskussionen auch verschiedene Abendveranstaltungen angeboten werden. Eine Neuerung ist das "Ethic Tournament" am 27.4.: Ähnlich den Regeln von "Jugend debattiert" treten Teams von 3-5 Personen von unterschiedlichen archäologischen Fakultäten oder Institutionen bzw. Firmen gegeneinander an und debattieren ethische Fragestellungen bzw. Problemfälle, die aus dem täglichen Archäologenleben gegriffen sind. Die Kosten für die Teilnahme an der dreitägigen Konferenz reichen bei einer Buchung vor dem 25.3. von 350£ für Nicht-CIfA-Mitglieder (210£ für CIfA-Mitglieder) bis zu 110£ für Studierende; Tageskarten sind ab 55£ erhältlich.
Tagungswebsite: http://www.archaeologists.net/conference/2018

2.4.
"Training Archaeologists for Transnational Mobility". Annual Round Table of the Committee on the Teaching and Training of Archaeologists (Barcelona, 5.-8.9.)
Die transnationale Mobilität von Arbeitskräften wird in Europa immer wichtiger, auch im Bereich der Archäologie. Für Archäologinnen und Archäologen selbst steigert der Blick über die Grenzen des eigenen Heimatlandes selbstverständlich die Chancen, eine erfolgreiche Karriere im selbst gewählten Berufsfeld zu finden. Aber auch für die wirtschaftliche Kapazitätsplanung kann die Mobilität archäologischer Arbeitskräfte essentiell sein: Gibt es einen Bauboom, fehlen oft die notwendigen qualifizierten Arbeitskräfte. Bricht der Baumarkt hingegen ein, stehen zahlreiche Kollegen plötzlich ohne Job da. Nehmen wir in der Ausbildung der nächsten Generationen von Archäologen darauf Rücksicht, dass Mobilität auch für sie immer wichtiger wird? Oder bilden wir weiterhin in erster Linie Arbeitskräfte für eine hervorragende nationale Wissenschaft aus? Bei diesem Runden Tisch des Committee on the Teaching and Training of Archaeologists (CTTA), das im Rahmen der EAA-Jahrestagung 2018 stattfinden wird, soll diskutiert werden, wie wir künftige Generationen von Archäologinnen und Archäologen besser auf eine transnationale Karriere in der europäischen Archäologie vorbereiten können.
Abstract des Round Tables: https://eaa.klinkhamergroup.com/eaa2018/sessions/overview/preview.php?id=605
"Reflecting Futures" - Website der EAA-Jahrestagung 2018: https://www.e-a-a.org/eaa2018

2.5.
"Glaube, Kunst und Herrschaft – Mittelalterliche Klöster zwischen Saale und Mulde" (Ponitz, 23.-24.11.; CfP bis 30.4.)
Im Rahmen der Ponitzer Tagungen zur Frühgeschichte und zum Mittelalter Ostthüringens sollen 2018 neue Forschungen zu mittelalterlichen Klöstern zusammengeführt und interdisziplinär debattiert werden. Die Klöster des frühen und hohen sowie des beginnenden Spätmittelalters waren in vielerlei Hinsicht bedeutsam, entsprechend vielfältig sind die wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit ihnen beschäftigen, und die methodischen Ansätze zu ihrer Erforschung. Die Veranstalter bitten bis 30.4. um Anmeldung von aktuellen, bisher unveröffentlichten Beiträgen aus der Archäologie des Mittelalters, der Bauforschung und Kunstgeschichte, der Landesgeschichte und Kirchengeschichte und angrenzenden Disziplinen, insbesondere aus Ostthüringen und Westsachsen.
https://www.hsozkult.de/event/id/termine-36034

2.6.
"Development-led archaeology in Europe. Meeting the needs of archaeologists, developers and the public". EAC-Jahrestagung (Sofia, 22.-24.3.)
The conference intends to open up a discussion between the heritage management officials, the developers, the archaeologists working in the field and the public. How can we meet the needs of these very different stakeholders and do we always need to? How do politics affect the archaeological heritage management and the different stakeholders? How can they in turn affect politics and politicians? Online registration is open until 15 February.
https://www.europae-archaeologiae-consilium.org/annual-meeting-2018


3. Forschung
3.1.
Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Stephan, R. (2018). "Als ich einen Archäologen suchte" – ein persönlicher Erfahrungsbericht. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 25. Jan. 2018.
Hofer, N. (2018). Rezension zu: Heege, A., Kistler, A. & Naef Galuba, I. (2017). Poteries décorées des Suisse alémanique, 17e-19e siécles (Collections du Musée Ariana à Genève. Keramik der Deutschschweiz, 17.–19. Jahrhundert. Die Sammlung des Musée Ariana, Genf). Genève: Musée Ariana. /und/ Horat, H. & Antonioz, St. (2017). Verre émaillé en Suisse, XVIIIe – XIXe siécles (Collections du Musée Ariana à Genève. Emailliertes Glas aus der Schweiz, 18.–19. Jahrhundert. Die Sammlung des Musée Ariana, Genf). Genève: Musée Ariana. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 21. Jan. 2018.
Becker, V. & Siegmund, F. (2018). Rezension zu: Wamser, L. (2016). Mauenheim und Bargen. Zwei Grabhügelfelder der Hallstatt- und Frühlatènezeit aus dem nördlichen Hegau (Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 2). Wiesbaden: Reichert Verlag. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 14. Jan. 2018.
Streb, Chr. K. (2018). Rezension zu: Brooks, A. & Mehler, N. (eds.) (2017). The Country Where My Heart Is – Historical Archaeologies of Nationalism and National Identity. Gainsville: University Press of Florida. Archäologische Informationen 41, Early View, published online 5. Jan. 2018.
Rambuscheck, U. (2018). Die Vielfalt der Geschlechter: komplexe Identitäten statt binäre Konzepte. Einleitung ins Thema. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 3. Jan. 2018.
http://www.dguf.de/9.html

3.2.
Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Des outils sophistiqués vieux de 385 000 ans découverts en Inde" (Le Monde, 31.1.): http://www.lemonde.fr/sciences/article/2018/01/31/des-outils-sophistiques-vieux-de-385-000-ans-decouverts-en-inde_5250039_1650684.html
Mecklenburg-Vorpommern: "Grabungen im Doberaner Münster: Archäologe findet romanische Kirche" (Ostsee-Zeitung, 26.1.): http://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Bad-Doberan/Archaeologe-findet-romanische-Kirche
England: "Archaeologists find 10,000-year-old crayon in Scarborough" (BBC, 26.1.): http://www.bbc.com/news/uk-england-york-north-yorkshire-42831463
"Frozen in time: glacial archaeology on the roof of Norway" (University of Cambridge, 24.1.): https://www.cam.ac.uk/research/news/frozen-in-time-glacial-archaeology-on-the-roof-of-norway und "Norway’s Melting Glaciers Release Over 2,000 Artifacts" (Smithsonian, 26.1.): https://www.smithsonianmag.com/smart-news/2000-artifacts-pulled-edge-norways-melting-glaciers-180967949/#qHED5td16SBdfxfy.99
"Peru: Inca farming terraces, enclosures unveiled in Cusco" (Andina, 24.1.): http://www.andina.com.pe/ingles/noticia-peru-inca-farming-terraces-enclosures-unveiled-in-cusco-697036.aspx
Nordfriesland: "Ausgrabungen in Viöl: Wikingerfund begeistert Archäologen" (Quelle: SHZ, 23.1.): https://www.shz.de/18878511
"Glas aus Afrika. Ausgrabungen in Nigeria zeigen, dass Afrikaner bereits im 11. Jahrhundert Glas herstellten - lange vor Ankunft der Europäer" (Süddeutsche Zeitung, 22.1.): http://www.sueddeutsche.de/wissen/archaeologie-glas-aus-afrika-1.3835788
Kykladen: "Complex engineering and metal-work discovered beneath ancient Greek 'pyramid'" (The Guardian, 18.1.): https://www.theguardian.com/world/2018/jan/18/complex-engineering-and-metal-work-discovered-beneath-ancient-greek-pyramid
"Ancient DNA results end 4000 year old Egyptian mummy mystery in Manchester" (University of Manchester, 17.1.): http://www.manchester.ac.uk/discover/news/ancient-dna-results-end-4000-year-old-egyptian-mummy-mystery-in-manchester/
Mexiko: "Sacred Mayan Underwater Tunnel Rediscovered in Yucatan" (Telesur, 16.1.): https://www.telesurtv.net/english/news/Sacred-Mayan-Underwater-Tunnel-Rediscovered-in-Yucatan-20180116-0031.html
"Maya-Grab in Guatemala: Rätsel um den roten König" (Spiegel, 15.1.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/maya-grab-in-guatemala-archaeologen-raetseln-ueber-den-roten-koenig-a-1187071.html
Kanada: "Lucky find gives archeologists glimpse into early hunting technology in Yukon. Copper end blade, found in 2016, was recently dated at 936 years old" (CBC News, 15.1.): http://www.cbc.ca/news/canada/north/archaeologist-ice-patches-copper-arrowhead-yukon-first-nations-1.4485895
"Archaeologists unveil two major discoveries in Upper Egypt's Tel Edfu and Kom Ombo" (Ahram, 11.1.): http://english.ahram.org.eg/NewsContent/9/40/287937/Heritage/Ancient-Egypt/Archaeologists-unveil-two-major-discoveries-in-Upp.aspx
Südsibirien: "Schweizer Archäologe entdeckt das älteste Grab eines Skythenfürsten" (SNF, 11.1.): http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-180111-medienmitteilung-aeltestes-grab-eines-skythenfuersten.aspx
"Mauerpark-Sensationsfund. Archäologen entdecken DDR-Fluchttunnel" (Berliner Zeitung, 11.1.): https://www.berliner-zeitung.de/29463536
"Viking centre discovered in Cork city predates Waterford settlement" (The Irish Times, 10.1.): https://www.irishtimes.com/news/ireland/irish-news/viking-centre-discovered-in-cork-city-predates-waterford-settlement-1.3350654
"Ancient Jew’s harps found in Altai Mountains as musical instruments reappear after 1,700 years" (The Siberian Times, 9.1.): http://siberiantimes.com/science/casestudy/news/ancient-jews-harps-found-in-altai-mountains-as-musical-instruments-reappear-after-1700-years/
"Griechisch-römischer Grabstein in Tempelform bei Alexandria entdeckt" (Selket's Blog, 8.1.): https://blog.selket.de/aus-der-archaeologie/griechischer-grabstein-in-tempelform-bei-alexandria-entdeckt
"Ancient Cave in China Filled With 45,000-Year-Old Stone Tools and Animal Bones, New Excavation Reveals" (Newsweek, 3.1.): http://www.newsweek.com/ancient-cave-china-45000-year-old-stone-toolsanimal-bones-excavation-768608
"Ancient henge discovered in Yorkshire" (The Yorkshire Post, 29.12.): https://www.yorkshirepost.co.uk/news/ancient-henge-discovered-in-yorkshire-1-8930717
Republik Chakassien: "Magical new 4,500 year old finds add to 'oldest toy collection in the world'" (The Siberian Times, 28.12.): http://siberiantimes.com/science/casestudy/news/magical-new-4500-year-old-finds-add-to-oldest-toy-collection-in-the-world/
"7000-year-old residence found in western Iran" (Tehran Times, 25.12.): www.tehrantimes.com/news/419694/7000-year-old-residence-found-in-western-Iran
"Strength of Egypt's Canal of the Pharaohs re-emerges. CNR archaeologists discover another wall at Tell el-Maskhuta" (Ansamed, 15.12.): http://www.ansamed.info/ansamed/en/news/sections/generalnews/2017/12/15/strength-of-egypts-canal-of-the-pharaohs-re-emerges_c62069d4-0e29-4c4b-a5b7-b30231622743.html

3.3.
Aktuelle Forschung in den Medien
"Wie man im Mittelalter Lebensmittel haltbar machte" (Der Standard, 29.1.): https://derstandard.at/2000072267052/Wie-man-im-Mittelalter-Lebensmittel-haltbar-machte
"Der Sammler und die Jägerin. Geschlechterbilder in der Steinzeit" (SWR, 26.1.): https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/geschlechterbild-steinzeit/-/id=660374/did=20824854/nid=660374/1siksg6/index.html
"Mumienfund in Basel Das ist die Ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-Oma von Boris Johnson" (Spiegel, 25.1.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/boris-johnson-mumie-aus-basel-erweist-sich-als-urahnin-a-1189665.html
"In Cave in Israel, Scientists Find Jawbone Fossil From Oldest Modern Human Out of Africa" (The New York Times, 25.1.): https://www.nytimes.com/2018/01/25/science/jawbone-fossil-israel.html und "Knochenfund in Israel: Menschen verließen Afrika früher als gedacht" (ZEIT, 25.1.): http://www.zeit.de/wissen/2018-01/knochenfund-israel-homo-sapiens-ueberreste-moderner-mensch-afrika-palaeontologie-evolution
"Researchers pose revolutionary theory on horse evolution" (New York Institute of Technology, 25.1.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-01/nyio-rpr012518.php
"Langsame und späte Evolution des menschlichen Gehirns. Fossilien von Homo sapiens belegen, dass das menschliche Gehirn erst allmählich seine runde Form angenommen hat" (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, 24.1.): https://www.mpg.de/11882963/homo-sapiens-gehirn-evolution
Atapuerca: "El uso preferente de la mano derecha es más antiguo de lo que se pensaba" (Sinc, 24.1.): http://www.agenciasinc.es/Noticias/El-uso-preferente-de-la-mano-derecha-es-mas-antiguo-de-lo-que-se-pensaba
"Mexico’s Teotihuacan ruins may have been 'Teohuacan'" (The Washington Post, 23.1.): https://www.washingtonpost.com/world/the_americas/mexicos-teotihuacan-ruins-may-have-been-teohuacan/2018/01/23/e6f94902-008f-11e8-86b9-8908743c79dd_story.html
"The role of cranial modification in identity formation. Did head shape encourage unity and cooperation in politics?" (University of Chicago Press Journals, 23.1.): http://www.journals.uchicago.edu/journals/ca/pr/180123
"Forensic Researchers Find Femur Offers Insight Into Age of Deceased" (North Carolina State University, 23.1.): https://news.ncsu.edu/2018/01/femur-density-age-2018/
"Have scientists really found the germ responsible for killing 15m Aztecs?" (The Conversation, 18.1.): https://theconversation.com/have-scientists-really-found-the-germ-responsible-for-killing-15m-aztecs-90263
Norwegen: "Houses reused for over 1000 years during Stone Age" (Science Nordic, 17.1.): http://sciencenordic.com/houses-reused-over-1000-years-during-stone-age
"Mögliche Ursache der mexikanischen Epidemie in der frühen Kolonialzeit identifiziert" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 15.1.): http://www.shh.mpg.de/787592/possible-cause-of-early-colonial-era-mexican-epidemic-identified
Berlin: "Wo Gegenstände sprechen lernen – Archäologie im KZ Columbia" (Deutsche Welle, 13.1.): http://www.dw.com/de/wo-gegenst%C3%A4nde-sprechen-lernen-arch%C3%A4ologie-im-kz-columbia/a-42122765
"Fossil DNA sheds light on origins of early Scandinavians. New genetic research shows that the original population of Scandinavia came from both western Europe and Russia" (The Copenhagen Post, 10.1.): http://cphpost.dk/news/fossil-dna-sheds-light-on-origins-of-early-scandinavians.html
"Un estudio de la UAH sitúa al Homo sapiens en Tamajón (Guadalajara) en el Paleolítico Superior" (El Heraldo, 8.1.): https://www.elheraldodelhenares.com/prov/un-estudio-de-la-uah-situa-al-homo-sapiens-en-tamajon-guadalajara-en-el-paleolitico-superior/
"Geoarchäologische Studie: Karlsgraben blieb unvollendet" (Universität Hildesheim, 8.1.): https://www.uni-hildesheim.de/neuigkeiten/geoarchaeologische-studie-karlsgraben-blieb-unvollendet/
"Blackbeards Lektüre: Was haben Piraten eigentlich gelesen? Archäologen ist es gelungen, kleine Papierschnipsel aus dem 300 Jahre alten Wrack der Queen Anne’s Revenge zu identifizieren" (National Geographic, 8.1.): http://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2018/01/blackbeards-lektuere-was-haben-piraten-eigentlich-gelesen
"Ancient board game has no parallel in Europe. The game was found in the tomb of a Germanic prince in Poprad" (The Slovak Spectator, 5.1.): https://spectator.sme.sk/c/20730977/ancient-board-game-has-no-parallel-in-europe.html
"Did ancient irrigation technology travel Silk Road? 1,600-year-old system allowed farming in one of world’s driest climates" (Washington University in St. Louis, 3.1.): https://source.wustl.edu/2018/01/irrigation/
"In the Bones of a Buried Child, Signs of a Massive Human Migration to the Americas" (The New York Times, 3.1.): https://www.nytimes.com/2018/01/03/science/native-americans-beringia-siberia.htmlSaudi-Arabien: "Ancient Axes, Spear Points May Reveal When Early Humans Left Africa" (LiveScience, 27.12.): https://www.livescience.com/61285-stone-tools-found-in-saudi-arabia.html
"Neandertaler-Gene in Menschen einschleusen - Projekt Wiederauferstehung" (Spiegel, 22.12.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/neandertaler-gene-in-menschen-einschleusen-projekt-wiederauferstehung-a-1184248.html
"Größter DNA-Pool zur Neolithisierung in Ungarn erfasst" (DAI, 11.12.): https://www.dainst.org/-/der-lokale-einfluss-uberwiegt-gro%C3%9Fe-dna-studie-zur-entwicklung-der-bevolkerung-europas-im-neolithikum

3.4.
Manipulation in der Forschung: Untermaßfeld in Thüringen ist keine paläolithische Fundstätte
Frühe Zeugnisse von Hominiden in Europa sind selten, das Publizieren von Material älter als ca. 500.000 vor heute findet daher verlässlich und berechtigt stets hohe Aufmerksamkeit: Ein Platz in einem guten Journal mit hohem Impact-Faktor ist sicher, breitere mediale Aufmerksamkeit eingeschlossen. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. In einem langen, nüchternen und stets transparenten Aufsatz legen Wil Roebroeks und Co-Autoren dar, dass die als Artefakte veröffentlichten Steine und als anthropogen dargestellten Schnittspuren an Knochen, die vom bekannten Fundplatz Untermaßfeld in Thüringen (ca. 1 Mio. Jahre vor heute) stammen oder ihm zugeschrieben werden, keine anthropogenen Artefakte seien. Als solche wurden sie jedoch 2016 und 2017 von G. Landeck und J. Garcia Garriga in hochrangigen und peer-reviewten Zeitschriften publiziert. Roebroeks et al. zeigen auf, dass einige der publizierten Funde, die offenbar aus laufenden Grabungen gestohlen und später z.T. (?) anonym und dekontextualisiert wieder zurückgegeben wurden, sicher keine Artefakte sind, und dass für einen wichtigen Teil weiterer von Landeck und Garcia Garriga als anthropogen angesprochener Funde jeder Herkunfts- und Aufbewahrungsnachweis fehlt. Eine Nachkontrolle, ein zweiter Blick auf diese Funde durch andere Wissenschaftler ist also nicht möglich. Geradezu bestürzend sind die Nachbemerkungen ("notes") am Ende des Aufsatzes von Roebroeks et al., aus denen hervorgeht, dass dieser Aufsatz bei zwei (bislang) sehr angesehenen Zeitschriften nicht zur Publikation kam, u. a. weil die Herausgeber von den Autoren das Streichen entscheidender, gegen die Aussagen von Landeck und Garcia Garriga gerichteter Text-Passagen verlangten. Auch wenn es enttäuschend sein mag, dass ein sehr früher Hominiden-Fundplatz in Thüringen nun sicher keiner mehr ist: lesen! - zumindest das Ende des Aufsatzes.
Roebroeks, W., Gaudzinski-Windheuser, S., Baales, M. & Kahlke, R.-D. (2017). Uneven Data Quality and the Earliest Occupation of Europe—the Case of Untermassfeld (Germany). Journal of Paleolithic Archaeology, 27.12.2017: https://doi.org/10.1007/s41982-017-0003-5 / Open Access: https://rd.springer.com/article/10.1007%2Fs41982-017-0003-5#CR47
Zuvor als Pre-Print publiziert: Roebroeks, W., Gaudzinski-Windheuser, S., Baales, M. & Kahlke, R.-D. (2017). Uneven Data Quality and the Earliest Occupation of Europe: The Case of Untermassfeld (Germany). bioRxiv, 31.10.2017: https://www.biorxiv.org/content/early/2017/10/31/211268
Woraufhin die betroffene Zeitschrift zeitnah mit einem "Expression of Concern" reagierte: Journal of Human Evolution (13.11.2017): http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0047248417304633
Zu einem anderen Aspekt des gleichen Falles: "Irreparable Schäden: Wenn Hobbyforscher durch Thüringen streifen" (mdr Thüringen, 15.12.): https://www.mdr.de/thueringen/mitte-west-thueringen/weimar/ausgrabung-knochen-diebstahl-untermassfeld-100.html
"Menschheitsgeschichte muss nicht neu geschrieben werden: Der »Fall Untermaßfeld«" (Archäologie online, 20.1.): https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/menschheitsgeschichte-muss-nicht-neu-geschrieben-werden-3785/
Callaway, E. (2017). Archaeologists say human-evolution study used stolen bone. NATURE news, 13.11.2017: https://www.nature.com/news/archaeologists-say-human-evolution-study-used-stolen-bone-1.22984

3.5.
Hobby-Archäologe entdeckt vergessenes Stück der Berliner Mauer
In einem Wald in Berlin-Schönholz steht ein 80 Meter langes Stück Berliner Mauer, das nach 1989 abzureißen vergessen wurde. Sogar die Verteileranschlüsse der Alarmdrähte sind noch vorhanden."Es ist nach allem, was ich in den Archiven ermitteln konnte, das letzte existierende Stück Ur-Mauer", sagt Entdecker Christian Bormann und meint damit eine Grenzmauer aus der Zeit vor Errichtung des eigentlichen Todesstreifens an diesem Grenzabschnitt. Das Landesdenkmalamt ging bisher davon aus, dass keine baulichen Reste dieser Art mehr existieren. Denn meist wurden sie bereits mit der Errichtung modernerer Grenzzsicherungsanlagen abgebrochen. Wahrscheinlich blieb die Mauer stehen, weil sie an dieser Stelle tief in den Wald hineinreicht, damit schwer einsehbar und kaum noch als Teilstück der Mauer erkennbar ist. Auch Reste vom Vergnügungspark Traumland Schönholz aus den 1930er Jahren und dem später darauf errichteten Zwangsarbeiterlager Luna Lager Schönholz entdeckte Bormann.
"Heimatforscher entdeckt 80 Meter langes Stück der Berliner Mauer" (Berliner Zeitung, 23.1.): https://www.berliner-zeitung.de/29539090

3.6.
DNA eines vor 11.500 Jahren begrabenen Neugeborenen erhellt die Besiedlungsgeschichte Amerikas
Über die Erstbesiedlung des amerikanischen Kontinents gibt es zahlreiche Theorien. Nachdem vor kurzem eher dubios bis skurrile Vermutungen über auf Eisschollen von Frankreich über den Atlantik treibende Europäer (Stanford & Bradley, 2013) oder Mastodon jagende Frühmenschen in Kalifornien (Guardian, 26.4.2017) in den Medien verbreitet wurden, hat es jetzt auch eine Studie geschafft, die ein weniger spektakuläres, dafür aber stimmiges Modell zur Besiedlung Amerikas vorlegt (Nature, 3.1.2018). Die Untersuchung der DNA eines vor 11.500 Jahren in einer Fundstelle in Alaska ("Upward Sun River site") bestatteten Neugeborenen durch eine interdisziplinäre Forschergruppe um den dänischen Genetiker Eske Willerslev belegt zum ersten Mal eine Urbevölkerung der Region um die Beringstraße, von der alle indigenen Völker Amerikas abstammen. Über komplizierte statistische Verfahren und unter der Voraussetzung einer durchschnittlichen Mutationsrate zeigt sie, dass sich die gemeinsamen Vorfahren der "Beringier" (also auch des bestatteten Kindes) und der späteren Amerikaner bereits vor etwa 36.000 Jahren von ihren Ahnen in Asien abspalteten. Zwar gab es noch vereinzelte Kontakte ("gene flow") nach Asien, die dann aber mit dem Beginn des letzten glazialen Maximums und der Entvölkerung Sibiriens vor etwa 24.000 Jahren völlig zum Erliegen kamen. Die Linien der Beringier und der späteren Amerikaner trennten sich dann vor etwa 20.000 Jahren. Bislang nicht abschließend zu klären ist lediglich, ob diese Trennung westlich oder bereits östlich der heutigen Beringstraße geschah – die Archäologie spricht für Westberingia, denn in Alaska gibt es bisher keine Fundstellen, die älter als 15.000 Jahre sind. Durch den niedrigen Meeresspiegel der letzten Eiszeit waren Asien und Nordamerika damals über eine zusammenhängende Landmasse verbunden, aber Eisschilde auf dem nordamerikanischen Festland verhinderten eine Ausbreitung der beringischen Bevölkerung nach Süden. Erst vor etwa 15.000 Jahren bildete sich ein eisfreier Korridor, der den Weg nach Amerika frei machte, wo sich nun die nord- und südamerikanischen Linien der Ureinwohner trennten. Was danach mit den beringischen Verwandten des untersuchten Säuglings geschah, lässt sich abschließend nur durch zukünftige DNA-Analysen an anderen Funden klären. Möglicherweise wurden sie von den Vorfahren der heute in Alaska lebenden, von Süden her eingewanderten Athabaskisch-Sprechern absorbiert. Ist damit die Abstammung der heute noch lebenden indigenen Völker Amerikas gemäß der traditionellen, wenn auch inzwischen ein wenig langweiligen Theorie von einer Einwanderung aus Beringia recht überzeugend aufgeschlüsselt, so bleibt dennoch nach wie vor ausreichend Spielraum für spekulative Theorien, die eine noch ältere Besiedlung Amerikas für möglich halten. Das allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese älteren Siedler keinerlei Spuren im fossilen und rezenten Erbgut der Ureinwohner Amerikas hinterlassen haben - oder bis zum Beweis des Gegenteils.
Dennis J. Stanford & Bruce A. Bradley (2013). Across Atlantic Ice. The Origin of America's Clovis Culture. Oakland: University of California Press.
"Could history of humans in North America be rewritten by broken bones? " (Guardian, 26.4.2017): https://www.theguardian.com/science/2017/apr/26/could-history-of-humans-in-north-america-be-rewritten-by-broken-mastodon-bones
Moreno-Mayar, J. V., Potter, B. A., Vinner, L. et al. (2018). Terminal Pleistocene Alaskan genome reveals first founding population of Native Americans. Nature 553, 203-207 (3.1.2018): https://www.nature.com/articles/nature25173
"Auf der Suche nach der Ur-Population Amerikas" (Süddeutsche, 3.1.): http://www.sueddeutsche.de/wissen/anthropologie-achtung-spf-h-auf-der-suche-nach-der-ur-population-amerikas-1.3812416

3.7.
Neue Thesen zur Übertragung der mittelalterlichen Pest
Die vom Bakterium Yersinia pestis verursachte Pest kann beim Menschen auf verschiedene Art ausbrechen, meist als Beulenpest oder als Lungenpest, je nachdem, wie die Infektion erfolgt. Der Infektionsweg der Dritten Pandemie im frühen 19. Jahrhundert ist gut beobachtet: von infizierten Ratten über deren Flöhe (z. B. Xenopsylla cheopis), die auch auf Menschen überspringen, auf Menschen und dann zur Beulenpest führt. Die Frage ist, ob dies auch die Übertragung der ersten Pandemie, der sog. Iustinianischen Pest, und der Zweiten Pandemie, der mittelalterlichen Pestzüge (14.-18. Jh.) war, inklusive der großen Pest 1346–1353, an der besonders viele Menschen in Europa starben. Ein Forscherteam hat nun die verfügbaren historischen Daten zu Pestzügen, -dauern und -verläufen der Zweiten Pandemie zusammengestellt und die verschiedenen Übertragungsszenarien mathematisch dargestellt und simuliert. Bisher hatte man die Unterschiede im Verlauf der Zweiten und Dritten Pandemie mit einer Veränderung des Bakteriums erklärt. Nun zeigen diese Simulationen, dass die Unterschiede eher mit der Übertragung zusammenhängen: Das Modell Ratte und Floh des frühen 19. Jahrhunderts passt nicht zu den Beobachtungen der Zweiten Pandemie und ebenso wenig die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch, die dann als Lungenpest ausbricht. Vielmehr stimmt eine Übertragung durch menschliche Parasiten, nämlich Läuse (Pediculus humanus humanus) und Flöhe (Pulex irritans), am besten mit den Beobachtungen überein. So steht nun die These im Raum, dass die Ratten, die heute als Reservoire für das Pestbakterium gelten, als Verursacher der Zweiten Pandemie "entlastet" sind. Eine provokante These, die gewiss neue Forschungen nach sich ziehen wird.
Deana, K. R., Krauer, F., Walløe, L., Lingjærde, O. Chr., Bramanti, B., Stenseth, N. Chr. & Schmida, B. V. (2018). Human ectoparasites and the spread of plague in Europe during the Second Pandemic. PNAS, 16. Jan. 2018. doi: 10.1073/pnas.1715640115 http://www.pnas.org/content/early/2018/01/09/1715640115.abstract
"Pest: Brachte der Menschenfloh den schwarzen Tod? " (Spektrum.de, 15.1.): http://www.spektrum.de/news/brachte-der-menschenfloh-den-schwarzen-tod/1532561
"Black Death 'spread by humans not rats'" (BBC News, 15.1.): http://www.bbc.com/news/science-environment-42690577#
"Maybe rats aren't to blame for the Black Death" (National Geographic, 15.1.): https://news.nationalgeographic.com/2018/01/rats-plague-black-death-humans-lice-health-science/

3.8.
Österreichische Archäologen dürfen zurück nach Ephesos
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu teilte am 25.1. mit, österreichische Archäologen dürften wieder in Ephesos graben. Sabine Ladstätter, die Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) zeigte sich sehr erleichtert; man habe vor Weihnachten den Antrag auf Erteilung der Grabungsgenehmigung bei den türkischen Behörden eingereicht. Wegen politischer Spannungen zwischen der Türkei und Österreich mussten im Sommer 2016 die Ausgrabungen des ÖAI in Ephesos und Limyra abgebrochen und an die türkischen Kollegen übergeben werden (DGUF-Newsletter vom 2.11.2017 Punkt 3.5. und vom 28.6.2017 Punkt 3.5.). Österreichische Archäologen graben seit 1895 in Ephesos. Hinsichtlich der Grabungsgenehmigung für Limyra besteht noch Ungewissheit. "Wir hoffen aber", teilte das ÖAI der DGUF mit, "dass die positiven Entwicklungen bezüglich Ephesos bald auch Limyra einschließen."
"Archäologen dürfen zurück nach Ephesos" (ORF, 25.1.): http://science.orf.at/stories/2891594/

3.9.
500.000 Jahre alter Faustkeil-Fundplatz in Israel entdeckt
Am östlichen Rand der dicht besiedelten israelischen Küstenebene, ca. 20 km nordöstlich von Tel Aviv, haben Archäologen des israelischen Antikendienstes und der Universität Tel Aviv bei einer Routinegrabung unerwartet einen ausgedehnten Faustkeil-Fundplatz entdeckt. Bei den Rettungsgrabungen anlässlich der Erschließung eines Neubaugebiets in Jaljulia stießen die Archäologen auf die Ablagerungen eines fossilen Flussbetts, an dessen Ufer frühe Hominiden offenbar ideale Lebensbedingungen vorfanden und sich wiederholt zu mehr oder weniger ausgedehnten "Picknicks" niederließen. Auf einer Fläche von etwa einem ha und in bis zu 5 m Tiefe fanden sich bislang sechs Fundkonzentrationen, z. T. in stratigrafischem Zusammenhang und hervorragender Erhaltung. Nach vorläufigen paläomagnetischen Messungen ist die Fundstelle etwa 500.000 Jahre alt und stammt damit wohl aus der Zeit des Homo Erectus, präzisere Thermoluminiszenz-Datierungen stehen aus. Zu den Funden gehören neben Hunderten von Faustkeilen auch Abfälle der Levallois-Methode, die damit zu frühesten Nachweisen dieser anspruchsvollen Steinbearbeitungstechnik zählen dürften. Die Ausgrabung musste im Dezember 2017 vorläufig beendet werden, die fundführenden Teile des Neubaugebiets sollen aber als Grünanlagen gestaltet werden, um die Option zukünftiger Ausgrabungen zu erhalten.
"Huge Prehistoric 'Picnic Spot' From Half a Million Years Ago Found in Israel" (Haaretz, 8.1.): https://www.haaretz.com/archaeology/1.825168
"Stone age hunter-gatherers' 'paradise' discovered next to major Israeli road" (The Guardian, 7.1.): https://www.theguardian.com/world/2018/jan/07/stone-age-hunter-gatherers-paradise-discovered-in-israel
Homo Erectus: "Israel dig unearths prehistoric 'paradise'" (BBC, 7.1.): http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42598519
"Israelische Forscher finden prähistorische Stätte" (Zeit, 7.1.): http://www.zeit.de/news/2018-01/07/geschichte-israelische-forscher-finden-praehistorische-staette-07131003
"Jaljulia Prehistoric site" (YouTube, 7.1.; Video, 1:49 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=Gu6NkbZX5AU

3.10.
Menschliche Vorfahren verließen Afrika vor mindestens 177.000 Jahren
Schädel- und Kieferfragmente eines frühen Homo sapiens aus der Misliya-Höhle nahe Haifa datieren auf ein Alter von 177.000 bis 194.000 Jahren. Damit hätte der Homo Sapiens Afrika wesentlich früher verlassen als bislang angenommen. Bisher datierte man die Wanderung von Afrika nach Vorderasien auf einen Zeitraum vor 60.000-120.000 Jahren.
"Israeli fossils are the oldest modern humans ever found outside of Africa. Jaw and teeth mark Homo sapiens' early arrival on the Arabian Peninsula" (Nature, 25.1.): https://www.nature.com/articles/d41586-018-01261-5
"Der Mensch besiedelte die Welt früher als gedacht" (Süddeutsche, 25.1.): http://www.sueddeutsche.de/wissen/anthropologie-der-mensch-besiedelte-die-welt-frueher-als-gedacht-1.3841434


4. Kulturgutschutz
4.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
Syrien: "Turkish aggression targets the Ain Dara temple in Efrin" (DGAM, 27.1.): http://dgam.gov.sy/index.php?d=314&id=2374
"Istanbul police destroy smuggling ring planning to sell ancient Sumerian, Akkadian artifacts" (Daily Sabah, 26.1.): https://www.dailysabah.com/history/2018/01/26/istanbul-police-destroy-smuggling-ring-planning-to-sell-ancient-sumerian-akkadian-artifacts
"Peru passes law approving Amazonian 'death roads'. It could devastate several uncontacted Amazon tribes" (Survival International, 25.1.): https://www.survivalinternational.org/news/11915
"The Troubling Origins of the Skeletons in a New York Museum. Thousands of Herero people died in a genocide. Why are Herero skulls in the American Museum of Natural History?" (The New York Times, 24.1.): https://www.newyorker.com/culture/culture-desk/the-troubling-origins-of-the-skeletons-in-a-new-york-museum
Spätantike/Rülzheim: "Prozess um Barbarenschatz vertagt" (SWR, 23.1.): https://www.swr.de/swraktuell/bw/mannheim/landgericht-frankenthal-prozess-um-barbarenschatz-vertagt/-/id=1582/did=21026608/nid=1582/1udbfsf/index.html
Krim: "Russische Zerstörung - oder denkmalpflegerische Notgrabungen?" (Archaeologik, 22.1.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/01/russische-zerstorung-oder.html
"Scientists inform UN about illegal excavations in Azerbaijan’s occupied territories" (Azernews, 19.1.): https://www.azernews.az/culture/125678.html
"Pope Francis warns of threat to Amazon peoples on Peru visit" (BBC, 19.1.): http://www.bbc.com/news/world-latin-america-42755422
"Scotland's historic sites at high risk from climate change, report says" (The Guardian, 15.1.): https://www.theguardian.com/environment/2018/jan/15/scotlands-historic-sites-at-high-risk-from-climate-change-report-says
"Raubgräber im Baltikum" (Archaeologik, 15.1.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/01/raubgraber-im-baltikum.html
"Kulturgut in Syrien und Irak (Dezember 2017)" (Archaeologik, 14.1.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/01/kulturgut-iin-syrien-und-irak-dezember.html
"Das Römische Theater in Mainz wird zum Sorgenkind - Pfeilerstümpfe verrotten" (Allgemeine Zeitung, 8.1.): http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/das-roemische-theater-in-mainz-wird-zum-sorgenkind-pfeilerstuempfe-verrotten_18435339.htm
"Part of 2,500-year-old fort falls into sea" (Irish Examiner, 6.1.): http://www.irishexaminer.com/ireland/part-of-2500-year-old-fort-falls-into-sea-465394.html
"3.000 Sprachen weltweit vom Aussterben bedroht" (Deutschlandfunk, 4.1.): http://www.deutschlandfunk.de/linguistik-3-000-sprachen-weltweit-vom-aussterben-bedroht.1148.de.html?dram%3Aarticle_id=407568
Andreas Schmidt-Colinet, Andrea Zederbauer: "‘We should do nothing!’ On the history, destruction and rebuilding of Palmyra" (Eurozine, 22.12.): http://www.eurozine.com/we-should-do-nothing-on-the-history-destruction-and-rebuilding-of-palmyra/
"Jordaniens Schätze in Gefahr" (Gerda-Henkel-Stiftung; Videoreihe, seit 20.12.): https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/einzigartiger_kulturraum?nav_id=7406

4.2.
Kulturgutzerstörung als Kriegsverbrechen - Interview mit Ahmad Al Faqi Al Mahdi, einem Zerstörer der Mausoleen von Timbuktu
Die Onlinezeitung "The UNESCO Courier" veröffentlichte in ihrer jüngsten Ausgabe ein Interview mit dem Malier Ahmad Al Faqi Al Mahdi, der 2016 vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Gerichtshof in Den Haag zu neun Jahren Haft und der Zahlung einer Geldstrafe von 2,7 Mio. Euro verurteilt worden war (DGUF-Newsletter vom 5.10.2016 Punkt 4.3.). Ihm wurden die Zerstörung von neun historischen Mausoleen und Teilen der Sidi-Yahia-Moschee in Timbuktu im Sommer 2012 zur Last gelegt, die er als Anführer einer islamistischen Terrorgruppe verübt hatte. Das Urteil erregte internationales Aufsehen, da es sich erstmals um eine Anklage und Verurteilung wegen Kulturgutzerstörung handelte und der Tatbestand als Kriegsverbrechen anerkannt wurde. Das sehr lesenswerte Interview beleuchtet detailliert den Werdegang des Verurteilten und die sozialen und kulturellen Verhältnisse in Mali, die seit Jahrzehnten von Spannungen und Konflikten geprägt werden. Was motivierte diesen hochgebildeten Mann, der als Lehrer der sufischen Richtung des Islam gearbeitet hatte und dem die Bedeutung der Denkmäler bewusst war, zu einem radikalen Islamisten zu werden und derartige gegen sein Heimatland und seine eigene Religionsgemeinschaft gerichtete Taten auszuführen?
"Ahmad Al Faqi Al Mahdi: 'I plead guilty'" (The Unesco Courier, Issue Oct-Dec 2017): https://en.unesco.org/courier/2017-october-december/ahmad-al-faqi-al-mahdi-i-plead-guilty

4.3.
Rheinisches Braunkohlenrevier: Immerather "Dom" abgerissen, internationale Aufmerksamkeit für Zerstörung von Kulturgut
Im Rahmen der Entsiedlung des Dorfes Immerath bei Erkelenz, das dem voranschreitenden RWE-Braunkohletagebau Garzweiler weichen muss, wurde am 8. und 9.1. die neoromanische St. Lambertus-Kirche in Immerath - in der Region ob ihrer imposanten Gestalt "Dom" genannt - abgerissen. Am selben Tag, dem 8.1., wurde feierlich das Europäische Kulturerbejahr "Sharing Heritage" in Hamburg eröffnet. Die Immerather Kirche war bereits im Oktober 2013 entweiht worden, die meisten der ehemaligen Einwohner bereits vorher umgesiedelt worden. Die staatliche Denkmalpflege scheint wenig Interesse an der Kirche gehabt zu haben: Nur vier der sechs Glocken wurden in die Kapelle nach Neu-Immerath überführt, die Kirchenfenster durch eine rein private Initiative erst in letzter Minute aus der Kirche gerettet und eingelagert. Der Abriss ging mit einer beachtlichen medialen Aufmerksamkeit einher: neben den Zeitungen auf regionaler und bundesweiter Ebene berichtete auch der WDR ausführlich; die Tagesschau griff das Thema ebenfalls auf. Auch einige ausländische Medien reagierten und gaben eine englischsprachige Meldung von AFP wider. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nutzte den hochemotionalen Moment des Abbruchs und die starken Bilder, um auf die Problematik des Braunkohleabbaus aufmerksam zu machen; Greenpeace-Kletterer ketteten sich in luftiger Höhe fest und plakatierten: "Wer Kultur zerstört, zerstört auch Menschen" in großen Lettern an die Kirche. Sie verzögerten den Abbruch um fünf Stunden. Die DGUF erinnerte an beiden Tagen in den Social Media daran, dass im rheinischen Braunkohlerevier seit langen Jahren 19 von 20 archäologische Fundstellen wissenschaftlich unbeobachtet abgebaggert werden. Aus DGUF-Sicht wird das Verursacherprinzip ‒ wer Schaden am Gemeingut anrichtet, muss die Ausgleichskosten dafür tragen ‒ im Bereich Braunkohlegewinnung sowie bei Sand- und Kiesabgrabungen nicht hinreichend angewandt, und dies widerspricht geltendem Europarecht. Andere Institutionen und Verbände aus der Bodendenkmalpflege griffen den Abbruch des Doms und die Gesamtthematik nicht auf. Der ZEIT fiel das Wegschauen schmerzlich auf. Sie schrieb: "Wo aber bleiben eigentlich unsere Bildungsbürger? Unsere Kultur- und Nationalstiftler? Unsere lieben Abendländler, die Tag für Tag die FAZ-Leserbriefspalten mit ihrer Sorge um die deutsche Leitkultur füllen? All die Freunde der Stiftung Denkmalschutz, die eifrig für jede mecklenburgische Dorfkirche spenden, welche die DDR überlebt hat? Was die Kohle-Krieger im Rheinland treiben, scheint niemanden zu interessieren, da darf abgerissen werden." PS: Eine Woche nach dem Abbruch der Kirche äußerte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in einer Pressemeldung ihr großes Bedauern und fordert eine Neubewertung der geplanten Zerstörungen von Bauten und Denkmälern im rheinischen Braunkohletagebau.
"Der Dom von Immerath wird abgerissen" (WDR, 8.1.; Video, 2:37 Min.): http://www.ardmediathek.de/tv/Aktuelle-Stunde/Der-Dom-von-Immerath-wird-abgerissen/WDR-Fernsehen/Video?bcastId=7293524&documentId=48993902
"Abschied vom Immerather Dom" (WDR, 8.1.; Video, 11:55 Min.): http://www.ardmediathek.de/tv/Hier-und-heute/Abschied-vom-Immerather-Dom/WDR-Fernsehen/Video?bcastId=13618324&documentId=48988612
"Stiftung ‚rettet‘ Kirchenfenster von Immerather Dom" (WDR, 4.1.; Video, 3:15 Min.): http://www.ardmediathek.de/tv/Lokalzeit-aus-Aachen/Stiftung-rettet-Kirchenfenster-von-Imm/WDR-Fernsehen/Video?bcastId=7293556&documentId=48920680
"Wer stoppt diesen Wahnsinn? Ein Dom wird abgerissen. Aber die Kulturnation schaut weg" (ZEIT, 10.1.): http://www.zeit.de/2018/03/dom-immerath-abriss-rwe
"in Dom fällt den Baggern zum Opfer" (FAZ, 9.1.): http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/garzweiler-ii-immerather-dom-faellt-baggern-zum-opfer-15383284.html
"Wenn eine Kirche stirbt" (Süddeutsche, 12.1.): http://www.sueddeutsche.de/politik/gastbeitrag-wenn-eine-kirche-stirbt-1.3822459
"Kein guter Start für das Kulturerbejahr" (Pressemeldung Deutsche Stiftung Denkmalschutz, 16.1.): https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/kein-guter-start-fuer-das-kulturerbejahr.html
"Historic German church demolished to make way for brown coal mine" (AFP, 10.1.): https://www.thelocal.de/20180110/historic-church-demolished-to-make-way-for-brown-coal-mine
"Historic German Church Demolished as Mosques Multiply Across the Country" (Breitbart, 14.1.): Wir geben diesen Link nicht an, weil wir "Breitbart" keinen Traffic - und damit Werbeeinnahmen - bescheren wollen.
"Nahes und fernes Kulturerbe – Gedanken zu 'Zweierlei Moral'" (Archaeologik, 24.1.): http://archaeologik.blogspot.de/2018/01/nahes-und-fernes-kulturerbe-gedanken-zu.html

4.4.
Antikenrazzia bei New Yorker Milliardär
Michael H. Steinhardt bekam im Januar in seiner Wohnung mehrmals Besuch von Mitarbeitern des New York State District Attorney's Office, die sich für seine Antikensammlung interessierten. Ebenso wurde das Büro des Hedgefond-Managers durchsucht. Neun Keramiken aus Griechenland und Italien, die aus illegalen Quellen erworben wurden, konnten bei der Aktion zusammen mit Unterlagen und Computern beschlagnahmt werden. Der Wert der Objekte übersteigt nach Angaben der Ermittler 1 Mio. US-Dollar. Der aktuelle Vorgang ist kein Einzelfall, denn bereits in der jüngeren Vergangenheit wurden bei dem profilierten Antikensammler Artefakte aus zweifelhafter Herkunft sichergestellt. Darüber hinaus erhält der Fall besondere Brisanz, da Steinardt enge Kontakte zum Metropolitan Museum of Art pflegt, in dem eine Ausstellungsgalerie nach ihm benannt ist. Griechenland erwägt nun, einen Antrag auf Rückgabe der neun Objekte zu stellen.
"New seizure at the residence of New York Collector Michael Steinhardt" (ARCA-Blog, 25.1.): http://art-crime.blogspot.de/2018/01/january-24-2018-new-seizure-at.html
"Investigators Seize (More) Antiques From Hedge-Fund Billionaire Michael Steinhardt’s Collection" (Artnet, 8.1.): https://news.artnet.com/art-world/michael-steinhardt-antiques-seized-1194269
"Greece to seek repatriation of looted antiquities seized from collector's NYC home" (Ekatherimi, 7.1.): http://www.ekathimerini.com/224696/article/ekathimerini/news/greece-to-seek-repatriation-of-looted-antiquities-seized-from-collectors-nyc-home
"More on the Manhattan billionaire Michael Steinhardt's whose private collection now faces further seizures" (ARCA-Blog, 7.1.): http://art-crime.blogspot.de/2018/01/more-on-manhattan-billionaire-michael.html
"Looted Antiques Seized From Billionaire’s Home, Prosecutors Say" (The New York Times, 5.1.):
https://www.nytimes.com/2018/01/05/nyregion/antiques-seized-from-billionaire-michael-steinhardt-cyrus-vance.html


5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1.
Warnzeichen ohne Lösung: "Memorandum zur Situation der Vermittlungsarbeit im Museum im Hinblick auf Scheinselbständigkeit"
Der renommierte Deutsche Museumsbund (DMB) hat gemeinsam mit dem Bundesverband Museumspädagogik sowie dem Bundesverband freier Kulturwissenschaftler (BfK) ein Memorandum zur Situation der Vermittlungsarbeit im Museum im Hinblick auf Scheinselbständigkeit erarbeitet. Der bereits im Oktober 2017 von allen drei Institutionen förmlich unterzeichnete Text wurde erst im Dezember öffentlich gemacht. Die Überschrift klingt nach einem gewichtigen Werk, und in mancher Hinsicht ist es das auch. Denn seit einiger Zeit prüft die Deutsche Rentenversicherung - anscheinend breit angelegt und systematisch - Beschäftigungsverhältnisse im Museumswesen im Hinblick auf Scheinselbständigkeit. Viele Führungskräfte, Museumspädagogen u. ä. werden von den Museen projektweise als Selbständige beschäftigt auf Basis von Werkverträgen, was den Museen eine als nötig erachtete Flexibilität sichert. Unter bestimmten Umständen, so der Tenor des Memorandums, erfüllen diese Beschäftigungsverhältnisse jedoch den Tatbestand der Scheinselbständigkeit und wären damit einerseits rentenversicherungspflichtig und böten andererseits den Beschäftigten gute Ansatzpunkte für ein erfolgreiches Einklagen auf Festanstellung. Ein Thema übrigens, das selbstverständlich nicht auf das Museumswesen begrenzt ist, sondern beispielsweise auch im Ausgrabungswesen eine große Rolle spielt. Nach Lektüre des zweieinhalbseitigen Memorandums wird deutlich: Es gärt, es gibt erhebliche Unsicherheit und auch Handlungsbedarf. Ein für die Arbeitgeberseite ungünstiges Gerichtsurteil wird angeführt. Da würde man konkrete Lösungsvorschläge als hilfreich empfinden - doch mehr als eine Warnung und den Appell, die Dinge ordentlich, fair und rechtskonform zu regeln, gibt der Text dem interessierten Leser nicht mit. Wäre die Sache nicht so ernst, käme einem das Bild vom Berg, der eine Maus gebiert, in den Sinn.
"Arbeitsrecht im Museum – das Problem der Scheinselbständigkeit. Memorandum verweist auf Handlungsbedarf" (DMB, 15.12.): http://www.museumsbund.de/arbeitsrecht-im-museum-das-problem-der-scheinselbstaendigkeit-memorandum-verweist-auf-handlungsbedarf/
"Memorandum zur Situation der Vermittlungsarbeit im Museum im Hinblick auf Scheinselbständigkeit" (DMB, Okt. 2017): http://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2017/12/memorandum-museen-scheinselbstaendigkeit-17-okt.pdf

5.2.
Neueste Ausgabe des Kulturmanagement-Network-Magazins zum Thema Cultural Leadership
Klagen und Lamentieren über prekäre und festgefahrene Situationen sind in Kulturbetrieben Alltag geworden. Aber möchte man wirklich etwas verändern und alte Strukturen aufbrechen? Wie steht es um Führung und Führungsrollen in Kulturorganisationen und -projekten? Was muss sich im Kulturbetrieb ändern, um den Anforderungen der nahen Zukunft gerecht zu werden? Wie kommen wir zu einer lernfähigen Kulturorganisation? Die jüngste Ausgabe des Kulturmanagement-Network-Magazins hat das Schwerpunktthema "Cultural Leadership" und ist als kostenloser Download verfügbar.
Kulturmanagement Network Magazin Nr. 128 (Dez. 2017): Cultural Leadership. https://www.kulturmanagement.net/frontend/media/Magazin_Upload/km1712.pdf

5.3.
Doch kein künftiger Archäologen-Mangel in Großbritannien
Die Britische Akademie der Wissenschaften hatte Anfang 2017 auf Basis einer Studie von British Heritage aus dem Vorjahr öffentlich verkündet, dass Großbritannien auf einen (beträchtlichen) Archäologen-Mangel hinsteuere, der in der Konsequenz künftige Bau- und Infrastruktur-Investitionen gefährden könne, wenn notwendige Grabungen im Vorfeld nicht mehr möglich seien resp. erst verzögert stattfinden könnten (DGUF-Newsletter vom 24.4.2017 Punkt 5.2.). Ganz aktuell ist diese Aussage nicht mehr gültig, weil offenbar das Verursacherprinzip in Großbritannien im Kontext von Brexit-Regulierungen außer Kraft gesetzt wurde (DGUF-Newsletter vom 22.12.2017 Punkt 10.5.) - ein Thema, bei dem hoffentlich noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Unabhängig davon hat Landward Research - ein Beratungsunternehmen, das u.a. die DISCO-Studien führend organisiert hat - nun die o. g. Studie von British Heritage aus dem Jahr 2016 hinterfragt. Der Autor Doug Rocks-Macqueen kommt mit solider Statistik und überzeugenden Argumenten zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Prognose nicht stimmig sei. Vielmehr hänge die Beschäftigungssituation der Archäologen sehr vom aktuellen Bauboom ab, der bereits jetzt oder bald zu Ende gehe, was den Archäologen-Bedarf wieder reduziere. Trotz der Unsicherheiten und Deutungsspielräume: aus einer kontinentalen Perspektive heraus kann man nur erblassen ob der Qualität der verfügbaren Daten und der Seriosität, mit der solche Fragen in Großbritannien behandelt werden. So weiß man dort offenbar recht exakt, wie viele Archäologen im sog. kommerziellen Sektor beschäftigt sind. In Deutschland haben die DISCO-Studien es versäumt, diesen Bereich hinreichend zu erfassen. Derzeit ist es nach Wissen der Newsletter-Redaktion einzig der Archäologie-Berater Philip Lüth, der in Eigeniniative versucht, erste Daten zu sammeln. Sie zeigen, dass der Sektor in Deutschland erheblich größer ist, als es viele (vor allem staatliche) Archäologen vermuten.
Doug Rocks-Macqueen: "Have we reached peak archaeologists? (in the United Kingdom). A Landward Research White Paper on Commercial Archaeology Job Demand. Sheffield 2018: Landward Research Ltd. CC BY SA: http://www.landward.eu/wp-content/uploads/sites/6/2018/01/Have-We-Reached-Peak-Archaeologists.pdf
Philip Lüth: "Kommerzielle Archäologie Teil 2 – Archäologische Dienstleister" (Dez. 2017): http://www.lueth-archaeologie.de/kommerzielle-archaeologie-teil-2-archaeologische-dienstleister/

5.4.
Carillion-Pleite scheint nur geringe Auswirkungen auf britische Archäologie zu haben
Der große, börsennotierte und international tätige, britische Baukonzern Carillion hat am 15.1. Insolvenz angemeldet, nachdem er ob größerer Turbulenzen bereits im Juli 2017 eine Gewinnwarnung an seine Aktionäre hatte ausgeben müssen. Angesichts der Größe des Unternehmens und der zahlreichen Projekte, die es in Großbritannien durchführt resp. als Generalunternehmen managt, gab es unmittelbar große Befürchtungen unter britischen Archäologen, dass auch investorenfinanzierte Grabungen betroffen sein würden und archäologische Fachfirmen auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleiben könnten. Der Berufsverband CIfA hat spontan seine Mitglieder befragt, um ein genaueres Schadenbild zeichnen zu können. Im heutigen CIfA-Newsletter konnte der Berufsverband etwas beruhigen: Die Mehrheit der betroffenen CIfA-Mitglieder rechnet mit verkraftbaren finanziellen Schäden, ohne dass archäologische Belange tiefgreifend gestört würden, also Grabungen abgebrochen werden müssten, Dokumentationen nicht abgeschlossen werden könnten etc. Nur drei CIfA-Mitglieder berichten von schwerwiegenden finanziellen Einbußen. Da mehrere britische Banken betroffenen Subunternehmern ihre Unterstützungsbereitschaft signalisiert haben, die auch für archäologische Unternehmer gelte, ermuntert CIfA dazu, sich bei Problemen ggf. an die betreffenden Banken zu wenden.

5.5.
Neuer Landesarchäologe in Schleswig-Holstein: Dr. Ulf Ickerodt
Angesichts seines 60. Geburtstags und wachsender Verpflichtungen konzentriert sich Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim künftig auf seine beiden Aufgaben als Leiter der Stiftung Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum (i. e. Schloss Gottorf) und Leitender Direktor des Zentrums für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA). Seine Nachfolge als Landesarchäologe von Schleswig-Holstein (amtlich: Leiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein) trat am 15.1. Dr. Ulf Ickerodt an. Ickerodt arbeitet seit 2009 in Schleswig, nachdem er zuvor eine reiche Berufserfahrung in der Afrikaforschung, der Firmenarchäologie sowie in den Landesarchäologien von Sachsen und Niedersachsen gewinnen konnte. Sein besonderes Anliegen ist die exakte und transparente Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes, inklusive transparenter interner Prozesse im Amt. Er ist wiederholt hervorgetreten als ein Denkmalpfleger, der sich besonders intensiv mit den Hintergründen und der Theorie der Denkmalpflege reflektierend auseinandersetzt. Dazu gehört immer wieder auch ein Blick in die Forschungsgeschichte, die hilft, das Heute besser einzuordnen. Aktuell arbeitet er an einer größeren Studie zu Oscar Montelius und der typologischen Methode, die er weiterhin für eine wesentliche Grundlage auch der Bodendenkmalpflege hält; denn ohne einen sicheren Umgang mit Funden und deren langfristig vergleichbare Klassifikation und Datierung lasse sich keine Denkmalpflege betreiben.
"Dr. Ulf Ickerodt neuer Leiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein" (Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein, 15.1.): http://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/III/Presse/PI/2018/Januar_2018/III_Ickerodt.html
Ickerodt, U. & Maluck, M. (2017). Raumplanungsorientierte Denkmalpflege in Schleswig-Holstein im Angesicht der Energiewende – ein Plädoyer für ein erweitertes Denkmalpflegemanagement. Archäologische Informationen 40, 257-278: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/42495
Ickerodt, U. (2016). Der Nachhaltigkeitsbegriff in der archäologischen Denkmalpflege. Versuch einer Standortbestimmung am Beispiel der denkmalpflegerischen Praxis in Schleswig-Holstein. Archäologische Informationen 39, 265-280: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/33557
Ickerodt, U. (2016). Ein notwendiger Kommentar zu Gernot Tromnaus Würdigung von Alfred Friedrich Wilhelm Rust (1900 - 1983). Archäologische Informationen 39, 227-238: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/33554
Ickerodt, U. (2017). Oscar Montelius, archäologische Systematik und der Nachweis von historischen Zusammenhängen. In B. V. Eriksen, A. Abegg-Wigg, R. Bleile & U. Ickerodt (eds.). Interaktion ohne Grenzen: Beispiele archäologischer Forschungen am Beginn des 21. Jahrhunderts. Festschrift f. Cl. von Carnap-Bornheim zum 60. Geburtstag (p. 833-846). Schleswig: Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen.

5.6.
Tübinger Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie für Dr. Frido Welker
Frido Welker wird für seine Dissertation ausgezeichnet, in welcher er archäologisches Material aus der Periode der letzten Neandertaler und der ersten modernen Menschen untersucht hat. Er entwickelte dafür eine Methode, mit der sich Funde mittels charakteristischer organischer Moleküle einer der Menschenformen zuordnen lassen. Für eine Fundstelle des Châtelperronien konnte Welker so bereits eine Verbindung zum Neandertaler nachweisen.
"Tübinger Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie geht an Frido Welker" (Universität Tübingen, 22.1.): http://www.uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/tuebinger-foerderpreis-fuer-aeltere-urgeschichte-und-quartaeroekologie-geht-an-frido-welker.html

5.7.
Arbeitsbedingungen studentischer Hilfskräfte: Warnstreiks an Berliner Universitäten
Am 16.1. traten studentische Beschäftigte mehrerer Berliner Hochschulen in Warnstreik, um den Forderungen nach 14 Euro/Stunde und Dynamisierung Nachdruck zu verleihen. Seit 1986 besitzt Berlin als einziges Bundesland einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte, der 2001 als TVStud2 (10,98 Euro) aufgesetzt wurde, allerdings ohne Inflationsausgleich, was für die Arbeitnehmer seitdem ca. 30 % Reallohnverlust bedeutet. Daher taten sich bereits 2015 ver.di und GEW mit Studierenden zusammen und gründeten eine Kampagne, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Seit September 2016 wurden verstärkt Tarifverhandlungen aufgenommen. Diese scheiterten fünfmal. Daraufhin kündigten die Gewerkschaften den Tarifvertrag und riefen die studentischen Hilfskräfte (SHKs) zum Streik auf. An der Kundgebung am 16.1. nahmen ca. 1.300-1.500 Personen teil und forderten mit der Tarifkommission neben einem TVStud 3 auch eine Jahressonderzahlung, eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, einen Anspruch auf Bildungsurlaub und einen Anspruch auf Erholungsurlaub. In Berlin sind insgesamt ca. 8.000 SHKs an Universitäten und Hochschulen angestellt und tragen mit dazu bei, den universitären Betrieb am Laufen zu halten. Vom 23.-25.1. folgten weitere Warnstreiks, Kundgebungen, Versammlungen und Demonstrationen, bei denen ca. 1.000- 1.200 Personen anwesend waren. Es bleibt abzuwarten, ob die Arbeitgeber mit einem neuen Angebot auf die Streikenden zugehen, oder ob diese erneut in Streik treten werden.
Aufstand zur Prüfungszeit: Studentische Mitarbeiter der Berliner Hochschulen streiken (Berliner Zeitung, 16.1.): https://www.berliner-zeitung.de/berlin/aufstand-zur-pruefungszeit-studentische-mitarbeiter-der-berliner-hochschulen-streiken-29497156
Kampagne TVStud: https://tvstud.berlin/#latestnews
"Sinnvolle Aktion im Rahmen des Warnstreiks studentischer Beschäftigter?" (UB HU Berlin, 17.1.):
https://www.ub.hu-berlin.de/shared/news/standorte/grimmzentrum/sinnvolle-aktion-im-rahmen-des-warnstreiks-studentischer-beschaeftigter
"Warnstreik in Berlin: Müller hofft auf 'Kompromiss' für studentische Beschäftigte" (Tagesspiegel, 23.1.): http://www.tagesspiegel.de/wissen/warnstreik-in-berlin-mueller-hofft-auf-kompromiss-fuer-studentische-beschaeftigte/20875478.html

5.8.
"Sachgrundlose Befristung": eine Domäne von Staat und Wissenschaft
Koalitionsverhandlungen in Berlin, wieder mal, noch immer, andere als auch schon. Einer der Verhandlungspartner hat sich das Thema "sachgrundlose Befristung" zur Aufgabe gemacht: das müsse enden oder zumindest mehr als jetzt Ausnahme werden. Ja, in Deutschland sind rund 8 % aller Arbeitnehmer befristet angestellt, bei den Neueinstellungen sind etwa 43 % aller Verträge befristet. Bevor man nun wieder "die üblichen Verdächtigen" ins Auge fasst: in der Privatwirtschaft sind weniger als 7 % der Arbeitsverträge befristet, im Öffentlichen Dienst sind es mehr als 10 %! Betroffen sind vor allem Berufsanfänger, und dort Akademiker weitaus mehr als andere Berufsgruppen: nach einem B.A./M.A.-Abschluss winkt für etwa 14 % der Verträge eine Befristung, nach einem Dr. sind es mehr als 20 % der Verträge, im Bereich von Forschung und Wissenschaft sind es 80 %. Schließlich basiert Forschung in hohem Umfang (und vom Staat so gewollt) auf kompetitiv eingeworbenen Drittmitteln, was wiederum ein sehr rechtssicherer Befristungsgrund für Arbeitsverträge ist. Die aktuelle Debatte im politischen Raum hat mit Archäologie direkt nichts zu tun. Aber sie spült Zahlen und Statistiken empor, die daran erinnern, was außerhalb der Akademia und der Archäologie normal ist.
Holger Schäfer: "Nicht die Firmen missbrauchen befristete Verträge, sondern der Staat" (Institut der deutschen Wirtschaft, 26.1.): https://www.iwkoeln.de/presse/gastbeitraege/beitrag/holger-schaefer-nicht-die-firmen-missbrauchen-befristete-vertraege-sondern-der-staat.html
"Vorstoß der SPD: Warum es nichts bringt, grundlos befristete Verträge zu verbieten" (Spiegel, 25.1.): http://www.spiegel.de/karriere/sachgrundlose-befristung-wie-man-arbeitgeber-in-die-pflicht-nehmen-koennte-a-1189676.html
"Wirtschaft: GroKo-Verhandlungen - Die SPD-Idee löst nicht das eigentliche Befristungsproblem" (Welt, 24.1.): https://www.welt.de/wirtschaft/article172776327/Befristung-Warum-ein-Verbot-der-sachgrundlosen-Beschaeftigung-keine-Loesung-ist.html
"Befristete Verträge: Wo ist das Problem?" (Institut der deutschen Wirtschaft, 30.10.2014): https://www.iwd.de/artikel/wo-ist-das-problem-189669/

5.9.
Drohende Kürzungen im Archäologischen Dienst des Kantons Neuenburg (Schweiz)
Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung, welche die Regierung des Kantons Neuenburg/Neuchâtel für die nächsten Jahre erarbeitet hat, sind drastische Kürzungen im Budget der Archäologie vorgesehen: Dieses soll ab 2020 um 40% bzw. 700.000 Schweizer Franken gekürzt werden, was einem Stellenabbau von 4,5 Stellen (von aktuell 10,6 auf 6,1 Stellen) entspricht. Das geht aus einem Bericht der Zeitung "Arcinfo" vom 26.1. hervor. Eine solche Maßnahme könnte die Bautätigkeit im Kanton erheblich behindern und verzögern, da in Neuenburg die präventive Archäologie ausschließlich von der öffentlichen Hand durchgeführt wird. Darüber hinaus könnte durch die Lähmung des nötigen unterwasserarchäologischen Monitorings der Status der zum Kanton Neuenburg gehörenden Fundstellen der UNESCO-Welterbestätte "Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen" ("Palafittes") gefährdet sein. Indirekt könnte dies eine Streichung des ganzen aus 111 Stätten bestehenden Welterbes verursachen - in 14 anderen Kantonen der Schweiz, in Frankreich, in Italien, in Slowenien, in Österreich sowie in Deutschland.
"Absence de budget: retards inévitables dans le traitement des permis de construire neuchâtelois" (Arcinfo, 26.1.): https://www.arcinfo.ch/articles/regions/canton/neuchatel-retards-inevitables-dans-le-traitement-des-permis-de-construire-732072

5.10.
Französische Grabungsfirmen beklagen unfaire Konkurrenz durch die staatliche Denkmalpflege INRAP
Seit 2001 gilt auch in Frankreich bei Rettungsgrabungen das Verursacherprinzip: Wer durch Bodeneingriffe Denkmäler bedroht, muss zuvor für deren fachgerechte Ausgrabung und Dokumentation aufkommen. Gleichzeitig wurde zu diesem Zweck eine neue nationale Behörde geschaffen, das "Institut national de recherches archéologiques préventives" (INRAP). Aufgabe des INRAP ist es, Prospektionen und eventuell notwendig werdende Rettungsgrabungen durchzuführen. Nach einer staatlichen Zertifizierung wurden dann ab 2003 auch private Grabungsfirmen zugelassen, die sich in Konkurrenz zum INRAP ebenfalls in Ausschreibungsverfahren um Aufträge für Rettungsgrabungen bewerben können. INRAP behielt aber das Monopol auf Prospektionen. So entstand in kurzer Zeit eine beträchtliche Anzahl von privaten Grabungsfirmen, einige mit bis zu 250 Mitarbeitern. Heute hat INRAP (bei mehr als 2.000 Mitarbeitern) bei den Ausgrabungen noch einen Marktanteil von mehr als 50 %; den Rest teilen sich viele private Grabungsfirmen, deren größte, Éveha, mit fast 250 Mitarbeitern einen Marktanteil von 12 % innehat. Aber Éveha ist derzeit in ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten: das Insolvenzverfahren ist eröffnet, und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter stehen auf dem Spiel. Der Geschäftsführer hat zusammen mit anderen Grabungsfirmen nun das staatliche INRAP beschuldigt, daran nicht ganz unbeteiligt zu sein und Ausgrabungen zu "Dumpingpreisen" anzubieten, mit denen die privaten Firmen nicht konkurrieren könnten. Tatsächlich drängt sich der Verdacht auf, INRAP wolle die private Konkurrenz durch Quersubvention vom Markt verdrängen. So hat der Nationale Rechnungshof bereits zweimal das Geschäftsmodell von INRAP in Frage gestellt, da INRAP zuletzt nur durch die Bewilligung von zusätzlichen öffentlichen Mitteln in Höhe von 10 Mio. Euro finanziell halbwegs über die Runden kam. INRAP bestreitet die Vorwürfe und wirft den privaten Firmen Fehler in der Geschäftsführung vor. Letztere hätten, befeuert von anfänglichen Steuererleichterungen, zu sehr auf Expansion des Marktes gesetzt, und deshalb seien sie vom Investitionsrückgang in der Wirtschaftskrise seit 2012 besonders stark betroffen, das Ganze sei also nichts Anderes als eine "Bereinigung des Marktes". Tatsächlich fielen die durchschnittlichen Preise per Hektar Grabungsfläche von 2009 bis 2012 zuerst bei den privaten Firmen um etwa 40 %, während sie sich bei INRAP auf einem mittleren Niveau (etwa 20 % weniger als 2009) einpendelten, wie die Archäologen-Gewerkschaft CNT-CCS (ja, in Frankreich gibt es das!) mitteilt.
"L'archéologie préventive sent le poids de la crise" (l'express, 16.11.): https://lentreprise.lexpress.fr/actualites/1/actualites/l-archeologie-preventive-sent-le-poids-de-la-crise_1961066.html
"Faut-il sauver Eveha?" (bulletin du secteur archéo de la CNT, Dez. 2017): http://www.cnt-f.org/bulletin-du-secteur-archeo-de-la-cnt-nouveau-numero.html
"Archéologie préventive : faut-il sauver l’entreprise privée Eveha ?" (Rebellyon.Info, 28.12.): https://rebellyon.info/Archeologie-preventive-faut-il-sauver-l-18544
"Dans le secteur de l’archéologie, des emplois disparaissent dans le plus grand silence" (Europe1; Video, 2:17 Min.): http://www.europe1.fr/emissions/la-une-de-leco/dans-le-secteur-de-larcheologie-des-emplois-disparaissent-dans-le-plus-grand-silence-3518264

5.11.
Die problematische Suche nach einer Archäologin bzw. einem Archäologen für ein Museum
Ralph Stephan, Leiter des Hegau-Museums Singen, schildert in seinem Artikel die Suche nach einer Archäologin bzw. einem Archäologen als stv. Abteilungsleitung: "Vor allem die Personalvertreter der Stadt Singen waren entsetzt: ein Berg von Bewerbungen hoch- und höchstgebildeter Menschen, der inhaltlich eine zutiefst prekäre Arbeitswelt abbildete! Die Kollegen aus dem Personalbereich identifizierten Berufs-Biografien mit jahrelanger oder gar jahrzehntelanger Unterbezahlung, fehlender Jobsicherheit, sozialversicherungsrechtlich fragwürdigen Anstellungen und Indizien von Ausbeutung durch den Arbeitgeber." Dazuhin skizziert Stephan die die Benachteiligung von Frauen in akademischen Berufen. - Die DGUF hatte gegen die ursprünglich von der Stadt vorgesehene Eingruppierung der Stelle interveniert. Die dadurch ausgelöste Diskussion führte dazu, dass zum nächsten Haushalt eine Höhergruppierung auf TVöD 10 vorgesehen ist und diese in einem weiteren Schritt wohl auf TVöD 11 angehoben wird und zugleich eine zweite Mitarbeiterstelle auf TVöD 10 angehoben werden soll.
Stephan, R. (2018). "Als ich einen Archäologen suchte" – ein persönlicher Erfahrungsbericht. Archäologische Informationen 41, Early View, online publiziert 25. Jan. 2018. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Stephan.pdf
DGUF stößt eine Debatte über die Eingruppierung von Mitarbeitern im Hegau-Museum Singen an: http://www.dguf.de/453.html


6. Berufsverband
6.1.
CIfA-Verhaltenskodex ist in deutscher Sprache verfügbar
Die Wirksamkeit eines Berufsverbandes basiert zu einem nicht unerheblichen Teil auf einem ethischen Kodex, zu dessen Einhaltung sich die Mitglieder – erst recht die akkreditierten – des Verbandes verpflichten. Das Chartered Institute for Archaeologists (CIfA) hat in den zurückliegenden Jahrzehnten einen solchen Ehrenkodex, den so genannten Code of Conduct, entwickelt. Dieses wichtige Dokument mit seinen fünf Grundsätzen ist nun in deutscher Sprache verfügbar. Die Grundsätze definieren, was ethisch korrektes Verhalten als Archäologe bedeutet. So besagt der Verhaltenskodex, dass ein Mitglied bei der Durchführung von archäologischen Arbeiten sowohl für sein eigenes Verhalten (Grundsatz 1) als auch für den Schutz der historischen Umwelt (Baudenkmäler, archäologische Befunde etc.) verantwortlich ist (Grundsatz 2). Außerdem ist es dazu verpflichtet, seine Arbeiten so durchzuführen, dass die Informationen und Ergebnisse fachlich korrekt (Grundsatz 3) und - soweit sie selbst darauf Einfluss haben - für die Öffentlichkeit sowie interessierte Fachkollegen zugänglich sind (Grundsatz 4). Archäologische Arbeitgeber sind zudem angehalten, für angemessene Arbeitsbedingungen zu sorgen (Grundsatz 5). Diese Grundregeln werden durch weitere Regularien genauer erklärt und unterstützt. So wird z. B. betont, dass für ausreichenden Versicherungsschutz (5.4) und fachintern nachvollziehbare Löhne (5.5) gesorgt werden sollte, oder, dass jegliche Eingriffe in archäologische Hinterlassenschaften so durchzuführen sind, dass minimaler Schaden für das historische Umfeld entsteht (2.2). Für Fachkolleginnen und Fachkollegen, die sich beispielsweise für eine Tätigkeit bei einer CIfA-akkreditierten Firma bzw. Firma mit akkreditierter Firmenleitung interessieren, bedeutet dies, sie können sich auf die Einhaltung dieser Grundsätze im Arbeitsumfeld verlassen. Selbiges gilt für Firmeninhaber welche auf der Suche nach einem neuen Mitarbeiter sind, wenn hierunter CIfA-akkreditierte Kandidaten sind. Diesen Verhaltenskodex seinen Mitgliedern und allen Interessierten in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen, ist CIfA Deutschland besonders wichtig, da er so nun für jeden deutschen Archäologen zugänglich und verständlich ist.
CIfA Deutschland: Verhaltenskodex (Januar 2018): http://www.archaeologists.net/sites/default/files/CIfA_D_Verhaltenskodex.pdf
Website von CIfA Deutschland: http://www.cifa-deutschland.de


7. Open Access & Open Data
7.1.
Schweizer Nationalfonds macht Open Access verbindlich, auch für Monografien
Die Schweizer Forschungsförderung hat seit Längerem klar den Weg zum Open Access beschritten: Wer mit öffentlichen Mitteln finanziert forscht, soll die Ergebnisse der Öffentlichkeit im Open Access zugänglich machen, spätestens nach einem halben Jahr Sperrfrist. Was zunächst eine (starke) Empfehlung seitens des Nationalen Forschungsrates und des Schweizer Nationalfonds (SNF) - dem Pendent zur DFG - war, wird ab 2020 verbindlich. Man ist geneigt, die diesbezügliche Pressemeldung des SNF vom 13.12. gelangweilt auf Seite zu legen: "Weiß ich doch schon alles". Doch ein paar Links und Klicks weiter wird's dann doch interessant; da, wo sich das Kleingedruckte alias das "Allgemeine Ausführungsreglement" findet. Genauer in Anhang 2 auf S. 39 des 73-seitigen Regelwerks, wo sehr konkret der finanzielle Aspekt von Open Access geregelt wird. Für Zeitschriftenaufsätze können maximal 3.000 CHF pro Open-Access-Publikation für Autorengebühren (APCs) veranschlagt werden, umgerechnet ca. 2.990 Euro. Also circa das, was internationale Top-Journals tatsächlich verlangen, geisteswissenschaftlichen Zeitschriftenverlegern aber ein neues, sehr solides Geschäftsmodell öffnet. Überraschend werden danach auch die in den Geisteswissenschaften so wichtigen Monografien geregelt: Je nach Fall gibt es 8.000, 12.000 oder 22.000 CHF Zuschuss (ca. 6.840; 10.260; 18.810 Euro). Die Verlagskalkulation ist bei Antragstellung vorzulegen; übernommen werden können die Kosten für "Satz, Layout, Bildrechte, Bildbearbeitung, Lektorat/Korrektorat und Digitalisierung", nicht jedoch für "Druck und Papier, Autorenhonorare oder Verlagsinfrastrukturkosten". Aber: "Der SNF gilt die verlegerischen Leistungen mit maximal CHF 5‘000 ab" (alias 4.275 Euro). Nehmen wir den Normalfall einer Standardmonografie als Ausgangspunkt, stehen damit 7.000 CHF /5.985 Euro für Satz u. a. zur Verfügung plus 5.000 CHF /4.275 Euro für den Verlags-Overhead. Nach deutschem Kosten- und Gehaltsgefüge ist das nicht üppig, ließe aber einen durchaus soliden Verlagsbetrieb zu. Sodann erfährt man auf S. 14 des Regelwerks unter 2.13, dass zu Forschung auch Open Data gehören können, deren Veröffentlichung zusätzlich Geld kosten darf. Diese Kosten sind im Antrag zu berücksichtigen, wobei "in der Regel maximal CHF 10‘000 pro Beitrag belastet werden" können! In Summe ein Schritt der Schweizer Forschungsförderung, von dem man in Deutschland lernen könnte.
"Ab 2020: SNF-Forschung wird 100% Open Access" (SNF, 13.12.2017): http://www.snf.ch/de/fokusForschung/newsroom/Seiten/news-171213-snf-forschung-wird-100-prozent-open-access.aspx
"Allgemeines Ausführungsreglement zum Beitragsreglement" (SNF, 1.6.2017): http://www.snf.ch/SiteCollectionDocuments/snf-ausfuehrungsreglement_beitragsreglement_d.pdf

7.2.
Warum Publikationsgebühren im Open Access ein faires Modell sein können – und warum es sie auch im Closed Access gibt
Wenn es um die Überführung des wissenschaftlichen Publikationswesens in den Open Access geht, ist stets auch das Thema der Finanzierung zu bedenken: Wenn es keine oder deutlich weniger zahlenden Abonnenten mehr gibt (weil ja alles kostenlos im Netz steht): wer trägt die Kosten der Publikation? Die Autoren, lautet die Antwort rundum. Um das allseitige Erschrecken der Autoren zu mindern, wird dann (korrekt) vorgerechnet: Heute im Abonnement-Modell zahlen die Leser resp. in der Regel die Universitätsbibliotheken. Angesichts von Umsatzrenditen nahe 30 % bei den großen Wissenschaftsverlagen bedeutet das, dass eben jene ca. 30 % des Geldes aus dem System Wissenschaft heraus ziemlich direkt in die Taschen der (oft privaten) Eigentümer dieser Verlage fließen. Wenn man denn statt - wie bisher - Geld für die Abonnements auszugeben, neu als Uni-Bibliothek bei die Publikationsgebühren der Autoren übernimmt, damit diese in (fair kalkulierenden) Open-Access-Zeitschriften publizieren, könnte es unverändert ein ordentlichen wissenschaftliches Publikationswesen geben, man aber bei fairen Preisen ca. 30 % des eingesetzten Geld sparen, oder? Zusätzlich stünden diese Aufsätze dann nicht nur allen Fachkollegen weltweit, sondern auch außerhalb der Welt von Uni und Forschung allen Bürgern und auch der Wirtschaft kostenlos zur Verfügung; ein handfester Mehrwert also bei (erhofft) geringeren Kosten. Circa diese Überlegung setzt beispielsweise auch DEAL derzeit gegen Elsevier u. a. an (zuletzt DGUF-Newsletter vom 22.12.2017 Punkt 7.5.). Die renommierte Zeitschrift PLOS ONE, beispielsweise, lebt längst erfolgreich von diesem neuen Geschäftsmodell auf Basis von Publikationsgebühren ("article processing charges", APCs). Fast alle deutschen Universitäten haben inzwischen Publikationsfonds eingerichtet, die solche Gebühren für ihre Mitarbeiter übernehmen, wenn diese über keine eigenen Projektmittel verfügen. Doch insbesondere Geisteswissenschaftler und all Diejenigen, die nicht an Universitäten und Forschungseinrichtungen arbeiten, welche solche Gebühren übernehmen können, erschrecken stets ob des Schlagworts APCs: "Ist doch unfair! Ich verschenke mein geistiges Eigentum, das ich ggf. außerhalb meiner Arbeitszeit erstellt habe und wofür ich also kein Autorenhonorar erhielt. Und jetzt soll ich für die Veröffentlichung auch noch bezahlen!?" In persönlichen Gesprächen folgen dann meist längere Ausführungen zu den "guten alten Zeiten". Ein Blogbeitrag von Christian Gutknecht zu APCs wirft jetzt einen genaueren Blick auf diese vermeintliche Idylle. Er zeigt, mit konkreten Beispielen und Zahlen auf, dass es bereits im Zeitschriftenwesen des Abonnementmodells bzw. Closed Access zusätzlich teilweise drastisch hohe Publikationsgebühren gab und gibt. Warum das so ist, dass Verlage hier zwei Mal kassieren, einmal beim Leser und einmal beim Autor, bedarf keiner Debatte: Man kann's ja mal probieren. Warum das Wissenschaftssystem diese Geschäftspraktiken seit Jahren hinnimmt, ist indes eine interessante, offene Frage. Das Thema ist also nicht neu und nicht ausschließlich mit "Open Access" verbunden. "Wenn AutorInnen schon zahlen sollen", schreibt Gutknecht, "dann bitte doch gleich für Gold Open Access." Es ist an der Zeit, gelassen und sachlich darüber zu diskutieren, wie wir uns die Finanzierung eines ebenso offenen wie leistungsfähigen wissenschaftlichen Publikationswesens vorstellen.
Christian Gutknecht: "APCs von denen fast niemand spricht" (Wisspub.net; 8.1.): https://wisspub.net/2018/01/08/apcs-von-denen-fast-niemand-spricht/

7.3.
1 : 0 für DEAL gegen Elsevier
Die Konsequenz und Sturheit der deutschen Forschungslandschaft, die sich im Konsortium DEAL gebündelt hat, hat sich vorerst bewährt: Die knapp 200 DEAL-Institutionen haben geschlossen zum 31.12.2017 ihre Verträge mit dem Wissenschaftsverlag Elsevier nicht verlängert (zuletzt: DGUF-Newsletter vom 22.12.2017 Punkte 7.3. u. 7.5.). Die Versorgung mit Literatur des Elsevier-Verlags sowie das Publizieren dort sind unterbrochen - formal zumindest. Praktisch hat der Verlag Elsevier ob dieser geballten Marktmacht von Kunden und Produzenten darauf verzichtet, die Zugänge tatsächlich zu kappen, sprich: Elsevier stellt alles Bisherige weiterhin zur Verfügung. Man verhandelt weiter, heißt es. All das unter Beobachtung aus der gesamten akademischen Welt, gerade auch im Ausland, denn die Auseinandersetzung zwischen Elsevier und der deutschen Wissenschaftslandschaft gilt inzwischen zumindest europaweit als Modellfall. DEAL möchte eine Nationallizenz erreichen und dafür fair bezahlen, so dass Elsevier-Zeitschriften in Deutschland zu Open-Access-Bedingungen bereit stehen.
"Elsevier hält Zugang zu gekündigten Journals offen. Zeichen der Entspannung" (Börsenblatt, 8.1.): https://www.boersenblatt.net/artikel-elsevier_haelt_zugang_zu_gekuendigten_journals_offen.1418106.html
"Germany vs Elsevier: universities win temporary journal access after refusing to pay fees" (Nature News, 4.1.): https://www.nature.com/articles/d41586-018-00093-7
"Elsevier maintains German access despite failure to strike deal" (Times Higher Education, 4.1.): https://www.timeshighereducation.com/news/elsevier-maintains-german-access-despite-failure-strike-deal
"Elsevier declines to cut off German universities that cancelled journal subs" (ChemestryWorld, 9.1.): https://www.chemistryworld.com/news/elsevier-declines-to-cut-off-german-universities-that-cancelled-journal-subs/3008505.article
"Showdown im Poker mit dem Verlagsgiganten" (Der Standard, 10.1.): https://www.derstandard.de/story/2000071797153/showdown-im-poker-mit-dem-verlagsgiganten
"Große Solidarität unter Wissenschaftseinrichtungen: Kommt der Umstieg auf Open Access?" (Netzpolitik, 17.1.): https://netzpolitik.org/2018/grosse-solidaritaet-unter-wissenschaftseinrichtungen-kommt-der-umstieg-auf-open-access/


8. Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1.
Spinnen und Weben für die Wissenschaft, oder: Mit Profi-Citizen-Scientists zusammenarbeiten
Citizen Scientists – gerne auch mal "Laien" genannt und in unachtsamen Momenten sogar "Nicht-Wissenschaftler" (obwohl natürlich Wissenschaftler anderer Fächer unter ihnen sein können) –, also Citizen Scientists stehen im Fokus eines kurzen Posts im Pfahlbauten-Blog. Die Textilspezialistin Karina Grömer vom Naturhistorischen Museum Wien beschreibt ihre Erfahrungen, die sie mit Citizen Scientists beim Spinnen von Fäden und Brettchenweben macht. Besonders spannend zu lesen: Grömer postet ihre Ideen und Fragen auf Pinterest und erhält Rückmeldungen aus der ganzen Welt. Ein Feedback von Maikki Karisto, einer Handweberein aus Finnland, sei so interessant gewesen, dass aus der Zusammenarbeit ein wissenschaftlicher Artikel der beiden Expertinnen entstand. Der Blogpost verdeutlicht, wie kreativ man als Archäologin bzw. Archäologe sein kann, um hilfreiche Rückmeldungen zu erhalten und welche Chancen Citizen Science bietet.
Karina Grömer, "Spinnen und Weben für die Wissenschaft" (Pfahlbauten-Blog, 30.12.): http://palafittes.at/blog/spinnen-und-weben-f%C3%BCr-die-wissenschaft

8.2.
Verwaltungsgebühr schafft Unruhe bei Schwedens Sondengängern
Für die Anwendung einer Metallsonde bedarf es auch in Schweden einer Nachforschungsgenehmigung. Neu wird seit 1.1. für deren Beantragung eine Verwaltungsgebühr von 700 SEK erhoben, umgerechnet etwa 71 Euro. Das Geld wird bei Antragstellung fällig, unabhängig von der Frage, ob's am Ende auch eine Genehmigung gibt oder nicht. Die Provinzverwaltungen, welche diese Genehmigungen ausstellen, klagten zuvor über die wachsende Anzahl der Anträge und ihre dadurch bedingte wachsend hohe Arbeitslast. So wurden z.B. in der Provinz Blekinge im Jahr 2017 insgesamt 40 solcher Anträge gestellt. Die Gebühr soll künftig für die entstehende Arbeit entschädigen. Schwedens Vereinigung der Metallsuchenden, die etwa 150 Mitglieder vertritt, beklagt nun die neue Gebühr. Wolle man als Sondengänger wie üblich in vier bis acht Provinzen aktiv sein, käme eine hohe Summe zusammen. Im Ergebnis, so die Metallsucher, werde es künftig mehr Nachsuchende ohne Genehmigung geben - ein Verlust für die Öffentlichkeit. Aus kontinentaler Sicht reibt man sich - trotz der Besonderheit "bei Antragstellung" statt "bei Erteilung" der Genehmigung - ob dieser Proteste und Argumente verwundert die Augen, denn auch in Deutschland bedarf es in vielen Bundesländern einer Nachforschungsgenehmigung, für deren Erteilung eine Gebühr zu zahlen ist. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise werden diese Genehmigungen nach § 13 DSchG NRW durch die Bezirksregierungen ausgestellt, welche hierfür eine Verwaltungsgebühr von 75 Euro erheben - und zwar pro Genehmigung. Möchte man großräumiger aktiv sein, werden weitere 75 Euro fällig, wenn eine andere Bezirksregierung eine weitere Genehmigung ausstellt. Ja, auch in Deutschland gefällt dies nicht allen Sondengängern, wie es z. B. der aktive Sondengänger Markus Brüche auf einer Tagung 2015 im Rheinland offen aussprach. Andererseits: auch für den Reisepass, die Anmeldung des PKW usw. fallen Verwaltungsgebühren an.
"Avgift kan göra att forntida fynd inte rapporteras" (SverigesRadio, 4.1.): http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=105&artikel=6854650
"Grabungserlaubnis nach § 13 DschG NRW - einfach erklärt" (Bergische Historiker, 30.11.2015; Video, 4:28 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=SjakpY5Gtf0
"Genehmigung zur Metalldetektorsuche in NRW - Tutorial mit Frau Dr. Jennifer Morscheiser" (German Treasure Hunter, 11.6.2015; Video, 17:38 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=YztsBmuvRJ0
Vortrag Markus Brüche am 14.11.2015, dokumentiert in: "Tagung zum Sondengehen im Rheinland vom LVR - Zusammenfassung" (German Treasure Hunter, 1.12.2015; Video, 20:02 Min.): https://youtu.be/-tleeGt5wHA?t=17m38s

8.3.
Projekt des British Museum: Forscher und Bürger erschließen gemeinsam 4000 Jahre ägyptische Geschichte
Das British Museum zeigt in einem aktuellen Blogpost einen nachahmenswerten Ansatz von Forschung und Bürgerbeteiligung. Ausgangspunkt ist die kleine Stadt Shutb (Mittelägypten), die auf die antike Stadt Shashotep zurückgeht und um ca. 2000 v. Chr. den Status eines Regionalzentrums innehatte. Eine lückenlose Überlieferung wie bei Shutb lässt sich andernorts nur selten finden. Untersucht wird das gesamte historische Spektrum seit 2500 v. Chr., wobei die heutige Bevölkerung quasi die jüngste historische Schicht darstellt. Für die nachhaltige Erforschung setzt das Team unter der Leitung von Ilona Regulski auf Bürgerbeteiligung. Wichtig sei es, so Regulski im Blogpost, zu verstehen, wie die Menschen ihre Stadt wahrnehmen. Gerade für jüngere Menschen sei es oft schwierig, das Besondere an ihrer ländlichen und wenig modernen Stadt zu sehen. Diese ist jedoch ein Spiegel der Antike, die sich etwa in der überwiegend original erhaltenen, antiken, bisher aber undokumentierten Lehmziegelarchitektur zeigt. Um die Wiederentdeckung der Geschichte gemeinsam mit den Bürgern zu vollziehen, werden diese bei der Spurensuche mit eingebunden, z. B. durch Zeichenkurse, Storytelling oder durch Mitwirkung in Dokumentarfilmen. Die heutigen Bewohner bringen den Archäologen ihre Traditionen und Lebensweise (Landwirtschaft, Brot backen, Nutzung der Gebäude, Wegenutzung usw.) näher, wodurch diese Kontinuität und Wandel besser nachvollziehen können. Erst durch diese Einblicke und überlieferte Geschichten, die häufig von älteren Bürgern erzählt werden, lässt sich für die Forscher das gesamte historische Spektrum erfassen. Für die Identifikation mit der eigenen Geschichte und die Erhaltung ihrer Zeugnisse sei eine Verankerung im Schulunterricht essentiell, so die Meinung der älteren Einwohner.
"Connecting local communities with 4,000 years of heritage" (British Museum Blog, 21.12.)
https://blog.britishmuseum.org/connecting-local-communities-with-4000-years-of-heritage-in-egypt/

8.4.
Guter Datenjournalismus eröffnet Blick auf öffentliche Wahrnehmung von Archäologie
Datenjournalisten der ZEIT haben sich mit den aktuellen Straßennamen in Deutschland beschäftigt, ein Schatz von ca. 450.000 Namen. Neben Erkenntnissen, die sie selbst ableiten, stellen die Journalisten allen Interessierten eine interaktive Suche und Karte zur Verfügung, um selbst mit dem Fundus zu spielen. So lernt man zum Beispiel: Es gibt in Deutschland 2.113 Römer- (straßen, -wege, -alleen etc.), 705 Kelten-... und 126 Germanen-... , allesamt und unterschiedslos vor allem in West- und Süddeutschland - aber es gibt nur 6 Slawen-... Die unter Archäologen ach so beliebte Schreibweise als Alamannen (mit a statt e) findet in öffentlichen Straßennamen nur 14 Treffer, die Duden-Schreibweise mit "e" als Alemannen hingegen 461 Treffer. Die klassischen Wandervölker der Völkerwanderungszeit finden recht unterschiedliche Resonanz: 5 Vandalen zu 63 Hunnen zu 199 Goten. Während Gräberfeld (4) und Grabhügel (2) sehr selten bleiben, gibt es immerhin 33 Hünengräber-Namen. Genug erzählt: im Selbst-Abfragen und Wundern liegt der (durchaus ernste) Spaß.
"Straßennamen: Wie oft gibt es Ihre Straße? Alle deutschen Straßennamen in einer Suche – finden Sie die interessantesten Muster" (ZEIT, 25.1.): http://www.zeit.de/interactive/strassennamen/


9. Ausstellungen und Museen
9.1.
Mehr als 50 Mio. Besucher: Rekordzahlen in Italiens Museen
Die Museen und Kulturerbstätten Italiens zogen 2017 mehr als 50 Mio. Besucher an; dies entspricht einem Plus von 10,4 % im Vergleich zu 2016 bzw. 31 % im Vergleich zu 2013. Die Einnahmen nahmen seit 2013 um 70 Mio. Euro bzw. 53 % zu. Das teilte das Kulturministerium am 6.1. mit. An der Spitze der meistbesuchten Orte stehen mit dem Kolosseum in Rom und den Ausgrabungen in Pompeij zwei archäologische Orte; bei den Spitzenreitern in Sachen Zuwachs finden sich ebenfalls archäologische Stätten wie die Grabungen in Herculaneum, das Archäologische Museum in Neapel oder die Anlage von Paestum. Besonders erfreulich an dieser Entwicklung, so teilt das italienische Kultur- und Tourismusministerium (MiBACT) mit, sei die Tatsache, dass nicht nur ein starker Zuwachs an Touristen zu verzeichnen sei, sondern auch eine immer höhere Zahl an Einheimischen, die "ihre" Kultur sehen und erleben möchten. Alle Einnahmen fließen laut Kulturministerium an die Museen und Grabungsstätten zurück, wobei nach einem solidarischen Prinzip ein Teil der Einnahmen auf die weniger frequentierten Orte mit entsprechend geringeren Einnahmen gehen. So könnten auch dort Innovationen verwirklicht werden, die zu einem größeren Interesse bei den Besuchern führen sollen.
"2017. Tutti i numeri dei musei Italiani (Ministero dei beni e delle attività culturali e del turismo, 6.1.): http://www.beniculturali.it/mibac/export/MiBAC/sito-MiBAC/Contenuti/visualizza_asset.html_249254064.html

9.2.
Studie "Thüringer Museen im Internet"
Die Journalistin und Bloggering Marlene Hofmann hat unter obigem Titel ihre interessanten Studien zur Social-Media-Präsenz der Museen in Thüringen von 2013 und 2015 fortgeschrieben. Besondere Triebfeder war ihr die Tatsache, dass die Thüringer Landesregierung im Jahr 2017 die "Museumsperspektive 2025" vorgestellt hatte. Was ergibt Hofmanns Update? Immerhin oder nur 62 % der insgesamt 163 Museen des Landes haben eine eigene Website und 40 % ein Facebook-Profil. Ein näherer Blick gerade auf die Facebook-Profile offenbart vielfach geringe Aktivitäten und auch Ungeschicklichkeit. Die Nutzung von Twitter ist weiterhin eine Ausnahme, nur neun der Thüringer Museen twittern. Auf Instagram seien zehn Häuser präsent, davon acht aktiv.
Marlene Hofmann: "Update: Thüringer Museen im Internet 2017" (marlenehofmann.de, 8.1.). http://www.marlenehofmann.de/blog/2018/01/08/update-thueringer-museen-im-internet-2017/

9.3.
Zum Greifen nah: 3D-Museum der Universität Tübingen
Derzeit digitalisieren Mitarbeiter der Museen der Universität Tübingen (MUT), des Tübinger eScience-Centers und Studierende Objekte der Tübinger Sammlungen, um ein "3D-Museum" zu errichten. Unter den Stücken sind archäologische Funde aus den Sammlungen der Ägyptologie, der Urgeschichte und der Klassischen Archäologie, ganze Räume wie eine ägyptische Opferkammer oder die Vogelherdhöhle, aber auch eine Holzmaske aus Kamerun und das Modell eines Reisspeicher. Die ersten 30 Objekte sind bereits online und können auch ohne VR-Brille von allen Seiten betrachtet, heruntergeladen und am eigenen 3D-Drucker ausgedruckt werden.
"3D-Museum: Zu Hause Sarkophage ansehen" (Südwest-Presse, 23.1.): https://www.swp.de/suedwesten/landespolitik/3d-museum_-zu-hause-sarkophage-ansehen-24626778.html
Website des 3D-Museums: https://www.unimuseum.uni-tuebingen.de/de/sammlungen/3d-museum.html

9.4.
Übersicht: Aktuelle Initiativen und Studienangebote für die Vermittlungskompetenz von Wissenschaft im Museum
Vermittlung von Wissenschaft wird zunehmend als bedeutend wahrgenommen. Gerade die kleinen Fächer sind auf eine öffentliche Sichtbarkeit angewiesen, denn erst diese generiert politischen Rückhalt und finanzielle Absicherung. Die Museen gehören hier zu einem fest etablierten Praxisfeld; bei gleichbleibend hohen Besucherzahlen erfreuen sie sich großer öffentlicher Beliebtheit und werden mehr und mehr auch als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit begriffen. Die traditionellen Vitrinenschauen sind heute nicht mehr zeitgemäß. So haben die Museen in den vergangenen Jahren einen starken Wandel vollzogen, sie haben sich intensiv einem reflexiven Umgang mit Materieller Kultur, Szenographie und den Neuen Medien geöffnet. Bleibt die Frage, wo und wie die "nachwachsenden" Akteure die notwendige Erfahrung erwerben, Wissenschaft angemessen und zielgruppenorientiert zu vermitteln. Die Universität war bislang hierfür nicht der Ort, und der akademische Wissensstil ist nicht auf die Museumspraxis übertragbar. Folglich lag es bislang am persönlichen Geschick des Individuums bzw. an der harten Schule des Alltags im Museum, hier erfolgreiche Formen zu finden. Inzwischen gibt es an einigen deutschen Universitäten Studiengänge für Museologie und Materielle Kultur; so etwa an den Universitäten Würzburg und Oldenburg. Aktuell richtet die Universität Konstanz eine Stelle an ihrem Institut für Geschichte ein, wo es um die Umsetzung einer gemeinsamen Ausbildung von Historikern und Archäologen sowie Architekten und Informatikern geht. Konstanz strebt an, in einem über mehrere Semester laufenden Studiengang gemeinsam eine kulturhistorische Ausstellung zu entwickeln, womit projektbezogen Ausstellungs- und Vermittlungskompetenz erworben wird. Der Konstanzer Plan, die Ausbildung in den unterschiedlichen, an der Entwicklung einer modernen Ausstellung beteiligten Disziplinen eng zu verzahnen, bietet die Chance, Erfahrungen und Kompetenzen zu sammeln, die auf den späteren Berufsalltag im Museum vorbereiten. Weiterhin liegt jetzt neu mit "MuseOn" ein modulares Studienangebot vor, bei dem in fünfwöchigen Onlinekursen Kompetenz in verschiedenen Museumsfeldern wie Sammeln, Vermitteln, Ausstellen etc. erworben werden kann. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, ist jedoch trotz Anbindung an die Universität Freiburg kostenpflichtig. Die Kosten bewegen sich zwischen 300 Euro für ein Teilmodul und 4.800 Euro für das Komplettprogramm. MuseOn lehrt, was man sonst in der Regel in der musealen Praxis, z. B. durch ein zweijähriges Volontariat, erlernen sollte. Man kann einzelne Module für sich quasi als Weiterbildungsmaßnahme kaufen. Das Angebot spricht nicht in erster Linie Studierende an, sondern Personen, die sich weiterqualifizieren möchten, z. T. bereits im Museum arbeiten. "Das ist sicherlich ein sinnvolles Angebot. Eine gute Sache ‒ wenn es denn der Arbeitgeber bezahlt. Es steht jedoch zu befürchten, dass der museale Nachwuchs das Angebot auf eigene Kosten als private Weiterbildungs- und Profilierungsmaßnahme nutzen wird. Das kann einen persönlichen Wettbewerbsvorteil für die Jobsuche bieten, entlässt aber die Arbeit gebenden Museen aus ihrer Aus- und Weiterbildungspflicht." – kommentierte Stefan Burmeister, Ausstellungskurator im Museum und Park Kalkriese, der Newsletter-Redaktion gegenüber das Angebot MuseOn.
Museologie Universität Würzburg: http://www.museologie.uni-wuerzburg.de/museologie-und-museumswissenschaft/
Museologie Universität Oldenburg: http://www.uni-oldenburg.de/materiellekultur/studiengaenge/ma-museum-und-ausstellung/
MuseOn: https://www.museon.uni-freiburg.de/


10. Und sonst …
10.1.
"Aufsatz bitte schnell und kostenlos statt kostenpflichtig" - Tipps für hilfreiche Tools
Wer kennt diesen Wunsch nicht? Erst mal Academia.edu und ResearchGate.net absuchen, dann ... So jeder hat da vermutlich seine Wege und persönlichen Suchstrategien, vom Googeln über das Absuchen von arXiv.org usw. Als Uni- und Bibliotheks-Angehöriger greift man gerne auch auf den nützlichen Dokumentenlieferdienst Subito. Ein Blogbeitrag aus der UB Dortmund verweist auf kleine elektronische Helferlein, die man ebenfalls einsetzen kann. Sie suchen zu einem angegebenen DOI systematisch, ob es den Beitrag irgendwo in einer frei zugänglichen Fassung gibt.
"Tool: Unpaywall" (NetBib, 29.12.): https://log.netbib.de/archives/2017/12/29/tool-unpaywall/

10.2.
Fünfzehn Tipps zur Visualisierung von Informationen
Der US-amerikanische Unternehmer Payman Taei, u. a. Hersteller der App Visme zur Online-Visualisierung, stellt im Sinne einer Best Practice 15 Anregungen zur Visualisierung von Informationen vor. Sein Zielpublikum sind Datenjournalisten, die aus einer Fülle von Informationen erhellende Zusammenstellungen und Verdichtungen schaffen wollen, die Menschen erreichen und sich ihnen einprägen. Das Durchklicken und Studieren seiner Beispiele ist auch für Wissenschaftler anregend - und sei es nur, um neben den Gemeinsamkeiten auch die großen Unterschiede zu den Standards der Wissenschaft zu verstehen. Denn im Grunde zielen diese Tipps weniger darauf, die in den wissenschafts-üblichen Grafiken vermittelten Informationen besser zu vermitteln, sondern eher darauf, das Lesen der zugehörigen Texte weitgehend zu erübrigen. Grafik als Storytelling. Gleichwie auch für Wissenschaftler einen Blick wert.
Payman Taei: "Data Journalism. Feast Your Eyes on 15 Stunning DataViz" (Global Investigative Journalsim Network, 2.1.): https://gijn.org/2018/01/02/feast-your-eyes-on-15-stunning-data-visualizations/

10.3.
Gibt es wirklich: Weltatlas des Alters von Grenzen
Für die Abteilung "kurioses Wissen" verweist die Newsletter-Redaktion auf die Anfang 2018 erschienene Grafik "The Age of Borders. When were the world's current borders first defined?" hin. Sie kartiert genau das weltweit, was der Titel ankündigt: das Alter der heute existierenden Grenzen zwischen Staaten, seit ca. 1200 n.Chr. Wer dem unten stehenden Link folgt, braucht etwas Geduld: das Bild lädt wegen seiner Größe gemütlich.
"The Age of Borders. When were the world's current borders first defined?" (Flickr; 5.1.): https://c1.staticflickr.com/5/4596/24556520177_d5a5b6d97a_o.png?ct=t(January_5_20181_5_2018)&mc_cid=2144f3d507&mc_eid=d9e4907e03

10.4.
Hermann Parzinger bittet Wissenschaftsrat um externe Evaluation der SPK
In einem am 10.1. publizierten Gastbeitrag im Berliner Tagesspiegel skizziert Hermann Parzinger, seit 2008 Präsident der Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), seine Sicht auf den Stand und die Zukunft der SPK. Die SPK umfasst u. a. die Museen auf der Berliner Museumsinsel und nimmt zentrale Aufgaben im neuen Humboldt Forum wahr. Die vor 60 Jahren (am 6.8.1957) gegründete Stiftung sei spätestens seit der Deutschen Wiedervereinigung, welche die Zusammenführung der Bestände ermöglicht habe, eine "Konzentration von Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung unter einem Dach" von Weltgeltung. Mit Blick auf die Zukunft meint er, die Stiftung brauche "Verbündete in Politik, Wirtschaft und Verwaltung, die ihr Freiraum verschaffen, ohne sie alleine zu lassen, die sie begleiten, ohne sie zu gängeln, die sie fördern, aber auch fordern. Es geht um Planungssicherheit und Gestaltungsspielraum, damit wir über den Status Quo hinaus denken und die SPK weiterentwickeln können. Die Meinung der Politik ist uns wichtig, in kulturellen Fragen haben aber auch wir eine Stimme, haben auch wir fundierte Angebote." Parzinger verweist auf Neuerungen und Experimente der SPK in der jüngsten Vergangenheit und zeigt künftige Entwicklungen auf. So werde z. B. die Provenienzforschung verstärkt werden. Er betont, dass die SPK auch intern weiter reformiert werden müsse: "Wir arbeiten daran, unsere Verwaltung effizienter und reaktionsschneller zu machen, Doppelstrukturen aufzulösen und übergreifende Planungen transparenter und kooperativer zu gestalten." Parzinger lädt den Wissenschaftsrat - das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium in Deutschland - dazu ein, die SPK von außen zu evaluieren.
Hermann Parzinger: "Das Museum als Universum - Bürgernähe, Provenienzforschung, Bode-Lab: zur Zukunft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz." (Tagesspiegel, 10.1.): http://www.tagesspiegel.de/kultur/stiftung-preussischer-kulturbesitz-das-museum-als-universum/20829962.html

10.5.
"Grundfragen der Urgeschichtsforschung" (1928) von K. H. Jacob-Friesen online
Deutsche Archäologie sei theorielos, ist ein geläufiges Vorurteil im angelsächsischen Raum - an dem ehedem etwas dran sein mochte, zumindest, wenn man deutschsprachige Werke einmal gänzlich ausklammerte. Bei den "Grundfragen der Urgeschichtsforschung" von Karl Hermann Jacob-Friesen hätte schon die Wahrnehmung des Buchtitels genügt, das Vorurteil zu hinterfragen. Der damals 42-jährige Paläolithiker und Direktor des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover legte darin seine Vorstellungen von reflektierter Forschung nieder. Gewiss, das Werk ist ein Anti-Kossinna, Jacob-Friesen vermochte der s. E. allzu simplen "siedlungsarchäologischen Methode" und ethnischen Deutung Gustaf Kossinnas (1858-1931) nicht zu folgen. Wer den Text mit heutigen Augen liest, wird erkennen, dass er weit mehr ist als eine gegen Kossinna gerichtete Streitschrift. Viele Ideen und Fragestellungen, mit denen sich später in der Folge von David Leonard Clarke (1937-1976) und seinem Werk "Analytical Archaeology" (1967) die "New Archaeology" auseinandersetzte, haben hier einen Vorläufer. Das Buch ist nun über die "Heidelberger historische Bestände - digital" vollständig im Open Access verfügbar.
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/friesen1928

10.6.
Immer nur Micky Maus ist ja auch langweilig - der Teppich-von-Bayeux-DIY-Comic-Generator ist zurück!
Alle Eltern, Paten- und sonstige Tanten und Onkel werden es kennen: Vorlesen, immer nur vorlesen! Soll ja wahnsinnig gut für die geistige Entwicklung des Kindes sein - aber dasselbe völlig zerlesene Micky-Maus-Heft (das das Kind selbstverständlich längstens wortgetreu mitsprechen kann), irgendwann, nee, wirklich ... Aber wie wäre es zur Abwechslung mal mit was Kreativem, zum Beispiel Comics selber machen? Und zwar ohne besserwisserische, teller-ohrige Mäuse? Hier die gute Nachricht: Der Teppich-von-Bayeux-DIY-Comic-Generator ist zurück! Der Eine oder Andere mag sich noch an die alte, mit Adobe Flash realisierte Version erinnern, die als Diplomarbeit von Björn Karnebogen an der Kunsthochschule für Medien Köln entstanden ist - jetzt gibt es das "Historic Tale Construction Kit" als Website, als offenen Code und sogar als Standalone-Programm. Und was kann dieser "Bausatz für historische Bildergeschichten" jetzt? Eine Geschichte bauen natürlich, wie der Name schon sagt. Und zwar mit den Figuren des Teppichs von Bayeux! Heißt: Man wählt Motive des Teppichs aus ("Braves", "Beasts", "Buildings" etc.) und gruppiert sie auf einer Leinwand nach Belieben; die Figuren sind dabei dreh- und skalierbar. Noch ein paar Sprechblasen in herrlich altertümlicher Schrift drüber - fertig ist "The Glorious Tale Of Bayeux". Eine perfekte Bespaßung für kranke Kinder, die nicht nach draußen können - und wer keine kranken (Paten-)Kinder hat, kann sich damit immer noch ein lustiges Meme für Facebook oder Twitter basteln ...
Bayeux - Historic Tale Construction Kit: http://htck.github.io/bayeux/#!/

10.7.
Doggerland: Was wäre wenn der Meeresspiegel nur etwas niedriger stünde?
Wenn die Temperaturen in Europa seit dem Spätglazial nur wenige Grad niedriger geblieben wären, läge der Meeresspiegel ein bisschen tiefer. Dann würde Doggerland, ein Gebiet im Kanal zwischen England und Deutschland/Jütland, noch heute existieren und eine wichtige Rolle in der menschlichen Geschichte spielen. Nicht nur in geographischer, sondern auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht wäre die Geschichte Europas vermutlich völlig anders verlaufen. Lee Rimmer beschreibt, für die Anfangszeit von archäologischen Fakten ausgehend, einige mögliche Szenarien, die eindringlich zeigen, welchen Einfluss die andauernde Existenz von Doggerland auf die Ur- und Frühgeschichte, die jüngere Geschichte und auf unsere heutige Welt gehabt haben könnte. Im Zusammenhang mit der aktuellen Klimadiskussion und der Frage, ob Archäologie und Paläoökologie für die heutige Welt relevant sind, ist uns die Histo-Fiction "If Doggerland had not drowned" einen Hinweis wert.
Lee Rimmer: "If Doggerland Had Not Drowned" (abroadintheyard.com, o. D.): http://www.abroadintheyard.com/if-doggerland-had-not-drowned/

10.8.
Denkmalschutz und Denkmalpflege: für wen eigentlich?
"Für die Zukunft" lautet die Antwort von Denkmalpflegern und auch einschlägigen Dokumenten wie z. B. der UNESCO World Heritage Convention von 1972 (§ 4). Dies hinterfragt ein Autorenteam um Cornelius Holtorf in einem aktuellen Aufsatz, der im Open Access verfügbar ist. Neben einer Sichtung der Literatur und der einschlägigen Konventionen u. ä. haben die Autoren national wie international 67 hochkarätige Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger persönlich dazu befragt - mit einem übereinstimmenden Bild: Es gibt wenig Vorstellungen und wenig Nachdenken über die Frage nach dieser Zukunft. Holtorf fragt nach dieser Zukunft: Wann ist sie? - in drei Generationen oder in mehreren Ewigkeiten? Warum sollte sich diese Zukunft wie wir für die alten Sachen interessieren? Irgendwie erhoffe man sich unhinterfragt, so das Ergebnis der Interviews, dass "die Zukunft", "die Geschichte" einem die aktuelle, entsagungsvolle Tätigkeit schon danken werde. Doch was tun wir im hier & heute, fragt Holtorf, um die Hinterlassenschaften für die Zukunft interessant und auch bedeutend zu machen? Holtorf & Co. bieten keine konkrete Antwort an. Aber ihre Beobachtung, dass es wenig handfestes Nachdenken über diese Zukunft gibt, für die die Gemeinschaft der Archäologen und Denkmalpfleger angeblich arbeitet, deckt ein Reflexionsdefizit in der Gegenwart auf. Ähnlich hatte sich, mit weitaus konkreterem Praxisbezug, unlängst Ulf Ickerodt in den "Archäologischen Informationen" geäußert: Denkmalpflege muss in der Gegenwart stehen und für eine bessere, eine nahe, noch plan- und greifbare Zukunft arbeiten und sich auf diesem Weg bewähren. Nur so könne, meint Holtorf, eine Zukunft vom Nutzen dieser Arbeit und der Relikte überzeugt werden. Es brauche aktuelle Relevanz, sonst werde sich eine ferne Zukunft kaum für die heutige Archäologie interessieren.
Högberg, A., Holtorf, C., May, S. & Wollentz, G. (2018). No future in archaeological heritage management? World Archaeology, published online 19. Jan. 2018: https://doi.org/10.1080/00438243.2017.1406398
Ickerodt, U. & Maluck, M. (2017). Raumplanungsorientierte Denkmalpflege in Schleswig-Holstein im Angesicht der Energiewende – ein Plädoyer für ein erweitertes Denkmalpflegemanagement. Archäologische Informationen 40, 2017, 257-278: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/42495

10.9.
Korrespondenz des Ägyptologen Georg Steindorff (1861-1951) online zugänglich
Im Kontext seiner wissenschaftsgeschichtlichen Erforschung ist der Briefnachlass des Ägyptologen Georg Steindorff ediert und erforscht worden. Steindorff gilt als einer der bedeutendsten deutschen Ägyptologen; sein Briefnachlass gelangte als Schenkung eines seiner Enkel an die Universität Leipzig. Diese Korrespondenz steht nun online zur Verfügung und ergänzt die bereits 2016 in den "Beiheften der Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 5" erschienene Projektpublikation "Georg Steindorff und die deutsche Ägyptologie im 20. Jahrhundert. Wissenshintergründe und Forschungstransfers", herausgegeben von Susanne Voss und Dietrich Raue. Das Korrespondenzkonvolut ist über "Arachne" recherchierbar sowie in ZENON nachgewiesen, jeweils mit Verlinkung zu den digitalisierten Briefen. In den Briefen kann geblättert und sogar nach Personen gesucht werden, mit denen Steindorff in Kontakt stand. Die reichhaltige Korrespondenz umfasst 2.576 Briefe aus den Jahren 1881 - 1951, die fachliche Inhalte der Ägyptologie und Koptologie bzw. die Herausgeberschaft und Mitgliedschaften Steindorffs reflektieren, aber auch die historischen Rahmenbedingungen während Steindorffs aktiver Zeit. Sie spielen daher eine bedeutende Rolle als Zeitdokument gesellschaftlicher, politischer und universitärer Entwicklungen in Deutschland. Georg Steindorff lehrte von 1893 - 1933 an der Universität Leipzig Ägyptologie, er war Lehrstuhlinhaber, baute die Lehrsammlung aus, die heute als eine der bedeutendsten universitären Lehrschausammlungen gilt, und unternahm Ausgrabungen in Ägypten. Darüber hinaus war er Dekan der Philosophischen Fakultät, Mitglied der sächsischen Akademie der Wissenschaften und Herausgeber der "Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde" sowie der Reihe "Urkunden des Ägyptischen Altertums". Im Jahr 1934 erhielt er aufgrund seiner jüdischen Herkunft Berufsverbot, 1936 verkaufte er die Sammlung, und 1939 emigrierte er in die USA, wo er 1951 starb. Der Verkauf der Sammlung wurde ab 1993 zu einem umstrittenen Thema im Rahmen der Jewish Claims Conference (JCC), weil er als erzwungen gegolten hatte und deshalb die Sammlung zunächst der JCC zugesprochen wurde; 2011 lenkte die JCC 2011 ein und überließ die Sammlung endgültig der Universität Leipzig. Gefördert wurde das Projekt "Wissenshintergründe und Forschungstransfer am Beispiel des Ägyptologen Georg Steindorff (1861 – 1951)" von der DFG und entstand unter Mitarbeit des DAI und des Archäologischen Instituts zu Köln.
"Briefe des Ägyptologen Georg Steindorff online zugänglich" (Universität Leipzig, 21.12.): http://www.uni-leipzig.de/service/kommunikation/medienredaktion/nachrichten.html?ifab_modus=detail&ifab_id=7565
Korrespondenz Steindorffs bei iDAI.objects/Arachne: https://arachne.dainst.org/project/steindorff
Korrespondenz Steindorffs in iDAI.bibliography/ZENON: https://zenon.dainst.org/Record/001427424
"Leipzig behält altägyptische Sammlung" (Tagesspiegel, 22.6.2011): http://www.tagesspiegel.de/wissen/leipzig-behaelt-altaegyptische-sammlung/4315328.html

10.10.
Römischer Straßenatlas für Britannien - oder: Auskartieren leicht gemacht!
Aus der Kategorie "Denkanstöße für schöne Visualisierungen mit Hausmitteln und ganz ohne kompliziert und GIS" hier ein Klick-Vorschlag: Die Website Heritage Daily hat das römische Straßennetz - bis hin zu den Stadtplänen der meisten größeren römischen Siedlungen! - der britischen Insel auf einer schicken Online-Karte auskartiert. Realisiert wurde die Karte mit dem leicht zu bedienenden Online-Werkzeug "Scribble Maps", Kartenhintergrund ist die Standard-Karte von Google Maps (die hier leider nicht austauschbar ist, z. B. gegen eine Reliefdarstellung; auch die Datenquelle für die römischen Verkehrswege ist nicht ausgewiesen.). Wer sich also ständig in Londinium oder Ratae Corieltauvorum verläuft oder den Weg zwischen Noviomagus Reginorum und seinem Truppenstandort in Vindolanda nicht findet, hat jetzt endlich eine vernünftige Karte des römischen Britanniens zur Hand (vorausgesetzt, die Reenactment-Authentizitätskiste erlaubt so ein neumod'sches Elektro-Wachstäfelchen mit Internetzfunk). Wer sich für die römischen Verkehrswege auf der Insel interessiert - voilà. Und wer nicht genau weiß, wie er seine Forschungsergebnisse räumlich vernünftig präsentieren soll, hat hier ein wunderbares Beispiel, wie es gehen kann!
"Roman Britain - Street Map" (Artikel bei HeritageDaily): https://www.heritagedaily.com/2018/01/roman-britain-street-map/118249
"Roman Britain - Street Map" (Online-Karte): https://www.scribblemaps.com/maps/view/Roman_Britain_Street_Map/gZvZPG0h8q
Scribble Maps: https://www.scribblemaps.com/

10.11.
Sudanesisches Arabisch und Nobiin - ein Grabungswörterbuch für Sudanforschende
Für all die Kollegen, die regelmäßig im Sudan Feldforschung betreiben und denen immer die auch einfachsten Wörter, etwa für "Kelle" oder "Bandmaß", der verschiedenen einheimischen Idiome entfallen, gibt es jetzt Rettung: Das AcrossBorders-Projects, dass die Siedlungsstrukturen in Ägypten und Nubien des 2. vorchristlichen Jahrtausends erforscht, hat ein Kurzwörterbuch auf seinem Blog publiziert - "Órosee! " für die Zusammenstellung.
"Short Archaeological Wordlist in English, Sudani Arabic and Nobiin (compiled by Helmut Satzinger)": http://acrossborders.oeaw.ac.at/publications/wordlist-english-sudani-arabic-and-nobiin

10.12.
Niedersachsen: "Einbeck im Mittelalter" digital verfügbar
In der Stadtarchäologie-Szene von Niedersachsen hat Einbeck einen besonderen Ruf. Seit inzwischen nahezu 30 Jahren ist hier, von der Kommune getragen, ein Stadtarchäologe tätig (inzwischen der dritte), und immer noch gibt es Unerwartetes und Neues zu entdecken. Darüber dürfen aber die bisherigen, wichtigen Ergebnisse zur Stadtgeschichte nicht vergessen werden. Zum zehnjährigen Jubiläum der Stadtarchäologie gab es 2002 eine Ausstellung, deren 50-seitige Ausstellungsbroschüre via Academia.edu zugänglich ist (Heege 2002a). Die zugehörige, mehr als 330-seitige wissenschaftliche Monographie (Heege 2002b) aber war bereits 2003 vergriffen. Auf Anregung des Einbecker Geschichtsvereins wurde dieses Buch nun durch die UB Heidelberg (Propylaeum) digitalisiert und steht interessierten Nutzer zum Anschauen, Blättern, Lesen und Neuentdecken frei zur Verfügung.
Andreas Heege (2002a). Einbeck im Mittelalter. Eine archäologisch-historische Spurensuche: http://www.academia.edu/1501063/Einbeck_im_Mittelalter._Eine_arch%C3%A4ologisch-historische_Spurensuche
Heege, Andreas (2002b). Einbeck im Mittelalter: eine archäologisch-historische Spurensuche. Oldenburg: Isensee. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heege2002


11. Impressum und Redaktionshinweise
Sie erhalten diesen Newsletter, weil Sie auf der Verteilerliste der DGUF eingetragen sind. Wollen Sie den Newsletter nicht länger erhalten, klicken Sie zum Abmelden bitte auf den Link am Ende dieses Newsletters.

Der Newsletter wird herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF). Verantwortlich für den Inhalt des Newsletters: Diane Scherzler.

Wenn Ihnen der Newsletter gefällt und Sie ihn weiterempfehlen möchten: gerne! Auch wer nicht Mitglied der DGUF ist, kann den Newsletter beziehen. Dort geht es zur Anmeldung: http://www.dguf.de/index.php?id=49

Den Newsletter gibt es - üblicherweise mit einer Verzögerung von wenigen Stunden bis Tagen - auch formatiert als PDF-Version mit klickbaren Links in unserem Archiv. Dort finden Sie auch alle bisherigen Newsletter: http://www.dguf.de/index.php?id=249

Wir freuen uns über Ihre Hinweise auf Veranstaltungen, Tagungen etc. Bitte schicken Sie dazu eine E-Mail an die Redaktion: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Die DGUF nimmt eine Auswahl und ggf. eine redaktionelle Überarbeitung eingesandter Hinweise und Beiträge vor. Anhänge (z. B. PDFs mit weiterführenden Informationen) können im DGUF-Newsletter nicht aufgenommen werden. Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung.
Keine Gewähr auf Angaben, die nicht aus der DGUF selbst kommen. Für den Inhalt von Websites, auf die in diesem Newsletter ein Link gesetzt ist, ist die DGUF nicht verantwortlich.
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.