DGUF-Newsletter vom 28.2.2017

DGUF-Newsletter vom 28.2.2017

1. DGUF-Nachrichten
1.1. DGUF-Tagung 2017 "Ein Berufsverband für die Archäologie?": Webbasierte Vortagung startet am kommenden Montag
1.2. Wahlprüfsteine der DGUF zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai
1.3. Neue Szenarien für die Archäologie durchdenken: Teilnahme des DGUF-Vorstands an der "Nearching Factory" (Santiago de Compostela, 30.1.-1.2.)
1.4. DGUF-Handreichungen zum wissenschaftlichen Publizieren, für Studierende und zum Thema Kulturgutschutz

2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1. "Funde in der Landschaft - Neue Perspektiven und Ergebnisse archäologischer Prospektionen" (Köln, 12.-13.6.)
2.2. Jahrestagung Arbeitskreis Geoarchäologie (Erlangen, 12.-14.5.; CfP bis 27.2.)
2.3. AG TiDA: "Frage Migration! – Erkenntnistheorien, Argumente, Modelle, Paradigmen" (Mainz, 4.7.; CfP bis 20.3.)
2.4. "Archäologie des Spätmittelalters und der Neuzeit in Großbritannien und Deutschland: Neue Richtungen und Entwicklungen" (Bremerhaven, 20.-22.9.; CfP bis 30.4.)
2.5. SIAA-Studierendenkonferenz "Kulturgüterschutz - Bewusstsein für unser gemeinsames Erbe" (Mainz, 10.-11.6.; CfP bis 15.3.)
2.6. European Heritage Congress (Turku, 11.-15.5.)

3. Forschung
3.1. Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
3.3. Aktuelle Forschung in den Medien
3.4. Zur Macht und Nähe kommunalen Archäologien zu den kommunalen politischen Machthabern und Planungsprozessen
3.5. Soziale Differenzierung mit dem "Gini-Koeffizienten" messen
3.6. Neue Hinweise auf vorkolumbianische Bewirtschaftung des Amazonasgebiets
3.7. CT-Untersuchungen an Mumien aus dem südsibirischen Bestattungsplatz von Pazyryk
3.8. Die "Radiocarbon Palaeolithic Europe Database" Version 21 wird in Kürze verfügbar sein.
3.9. Tagungsbericht "Migration and mobility in the Neolithic: interdisciplinary dialogues" (Hamburg, 17.-18.2.)
3.10. FAZ-Artikel von Nicholas J. Conard über die Höhlen der Schwäbischen Alb und Kunst als Kommunikationsmittel
3.11. Bendern: Neuerscheinungen zum Mittelalter und der Neuzeit in Liechtenstein
3.12. "Anthropozän" - oder: geht die Deutungshoheit über die Geschichte an die Naturwissenschaften über?
3.13. Endlich: selbstbewusste archäologische Debatte von DNA-Studien zu Wikingern

4. Kulturgutschutz
4.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2. Römerlager Wilkenburg: abbaggern, erhalten, oder ausgraben?
4.3. ICSR-Report: Antikenhandel spielt für Finanzen des IS keine bedeutende Rolle
4.4. ARTE-Dokumentation über die Rettung der Manuskripte von Timbuktu

5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1. Das "Stipendium" von hessenARCHÄOLOGIE und KAL bundesweit in den Schlagzeilen
5.2. DGUF-Beirätin Sophie Hüglin zur EAA-Vizepräsidentin ausgewählt
5.3. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017: Sorgen des wissenschaftlichen Nachwuchses sorgfältig vermessen
5.4. Schweiz ringt um den Verbleib der Grabungsdokumentationen von Hans Rudolf Sennhauser
5.5. "Doppelmoral im Kulturbetrieb": Erfahrungen von Geisteswissenschaftlern als Trainee oder Volo
5.6. Zur gegenwärtigen Minderstellung von Frauen in der Archäologie

6. Open Access & Open Data
6.1. Forderung nach Wissenschaftsfreiheit als Vehikel, um veraltetes Verlagswesen zu zementieren
6.2. Informativer Blogbeitrag über rechtliche Probleme bei Open Access und Creative-Commons-Lizensierung
6.3. "Creative Commons" entwickelt Suchmaschine für freies Bildmaterial
6.4. "Preistoria Alpina" seit Jahrgang 2016 in Open Access
6.5. Über den freien oder eingeschränkten Zugang zum digitalen Kulturerbe
6.6. Das Metropolitan Museum of Art stellt seine Sammlung hochauflösend ohne Einschränkungen zur Weiterverwendung ins Netz

7. Bürger und Archäologie & Citizen Science
7.1. GlobalXplorer: Citizen Archaeology aus dem All (und mit Internet)

8. Ausstellungen und Museen
8.1. Sehenswert: Ausstellung "Odin, Thor und Freyja" (Frankfurt, bis 6.6.)
8.2. Jüdisches Museum & Archäologische Zone in Köln: Feinkonzept vorgestellt
8.3. Römerbergwerk Meurin in Kretz für den EMYA 2017 nominiert
8.4. Italien: Erster McDonald's mit Museum eröffnet

9. Und sonst …
9.1. Bildrechte: Heiße Debatten und ein Dschungel für Autoren
9.2. Erstmals ausgeschrieben: Forschungspreis Transformative Wissenschaft
9.3. "Forum Kritische Archäologie" sucht Beiträge zum Thema "Wissensproduktion in der Archäologie"
9.4. H-Soz-Kult debattiert: Deutscher Museumsbund (2013), Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen
9.5. Autor lässt Rezension seines Buches per Gericht korrigieren
9.6. Die Bedeutung eigener Forschung in den Medien übertreiben? Ein aktueller Fall aus der Weltraumforschung
9.7. Kennewick Man/The Ancient One nach 20 Jahren Rechtsstreit wieder bestattet
9.8. Jetzt ist es offiziell: 2018 wird das erste Europäisches Jahr des Kulturerbes
9.9. Neue gedruckte Ausgabe der Tabula Peutingeriana
9.10. Stellungnahmen zur laufenden Novellierung des Urheberrechts liegen vor
9.11. Zwei Archäologen aus Frankfurt in Nigeria nach Entführung wieder frei, zwei Mitarbeiter getötet
9.12. USA: Museen und Bibliotheken veranstalten "Day of Facts" als Protest gegen "alternative Fakten" und Wissenschaftsfeindlichkeit der Trump-Regierung
9.13. DFG-Präsident Prof. Dr. Peter Strohschneider: Wissenschaft muss "grundsätzlich neu darüber nachdenken, wie sie ihre Ansprüche und Leistungen mit der Gesellschaft kommuniziert."
9.14. Tipps zur Erstellung von Social Media Leitlinien

10. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.1.
DGUF-Tagung 2017 "Ein Berufsverband für die Archäologie?": Webbasierte Vortagung startet am kommenden Montag
Obgleich die Archäologie ein rundum erfüllender Beruf sein kann, leiden viele Kollegen unter prekären Beschäftigungsverhältnissen, problematischen Zeitverträgen oder unverhältnismäßiger Entlohnung ihrer guten Arbeit. Es fehlen breit akzeptierte Qualitätsstandards und ein wirksames Qualitätsmanagement. Praktikanten und Volontäre machen immer wieder Erfahrungen mit unseriöser Ausbeutung. In Summe Probleme, die andere Berufe mit Hilfe eines Berufsverbandes regeln. Wir wollen in unserer Online-Vortagung und auch während unserer Präsenztagung am 4.7. in Mainz debattieren: Worauf wäre zu achten, was wären wichtige Rahmenbedingungen, damit ein Berufsverband für die Archäologie erfolgreich sein kann? Um den Gedankenaustausch strukturiert und effektiv gestalten zu können, starten wir am 6.3. mit unserer Vortagung, die ausschließlich im digitalen Raum stattfindet: Wir laden alle Interessierten zu einer offenen Debatte ein. Es müssen alle Themen auf den Tisch, diese gehören strukturiert, und zu manchen Aspekten sollen während der Vortagung Entscheidungsgrundlagen erarbeitet werden. Die Teilnahme ist kostenlos und ebenso unabhängig von einer DGUF-Mitgliedschaft wie von einer Teilnahme an der Präsenztagung in Mainz. Die webbasierte Vortragung bietet allen Kollegen die Gelegenheit, ihr Wissen und ihre Erfahrung, ihre Bedürfnisse und ihre Gestaltungskraft in dieses wichtige Thema einzubringen, auch wenn sie z. B. aus beruflichen Gründen nicht nach Mainz kommen können.
Tagungswebsite: http://www.dguf.de/berufsverband.html
Anmeldung zur Vortagung: https://www.tagungsforum.dguf.de/

1.2.
Wahlprüfsteine der DGUF zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai
Die drei drängende Fragen zur Archäologie und Denkmalpflege in Nordrhein-Westfalen stellt die DGUF derzeit allen wahlrelevanten Parteien im Bundesland. Wir bitten die Politiker, ihre Standpunkte und Pläne für die Archäologie in der nächsten Legislaturperiode darzulegen. Die Antworten werden von uns veröffentlicht.
http://www.dguf.de/429.html

1.3.
Neue Szenarien für die Archäologie durchdenken: Teilnahme des DGUF-Vorstands an der "Nearching Factory" (Santiago de Compostela, 30.1.-1.2.)
In den zurückliegenden Jahren wurde auch die Archäologie von tiefgreifenden Krisen erfasst. Überall gingen Arbeitsplätze verloren, ein beträchtlicher Teil unserer Kollegen lebt an oder jenseits der Armutsgrenze. Wie steht es gleichzeitig um das Verhältnis von Archäologie und Gesellschaft? Solchen Fragen, die u. a. auch in Tübingen auf der DGUF-Tagung 2015 debattiert worden waren, widmete sich die "Factory", die ihr Ziel so beschrieb: "re-think the practice of archaeological activity (i.e. archaeological as a way of life and of making a living) to build, in collaboration with others, a process for the creation of new scenarios that can help to sustain the activity." Wie stellen wir uns die Archäologie in fünf, zehn, 20 oder mehr Jahren vor? Wie müssen professionelle Regelungen und Codes zur Stärkung des Berufs beschaffen sein? Welche Rollen sollten im Umfeld der Archäologie künftig stärker differenziert werden (z. B. Berufsverband und NGO)? Manche Elemente der "Factory" hatte der Gastgeber, Felipe Criado Boado, Präsident der European Association of Archaeologists (EAA) von der DGUF-Tagung 2016 in Berlin übernommen. Bei anderen Elementen und vor allem Inhalten lernte der DGUF-Vorstand von den Veranstaltern sowie ca. 80 Teilnehmern viel hinzu und hofft, Teile der Debatte in deutsche Diskussionen einzubringen. Einen Überblick über die wichtige Veranstaltung gibt unser Storify mit Texten, Tweets und Videos.
"DGUF bei Nearching Factory" (DGUF, 1.2.): https://storify.com/DGUF1969/dguf-bei-nearching-factory/

1.4.
DGUF-Handreichungen zum wissenschaftlichen Publizieren, für Studierende und zum Thema Kulturgutschutz
Wie vergibt man als Autor Schlagwörter richtig? ORCIDs: was soll das, und brauche ich das? Was erwartet mich auf meiner ersten Tagung (und sollte ich da e c h t hingehen)? Ich will gerne auf einer Auktionsplattform eine Antike kaufen - wie gut ist die Idee? All unsere Handreichungen, welche diese und viele weitere Fragen beantworten, haben wir jetzt auf einer Seite zusammengestellt.
Die Handreichungen der DGUF: http://www.dguf.de/428.html


2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1.
"Funde in der Landschaft - Neue Perspektiven und Ergebnisse archäologischer Prospektionen" (Köln, 12.-13.6.)
Die archäologische Forschung nutzt verschiedenste Methoden der Prospektion, um Fundstellen zu entdecken oder vergangene Landschaften zu untersuchen. Während der Tagung stellen Archäologen in 24 Vorträgen aktuelle Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Sie diskutieren Möglichkeiten und Probleme, die sich beim Einsatz von Prospektionsmethoden im Rahmen von landschaftsarchäologischen Projekten, bei der Untersuchung von Fundplätzen im Pflughorizont sowie im präventiven Kulturgüterschutz ergeben. Die Tagungsveranstalter wollen den Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen schärfen, welche die Feldbegehung, auch und gerade in Kombination mit anderen Prospektionstechniken, bietet. Die Tagung soll den Austausch zwischen Wissenschaftlern fördern, die Feldbegehung und Metalldetektorprospektion als ein wichtiges Instrument zur Erforschung archäologischer Fundplätze und Landschaften nutzen. Außerdem soll der Netzwerkbildung der verschiedenen Landesarchäologien, Universitäten und Fachfirmen, auch über Ländergrenzen hinweg, dienen.
http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/media/bodendenkmalpflege/aktuelles/pdf/veranstaltungen_2017/Flyer_Funde_in_der_Landschaft_270117.pdf

2.2.
Jahrestagung Arbeitskreis Geoarchäologie (Erlangen, 12.-14.5.; CfP bis 27.2.)
Bei der 13. Jahrestagung des AK Geoarchäologie sollen die Beschäftigungsperspektiven für Geoarchäologen und die Rolle des Menschen gegenüber natürlichen Faktoren von Landschaftsveränderungen im Mittelpunkt stehen. Der erste Tag wird einen internationalen Scherpunkt haben, der zweite seinen Schwerpunkt auf die Geoarchäologie in Deutschland legen. Für den dritten Tag ist eine Exkursion geplant. Die Veranstalter wollen den Praxisbezug stärken, weshalb sie auch Grabungstechniker zu Teilnahme und Einreichungen ermuntern möchten. Vortragsanmeldungen können noch bis zum 27.2. eingereicht werden.
http://www.geographie.nat.uni-erlangen.de/event/ak-geoarch-in-erlangen-12-14-mai/

2.3.
AG TiDA: "Frage Migration! – Erkenntnistheorien, Argumente, Modelle, Paradigmen" (Mainz, 4.7.; CfP bis 20.3.)
Die Arbeitsgemeinschaft "Theorien in der Archäologie" (AG TiDA) stellt das aktuelle und hochrelevante Thema "Migration" in den Mittelpunkt ihrer Sektion auf dem Deutschen Archäologie-Kongress in Mainz, ausdrücklich mit Bezug auch auf die DNA-Forschung, mit der in der Archäologie längst überkommen geglaubte Argumentationslinien wieder empor spülen. "Die aktuellen Migrationsbewegungen nach Europa haben vielschichtige Hintergründe und sie werden kontrovers erlebt. Es ist anzunehmen, dass vorgeschichtliche Bevölkerungsverschiebungen nicht weniger komplex waren", schreibt die AG. Vortragsvorschläge können bis 20.3. eingereicht werden.
http://agtida.de/1152-2/

2.4.
"Archäologie des Spätmittelalters und der Neuzeit in Großbritannien und Deutschland: Neue Richtungen und Entwicklungen" (Bremerhaven, 20.-22.9.; CfP bis 30.4.)
Die Deutsche Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (DGAMN) und die britische Society for Post-Medieval Archaeology (SPMA) veranstalten vom 20.-22.9. zum ersten Mal eine gemeinsame Tagung. Die Veranstaltung steht unter dem Titel "Archäologie des Spätmittelalters und der Neuzeit in Großbritannien und Deutschland: Neue Richtungen und Entwicklungen" und findet im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven statt. Das vorrangige Ziel ist, beide Gesellschaften enger zusammenzubringen. Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Herangehensweisen archäologischer Arbeiten bzw. Interpretationen beiderseits des Kanals stehen im Fokus. Vier große Themenfelder sollen diskutiert werden: 1) Theoretische und methodische Konzepte, 2) Denkmalpflege, 3) Sachkultur und 4) Maritime Archäologie. Der Call for Papers endet am 30.4. Beiträge in deutscher oder englischer Sprache können über die DGAMN oder die SPMA eingereicht werden.
http://www.dgamn.de/uploads/CfP%20DGAMN-SPMA_final_deutsch.pdf

2.5.
SIAA-Studierendenkonferenz "Kulturgüterschutz - Bewusstsein für unser gemeinsames Erbe" (Mainz, 10.-11.6.; CfP bis 15.3.)
Bereits Studierende verschiedenster Fachdisziplinen können am Kulturgüterschutz mitwirken, betonen die Veranstalter, die "Studierendenkonferenz Innovative und Aktive Altertumswissenschaften" (SIAA). Die Konferenz soll Studierende und junge Wissenschaftler der Altertums- und Rechtswissenschaften zusammenbringen. "Schon im Studium müssen zukünftige Grabungsleiter oder Kuratoren sich ihrer Verantwortung bewusst sein, den ihr Beruf mit sich bringt", schreiben die Veranstalter. "Und Juristen stehen vor der Herausforderung, entweder auf legislativer und/oder praktischer Ebene die entsprechenden rechtlichen Grundlagen des friedlichen Miteinanders zu schaffen, was angesichts der aktuellen politischen Lage täglich an Bedeutung gewinnt." Vortragsvorschläge können bis 15.3. eingereicht werden. Die Teilnahme an der Konferenz ist für jeden Interessierten möglich.
Tagungswebsite: http://siaa-mainz.de/
Facebook-Seite zur Tagung: https://www.facebook.com/SIAAMainz/

2.6.
European Heritage Congress (Turku, 11.-15.5.)
Around 300–400 heritage players from all over Europe will gather in Turku, Finland, and – according to the organisers – "shall contribute to a stronger recognition of cultural heritage as a key resource for Europe". The special focus of this congress is social participation in heritage planning.
http://europanostra.fi/en/european-heritage-congress2017/


3. Forschung
3.1.
Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Fries, J. E. (2017). Bilder von Archäologen, Bilder der Vergangenheit. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 12. Febr. 2017. [PDF]
Schreiber, St. (2017): Massendinghaltung: Wie aus einer Tagungsanmerkung ein "alter Archäologenwitz" wird. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 6. Febr. 2017.
Hesse, St. (2017). Die Macht der Nähe – die Nähe der Macht: Kommunalarchäologie. Dargestellt am Beispiel des niedersächsischen Landkreises Rotenburg (Wümme). Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 2. Febr. 2017.

3.2.
Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Ancient sanctuary from obscure religion that competed with Christianity unearthed in Corsica" (International Business Times, 24.2.): http://www.ibtimes.co.uk/ancient-sanctuary-obscure-religion-that-competed-christianity-unearthed-corsica-1608421
"Hebrew University Archaeologists Find 12th Dead Sea Scrolls Cave" (Pressemeldung The Hebrew University of Jerusalem, 8.2.): http://new.huji.ac.il/en/article/33424
"'Fantastic' Roman mosaic floor discovered in Leicester during city centre excavations" (Leicester Mercury, 4.2.): http://www.leicestermercury.co.uk/largest-roman-mosaic-floor-found-in-leicester-for-30-years/story-30110162-detail/story.html

3.3.
Aktuelle Forschung in den Medien
"Study shows ancient humans arrived in South America in multiple waves" (Pressemeldung University of Buffalo, 24.2.): http://www.buffalo.edu/news/releases/2017/02/032.html
"Neanderthal DNA contributes to human gene expression" (Phys.org, 23.2.): https://phys.org/news/2017-02-neanderthal-dna-contributes-human-gene.html
Brasilien: "Study of ancient skulls suggest there may have been multiple migrations into the Americas" (Phys.org, 23.2.): https://phys.org/news/2017-02-ancient-skulls-multiple-migrations-americas.html
"Genetic data show mainly men migrated to Europe from the Pontic steppe 5,000 years ago" (Pressemeldung Uppsala Universitet, 21.2.): https://www.uu.se/en/media/news/article/?id=8264&area=2,5,10,16&typ=artikel&lang=en
"Woolly mammoth on verge of resurrection, scientists reveal. Scientist leading 'de-extinction' effort says Harvard team could create hybrid mammoth-elephant embryo in two years" (The Guardian, 16.2.): https://www.theguardian.com/science/2017/feb/16/woolly-mammoth-resurrection-scientists
"Der Mann aus dem Eis: Forscher beweisen die Stabilität von genetischen Markern" (Pressemeldung Universität des Saarlandes, 16.2.): http://www.uni-saarland.de/nc/aktuelles/artikel/nr/16790.html
Caverna delle Arene Candide, Italien: "Broken pebbles offer clues to Paleolithic funeral rituals" (Pressemeldung Université de Montréal, 6.2.): http://nouvelles.umontreal.ca/en/article/2017/02/06/broken-pebbles-offer-clues-to-paleolithic-funeral-rituals/
"Als die Porta Nigra brannte - Archäologe enträtselt Feuerspuren am Triers Wahrzeichen" (Trierer Volksfreund, 2.2.): http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/bitburg/aktuell/Heute-in-der-Bitburger-Zeitung-Als-die-Porta-Nigra-brannte-Archaeologe-entraetselt-Feuerspuren-am-Triers-Wahrzeichen;art752,4590212
"8 rock carvings from the Tubo period found in Tibet" (China Daily, 3.2.): http://usa.chinadaily.com.cn/travel/2017-02/03/content_28095661.htm
"Baltic hunter-gatherers adopted farming without influence of mass migration, ancient DNA suggests" (Pressemeldung University of Cambridge, 2.2.): http://www.cam.ac.uk/research/news/baltic-hunter-gatherers-adopted-farming-without-influence-of-mass-migration-ancient-dna-suggests
"Ancient DNA reveals genetic ‘continuity’ between Stone Age and modern populations in East Asia" (Pressemeldung University of Cambridge, 1.2.): http://www.cam.ac.uk/research/news/ancient-dna-reveals-genetic-continuity-between-stone-age-and-modern-populations-in-east-asia
"38,000-Year-Old Rock Art Discovered in France" (Live Science, 30.1.): http://www.livescience.com/57678-ancient-rock-art-discovered-in-france.html
Żywiec: "The oldest glass-making workshop in Poland is approx. 2 thousand years old" (Pressemeldung Science & Scholarship in Poland, 27.1.): http://scienceinpoland.pap.pl/en/news/news,412821,the-oldest-glass-making-workshop-in-poland-is-approx-2-thousand-years-old.html
"The Ancient Indus Civilization’s Adaptation to Climate Change" (Pressemeldung University of Cambridge, 27.1.): http://www.arch.cam.ac.uk/the-ancient-indus-civilization2019s-adaptation-to-climate-change

3.4.
Zur Macht und Nähe kommunalen Archäologien zu den kommunalen politischen Machthabern und Planungsprozessen
Aus Sicht Stefan Hesses kann die Nähe der kommunalen Archäologien zu den kommunalen politischen Machthabern und den Planungsprozessen helfen, die Belange der Archäologie besonders wirksam zu vertreten. Hesse beleuchtet das Arbeiten und die Verflechtungen der archäologischen Denkmalpflege aus der Perspektive der Unteren Denkmalbehörde am Beispiel einer niedersächsischen Kommunalarchäologie.
Hesse, St. (2017). Die Macht der Nähe – die Nähe der Macht: Kommunalarchäologie. Dargestellt am Beispiel des niedersächsischen Landkreises Rotenburg (Wümme). Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 2. Febr. 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Hesse.pdf

3.5.
Soziale Differenzierung mit dem "Gini-Koeffizienten" messen
Der Gini-Koeffizient ist eine Maßzahl, die in den Wirtschaftswissenschaften entwickelt wurde, jedoch in den vergangenen Jahren verstärkt auch in aktuellen politischen Debatten verwendet wird. Mit ihm wird in Gesellschaften das Maß an Gleichheit aller (Koeffizient = 0) resp. an sozialer Ungleichheit gemessen (Maximalwert = 1). Wenn die Klage geht, die Spanne zwischen "denen da unten" und "denen da oben" wachse, wird dies oft auch mit dem Gini-Koeffizienten beschrieben. Auch für die Archäologie relevant? Schon, ja. So könnte man beispielsweise den Eindruck, dass - historisch gesehen - Gesellschaften geringer sozialer Differenzierung stabiler waren als solche mit starker sozialer Differenzierung, mit Hilfe des Gini-Koeffizienten hart untermauern. Es wäre ein Ergebnis, mit dem Archäologie auch jenseits der üblichen Gold- & Sensations-Meldungen mit relevantem Wissen eine breite öffentliche Aufmerksamkeit fände. Doch wie rechnet man das eigentlich? Hier hilft ein aktueller Blog-Betrag des Historikers Hendrik Mühlenbrock. Er erklärt den Koeffizienten, legt sorgfältig seine Berechnung dar - und desillusioniert. Denn ob der komplexen Berechnungen bei größeren Populationen ist es üblich, Gruppierungen vorzunehmen und die Daten zu reduzieren, worin ein erhebliches Einfallstor für subjektive Modifikationen dieser scheinbar objektiven Maßzahl liegt. Gleichwie, so Mühlenbrock, der Gini-Koeffizient "stellt einen simplen Wert auf einer greifbaren Skala bereit, um mit Zuständen einer komplexen Datenmasse arbeiten zu können." Und seine hier kritisch beschriebene Dehnbarkeit erlaubt es gewiss, ihn auch auf archäologische Datenkörper anzupassen.
Hendrik Mühlenbrock: "Ungleichheit messen – der Gini Koeffizient." (Blog "Geschichte als Film", 13.2.): https://gafprojekt.hypotheses.org/453
Anthony B. Atkinson: "Ungleichheit: Was wir dagegen tun können" (Klett-Cotta 2016).

3.6.
Neue Hinweise auf vorkolumbianische Bewirtschaftung des Amazonasgebiets
Im Zusammenhang mit großflächigen Rodungsarbeiten kamen im westlichen Brasilien mehr als 450 prähistorische Geoglyphen teils riesigen Ausmaßes zum Vorschein. Nach Ansicht von Jennifer Watling, der Leiterin eines britisch-brasilianischen Forscherteams, zeugen diese davon, dass die Ureinwohner das Gebiet bewirtschafteten und der heutige Urwald erst danach entstand. Die Forscher gehen davon aus, dass die jüngeren der entdeckten Muster ca. 650 Jahre alt sind, während die ältesten vor mehr als 3.000 Jahren erschaffen worden sein dürften. Verkohlt erhaltener Bambus scheint aus der Zeit zu stammen, als die Flächen bereits wieder zuwuchsen. Phytolithe, winzige fossile Kristalle von Pflanzen, die als Bodenbildner heute noch neben den eigentlichen Nutzpflanzen wachsen, geben Hinweise darauf, was wohl in vorkolumbianischer Zeit angebaut wurde: neben Paranüssen auch Heilpflanzen und solche, die zum Färben oder als Baumaterial Verwendung fanden. Der Mythos vom ursprünglichen Urwald Amazoniens und seinem unangetasteten Ökosystem wird schon länger auch von anderen Wissenschaftlern angezweifelt. Die jüngsten Befunde verdichten und bestätigen dabei nur das Bild. Weite Gebiete des Amazonasgebiets zeigen Spuren prähistorischer Bewirtschaftung und sind daher als vom Menschen überformte, domestizierte Landschaften anzusehen. Einen großflächigen Kahlschlag von den Dimensionen, wie er heute vorgenommen wird, dürfte es damals aber nicht gegeben haben.
"Schon vor 3000 Jahren arbeiteten Förster im Regenwald" (Süddeutsche Zeitung, 8.2.): http://www.sueddeutsche.de/wissen/umweltschutz-schon-vor-jahren-arbeiteten-foerster-im-regenwald-1.3370345
Jennifer Watling et al., "Impact of pre-Columbian ‘geoglyph’ builders on Amazonian forests". PNAS 2017; published ahead of print February 6, 2017 (DOI 10.1073/pnas.1614359114): http://www.pnas.org/content/early/2017/01/31/1614359114
Charles R. Clement et al., "The domestication of Amazonia before European conquest". Proceedings of the Royal Society B, 22 July 2015 (DOI: 10.1098/rspb.2015.0813): http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/282/1812/20150813

3.7.
CT-Untersuchungen an Mumien aus dem südsibirischen Bestattungsplatz von Pazyryk
Derzeit werden zwei Bestattungen des Grabhügels V von Pazyryk im russischen Altai-Gebirge computertomographisch untersucht. An der Analyse sind u. a. Radiologen, biologische Anthropologen und Archäologen beteiligt. Zu den Forschungsfragen gehören die Klärung der Todesursachen und möglicher Krankheiten sowie eine genaue Untersuchung der Mumifizierungsmethode. Beiden Bestatteten, einem Mann im Alter zwischen 55 und 60 und einer etwa zehn Jahre jüngeren Frau, wurden das Gehirn und Gedärme entfernt. Zudem wurden auch die Muskeln im Bereich der Arme und Beine entnommen. Den geöffneten Körper stopfte man mit organischen Materialien aus und nähte die Öffnungen mit Pferdehaar zu. Die Toten werden der Pazyryk-Kultur der älteren Eisenzeit zugeordnet, die ins 5.-3. Jh. v. Chr. datiert wird. Diese Kulturgruppe war im Altai und im angrenzenden Gebiet verbreitet. Teile der Beigaben kennzeichnen die weitreichenden Verbindungen, die die Bestatteten unterhielten. Sowohl der Mann als auch die Frau weisen Tätowierungen mit Darstellungen von Tieren auf. Der Grabhügel V des Bestattungsplatzes von Pazyryk wurde 1949 ausgegraben. Der Steinhügel mit einem Durchmesser von 42 Metern enthielt eine beraubte Grabkammer aus Lärchenbalken mit den Körpern des Mannes und der Frau, die sich in einem Baumsarg befand. Zu ihren Beigaben gehörten u. a. neun Pferde mit Zaumzeug-Garnitur, ein zerlegter Wagen aus Holz mit vier großen Rädern und ein großer mehrfarbiger Filzteppich mit einer mehrfigurigen Szene, der wohl einst als Wandbehang diente.
"Tattooed owners of the world's oldest carpets get health check after 2,200 years" (Siberian Times, 31.01.): http://siberiantimes.com/science/casestudy/news/n0861-tattooed-owners-of-the-worlds-oldest-carpets-get-health-check-after-2200-years/
"Алтайским мумиям из Эрмитажа сделали томографию для установления причины смерти" (Altajskim mumjam iz Ermitaža sdelali tomografiju dlja ustanovlenija pričiny smerti', Interfax, 29.1.): http://www.interfax.ru/russia/547502

3.8.
Die "Radiocarbon Palaeolithic Europe Database" Version 21 wird in Kürze verfügbar sein.
Die große Datenbank zum Alt-, Mittel- und Jungpaläolithikum in Europa (sowie dem russischen Teil von Sibirien) umfasst aktuell (Version 20) nahezu 13.000 Daten aus mehr als 12.000 Fundstellen bzw. stratigraphischen Einheiten. Mehr als 11.000 davon sind 14C-Daten (AMS und konventionelle), dazu kommen jeweils einige hundert Thermolumineszenz-, optisch stimulierte Lumineszenz-, Elektronenspinresonanz-, Uran-Thorium- und Aminosäuren-Daten. Die Datenbank in Microsoft Access lässt sich nach einer kostenlosen Registrierung herunterladen. Der Koordinator der Datenbank, Pierre M. Vermeersch von der Universität Leuven, der die Daten seit mehr als 20 Jahren zusammenträgt, ruft auch dazu auf, die Datenbank per Blanko-Formular zu erweitern; neue Daten werden jeweils in der nächsten Version der Datenbank berücksichtigt. Von Version 21 ist momentan ein Auszug aller Daten in Form einer Excel-Tabelle auf academia.edu verfügbar, dort wurde sie auch in einer "Session" zur Diskussion gestellt; auf der Website des Projekts steht derzeit noch die Version 20 zum Download bereit.
"Radiocarbon Palaeolithic Europe Database" v20: http://ees.kuleuven.be/geography/projects/14c-palaeolithic/
Radiocarbon Palaeolithic Europe database v21 Jan 2017 (Excel): https://www.academia.edu/31047715/Radiocarbon_Palaeolithic_Europe_database_v21_Jan_2017.xls

3.9.
Tagungsbericht "Migration and mobility in the Neolithic: interdisciplinary dialogues" (Hamburg, 17.-18.2.)
Als Sprecher waren für den Workshop zum Thema "Migration and mobility in the Neolithic: interdisciplinary dialogues" nicht nur Archäologen, sondern auch Sprachwissenschaftler und Molekularanthropologen eingeladen. Die durchweg sehr qualitätvollen Vorträge behandelten die Ursprünge und Ursprungsregionen der indoeuropäischen (und proto-indoeuropäischen) Sprache ebenso wie Erklärungsmodelle zu Kulturwandel und Hintergründen von Wanderungen und Mobilität und luden zu lebhaften Diskussionen ein. Interessanterweise scheint die Genetik alte Theorien wie jene von einer Einwanderung aus den Steppengebieten nach Mittel- und Nordeuropa im 3. Jahrtausend v. Chr., die lange als überholt galt, nun doch wieder zu bestätigen: Während im Altneolithikum Europas überall eng miteinander verwandte Gruppen von Bauern aus dem Nahen Osten einwanderten, zeigen Daten aus Russland, dass Jäger-Sammler-DNA dort stärker vertreten ist. Das Bild wandelt sich im Lauf der Zeit insofern, als ab dem Mittelneolithikum in Mitteleuropa DNA, die mit Jäger-Sammler-Populationen assoziiert wird, wieder deutlicher im Genom der Menschen auftritt; in der russischen Jamnaja-Kultur dagegen zeigen sich nun Spuren nahöstlicher DNA. Im dritten Jahrtausend trifft Ost auf West, denn in der Schnurkeramik offenbart sich ein deutlicher genetischer Einfluss aus der Jamnaja-Kultur: Vor allem junge Männer aus der Steppe dringen nach Mittel- und Nordeuropa vor. Archäologisch lässt sich manches davon nachvollziehen, anderes bliebe ohne DNA-Untersuchungen unsichtbar. Ein Problem ist noch die geringe Datenbasis, die jedoch ständig anwächst. Wichtige Erkenntnis des Workshops: Die enge Zusammenarbeit ist wichtig, damit die richtigen Fragen an die Natur- und Sprachwissenschaften gestellt werden können und ein gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Methodik entwickelt wird. Besonders für die Sprachwissenschaften ist hier noch Arbeit zu leisten.
Programm: https://www.fbkultur.uni-hamburg.de/vfg/pdfs/workshop-leaflet-2017-c.pdf

3.10.
FAZ-Artikel von Nicholas J. Conard über die Höhlen der Schwäbischen Alb und Kunst als Kommunikationsmittel
Im Gegensatz zu anderen Teilen Europas beginnt die Zeit des modernen Menschen in Südwestdeutschland bereits "früh sowie in voll entwickelter Form", schildert es Nicholas J. Conard in seinem Artikel "Vorsprung durch Kunst" in der FAZ. Er sieht die damit einhergehende Entwicklung neuer Kommunikationsformen als einen Ausdruck neuer gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, die dem anatomisch modernen Menschen einen Vorteil gegenüber dem Neandertaler verschafften. Prof. Conard leitet die Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters an der Universität Tübingen. Mit seiner anschaulichen Beschreibung der Unterschiede in Kunst und Kommunikation zwischen Neandertalern und anatomisch modernen Menschen liefert Conard einen gleichermaßen kurzweiligen und interessanten Einstieg in sein Forschungsfeld.
Nicholas J. Conard, "Vorsprung durch Kunst" (FAZ, 14.2.): http://www.faz.net/-gwz-8uicf

3.11.
Bendern: Neuerscheinungen zum Mittelalter und der Neuzeit in Liechtenstein
Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern im Fürstentum Liechtenstein haben eine Abfolge von Siedlungsaktivitäten ans Licht gebracht, die von der prähistorischen Zeit bis ins 20. Jahrhundert reicht. Auf römische Siedlungsspuren folgen ein singulärer frühmittelalterlich-karolingischer Steinbau und eine mehrphasige Kirche. Die bauliche Erforschung dieser Anlagen und die Einbettung in die Geschichte und Kirchengeschichte der Region ist das Schwerpunktthema der neu erschienenen Monographie von Guido Faccani. Im Außenbereich wurde zugleich der größte Komplex mittelalterlich-neuzeitlicher Keramik in Liechtenstein ergraben. Die Auswertung der mehr als 50.000 Keramikfragmente hat Bedeutung für die benachbarten schweizerischen Kantone sowie die Bundesländer Vorarlberg, Baden-Württemberg und Bayern. Regionale Irdenwaren, italienische und deutsche Fayencen, deutsches Steinzeug, deutsches Steingut und Porzellan sind das Thema der Monographie von Andreas Heege. Der Band liefert zugleich den derzeitigen Stand der Keramikforschung in den angesprochenen Regionen.
Guido Faccani, Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern, Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein. Bd. 1: Kirche und angrenzender Friedhof, prähistorische und römische Funde.
Andreas Heege, Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern, Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein. Bd. 2: Geschirrkeramik 12. bis 20. Jahrhundert. Bd. 3: Anhang, Katalog, Tafeln.
Vaduz 2016. ISBN-Nummer 978-3-9522933-8-6, Gesamtumfang 988 Seiten. https://www.academia.edu/31595424/Die_Ausgrabungen_auf_dem_Kirchh%C3%BCgel_von_Bendern_Gemeinde_Gamprin_F%C3%BCrstentum_Liechtenstein_Band_1_Kirche_und_angrenzender_Friedhof_pr%C3%A4historische_und_r%C3%B6mische_Funde_Neuerscheinung_Herbst_2016

3.12.
"Anthropozän" - oder: geht die Deutungshoheit über die Geschichte an die Naturwissenschaften über?
Anthropozän, das jüngste, durch den Menschen geprägte Erdzeitalter: Die Debatte darum, ob man auf die bislang jüngste geologische Zeit, auch Nacheiszeitalter oder Holozän genannt, eine neue geologische Epoche folgen lässt, geht seit einiger Zeit um. Sie wird weitgehend allein unter Naturwissenschaftlern debattiert, während die eigentlichen Experten für das Menschenzeitalter, Urgeschichtler und Historiker, eher draußen bleiben. Die beiden französischen Historiker Christophe Bonneuil und Jean-Patiste Fressoz haben die wissenschaftliche Diskussion dazu in den Natur- wie auch den Geisteswissenschaften verfolgt und stellen den Stand in einem neu erschienenen Buch in englischer Sprache dar. Sie kritisieren darin entschieden das Ausklammern resp. Fernbleiben der Geisteswissenschaften. Matthias Heymann schreibt in seiner Rezension des Werkes in H-Soz-Kult "Wer sich für die Rolle der Geisteswissenschaften im Ringen um ein Verständnis globaler Umweltveränderungen und die Diskurse um das Anthropozän interessiert, dem sei das Buch dringend empfohlen."
Matthias Heymann: "Rezension zu: Bonneuil, Christophe; Fressoz, Jean-Baptiste: The Shock of the Anthropocene. The Earth, History and US. London 2016" (H-Soz-Kult, 10.2.): www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-25996

3.13.
Endlich: selbstbewusste archäologische Debatte von DNA-Studien zu Wikingern
Die öffentliche Wahrnehmung von geschichtsbezogenen Ergebnissen von DNA-Analysen ist groß, und die Resultate werden von den DNA-Forschenden - wenig überraschend - stets als neu und als letztgültige Wahrheit vorgetragen. Dass manches "Ergebnis" schon wenige Jahre später aus guten Gründen von Kennern nicht mehr erwähnt wird, weil nunmehr als halbgar erkannt, findet seltener den Weg in die breite Wahrnehmung. Während Geisteswissenschaftler es gewohnt sind, zurückliegende Publikationen durchzuarbeiten, zu debattieren und ggf. auch das ihnen dort als Irrung oder Irrtum Erscheinende explizit zu benennen und ihre abweichende Sicht zu begründen, ist die Publikationskultur in den Naturwissenschaften leicht anders: Fehlerhaftes wird einfach nicht mehr zitiert, anstatt es explizit zu debattieren und falsifizieren. Das führt bei den Resultaten der DNA-Forschung zum öffentlichen Eindruck, dass die Wahrheit heute stets aus dem Labor kommt - auch dann, wenn archäologische oder historische Tatsachen diesen Erkenntnissen entgegenstehen. Angesichts der jüngsten Publikationen zum Themenfeld Wikinger, DNA und Großbritannien haben sich nun britische und dänische Archäologen selbstbewusst aufgemacht und die Divergenzen zu debattieren begonnen, und zwar mit der Haltung, dass im Konfliktfall die historischen und archäologischen Resultate nicht per se falsch sind. Ein guter Start in eine Debatte neuer Qualität zwischen DNA-Forschung und Archäologie.
"Archaeologists and historians clash with geneticists over UK Viking study" (Archaeology News Network, 25.2.): https://archaeologynewsnetwork.blogspot.de/2017/02/archaeologists-and-historians-clash.html


4. Kulturgutschutz
4.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"UNESCO calls on international community to help revive Iraq’s cultural heritage in the wake of massive destruction" (Pressemeldung UNESCO, 24.2.): http://en.unesco.org/news/unesco-calls-international-community-help-revive-iraq-s-cultural-heritage-wake-massive
"The Monk Who Saves Manuscripts From ISIS. Why a Christian wants to rescue Islamic artifacts" (The Atlantic, 23.2.): https://www.theatlantic.com/international/archive/2017/02/the-monk-who-saves-manuscripts-from-isis/517611/?utm_source=twb
"Daesh in Palmyra (Syrien/ Irak im Januar 2017)" (Archaeologik, 5.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2017/02/daesh-in-palmyra-syrien-irak-im-januar.html
"Civil society calls on EU leader to recognise fundamental role of cultural heritage for the future of Europe" (Pressemeldung Europa Nostra, 2.2.): http://www.europanostra.org/news/882/

4.2.
Römerlager Wilkenburg: abbaggern, erhalten, oder ausgraben?
Das augusteische Römerlager bei Wilkenburg südwestlich von Hannover (DGUF-Newsletter vom 22.2.2016 Punkt 4.2.), das nach derzeitigem Kenntnisstand mit dem Varus-Feldzug in Verbindung gebracht wird, ist seit längerem Objekt einer Auseinandersetzung zwischen Unterer Denkmalschutzbehörde und Landesdenkmalamt. Offenbar sind die Modalitäten eines gänzlichen Erhalts oder der Genehmigung eines Kiesabbaus samt Verursachergrabung strittig. Am 7.2. äußerte sich die niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur Gabriele Heinen-Kljajić (Bündnis 90/Die Grünen) zum Fall: "Bei dem Römerlager handelt es sich unstrittig um ein Kulturdenkmal. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Belange des Denkmalschutzes angemessen berücksichtigt werden." Aus ihrer Sicht sei im Falle einer Abbaugenehmigung im Vorfeld eine verursacherfinanzierte Rettungsgrabung geboten. Im Hintergrund steht der Wunsch nach einer Kiesgewinnung seitens des weltweit größten Baustoffkonzerns LafargeHolcim - einschließlich aller damit verbundenen Perspektiven für die regionale Wirtschaft. Nun will Heinen-Kljajić alle Beteiligten sowie Experten an einen runden Tisch zusammenrufen. Für Außenstehende ist es eine wunderliche Berichterstattung, wenn im Konflikt zweier Behörden eine Ministerin das Selbstverständliche, nämlich die geltende Rechtslage, per Pressemeldung verkündet. Abseits des Spezifischen verweist der Konflikt auf einen Konstruktionsfehler im Niedersächsischen. Denkmalschutzgesetz, nach dem das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege zwar die beratend zuständige Fachbehörde ist, aber nicht als Obere Denkmalschutzbehörde rechtlich verbindlich in die Umsetzung des Denkmalschutzgesetzes eingebunden ist.
"Dialog zu römischen Marschlager Hemmingen-Wilkenburg. Kulturministerin Heinen-Kljajić: 'Wir holen die Beteiligten an einen Tisch'" (Pressemeldung Nds. Min. f. Wiss. u. Kultur, 7.2.): http://www.mwk.niedersachsen.de/startsteite/service/presseinformationen/dialog-zu-roemischen-marschlager-hemmingen-wilkenburg-150888.html
"Archäologie: Kulturministerin will Römerlager in Hemmingen sichern" (Neue Presse, 7.2.): http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Kulturministerin-will-Roemerlager-in-Hemmingen-sichern
"Wilkenburg: Ministerin will Dialog über Römerlager" (Hannoversche Allgemeine, 7.2.): http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Region/Hemmingen/Nachrichten/Ministerin-will-Dialog-ueber-Roemerlager-in-Wilkenburg
"Archäologie: Kulturministerin will Römerlager Wilkenburg sichern" (dpa/Focus; 7.2.): http://www.focus.de/regional/hannover/archaeologie-kulturministerin-will-roemerlager-wilkenburg-sichern_id_6610121.html

4.3.
ICSR-Report: Antikenhandel spielt für Finanzen des IS keine bedeutende Rolle
Das am Kings College in London beheimatete International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence (ICSR) veröffentlichte am 16.2. seine Studie "Caliphate in Decline: An Estimate of Islamic State's Financial Fortunes". Danach zeigt eine systematische Sammlung aller verfügbaren Informationen, dass die Einnahmen des IS im Zeitraum 2014 bis 2016 stark sanken und dabei die Einnahmen aus Antikenhandel sehr wahrscheinlich keine bedeutende Rolle für den IS spielen (p. 8 und p. 9 Tab. 1). Die Washington Post (17.2.) zitiert dazu Stefan Heissner, einen der Koautoren dieser Studie, mit der Aussage: "At the beginning, we observed a wave of looted antiquities from Syria and Iraq sold abroad. [...] The supply of looted antiquities has significantly declined since then, along with Islamic State's occupied territories. Traders are now also more careful about looking into the origins of such items."
ICSR: "Caliphate in Decline: An Estimate of Islamic State's Financial Fortunes" (16.2.): https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2017/02/17/the-islamic-states-business-model-is-failing-study-says/?utm_term=.9ba5659d4177
"The Islamic State’s ‘business model’ is failing, study says" (Washington Post, 17.2.): https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2017/02/17/the-islamic-states-business-model-is-failing-study-says/?utm_term=.9ba5659d4177

4.4.
ARTE-Dokumentation über die Rettung der Manuskripte von Timbuktu
Die mehrere 100.000 Manuskripte Timbuktus sind für die Menschen nicht irgendwelche Antiken. Was die Islamisten 2012 unbedingt zerstören wollten, retteten die Bürger. Über Monate hinweg und unter Lebensgefahr packten sie so viele kostbare Bücher, wie sie konnten, in Kisten und leere Reissäcke, transportierten sie mit Sackkarren, dem Motorrad, per Boot und schließlich mit dem Auto über 1.000 Kilometer nach Bamako – in Sicherheit. "I have spent my life protecting these manuscripts", sagt beispielsweise Abba Alhadi. Er ist 76, und er ist Analphabet. Die Geschichte einer unglaublichen Rettung.
"Der Schatz von Timbuktu. Eine Rettungsgeschichte" (ARTE, 22.2.; Video, 53 Min.): http://www.arte.tv/guide/de/065334-000-A/der-schatz-von-timbuktu


5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1.
Das "Stipendium" von hessenARCHÄOLOGIE und KAL bundesweit in den Schlagzeilen
Die hessenARCHÄOLOGIE und die KAL haben es auf die Titelzeilen von Artikeln im "Spiegel", der "Allgemeinen Zeitung" und dem "Wiesbadener Kurier" geschafft. Allerdings geht es nicht um bahnbrechende Forschung unserer hessischen Kollegen, sondern um einen von der DGUF wiederholt monierten Skandal: die Vergabe eines "Stipendiums" zur Aufarbeitung einer Grabung in Ober-Roden/Rödermark. Dieses betrachtet der "Spiegel" in einem Beitrag über Armut bei Doktoranden als das schlimmste Beispiel für ein Stipendium - einen Fall, den so krass noch nicht einmal die Bildungsgewerkschaft GEW gesehen hat. Der Artikel erwähnt auch das Spendenangebot von Prof. Raimund Karl, auf das die KAL, wiewohl sie zu Spenden aufgerufen hatte, bis heute nicht geantwortet hat. Mehr als 120 Kommentare der "Spiegel"-Leser zeigen das hohe gesellschaftliche Interesse an diesem Vorfall. Die "Allgemeine Zeitung" bringt ein sehr lesenswertes, kluges Gespräch mit Dr. Andreas Keller vom Hauptvorstand der GEW. Er bezieht sich auf die "Besser wenig als nichts"-Argumentation der KAL: "500 Euro für ein Promotionsstipendium liegen unter der Armutsgrenze von 826 Euro und sind schlicht unanständig", sagt er. Zur Erläuterung der KAL gegenüber der DGUF, es gebe schließlich noch schlechter dotierte Stipendien (die KAL hat allerdings keines genannt, auf welches dies zutrifft), sagt Keller: "Es ist skandalös, wenn sich ausgerechnet eine öffentliche Einrichtung an einem Unterbietungswettbewerb beteiligt und ihn offensichtlich auch noch gewinnen will." Hessens Landesarchäologe und Mitinitiator des "Stipendiums", Dr. Udo Recker, weist im "Spiegel" unverändert alle Kritik zurück. Rödermarks Bürgermeister Roland Kern (Bündnis 90/Die Grünen) tut im "Wiesbadener Kurier" die Kritik der DGUF derweil als "blöden Kram" ab. Die DGUF moniert das "Stipendium" der hessenARCHÄOLOGIE und KAL seit langem (DGUF-Newsletter vom 26.1.2017 Punkt 5.4.; vom 9.12.2016 Punkt 5.1.; vom 2.11.2016 Punkt 5.1.; vom 19.6.2014 Punkt 5.3.).
"Billigarbeiter: Hessen beschäftigt Doktoranden - für knapp drei Euro pro Stunde" (Spiegel, 21.2.): http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/deutschland-doktoranden-arbeiten-in-prekaeren-arbeitsverhaeltnissen-a-1133923.html
"Billiglohn? Doktorandin verdient bei archäologischer Arbeit in Rödermark drei Euro pro Stunde" (Wiesbadener Kurier, 23.2.): http://www.wiesbadener-kurier.de/politik/hessen/billiglohn-doktorandin-verdient-bei-archaeologischer-arbeit-in-roedermark-drei-euro-pro-stunde_17700259.htm
"'Notlage wird ausgenutzt': Warum manche Doktoranden für Billiglöhne arbeiten" (Allgemeine Zeitung, 25.2.): http://www.allgemeine-zeitung.de/politik/hessen/notlage-wird-ausgenutzt-warum-manche-doktoranden-fuer-billigloehne-arbeiten_17705964.htm
"DGUF moniert unangemessenes 'Stipendium', vergeben durch die hessische Landesarchäologie": http://www.dguf.de/413.html

5.2.
DGUF-Beirätin Sophie Hüglin zur EAA-Vizepräsidentin ausgewählt
Das Executive Board der European Association of Archaeologists (EAA) hat in seiner Sitzung Mitte Februar in Prag Dr. Sophie Hüglin zur Vitepräsidentin ausgewählt. Sie wird bei der EAA die Aufgabe übernehmen, die Kommunikation mit den EAA-Komitees und -Arbeitsgruppen zu koordinieren und zu überprüfen. Hüglin folgt auf Nurcan Yalman. Wir gratulieren unserer Kollegin ganz herzlich!
Mehr zu Sophie Hüglin: http://www.dguf.de/262.html

5.3.
Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017: Sorgen des wissenschaftlichen Nachwuchses sorgfältig vermessen
Am 16.2. stellte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den "Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017" vor. Die Kurz- (28 S.) wie die Langfassung (296 S.) können auf der Website des Ministeriums kostenlos heruntergeladen werden. Der Bericht liefert aufgrund sorgfältiger Erhebungen die harten Fakten zu einer gefühlt angespannten Lage. Es geht um etwa 145.000 Menschen, denen - zum Vergleich - etwa 45.750 Professuren gegenüber stehen. Der wissenschaftliche Nachwuchs ist zu 93 % auf Basis befristeter Arbeitsverträge tätig; auch bei aus Hochschulmitteln (Grundfinanzierung) finanzierten Stellen steigt der Anteil der befristeten Stellen. Etwa 53 % bzw. 42 % der Verträge haben eine Laufzeit von unter einem Jahr. Das mittlere Nettoeinkommen Promovierender liegt, bei großer Spanne, bei 1.261 Euro pro Monat, und damit deutlich oberhalb der statistischen Armutsgrenze, die derzeit auf 826 Euro angesetzt wird. Die mittlere Promotionsdauer liegt bei 3,5 bis 4,5 Jahren, ca. 57-67 % der begonnenen Arbeiten werden auch erfolgreich abgeschlossen. Im Stichjahr 2014 standen den 784 Habilitationen 165 erstberufene Habilitierte gegenüber, d. h. auf circa 5 Habilitationen fiel 1 Ruf auf eine feste Stelle. Kurz: wer ans Promovieren oder Habilitieren denkt, erhält hier handfeste Daten über die üblichen Bedingungen, Chancen und Risiken.
"Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland" (BMBF, 16.2.): http://www.buwin.de/
"Noch mehr Zeitverträge für Jungforscher: Bundesbericht belegt Missstände" (SWR2, 25.2.): http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/campus/swr2-campus-noch-mehr-zeitvertraege-fuer-jungforscher/-/id=658620/did=18828414/nid=658620/17ghtmu/index.html
"Hochschulen: Der Mittelbau macht mobil" (Süddeutsche Zeitung, 5.2.): http://www.sueddeutsche.de/bildung/hochschulen-der-mittelbau-macht-mobil-1.3363928

5.4.
Schweiz ringt um den Verbleib der Grabungsdokumentationen von Hans Rudolf Sennhauser
Prof. Hans Rudolf Sennhauser ist einer der Begründer der Bauforschung und Mittelalterarchäologie in der Schweiz. Seit den späten 1950er Jahren führte er zahlreiche Grabungen als Projektbüro im Auftrag Dritter durch, z. B. des Bundes oder einzelner Kantone. Funde und Dokumentationen lagerte er in seiner Arbeitsstätte, seit 2009 in der in Zurzach beheimateten "Stiftung für Forschung in Spätantike und Mittelalter". Doch der Verbleib der Grabungsresultate war und blieb strittig, mehr und mehr Kantone verlangten die Herausgabe der auf ihrem Gebiet gefundenen Materialien. Nachdem Sennhauser bereits vor einigen Jahren die Funde an die jeweiligen Kantone übergeben hatte, haben sich nun 13 Kantone zusammengetan, um vor Gericht zu erstreiten, dass auch die Dokumentation von zusammengenommen 57 Grabungen nicht bei der Stiftung verbleiben, sondern in die jeweiligen Kantone überführt werden. Jenseits des Konkreten wieder eine Debatte um die sehr grundsätzliche Frage: wem gehört die Vergangenheit?
Irene Grüter: "Zoff um archäologische Dokumente in Zurzach" (SRF2 Radio, 24.2.): http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/zoff-um-archaeologische-dokumente-in-zurzach

5.5.
"Doppelmoral im Kulturbetrieb": Erfahrungen von Geisteswissenschaftlern als Trainee oder Volo
Volontariat oder Trainee: Die beiden von MusErMeKu Interviewten würden unter den derzeit üblichen Bedingungen nicht noch einmal eine solche Stelle annehmen. Allen, die jedoch genau darüber für ihre eigene Zukunft nachdenken, gibt MusErMeKu eine ganz klare Empfehlung: Nie weniger als den Mindestlohn akzeptieren, auf einem inhaltlich definierten Ausbildungsplan bestehen und dessen Umsetzung während der Arbeit auch einfordern. Der Arbeitskreis Volontariat des Deutschen Museumsbundes trägt jedes Jahr zusammenfassende Aspekte des Lebens im Volontariat zusammen. Die Initiative "Vorbildliches Volontariat" dieses Arbeitskreises hat u. a. einen Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat an Museen herausgegeben.
"Geisteswissenschaftler als Generation Praktikum Reloaded" (MusErMeKu, 1.2.): https://musermeku.org/2017/02/01/generation-praktikum/
Deutscher Museumsbund: Situation der Volontäre: http://www.museumsbund.de/de/fachgruppen_arbeitskreise/volontariat_ak/themen/situation_der_volontaere/
Deutscher Museumsbund: Initiative "Vorbildliches Volontariat": http://www.museumsbund.de/de/fachgruppen_arbeitskreise/volontariat_ak/themen/initiative_vorbildliches_volontariat/

5.6.
Zur gegenwärtigen Minderstellung von Frauen in der Archäologie
Unter dem Generalthema "Archäologie & Macht" (DGUF-Tagung Berlin 2016) dokumentiert die niedersächsische Archäologin Jana Esther Fries in einem jetzt erschienenen Aufsatz die anhaltende Minderstellung von Frauen in der Archäologie. Sie legt Zahlen über Geschlechterverhältnisse vor, u. a. unter den Landesarchäologen und den Professoren. Mit eindrucksvoll ausgewählten Bildzitaten unterstreicht sie, wie sich die Statistik auch in den in und über das Fach kursierenden Bildern niederschlägt. Ihr knapp formulierter Aufsatztitel kann auch als Beschwörung gelesen werden.
Fries, J. E. (2017). Bilder von Archäologen, Bilder der Vergangenheit. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 12. Febr. 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Fries.pdf


6. Open Access & Open Data
6.1.
Forderung nach Wissenschaftsfreiheit als Vehikel, um veraltetes Verlagswesen zu zementieren
Open Access ist im Bereich Wissenschaft ein sowohl von den Wissenschaftlern wie von den Wissenschaftsförderern und der Gesellschaft gewolltes Ziel. Ein Ziel, das den noch dominanten, heute veralteten Finanzierungsmodellen vieler Wissenschaftsverlage entgegensteht, das also Veränderung erfordert. Darauf stellen sich einige Verlage ein und gestalten den Wandel, andere jedoch versuchen, sich dem Wandel zu widersetzen. Wo doch "die gute alte Zeit" des Subskriptionswesens bei Zeitschriften und der (üppigen) Zuschussfinanzierung für Monographien so schön bequem und risikoarm war, aus Sicht vieler Verlage jedenfalls. Der derzeit laufenden politischen Debatte um (überfällige) Anpassungen im Urheberrecht, nach der die Nutzung von Publikationen im exakt umrissenen Kontext von Bildung und Hochschulen freier würde ("Wissenschaftsschranke"; vgl. hier Punkt 9.10. und DGUF-Newsletter vom 30.8.2016 Punkt 9.6. und 9.12.2016 Punkt 6), stellt sich aktuell eine vom Ulmer-Verlag initiierte Petition "Publikationsfreiheit für eine starke Bildungsrepublik" entgegen. Diese Petition, die am 24. Februar 2017 ca. 4.200 Unterschriften erreicht hatte, wurde im Februar über diverse Verlage an ihre Autoren verbreitet, und diese werden zur Unterschrift aufgefordert. Kernargument ist die Wissenschaftsfreiheit: Autoren müssen selbst entscheiden dürfen, ob sie im Open Access oder im Closed Access veröffentlichen wollen. Eine Forderung, die unmittelbar einleuchtet und zum schnellen Unterschreiben verleitet. Nur: was hat das eine mit dem anderen zu tun? Hier wird die Wissenschaftsfreiheit vorgeschoben, um alte, dem heutigen Universitäts- und Wissenschaftsbetrieb hinderliche Geschäftsmodelle zu perpetuieren. Dass diese Petition trotz ihrer argumentativen Defizite ernst genommen wird, zeigt die Reaktion der Allianz der Wissenschaftsorganisationen: sie gab am 15.2. eine Stellungnahme zur Anpassung des Urheberrechts heraus, in der sie dieser Petition ausdrücklich entgegentritt. Aus Sicht der namhaften Forschungsförderer Deutschlands kann von einer geplanten "Enteignung" der Urheber nicht die Rede sein, vielmehr gehe es um eine von Vernunft und Pragmatik geleitete Verbesserung des deutschen Wissenschaftsbetriebs. Zusätzlich versucht eine weitere, am 18.2. lancierte Petition "Unterstützung des Referentenentwurfs zur Reform des Urheberrechts" sich gegen die Aktion der Verlage zu richten und den Ausgangstext, nämlich den aktuellen Entwurf zur Reform des Urheberrechts zu stärken.
Petition "Publikationsfreiheit für eine starke Bildungsrepublik": https://www.publikationsfreiheit.de/
Eric W. Steinhauer: Verlage führen ihre Autoren beim UrhWissG in die Irre! (Kapselschriften, 17.2.): http://kapselschriften.blogspot.de/2017/02/verlage-fuhren-ihre-autoren-beim.html?m=1
Allianz der Wissenschaftsorganisationen: "Stellungnahme der Allianz: Modernes und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht für Deutschland unverzichtbar" (Helmholtz-Gesellschaft, 15.2.): https://www.helmholtz.de/aktuell/presseinformationen/artikel/artikeldetail/stellungnahme_der_allianz_modernes_und_wissenschaftsfreundliches_urheberrecht_fuer_deutschland_unverzichtbar/
Petition "Unterstützung des Referentenentwurfs zur Reform des Urheberrechts" (change.org, 18.2.): https://www.change.org/p/bundesregierung-unterst%C3%BCtzung-des-referentenentwurfs-zur-reform-des-urhberrechts

6.2.
Informativer Blogbeitrag über rechtliche Probleme bei Open Access und Creative-Commons-Lizensierung
Der unabhängige Journalist und Blogger Richard Poynder (@RickyPo) verfolgt die Open-Access-Bewegung und -Debatte seit ihrem Beginn im Jahr 2001 (Budapester Erklärung) und hat den Prozess mit vielen Beiträgen und auch mit Beratertätigkeit begleitet. In einem am 20.2. veröffentlichten, 36-seitigen Aufsatz/Blogbeitrag zieht er aus seiner Sicht eine Bilanz über die derzeitige rechtliche Situation zu Open Access, Copyright und Creative-Commons-Lizensierung. Das Ergebnis seiner Analyse ist eine Warnung vor allem an Wissenschaftsautoren: Der laufende Wandel des wissenschaftlichen Publikationswesens gehe mit einem hohen Maß an Rechtsunsicherheit und Verunsicherung der Autoren einher. Diese neigten dazu - so Poynder - den Verlagen als Rechtsauskunft und Wahrern ihrer Interessen zu vertrauen, doch Verlage hätten in dieser Debatte vor allem auch Eigeninteressen, die sie verfolgen würden. Copyright, Open Access, CC BY und auch die Vereinbarungen / Arbeitsverträge der Autoren mit ihren Arbeitgebern (oft Universitäten) seien realiter sehr komplex. Wer den nicht einfach zu lesenden Aufsatz (mit zahlreichen weiterführenden Links) bis zum Ende verfolgt, ist um vieles klüger. Aber welche Handlungsanweisung für die Praxis daraus folgt, lässt Poynder offen und den Leser somit leicht ratlos zurück.
Richard Poynder: "Copyright: the immoveable barrier that open access advocates underestimated" (Blog Open and Shut, 20.2.): http://poynder.blogspot.de/2017/02/copyright-immoveable-barrier-that-open.html

6.3.
"Creative Commons" entwickelt Suchmaschine für freies Bildmaterial
Die gemeinnützige Organisation "Creatice Commons" (CC), die insbesondere für die von ihr seit 2001 entwickelten CC-Lizenzen bekannt ist, möchte das Arbeiten mit freien Bildmaterialien weiter fördern und entwickeln. Am 7.2. stellte CC die erste Version einer entsprechenden Meta-Suchmaschine "CC Search" vor, die vorhandene Archive nach CC-lizensierten Bildern durchsucht. Das Projekt ist ausdrücklich als im Aufbau befindlich beschrieben, das Stadium als Beta-Testphase - also als erste Testphase einer Software außerhalb des Entwicklerteams. Die Testphase soll einerseits dazu dienen, den Datenhintergrund des Archivs auszuweiten, andererseits die Suchmaschine inhaltlich nach den Bedürfnissen ihrer Nutzer zu optimieren. Schon jetzt finden Interessierte, z. B. bei einer Suche unter "archaeology", viele nützliche Bilder. Bereitstellern von CC-lizensierten Bildern könnte die Suchmaschine künftig zu höherer Reichweite verhelfen. Eine spannende Erweiterung bestehender Plattformen wie z. B. OpenPhoto, Compfight oder das ähnliche Wikimedia Commons, die man weiter beobachten sollte.
"Announcing the new CC Search, now in Beta" (CC, 7.2.): https://creativecommons.org/2017/02/07/new-cc-search/
CC Search beta: https://ccsearch.creativecommons.org/
Liza Daly: "CC Search developer notes and reflection" (hackernoon, 7.2.): https://hackernoon.com/cc-search-developer-notes-and-reflection-418271194682#.pulff3x9k
OpenPhoto: http://openphoto.net/
Compfight: http://compfight.com/
Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/Main_Page
Enrico Schütze: "222 Quellen für linzenzfreie kostenlose Bilder inklusive Erklärung der Lizenzen" (enrico-schuetze.com, 22.12.2015): http://enrico-schuetze.com/222-quellen-fuer-lizenzfreie-kostenlose-bilder-inklusive-erklaerung-der-lizenzen/#comments

6.4.
"Preistoria Alpina" seit Jahrgang 2016 in Open Access
Preistoria Alpina, eine Zeitschrift mit Peer-Review-Verfahren des Museo delle Scienze in Trento (Italien), ist seit dem Jahrgang 48 (2016) in Open Access verfügbar. Publiziert werden Artikel auf Italienisch oder Englisch über Mensch und Umwelt des Alpenbogens in prähistorischer Zeit.
http://www.muse.it/it/Editoria-Muse/Preistoria-Alpina/Pagine/PA/PA_48-2016.aspx

6.5.
Über den freien oder eingeschränkten Zugang zum digitalen Kulturerbe
In einem ausführlichen, reflektierten und daher sehr lesenswerten Beitrag äußern sich drei mit dem Thema vertraute Autoren zur Frage der freien Nutzbarkeit digitalen und digitalisierten Kulturerbes. Sie ziehen damit eine Bilanz aus der Diskussionsveranstaltung "Bereit zu teilen?", die Ende Januar am "mainzed" in Mainz stattfand. Sie begründen, weshalb die digitale Verfügbarkeit des kulturellen Erbes wichtig ist und legen die Grundzüge der juristischen Auseinandersetzung zwischen den Reiss-Engelhorn-Museen und der Wikimedia Foundation dar, weil an diesem Konflikt exemplarisch die bestehenden juristischen Probleme deutlich werden. Aus ihrer Sicht liegt die Lösung letztlich nicht bei einzelnen Institutionen, sondern es bedürfe einer gesamtgesellschaftlichen, sprich: grundlegenden politischen Entscheidung, wie mit den Zugangsrechten zum kulturellen Erbe umzugehen ist und welcher Weg der Gesellschaft insgesamt von größerem Nutzen ist. Die derzeitige Umsetzung der europäischen PSI-Richtlinie, das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG), halten die Autoren - wie am o. g. Konflikt REM / Wikimediia deutlich werde - für nicht hinreichend klar. Sie bewerten den Weg von Open Access und Open Data als richtig, denn dies "stärkt den Markenwert der Institutionen und ermöglicht neue und offene Geschäftsmodelle mit der Marke." Ihr Fazit: "Kulturerbeeinrichtungen und insbesondere die Museen müssen sich wandeln, wenn sie sich treu bleiben wollen. Die Politik muss sie hierbei bestmöglich unterstützen: durch klare Vorgaben und natürlich durch Ressourcen und personelle Kapazitäten!"
Ellen Euler, Anne Klammt & Oliver Rack: "Bereit zu teilen?" (Deutsche Digitale Bibliothek, 21.2.): https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/ueber-uns/aktuelles/bereit-zu-teilen

6.6.
Das Metropolitan Museum of Art stellt seine Sammlung hochauflösend ohne Einschränkungen zur Weiterverwendung ins Netz
375.000 seiner 3 Mio. Objekte Gemälde hat das New Yorker "Met" jetzt frei zur Verfügung gestellt. Gemälde von Rembrandt, Goya oder Van Gogh werden mit anderen Werken von Urhebern, die schon länger als 70 Jahre tot sind, unter der Lizenz Creative Commons Zero (CC0) angeboten. Das bedeutet, es gibt keine Einschränkung hinsichtlich der Verwendung der Bilder, wirklich keine. Auch die kommerzielle Nutzung ist damit gestattet. Während die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen einen für sie erfolgreichen Rechtsstreit mit Wikimedia um die Nutzungsrechte an Reproduktionsfotografien führten (DGUF-Newsletter vom 2.11.2016 Punkt 8.2.), vertritt das Met die Auffassung, dass es nur dann seine Mission im digitalen Zeitalter erfüllen könne, wenn es den Verlust an Einnahmen durch den Verkauf von Fotografien in Kauf nehme. Museumsdirektor Thomas P. Campbell schreibt: "In making images of our public-domain artworks, as well as select data about them, available with Creative Commons Zero, the Museum is adapting its practice to meet the needs of 21st-century audiences. The Metropolitan Museum of Art now becomes one of the largest and most diverse open-access museum collections in the world."
"Kunst als Download: Mit dieser Kunst darf man machen, was man will" (SRF, 8.2.): http://www.srf.ch/kultur/netzwelt/mit-dieser-kunst-darf-man-machen-was-man-will
Thomas P. Campbell, "Making The Met's Collection More Accessible" (The Met, 7.2.): http://metmuseum.org/blogs/now-at-the-met/2017/open-access


7. Bürger und Archäologie & Citizen Science
7.1.
GlobalXplorer: Citizen Archaeology aus dem All (und mit Internet)
"Space Archaeologists" graben mitnichten auf dem Mond, sondern nutzen vielmehr satellitengestützte Fernerkundungsmethoden, um archäologische Fundstellen zu entdecken, zu beurteilen und zu kartieren. "As if Indiana Jones had a lovechild with Google Earth", so drückt sich die Archäologin Sarah Parcak aus. Im November 2015 erhielt sie den mit 1 Mio. US-Dollar dotierten TED Prize (DGUF-Newsletter vom 22.2.2016, Punkt 8.1). Mit dem Preisgeld versprach Parcak, eine Online-Plattform zu schaffen, mit der "Citizen Archaeologists" per Satellitenbild archäologische Fundstellen entdecken und Raubgrabungsaktivitäten überwachen könnten. Und tatsächlich: Ende Januar ging "GlobalXplorer" online! Das "Global" ist zwar noch nicht ganz wörtlich zu nehmen, aber Peru funktioniert dank einer Kooperation mit dem peruanischen Ministerium für Kultur schon mal, immerhin. Und wie wird man jetzt Bürger-Weltraumarchäologe? Nach dem Erstellen eines Accounts auf globalxplorer.org werden erst einmal ein Video-Tutorial und ein paar Beispielbilder angeboten, knapp sieben Minuten später kann's dann losgehen: Dem frischgebackenen "Citizen Archaeologist" werden Satellitenbild-Schnipsel (von DigitalGlobe), so genannte "Tiles" (Kacheln), angezeigt - dazu wird die Frage gestellt, ob Raubgrabungsaktivitäten sichtbar sind oder nicht. Man entscheidet sich, fertig, nächste Kachel. Babyeinfach. Die Satellitenbildausschnitte sind dabei randomisiert und werden ohne Koordinaten angezeigt, um eine Nutzung durch Raubgräber zu verhindern. Und sie zeigen auch keinesfalls immer irgendetwas Archäologierelevantes - aber viel Dschungel, Berge und Wolken. Jede Kachel wird, wie bei vergleichbaren Projekten üblich, von mehreren Bearbeitern beurteilt, um Irrtümer so gut es geht zu minimieren. Um den Bürgerarchäologen bei der Stange, pardon, am Satellitenbild zu halten, weist GlobalXplorer Elemente von Computerspielen bzw. Social Media ("Gamification") auf. So kann man durch Abarbeiten von Tiles in einer Rangliste aufsteigen, im Profil wird per "Consensus Score" angezeigt, wie gut man mit Anderen übereinstimmt, auch "Rewards" - etwa gemeinsame Events auf YouTube & Co. oder informative Inhalte zur peruanischen Archäologie (von National Geographic) - können freigeschaltet werden. Zunächst noch ausgegraut warten auf den Fortgeschrittenen zudem die Projekte "Encroachment" und "Discovery" - und der weltweite Ausbau der Plattform ist durchaus in Planung. Nur: Direktes Feedback an den Nutzer fehlt. Ob man mit der Beurteilung der oft recht unscharfen Satellitenbilder richtig liegt - tja, keine Ahnung. Das müssen dann wohl doch die erdverbundenen Kollegen vor Ort entscheiden. Aber was mit den gewonnenen Informationen zu den Satellitenbildern schlussendlich passiert, bleibt noch im Unklaren: Sicherlich ergeben sich aus den tausenden von Tile-Beurteilungen Verdachtszonen - ob dem dann auch jemand tatsächlich nachgeht und wenn ja, mit welchem Erfolg, wird sich noch zeigen müssen. Ach ja, und den Titel "Space Archaeologist" bekommt man übrigens nach nur 50.000 begutachteten Tiles. Viel Spaß!
GlobalXplorer: https://www.globalxplorer.org/
"Space Archaeologist Dr. Sarah Parcak launches Her TED Price Wish: GlobalXplorer" (Heritage Daily): http://www.heritagedaily.com/2017/02/space-archaeologist-dr-sarah-parcak-launches-her-ted-prize-wish-globalxplorer/114131
"Global Xplorer - digital Citizen Science in der Archäologie" (Blog "Krosworldia", 9.2.): http://kristinoswald.hypotheses.org/1985
"Global Xplorer - archäologische Fernerkundung und Dokumentation von Raubgrabungen" (Archaeologik, 26.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2017/02/global-xplorer-archaologische.html


8. Ausstellungen und Museen
8.1.
Sehenswert: Ausstellung "Odin, Thor und Freyja" (Frankfurt, bis 6.6.)
Seit dem 11.2. ist im Frankfurter Archäologischen Museum die Ausstellung "Odin, Thor und Freyja - Skandinavische Kultplätze des 1. Jahrtausends n. Chr. und das Frankenreich" zu sehen. Neue Forschungsergebnisse von den dänischen Fundplätzen Tissø, Hoby und Gudme gewähren einen differenzierten Blick auf die sakralen Plätze und die Kultpraxis der vorchristlichen Glaubenswelt. Da in der altnordischen Gesellschaft Religion stets mit der weltlichen Macht verbunden war, dienten diese Orte nicht nur als sakrale Anziehungspunkte, sondern auch als Residenzen des Adels. Besonders umfangreich illustriert die Ausstellung das höfische Leben und den Alltag im Herrschaftszentrum Tissø auf Seeland (550 – 1050). Ein wichtiger Aspekt innerhalb der Ausstellung sind die Beziehungen zwischen dem Norden und dem römischen bzw. fränkischen Reich. So fand man in einer herrschaftlichen Bestattung in Hoby ein komplettes römisches Trinkgeschirr des 1. Jahrhunderts. Die Ausbreitung des Christentums, die von Missionaren aus dem Frankenreich ab dem 9. Jahrhundert betrieben wurde, führte zu deutlichen Umwälzungen im religiösen Leben und im Alltag. Die sehenswerte Ausstellung ist noch bis zum 6.6. zu sehen.
http://www.archaeologisches-museum.frankfurt.de/index.php/de/

8.2.
Jüdisches Museum & Archäologische Zone in Köln: Feinkonzept vorgestellt
Dr. Thomas Otten, der Gründungsdirektor des "MiQua – LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln", hat in einem öffentlichen Vortrag am 9.2. die genauere Planung und inhaltlichen Konturen des Projekts vorgestellt. Otten erinnerte daran, dass der Plan für ein solches Museums und seine jetzt erfolgende Feinplanung auf einer langen Geschichte der Beschäftigung in Köln mit seiner jüdischen Gemeinde und deren Relikten beruht. Er hält den gesteckten Finanz- (67 Mio. Euro) und Zeitrahmen (Eröffnung Herbst 2019) für einhaltbar. Damit reagierte er auf Pressemeldungen, nach denen der Bau wegen des Sicherheitskonzepts teurer als geplant werde. Im Kölner Kulturausschuss wurde bei der Beratung eben dieses Sicherheitskonzepts neben der Kostenfrage deutlich, dass vermutlich nur etwa 30 Besuchern pro Stunde Einlass in das Gebäude gewährt werden könne.
"So wird das MiQua: Das neue Jüdische Museum im Archäologischen Quartier Köln" (Blog Kulturklitsche, 23.2.): http://www.kulturklitsche.de/miqua-juedische-museum-koeln-im-archaeologischen-quartier
"Neues Sicherheitskonzept macht 'MiQua' teurer" (Kölner Nachrichten, 1.2.): http://www.report-k.de/Koeln-Nachrichten/Koeln-Nachrichten/Neues-Sicherheitskonzept-macht-Miqua-teurer-71188

8.3.
Römerbergwerk Meurin in Kretz für den EMYA 2017 nominiert
Die Nominierungen für den Museum of the Year Award (EMYA) 2017 wurden jetzt vom European Museum Forum gegeben. Unter den 46 Nominierten aus 24 Ländern sind fünf deutsche Museen, darunter das Römerbergwerk Meurin in Kretz. Der Gewinner wird im Mai in Zagreb ausgezeichnet.
EMYA 2017 Nominees (European Museum Forum): http://www.europeanmuseumforum.info/emya/emya-2017/emya2017-nominees.html
Römerbergwerk Meurin: http://www.roemerbergwerk.de/

8.4.
Italien: Erster McDonald's mit Museum eröffnet
In Frattocchie südlich von Rom hat jetzt ein McDonald's-Restaurant eröffnet, das über einen transparenten Boden verfügt, unter dem ein ca. 50 Meter langer Abschnitt einer römischen Straße und drei dort entdeckte Skelette zu sehen sind. Die Ausgrabung des Straßenstücks fand 2014 statt; die Straße soll aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. stammen und in Verbindung zur Via Appia gestanden haben. McDonald's nennt die Filiale ihre erste "Museum cum Restaurant"-Niederlassung weltweit. In den Social Media wird über einen McDrive der besonderen Art gescherzt. Der Zugang zum antiken Straßenabschnitt ist auch möglich, ohne das Restaurant zu besuchen. Erklärtafeln in italienischer und englischer Sprache sind vorhanden.
"Stretch of Roman road unveiled beneath McDonald's restaurant" (The Telegraph, 22.2.): http://www.telegraph.co.uk/news/2017/02/22/want-ancient-roman-heritage-stretch-roman-road-unveiled-beneath/


9. Und sonst …
9.1.
Bildrechte: Heiße Debatten und ein Dschungel für Autoren
Die Frage, ob man ein Bild für eine Publikation verwenden darf, in welchem Kontext und ggf. zu welchem Preis, ist für viele archäologische Publikationen geradezu essenziell. Sogar bei als CC-BY o. ä. lizensiertem Material habe geschickte Abmahner Wege gefunden, Autoren unerwartete Sorgen zu bereiten. Aktuell erklärt Roland Nachtigäller, Direktor des Museums Marta Herford, in einem Interview mit Angelika Schoder die Probleme aus Sicht der Museen und Ausstellungsmacher. Das bestehende System mit all seinen Unsicherheiten verursacht im Alltagsbetrieb der Museen erhebliche Einschränkungen und schwer kalkulierbare Risiken. In seinem eigenen Blog unterstreicht Nachtigäller leidenschaftlich die Hemmnisse gerade im Bereich der Ausstellungen von Gegenwartskunst. Den ob solcher Aussagen der Verzweiflung nahen Wissenschaftsautoren sei ein schon etwas älterer "Survival Guide" aus der Feder des Kunsthistorikers Hubertus Kohle empfohlen (und die Kommentare dazu), worin die Rechtslage insbesondere zum Zitatrecht herausgearbeitet wird und pragmatische Wege skizziert werden.
Angelika Schoder: "Wenn Bildrechte Museen in den Wahnsinn treiben" (MusErMeKu, 8.2.): https://musermeku.org/2017/02/08/bildrechte-im-museum/
Roland Nachtigäller: "Gebt endlich die Bilder frei! – Teil 1: Ein Entrüstung zur Bildrechtsdebatte" (Marta-Blog, 8.2.): http://marta-blog.de/gebt-endlich-die-bilder-frei-teil-1/
Hubertus Kohle: "What an ugly mess. To hell with it: Survival Guide Bildrechte". (blog.artistoricum.net, 19.10.2014): https://blog.arthistoricum.net/beitrag////what-an-ugly-mess-to-hell-with-it/

9.2.
Erstmals ausgeschrieben: Forschungspreis Transformative Wissenschaft
Gesellschaftliche Impulse auslösen und befördern: das zu können, nimmt die Archäologie für sich in Anspruch. So erinnerte beispielsweise Jasper von Richthofen daran, dass sich die Archäologie in die Debatte um Asylbewerber einbringen könnte (DGUF-Newsletter vom 4.7.2015 Punkt 9.2.). Nun ist die Möglichkeit da, auf solches und ähnliches Engagement verstärkt öffentlich aufmerksam zu machen: Das Wuppertal Institut vergibt erstmals den mit 25.000 Euro dotierten Forschungspreis "Transformative Wissenschaft". Der künftig im jährlichen Turnus verliehene Preis zielt auf alle Formen von Wissenschaft ab, die Impulse auslösen und gesellschaftliche Veränderungen befördern. Bis zum 15.5. können sich Nachwuchsforscher aus Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie aus der Zivilgesellschaft um den Preis bewerben.
http://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/3747

9.3.
"Forum Kritische Archäologie" sucht Beiträge zum Thema "Wissensproduktion in der Archäologie"
Die Zeitschrift "Forum Kritische Archäologie" hat einen Aufruf für eine Beitragsserie "Wissensproduktion in der Archäologie" gestartet. Zwei unterschiedliche fachgeschichtliche Stränge konvergierten heute in einem allgemein gestiegenen Interesse am wechselseitigen Verhältnis von archäologischen Praktiken und Forschungsergebnissen, schreiben die Herausgeber der Zeitschrift. Einerseits werde die archäologische Wissensproduktion im Sinne einer Vernetzung von Objekten, Informationen und Menschen untersucht. Die Archäoethnographie, habe – zweitens – ebenfalls die Wissensproduktion zum Ziel, verfolge aber einen anderen Weg. Über die unterschiedlichen Beiträge soll der Zusammenhang zwischen den Verfahren, die bei der Wissensproduktion eingesetzt werden, und den Arten des Wissens, die dabei entstehen, näher beleuchtet werden.
http://www.kritischearchaeologie.de/

9.4.
H-Soz-Kult debattiert: Deutscher Museumsbund (2013), Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen
Im Jahr 2013 veröffentlichte der Deutsche Museumsbund seine "Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen". Er wollte damit orientierend wirken zu einem sensiblem Thema, bei dem es zumeist an eindeutigen Rechtsgrundlagen fehlt. In einem aktuellen Diskussionsprojekt / Forum hat die Web-Zeitschrift H-Soz-Kult diese Empfehlungen zum Gegenstand einer kritischen Debatte gemacht. Das Forum startete am 7.2. mit einem einführenden Beitrag von Larissa Förster (HU Berlin) und Sarah Fründt (Uni Freiburg) und sechs Aufsätzen, weitere Beiträge sollen folgen.
"Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen" (Deutscher Museumsbund, 2013): http://www.museumsbund.de/de/das_museum/ethik_standards/museumsethik/exkurs_menschliche_ueberreste_in_museen_und_sammlungen/
"Forum: Human Remains in Museums and Collections. A Critical Engagement with the „Recommendations“ of the German Museums Association (2013)" (H-Soz-Kult, 6.2.): http://www.hsozkult.de/text/id/texte-4037?title=forum-human-remains-in-museums-and-collections-a-critical-engagement-with-the-recommendations-of-the-german-museums-association-2013

9.5.
Autor lässt Rezension seines Buches per Gericht korrigieren
Die Redaktion der Web-Zeitschrift H-Soz-Kult hat sich zu einem sehr ungewöhnlichen Schritt entschlossen und diesen zugleich publik gemacht: eine bereits publizierte Buchbesprechung wieder vom Netz zu nehmen. Der Historiker Julien Reitzenstein, Autor eines rezensierten Buches über Teilaspekte des SS "Ahnenerbe", wiewohl von H-Soz-Kult explizit dazu eingeladen, seine Entgegnung zu der Rezension bei H-Soz-Kult öffentlich darzulegen und sein Werk zu vertreten, wählte den Weg zum Gericht. Das Gericht entschied per Eilverfügung und ohne umfassende Klärung in der Sache, dass H-Soz-Kult einen Halbsatz depublizieren müsse. Da in gleicher Sache weitere Verfahren (und Kosten) zu befürchten waren, wollte die Redaktion sich und den Rezensenten schützen und hat sich für eine Depublikation entschieden. Um den Lesern dennoch einen Blick auf den Fall zu ermöglichen, beleuchten nun M. Wildt und R. Hohls das rezensierte Buch sowie die Rezension. Ihr Ergebnis: "Nach unserer Einschätzung entbehrt Reitzensteins gerichtliches Vorgehen gegen den Rezensenten jeder wissenschaftlichen Grundlage. Über die vorstehend angeführten Kritikpunkte an der Studie Reitzensteins sollte es möglich sein, sich im Rahmen eines wissenschaftlichen Dialoges auseinanderzusetzen."
Redaktion H-Soz-Kult : "Rezension zu: Reitzenstein, Julien: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“ der SS. Paderborn 2014", in: H-Soz-Kult, 14.6.2016 / 20.2.2017: http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-23622
Michael Wildt & Rüdiger Hohls: "Stellungnahme zum Buch von Julien Reitzenstein „Himmlers Forscher“ anlässlich der juristischen Auseinandersetzung um die Rezension von Sören Flachowsky" in: H-Soz-Kult, 20.2.2017: www.hsozkult.de/text/id/texte-4060
"Gerichte sollten sich aus dem wissenschaftlichen Rezensionswesen raushalten!" (Archivalia, 21.2.): http://archivalia.hypotheses.org/63262

9.6.
Die Bedeutung eigener Forschung in den Medien übertreiben? Ein aktueller Fall aus der Weltraumforschung
Am 22.2. trat die NASA mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, sie habe um den 40 Lichtjahre entfernten roten Zwergstern "Trappist-1" herum sieben erdähnliche Planeten entdeckt - eine Meldung, die weltweit aufgegriffen wurde und auch Platz in den Hauptnachrichten der seriösen TV-Sender erhielt. Für eine Forschungseinrichtung wie die NASA, die - wie jede andere Forschungsinstitution auch - stets auch um ihre Finanzierung ringen muss, ein schöner und gewiss auch nützlicher Erfolg. Tags drauf ordnet der bekannte Astrophysiker und Blogger Florian Freistetter diese Nachricht ein. Er erläutert die (beträchtliche) Divergenz zwischen Fachsprache und Alltagsverständnis der verwendeten Begriffe und legt dar, dass die von einer breiten Öffentlichkeit als Sensation verstandene (und so auch lancierte) Nachricht letztlich keine ist. "Großartig" zwar, aber eben nicht die Nachricht, es sei mehrfach eine "zweite Erde" entdeckt worden, wie Laien die Botschaft verstehen mussten. Freistetter mahnt bei der Wissenschaft an, dass diese selbst dafür Sorge tragen müsse, durch die Wahl einer angemessenen Kommunikation und Sprache solche Missverständnisse zu vermeiden. Und was hat das mit Archäologie zu tun? Auch Archäologie tritt immer wieder mit Begriffen wie "Sensation" und mit Superlativen in ihrer eigenen Kommunikation auf. Ein ebenfalls nicht seltener Hinweis, "die Geschichte muss neu geschrieben werden", mag für die Peer Group der Forschenden sogar stimmen, aber es wird billigend in Kauf genommen, dass die Öffentlichkeit die Dimension dieses Neu-Schreibens anders versteht. Freistetter betont die (Mit-) Verantwortung der Wissenschaft für die aus ihrer Kommunikation resultierende öffentliche Wahrnehmung. Seine nüchterne, korrigierende Einordnung der scheinbaren Sensationsmeldung ist ein wertvoller Beitrag fachinterner Wissenschaftshygiene.
"NASA Telescope Reveals Largest Batch of Earth-Size, Habitable-Zone Planets Around Single Star" (Pressemeldung NASA, 22.2.): https://www.nasa.gov/press-release/nasa-telescope-reveals-largest-batch-of-earth-size-habitable-zone-planets-around
"Astronomie: Sieben Mal die Chance auf außerirdisches Leben" (Zeit, 22.2.): http://www.zeit.de/wissen/2017-02/astronomie-entdeckung-neue-planeten-sonnensystem-leben
"Extrem seltener Fund: Sieben erdähnliche Planeten auf einmal entdeckt" (Spiegel,, 23.2.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/exoplaneten-sieben-erdaehnliche-planeten-auf-einmal-entdeckt-a-1135823.html
Florian Freistetter: "'Erdähnlich' heißt nicht 'So wie die Erde'" (Blog Astrodicticum simplex, 23.2.): http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2017/02/23/erdaehnlich-heisst-nicht-so-wie-die-erde/

9.7.
Kennewick Man/The Ancient One nach 20 Jahren Rechtsstreit wieder bestattet
Mitte Februar wurde das 8.500 Jahre alte Skelett des Kennewick Man, von Ureinwohnern Nordamerikans "The Ancient One" genannt, wieder bestattet. Rund 200 Personen nahmen an der Zeremonie an einer nicht gekennzeichneten Stelle nahe des Columbia River teil. Wissenschaftler und Indianer stritten seit der Entdeckung des Skeletts im Jahr 1996 im Bundesstaat Washington bis ins Jahr 2015 darüber, ob das Individuum mit den heutigen Ureinwohnern Amerikas verwandt ist, oder ob es von einer früheren Einwanderungswelle aus Japan oder Polynesien stammt. 2015 sequenzierten Prof. Eske Willerslev und sein Team vom Zentrum für Geogenetik Kopenhagen das Genom des Kennewick Man und wiesen nach, dass er nächsten verwandt mit den heute in der Nähe der Fundstelle lebenden Ureinwohnern ist (DGUF-Newsletter vom 7.4.2015 Punkt 3.5.). Fünf Indianerstämme - The Yakama Nation, The Colville Tribes, The Umatilla Tribes und der Stamm der Nez Perce - erhoben seit langen Jahren Anspruch auf die Gebeine und beriefen sich auf den "Native American Graves Protection and Repatriation Act" (NAGPRA). Ein von Barack Obama im Dezember 2016 unterschriebener Erlass hatte die Übergabe des Skeletts und archäologischer Fund an die Ureinwohner ermöglicht.
"‘A wrong had finally been righted’: Tribes bury remains of ancient ancestor known as Kennewick Man" (The Seattle Times, 19.2.): http://www.seattletimes.com/seattle-news/tribes-bury-remains-of-ancient-ancestor-also-called-kennewick-man/
"After two decades, the Kennewick Man is reburied" (Los Angeles Times, 20.2.): http://www.latimes.com/nation/la-na-kennewick-man-reburial-20170220-story.html

9.8.
Jetzt ist es offiziell: 2018 wird das erste Europäisches Jahr des Kulturerbes
Am 9.2. hat unter der Präsidentschaft Maltas und mit förmlicher Zustimmung des Europäischen Parlaments der Europarat das "European Year of Cultural Heritage 2018" ausgerufen. Damit erhalten die seit einiger Zeit laufenden Vorbereitungen ihre offizielle Validierung. In Deutschland werden die Aktivitäten vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK) konzertiert, der archäologische Beitrag wird vor allem eine große Ausstellung in Berlin sein, die der Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland (VLA) plant und bestückt.
"European Year of Cultural Heritage in 2018: celebrating the diversity and richness of our European heritage" (Pressemeldung Europarat, 9.2.): http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/02/09-cultural-heritage/
Deutschland: "Sharing Heritage - Europäisches Kulturerbejahr 2018": http://www.sharingheritage.de/
Schweiz: Europäisches Kultuerbejahr 2018: http://kulturerbejahr.ch/index.php/de/


9.9.
Neue gedruckte Ausgabe der Tabula Peutingeriana
Die "Tabula Peuteringiana" ist die einzige umfangreich erhaltene antike Straßenkarte. Um 435 n. Chr. in letzter Fassung abgeschlossen, im frühen 16. Jahrhundert wiederentdeckt und seitdem vielfach kopiert, reproduziert und als historische Quelle genutzt. Nach der jüngsten Restaurierung des heute in Wien aufbewahrten, 680 x 34 cm großen Originals ist nun, wiewohl bei einem solchen Un-Format schwierig, eine vollständige Reproduktion als gedrucktes Buch erschien, das in einem Einleitungsteil kompetent den aktuellen Forschungsstand zu dieser antiken Straßenkarte darlegt. Der Rezensent Frank Schleicher fasst seine Einordnung in H-Soz-Kult wie folgt zusammen: "Haptisch ist das Buch durch das große Format aber ein Erlebnis. Das Fazit des Rezensenten: Ein sehr schönes Buch für den Laien, dass aber wegen der klaren Darstellung durchaus auch für die Lehre nützlich ist."
Frank Schleicher: "Rezension zu: Rathmann, Michael: Tabula Peutingeriana. Die einzige Weltkarte aus der Antike. Darmstadt 2016" (H-Soz-Kult, 13.2.2017): www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-26732

9.10.
Stellungnahmen zur laufenden Novellierung des Urheberrechts liegen vor
Der vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vorlegte Gesetzentwurf zum Urheberrecht möchte die Nutzung vor allem gedruckter Werke an die Bedürfnisse insbesondere des Bildungs- und Lehrbetriebes an Schulen und Hochschulen anpassen und durch klarere Regeln Rechtssicherheit und Arbeitsfähigkeit für alle Beteiligten schaffen - d. h. die bisherige Wissenschaftsschranke rechtlich präzisieren. Wie schwierig hier ein Interessenausgleich und wie konfliktbeladen das Thema ist, zeigen nicht nur die beiden aktuellen Petitionen (s. Punkt 6.1. in diesem Newsletter), sondern auch die Stellungnahmen zum Referentenentwurf (1.2.2017) u. a. von Verlagen, Bibliotheken, Universitäten und Fachgesellschaften, die nun vorliegen und auf der Website des Ministeriums eingesehen werden können. Die Einreichungsfrist endete am 24.2. Es geht um viel: um viel Geld, und um die alltäglichen Arbeitsbedingungen von Lehrenden und Lernenden. Eine ebenso wichtige wie spröde Lektüre.
"Gesetzgebungsverfahren: Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (UrhWissG)" (BMJV, 1.2.): http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/UrhWissG.html

9.11.
Zwei Archäologen aus Frankfurt in Nigeria nach Entführung wieder frei, zwei Mitarbeiter getötet
Am 22.2. wurden Prof. Peter Breunig und sein Mitarbeiter Johannes Behringer vom Institut für Archäologische Wissenschaften, Frankfurt, von bewaffneten Männern in Nordnigeria entführt. Das Dorf Janjela, wo ein Forschungscamp der Universität Frankfurt liegt und wo die Entführung stattfand, liegt in einer für ihre Kriminalität berüchtigten Region. Zwei örtliche Mitarbeiter, Anas Ibrahim und Adamu Abdulrahim, wurden bei der Entführung erschossen. Sie hatten laut Polizeiangaben versucht, den Archäologen beizustehen. Zwei weitere Mitglieder des vierköpfigen Forschungsteams, zwei Frauen, wurden von den Entführern nicht behelligt. Nach dreieinhalb Tagen wurden die beiden Entführten am vergangenen Sonntag freigelassen oder befreit - hier widersprechen sich die Informationen. Laut Auswärtigem Amt geht es den Archäologen "den Umständen entsprechend gut". Ob ein Lösegeld bezahlt wurde, ist derzeit unklar. Breunig erforscht u. a. die Nok-Kultur in Zentralnigeria und befasst sich mit kulturellen Umbrüchen und Innovationen in ökologischen Übergangszonen. Für die Hinterbliebenen der zwei ermordeten nigerianischen Mitarbeiter sammeln Fachkollegen derzeit auf der Plattform Youcaring Geld.
"Bei Ausgrabungsarbeiten: Zwei Archäologen aus Frankfurt in Nigeria entführt" (FAZ, 23.2.): http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/archaeologen-aus-frankfurt-wurden-in-nigeria-entfuehrt-14891628.html
"Kidnapped German archaeologists freed in northern Nigeria" (The Guardian, 26.2.): https://www.theguardian.com/world/2017/feb/26/kidnapped-german-archaeologists-freed-in-northern-nigeria
"Nigeria: Entführte deutsche Archäologen sind frei" (Der Tagesspiegel, 26.2.): http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/nigeria-entfuehrte-deutsche-archaeologen-sind-frei/19445396.html
"Forscher sind unversehrt: Entführte Archäologen aus Frankfurt wieder frei" (Frankfurter Neue Presse, 27.2.): http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Entfuehrte-Archaeologen-aus-Frankfurt-wieder-frei;art675,2497421
Spendenaktion "Support the families of two murdered Janjela heroes": https://www.youcaring.com/thefamiliesofanasibrahimandadamuabdulrahim-764684

9.12.
USA: Museen und Bibliotheken veranstalten "Day of Facts" als Protest gegen "alternative Fakten" und Wissenschaftsfeindlichkeit der Trump-Regierung
Mehr als 280 renommierte wissenschaftliche und kulturelle Einrichtungen haben in den USA am 17.2. einen "Day of Facts" veranstaltet. Dessen Ziele: "1) Reassure the public that we'll to stay true to our missions, no matter what. 2) Spark dialogue with our publics about the issues that affect them, and that we as institutions are not immune to. 3) Show orgs that acknowledging current events doesn't have to be controversial & can forge stronger relationships with visitors. 4) Encourage institutions to embrace social justice & empower institutions to speak out when our values are under attack." Unter #DayofFacts posteten die Institutionen in den Sozialen Netzwerken Botschaften in Form kurzer Texte, Grafiken und Videos. Manches davon war klar als politische Äußerung erkennbar, anderes beinhaltete schlicht wissenschaftlich interessante Fakten. "Fakten sind bei uns immer willkommen. Genau wie Sie", teilte etwa da Field Museum in Chicago seinem Publikum in einem beeindruckenden Video mit, das alleine auf Facebook mehr als 1,1 Mio. Mal anschaut wurde (das Video ist im Artikel der Washington Post ganz oben verlinkt).
"Museums and libraries fight 'alternative facts' with a #DayofFacts" (The Washington Post, 17.2.): https://www.washingtonpost.com/news/speaking-of-science/wp/2017/02/17/museums-and-libraries-fight-alternative-facts-with-a-dayoffacts/?tid=sm_tw&utm_term=.10d1a049bc40
"US-Wissenschaftler gegen Trump: 'Verteidigt die Wahrheit'" (Spiegel, 20.2.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/donald-trump-forscher-fuerchten-um-die-wissenschaft-a-1135291.html
"ICOM Statement on President Trump's 27 January Executive Order" (ICOM, 3.2.): http://icom.museum/news/news/article/icom-statement-on-president-trumps-27-january-executive-order/L/0/
"Archäologie ist überflüssig? Wissenschaft in den USA - politische Bevormundung, Schikane, Finanzstreichung und Abwicklung" (Archaeologik, 27.2.): http://archaeologik.blogspot.de/2017/02/archaologie-ist-uberflussig.html

9.13.
DFG-Präsident Prof. Dr. Peter Strohschneider: Wissenschaft muss "grundsätzlich neu darüber nachdenken, wie sie ihre Ansprüche und Leistungen mit der Gesellschaft kommuniziert."
"Während die Wissenschaft von der Gesellschaft getragen wird, verändert sich diese Gesellschaft rasant." Eine solche Einschätzung des Wissenschaftsjournalisten Reiner Korbmann dürfte allen Teilnehmern der DGUF-Tagung 2015 oder z. B. auch der Nearching Factory im Januar 2017 (Punkt 1.3. in diesem Newsletter) sehr bekannt vorkommen: Auch die Wissenschaft und damit auch die Archäologie befindet sich inmitten eines gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozesses. Während die Handlungsoptionen vielfältig und die Ergebnisse der Wandlung offen sind, steht eines fest: Nichts tun und den Wandel ignorieren – ob aus Arroganz oder Vogel-Strauß-Verhalten – ist der falsche Weg. Gleichwohl ist er verbreitet. Korbmann hat jetzt in seinem Blog "Wissenschaft kommuniziert" ein spannendes Gespräch mit dem DFG-Präsidenten Prof. Dr. Peter Strohschneider veröffentlicht, in dem es um Wissenschaft in der Gesellschaft geht, um Freiheit der Forschung, um die Reaktion der Wissenschaften auf die Veränderungsprozesse und um die Experten-Müdigkeit der Bürger. Pflichtlektüre!
"Das Ende der 'Einsamkeit in Freiheit'? Ein Gespräch mit DFG-Präsident Prof. Dr. Peter Strohschneider" (Wissenschaft kommuniziert, 1.2.): https://wissenschaftkommuniziert.wordpress.com/2017/02/01/das-ende-der-einsamkeit-in-freiheit/
"'Wir haben dramatische Vermittlungsprobleme'. Teil 2 des Gesprächs mit DFG-Präsident Prof. Dr. Peter Strohschneider" (Wissenschaft kommuniziert, 7.2.): https://wissenschaftkommuniziert.wordpress.com/2017/02/07/wir-haben-dramatische-vermittlungsprobleme/
Zur Rede von DFG-Präsident Peter Strohschneider auf dem Neujahrsempfang der DFG: "Der Streit um die Wahrheit" (Wissenschaftskommunikation.de, 23.1.): http://www.wissenschaftskommunikation.de/der-streit-um-die-wahrheit-2933/

9.14.
Tipps zur Erstellung von Social Media Leitlinien
Social Media zu nutzen, ist für Forschungseinrichtungen nicht nur immer selbstverständlicher, sondern auch mit vielen Vorteilen verbunden. So ist die Distribution im Erfolgsfall sehr weit, und es können außerdem neben der Pressestelle auch Mitarbeiter mitwirken. Doch das birgt auch einige Herausforderungen und Risiken, beispielsweise wenn sich offizielle Social-Media-Profile mit den privaten Profilen von Mitarbeitern zu überschneiden beginnen. Hilfreich sind hier klare Leitlinien, und genau dazu gibt das Portal Wissenschaftskommunikation.de jetzt guten Rat.
"Social Media Leitlinien erstellen" (Wissenschaftskommunikation.de, 9.2.): http://www.wissenschaftskommunikation.de/social-media-leitlinien-erstellen-3127/


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