DGUF Newsletter
vom 26. Juni 2020
Inhalt
1.1 DGUF-Tagung 2020: Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne? (Online, 20.9.)
1.2 Jetzt auch als Kurzfassung: EvaBA 2 – Löhne und Gehälter in der deutschen Archäologie
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 "Human Origins - Digital Future" (Online, 27.-31.7.)
2.2 "#Networking" - 26th EAA Annual Meeting (Online, 24.-30.8.)
2.3 "Conference on Cultural Heritage and New Technologies" (CHNT) 25 (Wien, 4.-6.11., CfP bis 31.7.)
2.4 "Peinture romaine : 33e colloque de l'AFPMA" (Bordeaux, 26.-27.11.)
2.5 Zweite NFDI-Konferenz 2020 (Online, 8.-9.7.)
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
3.5 Nordwestschweiz bot im späten Jungpaläolithikum eine sehr diverse Landschaft
3.7 Spätmesolithikum an den Küsten Südskandinaviens
3.8 Riesiger spätneolitischer Grubenkreis nahe Stonehenge entdeckt
3.9 Landschaft und Archäologie: Vortragsvideos von der 40. TAG-Konferenz online
3.10 Nationale Forschungsdateninfrastruktur: Erste NFDIs bewilligt, u. a. NFDI4culture
4.2 Aus Punktinformationen Trendflächen interpolieren mit "R"
4.3 Ärr-plüs-plüs: Statistik mit "R" - bunt, zum Klicken & französisch
4.4 Grundlegende statistische Graphiken mit "R Shiny", ohne dass man's je gelernt hat
4.5 MapTiler, QuickMapServices, XYZ-Tiles - QGIS-Hintergrundkarten in allen Geschmacksrichtungen
4.6 R-Paket "ChronochRt" zum Zeichnen von Chronologietabellen
5.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
5.3 Kostenloser Onlinekurs "Antiquities Trafficking and Art Crime"
6 Studium, Job-Themen und Personalia
6.1 NFDI4objects konsultiert "das Fach" und bittet um Mitwirkung
7 Bürger und Archäologie & Citizen Science
7.1 Umfrage zum Thema "Rechtliche Fragen in Citizen-Science-Projekten" (bis 5.7.)
8.1 "Tiny Homes" der Vorgeschichte? Die Rundhäuser von Castell Henllys
8.2 Erinnerung aus gegebenem Anlass: Auch frühe Europäer waren dunkelhäutig
8.3 Palestine Open Maps oder: die politische Dimension historischer Karten
8.4 Spanien: Nach COVID-19 nun Liberalisierungen im Planungsrecht, die der Archäologie schaden?
1 DGUF-Nachrichten
1.1 DGUF-Tagung 2020: Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne? (Online, 20.9.)
Die DGUF-Tagung über dieses wichtige, die gesamte deutsche Archäologie betreffende Thema findet statt! - aber angesichts der fortbestehenden Pandemie als Online-Tagung. Wir werden uns (mit zwischengeschalteten Pausen) am Sonntag, 20. 9. via "Zoom" treffen. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos, eine Anmeldung jedoch bis 31.8. erforderlich. Der Call for Papers läuft. Inzwischen versammeln sich die ersten Vortragenden, weshalb auf DGUF.de ein vorläufiges Programmheft eingestellt ist, das fortlaufend aktualisiert wird. Es sprechen u.a. Profs. Cl. Theune (Wien), H. Meller (Halle), N. Mehler, S. Pollock & R. Bernbeck, sowie D. Mölders, Th. Kersting, C. Röhl usw. Die von der DGUF erwünschte Aussprache des Faches in seiner ganzen chronologischen Tiefe wie auch seinen diversen Sparten und Funktionen kann damit gelingen. Fehlende Blickwinkel suchen die Organisatoren durch aktives Zugehen auf mögliche Vortragende zu schließen, doch selbstverständlich sind auch "Initiativbewerbungen" an
Tagungswebsite: https://www.dguf.de/496.html
Zur Tagungsanmeldung: https://www.dguf.de/505.html
Vorläufiges Programm: https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/Tagungen/Kiel2020/DGUF-Tagung-2020_Programm.pdf
1.2 Jetzt auch als Kurzfassung: EvaBA 2 – Löhne und Gehälter in der deutschen Archäologie
Der neueste Bericht der EvaBA-Auswertung – für den insgesamt 517 aktiv Berufstätige aus allen Branchen der Archäologie berücksichtigt werden konnten – bietet als Preprint eine Fülle an Informationen zu Löhnen und Gehältern in der deutschen Archäologie. Weil nicht Jeder, den das Thema betrifft und der davon wissen sollte, diesen Bericht sofort wird lesen können, hat das Auswertungsteam Frank Siegmund, Michaela Schauer und Diane Scherzler jetzt zusätzlich eine Kurzfassung veröffentlicht. Auf 6 Seiten und mit einer Lesezeit von 9 Minuten erfahren Sie die wichtigsten Ergebnisse. Und wer es dann genauer wissen möchte, kann jederzeit zur vollständigen Auswertung EvaBA 2 greifen.
Siegmund, F., Schauer, M. & Scherzler D. (2020). Löhne und Gehälter in der deutschen Archäologie – Auswertung der DGUF-Umfrage "Evaluation Beruf Archäologie", 10. 6. 2019 - 31. 10. 2019 (EvaBA 2). DGUF-Preprint, online publiziert 28. Mai 2020. https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/EvaBA/DGUF-Dok_Preprint_EvaBA_2_Loehne-und-Gehaelter.pdf
Die wichtigsten Ergebnisse von EvaBA 2 zusammengefasst (6 Seiten, Lesezeit 9 Minuten). https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/EvaBA/DGUF-Dok_Kurzbericht_Preprint_EvaBA_2_Loehne-und-Gehaelter.pdf
1.3 Archäologische Quellen 4 erschienen. Sebastian Hornung, Johannes Gilhaus und Bettina Glunz-Hüsken: Rituell oder profan? Ein bronzezeitlicher Fundplatz in der bayerischen Donau-Aue
Die Verlegung einer Gasleitung von Forchheim nach Finsing in Bayern in den Jahren 2017-18 förderte den Ausschnitt einer bronzezeitlichen Siedlung (ca. 2000–1650 v. Chr.) zutage. Die "Archäologischen Quellen 4" beschreiben umfassend die Grabungsmethoden, Befunde und Funde, ergänzt durch erste Auswertungen des in Pförring, Lkr. Eichstätt liegenden Fundplatzes und durch Beiträge zur Archäobotanik (Jana Hlavata & Peter Apiar) sowie zur Bodenkunde und Geoarchäologie (Britta Kopecky-Hermanns & Christian Tinapp). Im Fokus des Befundes stehen Brandstellen, Keramikkonzentrationen, kalzinierte Knochenfragmente, eine Steinsetzung sowie Pfostenstellungen, die einen früh- bis mittelbronzezeitlichen Platz mit aufgehender Bebauung bezeugen. Schließlich steht die Frage nach dem Charakter der Befunde im Raum: rituell oder profan? Außergewöhnlich hoch ist die Menge der archäometrischen Beprobung (Geologie, Botanik, 14C-Datierung), die zusammen mit der Art und Weise der Ausgrabung ideale Voraussetzungen für zukünftige wissenschaftliche Forschungen bietet. Erhältlich ist die Publikation als Download im Open Access mit zusätzlichen Open Data sowie als gedruckte Ausgabe. Die "Archäologischen Quellen" sind die 2017 begründete Monografienreihe der DGUF, die der Vorlage von "Quellen" dient, d. h. von Grabungsdokumentationen, Grabungsfunden u. ä., ohne dass deren Publikation von tiefgehenden wissenschaftlichen Analysen begleitet sein muss. Die Quellen bieten das Rohmaterial für vertiefende wissenschaftliche Analysen, die dann in weiteren Publikationen erfolgen können.
Sebastian Hornung, Johannes Gilhaus und Bettina Glunz-Hüsken: Rituell oder profan? Ein bronzezeitlicher Fundplatz in der bayerischen Donau-Aue. Kerpen-Loogh 2020: https://www.dguf.de/512.html
Die Reihe "Archäologische Quellen: http://www.archaeologische-quellen.de
1.4 Novellierung des Denkmalschutzgesetzes NRW: Regierungsentwurf liegt vor, DGUF zur Stellungnahme eingeladen
Die schon für 2019 angekündigte Novellierung des Denkmalschutzgesetzes NRW liegt vor, überraschenderweise nicht wie üblich als Referentenentwurf, sondern bereits als Regierungsentwurf. Ende Mai wurden die Vertretungen der beteiligten Fachkreise und Verbände - auch die DGUF - vom Düsseldorfer Ministerium zu Kommentaren und Stellungnahmen eingeladen. Der vorliegende Gesetzentwurf behandelt - erstmals in NRW - an wichtigen Stellen die Baudenkmalpflege anders als die Bodendenkmalpflege. Wird der Entwurf so umgesetzt, sind die Folgen für die Baudenkmalpflege in NRW gravierend, das Fachamt wird weitgehend seiner Einflussmöglichkeiten beraubt - was offenbar auch der politische Wille ist, den diese Novelle umsetzt. Bei der Bodendenkmalpflege sind es eher kleine Modifikationen im Gefüge und in den Bestimmungen, die in Summe aber ebenfalls zu einer Verschlechterung für die Archäologie in NRW führen würden. Umso wichtiger, die Möglichkeit der Stellungnahmen zu nutzen.
DSchG NRW, Ist-Zustand: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=5720031106092634017
Regierungsentwurf zur Neufassung des DSchG NRW (27.5.2020): https://opal.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-3439.pdf
Bericht über die vorangehende Evaluation des DSchG NRW (31.8.2018): https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-1044.pdf
"Kleine Anfrage 3416" von MdL Johannes Remmel, Wibke Brems, Horst Becker u. Oliver Keymis (Die GRÜNEN) betr. Verursacherprinzip im Braunkohlerevier (19.2.2020): https://landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-8705.pdf
1.5 Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Aurora Pețan and Valeriu Sîrbu (Eds): Temples and Cult Places from the Second Iron Age in Europe
Unter den zahlreichen Bänden, welche die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" zur Rezension ausschreiben, sei diesmal der im Mai erschienene Band mit den Ergebnissen des zweiten internationalen Kollquiums "Iron Age Sanctuaries and Cult Places at the Thracians and their Neighbours" (Alun, Mai 2019) hervorgehoben. Der Sammelband führt zum Thema Tempel und Kultplätze der Eisenzeit in einen wichtigen europäischen Raum, der bisher weder aus Sicht der Antike, noch aus der Sicht der westlichen Keltenwelt (wo das Thema ja intensiv debattiert wird) intensiver beleuchtet wurde - ein weißer Fleck. Die Autoren stammen aus Rumänien, Moldawien, Bulgarien, Griechenland, Nordmakedonien, Kroatine, Polen, Italien und Portugal. Aus dem Klappentext: "The various subjects presented and debated are related to diverse periods and civilizations, from the Greek-Roman world and outside it (for instance those related to the Samnites, Phoenicians, Geto-Dacians, Southern Thracians, and Germanics etc.). It is worth mentioning, among others, the subjects related to the megalithic monuments, the types of temples and the sacred areas in residential centres, or to the cult of some gods and heroes such as Hercules, Poseidon or Asclepius, as well as the ritual dog burials in the 'barbarian' world." - Wenn Sie Interesse an einer Rezension haben, richten Sie bitte Ihre Anfrage mit Ihrer vollständige Postanschrift sowie einer kurzen Begründung, weshalb Sie dieses Werk besprechen wollen, an:
Alle Rezensionsangebote der "Archäologischen Informationen" mit weiteren Informationen zu Modalitäten und Ablauf: http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/DGUF-Dok_Arch-Inf_Rezensionsangebote.pdf
Mehr zum Buch: http://editura.dacica.ro/titlu/temples-and-cult-places-second-iron-age-europe
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 "Human Origins - Digital Future" (Online, 27.-31.7.)
Die Online-Konferenz "Human Origins - Digital Future" befasst sich in fünf Sessions mit der Nutzung von Datenbanken und Big Data in der Archäologie. Die Organisatoren - die Forschungsstelle "The Role of Culture in Early Expansions of Humans" (ROCEEH) – schreiben: "With this conference, we will address core issues of digitialization, including possibilities and problems of large, multi-layered databases. Although digital tools are widely applied in scientific projects, questions of linkage, targeted expansion, evaluation, and sustainable safeguarding of databases remain unresolved. New approaches including innovative methods of data mining and machine learning as well as deep learning and artificial intelligence will be addressed. Sessions will cover Databases, Methods, Applications, Products and Future Perspectives." Die Tagung findet von Mo, 27.7. bis Fr, 31.7., jeweils 14:00-16:00 Mitteleuropäische Sommerzeit. statt. Die Teilnahme kostenlos und erfolgt via Zoom.
Ausführliches Programm und Informationen zur Anmeldung: https://www.hadw-bw.de/en/research/research-center/roceeh/news
2.2 "#Networking" - 26th EAA Annual Meeting (Online, 24.-30.8.)
More than 150 sessions involving 1.800 presentations and most of the keynote speakers have confirmed their participation in the EAA#s first virtual conference. It will be performed as a service to members, i.e. there will be no registration fee or other charge for current EAA members. All current members can take part in the Virtual Annual Meeting this year.
https://www.e-a-a.org/EAA2020virtual
2.3 "Conference on Cultural Heritage and New Technologies" (CHNT) 25 (Wien, 4.-6.11., CfP bis 31.7.)
Auch in diesem Jahr findet in Wien die (wesentlich von der Stadtarchäologie Wien veranstaltete) CHNT statt, die "Conference on Cultural Heritage and New Technologies". Unter den Sektionen und angebotenen Trainings sind Themen wie "Machine Learning In Archaeometry", "Computational photography and AI for image based research" und "Geospatial Analysis in Archaeology using Open Tools". Ein Roundtable "Educating archaeologists for a digital era" basiert auf Plänen der HTW Dresden, gemeinsam mit Partnern aus der Archäologie einen Studiengang Archäoinformatik zu entwickeln. Er soll die technologische Expertise einer technischen Hochschule für die Aus- und Weiterbildung von Archäologen zugänglich machen und den Dialog zwischen den Disziplinen fördern. Beim Roundtable sollen bestehende Defizite, Chancen und die Ausbildungsbedarfe im Bereich der Informationsverarbeitung in der Archäologie ausgelotet und diskutiert werden. Beiträge und Abstracts zu allen Sektionen können bis 31.7. eingereicht werden. Corona!? Auf Nachfrage der Newsletter-Redaktion antworteten uns Session-Organisatoren: "Im Moment ist der Modus der Veranstaltung noch nicht ganz klar. Die Konferenz-Organisation bevorzugt eine Analogveranstaltung, im Moment läuft es aber auf eine Hybrid-Veranstaltung hinaus, d. h. analoge Tagung mit zugeschaltetem Livestream."
Website der Tagung: https://www.chnt.at/chnt-24-2019/
2.4 "Peinture romaine : 33e colloque de l'AFPMA" (Bordeaux, 26.-27.11.)
Das Kolloquium der Association Française pour la Peinture Murale Antique (AFPMA) versammelt Archäologen, Restauratoren, Studierende etc., um über römische Wandmalerei und Stuck zu diskutieren. Auf der französischsprachigen Tagung werden aktuelle Forschungsergebnisse aus Frankreich, Italien und den Grenzen des römischen Reiches vorgestellt, regionale oder thematische Synthesen und methodische Neuerungen, z. B. zur Restaurierung und Materialanalyse. Um Anmeldung zur Tagung wird bis 31.10. gebeten.
https://www.inrap.fr/peinture-romaine-33e-colloque-de-l-afpma-15060
2.5 Zweite NFDI-Konferenz 2020 (Online, 8.-9.7.)
Auf der als Webinar ablaufende Konferenz zur "Nationalen Forschungsdateninfrastruktur Deutschlands" (NFDI) informiert die DFG alle Teilnehmenden sowie die Vertreterinnen und Vertreter von geplanten Konsortien über das Konzept und die übergreifenden Ziele der NFDI sowie über die Eckpunkte der Antragstellung. Außerdem können sich die zur Förderung vorgeschlagenen und die geplanten Konsortien untereinander austauschen. Die Veranstaltung ist für alle Interessierten offen; es gibt keine Teilnahmegebühr. Eine vorherige Anmeldung bis einschl. 29.6. ist erforderlich.
https://www.dfg.de/foerderung/programme/nfdi/konferenz_2020/index.html
3 Forschung
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Maixner, B. (2020). Connected by water, no matter how far. Viking Age central farms at the Trondheimsfjorden, Norway, as gateways between waterscapes and landscapes. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 23 June 2020.
Suter, P. J. (2020). Rezension zu: Baum, T., Bleicher, N., Ebersbach, R., Ruckstuhl, B., Walter, F. & Weber, M. (2019). Jungsteinzeitliche Ufersiedlungen im Zürcher Seefeld. Ausgrabungen Kanalisationssanierung, Pressehaus, AKAD und Utoquai 3: Die Siedlungsgeschichte. (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich, 52). Zürich: Kantonsarchäologie Zürich. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 22. Juni 2020.
Bigambo, R. (2020). Review of: Lähdesmäki, T., Thomas, S. & Zhu, Y. (eds) (2019). Politics of Scale: New Directions in Critical Heritage Studies. New York: Berghahn. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 15 June 2020.
Dibble, F. (2020). Review of: Twiss, K. C. (2019). The Archaeology of Food: Identity, Politics, and Ideology in the Prehistoric and Historic Past. Cambridge: Cambridge University Press. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 13 June 2020.
Gross, E. & Huber, R. (2020). Introduction: So Close, No Matter How Far? Sketching the Relationship between Water- and Landscapes across Europe. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 8 June 2020.
Grøn, O. (2020). Late Mesolithic marine territoriality in coastal southern Scandinavia. Archäologische Informationen 42, Early View, published online 2 June 2020.
Hebert, B. (2020). Rezension zu: King, Th. F. (ed.) (2020). Cultural Resource Management. A Collaborative Primer for Archaeologists. New York: Berghahn. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 1. Juni 2020.
http://www.dguf.de/earlyview.html
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
"The economy of hunter gatherers in the Mediterranean coasts between the Pleistocene and Holocene included exploitation of marine environment" (Universitat de Barcelona, 25.6.): https://www.ub.edu/web/ub/en/menu_eines/noticies/2020/06/035.html?
- Jh.: "Old skeletons with war damage found in Oslo" (Norway Today, 25.6.): https://norwaytoday.info/culture/old-skeletons-with-war-damage-found-in-oslo/
"Oldest Viking settlement possibly unearthed in Iceland. It dates back decades before Vikings are supposed to have settled the island" (LiveScience, 23.6.): https://www.livescience.com/oldest-viking-settlement-discovered.html
"New DNA Analysis Reveals Ancient Scythian Warrior Was a 13-Year-Old Girl" (Science Alert, 24.6.): https://www.sciencealert.com/new-dna-analysis-reveals-an-ancient-scythian-warrior-was-a-13-year-old-girl
"Rätsel um Klimaschock im alten Rom gelöst. Ein Vulkanausbruch im Jahr 43 vor Christus hat womöglich zum Untergang der Römischen Republik beigetragen. Das zeigt eine neue Studie mit Beteiligung der Universität Bern. Die grosse Überraschung: Der Vulkan Okmok, der damals das Klima im Mittelmeerraum durcheinanderbrachte, befindet sich am anderen Ende der Welt in Alaska" (Universität Bern, 23.6.): https://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2020/medienmitteilungen_2020/raetsel_um_klimaschock_im_alten_rom_geloest/index_ger.html
Was verursachte den Kollaps der frühneolithischen Kitoi-Kultur vor ca. 6700 Jahren? "Wald dringt vor – die Menschen weichen" (DAI, 22.6.): https://www.dainst.blog/bridging-eurasia/wald-dringt-vor-die-menschen-weichen/
"Vege-trails: Diet in Bronze-Age Southern Poland was largely Vegetable" (Science in Poland, 21.6.): http://scienceinpoland.pap.pl/en/node/82764
"Le village carolingien de Saint-Don à Riom (Puy-de-Dôme). À Riom, l'Inrap a mis au jour les vestiges d'un village carolingien. Les maisons à demi enterrées, les outils, les séquelles d'activité et les traumatismes identifiés sur les squelettes évoquent une population de statut médiocre, esclaves ou serfs, au service d'un seigneur" (INRAP, 19.6.): https://www.inrap.fr/le-village-carolingien-de-saint-don-riom-puy-de-dome-15057
"Nécropole antique aux portes de Narbonne : Le geste funéraire à l’étude" (INRAP, 18.6.): https://www.inrap.fr/necropole-antique-aux-portes-de-narbonne-le-geste-funeraire-l-etude-15053
"Innovation by ancient farmers adds to biodiversity of the Amazon, study shows" (University of Exeter, 18.6.): https://www.exeter.ac.uk/news/research/title_801967_en.html
"Le camp de César devant Gergovie. Une fouille préventive conduite par l’Inrap a permis de retrouver une partie des ouvrages militaires romains édifiés au cours de l’été 52 (avant notre ère) pour la mise en siège de la ville fortifiée gauloise" (INRAP, 18.6.): https://www.inrap.fr/le-camp-de-cesar-devant-gergovie-15051
Sibirien: "Ein Neandertaler aus der Tschagyrskaja-Höhle" (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, 17.6.): https://www.mpg.de/14976213/0617-evan-019609-ein-neandertaler-aus-der-tschagyrskaja-hoehle
Newgrange: "First-degree incest: ancient genomes uncover Irish passage tomb dynastic elite" (Trinity College Dublin, 17.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/tcd-fia061520.php und "Incest uncovered at the elite prehistoric Newgrange monument in Ireland. The huge, elaborate, 5,000-year-old tomb at Newgrange, Ireland, is thought to have been built for a powerful elite. DNA of a man buried there reveals a case of incest. Was this a strategy to maintain a dynastic bloodline?" (Nature News, 17.6.): https://www.nature.com/articles/d41586-020-01655-4
Grotte de Cussac: "A mystery of great art and dead bodies. French cave provides clues to early social practices" (Cosmos, 17.6.): https://cosmosmagazine.com/history/archaeology/a-mystery-of-great-art-and-dead-bodies/
"Néandertal en Europe du nord durant le dernier interglaciaire : l'exemple de Caours (Somme)" (INRAP, 16.6.): https://www.inrap.fr/neandertal-en-europe-du-nord-durant-le-dernier-interglaciaire-l-exemple-de-15049
"Ancient girl Amazon warrior no older than 13 is confirmed by modern scientific techniques. Warrior’s grave found in 1988 was identified as male - yet now the 2,600-year-old teenager 'with wart on face’ is revealed to be female" (The Siberian Times, 16.6.): https://siberiantimes.com/science/casestudy/news/ancient-girl-amazon-warrior-no-older-than-13-is-confirmed-by-modern-scientific-techniques/
"Seafood helped prehistoric people migrate out of Africa, study reveals. Prehistoric pioneers could have relied on shellfish to sustain them as they followed migratory routes out of Africa during times of drought, a new study suggests" (University of York, 16.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/uoy-shp061620.php
Eberdingen-Hochdorf: "Historisches Superfood: Grünkern wussten schon die Kelten zu schätzen. Bislang ältester Grünkernfund: Forschung der Uni Hohenheim weist erstmals nach, dass es sich bei Funden aus Keltensiedlung von Hochdorf um bis heute beliebte Speise handelt" (Universität Hohenheim, 16.6.): https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=48353&cHash=3f2ca6c9797140d221b098d624c31941
"Entdeckung der ältesten Pfeil-und Bogentechnologie in Eurasien. Neue archäologische Forschung belegt bislang älteste Projektiltechnologie in den tropischen Regenwäldern Sri Lankas" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 12.6.): https://www.shh.mpg.de/1725788/bow-and-arrrow-roberts
"Reindeer were domesticated much earlier than previously thought, new study suggests. Archeological evidence from northern Siberia indicates harnesses may have been used to train reindeer to pull sleds 2,000 years ago" (Folio, 12.6.): https://www.folio.ca/reindeer-were-domesticated-much-earlier-than-previously-thought-new-study-suggests/
"Mischung und Migration brachten Ackerbau und Viehzucht nach Subsahara-Afrika. Alte DNA dokumentiert den Bevölkerungswandel von Jäger-Sammlern hin zu Hirten und Bauern in Zentral- und Ostafrika von der Jungsteinzeit bis zur Eisenzeit" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 12.6.): https://www.shh.mpg.de/1726546/african-genomes
"Nouvelle fouille de la tombe de Vix : derniers résultats" (INRAP, 11.6.): https://www.inrap.fr/nouvelle-fouille-de-la-tombe-de-vix-derniers-resultats-15043
"Tropenkrankheit im mittelalterlichen Europa. DNA-Analysen an Pesttoten aus einem mittelalterlichen Massengrab in Litauen identifizieren eine an Frambösie erkrankte Frau – eine Krankheit, welche heute nur noch in den Tropen auftritt" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 11.6.): https://www.shh.mpg.de/1722265/tropical-disease-in-medieval-europe
"7000 ans d’histoire du peuplement de l’actuelle France vus par la paléogénomique" (INRAP, 11.6.): https://www.inrap.fr/7000-ans-d-histoire-du-peuplement-de-l-actuelle-france-vus-par-la-paleogenomique-15042
13.500 Jahre alt: "Archaeologists Discover Ancient Bird Figurine in China" (Courthouse News, 10.6.): https://www.courthousenews.com/archaeologists-discover-ancient-bird-figurine-in-china/
Dûmat al-Jandal: "6th millennium BC structure discovered in Saudi Arabia" (Phys.org, 9.6.): https://phys.org/news/2020-06-6th-millennium-bc-saudi-arabia.html
Falerii Novi: "Bodenradar offenbart komplette antike Stadt" (BR, 9.6.): https://www.br.de/nachrichten/wissen/komplette-stadt-aus-dem-roemischen-reich-ohne-graben-offenbart,S0ws9Wi
"Unersetzliche Kulturgüter dauerhaft gegen Rost geschützt. Stuttgarter Wissenschaftler testeten Entsalzungsmethoden" (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 9.6.): https://www.dbu.de/123artikel38674_2442.html
"Discovering the prehistoric monuments of Arabia" (CNRS, 8.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/c-dtp060520.php
Eisenzeit: "Historische Entdeckung in Beelitz. Archäologen finden Scherben, Kohle und Knochenreste auf Landesgartenschaugelände" (Märkische Allgemeine, 7.6.): https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Beelitz/Archaeologische-Funde-auf-dem-Gelaende-der-Landesgartenschau-in-Beelitz
"DNA increases our understanding of contact between Stone Age cultures" (Uppsala University, 5.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/uu-dio060520.php
Mittelalter: "Archéologie au cœur de Sevrey (Saône-et-Loire)" (INRAP, 4.6.): https://www.inrap.fr/archeologie-au-coeur-de-sevrey-saone-et-loire-15036
"Beneath the Euphrates Sediments: Magnetic Traces of the Mesopotamian Megacity Uruk-Warka" (The Ancient Near East Today, 4.6.): http://www.asor.org/anetoday/2020/06/euphrates-sediments
"A Calendar in Stone: Hittite Yazılıkaya" (The Ancient Near East Today, 4.6.): http://www.asor.org/anetoday/2020/05/calendar-in-stone
"Donkeys, Domestication and Early Bronze Age Society" (The Ancient Near East Today, 4.6.): http://www.asor.org/anetoday/2020/05/donkey-domestication
"'Unparalleled' discovery of ancient skeletons sheds light on mystery of when people started eating maize" (University of Exeter, 3.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/uoe-do060220.php
"Pinpointing the origins of Jerusalem's Temple Mount" (PLOS, 3.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/p-pto052720.php
"Piecing together the Dead Sea Scrolls with DNA evidence" (Cell Press, 2.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/cp-ptt052820.php
"Doubts about the Nerja cave art having been done by Neanderthals" (University of Córdoba, 2.6.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-06/uoc-dat060220.php
Ness of Brodgar (Orkney Mainland): "Evidence of woven textiles confirmed at the Ness" (1.6.): https://www.nessofbrodgar.co.uk/new-evidence-confirms-the-presence-of-textiles-at-the-ness/
Mongolei: "Perfectly preserved wooden saddle is nearly 1700 years old" (Horse Talk, 31.5.): https://www.horsetalk.co.nz/2020/05/31/perfectly-preserved-wooden-saddle-1700-years-old/
"Vermehrte Interaktionen zwischen jungsteinzeitlichen Einwanderern und Jäger-Sammlern in Westeuropa" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 29.5.): https://www.shh.mpg.de/1713195/haak-french-dna
"Una ocupación magdaleniense en el interior del complejo de cuevas de Atxurra-Armiña" (Arkeobasque, 29.5.): https://arkeobasque.wordpress.com/2020/05/29/una-ocupacion-magdaleniense-en-el-interior-del-complejo-de-cuevas-de-atxurra-armina/
Edøya: "Second Viking Ship Grave Found on Tiny Norwegian Island" (Life in Norway, 28.5.): https://www.lifeinnorway.net/second-viking-ship-grave-found-on-tiny-norwegian-island/
"A biblical-era Israeli shrine shows signs of the earliest ritual use of marijuana" (Science News, 28.5.): https://www.sciencenews.org/article/bible-era-israel-shrine-earliest-ritual-use-marijuana
"Archaeologists Find Roman Iron Age Board Game in Norway" (Life in Norway, 26.5.): https://www.lifeinnorway.net/archaeologists-find-roman-iron-age-board-game-in-norway/
3.3 Die 14C-Datierung der protogeometrischen und geometrischen Perioden in Griechenland: Die neuen Befunde aus der Siedlung von Sindos
Seit mehr als hundert Jahren basiert unser Verständnis der mittelmeerischen wie auch der mittel- und nordeuropäischen Kulturen der frühen Eisenzeit auf Periodisierungs- bzw. Chronologiesystemen, die mehr oder weniger mit der griechischen Chronologie korreliert und verknüpft wurden. Das konventionelle griechische Periodisierungssystem der Früheisenzeit, das vor hundert Jahren entstand, basierte auf wenigen – heute als problematisch betrachteten – historischen Daten in der Levante und viel archäologischer Intuition. Jetzt legen die in PLoS ONE publizierten Ergebnisse einer Untersuchung von Stefanos Gimatzidis (Österreichisches Archäologisches Institut) und Bernhard Weninger (Universität Köln) eine radikale Revision der griechischen Chronologie vor. Diese könnte Auswirkung auf die Wahrnehmung der Geschichte des Mittelmeers wie auch des kontinentalen Europas haben. Ein Ziel des von Stefanos Gimatzidis geleiteten und vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanzierten Projekts "Tod und Bestattung zwischen Ägäis und Balkan" ist, die griechischen und die damit verknüpften mittelmeerischen und kontinentaleuropäischen Chronologiesysteme erstmals durch moderne wissenschaftliche Methoden zu kontrollieren. Um die griechische Chronologie zu untersuchen, wurde eine lange Reihe von präzisen AMS-Radiokarbondaten aus kurzlebigen Probematerialien erstellt, die aus gut datierbaren Kontexten aus der Siedlung von Sindos in Nordgriechenland stammen. Dank der langen und kontinuierlichen Schichtenabfolge - die es in den griechischen Siedlungen der Zentral- bzw. Südägäis nicht gibt - sowie auch der vollständigen statistischen Analyse der Keramik ermöglichte Sindos eine zuverlässige statistische Modellierung der Radiokarbondaten durch Bernhard Weninger. Der Newsletter-Redaktion sagte Erstautor Gimatzidis: "Die Befunde der Untersuchung des Österreichischen Archäologischen Instituts sind eine große Überraschung, da sie auf eine deutliche Erhöhung der konventionellen Chronologie hindeuten. Einzelne chronologische Phasen sollen anhand der neuen Analysen 50 bis 100 Jahren früher datiert werden. Damit muss der Übergang von der Spätbronzezeit zur Früheisenzeit ins 12. Jahrhundert v. Chr. verschoben werden. Die regelmäßige Abfolge der Radiokarbondaten, die der stratigraphischen Sequenz gleichmäßig entspricht, deutet auf die Beständigkeit nicht nur der Stratigraphie, sondern auch der erworbenen Daten." Die Forschungsergebnisse wirken sich auf das Verständnis und die Datierung wichtiger historischer Ereignisse aus, wie z. B. die Einführung der Eisentechnologie in Griechenland, die Verbreitung des Alphabets oder des Symposiums in Griechenland und Italien, die Schaffung der homerischen Epen, sowie auch den Beginn der griechischen Kolonisation, die gleichzeitig mit der phönizischen Expansion die Globalisierung rund ums Mittelmeer verstärkte. Die Autoren planen zur Prüfung und Untermauerung ihrer Ergebnisse weitere Analysen in Ephesos (Türkei) und Sidon (Libanon).
Gimatzidis, S. & Weninger, B. (2020). Radiocarbon dating the Greek Protogeometric and Geometric periods: The evidence of Sindos. PLoS ONE 15(5): e0232906. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0232906
Website des Projekts "Tod und Bestattung zwischen Ägäis und Balkan": https://www.oeaw.ac.at/oeai/forschung/anthropologie-und-nekropolenforschung/aegaeis-und-balkan-tod-und-bestattung/
3.4 Wie können wiss. Techniken und theoretische Ansätze kombiniert werden, um Forschungsfragen in der Archäologie zu untersuchen?
Innerhalb der Archäologie besteht immer noch eine gewisse erkenntnistheoretische Trennung zwischen "zwei Kulturen", wobei Wissenschaft und Theorie häufig nur unzureichend in archäologische Studien integriert sind. So beschrieben es die Organisatoren der Session "Integrating Theory and Science in Archaeology" auf der 40. TAG-Konferenz vom Dezember 2018. Während wir die dritte wissenschaftliche Revolution der Archäologie erlebten, die hauptsächlich auf die zunehmende Anwendung biomolekularer Methoden zurückzuführen sei, werde die theoretische Kraft wissenschaftlicher und technologischer Daten immer deutlicher. Daher sei es jetzt wichtig, dass sich der Theoretiker mit wissenschaftlichen und technologischen Ansätzen und der Wissenschaftler mit theoretischen Rahmenbedingungen befasst. In der Session wurde diskutiert, wie verschiedene wissenschaftliche Techniken und theoretische Ansätze kombiniert werden können. Zwölf Vortragsvideos mitsamt Folien hat jetzt Doug Rocks MacQueen öffentlich zugänglich gemacht.
"Integrating Theory and Science in Archaeology" (Doug's Archaeology, 10.6.): https://dougsarchaeology.wordpress.com/2020/06/10/integrating-theory-and-science-in-archaeology/
3.5 Nordwestschweiz bot im späten Jungpaläolithikum eine sehr diverse Landschaft
Eine internationale Forschergruppe hat die Faunenreste aus jungpaläolithischen Stationen in der Nordwestschweiz hinsichtlich der 13C-, 15N- und 34S-Isotopen untersucht und neue 14C-Datierungen vorgenommen. Dadurch war es möglich, die im Spätglazial gerade wieder eisfrei gewordenen Landschaften zu studieren. Anhand der 34S-Isotopie lassen sich Lebensräume unterscheiden, die bereits zuvor eisfrei waren und solche, die erst mit der Wiedererwärmung eisfrei wurden. Die neuen Daten zeigen, dass der Rückzug der alpinen Vereisung schnell erfolgte und dass die von Menschen genutzten Landschaften sehr divers waren.
Reade, H. et al., (2020). Deglacial landscapes and the Late Upper Palaeolithic of Switzerland. Quaternary Science Reviews. Volume 239, 1 July 2020, 106372: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0277379120303346?dgcid=coauthor (Open Access nur bis ca. 20. Juli)
3.6 Aguada Fénix: Hinweise auf schnelle Entwicklung der Maya-Kultur und hohe Bedeutung gemeinschaftlicher Arbeit
Die Maya-Kultur hat sich vielleicht schneller entwickelt, als Archäologen bisher dachten. Hinweise darauf bietet die 2017 entdeckte Fundstelle "Aguada Fénix" im mexikanischen Bundesstaat Tabasco, über die jetzt in "Nature" ein Bericht publiziert wurde. Ihre ältesten Funde sind 3.200 Jahre alt. Besonders auffällig ist ein von 1000-800 BC künstlich aufgeschüttetes, rechteckiges Plateau, das mehr als 1,4 Kilometer lang und 400 Meter breit ist; es überragt das umliegende Flachland um 10-15 Meter.
Inomata, T., Triadan, D., Vázquez López, V.A. et al. Monumental architecture at Aguada Fénix and the rise of Maya civilization. Nature (2020). https://doi.org/10.1038/s41586-020-2343-4
"Mexiko Forscher entdecken älteste und größte Monumentalanlage der Maya" (Spiegel, 3.6.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/mexiko-forscher-entdecken-aelteste-und-groesste-monumentalanlage-der-maya-a-f33c5aa7-f559-47ce-a0d8-763aa87adc17
"Largest, Oldest Maya Monument Suggests Importance of Communal Work" (The University of Arizona, 3.6.): https://uanews.arizona.edu/story/largest-oldest-maya-monument-suggests-importance-communal-work
3.7 Spätmesolithikum an den Küsten Südskandinaviens
In seinem im Juni erschienenen Aufsatz beleuchtet der Landschafts- und Meeresarchäologe Ole Grøn (Univ. Kopenhagen) die Lage der mesolithischen Bestattungen in den Küstenregionen Südskandinaviens. Ausgehend von ethnografischen Beobachtungen opponiert er gegen die klassische Lesweise, dass Gräber die Lage einer nahen Siedlung anzeigten. Das Gegenteil sei der Fall, wie er dann an einem Lage-Vergleich von Siedlungen und Gräbern in Bezug auf Fjorde und Gewässer aufzeigt. Die Gräber liegen s. E. fern der Siedlungen, sie sind eines der Elemente, mit denen die mesolithischen Gruppen ihr Revier, ihre Ansprüche auf Land und aquatische Ressourcen festlegen und demonstrieren. Gräber als Anzeiger von Grenzlagen also.
Grøn, O. (2020). Late Mesolithic marine territoriality in coastal southern Scandinavia. Archäologische Informationen 42, Early View, published online 2 June 2020. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Groen.pdf
Suppl. Mat.: Distance relations of the graves to the open sea and to the max. depth of the inlet/fjord/sound. Open data to fig. 5. https://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Groen_SupplMat_1_distance-relation-graves.xlsx
Suppl. Mat.: Distance relations of the settlements to the open sea and to the max. depth of the inlet/fjord/sound. Open data to fig. 5. https://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Groen_SupplMat_2_distance-relation-settlements.xlsx
3.8 Riesiger spätneolitischer Grubenkreis nahe Stonehenge entdeckt
Bei geomagnetischen Prospektionen im Umfeld des Henges von Durrington Walls, einem ca. 10 Hektar großen Erdwerk des 3. Jt. v. Chr. in gut 3 km Entfernung zu Stonehenge, sind große, regelmäßige Anomalien entdeckt worden. Nach Bohrsondagen handelt es sich bei diesen Anomalien um etwa 20 m große und mindestens 5 m tiefe Gruben, nach ersten 14C-Daten aus dem Endneolithikum. Die Gruben formen einen regelmäßigen Kreis von etwas mehr als 2 km Durchmesser, in dessen geometrischer Mitte Durrington Walls liegt.
Gaffney, V. et al. (2020). A Massive, Late Neolithic Pit Structure associated with Durrington Walls Henge. Internet Archaeology, 55 (21.6.2020): https://doi.org/10.11141/ia.55.4: https://intarch.ac.uk/journal/issue55/4/index.html
"Stonehenge: Neolithic monument found near sacred site" (BBC, 22.6.): https://www.bbc.com/news/uk-england-wiltshire-53132567
3.9 Landschaft und Archäologie: Vortragsvideos von der 40. TAG-Konferenz online
Die Idee der Landschaft wurde in der Archäologie Jahrzehnte lang intensiv debattiert. Heute gilt die Erforschung von Landschaft als interdisziplinäres Feld innerhalb der Archäologie, das Konzepte und Methoden aus einer Vielzahl anderer Disziplinen zusammenbringt, sei es Geomorphologie, Ökologie, Kulturgeographie oder sogar die Kunst. In einer Session auf der 40. TAG-Konferenz vom Dezember 2018, deren vier Vortragsvideos mitsamt Folien jetzt Doug Rocks MacQueen öffentlich zugänglich gemacht hat, wurden anhand von Fallstudien die vielen Möglichkeiten zur Interpretation und Verwendung des Landschaftskonzepts untersucht. Beispielsweise sprach Jan Kolen über die Frage: "Do Landscapes Move?" und Maria Chountasi über "Ritual performances and Topoanalysis of a Minoan peak sanctuary in Crete".
"The Creation, Contestation and Transformation of Landscape" (Doug's Archaeology, 12.6.): https://dougsarchaeology.wordpress.com/2020/06/12/the-creation-contestation-and-transformation-of-landscape/
3.10 Nationale Forschungsdateninfrastruktur: Erste NFDIs bewilligt, u. a. NFDI4culture
Die "Gemeinsame Wissenschaftskonferenz" (GWK) von Bund und Ländern hat am 26.6. auf Basis einer Förderempfehlung der DFG das Projekt "Nationale Forschungsdateninfrastruktur" (NFDI) förmlich gegründet und die ersten neun NFDI-Konsortien bewilligt. Darunter auch "NFDI4culture", jenes Konsortium, zu dem sich mit Ausnahme der Archäologie (aber inkl. der SPK) sehr viele historisch orientierte Kulturwissenschaften zusammengefunden haben, u. a. die Geschichtswissenschaften, die Kunstgeschichte, die Landesdenkmalpflege, der Bereich relevanter Bibliotheken, Fachinformationsdienste und Archive sowie die Themen Tanz, Theater und Musik. Die Archäologie geht mit NFDI4objects einen eigenen Weg und wird ihr NFDI-Konsortium erst in der zweiten Staffel zum 30.9. beantragen.
"Förderung von neun Konsortien der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) beschlossen" (Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, 26.6.): https://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Pressemitteilungen/pm2020-04.pdf
4 Archäoinformatik
4.1 GIS-Analysen mit "R"?
Wer sich in der Archäologie mit Mensch-Umwelt-Beziehungen und Landschaftsanalyen beschäftigt oder es zu tun plant, bedarf eines geeigneten Software-Werkzeugs. Im Laufe der Jahre, an deren Beginn auch Tools wie z. B. MapInfo oder Idrisi gerne eingesetzt wurden, haben sich heute zwei Marktführer als Standard durchgesetzt: das proprietäre, mächtige GIS-Programm ArcGIS (ESRI) und als Alternative QGIS, das Open-Source-Projekt. Letzteres, kostenlos, erfreut sich in der Archäologie auch deshalb zunehmender Beliebtheit, weil es genutzt - manche sagen: missbraucht - werden kann, um Pläne und Karten zu zeichnen, die man "eigentlich" und wohl auch geschmeidiger mit AutoCAD zeichnen würde, das aber für ziemlich hohe Lizenzkosten bekannt ist. Bislang weniger bemerkt wurde, dass die freie Statistik-Software "R" sukzessive an Kartier-Funktionen hinzugewinnt und GIS-Analysen erlaubt. *Das* Hand- und Lehrbuch dazu ist derzeit "Geocomputation with R" von Lovelace, Nowosad & Muenchow. Kürzer und Kompakter ist ein Tutorial von Moreno & Basille (2018), das aber mit "R" durchgearbeitet werden will. Wer jedoch erst einmal reinschnuppern möchte, um zu sehen, was geht und was (noch) nicht geht, findet dank Nowosad & Hesselbarth eine gute Vorstellung der aktuellen Möglichkeiten: zwei Videos und/oder Vortragsslides, die anlässlich einer Jahrestagung im Mai 2020 entstanden. In Summe 75 Minuten, nach denen man gut einschätzen kann, ob GIS mit "R" statt QGIS ein für die persönlichen Bedürfnisse und Fragestellungen geeigneter Einstiegspunkt ist. Eindruck des Newsletter-Autor: wenn vorwiegend mit fertigen, vorhandenen Kartengrundlagen gearbeitet werden kann und anschließend eh die (statistische) Datenanalyse im Vordergrund steht, ist der Weg mit "R" erwägenswert.
Robin Lovelace, Jakub Nowosad & Jannes Muenchow (2020). Geocomputation with R. Printed ed.: CRC Press 2019; Open Access: https://geocompr.robinlovelace.net/
Mel Moreno & Mathieu Basille: "Drawing beautiful maps programmatically with R, sf and ggplot2" (r-spatial, 25.20.2018): https://www.r-spatial.org/r/2018/10/25/ggplot2-sf.html
"Introduction to landscape ecology with R: Part 1" (Jakub Nowosad, 26.5.; 41 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=dCTOGDnDuvM
"Introduction to landscape ecology with R: Part 2" (Jakub Nowosad, 26.5.; Video, 32 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=jtAxJ-S89qI
Jakub Nowosad & Maxilimial H. K. Hesselbarth: "Introduction to landscape ecology with R. Slides presented at the IALE-North America 2020 Annual Meeting, 14.5.2020" (GitHub): https://r-spatialecology.github.io/ialena-2020/#1
4.2 Aus Punktinformationen Trendflächen interpolieren mit "R"
Lagebekannte punktuelle Informationen z. B. von Messwerten, Häufigkeiten o. ä. so interpolieren, dass sich gut deutbare flächenhafte Darstellungen der Konzentrationen und Trends ergeben - das ist eine häufige Anforderung in der Archäologie. Ein Blogpost des Geowissenschaftlers Sören Wilke erklärt kurz, kochbuchartig und in vier Schritten, wie das geht: (1) Man nehme Punktdaten, (2) baue ein passendes Gitternetz, (3) schaffe ein Modell und (4) interpoliere. Als Beispiel dienen ihm 64 Ammoniak-Konzentrationswerte aus einem Rieselfeld bei Berlin. Zu jedem Schritt werden die nötigen R-Pakete genannt, der R-Code dazu gepackt: kann man nachkochen. Die klassischen Interpolationsmodelle werden genannt und vorgeführt, wie z. B. Nearest Neighbour, Inverse Distance Weighting, Kriging u. a. und die Ergebnisse vorgeführt. Dazu am Ende noch ein paar weiterführende Hinweise. Dank an den Autor!
Sören Wilke: "A practical guide to geospatial interpolation with R" (6.6.): https://swilke-geoscience.net/post/spatial_interpolation/
4.3 Ärr-plüs-plüs: Statistik mit "R" - bunt, zum Klicken & französisch
Vor zwei Jahren tauchten die ersten Videos bei YouTube auf: Man programmiere eine Point-and-Click-Benutzeroberfläche für das Statistikpaket "R", die das Arbeiten mit vielen Automatismen vereinfache. Kurze, sympathische und neugierig machende Videos auf Französisch oder wahlweise nicht ganz akzentfreiem Englisch, samt lustigem Rhinozeros als Logo. Wer suchte, fand eine einschlägige Website zu "R++" (oder "Rplusplus"), welche selbstbewusst untertitelte "the next step", einen Durchbruch der Mensch-Maschine-Interaktion ankündigte und das Erscheinen dieser Software für Ende 2018, dann für März 2020. Und auch bei Twitter, Facebook und LinkedIn war das Projekt greifbar. Seit Mitte Juni 2020 ist das Vorhaben nun plötzlich verfügbar, wenn auch etwas anders als erwartet: Die bisherige Parallelspurigkeit der Website in französischer und englischer Sprache wurde zu Gunsten einer rein französischen Fassung aufgegeben. Die frühen Ankündigungen von R++ hinsichtlich der Lizensierung konnte man so verstehen, dass es wie z. B. bei RStudio oder BlueSky gedacht sei: Open Access für Alle, doch wer Beratung oder Hosting benötigt, zahlt. Nun gibt es zum Start eine Gratisversion für Studierende und Universitäten auf 12 Monate, alle übrigen zahlen eine erkleckliche jährliche Lizenzgebühr. Na egal, der Newsletter-Autor ist ja Universitätsangehöriger: also angemeldet, Zugang bestellt. Einen Arbeitstag später trudelte der Lizenzcode ein. Es gibt Versionen für Windows und für MAC. Runterladen und Installieren: problemlos. Lizenznummer eintippen: geht nicht, sondern nur das Übertragen derselben mit Copy & Paste - wenn man's weiß, sehr bequem. Erster Start: seeehr langsam, aber echt nur beim ersten Start. Und dann genau wie in den Videos: frisch, bunt, fröhlich machend, problemloses Einlesen externer Datensätze (viele Formate möglich, auch ODBC und MySQL möglich), dann ohne Handbuch los-klickend mit etwas Try & Error Ergebnisse gewinnen. Macht Spaß, und meist ist die Bedienung noch simpler, als man es erwartet. Einerseits: entgegen der ersten Ankündigungen spricht auch die Benutzeroberfläche derzeit ausschließlich Französisch. Andererseits: sehr vieles ist selbsterklärend, zudem lässt sich so das - sagen wir mal - etwas korrodierte Fachfranzösisch Statistik wieder auffrischen. Was nach 45 Minuten erlernt war: Sortieren und Filtern gelingen geschmeidig, die Standardgrafiken ebenso, grundlegende statistische Tests stehen zur Verfügung, sodann lineare Regression und ANOVA. Hinter "Éditeur graphique" verbirgt sich eine schnell und wirklich gute funktionierende Oberfläche zum Anpassen der Standardgraphiken: Schrift, Beschriftung, Farben, Skalierung etc. lassen sich gut steuern, zudem ist direktes Hineinschreiben und -zeichnen in die Graphik möglich: sehr angenehm. Der grundlegende Graphik-Stil ist ein schick gemachtes R Base, nicht ggplot2. Mutig bei "Scripts beta" nachgeschaut: der R-Code der laufenden Sitzung wird protokolliert (aber leider nicht ganz), man kann in das Protokoll hinein skripten und sogar die R-Console einspiegeln, die auch funktioniert [z. Zt. werkelt im Hintergrund R 3.6.3, nicht das aktuelle R 4.0.0]. Vieles macht einfach Freude und ist auch didaktisch sehr anschaulich, wie z. B. die Auswahl der verschiedenen Kerne und der Kernweite bei der Schätzung der empirischen Dichtefunktion. Klar, jetzt kommt ein "aber": Der der Benutzeroberfläche derzeit mitgegebene Funktionsumfang ist noch sehr schlank, multivariate Verfahren fehlen gänzlich, d. h. bei ernsthaftem Arbeiten wird man schnell mehr Funktionen / Verfahren brauchen als derzeit verfügbar. Wer also aktuell "R" mit graphischer Benutzeroberfläche braucht, kommt inhaltlich z. B. mit dem etwas altbacken-langweilig aussehenden BlueSky (viel) weiter. Aber R++ ist eindeutig schöner. Daher: unbedingt im Auge behalten und dem Projekt die Daumen drücken, dass es sich zügig und gut weiterentwickelt. Bonne chance!
R++ bei YouTube: https://www.youtube.com/channel/UC3D79-iSkciduLFKmZAugXw/videos
Website: https://rplusplus.com/
4.4 Grundlegende statistische Graphiken mit "R Shiny", ohne dass man's je gelernt hat
Der Münchner Kunstgeschichtler, Open-Access- und Digital-Humanities-Pionier Hubertus Kohle entlässt sein nächstes Projekt in die Öffentlichkeit: "MAX". Das von Stefanie Schneider programmierte Online-Tool soll Kunstgeschichtler und Museumsmenschen dazu ermuntern, Sammlungsdatenbanken nicht nur anzulegen, sondern sie auch zu nutzen und zu analysieren: Wie viele Bilder aus der Zeit 1881-1914 hat die Sammlung, in wie vielen Bildern dominiert die Farbe Blau, usw.? Dazu dient die Oberfläche MAX, die zum Einarbeiten einige große Inventare bereithält, u. a. das der Münchner Pinakothek oder des Rijksmuseums Amsterdam. Aber: irgendwie nicht das Ding des Newsletter-Autors, selbst zum Testen fallen ihm kaum sinnvolle Fragestellungen ein - die aber in zugehörigen Tutorials vermittelt werden. Doch MAX erlaubt auch das Einlesen eigener Daten (csv-Dateien). Das entsprechende Feld lautet zwar "Museum importieren", doch - so getestet - die Oberfläche merkt nicht, wenn man statt eines Museums z. B. die Merkmale von Münzen aus studentischen Geldbörsen einläse. Import klappt wunderbar zuverlässig. Sodann bietet MAX zwei nachfolgende Bedienflächen: "Preprocessing" und "Visualisierung". Unter Preprocessing lässt sich der Datenbestand filtern, wobei die Kombination von mehreren Filtern möglich ist. Funktioniert ohne langen Lern- und Experimentieraufwand selbsterklärend und zuverlässig. Anschließend kann man die Daten unter "Visualisierung" in statistischen Grafiken darstellen lassen, wobei das Meiste inklusive der Auswahl des Grafiktyps je nach Datenlage automatisch geschieht. Gezeichnet werden - jedenfalls aus den Daten der Testerin - bedarfsweise Histogramme/Balkendigramme, Boxplots und Streuungsdiagramme. Die Klassenweite kann gesetzt werden, die Beschriftung und Skalierung der Achsen angepasst. Viel mehr geht nicht. Aber was geht, geschieht spielerisch und elegant! Im Hintergrund werkelt unverkennbar eine Applikation auf Basis von R Shiny. Also: nutzbar auch für Daten z. B. aus der Archäologie; nutzbar für Menschen, die ein paar Grafiken brauchen, denen aber andere Dinge wichtiger sind als Statistik(programme) zu lernen; ergibt zuverlässig die genannten Grafiken, inkl. Export nach *.png und *.jpg. Vor allem aber eine Anregung an Lehrende, die längst wissen, was R Shiny ist, aber bislang lieber "klassisch" arbeiten, diesem Tool doch mal etwas Zeit zuzuwenden. Wie schön und spielerisch leicht ließen sich dermaßen vorbereitet auch spröde archäologische Themen wie z. B. die Merkmalanalyse neolithischer Silices an Studierende vermitteln - und damit auch breiter in der Forschung verankern!
Website: https://www.max.gwi.uni-muenchen.de/
Stefanie Schneider: "Museum Analytics: Museale Sammlungen neu und anders entdecken." Museumskunde 84, 2019: https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2020/04/final-schneider.pdf
4.5 MapTiler, QuickMapServices, XYZ-Tiles - QGIS-Hintergrundkarten in allen Geschmacksrichtungen
Will man auch nur "mal schnell" etwas auskartieren - egal, ob die Fundortkoordinaten aller Fibeln vom Typ Almgren 45 oder die eigene Grabung in Relation zu den umliegenden Einkaufsmöglichkeiten kühler kohlensäurehaltiger Getränke -, immer benötigt man irgendeine Form der Kartengrundlage. Sei es ein Google-Satellitenbild, sei es eine OpenStreetMap-Karte. Nackt und ohne Kontext ist mit den schönsten Geodaten wenig anzufangen. Aber wer (vernünftigerweise) QGIS als Geographisches Informationssystem seiner Wahl verwendet, hat da ziemlich gute (Hintergrund-)Karten: Ganz neu auf dem heiß umkämpften Markt kostenloser Basiskarten ist die QGIS-Erweiterung MapTiler. MapTiler ist zwar kostenfrei, aber registrierungspflichtig - erst mit einem Freischalt-Key nach erfolgreicher Anmeldung funktioniert das Ganze. Dann aber schnell und unproblematisch - im QGIS-Browser werden sieben verschieden gestylte OpenStreetMap-Layer angeboten, dazu ein Satellitenbild-Layer. Das alleine ist noch keine Meldung wert. Jetzt also der Clou: Die Karten können nicht nur so verwendet werden, wie sie sind, sondern umfangreich selber umgestylt und auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Super - und das ist erst die Spitze des Eisbergs von dem, was MapTiler kann (die Basis des Eisbergs ist dann aber irgendwann nicht mehr so ganz kostenfrei)! Das allerdings nach wie vor größte (und erschlagendste) Angebot haben aber noch immer die auch im DGUF-Newsletter bereits gelobte Erweiterung QuickMapServices - "von OpenStreetMap bis Google, vom ASTER-Höhenmodell bis hin zu ukrainischen Katasterdaten" hieß es vor zwei Jahren (DGUF-Newsletter vom 9.3.2018 Punkt 10.1.). Und inzwischen sind die QuickMapServices natürlich auch längst auf QGIS 3 portiert ... Nicht vergessen: Unter "Settings" unbedingt "More services" aktivieren, für das volle Programm! Und für Alle, die jetzt berechtigterweise darauf hinweisen, dass man für die ganzen Online-Services ja dauernd online sein muss, was in verschiedenen Gegenden Deutschlands und der Welt ja durchaus mal ein Problem sein kann - bitte die XYZ-Tiles anschauen, die kann man auch offline verfügbar machen (nachdem man die Daten natürlich erst mal runterladen muss, logo)!
Website zur QGIS-Erweiterung MapTiler: https://www.maptiler.com/qgis-plugin/?utm_source=blogpost&utm_medium=product&utm_campaign=qgis-plugin
Blogpost zum QGIS-Plug-In: https://www.maptiler.com/news/2020/06/say-hello-to-the-new-qgis-plugin/
Blogpost zu MapTiler: https://geoobserver.wordpress.com/2020/06/23/qgis-tipp-hintergrundkarten-mit-maptiler-vectortiles/
Sammlung von Blogposts zum Thema QGIS-Hintergrundkarten: https://geoobserver.wordpress.com/?s=hintergrundkarten&submit=Suchen
Website der QuickMapServices: https://plugins.qgis.org/plugins/quick_map_services/
Blogpost zu den XYZ-Tiles: https://geoobserver.wordpress.com/2019/05/27/qgis-tipp-offline-dank-xyz-tiles/
4.6 R-Paket "ChronochRt" zum Zeichnen von Chronologietabellen
Das 2019 auf der CAA-Tagung in Wilhelmshaven erstmals fachöffentlich vorgestellte Projekt "ChronochRt" wurde Mitte Juni nun auf GitLab veröffentlicht. Das R-Paket hilft beim Zeichnen von (ggf. auch mehrspaltigen / synoptischen) publikationsfertigen Chronologietabellen. Die erforderlichen Daten können entweder als (Excel-)Tabelle eingelesen oder direkt in R eingegeben werden. Das fertige Ergebnis kann in den gängigen Raster- und Vektorgrafikformaten ausgegeben werden. Individuelle Gestaltungsbedürfnisse sind umsetzbar, wie z. B. die Vorgabe von Farben, Schriftgrößen usw., oder das Inkludieren zusätzlicher Anmerkungen (z. B. wichtige Ereignisse). Wem das nicht reicht, dem stehen via dem bekannten R-Graphikpaket "ggplot2" weitere Möglichkeiten für eine maßgeschneiderte Darstellung zur Verfügung. Auch "unsichere Phasengrenzen" und "Übergange" sind bei ChronochRt mitgedacht und möglich. Eine umfangreiche Dokumentation und ein Cheatsheet ermöglichen dabei auch R-Neulingen den Einstieg. Die Entwickler freuen sich sehr über Rückmeldungen und Vorschläge zur Erweiterung. Die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" haben das Paket auf die Angebotsliste der Software-Rezensionen gesetzt und freuen sich über Bewerbungen.
ChronochRt auf GitLab: https://gitlab.com/roset/chronochrt
Handreichung zur Rezensionsrubrik Archäoinformatik in den Archäologischen Informationen: https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/DGUF-Dok_ArchInf_Rezensionsrubrik-Archaeoinformatik.pdf
5 Kulturgutschutz
5.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Denkmal und Debatte: Wenn Statuen enthauptet werden" (Süddeutsche, 25.6.): https://www.sueddeutsche.de/kultur/berlin-statue-walter-benjamin-platz-1.4946177
"'We are facing extermination': Brazil losing a generation of indigenous leaders to Covid-19. Coronavirus has swept through tribes, killing elders – and inflicting irreparable damage on tribal history, culture and medicine" (The Guardian, 21.6.): https://www.theguardian.com/global-development/2020/jun/21/brazil-losing-generation-indigenous-leaders-covid-19
"Statement on the destruction of Juukan Gorge Indigenous site of Western Australia" (World Archaeological Congress, 10.6.): https://worldarch.org/blog/statement-on-the-destruction-of-juukan-gorge-indigenous-site-of-western-australia/
"Greece opens underwater archaeological sites to scuba divers" (The Greek Herald, 4.6.): https://greekherald.com.au/post/greece-opens-underwater-archaeological-sites-to-scuba-divers/
"Is Celebrity Attention Helping or Hurting Amazonian Peoples? As stars around the world petition Brazilian President Jair Bolsonaro to protect Indigenous peoples from the COVID-19 pandemic, anthropologists debate whether the call for action reproduces longstanding racist claims" (Sapiens, 3.6.): https://www.sapiens.org/culture/covid-amazon/
"'Ein ziemlich tödliches Problem.' Vor einem Monat warnten Prominente auf der ganzen Welt vor einem Genozid an den indigenen Amazonasbewohnern. Wie hat sich die Situation entwickelt? Und welche Schritte sind jetzt nötig? Wir haben die Forscherin Sofia Mendonça gefragt" (FAZ, 31.5.): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/amazonasforscherin-im-gespraech-ein-ziemlich-toedliches-problem-16784290.html
5.2 Facebook tritt dem illegalen Handel mit Antiken auf den Plattformen Facebook und Instagram entgegen
Facebook hat den Handel mit allen historischen Artefakten im Rahmen neuer Community-Standards verboten. Diese wurden am 23.6. eingeführt und gelten für die Plattformen Facebook und (dem Konzern gehörenden) Instagram. Im April waren Berichte des Antiquities Trafficking and Heritage Anthropology Research Project (ATHAR) über den verstärkten Handel mit geplünderten Antiken auf der Plattform öffentlich geworden. ATHAR zufolge nutzten Raubgräber den weltweiten Lockdown, um archäologische Stätten zu plündern und die Objekte dann zu verkaufen. Die neuen Richtlinien verbieten alle Inhalte, die zum Kauf, Verkauf, dem Handel und Verschenken historischer Artefakte ermutigen oder einen Versuch dazu darstellen. Zwar war der Handel mit illegalen Antiken von Facebook bereits verboten gewesen, jetzt aber ist die Regelung weit umfassender formuliert. Derek Fincham bewertet die Erweiterung positiv: "This welcome reform will help to prevent Facebook’s algorithms and micro-advertising campaigns from being used to sell illicit cultural objects, but likely will not end it entirely." 2019 hatte Facebook laut dem Magazin "Forbes" bereits fast 50 Facebook-Gruppen gelöscht, die in Verbindung zum Antiken-Schwarzmarkt standen, nachdem eine gemeinsame Recherche von ATHAR und der BBC nachweisen konnte, dass auf Facebook angebotene Antiken in Syrien und im Irak geplündert worden waren.
"Facebook Bans Artifacts Trade After Uptick In Posts Of Looted Objects" (Forbes, 23.6.): https://www.forbes.com/sites/carlieporterfield/2020/06/23/facebook-bans-artifacts-trade-after-uptick-in-posts-of-looted-objects/#377b03da6f03
"Facebook, Citing Looting Concerns, Bans Historical Artifact Sales" (The New York Times, 23.6.): https://www.nytimes.com/2020/06/23/arts/design/facebook-looting-artifacts-ban.html
"Facebook bans 'loot-to-order' antiquities trade" (BBC, 23.6.): https://www.bbc.com/news/world-middle-east-53140615
Derek Fincham: "Facebook will remove posts selling cultural objects" (Illicit Cultural Property, 23.6.): http://illicitculturalproperty.com/facebook-will-remove-posts-selling-cultural-objects/
5.3 Kostenloser Onlinekurs "Antiquities Trafficking and Art Crime"
"Delve into the seedy underbelly of the art world, looking at smuggling, theft, fakes, and fraud": Mit diesen Worten bieten Donna Yates und Sarah Gambell (Universität Glasgow) diesen MOOC auf der Plattform Futurelearn an. Teilnehmer lernen, wie durch Raubgräberei der Kontext archäologischer Objekte verloren geht; sie erfahren mehr über die Verbindung von illegalen Antiken und Armut, über den Antikenhandel als Form des organisierten Verbrechens. Der Kurs kann jederzeit begonnen werden, dauert drei Wochen und verlangt vier Stunden Arbeit pro Woche ab. Für eine Bescheinigung erden 64 Euro fällig; wer diese nicht benötigt, kann komplett kostenlos teilnehmen.
https://www.futurelearn.com/courses/art-crime
6 Studium, Job-Themen und Personalia
6.1 NFDI4objects konsultiert "das Fach" und bittet um Mitwirkung
Die Initiative NFDI4objects - das Vorbereitungsteam des geplanten archäologischen Zweigs der "Nationalen Forschungsdateninfrastruktur Deutschlands" - bittet alle Archäologinnen und Archäologen um die Teilnahme an einer Umfrage, in der aktuelle Bedarfe der altertumswissenschaftlichen Forschung abgefragt werden. NFDI4objects plant, im Rahmen des Aufbaus der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur NFDI ein auf Dauer angelegtes Angebot zu etablieren, das sich an die infrastrukturellen Bedürfnisse von Forscher/-innen und Praktiker/-innen mit multidisziplinärem Hintergrund richtet, deren Arbeitsschwerpunkte auf dem materiellen Erbe von rund drei Mio. Jahren Menschheits- und Umweltgeschichte liegen. Die Organisatoren der Umfrage bitten sehr um die Teilnahme nicht nur technik-affiner Expertinnen und Experten, sondern gerade auch um die Beteiligung all derer, die im Forschungsalltag die zunehmenden Herausforderungen der digitalen Transformation gemeinsam besser gestalten wollen. Nach Test durch die Newsletter-Redaktion: das Ausfüllen dauert eher 15 als die angegeben 10 Minuten, weil man dann doch etwas nachdenken möchte und bisweilen auch zurückblättert (technisch möglich). Die Fragen sind weitgehend allgemeinverständlich, und auch "Grabungsfirmen" werden ausdrücklich angesprochen.
Weitere Informationen: https://www.nfdi4objects.net/index_de.html
Direkt zur Umfrage: https://nfdi4objects.limequery.net/615517?lang=de
6.2 Frankreich: INRAP verzeichnet Verlust von 25 Mio. Euro in Folge der Pandemie und beklagt Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der Grabungsfirmen
Frankreichs staatliche Denkmalpflegebehörde, das "Institut national de recherches archéologiques préventives" (INRAP), schloss Mitte März alle 130 laufenden Grabungen, und die Mitarbeitenden gingen in die Selbstisolation. Die Folgen beschreibt INRAP-Direktor Daniel Guérin jetzt in "Le Monde": Als öffentliche Verwaltungseinrichtung habe das INRAP keine Möglichkeit zur Kurzarbeit und entspr. Unterstützung. Man habe alle Möglichkeiten für Telearbeit bzw. Home Office genutzt. Mehr als 300 Grabungsberichte und Analysen (z. B. von Bodenproben) seien mittlerweile fertiggestellt worden. Die Forschungstätigkeit und die Mission zum Wissenschaftskommunikation seien ebenfalls verstärkt worden. Aber dennoch blieben 60% des Personals über lange Wochen völlig unbeschäftigt. Anfang Mai habe man die Rahmenbedingungen zur schrittweisen Wieder-Öffnung der Ausgrabungen festgelegt: Ca. 20 kleinere Grabungen mit max. zwei, drei Personen vor Ort wurden ab dem 11.5. fortgeführt, ca. 60 in der zweiten. Alle jeweils 100 Kilometer voneinander entfernt, um Probleme bei der Unterbringung der Mitarbeiter zu vermeiden. Am 8.6. wurde dann die Grabung von Narbonne wieder eröffnet, eines der INRAP-Prestigeobjekte, ebenso in Gergovia und Limoges. Mittlerweile sind laut INRAP 144 Grabungen und Untersuchungsflächen wieder offen. Aber das bedeute nicht, alles laufe wie früher; das Gesundheitsprotokoll sei sehr streng: "Jede Grabung hat einen Covid-Referenten, der die Einhaltung und Überwachung der Gesundheitsregeln sicherstellt", sagt Daniel Guérin. Man habe hunderttausende von Masken kaufen müssen, die Reinigungsmaßnahmen intensivieren, Fahrzeuge mieten und vieles mehr, um den Regelungen zur Eindämmung der Pandemie zu entsprechen. Als Zwischenbilanz beziffert das INRAP seine durch die Pandemie verursachten wirtschaftlichen Verluste auf 25 Mio. Euro und sieht sich mit seinem Jahresetat von 160 Mio. Euro in einer heiklen Situation. Es habe eine Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der Grabungsfirmen stattgefunden, die Kurzarbeit beantragen hätten können und nicht die gleichen Auflagen erfüllen müssten, klagt Guérin. INRAP hat mit mehr als 2.000 Mitarbeitern bei Ausgrabungen einen Marktanteil von mehr als 50 %; den Rest teilen sich viele private Grabungsfirmen. Bereits in den vergangenen Jahren geriet das INRAP wegen seines Geschäftsmodells in die Schlagzeilen; so stellte Frankreichs Nationaler Rechnungshof das wirtschaftliche Handeln bereits zweimal in Frage, da die Behörde nur durch die Bewilligung von zusätzlichen öffentlichen Mitteln in Höhe von einigen Mio. Euro finanziell halbwegs über die Runden kam; Grabungsfirmen wiederum warfen INRAP in der Vergangenheit bereits vor, Ausgrabungen zu Dumpingpreisen anzubieten, mit denen die privaten Firmen nicht konkurrieren könnten (DGUF-Newsletter vom 31.1.2018, Punkt 5.10.). Laut Le Monde ist es dem INRAP 2018 und 2019 gelungen, Überschüsse von 1 bis 2 Mio. Euro pro Jahr zu erwirtschaften. "Auf diesem Niveau würde es zwanzig Jahre dauern, um die zusätzlichen Kosten der Covid-Krise zu beseitigen", errechnet Guérin, der auch befürchtet, dass die Wirtschaftskrise des Landes einige der Grabungsfirmen gefährden wird. Die Verhandlungen über eine Refinanzierung von INRAP haben mit dem Kulturministerium bereits begonnen, aber laut Le Monde sind die Aussichten düster, da es im Kultursektor viele gebe, welche bereits die Hände aufhielten.
"Archéologie : l’Inrap dans une situation délicate après le confinement" (Le Monde, 16.6.): https://www.lemonde.fr/sciences/article/2020/06/16/archeologie-l-inrap-dans-une-situation-delicate-apres-le-confinement_6043069_1650684.html
"Depuis le 11 mai, l’Inrap de nouveau sur le terrain" (INRAP, 4.6.): https://www.inrap.fr/depuis-le-11-mai-l-inrap-de-nouveau-sur-le-terrain-15034
7 Bürger und Archäologie & Citizen Science
7.1 Umfrage zum Thema "Rechtliche Fragen in Citizen-Science-Projekten" (bis 5.7.)
Einen Leitfaden zum Thema "Rechtliche Fragen in Citizen-Science-Projekten" erarbeitet derzeit das Berliner Museum für Naturkunde in Kooperation mit der Plattform "Bürger schaffen Wissen". Dazu möchten die Verantwortlichen die Citizen-Science-Community einbinden: Mit einer ca. zehn Minuten dauernden Umfrage wird derzeit erhoben, wie die Bürgerwissenschafts-Projekte aktuell bezüglich rechtlicher Fragestellungen wie Versicherungsschutz der Citizen Scientists, Datenschutz und Urheberrecht aufgestellt sind. Die Befragung richtet sich an Verantwortliche von ehrenamtlichen Projekten, z. B. Ausgrabungen mit Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Die Ergebnisse der Umfrage fließen in den Leitfaden ein.
Zur Umfrage: https://www.soscisurvey.de/CS_und_Recht/?r=P
7.2 Vorträge zur Vermittlung der Werte von Archäologie an Sondengänger und deren Integration in die archäologische Berufspraxis
"Da archäologische Objekte eine nicht erneuerbare Ressource sind, ist es wichtig, die soziale Kluft zwischen akademisch ausgebildeten Archäologen und Hobby-Archäologen, die ihre gegenwärtigen Freiheiten schützen wollen, zu thematisieren." Diese Feststellung war Ausgangspunkt einer von Keith Westcott (The Association of Detectorists) organisierten Session auf der CIfA-Jahrestagung in Leeds (2019). Wie sollten Archäologen ihre Werte kommunizieren, um die Denkweise von Sondengängern positiv zu beeinflussen? Ist es sinnvoll, das Potenzial des Sondengehens stärker anzuerkennen, indem es vermehrt in die berufliche Praxis der Archäologie integriert wird? Fünf Vortragsvideos mitsamt den Folien hat Doug Rocks MacQueen jetzt online öffentlich gemacht.
"Communicating the values of archaeologists to detectorists and embedding metal detecting into professional practice" (Doug's Archaeology, 17.6.): https://dougsarchaeology.wordpress.com/2020/06/17/communicating-the-values-of-archaeologists-to-detectorists-and-embedding-metal-detecting-into-professional-practice/
8 Und sonst …
8.1 "Tiny Homes" der Vorgeschichte? Die Rundhäuser von Castell Henllys
Der Kanal "Living Big In A Tiny House" hat auf YouTube mehr als 3 Mio. Abonnenten. Betreiber Bryce Langston, einer der Influencer der weltweiten Tiny-House-Szene, hat sich jetzt auch kleine Häuser der Vergangenheit vorgenommen. In der ersten Folge von "Tiny Homes Of The Ancient World" besucht er ausgerechnet die mächtigen und auf imposante Größe ausgelegten Rundhäuser der Elite von Castell Henllys, einer eisenzeitlichen Höhensiedlung in Wales. Ein sehenswerter Beitrag, vor allem dank der großartigen Museumspädagogin Elizabeth.
Tiny Homes Of The Ancient World: Celtic Iron Age Roundhouses (Living Big In A Tiny House, 29.5.; Video, 23:05 Min.): https://youtu.be/XYoZcvqWE2g
8.2 Erinnerung aus gegebenem Anlass: Auch frühe Europäer waren dunkelhäutig
Seit einigen Tagen hört man laute, emotionale Stimmen von Menschen, die stolz sind auf ihr Etwas-Besonderes-Sein von Geburt an, auf ihre Vorfahren, auf weiße Haut und blonde oder rote Haare. Als Experten für die Vergangenheit erinnern wir daran: frühe Europäer einschließlich der ersten Ackerbauern waren dunkelhäutig, und zwar gesichert über ganz Europa hinweg, von Süd (Spanien) bis Nord (England, Dänemark usw.). Die heute in Europa weit verbreitete helle Hautfarbe ist erst langsam und spät aufgekommen, am Ende der Jungsteinzeit. Helle Hautfarbe bietet in sonnenarmen Regionen Vorteile, weil sie die Vitamin-D-Bildung verbessert. Nachfolgend ein paar Studien zum Nachlesen. Wer z. B. "Europäer" und "dunkelhäutig" googelt, findet schnell weitere wissenschaftliche Studien zum Thema.
"Europäer vor 7000 Jahren waren dunkelhäutig" (Deutsche Welle, 27.1.2014): https://www.dw.com/de/europ%C3%A4er-vor-7000-jahren-waren-dunkelh%C3%A4utig/a-17389685
"Blaue Augen, dunkle Haut: So sahen die Menschen vor 10 000 Jahren aus" (NZZ, 7.2.2018): https://www.nzz.ch/wissenschaft/blaue-augen-dunkle-haut-so-sahen-die-menschen-vor-10-000-jahren-aus-ld.1355210
"Genetik: Schwarzer Kontinent Europa" (ZEIT, 26.4.2007): https://www.zeit.de/2007/18/N-Hautfarbe
Wilde, S., Timpson, A., Kirsanow, K. et al (2014). Direct evidence for positive selection of skin, hair, and eye pigmentation in Europeans during the last 5,000 y. PNAS 222(13): https://www.pnas.org/content/111/13/4832
"Race Is Real, But It’s Not Genetic. For over 300 years, socially defined notions of “race” have shaped human lives around the globe—but the category has no biological foundation" (Sapiens, 13.3.): https://www.sapiens.org/body/is-race-real/
8.3 Palestine Open Maps oder: die politische Dimension historischer Karten
Dass "Karten immer implizit politisch" sind, ist eine Binsenwahrheit -auch Newsletterleser deutlich unterhalb des Renteneinstiegsalters werden sich noch an mit "Deutschland" überschriebene Schulwandkarten erinnern, die ganz Mitteleuropa zeigten. Mit Beschriftungen wie "zur Zeit unter polnischer Verwaltung" - so gedruckt noch bis in die 1970er Jahre hinein. Und verwendet noch erheblich länger, schließlich tauscht eine durchschnittliche deutsche (mitteleuropäische?) Schule nicht jährlich den kompletten Kartensatz durch. Zehnjährlich wahrscheinlich auch nicht ... Nicht weniger politisch, aber technisch deutlich mehr auf der Höhe der Zeit ist Palestine, Today, ein von der Initiative visualizing palestine getragenes Projekt, das auf einem älteren Online-Kartenprojekt namens Palestine Open Maps aufsetzt. Palestine Open Maps ist dabei ein öffentlich zugängliches Web-GIS, dass die 155 Kartenblätter der britischen Mandatszeit und weiteres, zwischen 1870 und den 1950er Jahren entstandenes Kartenmaterial clever mit aktuellen Satellitenbildern und Straßenkarten mixt. Je nach Zoom-Level wird automatisch zwischen den einzelnen Kartensätzen umgeschaltet, natürlich lassen sich die Layer aber auch von Hand auswählen. Auf dieser Basis werden die Ortschaften der frühen 1940er Jahre auskartiert: Farbkodiert, je nachdem, ob sie während der Nakba, der palästinensischen Massenflucht im Zuge des jüdisch-arabischen Bürgerkriegs bzw. des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1947-49, verlassen worden sind, später überbaut wurden oder heute noch existieren. Visuell passend ist der jüdische Siedlungsbau in Betongrau gehalten ... Bildet Palestine Open Maps die (ebenfalls offen zugängliche) Datengrundlage, so erzählt Palestine, Today stichwortartig die Geschichte einzelner Ortschaften und blendet dabei von alter Karte zu aktuellem Satellitenbild über - eindrücklicher ist der arabisch-israelische Konflikt um das "Heilige Land" wohl kaum zu visualisieren. Unabhängig von der politischen Dimension: Palestine, Today zeigt sehr schön, was Geodaten-Visualisierungen heute im Storytelling leisten können. Und Palestine Open Maps ist eine praktische, gut gemachte, gut zugängliche Online-Karten- und Datensammlung, die für im ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina arbeitende Archäologen auch unpolitisch sehr nützlich sein kann. Zumal die einzelnen Kartenblätter in guter Qualität downloadbar sind! Die politische Dimension wird, wer sich in Palästina bewegt, sowieso nicht ausblenden können.
Projektseite von Palestine, Today: https://today.visualizingpalestine.or g/
Projektseite von Palestine Open Maps: https://palopenmaps.org/
Mimi Kirk: "Mapping Palestine Before Israel" (bloomberg.com, 21.5.18):
https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-05-21/an-open-source-map-of-palestine-before-israel
Majd Al-Shihabi: "Palestine Open Maps: using open source tools for historic maps research" (Blog der British Library, 20.5.19): https://blogs.bl.uk/digital-scholarship/2019/05/palestine-open-maps-mapathon.html
Alexandra Chaves: "Palestine Today: A new virtual map allows visitors to discover the legacy of the Nakba" (thenational.ae, 14.5.20): https://www.thenational.ae/arts-culture/art/palestine-today-a-new-virtual-map-allows-visitors-to-discover-the-legacy-of-the-nakba-1.1019523
Lemma "Nakba" in der Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Nakba
Interview mit Jürgen Schweikart: "Karten sind immer implizit politisch" (taz, 19.12.16):
https://taz.de/Kartografieprofessor-ueber-seine-Arbeit/!5365450/
8.4 Spanien: Nach COVID-19 nun Liberalisierungen im Planungsrecht, die der Archäologie schaden?
Der spanische Archäologe und Denkmalpflege-Experte Jaime Almansa-Sánchez berichtet in einem aktuellen Beitrag in "The Conversation" über COVID-19 Folgen, die auch auf die deutsche Archäologie zukommen könnten. In Spanien möchten mehrere Autonome Regionen im Rahmen ihrer Hoheit nun die Wirtschaft "wieder ankurbeln" und dafür u. a. im Boden- und Bebauungsrecht Regelungen neoliberal "vereinfachen", "flexibilisieren" usw. Almansa-Sánchez stellt rückblickend fest, dass es in den zurückliegenden Jahren in Spanien erfolgreich gelungen sei, die Belange der Archäologie und des Denkmalschutzes (wie auch des Umwelt- und Naturschutzes) in die Planungsverfahren einzubetten und auch die vielen wenig spektakulären Stätten in Spanien besser zu schützen mit dem Prinzip "Sicherung durch Registrierung". Nicht perfekt, sicher verbesserungsbedürftig, aber immerhin. Nun gebe es Bestrebungen, einige auch die Archäologie berücksichtigende Genehmigungsverfahren ganz abzuschaffen und vor allem: vorgreifende archäologische Prospektionen zu unterbinden. Eine präventive Archäologie sei dann nicht mehr möglich. Hoffnung komme, so Almansa-Sánchez, derzeit eher aus der Politik, wo jüngst ein sich überfahren fühlendes Parlament diesbezügliche Regierungsdekrete angefochten hat.
Jaime Almansa-Sánchez: "Cómo las reformas de las leyes del suelo autonómicas pueden perjudicar al patrimonio arqueológico" (The Conversation, 7.6.): https://theconversation.com/como-las-reformas-de-las-leyes-del-suelo-autonomicas-pueden-perjudicar-al-patrimonio-arqueologico-140229
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