DGUF-Newsletter vom 18.7.2016

DGUF-Newsletter vom 18.7.2016

1. DGUF-Nachrichten
1.1. Wahlprüfsteine "Archäologie" zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 4.9.: Antworten der Politik heute veröffentlicht
1.2. Wahlprüfsteine Mecklenburg-Vorpommern: Einordnung und Bewertung der Parteien-Positionen aus Sicht der DGUF
1.3. Was sind denn Wahlprüfsteine? Ein Begriff und dessen Bedeutung für die Archäologie in zwei Minuten erläutert.
1.4. Publikationen der DGUF ab 2016 und Retro-Digitalisate mit ORCID

2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1. "Expanding Horizons". 3. Österreichische Citizen-ScienceKonferenz (Wien, 2.-3.3.2017; Call for sessions bis 1.8.)

3. Forschung
3.1. Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
3.3. Aktuelle Forschung in den Medien
3.4. Grabungssaison in den neolithischen Monumental-Steinbauten Ness of Brodgar hat begonnen (Orkney-Inseln, Großbritannien)
3.5. Figur aus Skara Brae, Orkney, wiederentdeckt
3.6. Paläolithische Statuette aus der Grotte de Foissac (Frankreich)
3.7. Neandertaler-Knochen aus den Höhlen von Goyet (Belgien)
3.8. Berel': Eine Bestattung früher Reiternomaden im kasachischen Altai

4. Kulturgutschutz
4.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2. Kulturgutschutzgesetz passiert Bundesrat und tritt in Kraft
4.3. Neue UNESCO-Welterbestätten
4.4.Änderungen auf der UNESCO-Liste "World Heritage in Danger"
4.5. Ab November: MOOC: "Heritage under threat"

5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1. Stellungnahme des britischen Berufsverbandes CIfA zum Brexit-Referendum
5.2. "Sterben auf Raten?" Bericht von der Jahrestagung des Deutschen Archäologen-Verbandes (DArV)

6. Open Access & Open Data
6.1. Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz veröffentlicht seine Inventarbücher im Open Access - so gut wie...

7. Bürger und Archäologie & Citizen Science
7.1. Wissenschaftsbarometer 2016: YouTube wird als Informationsquelle zunehmend wichtig
7.2. Zehn Gründe, sein Forschungsprojekt via Crowdfunding zu finanzieren – und einer, es nicht zu tun
7.3. Wie realistisch ist es, Bachelor- und Master-Projekte via Crowdfunding (mit) zu finanzieren?
7.4. Warum sind gute Fotos für den Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne so wichtig?
7.5. Zehn Prinzipien von Citizen Science der European Citizen Science Association
7.6. Betreiben Sondengänger automatisch Citizen Archaeology? Ja, findet das Britische Museum

8. Und sonst …
8.1. Day of Archaeology am 29.7.: Ein Projekt beleuchtet die Arbeit in der Archäologie
8.2. Bund fördert kulturelle Institutionen und Projekte im Jahr 2017 mit deutlich mehr Geld
8.3. "Formatierung der Forscher": Kritik an Schweizer Forschungsförderung
8.4. D-PLACE - the Database of Places, Language, Culture and Environment
8.5. Attraktiv insbesondere für Museen: Förderprogramm "Kultur macht stark" verlängert!
8.6. "Der edle Herr von Boilstädt" - eine Dokumentation des MDR
8.7. "The last Neanderthal": Videoserie der BBC
8.8. Britisches Museum bietet Rohdaten seiner 3D-Modelle zum Download und damit zum Selbstausdrucken an
8.9. Köln: Umsetzung "Archäologische Zone" startet
8.10. Bayern: es gelten das Verursacherprinzip und eine Zumutbarkeitsgrenze von 15 %
8.11. Denkmalschutzgesetz Hessen: Parlamentarisches Verfahren zur Novellierung hat begonnen
8.12. Rekonstruktion der Kreisgrabenanlage von Pömmelte am 1.7. eröffnet
8.13. Happy Birthday, WARP! Das Feuchtbodenarchäologie-Netzwerk wird 30.
8.14. Nominiert als "Spiel des Jahres 2016": "Imhotep: Baumeister Ägyptens"

9. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.1.
Wahlprüfsteine "Archäologie" zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 4.9.: Antworten der Politik heute veröffentlicht
Die DGUF hat zusammen mit der Initiative Pro Archäologisches Landesmuseum (IPAL), der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie e.V. (DEGUWA) und dem Arbeitskreis Volontariat beim Deutschen Museumsbund e.V. für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 4.9. Wahlprüfsteine erstellt. Bis auf die AfD haben alle angefragten Parteien die fünf Fragen, die wir gestellt haben, beantwortet: CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und NPD. Die Antworten der Parteien, eine kurze Synthese derselben sowie eine Kommentierung aus der Sicht der DGUF sind seit heute auf DGUF.de veröffentlicht. In zwei Fragen zeichnet sich ein parteiübergreifender Konsens ab: Alle Parteien streben die (Wieder-) Einrichtung eines Archäologischen Landesmuseums in Mecklenburg-Vorpommern an, und allen Parteien ist der Aus- und Weiterbildungscharakter von Volontariaten wichtig. Zu den übrigen Aspekten (Standort und Zeitplan für das Landesmuseum) und Themen (Stellenplan, Verursacherprinzip, UNESCO Konvention kulturelles Erbe unter Wasser) vertreten sie Parteien recht unterschiedliche Standpunkte, die aus Sicht der DGUF der Archäologie mehr oder weniger zuträglich sind.
Unsere Wahlprüfsteine mit allen Dokumenten und weiterführenden Links: http://www.dguf.de/index.php?id=403

1.2.
Wahlprüfsteine Mecklenburg-Vorpommern: Einordnung und Bewertung der Parteien-Positionen aus Sicht der DGUF
Neben einer Dokumentation der Parteien-Antworten im Wortlaut und einer neutralen, knappen Synthese hat die DGUF getrennt davon auch eine Einordnung und Bewertung der Parteien-Positionen vorgenommen. Ein einfaches Ampelsystem soll den leichten Überblick erlauben. Ein parteiübergreifender Konsens besteht beim Thema Archäologisches Landesmuseum: Alle Parteien plädieren für seine Wiedereinrichtung (DGUF: "gelb"). Zu Standort und Termin divergieren die Positionen jedoch deutlich. Während die DGUF sich zur Frage des Standortes neutral stellt, hat sie jenen Parteien ein "grün" gegeben, die klare Zeitziele für die Wiedereröffnung nennen und auch die notwendige Personalausstattung in Betracht ziehen. Ein ähnlich breiter Konsens zeichnet sich bei Thema Volontariate ab. Parteiübergreifend wird Wert darauf gelegt, dass diese einschließlich der gebotenen Aus- und Weiterbildungskomponenten verlaufen sollten, alle Parteien wollen gegen eventuelle Missbräuche vorgehen – das ist der DGUF ein "grün" wert. Bei der Frage, ob die personelle Ausstattung der Landesarchäologie wie ehedem geplant weiter abgebaut werden sollte, stabil bleiben oder wieder wachsen sollte, divergieren die Positionen der Parten deutlich, ebenso beim Thema Verursacherprinzip und hinsichtlich der UNESCO-Konvention zum kulturellen Erbe unter Wasser. Bei letzterem haben wir Parteien, die sich auf die - formal richtige - Position zurückziehen, das Land sei für die UNESCO-Konvention juristisch nicht zuständig, mit "rot" markiert, denn angesichts der Untätigkeit des juristisch zuständigen Bundes ist es Sache der betroffenen Bundesländer, den nötigen Druck beim Bund zu machen – und so sehen es auch einige der Landesparteien (DGUF: "grün"). Unsere Partnerin IPAL, die sich vor allem für die (Wieder-) Einrichtung eines Archäologischen Landesmuseums in Mecklenburg-Vorpommern einsetzt, hat die Antworten der Parteien aus ihrer Sicht kommentiert. Die IPAL sieht sich ihrem Ziel näher gerückt und hofft, dass es in der kommenden Legislaturperiode zur Einrichtung des Landesmuseums kommt.
"Einordnung und Bewertung der Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine Archäologie zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 4. Sept. 2016 durch die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V." (18.7.): http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/dguf_und_gesellschaft/Wahlpruefsteine/DGUF-Dok_2016-07_WPS-MV_Einordnung-DGUF.pdf

1.3.
Was sind denn Wahlprüfsteine? Ein Begriff und dessen Bedeutung für die Archäologie in zwei Minuten erläutert.
Man schimpft gerne und innig über "die Politik", welche den archäologischen Behörden, den Universitäten, Freiberuflern und auch Ehrenamtlichen zu wenig Geld und zu wenig qualifiziertes Personal zur Verfügung stellt oder mit problematischen rechtlichen Regelungen die Arbeit erschwert. Statt nach Wahlen über die, die an der Macht sind, zu klagen, ist es sinnvoller, vor den Wahlen die Parteien zu befragen, wie sie im Fall ihres Wahlerfolgs mit Archäologie und Denkmalpflege umgehen wollen. Genau das tut die DGUF mit ihren Wahlprüfsteinen. Wir stellen die Antworten aus der Politik allen an der Archäologie interessierten Wählern und Wählerinnen zur Verfügung und helfen damit bei der Entscheidung, wohin das Wahlkreuz gesetzt werden soll. Für Interessensverbände außerhalb der Archäologie sind Wahlprüfsteine übrigens seit langem ein erprobtes Mittel. Die Websites der FDP Mecklenburg-Vorpommern und von Die Linke Mecklenburg-Vorpommern bieten dazu lehrreiche aktuelle Übersichten: Sie listen alle Wahlprüfsteine auf, die bei ihnen vor der kommenden Landtagswahl eingegangen sind und führen die Antworten ihrer Partei auf. Es sind, Stand 17.7., insgesamt 35 Gruppen unterschiedlichster Art, die genauer wissen wollten, wie die Position der zur Landtagswahl antretenden Parteien sind. Wahlprüfsteine sind somit mitnichten etwas Exotisches, sondern ein geläufiges Verfahren bürgerlicher Mitwirkung im politischen Gestaltungsprozess.
FDP Mecklenburg-Vorpommern: "Wahlprüfsteine": http://www.fdpmv.de/wahl-2016/wahlpr%C3%BCfsteine/
Die Linke Mecklenburg-Vorpommern: "Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2016": https://www.originalsozial.de/wahl_2016/landtagswahl/wahlpruefsteine/
Wahlprüfsteine: Was ist das? Wozu braucht es Wahlprüfsteine der DGUF? http://www.dguf.de/index.php?id=45

1.4.
Publikationen der DGUF ab 2016 und Retro-Digitalisate mit ORCID
Die "Archäologischen Informationen" und die "Archäologischen Berichte" drucken ab dem Jahr 2016 auch die ORCID der Autoren in die Publikationen - sofern die Autoren diese den Herausgebern mitteilen. "ORCID" - das ist die "Open Researcher and Contributor ID", die weltweit eine eindeutige Verbindung zwischen den Autorinnen und Autoren und deren Werken in Bibliotheksverzeichnissen und digitalen Publikationsplattformen, darunter auch denen der DGUF, herstellt. Eine Handreichung der DGUF beschreibt, wie jeder Autor seine ORCID erhalten kann und welchen Nutzern er bzw. sie davon hat. Das System, das seit Anfang 2016 auch von der DFG gefördert wird, ist auf dem Weg, internationaler Standard für die Verknüpfung von Autoren mit ihren wissenschaftlichen Werken zu werden. Im Rahmen des Retro-Digitalisierungsprojektes der Archäologischen Informationen, das Ende 2016 abgeschlossen wird, wird die ORCID auch für die bereits publizierten Werke in das elektronische Archiv bei der UB Heidelberg nachgetragen werden.
DGUF-Handreichung ORCID: http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/DGUF-Dok_Handreichung-ORCID.pdf


2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1.
"Expanding Horizons". 3. Österreichische Citizen-ScienceKonferenz (Wien, 2.-3.3.2017; Call for sessions bis 1.8.)
Citizen-Science-Projekte und -Initiativen sind bei der Tagung eingeladen, ihre Ergebnisse und Pläne, aber auch Herausforderungen und Probleme zu präsentieren und diskutieren. Bis 1.8. ist der Call for sessions geöffnet – eine erstklassige Gelegenheit, eine (internationale?) Session zu Citizen Science in Archäologie und Denkmalpflege einzureichen!
http://www.ages.at/expandinghorizons


3. Forschung
3.1.
Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Banghard, K. (2016). Wie sexuelle und politische Vorzeitprojektionen voneinander abhängen. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 14. Juli 2016.
Löw, C. (2016). Die Stakeholder-Values der Hallstatt-Forschung. Archäologie aus der Perspektive von Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 11. Juli 2016.
Weiner, J. (2016). Die kaum bekannte, frühe Flintensteinmanufaktur bei Veaux-Malaucène (Dépt. Vaucluse, Provence, Frankreich) und ihre Einordnung in den internationalen Forschungsstand. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 11. Juli 2016.
Lindemann, A. (2016). Auf dem Weg zu einem marxistisch-leninistischen Urgeschichtsbild. Die Ausstellung zur "Geschichte der Urgesellschaft" am Museum für Deutsche Geschichte Berlin in den 1950er-Jahren. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 11. Juli 2016.
Zerres, J. (2016). Rezension zu: Bocatius, Bianca (2016). Museale Vermittlung mit Social Media. Theorie – Praxis – Perspektiven. Düsseldorf: Dissertation Univ. Düsseldorf. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 11. Juli 2016.
Auler, J. (2016). Rezension zu: Werner, Achim & Dummer, Jens (2016). Kochen und Backen mit Ötzi. 35 leckere Rezepte vom 5-Steine Koch. Rheinbach: Regionalia Verlag. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 1. Juli 2016.
http://www.dguf.de/index.php?id=9

3.2.
Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Sächsische Schweiz: Münzschatz größer als gedacht" (MDR, 17.7.): http://www.mdr.de/sachsen/dresden/muenzfund-groesser-als-gedacht-100.html
"Archäologischer Fund verlängert die Siedlungsgeschichte des Kreises Olpe. Heimatforscher findet den ersten Nachweis für den Neandertaler" (Pressemeldung LWL, 15.7.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=39529
Must Farm: "UK's best bronze age site dig ends but analysis will continue for years" (The Guardian, 14.7.): https://www.theguardian.com/science/2016/jul/14/uks-best-bronze-age-site-must-farm-dig-ends-analyis-continue-years
Baikalsee: "Holding hands for 5,000 years, a couple with mysterious jade rings and dagger" (The Siberian Times, 13.7.): http://siberiantimes.com/science/casestudy/news/n0672-holding-hands-for-5000-years-a-couple-with-mysterious-jade-rings-and-dagger/
Paläolithikum/Südwestfrankreich: "Préhistoire : nouvelles découvertes dans la grotte du Mas d'Azil" (La Dépeche, 10.7.): http://www.ladepeche.fr/article/2016/07/10/2382516-prehistoire-nouvelles-decouvertes-dans-la-grotte-du-mas-d-azil.html
Israel: "Erstmals Philister-Friedhof entdeckt: Goliath war wirklich der Größte" (Spiegel, 10.7.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/israel-philister-friedhof-des-volkes-von-goliath-entdeckt-a-1102304.html
"Bronzezeit: 4000 Jahre alte Gräber im Allgäu entdeckt" (Spiegel, 8.7.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/jengen-im-allgaeu-4000-jahre-alte-bronzezeit-graeber-entdeckt-a-1102017.html
"Sensationelle Funde in Schmalkalden" (MDR, 7.7.): http://www.mdr.de/thueringen/sued-thueringen/schmalkalden-ausgrabung-hoffnung-100.html
Sofia (Bulgarien): "Jungsteinzeitliche Häuser im Stadtgebiet von Sofia sind die größten Europas" (Der Standard, 1.7.): http://derstandard.at/2000040224577/Jungsteinzeitliche-Haeuser-im-Stadtgebiet-von-Sofia-sind-die-groessten-Europas

3.3.
Aktuelle Forschung in den Medien
"Steinzeit-Genome aus dem Zagros-Gebirge zeigen verschiedene Abstammungslinien für Europäer und Südasiaten. Prähistorische Genome der weltweit ersten Bauern analysiert" (Pressemeldung Universität Mainz, 14.7.): http://www.uni-mainz.de/presse/75962.php
"Technological and cultural innovations amongst early humans not sparked by climate change" (Pressemeldung University of the Witwatersrand, 13.7.): http://www.wits.ac.za/news/latest-news/research-news/2016/2016-07/technological-and-cultural-innovations-amongst-early-humans-not-sparked-by-climate-change.html
Kenia: "Homo erectus ging wie wir. 1,5 Millionen Jahre alte Fußabdrücke geben Einblicke in das Leben von Frühmenschen" (Pressemeldung Max-Planck-Gesellschaft, 12.7.): https://www.mpg.de/10640427/homo-erectus-gang
"Archaeology suggests no direct link between climate change and early human innovation" (Pressemeldung PLOS, 6.7.): http://www.eurekalert.org/pub_releases/2016-07/p-asn063016.php
"Tattoos aus altem Ägypten: Kühe auf dem Arm" (Spiegel, 1.7.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/tattoos-aus-altem-aegypten-mumie-hat-kuehe-auf-dem-arm-a-1097568.html

3.4.
Grabungssaison in den neolithischen Monumental-Steinbauten Ness of Brodgar hat begonnen (Orkney-Inseln, Großbritannien)
Anfang Juli haben auf den Orkney-Inseln zwischen Schottland und Skandinavien die diesjährigen Ausgrabungen des "Ness of Brodgar" begonnen. Auf 2,5 Hektar wird dort seit 2002 – nach ersten Hinweisen durch eine geophysikalische Untersuchung – der größte aus Stein gebaute neolithische Siedlungskomplex Großbritanniens erforscht. Fünf Kilometer westlich von Kirkwall, dem Hauptort der Orkney-Inseln, befindet sich auf Orkney-Mainland der Komplex auf einer schmalen Landzunge ("ness") zwischen zwei Steinkreisen, dem Ring of Brodgar und den Standing Stones of Stenness. Das Herz der Anlage scheint "Struktur 10" zu sein, das als Zeremonialgebäude gedeutet wird. Es ist 20 x 25 m groß und besitzt fünf Meter dicke Außenwände, deren Trockenmauerwerk noch einen Meter hoch erhalten ist. Der kreuzförmige Innenraum ist mit sechs Metern Ausdehnung nur für eine kleine Gruppe gedacht. Bei anderen Gebäuden ließ sich die vorgeschichtliche Dachdeckung aus sorgfältig zugerichteten Steinplatten nachweisen oder im Inneren eine teilweise mehrfarbige Bemalung auf einzelnen Steinen. Eine vier Meter breite Mauer separiert den südwestlichen Bereich mit den Monumental-Gebäuden und viel Siedlungsaktivität von einem nordwestlichen wenig genutzten Bereich mit dem Ring of Brodgar. Vielleicht diente die Mauer dazu, den Bereich der Lebenden von dem der Toten zu trennen. Die Anlage wurde rund 1.000 Jahre – von ca. 3.400 bis 2.400 v. Chr. – genutzt und weist viele noch nicht im Detail erforscht Umbauphasen auf. Obwohl die Anlage nach Radiokarbon-Datierungen klar bis in die Bronzezeit reicht, fehlt die zu erwartende Glockenbecherkeramik komplett: Die neolithischen Bewohner von Ness of Brodgar hielten stur an ihrer Grooved Ware fest. Die Grabungssaison am Ness of Brodgar ist kurz: Von Anfang Juli bis Mitte September gräbt dort die University of the Highlands and Islands unter Beteiligung zahlreicher Spezialisten aus dem ganzen Land. Das ganze Areal gehört als "Heart of Neolithic Orkney" zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Ausgrabungen am Ness of Brodgar kann man bis 24.8. im Rahmen von täglichen Führungen besuchen.
Website der Ausgräber, auch mit einem Grabungstagebuch: http://www.orkneyjar.com/archaeology/nessofbrodgar/
"Ness of Brodgar Excavations 2016" (University of the Highlands and Islands Archaeology Institute): https://archaeologyorkney.com/2016/05/13/ness-of-brodgar-excavations-2016/
Bildergalerie "Ness of Brodgar" (National Geographic, August 2014): http://ngm.nationalgeographic.com/2014/08/neolithic-orkney/brodgar-graphic
Texte und Sendungsvideo "Orkney" (Schätze der Welt, 23.9.2011): http://www.swr.de/schaetze-der-welt/orkney/-/id=5355190/did=5981928/nid=5355190/e02ero/index.html

3.5.
Figur aus Skara Brae, Orkney, wiederentdeckt
Auch "Ausgrabungen" im Museum lohnen sich - eine menschengestaltige Figur aus dem neolithischen Skara Brae (Orkney) wurde vor kurzem im Magazin wiederentdeckt. Das Stück aus Walknochen ist eines von nur sehr wenigen Exemplaren anthropomorpher Kunst aus Großbritannien. Ein Bericht ist in der Sommerausgabe von PAST frei abrufbar.
PAST 83, June 2016: http://www.prehistoricsociety.org/publications/past/

3.6.
Paläolithische Statuette aus der Grotte de Foissac (Frankreich)
Aus einer südfranzösischen Höhle, der Grotte de Foissac, etwa 70 km östlich von Cahors im Aveyron, wird der Fund einer ungewöhnlichen Statuette gemeldet. In der Höhle sind Funde aus der Kupferzeit und Höhlenmalereien aus dem Magdalénien bekannt. Der die Höhle durchfließende Bach hat im Winter einen großen Rinderknochen freigespült, der bei den Vorbereitungen zur jährlichen Öffnung der Höhle für Sommerurlauber entdeckt wurde. Nach der Säuberung ließen sich Gravierungen und Bearbeitungsspuren erkennen, aufgrund derer das Stück als Menschendarstellung interpretiert wird, die etwas (ein Kind/Tier?) auf dem Arm hält. Wegen der Größe des Rinderknochens und der Art der Gravierungen wird das Stück in das Jungpaläolithikum datiert. Menschendarstellungen sind im französischen Jungpaläolithikum eher die Ausnahme, außerdem entspricht die Art der Darstellung weder den schematischen Frauendarstellungen des Magdalénien noch den voluminösen "Venusfiguren" des Gravettien und Aurignacien, sondern reiht sich - wenn sie denn jungpaläolithisch ist - ein unter den sehr variablen "sonstigen" anthropomorphen Darstellungen der jungpaläolithischen Kunst.
"Une statuette découverte dans la grotte de Foissac" (Le Figaro, 5.7.): http://www.lefigaro.fr/culture/2016/07/05/03004-20160705ARTFIG00012-une-statuette-decouverte-dans-la-grotte-de-foissac.php

3.7.
Neandertaler-Knochen aus den Höhlen von Goyet (Belgien)
Eine internationale, in Tübingen zentrierte Arbeitsgruppe hat umfassende Analysen zu den Neandertalerknochen aus der dritten Höhle von Goyet nahe Namur (Belgien) vorgelegt. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Fundstellen, die eher ganze Skelette des Neandertalers lieferten und somit vermutlich auf Bestattungen zurückgehen, stammen aus Goyet sehr viele und stark fragmentierte Knochen, offensichtlich aus einem Siedlungskontext. Die ca. 64 Knochen, die von mindestens fünf Individuen stammen, weisen starke Schnittspuren und Merkmale des Aufbrechens und der weiteren Benutzung auch als Werkzeug auf, was von der Forschungsgruppe als starker Hinweis auf Kannibalismus gedeutet wird. Der Komplex kann aufgrund von zehn 14C-Daten auf 40.500-45.500 (calBP) vor Heute angesetzt werden, gehört also zu den späten Neandertaler-Fundstellen. Aus sieben Proben konnte die mitochondriale DNA untersucht werden. Im Vergleich zu modernen Menschen einerseits und vielen anderen Neandertalern andererseits zeigt sich, dass die Neandertaler generell und jene aus Goyet insbesondere eine ungewöhnlich geringe biologische Variabilität aufweisen, vermutlich Resultat einer sehr geringen Bevölkerungsdichte.
"Kannibalismus unter den späten Neandertalern im nördlichen Europa?" (Pressemeldung Universität Tübingen, 6.7.): http://www.uni-tuebingen.de/newsfullview-landingpage/article/kannibalismus-unter-den-spaeten-neandertalern-im-noerdlichen-europa.html
"Einige Neandertaler waren Kannibalen. Frühmenschen-Knochen zeigen Spuren von gezielter Abschlachtung und Verstümmelung" (scinexx.de, 7.7.): http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-20368-2016-07-07.html
"Neandertaler neigten zum Kannibalismus" (Süddeutsche, 7.7.): http://www.sueddeutsche.de/wissen/urmenschen-neandertaler-neigten-zum-kannibalismus-1.3067707
"Researchers discover the first evidence of Neanderthal cannibalism in northern Europe" (phys.org, 8.7.): http://phys.org/news/2016-07-evidence-neanderthal-cannibalism-northern-europe.html
"Grisly evidence of Neanderthal cannibalism uncovered in a Belgian cave" (The Washington Post, 8.7.): https://www.washingtonpost.com/news/speaking-of-science/wp/2016/07/08/grisly-evidence-of-neanderthal-cannibalism-uncovered-in-a-belgian-cave/
Rougier, H., Crevecoeur, I., Beauval, C. et la. (2016). Neandertal cannibalism and Neandertal bones used as tools in Northern Europe. Nature Scientific Reports 6, article no. 29005 (6.7.2016). http://www.nature.com/articles/srep29005#results

3.8.
Berel': Eine Bestattung früher Reiternomaden im kasachischen Altai
Im kasachischen Gebirgssystem des Altais wurde erneut ein Grab im Tal von Berel' auf gut 1.000m Höhe aus dem kulturellen Kontext eisenzeitlicher Reiternomaden freigelegt. Zu den Grabbeigaben gehört eine Pferdebestattung mit sieben Tieren. Das Pferdegeschirr zeigt Elemente des so genannten Tierstils. Er ist ein für das Gebiet und den Kulturkreis skythenzeitlicher Reiternomaden im eurasischen Steppengürtel charakteristisches Merkmal. Teilweise wurden die Artefakte unter Verwendung von Gold hergestellt. Innerhalb der Nekropole von Berel' gibt es zahlreiche Gruppen mit Grabhügeln unterschiedlicher Größe. Die ersten Ausgrabungen im Permafrostboden fanden hier in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts statt. Mehrere Grabanlagen aus dem 1. Jahrtausend vor Chr. sind seither von Archäologen erforscht worden. Für diese Region ist ein Freilichtmuseum geplant.
"V doline carej našli ostanki čeloveka i konej, pokrytych želtym
metallom" (KTK, 15.7.): http://www.ktk.kz/ru/news/video/2016/07/15/70859
"Archeologi sdelali sensacionnye otkrytija na vostoke Kazachstana" (24kz, 13.7.): http://24.kz/ru/news/social/item/129174-arkheologi-sdelali-sensatsionnye-otkrytiya-na-vostoke-kazakhstana
"Die Eiskurgane von Berel in Kasachstan" (Dt. Bergbau-Museum Bochum, 2013; Video, 6:19 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=wWLFwiVSJs8


4. Kulturgutschutz
4.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Unesco sieht Repliken in Palmyra skeptisch" (3sat, 12.7.): http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/news/187798/index.html
"Kulturgut in Syrien und Irak, Juni 2016" (Archaeologik, 2.7.): http://archaeologik.blogspot.de/2016/07/kulturgut-in-syrien-und-irak-juni-2016.html

4.2.
Kulturgutschutzgesetz passiert Bundesrat und tritt in Kraft
Das neue Kulturgutschutzgesetz (vgl. DGUF-Newsletter vom 29.6.2016 Punkt 4.2.) hat am 8.7. auch den Bundesrat passiert und tritt nun in Kraft. Mehrere Bundesländer hatten im Bundesrat vor allem den bürokratischen Aufwand moniert, den das Gesetz verursache. Nun soll das neue Gesetz nach zwei Jahren im Hinblick auf den Verwaltungsaufwand evaluiert werden. Mustert man die Kommentare in den Zeitungen systematisch durch, fällt auf, dass die Konsequenzen für den Kunsthandel im Mittelpunkt stehen, genauer: praktisch das einzige Thema sind. Der Schutz für Antiken, die Erschwerung illegalen Handels mit Antiken, aber auch die weitgehende Freistellung des Münzhandels von Auflagen sind Aspekte, die von den Kommentatoren nicht gesehen werden resp. ihnen nicht als erwähnenswert erscheinen.
"National wertvoll. Bundesrat billigt Kulturgutschutzgesetz" (3sat, 8.7.): http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/187765/index.html
"Kulturgutschutzgesetz. Deutschland stellt sich seiner Verantwortung" (Deutschlandradio, 8.7.): http://www.deutschlandradiokultur.de/kulturgutschutzgesetz-deutschland-stellt-sich-seiner.996.de.html?dram%3Aarticle_id=359555
"Kulturgutschutzgesetz: Die Stunde der Spediteure" (FAZ, 8.7.): http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kulturgutschutzgesetz-die-stunde-der-spediteure-14331077.html
"Kulturgutschutzgesetz durch den Bundesrat: Deutschland wird ärmer" (Handelsblatt, 8.7.): http://www.handelsblatt.com/panorama/kultur-kunstmarkt/kulturgutschutzgesetz-durch-den-bundesrat-deutschland-wird-aermer/13852160.html
Birgit Maria Sturm: "Neue Schlagbäume für den Kunsthandel" (der Freitag, 8.7.): https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/neue-schlagbaeume-fuer-den-kunsthandel
"Verbessertes Kulturgutschutzgesetz mit Berücksichtigung vieler Monita der DGUF verabschiedet" (DGUF.de, 8.7.): http://www.dguf.de/index.php?id=404

4.3.
Neue UNESCO-Welterbestätten
In der 40. Sitzung des Welterbekomitees in Istanbul hat die UNESCO Mitte Juli zahlreiche Stätten neu als Weltkulturerbe deklariert. Dazu gehören: mittelalterliche Grabsteine in Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Montenegro und Serbien, außerdem die archäologische Stätte von Philippi (Griechenland), dann die Gorhams-Höhle (Gibaltar), die als einer der spätesten Fundorte des Neandertalers in Europa gilt, die archäologische Stätte von Ani (Türkei) und die Dolmenstätten von Antequera (Spanien). Auch zum Welterbe gehören nun die Felsmalereien der Kulturlandschaft am Hua Shan und am Fluss Zuo Jiang im Süden Chinas (5. Jh. v. Chr. bis 2. Jh. n. Chr.), die Ruinenstadt von Nalanda im Osten Indiens, Nan Madol, eine Ruinenstadt auf 99 künstlichen Inseln in Ost-Mikronesien, und das persische Qanat-Bewässerungssystem.
Four new sites inscribed on UNESCO’s World Heritage List (Pressemeldung UNESCO, 17.7.): http://www.unesco.org/new/en/media-services/single-view/news/four_new_sites_inscribed_on_unescos_world_heritage_list-1/#.V4y8eHp35W0
Five sites inscribed on UNESCO’s World Heritage List (Pressemeldung UNESCO, 15.7.): http://www.unesco.org/new/en/media-services/single-view/news/five_sites_inscribed_on_unescos_world_heritage_list/#.V4kTPHp35W2
Four sites inscribed on UNESCO’s World Heritage List (Pressemeldung UNESCO, 15.7.): http://www.unesco.org/new/en/media-services/single-view/news/four_sites_inscribed_on_unescos_world_heritage_list/#.V4y8fHp35W0

4.4.
Änderungen auf der UNESCO-Liste "World Heritage in Danger"
Mitte Juli hat das Welterbekomitee Änderungen auf der Liste gefährdeter Welterbestätten vorgenommen. Der Liste gefährdeter Welterbestätten hinzugefügt hat das Komitee die Altstadt von Djenné (Mali); Grund ist die schwierige Sicherheitslage in dem westafrikanischen Land. Alle fünf Welterbestätten Libyens wurden aufgrund der politischen Instabilität des Landes der Liste hinzugefügt: die Ausgrabungsstätten von Leptis Magna, von Sabratha und von Kyrene, die Felsmalereien von Tadrart Acacus und die Altstadt von Ghadames. Das historische Zentrum von Shakhrisyabz (Usbekistan) wurde hinzugefügt, Grund sind moderne Bautätigkeiten in der gut 50.000 Einwohner zählenden Stadt. Entfernt von der Liste hat die UNESCO die Monumente von Mtskheta (Georgien), da die Bemühungen um die Sicherheit der Stätte sich deutlich verbessert haben.
"Mali’s Old Towns of Djenné on List of World Heritage in Danger" (UNESCO, 13.7.): http://whc.unesco.org/en/news/1520
"Libya’s five World Heritage sites put on List of World Heritage in Danger" (UNESCO, 14.7.): http://whc.unesco.org/en/news/1523
"Historic Centre of Shakhrisyabz, Uzbekistan, added to List of World Heritage in Danger" (UNESCO, 13.7.): http://whc.unesco.org/en/news/1522
"Historical Monuments of Mtskheta, Georgia, removed from List of World Heritage in Danger" (UNESCO, 13.7.): http://whc.unesco.org/en/news/1521

4.5.
Ab November: MOOC: "Heritage under threat"
Krieg, Vernachlässigung und Plünderung bedrohen Kulturgut überall auf der Welt. Ein ab November auf der MOOC-Plattform "Coursera" frei zugänglicher Kurs der Leidener Archäologin Sada Mire wird die gegenwärtige Zerstörung von Kulturgut in ihrer Einzigartigkeit thematisieren. Die Teilnehmer lernen außerdem, wie Kulturgut geschützt werden kann, beispielsweise mittels moderner Technologien. Die Teilnahme ist kostenlos, vorheriges Wissen ist nicht erforderlich.
http://www.universiteitleiden.nl/en/news/2016/07/new-mooc-heritage-under-threat


5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1.
Stellungnahme des britischen Berufsverbandes CIfA zum Brexit-Referendum
Das Chartered Institute for Archaeologists (CIfA)- der große britische Berufsverband für die Archäologie - hat am 7.7. ein Statement publiziert, das auf das Ergebnis des Brexit-Referendums reagiert: Das CIfA wolle zum Referendum und zur politischen Frage um die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU keine Stellung nehmen oder spezifische Position vertreten. In seiner Stellungnahme betont das CIfA jedoch seine internationale Ausrichtung. Mitglieder des CIfA seien in 32 Staaten der Welt beheimatet oder berufstätig. Das CIfA wolle über staatliche Grenzen hinweg der Archäologie und dem Kulturerbe sowie den Archäologinnen und Archäologen dienen und allen Menschen den Wert des kulturellen Erbes verdeutlichen und für seine Pflege und seinen Erhalt werben. Das durch die Archäologie erarbeitete Wissen biete einen wesentlichen Beitrag, Probleme der Gegenwart wie Mobilität, Migration und kulturelle Identitäten besser zu verstehen und aufgrund dessen möglicherweise auch klüger zu handeln. Großherzigkeit und Gastfreundlichkeit seien bemerkenswerte europäische Tugenden.
"Archaeologists, the UK, Europe and the world: A statement from CIfA" (CIfA, 7.7.): http://archaeologists.net/news/archaeologists-uk-europe-and-world-statement-cifa-1467892664
"Post-referendum uncertainty is harming research – universities need answers now" (The Guardian, 11.7.): https://www.theguardian.com/education/2016/jul/11/referendum-academic-research-universities-eu-students-brexit

5.2.
"Sterben auf Raten?" Bericht von der Jahrestagung des Deutschen Archäologen-Verbandes (DArV)
Wie kann man Karrieren in der Archäologie planbarer gestalten? Wie lassen sich Befristungen und die meist schlechte Bezahlung mit dem Wunsch nach einer Familie vereinbaren? Was sind notwendige Kompetenzen, um überhaupt Chancen auf eine Karriere im Fach zu haben? Und wie sieht ein typischer Karriereweg aus? Beantwortet werden sollten diese Fragen auf der Jahrestagung des Deutschen Archäologen-Verbandes (DArV) unter dem Titel "Wissenschaftlicher Nachwuchs", die vom 17.-19.6. in Jena stattfand. Themen der Vorträge waren unter anderem das neue Wissenschaftszeitvertragsgesetz, Stellenanforderungen und -verteilungen sowie Berufsaussichten außerhalb der Universität. In ihren lesenswerten und ausführlichen Tagungsbericht vertritt Kristin Oswald die Meinung, dass die Vorträge und Diskussionen mehr Fragen als Lösungen aufwarfen. Aus ihrer Sicht hat die Klassische Archäologie, die durch den DArV primär vertreten wird, "ein eher unselbstkritisches Bild von Lehre und Berufsvorbereitung". Die Veranstaltung selbst beweist aber, dass es im Fach ein gewisses Problembewusstsein und den Wunsch nach einer Neuausrichtung geben muss. Die Widersprüche zwischen den Ziel der universitären Ausbildung "akademische Forschung" - einen für die Meisten unerreichbaren Berufsweg - und den Anforderungen der Arbeitswelt (im Fall von Archäologen Museen, Denkmalpflege, Verlage, Medien oder die freie Wirtschaft) scheinen nicht archäologie-spezifisch, sondern systemimmanent zu sein. In der Tradition der Ordinarienuniversität, betonten Anja Weber und Patrick Wöhrle von der Mittelbauinitiative Dresden in ihrem Vortrag, komme ein Engagement für Lehre einem Selbstmord der wissenschaftlichen Karriere gleich, damit sei "die Verantwortung für eine gute Ausbildung gleich null". Mechthild Dreyer, Vizepräsidentin der Universität Mainz, zufolge ist es jedoch spezifisch für die Geisteswissenschaften, Juniorprofessuren dafür zu nutzen, Lehrstühle günstig und auf Zeit besetzen zu können, anstatt sie zu streichen. Sie seien deshalb "ein Sterben auf Raten", auch wenn die Mehrheit anschließend tatsächlich eine Professur bekomme. Katharina Lorenz von der University of Nottingham stellte das wissenschaftliche System in Großbritannien vor. Dort seien "Classics" ein angesehenes Studium Generale, das Arbeitgeber wie Studierende als sinnige Grundlage und Sprungbrett in anderweitige Tätigkeiten anerkennen. Sie betonte zum Abschluss der Tagung, dass sich Archäologen nicht nur zu ihren Forschungsergebnissen, sondern auch zu ihren Problemen und aktuellen Themen zu Wort melden sollten. Der DArV, so wurde laut Kristin Oswald auf der Tagung immer wieder laut, sollte seine Aufgabe als Interessensvertretung der Klassischen Archäologie und des wissenschaftlichen Nachwuchses stärker wahrzunehmen. Der DArV nehme sich dieses Ansatzes an, schreibt Oswald, und wolle sich bei seiner Jahrestagung 2017 in München archäologischen Berufswegen außerhalb der Universität widmen. Da sich die DGUF sich seit Jahren mit denselben Themen beschäftigt und sie bei ihrer Tagung "Archäologie und Macht" im Mai diesen Jahres ebenfalls diskutierte, wäre es an der Zeit "disziplinäre Scheuklappen" abzulegen. Während nämlich klassische Archäologen bei der DGUF-Tagung anwesend waren – dies stellt Kristin Oswald in ihrem Blog falsch dar - waren es offensichtlich Ur- und Frühgeschichtler bei der des DArV nicht. Nur zustimmen kann man Kristin Oswalds Schlussfolgerung: "Die strukturellen Probleme beider sind jedoch dieselben und langfristig scheint es sinnig, entsprechende Diskussionen mit Politik und Geldgebern gemeinsam zu führen, beispielsweise über den Deutschen Verband für Archäologie, der als Dachverband noch stärker die Aufgabe hat, gemeinsame Interessen zu vertreten."
Kristin Oswald, "Sterben auf Raten. Wissenschaftlicher Nachwuchs in der (Klassischen) Archäologie" (Krosworldia, 4.7.): https://kristinoswald.hypotheses.org/1854
Programm der DArV-Tagung "Wissenschaftlicher nachwuchs": http://darv.de/fileadmin/user_upload/documents/Programme_Jahrestagungen/Programm_Jena_2016.pdf


6. Open Access & Open Data
6.1.
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz veröffentlicht seine Inventarbücher im Open Access - so gut wie...
Das 1852 gegründete und 1854 eröffnete Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz - eines der ältesten Archäologie-Museen in Deutschland - legt seine Inventarbücher im freien Zugang via Internet offen, von den ersten Jahren an bis 1995. Ein freies Stöbern und auch wissenschaftliches Recherchieren in einem Bestand von 42 Büchern mit etwa 85.000 Originalen und Kopien ist damit möglich. Das RGZM ist nach Kenntnis der Newsletter-Redaktion das erste archäologische Museum in Deutschland, das diesen Schritt macht. Das Museum sieht ihn als einen weiteren Baustein in seiner Open-Access-Strategie, die beispielsweise auch die renommierte wissenschaftliche Zeitschrift des Hauses einschließt. Die Inventarbücher gerade des 19. Jahrhunderts zeigen die meisten Objekte in schönen Zeichnungen oder Fotografien, es ist ein Vergnügen, in ihnen zu blättern. Theoretisch - denn die Benutzeroberfläche ist schwer verständlich, umständlich in der Bedienung, und am Ende sieht man die Seiten in einem Viewer mit steter, überlagernder Einblendung eines RGZM-Wasserzeichens, ein Ausdrucken und Weiterverwenden der Ansichten ist praktisch nicht möglich. Open Access? Das verstehen wir anders, beispielsweise im Sinn der Unterzeichner der "Berliner Erklärung". So bewertet die Newsletter-Redaktion das Vorhaben als einen weiteren Beitrag im Run um das neuerdings schicke Offen-Sein, ohne es wirklich zu wollen (vgl. Siegmund & Scherzler, 24.3.2016). Noch deutlichere Worte findet der museums- und inventarisierungserfahrene Archäologe und Blogger Guido Nockemann, der hier wenig "Openness" erkennen kann.
"Inventarbücher des Römisch-Germanischen Zentralmuseums jetzt online zugänglich" (Pressemeldung RGZM, 12.7.): http://web.rgzm.de/a/article/die-inventarbuecher-des-roemisch-germanischen-zentralmuseums-sind-ab-sofort-online-zugaenglich-1/
"Die Inventarbücher des RGZM": http://web.rgzm.de/forschung/die-inventarbuecher-des-rgzm/
Siegmund, F. & Scherzler, D. (24.3.2016). "Die Archäologie muss sich einmischen". Die Initiative "Open-Access 2020" und der Open Access-Rummel im Frühling 2016. http://www.dguf.de/index.php?id=396
Guido Nockemann: "Digitalisierung von Inventarbüchern… und wie man es nicht machen sollte" (Archäologe 2.0, 13.7.): https://archaeologie2punkt0.wordpress.com/2016/07/13/digitalisierung-von-inventarbuechern-und-wie-man-es-nicht-machen-sollte/


7. Bürger und Archäologie & Citizen Science
7.1.
Wissenschaftsbarometer 2016: YouTube wird als Informationsquelle zunehmend wichtig
Das Projekt "Wissenschaft im Dialog" hat das "Wissenschaftsbarometer 2016" veröffentlicht. Dabei handelt es sich um eine im Mai 2016 durchgeführte repräsentative Umfrage bei Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland darüber, wie sie sich über Wissenschaft informieren und welchen Stellenwert und welche Glaubwürdigkeit Wissenschaft für sie haben. Die Umfrage beruht auf 1.006 Antwortenden, so dass bereits Unterschiede von einigen wenigen Prozenten statistisch signifikant und interpretierbar sind. Die Antworten machen deutlich, dass viele Menschen in Deutschland sich für Wissenschaft interessieren (41%) und sie deren gute Finanzierung für wichtig halten (49%+45%). Etwa zwei Drittel aller Befragten informieren sich im Fernsehen über Wissenschaftshemen, etwa 55% in Printmedien, etwa 42% via Internet. Dabei sind Websites, Blogs und Social Media wie Facebook/Twitter etc. für jeweils eine Drittel der Befragten eine Informationsquelle, während YouTube von 44% der Befragten als Quelle genannt wird. Interessant ist hierbei der tiefere Blick in das Informationsverhalten der einzelnen Altersklassen: Die Nutzung des Internets als Informationsquelle (Tab. 3.13) ist in den Altersklassen bis 49 Jahren hoch (53-59%) und flacht danach deutlich ab (ü60: 25%) ab. Demgegenüber sind Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter (Tab. 4.1) oder Blogs (Tab. 4.4) nur für die 14-29-Jährigen wichtige Quellen (54% bzw. 50%), mit zunehmendem Alter lässt deren Bedeutung stark nach (ü40: ca. 20% bzw. ca. 25%). Anhand von YouTube (Tab. 4.7) informieren sich 78% (!) der 14-29-Jähren über Wissenschaftsthemen, auch hier fällt die Nutzung jenseits dieser Altersklasse stark ab (ü40: 30-26%). Doch die einfache Gleichung Jugend = online = YouTube wäre verfehlt. Denn Jüngere sind zugleich die häufigeren Besucher von Wissenschafts- und Technikmuseen (Tab. 5.1), hier liegt der markante Altersunterschied zwischen der Gruppe 14-49 Jahre einerseits (42-47%) und der über 50-Jährigen (36%) andererseits. Events wie "Die lange Nacht der Wissenschaft" oder ähnliche (Tab. 5.4) besuchen vor allem die 14-29-Jährigen (42%), ab 30 fällt deren Nutzung auf 12-17% ab. Ein detailliertes Studium der Befragungsergebnisse, die zum freien Download bereit stehen, ist daher für alle diejenigen besonders wertvoll, die mit Wissenschaftsthemen ein breiteres Publikum erreichen und mit Bürgen in einen Dialog treten wollen. In ihrem Blog Krosworldia hat Kristin Oswald die drei Umfragen der Jahre 2014-2016 miteinander verglichen und kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Haltung zu wissenschaftlichen Themen und das Informationsverhalten der Befragten in den letzten drei Jahren nicht wesentlich verändert hat.
"Wissenschaftsbarometer 2016. Eine repräsentative Meinungsumfrage" (Wissenschaft im Dialog, 29.6.): http://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/
Kristin Owald: "Wissenschaftsbarometer 2014 bis 2016. Wie und wo informieren sich die Menschen über Wissenschaft und Forschung?" (Krosworldia, 11.7.): https://kristinoswald.hypotheses.org/1865

7.2.
Zehn Gründe, sein Forschungsprojekt via Crowdfunding zu finanzieren – und einer, es nicht zu tun
Über Crowdfunding sprechen viele Kollegen, einzelne waren sogar erfolgreich damit. Sollte man es selbst also auch einmal ausprobieren? Die Crowdfunding-Plattform "FutSci" listet zehn Gründe pro Crowfunding auf. Dass man dadurch ergänzende Geldmittel zu klassischer Finanzierung erhalten kann, ist in der Tat einer der Gründe, dass man damit eine Debatte mit der Öffentlichkeit beginnt, ein anderer. Und was spricht dagegen, sich um eine Finanzierung via Crowdfunding zu bemühen? Wenn man nicht bereit sei, sich zu 100% um die Kampagne zu bemühen.
"10 reasons to crowdfund your science research" (FutSci, 14.6.): https://www.futsci.com/page/10-reasons-to-crowdfund-your-science-research

7.3.
Wie realistisch ist es, Bachelor- und Master-Projekte via Crowdfunding (mit) zu finanzieren?
Fehlt das Geld für ein leistungsfähiges Mikroskop, für eine Recherchereise ins Ausland, oder ist die Drucklegung einer hochwertigen Abschlussarbeit mit besonderen Kosten verbunden? Crowdfunding kann eine gute Möglichkeit sein, wenn es sich um drei- oder kleinere vierstellige Summen handelt Das empfiehlt Wirtschaftinformatiker Christian Reinbothund. Die aus dem Kunst- und Kulturbereich stammende Finanzierungsform findet auch in der Wissenschaft mehr und mehr Verbreitung. Beim Crowdfunding wird das Projekt allen interessierten Bürgern ausführlich auf einer Internetplattform vorgestellt und um finanzielle Unterstützung in Form von kleinen und kleinsten Beträgen geworben. Häufig werden die Gelder nur dann an das Projekt ausgezahlt, wenn die minimal benötigte Summe innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zusammenkommt. Es gibt auch Crowdfunding-Projekte, wo alles Geld, das Investoren zu geben bereit sind, eingesetzt wird, egal, wie wenig oder viel es ist. Wie können Studierende Crowdfunding am besten nutzen? Es lohnt sicher, sich zunächst große Plattformen wie Startnext, VisionBakery und Kickstarter anzusehen, aber es gibt auch auf den Bereich Bildung und Forschung spezialisierte Plattformen wie Sciencestarter im deutschsprachigen Raum. Die Plattform wird von der gemeinnützigen Berliner Wissenschaft im Dialog gGmbH betrieben, die 1999 von führenden Wissenschaftsorganisationen wie Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft gegründet wurde und heute maßgeblich durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt wird. Über Sciencestarter wurde in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe spannender studentischer Projekte unterstützt, wobei es sich bei dem Großteil – noch – um Dissertationen handelt. Bei Experiment, der größten wissenschaftlich ausgerichteten Crowdfunding-Plattform im internationalen Raum, finden sich auch schon Beispiele archäologischer Abschlussarbeiten, die durch Crowdfunding ermöglicht wurden. Im englischspachigen Raum ist diese Finanizierungform aber auch generell in der Archäologie - vor allem bei Ausgrabungen - schon wesentlich verbreiteter. Auch wenn Crowdfunding für Abschlussarbeiten also möglich ist, bringt das Bemühen um eine Finanzierung einiges an Arbeit mit sich: Es muss ein aussagekräftiges Projektprofil mit Vorstellungsvideo erstellt werden, potenzielle Unterstützer wollen über Soziale Medien umworben und am Ball gehalten werden. Regelmäßige Blogbeiträge sind unerlässlich und zwar sowohl in der Finanzierungsphase als auch in der Durchführungsphase, in der die Unterstützer über den Fortgang des Projekts informiert werden wollen. Für kommunikative Persönlichkeiten, die auch entsprechend Zeit einbringen können, kann Crowdfunding also eine sehr gute Option sein.
Christian Reinboth, "Crowdfunding von Bachelor- und Master-Projekten – realistisch oder nicht?" (Wissenschafts-Thurm, 5.7.): http://wissenschafts-thurm.de/crowdfunding-von-bachelor-und-master-projekten-sinnvoll-oder-nicht/

7.4.
Warum sind gute Fotos für den Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne so wichtig?
Nicht nur die Frage beantwortet der aktuelle Beitrag des Startnext-Blogs, sondern gibt zudem viele wertvolle Tipps und Beispiele gut gelungener Fotos. Alles knapp und prägnant formuliert. Ganz wichtig: Das Vorschaubild einer Crowdfunding-Kampagne ist das wichtigste, denn für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Die Aufmerksamkeitsspanne des Nutzers ist begrenzt, und nur gute Fotos werden weiterverbreitet.
"Warum gute Fotos für den Erfolg eurer Crowdfunding-Kampagne so wichtig sind" (Startnext-Blog, 13.7.): https://www.startnext.com/blog/Blog-Detailseite/b/Warum-gute-Fotos-fuer-den-Erfolg-eurer-Crowdfundin-1166

7.5.
Zehn Prinzipien von Citizen Science der European Citizen Science Association
Die Voraussetzungen für eine gute Praxis in Citizen-Science-Projekten sollen die zehn Prinzipien skizzieren, welche die European Citizen Science Association (ECSA) aufgelistet hat. So sollen Citizen-Science-Projekte zu echten wissenschaftlichen Erkenntnissen führen. Bürgerinnen und Bürger, die an Projekten mitgearbeitet haben, erhalten nach den Prinzipien der guten Praxis ein Feedback von den Wissenschaftlern, beispielsweise zur Verwendung der Daten oder zu den wissenschaftlichen Ergebnissen des Projekts. Die Prinzipien sind eine gute Orientierung für alle Citizen-Science-Projekte in Archäologie und Denkmalpflege, um das eigene Handeln selbstkritisch zu überprüfen. Allen, die über die Einbindung von Bürgern nachdenken, sind die Prinzipien gleichermaßen eine wertvolle Richtschnur. Die ECSA ist eine NGO mit dem Ziel, Bürgerwissenschaft in Europa voranzubringen. Sie wurde 2013 gegründet und hat persönliche & institutionelle Mitglieder aus mehr als 28 Ländern.
"Zehn Prinzipien von Citizen Science - Bürgerwissenschaften" (ECSA, 6.12.2015): http://ecsa.citizen-science.net/sites/default/files/ecsa_ten_principles_of_cs_german.pdf
Website ECSA: http://ecsa.citizen-science.net/

7.6.
Betreiben Sondengänger automatisch Citizen Archaeology? Ja, findet das Britische Museum
"Citizen Archaeology" sei ein wachsendes Phänomen, allein via PAS seien 82.000 Funde gemeldet worden, schreibt das Britische Museum in einer Pressemeldung. Die Suche nach Artefakten mit Metalldetektoren durch Nicht-Archäologen ist also automatisch "Citizen Archaeology"? Auch all diejenigen sind Bürger-Archäologen, die für ihre private Sammlung suchen, Befunde dabei zerstören und Fundorte nicht melden? Das Heritage Journal konstatiert entsetzt, das das Britische Museum die professionellen Leistungen eines Berufsstandes entwerte. Paul Barford habe ans Britische Museum geschrieben, notiert das Journal in einer Anmerkung vom 12.7., aber Barfords Kernfrage sei vom Museum nicht beantwortet worden. Pascal Geiger, als Sondengänger ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, hinterfragt in deutlichen Worten, dass das reine Sondengehen bereits "Citizen Archaeology" darstelle. Er schreibt im Blog "Bergische Historiker": "Unserer Auffassung nach KANN das Sondengehen unter Archäologie eingeordnet werden. Es KANN auch (damit) unter Citizen Science kategorisiert werden, JEDOCH sind hierfür Voraussetzungen notwendig, die von den meisten Sondengängern nicht erfüllt werden. Zumeist handelt es sich stattdessen eher um eine Schatzsuche. […]Die alleinige Tätigkeit des Suchen & Findens von (beweglichen) Bodendenkmälern unter Einsatz einer Metallsonde, sowie die gemachten Funde zu melden, wird nicht dem Begriff 'Archäologie' gerecht und schon gar nicht dem Begriff 'Archäologe'."
"The British Museum announces most successful year everAnnual Review Launch 2016" (Pressemeldung British Museum, 30.6.): http://www.britishmuseum.org/pdf/annual-review-press-release.pdf
"Now the British Museum insults every archaeologist and heritage professional?" (The Heritage Journal, 9.7.): https://heritageaction.wordpress.com/2016/07/09/now-the-british-museum-insults-every-archaeologist-and-heritage-professional/?utm_source=dlvr.it&utm_medium=facebook
Pascal Geiger, "The British Museum: Sondengänger betreiben Citizen Archaeology" (Bergische Historiker, 11.7.): http://www.bergische-historiker.de/blog/82-the-british-museum-sondengaenger-betreiben-citizen-archaeology
Paul Barford, "A Citizen's Guide to Museums (Courtesy British Museum)" (PACHI, 15.7.): http://paul-barford.blogspot.de/2016/07/a-citizens-guide-to-museums-courtesy.html


8. Und sonst …
8.1.
Day of Archaeology am 29.7.: Ein Projekt beleuchtet die Arbeit in der Archäologie
Der Internationale "Tag der Archäologie" findet in diesem Jahr am 29.7. statt. Wieder ist jeder zum Mitmachen eingeladen, der einen Bezug zum Fach hat - egal ob man professionell arbeitet, studiert oder als Ehrenamtlicher tätig ist. Die Teilnehmer dokumentieren ihre Tätigkeiten in und für die Archäologie an diesen Tag, z. B. in schriftlicher Form, in Fotos oder als Video. Anschließend werden die Ergebnisse auf der Website der Aktion veröffentlicht, um Interessierten einen facettenreichen Einblick in die Bandbreite von Tätigkeiten innerhalb der Archäologie zu gewähren und die Relevanz archäologischer Forschung für die moderne Welt zu verdeutlichen. Ziel ist es, einen Einblick in den echten Alltag von Personen, die mit Archäologie befasst sind, zu ermöglichen. Daher hat ein Team von professionellen Archäologen auf ehrenamtlicher Basis im Jahr 2011 das internationale Projekt "Day of Archaeology/Tag der Archäologie" ins Leben gerufen.
http://www.dayofarchaeology.com/tag-der-archaologie/

8.2.
Bund fördert kulturelle Institutionen und Projekte im Jahr 2017 mit deutlich mehr Geld
1,35 Milliarden Euro für den Kulturetat 2017 sind vorgesehen, das ist laut Bundesregierung eine Steigerung von circa 5,8% gegenüber dem Jahr 2016. Zu den vom Bund geförderten kulturellen Institutionen zählen u. a. das Humboldt-Forum, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Klassik Stiftung Weimar, die Deutsche Welle, die Berlinale und das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste. Zu den zu fördernden Projekten gehören u. a. ein Programm, das die NS-Vergangenheit zentraler Behörden aufarbeiten soll, sowie Forschungen zum kulturelle Erbe der Deutschen im östlichen Europa.
"Grütters: Deutlich höhere Förderung kultureller Institutionen und Projekte des Bundes für 2017 erreicht" (Pressemeldung Bundesregierung 6.7.): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2016/07/2016-07-06-bkm-kulturhaushalt.html

8.3.
"Formatierung der Forscher": Kritik an Schweizer Forschungsförderung
Sylvia Sasse, Professorin für Slawische Literaturwissenschaft an der Universität Zürich, kritisiert in einem Rundumschlag die Forschungsförderung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), dem Pendant zur DFG in Deutschland. Ihr Beitrag erschien in "Geschichte der Gegenwart", einem von prominenten Zürcher Professoren herausgegeben Online-Magazin. Sasses lesenswerte Analyse ist getragen von der These, dass es der Forschungsförderung des SNF - auch in den Geisteswissenschaften - mehr und mehr um Steuerung gehe: um Steuerung der Themen, was geforscht wird, und um Steuerung der Art von Wissenschaftlern, die im Wettbewerb um Drittmittel wiederholt erfolgreich sind. Ihre Analyse der diversen, z. T. aufeinander aufbauenden Programme und Förderlinien des SNF zeigt auf, wie widersprüchlich die Vorgaben, Ziele und Programme sind. Im Ergebnis gehe es mehr um eine "Formatierung der Forscher", d. h. um eine formale Windschnittigkeit der Antragsteller und der Geförderten denn um Inhalte und relevante Ergebnisse. Der Nachwuchs stecke in einem engen Korsett von äußeren Anforderungen, die oft nicht erfüllbar seien und die letztlich interessante Talente aus der Forschung wegtreiben würden. Der Text ist auch für deutsche Leser, die an Hochschul- und Drittmittelforschung interessiert sind, von Interesse, denn er informiert über Schweizer Forschungspolitik und löst vor allem ein Nachdenken darüber aus, ob denn die Förderpolitik der DFG und die Rahmenbedingungen für junger Forscher in Deutschland wirklich anders sind.
"Hürdenpolitik. Wie Forschungsförderung Forschung verhindert" (Geschichte der Gegenwart, 6.7.). http://geschichtedergegenwart.ch/huerdenpolitik-wie-forschungsfoerderung-forschung-verhindert/

8.4.
D-PLACE - the Database of Places, Language, Culture and Environment
Eine frei zugängliche und durchsuchbare Online-Datenbank mit Informationen zu mehr als 1.400 Gesellschaften, so, wie sie Ethnographen im 19. und frühen 20. Jahrhundert erfasst und gesammelt haben: das ist D-PLACE. Auch als Archäologe kann man darin mit Gewinn recherchieren. So erfährt man beispielsweise, dass bei 345 der erfassten Gesellschaften Töpferei dominant von Frauen ausgeübt wird und nur in 42 Gesellschaften vor allem von Männern - und könnte dies nun vertiefend etwa mit weiteren ökonomischen Daten, mit Sprachen oder Umweltinformationen verschneiden und vertieft untersuchen. Es ist leicht, an der selbststolz in PLOS ONE publizierten Datenbank zu mäkeln, schließlich ist es z. Zt. nicht mehr als das Zusammenpacken und Online-Stellen zweier bereits bekannter und publizierter Datensammlungen dieser Art. Doch statt dessen sollte man das (erweiterbare) Projekt als Denkanstoß nehmen, ob nicht auch in der Archäologie gut strukturierte, gemeinsame erstellte Datenbestände wohl definierten Inhalts dem weiteren Erkenntnisgewinn neuen Schub geben könnten.
Price, G. (2016). Research Tools: Massive Open Access Database on Human Cultures Launches Online (infoDocket, 9.7.): http://www.infodocket.com/2016/07/09/reference-massive-open-access-database-on-human-cultures-now-available-online/
Kirby, K. R., Gray, R. D., Greenhill, S. J., Jordan, F. M. et al. (2016). D-PLACE: A Global Database of Cultural, Linguistic and Environmental Diversity. Plos One, 8.7.2016: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0158391#sec018

8.5.
Attraktiv insbesondere für Museen: Förderprogramm "Kultur macht stark" verlängert!
Das Programm "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung" geht ab 2018 in die zweite Förderphase. Ziel dieses mit rund 32 beteiligten Verbänden größten Förderprogramms des Bundesbildungsministerium (BMBF) für außerschulische kulturelle Bildung ist es, Kinder und Jugendliche aus bildungs- und kulturfernen Milieus an Literatur, Theater, Tanz, Kunst und Geschichte heran zu führen. Nach Aussagen des BMBF wurden in den vergangenen Jahren mit dieser Initiative rund 400.000 Kinder in mehr als 12.000 Projekten erreicht. Dank des Engagements des Deutschen Museumsbundes (DMB) und des Bundesverbands Museumspädagogik stehen darin auch für Museen erhebliche Fördermittel zur Verfügung. So konnten allein seitens des DMB in der ersten Fördersequenz rund 100 Museumsprojekte gefördert werden. Archäologische Museen sind allerdings unter den Antragstellern noch unterrepräsentiert. Gefördert wurden bisher das AÖZA Freilichtmuseum Albersdorf und die Varusschlacht im Osnabrücker Land – Museum und Park Kalkriese.
"Museum macht stark" (Deutscher Museumsbund e. V.): http://www.museum-macht-stark.de/
"MuseobilBOX - Museum zum Selbermachen" (Bundesverband Museumspädagogik e. V.): http://www.museumspaedagogik.org/projekte/museobilbox.html
"'Kultur macht stark' wird 2018 fortgesetzt" (BMBF): http://www.buendnisse-fuer-bildung.de/ und http://www.buendnisse-fuer-bildung.de/media/content/160411_BMBF-118_Kultur_macht_stark_BARRIEREFREI.pdf

8.6.
"Der edle Herr von Boilstädt" - eine Dokumentation des MDR
Bei Gotha-Boilstädt (Thüringen) erfolgten seit 2012 Rettungsgrabungen im Vorfeld eines Straßenbaus (B 247). Aus einem dabei entdeckten frühmittelalterlichen Gräberfeld wurde ein auffälliger Befund im Oktober 2013 im Block geborgen, mit ca. 15 Tonnen Gewicht die bislang größte Blockbergung in Thüringen. Die weitere Freilegung des Befundes erfolgte in den Werkstätten des Landesamtes in Weimar. Die MDR-Autorin Steffi Peltzer-Büssow hat das Projekt von Anbeginn an begleitet, ihr 30-minütiger Film wurde jetzt ausgestrahlt. Nicht Sensationen stehen im Vordergrund der Dokumentation, sondern die Alltagsarbeit einer Landesarchäologie, ihr methodischen Vorgehen und die Menschen, die dies tun, sowie die historische Einordnung des Gefundenen. Gezeigt wird die Blockbergung, die geomagnetische Prospektion zur Abklärung der weiteren Ausdehnung des Gräberfeldes und die Freilegung und Dokumentation des Grabes. Man erfährt von einem Lederbeutel u. a. mit Perlen, einem blauen (keltischen) Glasarmring, einer als Charonspfennig dienenden Münze (westgot. Münze, span. Prägung, Mitte 6. Jh.), Wadenbindengarnituren und einer Pferdetrense mit silbernen Nieten. Der männliche Tote war etwa 1,8 m groß und hatte eine Zahnlücke. Ein besonderer Fund in diesem Grab, das nach der Münze aus der Zeit nach der 531 erfolgten Eroberung des Thüringerreiches durch die Merowinger stammt, ist eine aus Byzanz importierte Bronzelampe. Die Sendung ist in der MDR-Mediathek online verfügbar.
"Der edle Herr von Boilstädt" (MDR, 22.7.; Video, 29:24 Min.): http://www.mdr.de/mediathek/mdr-videos/c/video-32522.html

8.7.
"The last Neanderthal": Videoserie der BBC
Bei der BBC ist seit 11.7. eine fünfteilige Serie kurzer Videos verfügbar, die sich mit dem Ende der Neandertaler befassen. "Imagine being the last of your kind", beginnt der erste Film von gut drei Minuten. Was führte zum Aussterben der Neandertaler, schufen sie Kunst, wie "menschlich" waren sie, und wie viel Neandertaler steckt in uns? Aufnahmen entstanden u. a. im Gorham-Höhlenkomplex, Gibraltar, der die letzte bekannte Neandertaler-Fundstelle in Europa darstellt und am vergangenen Freitag zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde.
http://www.bbc.com/earth/story/20160711-the-last-neanderthal

8.8.
Britisches Museum bietet Rohdaten seiner 3D-Modelle zum Download und damit zum Selbstausdrucken an
Unter der Überschrift "Artefakte für alle" berichtete die FAZ am 4.7. über die online verfügbaren 56 3D-Modelle von Fundstücken aus dem Britischen Museum. Ausgewählte Artefakte werden sogar zum Download – und damit auch zum Selbstausdrucken via eigenem 3D-Drucker – angeboten. Der Blick in die Historie der hochgeladenen Modelle zeigt: Die digitale Sammlung ist nicht wirklich neu. Der FAZ-Artikel bietet aber den willkommenen Anlass, das Angebot des Britischen Museums etwas genauer zu betrachten und vor allem kursorisch mit der Situation an deutschen Museen im Kontext der Archäologien zu vergleichen. Die Modelle des Britischen Museums werden über die Website von Sketchfab bereitgestellt, ein 2012 in Paris gegründetes Unternehmen mit einer beeindruckenden Entwicklung. Es handelt sich um die wichtigste Plattform für 3D-Modelle im Internet, genutzt von großen Institutionen bis hin zu Privatpersonen, entsprechend breit gefächert ist die Modellpalette. Das Britische Museum ist bei Sketchfab ein sehr prominentes Museum, mit 56 Modellen in der Kategorie "Archäologie" einer der größten Anbieter und mit 2.305 "Followern" immerhin auf Platz 13 der Weltrangliste aller Museen. Das Angebot des Britischen Museums bei Sketchfab ist in zehn Sammlungen untergliedert, in denen die Objekte angeboten werden, wobei sich die Dominanz der Ägyptischen Skulptur (elf Modelle) sicher aus einem Sammlungsschwerpunkt und dem Publikumsinteresse speist. Die Afrikanische Felskunst ist eher ungewöhnlich und spannend. Folgende Sammlungen (Anzahl der Objekte) werden geboten: Egyptian sculpture (11), African Rock Art (8), Busts (7), Roman sculpture (6), AOA (Africa, Oceania and the Americas) objects (6), MicroPasts objects (6), Digital Pilgrim (5), Middle Eastern Sculpture (3), Buildings (1), Room 3 (1). Die Qualität der Modelle ist für das Internet sehr gut und die Dynamik beeindruckend, die von Sketchfab gebotene Plattform ist wirklich überzeugend. Die Modellpalette des Britischen Museums ist nicht ganz neu, mindestens zehn Objekte stehen seit über einem Jahr zur Verfügung. Das erfolgreichste Modell hat beeindruckende 3.800 "views" in sieben Monaten erreicht, die jüngsten Modelle erreichen 150 bis 200 "views" in der ersten Woche. Einzelne Objekte weisen Erläuterungen zu kleinen Details auf. - Wie sieht es in deutschen archäologischen Museen aus? Die Staatlichen Museen Berlin verfügen seit Jahren über eine Online-Bilddatenbank mit mehr als 168.000 Einträgen zu wichtigen Artefakten. Vor acht Jahren, mit dem Hype um das Onlineangebot Europeana noch "up to date", wirkt das heute im technischen Vergleich eher altbacken. Der Mehrwert liegt hier nur bedingt in der Informationstiefe gegenüber der hinterlegten Information in den 3D-Modellen. Bereits 2008 wurde ein digitales 3D-Modell von der Büste der Nofretete erstellt und steht Wissenschaftlern zur Verfügung, es wird aber nicht zur medialen Präsentation verwendet. Mit den Daten wurde aber eine anfassbare Replik erstellt. Die Suche mit den Schlagwörtern "3D" "scan" "Museum" und "Halle" liefert interessante Rezepte für den Hausgebrauch zum Erstellen von Stereoskop-Bildern, echtes 3D mit Scanner oder Structure From Motion wird im Netz nicht geboten. Im Landesmuseum Schloss Gottorf in Schleswig wird gleichfalls seit geraumer Zeit mit einem Streifenlichtscanner gearbeitet. Die erzeugten Modelle werden in Präsentationen und Ausstellungen integriert, auf der Website auf diese Technik verwiesen - das war‘s. Das Britische Museum ist also weit vorne in der aktuellen modernen Präsentationstechnik im Internet, die Staatlichen Museen Berlin sind mit ihrem beeindruckenden Angebot technisch leider nicht mehr ganz aktuell. Ansonsten liegt der Schwerpunkt in der traditionellen, auch guten und wichtigen Präsentation der Archäologie im ganz realen Museum vor Ort.
"Artefakte für alle" (FAZ, 4.7.): http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/3d-druck-artefakte-fuer-alle-14277598.html
Sketchfab: http://www.sketchfab.com
Bilddatenbank der Staatlichen Museen Berlin: http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&moduleFunction=highlight
"3-D-Scans" (Landesamt f. Denkmalpflege u. Archäologie Sachsen-Anhalt): http://www.lda-lsa.de/forschung/weitere_projekte/archaeoscan/3_d_scans/
"Die GIS-Abteilung im ZBSA" (Landesmuseen Schleswig-Holstein): http://www.schloss-gottorf.de/zbsa/zentrum/abteilungen/GIS_Abteilung/die-arbeit-der-gis-abteilung-im-zbsa

8.9.
Köln: Umsetzung "Archäologische Zone" startet
Nach jahrelangen Streitigkeiten und komplizierten Planungen zu Inhalten, Strukturen und Finanzen scheint das Projekt "Archäologische Zone" in Köln nun der Realisierung entgegenzusehen (DGUF-Newsletter vom 7.9.2012 Punkt 7.2.; 11.1.2013 Punkt 7.6.; 25.11.2013 Punkt 6.3.; 3.2.2014 Punkt 6.2.; 15.5.2014 Punkt 7.11.; 24.10.2014 Punkt 7.4.). Der neue Leiter des Museums und der Archäologischen Zone, Dr. Thomas Otten, hat seine Tätigkeit aufgenommen. Nun soll unter dem begonnenen Neubau des Jüdischen Museums eine große unterirdische und für Besucher begehbare Archäologische Zone mit Ausstellungselementen entstehen, in der vor allem viel antike Originalsubstanz von Köln sichtbar und erfahrbar gemacht werden soll, nicht zuletzt (mehr als bisher) die Reste des antiken Statthalterpalastes (Praetorium). Die Eröffnung soll 2019 erfolgen.
"Archäologische Zone: Köln wagt sich an das kulturelle Mammutprojekt" (Die Welt, 14.7.): http://www.welt.de/regionales/nrw/article157023398/Koeln-wagt-sich-an-das-kulturelle-Mammutprojekt.html
"Neuer Direktor stellt Pläne im Kulturausschuss vor. Ratskeller wird wieder Teil der Archäologischen Zone" (Köln Nachrichten, 17.6.): http://koeln-nachrichten.de/kultur/kulturpolitik/ratskeller-wird-wieder-teil-der-archaeologischen-zone/

8.10.
Bayern: es gelten das Verursacherprinzip und eine Zumutbarkeitsgrenze von 15 %
Das Verursacherprinzip ist im Bayerischen Denkmalschutzgesetz nicht explizit verankert. Doch eine Dienstanweisung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 9.3. regelt nun für alle Denkmalbehörden verbindlich ihr Vorgehen beim Erlass von denkmalrechtlichen Bescheiden. Danach gilt - abgeleitet aus anderen Gesetzesvorschriften - auch in Bayern das Verursacherprinzip, und die Behörden sind bei ihren Bescheiden nun angewiesen, es zu praktizieren. Dabei liege die Zumutbarkeitsgrenze für Investoren bei 15 % des Gesamtvolumens des jeweiligen Investitionsvorhabens; werde die archäologische Maßnahme teurer, müsse die Allgemeinheit einspringen. Das ist nach Kenntnis der Newsletter-Redaktion eine zum Wohle der Archäologie (und des Steuerzahlers!) ungewöhnlich hoch angesetzte Schwelle.
"Wissenschaftsministerium regelt Erlaubnisverfahren für Bodendenkmäler" (Denkmalnetz Bayern, 7.7.): http://www.denkmalnetzbayern.de/index.php/menueeintrag/index/id/17/seite_id/1829/parameter/YToxOntzOjE1OiJzZWl0ZW5fcGVyX3RlaWwiO2k6MTA7fQ%3D%3D
"Vollzug des DSchG; Hinweise zum Verfahren bei Bodendenkmälern" (Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, 9.3.2016): http://denkmal.netzwerk-heimat.de/uploads/bc01c272b6514481deca61a4d5106c0b.pdf

8.11.
Denkmalschutzgesetz Hessen: Parlamentarisches Verfahren zur Novellierung hat begonnen
Der Hessische Landtag hat auf seiner 78. Plenarsitzung am 12.7. - nach ungewöhnlich kurzem Vorlauf - den Regierungsentwurf für das überfällige neue Hessische Denkmalschutzgesetz (DSchG) in erster Lesung beraten (vgl. DGUF-Newsletter vom 28.12.2015 Punkt 1.5.). Der Gesetzentwurf weist gegenüber dem bisherigen hessischen DSchG zahlreiche Änderungen auf (Denkmalbegriff, Aufnahme UNESCO-Welterbestätten, Stärkung des Ehrenamts, usw.). Insbesondere würde mit dem jetzt vorgesehenen § 18 Abs. 5 das Verursacherprinzip fest im DSchG verankert. Der Gesetzentwurf wird nun in den Gremien und Ausschüssen intensiv beraten werden. Nach Informationen der Newsletter-Redaktion beabsichtigt die Fraktion Die Linke, einen Antrag auf Aufnahme des Verbandsklagerechts in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen (vgl. DGUF-Newsletter vom 17.11.2015 Punkt 1.3.).
"Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Denkmalschutzgesetz (HDSchG), Drucks. 19/3570" (12.7.): http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/0/03570.pdf

8.12.
Rekonstruktion der Kreisgrabenanlage von Pömmelte am 1.7. eröffnet
Bei Barby-Pömmelte (Salzlandkreis, Sachsen-Anhalt) wurde am 1. Juli, bewusst zur Sommersonnenwende, die moderne Rekonstruktion der 2005-2008 untersuchten Kreisgrabenanlage eröffnet. Die Errichtung der ursprünglichen Anlage von Pömmelte wird auf etwa 2.300 v. Chr. datiert, sie war etwa 200-300 Jahre in Nutzung (Schnurkeramik, Glockenbecher und Frühbronzezeit), wovon u. a. 29 Schachtgruben mit diversen Funden und auch menschlichen Skeletten zeugen. Die moderne Rekonstruktion bildet die fünfte Station der Tourismusroute "Himmelswege", andere Stationen sind die "Arche Nebra", das "Sonnenobservatorium Goseck", die "Dolmengöttin" bei Langeneichstädt sowie das Landesmuseum in Halle. Die Rekonstruktion kostete 2,2 Mio. Euro. Die üblichen Presseberichte zur und von der Eröffnungsveranstaltung, u. a. mit dem Landesarchäologen H. Meller, betonen die Themen Kult, Rituale und Kalenderfunktion. Eine kritische Einordnung bietet interessanterweise die NPD-Parteizeitung "Deutsche Stimme", die ein allzu geschmeidiges Vermengen von seriösen Forschungsergebnissen mit flotten politischen Thesen zur Gegenwart in den Eröffnungsreden bemängelt.
Martin Angler: "Menschenopfer und Bierrituale: Was passierte wirklich im deutschen Stonehenge"? (Motherboard, 1.7.): http://motherboard.vice.com/de/read/menschenopfer-und-trinkrituale-was-passierte-wirklich-im-deutsche-stonehenge
Katrin Löwe: "Stonehenge in Holz. Erster Blick auf jahrtausendealte Kultstätte bei Barby" (Mitteldeutsche Zeitung, 24.6.): http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/stonehenge-in-holz-erster-blick-auf-jahrtausendealte-kultstaette-bei-barby-1356600
"Ausgrabung der Kreisgrabenanlage von Pömmelte-Zackmünde" (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 13.3.2013): http://www.lda-lsa.de/nc/de/forschung/kooperationen/ausgrabung_der_kreisgrabenanlage_von_poemmelte_zackmuende
"Fauler Zauber um das Ringheiligtum von Pömmelte" (Deutsche Stimme, 27.6.): https://deutsche-stimme.de/2016/06/27/fauler-zauber-um-das-ringheiligtum-von-poemmelte/
Kai Knappe: "Ringheiligtum Pömmelte, 7.3.2016): https://www.youtube.com/watch?v=cfOUtL5JksI
"Ringheiligtum Pömmelte Kreisgrabenanlage Juni 2016" (Machdeburch, 25.6.): https://www.youtube.com/watch?v=avRqC-a7Hzg

8.13.
Happy Birthday, WARP! Das Feuchtbodenarchäologie-Netzwerk wird 30.
Wer bei "WARP" an unendliche Weiten denkt, ist vermutlich eher in der Mineralbodenarchäologie unterwegs. Unter den Matschologen steht das Akronym dagegen für das "Wetland Archaeology Research Project", ein von Bryony und John Coles vor genau 30 Jahren anlässlich ihrer Arbeiten in den englischen Somerset Levels gegründetes informelles und weltweites Netzwerk von Feuchtbodenarchäologen. Um das Jubiläum gebührend zu begieß-, pardon, zu begehen, fand vom 28.6. bis 2.7. im englischen Bradford eine Jubiläumstagung statt, zu der schlammophile Kollegen aus aller Welt zusammenkamen: Neben den üblichen Verdächtigen aus der circumalpinen Pfahlbauarchäologie, d. h. aus Deutschland, Österreich, Slowenien, Italien und der Schweiz (Frankreich war leider nicht vertreten), gab es Vortragende aus Belgien, Holland, Dänemark, Schweden, Japan, Australien, Neuseeland, Nordamerika und natürlich von den Britischen Inseln. Der Zeitplan war dicht gedrängt: 56 Vorträge in zweieinhalb Tagen reduzierten die Diskussion zwischen den Teilnehmern weitgehend auf kurze Momente technischer Pannen – ein kleiner Wermutstropfen in einem ansonsten vielfach sehr interessanten Programm. Einige Highlights (in order of appearance und selbstverständlich vollkommen subjektiv) waren Vince Gaffney über das Projekt "Europe’s Lost Frontiers" (passend zum Vortragstitel der Vortrag mit den meisten Brexit-Witzen – sieben von insgesamt 15!), Mark Knight über die "Must Farm timber platform" (s. DGUF-Newsletter vom 22.2.2015, Punkt 3.5.), Ed Carriere und Dale Croes mit "Re-awakening a 2,000 year old Salish Sea basketry tradition" (mit echtem Indianer!), Stijn Arnoldussen mit "Wetland signals in upland fields?" (der unterhaltsamste und auch technisch am besten gemachte Vortrag – alle wieder wach, und das kurz nach der Mittagspause!) und schließlich Tom Gardner, der seine Grabung im Embleton’s Bog nicht alleine lassen konnte und deshalb einen kurzweiligen Videovortrag über seine Fundstelle gedreht hatte. Neben den nur sehr kurzen Pausen und den langen Abenden mit Fußball-EM-Übertragungen (noch ein Brexit – aber darüber hat seltsamerweise niemand gewitzelt) gaben endlich das Conference Dinner mit sehr englischem Essen und die Exkursionen in die grandiosen Landschaften des Lake District und der Yorkshire Dales (Empfehlungen für alle wasserfesten Wandervögel!) trotz (oder wegen) des sehr englischen Wetters ausgiebig Gelegenheit zum Netzwerken. Leider ist die Website mit den Abstracts der Vorträge bereits in Warp-Geschwindigkeit vom Netz gegangen – es bleibt zu hoffen, dass die Tagungspublikation ähnlich schnell realisiert werden kann!
WARP-Website mit Newsletter: http://newswarp.info/
Helena Seidl da Fonseca, "'WARP' machen nicht nur Frösche, sondern auch ArchäologInnen" (Tagungsbericht auf Pfahlbauten.at, 4.7.): http://www.pfahlbauten.at/blog/%E2%80%9Ewarp%E2%80%9C-machen-nicht-nur-fr%C3%B6sche-sondern-auch-arch%C3%A4ologinnen

8.14.
Nominiert als "Spiel des Jahres 2016": "Imhotep: Baumeister Ägyptens"
Bei der heutigen Preisverleihung zum "Spiel des Jahres 2016" hat es für "Imhotep" von Phil Walker-Harding nicht zum Sieg gereicht (gewonnen hat "Codenames"), aber unbedingt ist das Familienspiel einen Blick wert. Tempel, Pyramide, eine Reihe Obelisken und eine Grabkammer müssen gebaut werden, also vier Monumente für die Ewigkeit. Das übernehmen die zwei bis vier Spieler, weil Baumeister Imhotep – im echten Leben gilt er als Erbauer der Stufenpyramide von Sakkara – aktuell leider verhindert ist. Zunächst müssen die Steine verschifft werden, um sie später teilweise gegen Werkzeuge und Verzierungen zu tauschen. "Der schlanke, taktische Mechanismus mit seinen immer wieder kniffligen Entscheidungen formt zusammen mit dem stimmigen Material ein rundes und spannendes Familienspiel aus dem Wüstensand", urteilte die Jury lobend.
"Spiel des Jahres" zu "Imhotep" : http://www.spieldesjahres.de/de/imhotep
"Imhotep: Das anspruchsvolle Familienspiel im Test" (Next Gamer, 31.3.): http://www.next-gamer.de/imhotep-das-anspruchsvolle-familienspiel-im-test/
"‘Imhotep‘: Stein für Stein Ägypten aufbauen" (SWR4, 12.7.): http://www.swr.de/swr4/bw/tipps/spiel-des-jahres-2016/nominiert-zum-spiel-des-jahres-2016-imhotep/-/id=258208/did=17762574/mpdid=17765290/nid=258208/1oqc3t1/index.html


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