DGUF-Newsletter vom 14.9.2017

DGUF-Newsletter vom 14.9.2017


1. DGUF-Nachrichten
1.1. Videos der DGUF-Jahrestagung "Ein Berufsverband für die Archäologie?" auf YouTube
1.2. EAA wird das Prinzip Wahlprüfsteine von der DGUF übernehmen und DGUF-Erfahrungen für die Europawahl 2019 nutzen
1.3. Die DGUF ab dem nächsten Amazon-Einkauf finanziell unterstützen - ohne zusätzliche Kosten

2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1. 10. Mitteldeutscher Archäologentag (Halle, Saale, 19.-21.10.)
2.2. Rheinland: Fachkundige Archäologietouren für interessierte Bürger
2.3. Workshop "Gendertransformationen in prähistorischen und archaischen Gesellschaften" (Kiel, 8.–10.3.; CfP bis 30.9.)
2.4. Archäologentage Otzenhausen (12.-15.4.; CfP bis 15.11.)

3. Forschung
3.1. Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
3.3. Aktuelle Forschung in den Medien
3.4. Rezensiert: Harald Stäuble & U. Veit, (2016). Der bandkeramische Siedlungsplatz Eythra in Sachsen
3.5. Überblick über Flintensteine des 16.-17. Jahrhunderts aus der Südost-Ukraine
3.6. Doch keine Begegnung von Neandertaler und modernem Menschen?
3.7. Eine Wikingerkriegerprinzessin? Rezept für einen Medienhype
3.8. Wandernde Frauen in der Frühbronzezeit!?

4. Kulturgutschutz
4.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2. 2,7 Mio. Euro Reparationszahlungen für Zerstörung von Kulturgut in Mali
4.3. Neue Broschüre über Problem und Lösungsansätze beim Antikenhandel im Internet
4.4. Museum Bergen: Hunderte von Funden gestohlen
4.5. Ergebnisse der DASV-Tagung "Jenseits von Palmyra. Kulturgüterschutz in der Lehre" (Berlin, 29.10.2016) publiziert
4.6. Aufgeregtheit um das frühzeitige Entsorgen von Grabungsfunden in Schweden
4.7. Großbritannien ratifiziert Haager Konvention (1954)

5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1. Jean-Jacques Hublin erhält höchste marokkanische Auszeichnung im Bereich Kultur und Wissenschaft
5.2. Studie: Archäologen verdienen in Deutschland weniger als der Bundesdurchschnittsbürger
5.3. Hannah Laurenz über den prekären Status als Doktorand in der Archäologie

6. Berufsverband
6.1. Fähigkeiten und Kompetenzen des Berufs Archäologie verstehen und messen
6.2. Erste deutsche Zertifizierungs-Anträge für den Berufsverband CIfA liegen vor
6.3. EAA und CIfA unterzeichnen Memorandum of Understanding

7. Open Access & Open Data
7.1. "Science" berichtet über laufende Open Access-Verhandlungen in Deutschland
7.2. Plädoyer für eine geisteswissenschaftliche Open-Access-Plattform
7.3. Lizensierung CC BY & Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort

8. Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1. Wachsende National-Esoterik bei Wikingertreffen in Wolin
8.2. Umfrage von YouGov: "Denkmalschutz ist den meisten Deutschen wichtig"
8.3. Wissenschaftskommunikation, oft eine "Müsste man mal angehen"-Aufgabe
8.4. Wissenschaftsbarometer misst erneut Interesse und Bewertung der Deutschen von Wissenschaft

9. Bundestagswahl 2017
9.1. Die kulturpolitischen Pläne der größten deutschen Parteien
9.2. Wahlprüfstein der DEGUWA zur Bundestagswahl 2017: "UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser"
9.3. Was planen die Parteien für Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation?
9.4. Fragen des Verbandes der Restauratoren (VdR) an die Parteien

10. Und sonst …
10.1. "Sehr lohnende Lektüre": Rezension zu "Digitale Archivierung: Innovationen – Strategien – Netzwerke"
10.2. "Kann nicht als Forschung gelten": Rezension zu Ralf Koneckis-Bienas, "Der Teufel am Externstein in Sage, Mythe und Wissenschaft"
10.3. Streng rechts orientierte Weiße in den USA, DNA-Tests und die Sache mit den afrikanischen Wurzeln
10.4. Es muss nicht immer Google Earth sein: Neuer, weltweiter Satellitenbild-Datensatz mit ohne Wolken
10.5. Gezeichnete Archäologie: "Archaeo Lounge" – Das Blog des Kieler SFB 1266
10.6. Erfreulich: Thüringens Archäologie ist hoch begehrt

11. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.1.
Videos der DGUF-Jahrestagung "Ein Berufsverband für die Archäologie?" auf YouTube
Derzeit werden nach und nach die Vortragsvideos der DGUF-Jahrestagung "Ein Berufsverband für die Archäologie?" (Mainz, 4.7.) auf YouTube online gestellt. Zum Redaktionsschluss waren dies bereits zehn Vorträge, in die auch die Vortragsfolien eingebettet sind. Somit kann jeder, der nicht in Mainz sein konnte, die Tagung sehr gut nachvollziehen. Die DGUF verdankt die Videos dem Dokumentarfilmer Bertram Rotermund, der zusammen mit seiner Tochter – der DGUF-Beirätin Sophie Rotermund – die Tagung filmisch begleitet hat.
Die DGUF-Tagung 2017 auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=xNzcSMHXk1k&list=PL1bzsPBq1NHndlFxgEJh3D5yHV5ikiN0a
Bertram Rotermund: http://www.rotermundfilm.de/

1.2.
EAA wird das Prinzip Wahlprüfsteine von der DGUF übernehmen und DGUF-Erfahrungen für die Europawahl 2019 nutzen
Auf Einladung des "Political Strategies Committee" der European Association of Archaeologists (EAA) hat die DGUF am 30.8. auf einem Arbeitstreffen im Kontext der EAA 2017 in Maastricht das Prinzip von Wahlprüfsteinen und v. a. ihre Erfahrungen mit diesem Instrument vorgestellt. Keynotespeaker für die DGUF bei diesem Treffen war Frank Siegmund. Die DGUF setzt seit 2009 Wahlprüfsteine ein, um die politischen Positionen der Parteien zu denkmalschutzrelevanten Themen zu eruieren, den Blick von Politikern zu schärfen und Wählern Hilfestellung für ihre Wahlentscheidung zu geben. Die Erfahrungen und auch die konkreten Handlungsempfehlungen der DGUF wurden von der Arbeitsgruppe rege diskutiert und fließen nun in den weiteren Prozess ein. Die EAA plant, sich mit Wahlprüfsteinen bei der Europawahl 2019 zu engagieren. Spätestens zur EAA-Tagung 2018 in Barcelona soll über die Themen dieser EAA-Wahlprüfsteine entschieden werden und die nationalen Partner identifiziert worden sein. Das Projekt Wahlprüfsteine wird in der EAA hoch gehandelt: Es war auch Thema auf dem "Presidential Lunch" am 30.8., wo die DGUF durch ihre Vorsitzende Diane Scherzler als einzige archäologische Organisation aus Deutschland vertreten war. Der Präsident des World Archaeological Congress (WAC), Koji Mizoguchi, bekundete dabei sein Interesse, Wahlprüfsteine auch über Europa hinaus einzusetzen. Zudem wurde das Vorhaben Wahlprüfsteine auch in der Eröffnungsrede des Kongresses vom EAA-Präsidenten Felipe Criado-Boado als konkretes EAA-Vorhaben genannt.
Die Wahlprüfsteine der DGUF: http://www.dguf.de/45.html
S. Hueglin, R. Karl, M. Lodewijckx & J.-O. Gransard Desmond: European Elections 2019 – Benchmarks for Archaeology and Heritage Protection EAA Annual Meeting Maastricht, Round Table 164: https://www.e-a-a.org/EAA/Publications/Tea/Tea_52-53/Announcements/EAA/Navigation_Publications/Tea_52-53_content/Announcements.aspx#52_benchmarks
Felipe Criado-Boado: "Welcome to Maastricht Opening Ceremony" (EAA, 1.9.): https://www.e-a-a.org/EAA/EAA/Navigation_News/Welcome_to_Maastricht.aspx

1.3.
Die DGUF ab dem nächsten Amazon-Einkauf finanziell unterstützen - ohne zusätzliche Kosten
Wer die DGUF schätzt, für den gibt es jetzt eine zusätzliche Option, sie zu unterstützen: Wir sind seit September im Amazon-Programm "Smile" als gemeinnützige Organisation registriert, wie z. B. auch das Deutsche Rote Kreuz, UNICEF oder die UNO-Flüchtlingshilfe. Via Amazon Smile gibt der Versandhändler 0,5% des Preises qualifizierter Käufe an die vom Käufer ausgewählte Organisation weiter, z. B. also die DGUF. Für den Amazon-Kunden, der diese Option wählt, entstehen keinerlei zusätzliche Kosten. Über das Smile-Programm wählt man die DGUF als begünstigte Organisation aus und kauft dann ganz normal ein. Warenkorb, Wunschzettel und andere Kontoeinstellungen bleiben unverändert. Wer also Amazon ohnehin nutzt und einen Einkauf plant, kann uns dadurch künftig fördern: Klicken Sie, bitte, auf unten stehenden Link und loggen sich in Ihr bestehendes Amazon-Konto ein. Damit ist dort hinterlegt, dass Sie künftig die DGUF mit Ihren Einkäufen unterstützen, Sie müssen sich künftig einfach nur stets über https://smile.amazon.de/ einloggen. Natürlich können Sie diese persönliche Einstellung auch jederzeit wieder ändern. Mit den Mitgliedsbeiträgen und mit Spenden wird die Arbeit der DGUF ermöglicht. So finanzieren wir damit u. a. unsere Open-Access-Schriftenreihen oder Reisen zu Gesprächen mit Politikern und Partnerorganisationen.
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2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1.
10. Mitteldeutscher Archäologentag (Halle, Saale, 19.-21.10.)
Die Konferenz thematisiert in diesem Jahr "Überschuss ohne Staat – Politische Formen in der Vorgeschichte". Komparativ betrachtet werden sollen Gesellschaften, "die an unterschiedlichsten Orten herausragende wirtschaftliche, demographische, architektonische oder zeremonielle Leistungen ohne sogenannte staatliche Strukturen hervorgebracht haben." Unter den Vortragenden sind Detlef Gronenborn (Sociopolitical dynamics in the western Central European Neolithic), Peter Breunig (Die Nok-Kultur in Nigeria und die Funktion der frühesten Skulpturen im sub-Saharischen Afrika) und Tristram Kidder (Knowing the state without being a state? Hunter-gatherer monumental complexity in Eastern North America, 4500 to 2500 cal BP).
http://www.lda-lsa.de/de/tagungen/10_mitteldeutscher_archaeologentag/

2.2.
Rheinland: Fachkundige Archäologietouren für interessierte Bürger
Am 1. und 15.10. führt das Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland so genannte Archäologietouren durch, bei denen interessierte Teilnehmer verschiedenste archäologische Fundstellen kennen lernen können. Am 1.10. werden Bodendenkmäler in der Nordeifel vorgestellt, z. B. ein römisches Landgut bei Mechernich und der historische Ortskern von Schleiden-Olef. Am 15.10. steht das Bergische Land im Fokus, darunter römische Kalkbrennöfen bei Bergisch-Gladbach und die Burgruine Bernsau. Zu den Stationen beider Touren werden begleitete Bustouren angeboten, Interessenten können aber auch selbst anreisen, um vor Ort von Archäologinnen und Archäologen geführt zu werden.
Archäologietour Nordeifel: http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/de/aktuelles/veranstaltungen/tour_nordeifel.html
Archäologietour Bergisches Land: http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/de/aktuelles/veranstaltungen/at_bergland.html

2.3.
Workshop "Gendertransformationen in prähistorischen und archaischen Gesellschaften" (Kiel, 8.–10.3.; CfP bis 30.9.)
Die Kategorie des sozialen Geschlechts nimmt in den Gesellschaften von den spätpleistozänen sammelnden und jagenden Gruppen bis zu den frühstädtischen Gemeinschaften eine dominante Rolle ein. Der Workshop will eine Plattform sein für Diskussionen über Geschlechtertransformationen in der Vergangenheit und über die Auswirkungen von Geschlechterungleichheiten auf den wissenschaftlichen Diskurs in unserer Forschungsgemeinschaft. Vortragsvorschläge sind bis 30.9. möglich.
http://www.sfb1266.uni-kiel.de/de/chancengleichheit/international-workshop

2.4.
Archäologentage Otzenhausen (12.-15.4.; CfP bis 15.11.)
Im April 2018 finden die fünften Archäologentage Otzenhausen statt, Thema ist "Unterwegs – Migration im Spiegel der Archäologie". Gesucht werden Beiträge, die sich mit archäologischen Zeugnissen für Migration in der Region Rheinland-Pfalz, Luxemburg, Wallonie, Saarland, Elsass und Lothringen beschäftigen, gerne auch diachron. Wo belegen Funde die Wanderungen bestimmter Personengruppen, z. B. Handwerker oder Krieger? Themen aus der Soziologie, Ethnologie oder Theorie sind ebenfalls erwünscht.
https://www.eao-otzenhausen.de/fileadmin/user_upload/EAO/Content_Bildungszentrum_Dokumente/Call_for_Papers_ATO_2018_de.pdf


3. Forschung
3.1.
Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Doppelhofer, Chr. (2017). Der Archäologe und die Öffentlichkeit: Die neue Rolle der Archäologie im 21. Jahrhundert. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 11. Sept. 2017. [PDF]
Tollkühn, Ph. & Otterbeck, T. (2017). Unwissenheit mit Folgen: Archäologische Objekte auf Berliner Flohmärkten. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 8. Sept. 2017.
Wagner, K. (2017). Kulturgüterschutz am Beispiel der Bodendenkmalpflege in Berlin. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 7. Sept. 2017.
Kolesnik, A. & Holubieva, I. (2017). Gunflints from 16th/17th century archaeological assemblages from the central part of the Severskiy Donets River (south-eastern Ukraine). Archäologische Informationen 40, Early View, published online 25 Aug 2017.
Siegmund, F. (2017). Rezension zu: Theuws, F. & Kars, M. (eds) (2017). The Saint-Servatius complex in Maastricht: The Vrijthof excavations (1969-1970). Bonn: Habelt. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 24. Aug. 2017.
Möller, K. (2017). Will dig for food – Der archäologische Arbeitsmarkt in Europa. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 20. Aug. 2017.
Schäfer, F. F. (2017). Rezension zu: Österreichisches Staatsarchiv, Generaldirektion (Hrsg.) (2016). Digitale Archivierung: Innovationen – Strategien – Netzwerke (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 59). Wien: Studienverlag. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 20. Aug. 2017.
Balkowski, N. & Zimmermann, A. (2017). Rezension zu: Stäuble, H. & Veit, U. (Hrsg.) (2016). Der bandkeramische Siedlungsplatz Eythra in Sachsen. Studien zur Chronologie und Siedlungsentwicklung (Leipziger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie 9). Leipzig: Professur für Ur- und Frühgeschichte. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 20. Aug. 2017.
Pahlow, M. (2017). Rezension zu: Reepen, B. (2016). Fremdeinflüsse in der Eisenzeit Westfalens (Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 284). Bonn: Habelt Verlag. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 16. Aug. 2017.
http://www.dguf.de/9.html

3.2.
Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Sensationsfund in Köln: Eines der ersten Häuser von Köln bei Bauarbeiten entdeckt" (Kölnische Rundschau, 14.9.): http://www.rundschau-online.de/region/koeln/sensationsfund-in-koeln-eines-der-ersten-haeuser-von-koeln-bei-bauarbeiten-entdeckt-28408014?
"Forscher finden in Gletscher eingeschlossenes Feuer aus der Steinzeit" (Der Postillon, 12.9.): http://www.der-postillon.com/2017/09/urfeuer.html
Ardales und Sima de las Palomas de Teba: "La cueva de Ardales arroja nuevos datos sobre la presencia de Neanderthales con más de 80.000 años de antigüedad" (Diario Sur, 12.9.): http://www.diariosur.es/interior/cueva-ardales-arroja-20170912215853-nt.html
"Archaeologists uncover medieval village in mid-Jutland" (The Copegnhagen Post, 8.9.): http://cphpost.dk/news/archaeologists-uncover-medieval-village-in-mid-jutland.html
"Grave of medieval 'infant prince' found in Arctic, one of 9 newly-discovered burials of 'children'" (The Siberian Times, 7.9.): http://siberiantimes.com/science/casestudy/features/grave-of-medieval-infant-prince-found-in-arctic-one-of-nine-newly-discovered-burials-of-children/
Klimawandel: "Community members and archaeologists race against time at Nunalleq" (Alaska Public Media, 7.9.): http://www.alaskapublic.org/2017/09/07/community-members-and-archaeologists-race-against-time-at-nunalleq/
"Established story about how humans came from Africa may be wrong, claims controversial new study" (Independent, 4.9.): http://www.independent.co.uk/news/science/humans-came-from-africa-crete-study-australopithecus-early-fossil-a7929521.html und "Fossil footprints challenge established theories of human evolution" (Science Daily, 31.8.): https://www.sciencedaily.com/releases/2017/08/170831134221.htm
"Archäologen sichern Warendorfer Stadtgeschichte unter dem Marktplatz" (LWL, 1.9.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=42830
Çatalhöyük: "Die Entstehung der Metallurgie hat vermutlich nicht nur einen 'Geburtsort'" (Universität Heidelberg, 1.9.): http://www.uni-heidelberg.de/presse/news2017/pm20170901_die-entstehung-der-metallurgie-hat-vermutlich-nicht-nur-einen-geburtsort.html
West-Berkshire: "One-of-a-kind Roman mosaic depicts incredible battles between beasts and heroes of ancient mythology" (International Business Times, 1.9.): http://www.ibtimes.co.uk/one-kind-roman-mosaic-depicts-incredible-battles-between-beasts-heroes-ancient-mythology-1637570
"Archäologische Untersuchung der Wüstung Dorf Anhalt bei Harzgerode" (Landesamt für Denkmalspflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 31.8.): http://www.lda-lsa.de/aktuelles/meldung/datum/2017/08/31/archaeologische_untersuchung_der_wuestung_dorf_anhalt_bei_harzgerode/
"Heidelberger Forscher datieren prähistorisches Skelett, das in einer Höhle auf Yukatan gefunden wurde" (Universität Heidelberg, 31.8.): http://www.uni-heidelberg.de/presse/news2017/pm20170831_fund-menschlicher-knochen-in-suedmexiko.html
Bibracte: "Bourgogne : nouvelles traces d'une ancienne et vaste cité gauloise" (Le Figaro, 31.8.): http://www.lefigaro.fr/culture/2017/08/31/03004-20170831ARTFIG00004-bourgogne-nouvelles-traces-d-une-ancienne-et-vaste-cite-gauloise.php
"'Tsunami-sunk' Roman ruins discovered in Tunisia" (Phys.org, 31.8.): https://phys.org/news/2017-08-tsunami-sunk-roman-tunisia.html
"Antikes Abwassersystem: Was Blei über das alte Rom verrät" (Spiegel, 29.8.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/antike-was-blei-ueber-das-alte-rom-verraet-a-1165150.html
Saalekreis: "Zentrum der Frühbronzezeit Europas – Ergebnisse der Forschungs- und Lehrgrabung am Großgrabhügel Bornhöck" Landesamt für Denkmalspflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 24.8.): http://www.lda-lsa.de/aktuelles/meldung/datum/2017/08/24/zentrum_der_fruehbronzezeit_europas_ergebnisse_der_forschungs_und_lehrgrabung_am_grossgrabhueg/
"Fund in Herford-Eickum: LWL-Archäologen entdecken Gräberfeld der vorrömischen Eisenzeit" (LWL, 25.8.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=42786
Krefeld/Römersiedlung Gelduba: "Die Straße der Römer wird sichtbar" (RP Online, 21.8.): http://www.rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/die-strasse-der-roemer-wird-sichtbar-aid-1.7024541
"Ausgrabungen laufen bis Mitte Oktober: Münzen und tonnenweise Keramik im Römerdorf in Remagen" (General-Anzeiger Bonn, 18.8.): http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/ahr-und-rhein/remagen/M%C3%BCnzen-und-tonnenweise-Keramik-im-R%C3%B6merdorf-in-Remagen-article3630874.html
Litauen: "Great Synagogue of Vilna's Jewish Ritual Baths, Destroyed in Holocaust, Found by Archaeologists. The Nazis burned and looted the synagogue but it was the Russians who knocked it down as they set out to eradicate Jewish memories in Lithuania after WWII" (Haaretz, 17.8.): http://www.haaretz.com/archaeology/1.807434
"Zwischen Grubenhäusern und Verhüttungsöfen: Mittelalterliche Handwerkersiedlung in Paderborn-Benhausen" (LWL, 16.8.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=42710
Sizilien: "Archeologists Uncover New Economic History of Ancient Rome" (University of South Florida, 15.8.): http://news.usf.edu/article/templates/?a=7981&z=220
"Three Ptolemaic tombs uncovered in Egypt's Minya, contents suggest a 'large cemetery'" (Ahram Online, 15.8.): http://english.ahram.org.eg/NewsContent/9/40/275381/Heritage/Ancient-Egypt/Three-Ptolemaic-tombs-uncovered-in-Egypts-Minya,-c.aspx
Franziskanerplatz Luzern: "Alter Friedhof kommt ans Licht" (Luzerner Zeitung, 14.8.): http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/luzern/archaeologen-entdecken-in-luzern-reste-einer-kirche;art9647,1083561
Lindisfarne: "Complete skeletons in 'Anglo-Saxon cemetery' part of significant Holy Island discovery" (Chronicle Live, 14.8.): http://www.chroniclelive.co.uk/news/north-east-news/complete-skeletons-anglo-saxon-cemetery-13474400
Kirchberg an der Raab: "Friedhof aus dem Spätmittelalter entdeckt" (Kleine Zeitung, 12.8.): http://www.kleinezeitung.at/steiermark/suedostsued/5267869/Sensationsfund_Friedhof-aus-dem-Spaetmittelalter-entdeckt
Frühmittelalter/Solothurn: "Überraschender Fund in Oensingen: Kulturen lebten nebeneinander" (SRF, 11.8.): https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/ueberraschender-fund-in-oensingen-kulturen-lebten-nebeneinander
"Des tombes celtes remplies de bijoux ont été découvertes à Sion" (SRF, 11.8.): https://www.rts.ch/info/regions/valais/8835752-des-tombes-celtes-remplies-de-bijoux-ont-ete-decouvertes-a-sion.html
"Island stories: digging Zanzibar's Arabian past" (The National, 10.8.): https://www.thenational.ae/arts-culture/island-stories-digging-zanzibar-s-arabian-past-1.618489

3.3.
Aktuelle Forschung in den Medien
"When Ancient Fossil DNA Isn’t Available, Ancient Glycans May Help Trace Human Evolution" (University of California San Diego Health, 11.9.): https://health.ucsd.edu/news/releases/Pages/2017-09-11-when-ancient-fossil-dna-unavailable-ancient-glycans-may-help.aspx
Los-Murciélagos-Höhle: "La nueva tecnología eleva el patrimonio rupestre en Cantabria. Halladas nuevas pinturas anteriores a Altamira en cuatro cuevas de la región" (El País, 11.9.): https://elpais.com/cultura/2017/09/11/actualidad/1505134344_768990.html
Sinai Palimpsests Project: "Lost Languages Discovered in One of the World’s Oldest Continuously Run Libraries. The centuries-old texts were erased, and then written over, by monks at Saint Catherine’s Monastery in Egypt" (Smithsonian Magazine, 5.9.): http://www.smithsonianmag.com/smart-news/long-lost-languages-found-manuscripts-egyptian-monastery-180964698
"5.7-Million-Year-Old Human Footprints Found in Crete, Greece" (Gree Reporter, 2.9.): http://greece.greekreporter.com/2017/09/02/5-7-million-year-old-human-footprints-found-in-crete-greece/
"Birkenpech: Wie Neandertaler den ersten Klebstoff herstellten" (Spiegel, 31.8.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/birkenpech-wie-neandertaler-den-ersten-klebstoff-herstellten-a-1165535.html
Chan-Hol-Höhle: "Skeleton plundered from Mexican cave was one of the Americas’ oldest" (Nature News, 30.8.): http://www.nature.com/news/skeleton-plundered-from-mexican-cave-was-one-of-the-americas-oldest-1.22521
"Mathematiker wollen Rätsel babylonischer Tontafel gelöst haben" (Spiegel, 25.8.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/babylonische-tontafel-plimpton-322-mathematiker-liefern-neue-erklaerung-a-1164527.html
"World’s Oldest Italian Wine Just Discovered. Chemical analysis on ancient pottery, led by a USF professor, could dramatically predate the commencement of winemaking in Italy" (University of South Florida, 24.8.): http://news.usf.edu/article/templates/?a=8011&z=220
Tansania: " ‘Lost city’ used 500 years of soil erosion to benefit crop farming" (University of York, 21.8.): https://www.york.ac.uk/news-and-events/news/2017/research/lost-city-used-500-years-of-soil-to-benefit-crop/
"Gentechnik: Wie das Mammut zurückkehren könnte" (Stuttgarter Zeitung, 20.8.): http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.gentechnik-wie-das-mammut-zurueckkehren-koennte.40bad69b-cb0f-4b4f-bb74-3eca00af2c07.html
"Une étude révèle les secrets de fabrication des apiculteurs étrusques" (Le Monde Blogs, 19.8.): http://archeo.blog.lemonde.fr/2017/08/19/une-etude-revele-les-secrets-de-fabrication-des-apiculteurs-etrusques/
"Poisonings went hand in hand with the drinking water in Pompeii" (University of Southern Denmark, 17.8.): http://www.sdu.dk/en/om_sdu/fakulteterne/naturvidenskab/aktuelt/2017_08_16_antimon_water
"Early Indian Ocean trade routes bring chicken, black rat to eastern Africa. New technologies provide evidence in the debate on when and how Asian fauna was introduced to Africa" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 17.8.): http://www.shh.mpg.de/573996/asian-fauna-eastern-africa
Schöningen: "Prof. Brigitte Urban erforscht Klima und Umwelt vor 300.000 Jahren" (Leuphana-Universität, 15.8.): http://www.leuphana.de/news/meldungen-forschung/ansicht/datum/2017/08/15/prof-urban-erforscht-klima-und-umwelt-vor-300000-jahren.html
Antarctica: "Record-shattering 2.7-million-year-old ice core reveals start of the ice ages" (Science, 15.8.): http://www.sciencemag.org/news/2017/08/record-shattering-27-million-year-old-ice-core-reveals-start-ice-ages
"Çatalhöyük: Mystery of 8,500-year-old copper-making event revealed through materials science" (University of Cambridge, 15.8.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2017-08/uoc-mo8081117.php und "Kupfer in Çatalhöyük. Wie ein Hausbrand Archäologen narrte" (Spiegel, 15.8.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kupfer-in-atalhoeyuek-wie-ein-hausbrand-archaeologen-narrte-a-1162961.html
"Archeologists uncover new economic history of ancient Rome" (University of South Florida, 15.8.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2017-08/uosf-aun081517.php
Peru: "Wie die Süßkartoffel die Weltgeschichte veränderte" (Welt, 14.8.): https://www.welt.de/geschichte/article167649274/Wie-die-Suesskartoffel-die-Weltgeschichte-veraenderte.html
"Affenschädel belegt Ursprung von Menschenaffen und Menschen in Afrika. 13 Millionen Jahre altes Fossil ‚Alesi‘ aus Kenia wirft Licht auf die Herkunft der Menschenaffen" (Max-Planck-Gesellschaft, 9.8.): https://www.mpg.de/11423594/alesi-ape-human-ancestor
"DNA of long-dead cows read from pages of Medieval books" (New Scientist, 27.7.): https://www.newscientist.com/article/2142043-dna-of-long-dead-cows-read-from-pages-of-medieval-books/

3.4.
Rezensiert: Harald Stäuble & U. Veit, (2016). Der bandkeramische Siedlungsplatz Eythra in Sachsen
Im Rheinland wie in Sachsen gibt es großflächige Braunkohletagebaue, in denen Siedlungen der Bandkeramik flächig ergraben wurden und werden. Doch die Siedlungsbefunde unterscheiden sich zwischen beiden Regionen, und auch die Auswertungs- und Interpretationsansätze. Im besprochenen Band legte ein Team um Harald Stäuble (Dresden) die ungewöhnlich große band- und stichbandkeramische Siedlung Eythra aus dem Südraum Leipzig vor. Mit Nadia Balkowski und Andreas Zimmermann analysieren zwei Vertreter der rheinischen Schule die Publikation. Neben tatsächlichen Unterschieden zwischen beiden Regionen legen sie dar, dass es vor allem ein Mehr an Zuversicht resp. an Pessimismus hinsichtlich archäologischer Aussagemöglichkeiten ist, das zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Eine sehr lesenswerte Rezension, die Unterschiede zwischen zwei Schulen herausarbeitet. Sie hilft, Forschung zu verstehen - weit über den Fundplatz Eythra hinaus.
Balkowski, N. & Zimmermann, A. (2017). Rezension zu: Stäuble, H. & Veit, U. (Hrsg.) (2016). Der bandkeramische Siedlungsplatz Eythra in Sachsen. Studien zur Chronologie und Siedlungsentwicklung (Leipziger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie 9). Leipzig: Professur für Ur- und Frühgeschichte. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 20. Aug. 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Balkowski_Zimmermann.pdf

3.5.
Überblick über Flintensteine des 16.-17. Jahrhunderts aus der Südost-Ukraine
Zusammenfassende Übersicht über Flintensteine des 16. und 17. Jahrhunderts im Südosten der Ukraine. Der englischsprachige Überblicksaufsatz mitsamt seiner zahlreichen Verweise auf die Originalliteratur erschließt eine Region, die für die Mehrheit der an diesem Thema Interessierten ansonsten nur schwer verfolgbar ist. Die Flintensteine stammen überwiegend aus historisch datierten Befestigungen am damaligen Südrand des Zarenreiches. Die Flintensteine ähneln formal den bekannten westeuropäischen Typen, sie scheinen vorwiegend aus Russland in diese Region importiert worden zu sein, aber z.T. auch einer lokalen Produktion zu entstammen, deren Werkstätten noch unbekannt sind.
Kolesnik, A. & Holubieva, I. (2017). Gunflints from 16th/17th century archaeological assemblages from the central part of the Severskiy Donets River (south-eastern Ukraine). Archäologische Informationen 40, Early View, published online 25 Aug 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Kolesnik_Holubieva.pdf

3.6.
Doch keine Begegnung von Neandertaler und modernem Menschen?
Ein Team von kroatischen, britischen und deutschen Wissenschaftlern hat die Neandertalerknochen aus der kroatischen Vindija-Höhle einer neuen AMS-Datierung unterzogen. Dabei wurde ein neues Verfahren der Probenaufbereitung angewendet, bei der einzelne Aminosäuren aus dem Kollagen der Knochen extrahiert und datiert wurden. Die Ergebnisse wurden am 5.9. in PNAS publiziert. Die neuen Ergebnisse (unkalibriert ca. 46.000 - 43.000 bp; nach Kalibration und bayes’scher Modellierung ca. 48.500 - 46.500 Jahre vor heute) zeigen, dass die ursprünglichen Datierungen (unkalibriert ca. 28.000 - 32.000 bp) wohl als zu jung verworfen werden müssen: Die Neandertaler aus Vindija sind wahrscheinlich bereits lange vor der Ankunft des modernen Menschen in Europa gestorben. Knochen sind schon seit geraumer Zeit bei den ohnehin problematischen besonders alten Proben nahe an der methodischen Grenze der 14C-Methode bei etwa 50.000 Jahren vor heute als unsicheres Material berüchtigt, weil sie in der Vergangenheit häufig jüngere Datierungen geliefert haben als mit ihnen vergesellschaftete Holzkohlen. Dabei spielen vermutlich chemische Prozesse eine Rolle, die bei Knochen die Einlagerung von jüngerem Kohlenstoff verursachen. Das hier erstmals angewandte Verfahren der Probenaufbereitung scheint dieses Problem endlich zu lösen und könnte einen Durchbruch für die 14C-Datierung sehr alter Knochen bedeuten. Auch wenn damit der bislang einzige Beleg - anhand direkt datierter Menschenreste - für eine lange Koexistenz von Neandertalern und frühen modernen Menschen in Europa entfällt, zeigen genetische Untersuchungen jedoch, dass das bislang älteste europäische Fossil des modernen Menschen aus der Oase-Höhle in Rumänien (39.000 - 41.000 Jahre vor heute) noch vier bis sechs Generationen vor seinem Tod mindestens einen Neandertaler als Vorfahren hatte (Fu, Hajdinjak, Moldovan et al. 2015). Die dort grundsätzlich nachgewiesene Koexistenz und Vermischung von Neandertalern und modernem Menschen wird durch die neuen Ergebnisse aus Vindija nicht berührt. Für eine lange Koexistenz kann derzeit aber nur noch die umstrittene und über etwa 10.000 Jahre (unkalibriert 34.000-24.000 bp) streuende Holzkohle-Datenserie für die mittelpaläolithische – also wohl von Neandertalern hinterlassene - Schicht IV ohne Menschenreste aus Gorham’s Cave auf Gibraltar ins Feld geführt werden (zuletzt Finlayson, Fa, Espejo et al. 2016). Es bleibt abzuwarten, ob sich deren Relevanz in Zukunft bestätigen oder widerlegen lässt.
Devièse, Th., Karavanić, I., Comeskey, D. et al. (2017). Direct dating of Neanderthal remains from the site of Vindija Cave and implications for the Middle to Upper Paleolithic transition. PNAS (5.9.2017). DOI: 10.1073/pnas.1709235114. http://www.pnas.org/content/early/2017/08/29/1709235114
"Neandertals and early modern humans probably didn’t meet at rumored rendezvous site" (Science Magazine, 4.9.): http://www.sciencemag.org/news/2017/09/neandertals-and-early-modern-humans-probably-didn-t-meet-rumored-rendezvous-site
"Archäologie: Forscher datieren Ende der Neandertaler um" (Spiegel, 5.9.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/forscher-loesen-streit-um-ende-der-neandertaler-a-1166209.html
Fu, Q., Hajdinjak, M., Moldovan, O. T. et al. (2015). An early modern human from Romania with a recent Neanderthal ancestor. Nature 524, 216-219 (13.8.2015). DOI:10.1038/nature14558 http://www.nature.com/nature/journal/v524/n7564/full/nature14558.html
Finlayson, C., Fa, D. A., Espejo, Fr. J. et al. (2016). Gorham's Cave, Gibraltar—The persistence of a Neanderthal population. Quaternary International 181 (1), April 2008, 64-71. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1040618207003722

3.7.
Eine Wikingerkriegerprinzessin? Rezept für einen Medienhype
Man nehme: ein schon lange bekanntes Grab aus Birka in Schweden (Bj. 581, entdeckt im 19. Jh.), enthaltend ein Skelett und Zutaten für einen hochrangigen Wikingerkrieger (zwei Pferde, ein Schwert, eine Axt, ein Speer, Pfeile, zwei Schilde, Spielsteine), dazu eine Prise bisher ignorierter osteologischer Erkenntnisse aus den 1970er-Jahren. Man lasse alles gut abhängen und Jahrzehnte auf kleinem Feuer köcheln, bis die Küchenutensilien es erlauben, den osteologischen Fragen, die sich nach der Jahrtausendwende nochmals gestellt haben, mit DNA-Extraktion und -Sequenzierung auf den Grund zu gehen. Man backe die Resultate – alle Hinweise deuten auf eine Frau – in einer im Open Access verfügbaren Form. Vor dem Servieren würze man sehr kurz mit berechtigten Fragen, z. B., warum bei männlichen Skeletten mit vergleichbarer Ausrüstung die Identifizierung als Krieger fraglos erfolgt, bei Frauen jedoch angenommen wird, es handle sich eher um Erbstücke bzw. die Darstellung von Familienstatus, oder z. B., ob Grablegen als Spiegel des Lebens gelesen werden sollen. Dann erwarte man die Reaktion der Gäste. Diese, möglicherweise unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Substanzen (Xena o. ä.), können gar nicht genug kriegen und sind verzückt ob der "mächtigen Wikingerführerin", meist ohne die Gewürze und allfällige weitere sich stellende Fragen in angemessener Form zu würdigen. Als Nachtisch empfehlen sich die ersten kritischen Entgegnungen.
Charlotte Hedenstierna-Jonson et al., "A female Viking warrior confirmed by genomics" (American Journal of Physical Anthropology, 8.9.): http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ajpa.23308/full
"An officer and a gentlewoman from the Viking army in Birka" (Stockholm University, 8.9.): http://www.su.se/english/research/profile-areas/cultural-heritage-historical-artefacts-processes/an-officer-and-a-gentlewoman-from-the-viking-army-in-birka-1.346147
"Viking warrior found in Sweden was a woman, researchers confirm" (The Local, 8.9.): https://www.thelocal.se/20170908/confirmed-viking-warrior-was-a-woman
"Berühmter Wikinger-Krieger war eine Frau" (Spiegel Online, 10.9.): http://m.spiegel.de/wissenschaft/mensch/schweden-wikinger-krieger-von-birka-war-eine-frau-a-1166985.html
"Let's Debate Female Viking Warriors Yet Again" (Norse and Viking Ramblings, 9.9.): http://norseandviking.blogspot.ch/2017/09/lets-debate-female-viking-warriors-yet.html?fref=gc&dti=466868410106037
Xena (Wikipedia): https://de.m.wikipedia.org/wiki/Xena_–_Die_Kriegerprinzessin

3.8. Wandernde Frauen in der Frühbronzezeit!?
Am 4./5.9. titelten Leitmedien von wandernden Frauen am Beginn der Bronzezeit. So schreibt Spiegel-Online: "Etwa zwei Drittel der untersuchten Frauen kamen den Forschern zufolge in einem Alter von etwa 17 Jahren vermutlich aus der Gegend zwischen Halle und Leipzig oder aus Böhmen auf die verstreut liegenden Gehöfte ins Lechtal, um dort eine Familie zu gründen. 'Alles deutet darauf hin, dass in der Bronzezeit Frauen extrem mobil waren. Wir haben keine vergleichbaren Belege bei Männern', sagte Stockhammer." Interessiert recherchiert man nach und stößt auf die zugrundeliegende Pressemeldung, hier der LMU München, die für die Forschungsgruppe um Ph. Stockhammer berichtet. Nicht, dass man nicht auch schon vor Jahrzehnten anhand "konventionellen" archäologischen Arbeitens die hohe Mobilität von Frauen in den Bronzezeit debattiert hätte, aber es ist doch immer wieder schön, wenn Laborarchäologie das bereits Bekannte untermauert und präzisieren hilft. Neugierig liest man die Originalpublikation, hier die hoch gerankte Zeitschrift PNAS, die sich für die weit überwiegende Mehrheit der Menschheit hinter einer teuren Paywall versteckt. Hinter dieser Hürde liest man dann die harten Fakten: Untersucht wurden 84 Individuen (36 Frauen, 34 Männer, 13 indet.) aus einem Gebiet von ca. 10 x 6 km Ausdehnung im Lechtal (südliches Bayern) aus der Zeit ca. 2.500-1.700 v.Chr. - offenbar also ein größeres und gründlich angelegtes Projekt. Kulturell gehören die Bestattungen zur Glockenbecherkultur (19 Individuen) und zur regionalen Frühbronzezeit (65 Individuen). Irgendwie gibt es auch z.mT. reiche Grabbeigaben (d. h. archäologische Aussagemöglichkeiten), aber die spielen in der Publikation keine Rolle, d. h. trotz des ubiquitären Fähnchens "interdisziplinär" schweigt der im Projekt beteiligte Archäologe. Die Laboranthropologie untersuchte die mtDNA, sowie die Strontium-Isotopen und das d18O-Verhältnis an Backenzähnen. Die mtDNA zeigt eine rel. hohe genetische Diversität insbesondere für die Glockenbecherindividuen an, was dem Befund älterer Untersuchungen zu Glockenbecherpopulationen entspricht. Der Genpool ähnelt zuvor untersuchten Populationen aus dem Mittel-Elbe-Saale-Gebiet ("shows no significant differentiation"), andere Regionen wurden wohl nicht systematisch gegengetestet. Nach den Isotopen fügen sich die überwiegende Mehrheit der Nichterwachsenen und der erwachsenen Männer sowie zwei Drittel der erwachsenen Frauen gut in das lokale Isotopenmuster ein, während ca. ein Drittel der erwachsenen Frauen und ca. 9 % der Männer vom lokalen Muster deutlich abweichen. Für 18 ausgewählte Individuen wurden die Isotopenverhältnisse innerhalb der Molaren zwischen frühen und späten Wachstumsstadien verglichen. Nur bei drei erwachsenen Frauen und einem Mann konnten große Divergenzen festgestellt werden, Messwerte also, die auf größere individuelle Mobilität während Kindheit und Jugend schließen lassen. In Summe identifiziert die Forschergruppe um Corina Knipper dann an 22 von 83 Individuen (27 %) Anzeichen erhöhter Mobilität, und zwar an 60 % der Frauen, 11 % der Männer und 7 % der Subadulten. Nach den Isotopenverhältnissen werden zwei Cluster unter den Nicht-Lokalen identifiziert, deren exakte Herkunft nicht festgelegt werden kann. Es erschließt sich nach Lektüre der Primärpublikation nur bedingt, wie es zu den reißerischen Ergebnissen der Pressemeldung der LMU kommt. Schade, denn ohne die dadurch erzeugten überhöhten Erwartungen der Leser: spannende Ergebnisse, die man nun gerne mit dem archäologischen Befund kombiniert sähe.
Knipper, C., Mittnik, A., Massy, K., Kociumaka, C., Kucukkalipci, I., Maus, M., Wittenborn, F., Metz, St. E., Staskiewicz, A., Krause, J. & Stockhammer, Ph. W. (2017). Female exogamy and gene pool diversification at the transition from the Final Neolithic to the Early Bronze Age in central Europe. PNAS, 5.9.2017. DOI: 10.1073/pnas.1706355114 http://www.pnas.org/content/early/2017/08/29/1706355114 (closed access)
"Grabungen belegen Zuzug von Frauen" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, Pressemeldung, 4.9.): http://www.shh.mpg.de/608038/mobile-women
"Vor 4000 Jahren Frauen wanderten Hunderte Kilometer zu Männern ins Lechtal" (Spiegel, 4.9.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/frauen-wanderten-in-der-bronzezeit-hunderte-kilometer-zu-maennern-a-1166093.html
"Bronzezeit in Bayern : Willkommenskultur für die Ostfrauen" (FAZ, 5.9.): http://www.faz.net/aktuell/wissen/willkommenskultur-fuer-die-ostfrauen-15182513.html


4. Kulturgutschutz
4.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Palmyra: Hoffnung für eine zerstörte Stadt" (Spiegel, 13.9.): http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/palmyra-hoffnung-fuer-eine-zerstoerte-stadt-a-1167518.html
"Stonehenge 'could lose World Heritage status' if tunnel gets green light" (Sky, 10.9.): http://news.sky.com/story/stonehenge-could-lose-world-heritage-status-if-tunnel-gets-green-light-11028694
"Kulturgut in Syrien und Irak (August 2017)" (Archaeologik, 3.9.): http://archaeologik.blogspot.de/2017/09/kulturgut-in-syrien-und-irak-august-2017.html
"Experte: Hessen Plattform für illegalen Kulturgüter-Handel" (Süddeutsche, 2.9.): http://www.sueddeutsche.de/news/panorama/kriminalitaet---wiesbaden-experte-hessen-plattform-fuer-illegalen-kulturgueter-handel-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170902-99-882137
"Looters of Egyptian Artifacts Try to Recruit Egyptologists for Help" (Live Science, 28.8.): https://www.livescience.com/60246-looters-ask-egyptologists-for-help.html
"Mexico creates new federal police division to protect cultural heritage" (Deutsche Welle, 27.8.): http://www.dw.com/en/mexico-creates-new-federal-police-division-to-protect-cultural-heritage/a-40255182
Bischofshofen: "Streit um Verwüstung einer prähistorischen Höhensiedlung" (Salzburger Nachrichten, 20.8.): http://www.salzburg.com/nachrichten/salzburg/chronik/sn/artikel/streit-um-verwuestung-einer-praehistorischen-hoehensiedlung-261254/
"After the Hobby Lobby scandal, a spotlight on antiquities sales in Israel" (USA Today, 16.8.): https://www.usatoday.com/story/news/world/2017/08/16/after-hobby-lobby-scandal-spotlight-antiquities-sales-israel/573894001/
"Western museums try to forge deal with west Africa to return the Benin bronzes. British Museum and other European institutions seek way to create a permanent exhibition of looted artefacts in Nigeria" (The Observer, 12.8.): https://www.theguardian.com/world/2017/aug/12/cambridge-benin-bronzes-loan-deal

4.2.
2,7 Mio. Euro Reparationszahlungen für Zerstörung von Kulturgut in Mali
Am 17.8. hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag den Islamisten Ahmad Al Faqi al-Mahdi zu Reparationszahlungen in Höhe von 2,7 Mio. Euro verurteilt. Der Angeklagte leitete als Mitglied der Terrorgruppe Ansar Dine im Jahr 2012 Attacken in Timbuktu und war selbst an der Zerstörung von fünf Monumenten beteiligt. Da der Targi mittellos ist, soll das Geld vermutlich aus einem Treuhandfonds bezahlt werden. 2016 war al-Mahdi bereits zu neun Jahren Haft verurteilt worden, und die Zerstörung von Kulturgut war erstmals als Kriegsverbrechen behandelt worden (DGUF-Newsletter vom 30.8.2016 Punkt 4.4. und vom 5.10.2016 Punkt 4.3.). Markus Hilgert, Leiter des Vorderasiatischen Museums in Berlin, bezeichnete gegenüber dem Deutschlandradio Reparationszahlungen für zerstörtes Kulturgut als ein "historisches Ereignis in der Anwendung des humanitären Völkerrechts". Kritiker merken an, dass die Verteilung des Geldes sich in Mail schwierig gestalten wird und dass die Aussicht auf Kompensations-Zahlungen Anreize für weitere Zerstörungen von Kulturgut in armen Ländern schaffen könnte.
"Questions and Answers on Reparations in the Al Mahdi Case" (Internationaler Strafgerichtshof, 17.8.): https://www.icc-cpi.int/iccdocs/PIDS/publications/alMahdiQA_17-08-2017_Eng.pdf
"Reparationen für zerstörte Kulturschätze? – ‚Ein historisches Ereignis im humanitären Völkerrecht‘" (Deutschlandradio Kultur, 17.8.): http://www.deutschlandfunkkultur.de/reparationen-fuer-zerstoerte-kulturschaetze-ein.1008.de.html?dram:article_id=393680
"Urteil: 2,7 Millionen Euro Entschädigung für Zerstörungen in Timbuktu" (Deutsche Welle, 17.8.): http://www.dw.com/de/urteil-27-millionen-euro-entsch%C3%A4digung-f%C3%BCr-zerst%C3%B6rungen-in-timbuktu/a-40132343
"Zerstörung von Kulturerbe Timbuktu erhält Millionen-Entschädigung" (Tagesschau, 17.8.): https://www.tagesschau.de/ausland/timbuktu-entschaedigung-101.html
"Tombouctou, la réparation des mausolées détruits" (France24, 16.8.; Video, 1:02 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=3t8Mgfjk-t4

4.3.
Neue Broschüre über Problem und Lösungsansätze beim Antikenhandel im Internet
Neil Brodie hat in englischer Sprache eine 15-seitige Broschüre verfasst, die das Problem und Lösungsansätze skizziert. Der Archäologe und renommierte Kulturgutschutzexperte führt aus, dass der weltweite Handel mit Kulturgut auf traditionellem Wege, also über Auktionshäuser, seit 2015 rückläufig sei. Dagegen sei der Online-Verkauf um ca. 24 % gestiegen, sein Umsatz liege bei 3,27 Milliarden US-Dollar jährlich. Das Geschäft habe sich also in den digitalen Sektor verschoben. Der Handel via Internet weise spezifische Merkmale auf, die die Nachfrage nach Kulturgütern in besonderer Weise steigere und damit Raubgrabungen und illegalen Handel fördere. So erreiche er größere Gruppen der Bevölkerung, da er ein niederschwelliges Angebot biete: Personen, die aufgrund ihres sozio-ökonomischen Hintergrundes niemals ein traditionelles Auktionshaus betreten hätten, seien nun in die Lage versetzt, Antiken zu erwerben. Damit würde der Handel mit günstigen Objekten gefördert, was zu einer Ausweitung der Plünderungsaktivitäten auf kleinere Fundstellen, deren Plünderung sich bislang nicht lohnte, führe. Auch biete das Internet mehr Möglichkeiten für Anbieter, denn die Objekte erscheinen nicht nur auf Portalen der Handelshäuser oder bei Auktionsplattformen, sondern auch bei Facebook, Twitter, YouTube etc. Der Kunde sei im Onlinegeschäft in einer schwierigen Position, denn er habe kaum Möglichkeiten festzustellen, dass ein Handelsobjekt nicht aus einer Raubgrabung stammt oder ob es sich um eine Fälschung handelt. Trotz des gestiegenen Bewusstseins für die Gemeinschädlichkeit und die Bedrohung, die durch Förderung von Terrorgruppen durch "Blutantiken"-Finanzierung gegeben sei, gebe es keine ausreichenden staatliche Kontrolle und Regulierung des Internethandels. Besonders die USA als weltweit größter Markt und Zentrum des Internethandels mit Antiken bemühe sich kaum um geeignete Maßnahmen. Deutschland hingegen sei mit seinem System der Beobachtung des Online-Handels durch die Polizei und die Landesdenkmalämter vorbildlich. Brodie schlägt vor, dass der Handel verpflichtet werde, die Websites mit Hinweisen auf gesetzliche Bestimmungen und die Notwenigkeit von Provenienz-Nachweisen zu versehen. Außerdem müsse man die Händler in den Fokus der Beobachtung rücken und nicht die illegal gehandelten Antiken. Ziel der staatlichen Aktivitäten zur Bekämpfung des illegalen Handels müsse es sein, die schwarzen Schafe zu entfernen und nicht die geraubten Objekte zu restituieren. Lesenswert!
Neil Brodie: "How to Control the Internet Market in Antiquities? The Need for Regulation and Monitoring". Antiquities Coalition (ed), Policy brief series 3 (Juli 2017): http://thinktank.theantiquitiescoalition.org/wp-content/uploads/2017/07/Policy-Brief-3-2017-07-20.pdf
"Antike Objekte im Internet kaufen? Ein Wegweiser des DGUF-Arbeitskreises Kulturgutschutz" (2016): http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/Arbeitskreise/Kulturgutschutz/Handreichungen/DGUF-Dok_Handreichung_Antikenkauf_im_Internet.pdf

4.4.
Museum Bergen: Hunderte von Funden gestohlen
Bei einem Einbruch im Universitätsmuseum Bergen (Norwegen) am 12.8. wurden ca. 400 wertvolle Metallfunde aus der archäologischen Sammlung gestohlen. Die meisten Artefakte stammen aus der Wikingerzeit, manche auch aus der Völkerwanderungszeit und der Römischen Kaiserzeit, ihr nachhaltiger Verlust würde einen enormen Schaden für Norwegens kulturelles Gedächtnis bedeuten. Die Ermittlungen der Polizei waren bislang erfolglos. Da erwartet wird, dass diese Objekte bald auf dem internationalen Antikenmarkt auftauchen, bitten die norwegischen Kollegen um gesteigerte Aufmerksamkeit und haben auf Flickr ein Fotoalbum angelegt, das Bilder der gestohlenen Funde zeigt. Das Album umfasst bereits mehr als 170 Bilder, es soll, soweit möglich, sukzessive ergänzt werden.
"The burglary at the University Museum" (University of Bergen, 29.8.): http://www.uib.no/en/news/109979/burglary-university-museum
Album "The stolen items from the University Museum of Bergens viking treasures" (Flickr): https://www.flickr.com/photos/unibergen/sets/72157687831614626

4.5.
Ergebnisse der DASV-Tagung "Jenseits von Palmyra. Kulturgüterschutz in der Lehre" (Berlin, 29.10.2016) publiziert
Das seinerzeit in den Medien omnipräsente Thema der Zerstörung von Palmyra sowie die Debatten um die damals anstehende Novellierung des Kulturgüterschutzgesetzes waren Anlass für den Dachverband Archäologischer Studierendenvertretungen (DASV), umfassender beleuchten zu wollen, inwieweit Kulturgutschutz ein hinreichend verbindlich verankertes Thema auch in der Ausbildung von angehenden Archäologen ist. Nach einem Appell an die Professorenschaft des Faches organisierte der AK Kulturgüterschutz des DASV dazu am 29.10.2016 eine Tagung in Berlin, die auch von der FU Berlin und TOPOI unterstützt wurde. Anschließend vereinbarten die Organisatoren mit den Vortragenden einerseits und den Herausgebern der "Archäologischen Informationen" andererseits eine gesammelte Publikation der Vorträge. Nach knapp einem Jahr liegen die Ergebnisse nun vor: Von circa neun zugesagten Aufsätzen konnten vier publiziert werden. Weitere Manuskripte gingen trotz des starken Einsatzes von Christiane Ochs - DASV-seitig eine der tragenden Organisatorinnen von Tagung und Publikation - nicht ein und können (der Band geht Ende der Woche in die Druckerei) nun nicht mehr angenommen werden. Herausgeber Frank Siegmund kommentierte dem DGUF-Newsletter gegenüber: "Dieser Versuch einer Publikation erwies sich für uns Herausgeber als sehr zäh und arbeitsreich: die DGUF wie auch die Reviewer investieren ungewöhnlich viel ehrenamtliche Kraft in ein solches Projekt. Immerhin vier Aufsätze transportieren einzelne Inhalte der Tagung. Sicherlich war die Veranstaltung für die aktiv Teilnehmenden ein ausnehmend Gewinn bringendes Ereignis."
Fokus: Jenseits von Palmyra: Kulturgüterschutz in der Lehre. DASV-Tagung in Berlin, 29.10.2016
- Doppelhofer, Chr. (2017). Der Archäologe und die Öffentlichkeit: Die neue Rolle der Archäologie im 21. Jahrhundert. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 11. Sept. 2017.
- Tollkühn, Ph. & Otterbeck, T. (2017). Unwissenheit mit Folgen: Archäologische Objekte auf Berliner Flohmärkten. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 8. Sept. 2017.
- Wagner, K. (2017). Kulturgüterschutz am Beispiel der Bodendenkmalpflege in Berlin. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 7. Sept. 2017.
- Nikulka, F. (2017). Denkmalmanagement und Kulturgüterschutz in der universitären Lehre und Forschung: Das Beispiel Hamburg. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 8. Aug. 2017.
http://www.dguf.de/9.html
Tagungsprogramm "Jenseits von Palmyra – Kulturgüterschutz in der Lehre": http://www.fu-berlin.de/campusleben/kalender/2016/10/20161029-jenseits-von-palmyra.html

4.6.
Aufgeregtheit um das frühzeitige Entsorgen von Grabungsfunden in Schweden
Eine schon etwas zurückliegende Äußerung des Stockholmer Archäologen Johan Runer, in Schweden würden Grabungsfunde leichtfertig noch auf der Grabung entsorgt, um Kosten für die Konservierung zu sparen, wurde im August 2017 in den Medien und den Social Media aufgegriffen und führte zu einer gewissen Aufregung resp. Aufgeregtheit. Dabei spülten in Schweden auch nationalistische Töne empor. Der Sachverhalt und die Medienreaktionen sind nun in einem Blogbeitrag von Rainer Schreg zusammengestellt, so dass man sich selbst anhand der Originalquellen ein Bild machen kann. Schreg benennt einen der grundlegenden Faktoren klar: "Das Problem liegt auch hier in der Nachfinanzierung der Grabungen, die bei einem Verursacherprinzip oft die Auswertungs-, Restaurierungs- und Lagerkosten außer Acht lässt." Sprich: Schreg kritisiert hier zu Recht die weit verbreitete, zu kurz greifende Umsetzung des Verursacherprinzips. Denn nach der Konvention von La Valletta/Malta, die in Schweden wie auch in Deutschland gilt, sind solche unabdingbar notwendigen Konservierungsarbeiten bis hin zur katalogartigen Publikation der Grabungsergebnisse(!) Teil der vom Verursacher zu finanzierenden Maßnahme. Weshalb die DGUF seit längerem bei jeder Novellierung eines Denkmalschutzgesetzes in Deutschland auf diesen Punkt aufmerksam gemacht hat und vom Gesetzgeber ein klares Umreißen dessen fordert, was das Verursacherprinzip umfasst. Gleichwie, und auch Schreg räumt dies ein: Es kann und muss nicht alles, was ergraben wurde, auch langfristig archiviert werden - das ist seit langem Konsens unter Fachleuten. Über diese Tatsache wie auch deren Umsetzung gibt es eine gereifte Debatte; es lohnt, sie zur Kenntnis zu nehmen. Beispielsweise gebündelt in dem von Heidrun Derks und Josef Mühlenbrock zusammengestellten Aufsatzbündel in den Archäologischen Informationen 38 (2015).
Rainer Schreg: "Die Archäologie hat die Marktkrankheit. Wir tun so, als würden wir Geschäfte machen und werfen die Geschichte weg." (Archaeologik, 11.9.): http://archaeologik.blogspot.de/2017/09/die-archaologie-hat-die-marktkrankheit.html
"Fokus: Sammlungsstrategien auf dem Prüfstand". Arch. Inf. 38, 2015, 201-316. http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/2578/showToc

4.7.
Großbritannien ratifiziert Haager Konvention (1954)
Nach einem im Februar 2017 förmlich begonnenen Gesetzgebungsprozess hat Großbritannien am 12.9. die "Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten" ratifiziert. Die 1954 durch die Vereinten Nationen verabschiedete Konvention trat 1956 in Kraft und gilt als Teil des humanitären Völkerrechts. In ihrem Auftrag arbeitet auch das Internationale Komitee vom Blauen Schild, das Kulturgüter - meist Bauten - mit dem Blauen Schild markiert, damit diese im Falle von Kriegen aus den Kampfhandlungen ausgeklammert bleiben. Die Bundesrepublik Deutschland ratifizierte die Haager Konvention 1967, im Juni 2017 waren es weltweit insgesamt 128 Staaten (von insges. 193 Mitgliedsstaaten der UN). Das britische Parlament hat jetzt zugleich beschlossen, die nötigen Maßnahmen zur Umsetzung zu ergreifen, u. a. Gebäude mit dem Blauen Schild zu markieren.
"Ratification of the 1954 Hague Convention and Protocols:Written statement - HCWS125" (parliament.uk, 12.9.): http://www.parliament.uk/business/publications/written-questions-answers-statements/written-statement/Commons/2017-09-12/HCWS125
"Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten" (Wikipedia, 9.7.2017): https://de.wikipedia.org/wiki/Haager_Konvention_zum_Schutz_von_Kulturgut_bei_bewaffneten_Konflikten


5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1.
Jean-Jacques Hublin erhält höchste marokkanische Auszeichnung im Bereich Kultur und Wissenschaft
Der Direktor der Abteilung für Humanevolution am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig erhielt Ende Juli von König Mohamed VI von Marokko den Wissam Al Kafaa Al Fikria-Orden. Er ist die höchste marokkanische Auszeichnung im Bereich Kultur und Wissenschaft. Gewürdigt wird Jean-Jacques Hublins Forschungsarbeit im Bereich der Paläoanthropologie und seine neuesten Erkenntnisse zum Ursprung des Homo sapiens. Anhand von Fossilien und Steinwerkzeuge aus Jebel Irhoud in Marokko konnten Hublin und sein Team kürzlich den Ursprung des heutigen Menschen vor etwa 300.000 Jahren in Afrika nachweisen, 100.000 Jahre früher als bisher angenommen (DGUF-Newsletter vom 28.6.2017 Punkt 3.4.).
"Auszeichnung in Marokko. Königliche Ehrung für Max-Planck-Direktor" (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, 3.8.): http://www.eva.mpg.de/fileadmin/content_files/institute/pdf/press/german/Aktuelles_Auszeichnung_Hublin.pdf

5.2.
Studie: Archäologen verdienen in Deutschland weniger als der Bundesdurchschnittsbürger
Das Einkommen deutscher Archäologen liegt im europäischen Mittelfeld - das war eines der Ergebnisse der zweiten Staffel der Studie "Discovering the Archaeologists of Europe" (DISCO, 2012-2014). Dabei liegt das mittlere Einkommen in der Archäologie deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt aller Berufe. Katharina Möller geht in ihrer Analyse tiefer. Denn DISCO 2012-2014 erfasste vorwiegend die in Behörden angestellten Archäologen, während der große Markt der Freiberufler und der Firmenarchäologie weitgehend ausgeklammert blieb. Daher zieht Möller ergänzend Erkenntnisse heran, die sich aus systematisch gesammelten Stellenanzeigen für Archäologen ergeben. Daran wird deutlich, dass deutsche Archäologen - trotz im Mittel höherer Qualifikation - häufiger schlechte Arbeitsbedingungen als ihre britischen Kollegen in Kauf nehmen. Während einerseits gut dotierte Stellen mit einem Jahreseinkommen über 40.000 Euro in Deutschland häufiger sind als in Großbritannien, sind zugleich befristete und unbefristete (!) Stellen mit weniger als 20.000 Euro Jahresgehalt in Deutschland signifikant häufiger als in Großbritannien. Sprich: die Schere zwischen Wohlhabenden und prekär Beschäftigten ist in Deutschland größer als in Großbritannien. Katharina Möllers Schlussfolgerung für Deutschland: "Bisher fehlt eine Organisation, die alle in der Archäologie Beschäftigten vertritt. Eine solche Vereinigung könnte berufliche Standards festlegen und die Situation aller Beteiligten – der Berufseinsteiger ebenso wie der erfahrenen Archäologen – verbessern."
Möller, K. (2017). Will dig for food – Der archäologische Arbeitsmarkt in Europa. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 20. Aug. 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Moeller.pdf

5.3.
Hannah Laurenz über den prekären Status als Doktorand in der Archäologie
Die Bloggerin Hannah Laurenz beschreibt ihre persönliche Wahrnehmung der Rolle und Lebenswirklichkeit von Doktoranden in der Archäologie / den Geisteswissenschaften. Danach werde hier wertvolle Arbeit geleistet, der es an materieller wie ideeller Unterstützung fehle. Während das Forschen für eine Doktorarbeit in anderen Bereichen als normal zu bezahlende Arbeit gelte, wozu auch ein angemessen ausgestatteter Arbeitsplatz gehöre, arbeiteten Nachwuchswissenschaftler in der Archäologie unter unangemessen kargen Bedingungen bei geringen Mitbestimmungsrechten. Das müsse man ändern. Doch wie? "Eine Frage, die nur die Zukunft klären kann – eine Frage, die die Zukunft klären muss, wenn der Exodus der archäologischen Nachwuchswissenschaftler einst ein Ende haben soll."
Hannah Laurenz: „Liebe Studentinnen und Studenten…“ – Mein prekärer Status als Doktorand (Archäologie-Blog, 9.9.): http://archaeologieblog.de/2060-2/


6. Berufsverband
6.1.
Fähigkeiten und Kompetenzen des Berufs Archäologie verstehen und messen
Die vier Vortragsvideos mitsamt der Präsentationsfolien einer Session im Rahmen der Jahrestagung des Chartered Institute for Archaeologists (CIfA) sind nun online verfügbar. Die Session "What do you mean, you don’t recognise my qualification? Understanding skills and measuring competence in archaeology" beschäftigte sich mit der Rolle verschiedener internationaler archäologischer Organisationen (CIfA, RPA, IAI, EAA etc.) aus europäischer, außereuropäischer und speziell britischer Sicht. Für jeden Vortrag lag der Schwerpunkt darauf, die drei größten Schwierigkeiten im Bezug auf die Durchsetzung von professionellem und ethisch korrektem Verhalten in der jeweiligen Arbeitsregion des Vortragenden zu erläutern: Wie erhöht man die Nachfrage nach professionellen, also fachlich und ethisch korrekt handelnden, Archäologen? Und wie kann die Ausbildung für diese professionell arbeitenden Archäologen verbesser werden? Wie verbessert man die Anerkennung bzw. wie kommuniziert man den Wert eines professionell arbeitenden Archäologen? Wie werden hohe Standards gestärkt, promotet und kommuniziert? Und vor allem: wie genau definiert man Professionalität? Verschiedene Lösungswege für die aufgeworfenen Problematiken bzw. Möglichkeiten, die aktuelle Situation zu verbessern, wurden diskutiert. Ein besonders wichtiger Punkt hierbei ist die Verbesserung der archäologischen Ausbildung sowie die Weiterbildung fest im Berufsleben stehender Archäologen. Die CIfA-Jahrestagung "Archaeology: a global profession" fand vom 18.-22.4.2017 in Newcastle statt. Der Tagung soll eine Publikation folgen.
"What do you mean, you don’t recognise my qualification? Understanding skills and measuring competence in archaeology" (Doug's Archaeology, 4.9.): https://dougsarchaeology.wordpress.com/2017/09/04/what-do-you-mean-you-dont-recognise-my-qualification-understanding-skills-and-measuring-competence-in-archaeology/
Programm der CIfA-Jahrestagung 2017: https://www.archaeologists.net/conference/2017

6.2.
Erste deutsche Zertifizierungs-Anträge für den Berufsverband CIfA liegen vor
CIfA Deutschland hat am 17.7. offiziell die Arbeit aufgenommen. Vor allem die ersten Anträge für eine zertifizierte Aufnahme in CIfA Deutschland, die noch auf englischer Sprache und im komplett britischen System erfolgen müssen, stellen alle vor eine große Herausforderung: Für die Zertifizierung ist eine persönliche Selbstaussage, also eine Beschreibung der eigenen archäologischen Fähigkeiten im Bezug auf die Kompetenzmatrix des CIfA, nötig. Diese Kompetenzmatrix besteht aus den Kategorien Wissen/Fachwissen, Eigenverantwortung/Selbständigkeit, Umgang mit Komplexität und Verständnis von Zusammenhängen. Über sie wird festgestellt, in welche der drei Zertifizierungsgrade des CIfA der oder die Antragstellende einzuordnen ist. Zudem sind zwei Referenzschreiben nötig. "Solche Referenzschreiben sind in Deutschland üblicherweise sehr kurz und überblickshaft", erklärt Michaela Schauer, Geschäftsführerin und Koordinatorin von CIfA Deutschland. "Im System des CIfA ist es aber besonders wichtig, detaillierte Informationen zu liefern, damit wir den Kandidaten bestmöglich einschätzen können." Dieser grundlegende Unterschied braucht derzeit eine Menge Zeit und Erklärungen, damit die ersten deutschen Archäologen, die aufgenommen werden, auch korrekt in die Mitgliedergrade eingestuft werden, in die sie anhand ihres Könnens gehören. Im Bezug auf die Art der Referenzschreiben seien jedoch Veränderungen zu erwarten, sobald das erste deutsche Zertifizierungskomitee gefunden sei, sagt Schauer. Auch die Bezugnahme auf die o. g. Kompetenzmatrix sei für deutsche Archäologen noch ungewohnt. Der Aufnahme- und Zertifizierungsprozess für CIfA ist deutlich anspruchsvoller als für jeden der anderen Archäologieverbände in Deutschland. Wie für jedes gewichtige Zertifikat, z. B. für das Demeter-Biosiegel, sind auch für einen Berufsverband im Bereich Archäologie Richtlinien notwendig, anhand derer ein Antragsteller eingestuft wird. Nach CIfA-Standards zertifizierte Kolleginnen und Kollegen haben den Bewertungsprozess erfolgreich durchlaufen und zeigen durch ihren Mitgliedsgrad ihre fachliche Kompetenz klar an. Dr. Gerry Wait, einer der CIfA-Direktoren, ist beeindruckt von der Qualität der Bewerbungen aus Deutschland: "Die bisher eingereichten deutschen Selbstaussagen sind immer mit einen sehr guten Bezug zur CIfA-Kompetenzmatrix geschrieben, auch wenn diese Art, seine eigenen Kompetenzen zu beschreiben, in Deutschland noch nicht üblich ist." Die ersten deutschen Zertifizierungen werden vom britischen Zertifizierungskomitee bereits in der kommenden Sitzung im Oktober behandelt.
Sich als Student oder normales Mitglied bei CIfA registrieren, ohne einer der drei zertifizierten Mitgliederstufen anzugehören (derzeit noch nicht auf Deutsch möglich): http://www.archaeologists.net/join/individual/onlineapp
Sich als Einzelperson in einer der drei möglichen CIfA-Mitgliedsstufen zertifizieren lassen (derzeit noch nicht auf Deutsch möglich): http://www.archaeologists.net/join/individual
Kontakt zur Geschäftsführerin/Koordinatorin von CIfA Deutschland, Michaela Schauer M.A. ACifA: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

6.3.
EAA und CIfA unterzeichnen Memorandum of Understanding
Anlässlich der EAA-Tagung 2017 in Maastricht haben Felipe Criado-Boado für die European Association of Archaeologists (EAA) und Pete Hinton für das Chartered Institute for Archaeologists (CIfA) am 1.9. ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, in dem beide Gesellschaften eine künftig enge Zusammenarbeit verbindlich vereinbaren. Im Text dieses Vertrags, der der Newsletter-Redaktion vorliegt, bestätigen sich beide Gesellschaften in recht offen gehaltenen Formulierungen, zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen zu wollen. EAA-Mitglieder sollen ermuntert werden, sich beim CIfA zertifizieren zu lassen, und CIfA-Mitglieder sollen ermuntert werden, auch der EAA beizutreten. Das Memorandum of Understanding besiegelt Pläne und Überlegungen, die bereits anlässlich der CIfA-Jahreskonferenz 2017 in Newcastle (19.-21.4.) vorbereitet worden waren. Der Newsletter-Redaktion gegenüber beschrieben die Präsidenten beider Gesellschaften als wesentliches langfristiges Ziel, die EAA als die übergreifende europäische Archäologie-NGO und das CIfA als den europäischen Berufsverband für Archäologen zu etablieren, die jeweils eng mit entsprechenden nationalen Partner kooperieren wollen.
"EAA signs Memorandum of Understanding with CIfA" (EAA, 10.9.): https://www.e-a-a.org/EAA/EAA/Navigation_News/CIFA.aspx
Sophie Hüglin & Manuel Fernández-Götz: "EAA and CIfA – From Concurrency to Cooperation in Times of Brexit" (The Historic Environment: Policy and Practice, published online 17 Aug 2017): http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/17567505.2017.1358322?journalCode=yhen20
Manuel Fernández-Götz & Sophie Hüglin: "EAA and CIfA: going global together – possible pathways" (CIfA-Jahrestagung 2017, April 2017; Video, 25:31 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=V5vsSaiLSlc


7. Open Access & Open Data
7.1.
"Science" berichtet über laufende Open Access-Verhandlungen in Deutschland
Auf der frei zugänglichen Website sciencemag.org mit Neuigkeiten vorwiegend aus der Welt der berühmten Wissenschaftszeitschrift(en) "Science" berichten Gretchen Vogel und Kai Kupferschmidt von einer Spezialisten-Tagung von Bibliothekaren in Berlin, wo man sich international über die Verhandlungen mit den großen Wissenschaftsverlagen betreffs Open Access austauscht. Im Fokus steht DEAL, das deutsche Konsortium, das eine grundsätzliche Änderungen des wiss. Publikationswesens erreichen möchte: Statt Leser zahlen für Abonnements - wie bisher - neu: es wird für das Publizieren bezahlt; das Lesen ist für alle Bundesbürger frei. Der Artikel rekapituliert nochmals die Fakten: Zur Zeit zahlt Deutschland insgesamt pro publiziertem Aufsatz ca. 3.800-5.000 Euro für das Lesen-Dürfen (bei Verlagsrenditen von nahe 40%). Angestrebt in den Verhandlungen von DEAL werden pauschale Publikationsgebühren von um 1.300-2.000 Euro pro Aufsatz - zu zahlen aus den Ressourcen, die bisher in die Abonnemente fließen. Tagungsteilnehmer schätzen die Erfolgsaussichten von DEAL offenbar skeptisch ein, doch DEAL-Vertreter signalisieren den Willen zur Härte in den Verhandlungen, was eben auch ein komplettes Kündigen der bisherigen Abonnements inkludiert.
G. Vogel & K. Kupferschmidt: "A bold open-access push in Germany could change the future of academic publishing" (Sciencemag.org, 23.8.): http://www.sciencemag.org/news/2017/08/bold-open-access-push-germany-could-change-future-academic-publishing

7.2.
Plädoyer für eine geisteswissenschaftliche Open-Access-Plattform
In einem Gastbeitrag im US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes plädiert der Historiker Guy Geltner (Univ. Amsterdam) für eine Umsetzung von Open Access mehr aus eigener Kraft. Die Ära der Closed-Access-Verlagspublikation müsse enden, aber Wissenschaftler sollten beim Open Access nicht länger auf Verlage und Regierungslösungen warten, sondern selbst aktiv werden. Manche der derzeit beliebten "grauen" Open-Access-Plattformen wie Academia.edu oder ResearchGate seien zwar ein aktuell guter Weg der subversiven Reaktion auf das klassische Publikationsmodell, aber risikokapitalfinanziert; sie könnten jederzeit kommerziell werden und/oder aufgekauft werden. Daher sollten Archive genutzt werden, die dieser Gefahr nicht unterliegen, wie z. B. die "Open Library of Humanities" (in deren Board Geltner tätig ist). Bemerkenswert an diesem Beitrag sind weniger die unspektakulären Aussagen, sondern der Publikationsort. Denn in den USA ist die Open-Access-Debatte erheblich weniger weit gediehen als in Europa, die Veröffentlichung in einem bedeutenden Wirtschaftsmagazin setzt dort ein Signal.
Guy Geltner: "Charting The Future Of Academic Publishing In The Digital Age" (Forbes, 9.9.): https://www.forbes.com/sites/thelabbench/2017/09/09/charting-the-future-of-academic-publishing-in-the-digital-age/#69e52ea041f7

7.3.
Lizensierung CC BY & Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort
Wer als Wissenschaftler einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abschließt, um von den Tantiemen-Ausschüttungen der VG Wort profitieren zu können, stößt als Autor in Zeitschriften wie etwa in den "Archäologischen Informationen", die mit einer CC BY-Lizensierung operieren, auf einen zunächst irritierenden Passus im Paragraphen 4 des VG-Wort-Wahrnehmungsvertrages. Man fragt sich: schließen sich ein Vertrag mit der VG Wort und eine CC BY-Lizensierung aus? Wohl nein, meint mit guten Argumenten ein Beitrag samt Diskussion im Blog Archivalia. Lesenswert für Betroffene. Klarere Formulierungen seitens der VG Wort wären indes wünschenswert.
Heidrun Wiesenmüller: "Wichtige Frage zu VG Wort und Open Access" (Archivalia, 22.8.): http://archivalia.hypotheses.org/66919
DGUF-Handreichung "Online-Ausgaben der Archäologischen Informationen und Archäologischen Berichte seit 2017 auch mit Zählpixeln der VG Wort" (Mai 2017): http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/DGUF-Dok_Zaehlpixel-VG-Wort.pdf


8. Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1.
Wachsende National-Esoterik bei Wikingertreffen in Wolin
Das Gelände beim Slawen- und Wikingerzentrum Wolin – gelegen auf der gleichnamigen polnischen Insel neben Usedom – ist seit Jahren Ort eines Anfang August stattfindenden Wikingerfestivals mit tausenden von Teilnehmern und jeder Menge Reenactment. Doch stark zunehmend reisen auch Neonazis an, berichtet der "Spiegel". Rechte Zeichen – etwa Hakenkreuze in zig Varianten - vermischten sich mit Wikingerkult. Dabei ist in der Neonazi-Szene der Kult um die Wikinger nicht neu: "Die Wikingerzeit ist für die Neonazis eine Art trojanisches Pferd, mit dem sie versuchen, die rechte Propaganda in die Mitte der Gesellschaft zu ziehen", sagt Karl Banghard, Leiter des Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen, dem "Spiegel". Weil Geschichte eine Antwort auf die Frage liefere, wie es zu unserer heutigen Gesellschaft gekommen ist, könne man "effektiv und unterschwellig politisch agitieren, wenn ich Geschichte in meinem Sinn erzähle", sagt Banghard. Der "Spiegel" habe gezielt Bilder verwendet, entgegneten manche, dadurch würde "die Lügenpresse" eine völlig normale Geschichtsveranstaltung in die rechte Ecke drängen. Dem widerspricht das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen und veröffentlicht auf seinem Blog viele weitere Fotos von einem einzigen Veranstaltungstag in Wolin.
"Wikingertreff in Polen: Neonazis unter Nordmännern" (Spiegel, 11.8.): http://www.spiegel.de/politik/ausland/polen-im-wikinger-treff-in-wolin-mischen-sich-neonazis-unter-nordmaenner-a-1160934.html
"Bilder eines Events" (Archäologisches Freilichtmuseum Oerlinghausen, 18.8.): http://www.afm-oerlinghausen.de/blog/start-de/bilder-eines-events-1-1

8.2.
Umfrage von YouGov: "Denkmalschutz ist den meisten Deutschen wichtig"
Die deutsche Tochter des britischen Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov veröffentlichte am 16.8. eine am 11.-15.8. durchgeführte Kurzumfrage zum Denkmalschutz. Danach ist der Denkmalschutz 79 % aller Deutschen wichtig, 89 % nennen den "historischen Wert allgemein" als einen wichtigen Grund für die Denkmalerhaltung. Die Publikation auf der Website von YouGov nennt keinen Auftraggeber der Studie, möglicherweise soll sie angesichts des heranrückenden "Tag des offenen Denkmals" am 10.9. neue Kreise von Auftraggebern auf YouGov aufmerksam machen. Gleichwie: ein wertvolles Ergebnis! Es entspricht frappierend den Ergebnissen der ausführlicheren Umfrage von Frank Siegmund u. a. (2017) nach dem Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands an Archäologie, wonach 88 % der Deutschen Archäologie als wichtig bis sehr wichtig einschätzen.
"Denkmalschutz ist den meisten Deutschen wichtig (YouGov, 16.8.): https://yougov.de/news/2017/08/16/denkmalschutz-ist-den-meisten-deutschen-wichtig/
Siegmund, F., Savvidou, K., Berghäuser, S.-E., Backhaus, I. M., Heddier, R. R., Müller, T. A., Richter, D. & Valder, K. Sc. (2017). Das Interesse der Bürger in Deutschland an Archäologie und Antike. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 21. Juni 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Siegmund-etal_01.pdf Ergänzende Materialien: Der für die Befragung verwendete Fragebogen: http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Siegmund-etal_01_Fragebogen.pdf

8.3.
Wissenschaftskommunikation, oft eine "Müsste man mal angehen"-Aufgabe
Bei den meisten Fachkollegen besteht Einsicht, dass die Kommunikation wissenschaftlicher Inhalte gegenüber Bürgern, Politikern und Journalisten sinnvoll und wichtig ist. In der Realität haben viele Wissenschaftler jedoch neben ihrer Forschungstätigkeit, Lehrverpflichtungen, Antragstellung etc. kaum Zeit, Wissenschaftskommunikation in angemessenen Umfang zu betreiben. Auch fehlt nach wie vor die innerwissenschaftliche Anerkennung für solche Kommunikationsleistung: Während die Liste der Fachpublikationen für die Karriere große Bedeutung hat, zählt die außerwissenschaftliche Kommunikationsleistung nicht oder kaum. Eine alte Klage, aber gerade in der Archäologie ist sie unverändert aktuell: Erfolgreiche Wissenschaftskommunikatoren werden im Kollegenkreis durchaus mal als "mediengeil" bezeichnet, und man belächelt jede Vereinfachung, die sie in Interviews benutzen. Auf Wissenschaftskommunikation.de beleuchtet Julia Gantenberg solche und weitere Probleme hinsichtlich innerwissenschaftlicher Abläufe. Seitens der Förderinstitutionen, v. a. der DFG, werde zwar Wissenschaftskommunikation verlangt, aber es existiere keine Positionierung der DFG zur Bedeutung und Zielsetzung solcher Wissenschaftskommunikation. Eine vorrangige Motivation von Wissenschaftlern für Wissenschaftskommunikation sei es daher, eben die Forderung der DFG zu erfüllen und in deren Gunst zu steigen. Werde Kommunikation aber zu diesem Zweck betrieben, gehe "ihr Bestreben am ursprünglichen Gedanken von Wissenschaftskommunikation vorbei: eine informierte Öffentlichkeit zu befähigen, eigenständige und verantwortungsvolle Entscheidungen über wissenschaftliche Entwicklungen treffen zu können." Zahlreiche Wissenschaftler erkennen, so Gantenberg, bis heute keinen ausreichenden persönlichen Nutzen, um die ressourcenintensive Aufgabe, Wissenschaft außerhalb der Fachzirkel zu kommunizieren, entsprechend engagiert nachzukommen.
Julia Gantenberg, "Zwischen Anspruch und Realität: Was Wissenschaftler*innen wirklich für Wissenschaftskommunikation motiviert" (Wissenschaftskommunikation.de, 16.8.): http://www.wissenschaftskommunikation.de/zwischen-anspruch-und-realitaet-was-wissenschaftlerinnen-wirklich-fuer-wissenschaftskommunikation-motiviert-6539/

8.4.
Wissenschaftsbarometer misst erneut Interesse und Bewertung der Deutschen von Wissenschaft
Das "Wissenschaftsbarometer" verfolgt seit 2014 jährlich die Einstellung der Bevölkerung Deutschlands zur Wissenschaft. Aktuell meinen zwei Drittel der Deutschen, dass Wissenschaft im laufenden Bundestagswahlkampf eine zu kleine Rolle spiele. Zwar vertraut nur die Hälfte der Befragten der Wissenschaft, aber 64 % widersprechen der These "Wissenschaft schadet mehr als sie nützt". Insgesamt plädieren die Bürger für mehr Unabhängigkeit der Wissenschaft: 57 % der Befragten halten den Einfluss der Politik, 61 % den Einfluss der Wirtschaft für zu stark. Auch zu Citizen Science gibt es wertvolle Daten: 56 % der Bürger möchten stärker in die Entwicklung von Forschungsfragen einbezogen werden, 41 % wünschen sich, aktiv an wissenschaftlichen Projekten mitzuforschen. Die Studie erlaubt auch Vergleiche mit Befragungen, die speziell auf die Archäologie zielen. Laut Wissenschaftsbarometer haben 49 % der Befragten ein großes bis sehr großes Interesse an Politik, verglichen mit 48 % an Kultur und 58 % an Wissenschaft und Forschung. Ein starkes bis sehr starkes persönliches Interesse an Archäologie und Altertum bekundeten 53 % der befragten Deutschen (Siegmund et al. 2017); Archäologie erreicht also eine ähnliche Interessenstärke wie Wissenschaft, deutlich über Politik und Kultur. Laut Wissenschaftsbarometer (Tab. 8) möchten 41 % der Deutschen "gerne einmal an einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt mitforschen", bei der Archäologie sind es 65 % (Siegmund et al. 2017, Abb. 30) resp. 62 % in Österreich (Karl et al. 2014, Abb. 11) - Archäologie erfreut sich also eines starken öffentlichen Interesses.
Wissenschaftsbarometer 2017: https://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/
"Bundesforschungsministerin Wanka zum Wissenschaftsbarometer" (BMBF, 7.9.): https://www.bmbf.de/de/bundesforschungsministerin-wanka-zum-wissenschaftsbarometer-4753.html
Kristin Oswald, "Wissenschaftsbarometer 2017. Vertrauen in Wissenschaft zur Bundestagswahl" (Krosworldia, 12.9.): https://kristinoswald.hypotheses.org/2095
Siegmund, F., Savvidou, K., Berghäuser, S.-E. et al (2017). Das Interesse der Bürger in Deutschland an Archäologie und Antike. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 21. Juni 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Siegmund-etal_01.pdf
Karl, R., Burin, B., Frana, Z., et al. (2014). Archäologische Interessen der österreichischen Bevölkerung. Bericht und Analyse einer Umfrage, November 2013 - Jänner 2014 (Bangor Studies in Archaeology Report No. 8). Bangor: Prifysgol Bangor University. https://www.researchgate.net/profile/Raimund_Karl/publication/264977254_Archaologische_Interessen_der_osterreichischen_Bevolkerung_Bericht_und_Analyse_einer_Umfrage_November_2013-Janner_2014/links/53f9fd420cf27c365ceae118/Archaeologische-Interessen-der-oesterreichischen-Bevoelkerung-Bericht-und-Analyse-einer-Umfrage-November-2013-Jaenner-2014.pdf


9. Bundestagswahl 2017
9.1.
Die kulturpolitischen Pläne der größten deutschen Parteien
In seiner Reihe "Wahlkultur" stellt das "Kulturmanagement Network" zur Bundestagswahl die kulturpolitischen Pläne der größten deutschen Parteien vor. In jedem Beitrag wird das Programm einer Partei im Hinblick auf acht aktuelle Themen untersucht und mit Informationen aus vertiefenden Interviews mit den jeweiligen Kulturverantwortlichen ergänzt. Die Themen 2017 sind: 1) der allgemeine Rang von Kulturpolitik, 2) die Schwerpunkte des kulturpolitischen Programms, 3) das Verhältnis zwischen Kulturpolitik und aktuellen gesellschaftlichen Kontexten, 4) die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, 5) die Pläne für die Kultur- und Kreativwirtschaft, 6) übergreifende Strukturmaßnahmen im Kulturbereich, 7) die Digitalisierung in den Bereichen Kulturvermittlung und Arbeitsmodelle sowie 8) europäische Kulturpolitik.
Das kulturpolitische Programm der SPD: http://bit.ly/Wahlkultur2017_SPD
Das kulturpolitische Programm der CDU/CSU: http://bit.ly/Wahlkultur2017_CDU_CSU
Das kulturpolitische Programm der Linken: http://bit.ly/Wahlkultur2017_Linke
Das kulturpolitische Programm der FDP: http://bit.ly/Wahlkultur2017_FDP
Das kulturpolitische Programm der Grünen: http://bit.ly/Wahlkultur17_Gruene
Das kulturpolitische Programm der AfD: http://bit.ly/Wahlkultur_AfD

9.2.
Wahlprüfstein der DEGUWA zur Bundestagswahl 2017: "UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser"
Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie e. V. (DEGUWA) hat sich mit einem Wahlprüfstein zur Bundestagswahl 2017 an die Parteien gewandt. Er entspricht weitgehend einem der drei Wahlprüfsteine, mit denen DGUF, IPAL und DEGUWA vor gut einem Jahr zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern auf die Parteien zugegangen waren. Konkret lautete die aktuelle Frage der DEGUWA: "Im Koalitionsvertrag zur 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags vereinbarte die Große Koalition: ‚Sie wird die Initiative ergreifen, auch dem UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser beizutreten‘ (Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 175). Für die Erstellung unserer Wahlprüfsteine zur Bundestagwahl 2017 bitten wir um Auskunft, wie diese Initiative sich gestaltet hat und in welchem Stadium sich das Vorhaben zum Beitritt der UNESCO Konvention 2001 befindet." Die Fragestellung und die Formulierung auf der Website der DEGUWA lassen vermuten, dass nur CDU und SPD angeschrieben worden waren. Beide Parteiantworten liegen vor, beide Parteien versichern, dass sich der Ratifizierungsprozess als sehr komplex erwiesen habe, jedoch nun in der kommenden Legislaturperiode mit einem Beitritt Deutschlands zu diesem UNESCO-Übereinkommen zu rechnen sei. Die bei solchen Gesetzgebungsverfahren übliche Anhörung der Verbände sei für Herbst 2017 vorgesehen.
http://www.deguwa.org/

9.3.
Was planen die Parteien für Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation?
Drei Fragen zu Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation stellte das Portal Wissenschaftskommunikation.de, ein gemeinsames Projekt von u. a. Wissenschaft im Dialog (WiD) und dem Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWiK). In einzelnen Beiträgen werden die Antworten der Parteien derzeit nach und nach veröffentlicht.
http://www.wissenschaftskommunikation.de/

9.4.
Fragen des Verbandes der Restauratoren (VdR) an die Parteien
Zur Bundestagswahl hat der Verband der Restauratoren e. V. Wahlprüfsteine erstellt. V. a. die letzte Frage ist archäologierelevant: Die Berufsbezeichnung "Restaurator" ist nicht geschützt (ebenso wenig wie die des Archäologen). Wie werden die Parteien damit umgehen? Parteiübergreifende Antwort: Das ist laut Grundgesetz Kompetenz der Bundesländer, eine bundesweite Lösung ist nicht möglich. Eine Antwort, die auch für uns Archäologen Gültigkeit hat.
https://www.restauratoren.de/bundestagswahl-2017-wahlpruefsteine-der-parteien/


10. Und sonst …
10.1.
"Sehr lohnende Lektüre": Rezension zu "Digitale Archivierung: Innovationen – Strategien – Netzwerke"
Bücher und Papiere als Speicher von Informationen werden in Bibliotheken und Archiven verwaltet, für Nutzer zugänglich gemacht und für die Zukunft nachhaltig bewahrt. Wenn mehr und mehr Informationen digital vorliegen, muss für Digitales eine ähnliche Fürsorge betrieben werden. Ein Thema gerade auch für die Grabungsarchäologie, die den Wandel ins Digitale derzeit durchlebt. Wie steht es um das Archivieren digitaler Informationen, wer muss da was besser tun als bisher? Das beleuchtet der aktuelle Sammelband "Digitale Archivierung: Innovationen – Strategien – Netzwerke", herausgegeben vom Österreichischen Staatsarchiv. Besprochen wird er vom Projektkoordinator des DAI-Forschungsdatenzentrums IANUS, Felix F. Schäfer. Schäfer schließt: "Auch wenn man mit dieser Materie bislang nicht vertraut ist, so ist die Lektüre einiger Beiträge dennoch sehr lohnend, da sie das Problembewusstsein für die Konsequenzen der modernen Datenproduktion schärft."
Schäfer, F. F. (2017). Rezension zu: Österreichisches Staatsarchiv, Generaldirektion (Hrsg.) (2016). Digitale Archivierung: Innovationen – Strategien – Netzwerke (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 59). Wien: Studienverlag. Archäologische Informationen 40, Early View, online publiziert 20. Aug. 2017. http://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Schaefer.pdf

10.2.
"Kann nicht als Forschung gelten": Rezension zu Ralf Koneckis-Bienas, "Der Teufel am Externstein in Sage, Mythe und Wissenschaft"
Als "weiteres Beispiel für die fantastischen und völkischen Auswüchse der Externstein-Deutung" beurteilen die Historiker Dr. Andreas Ruppert, Roland Linde und Stefanie Haupt das Buch von Ralf Koneckis-Bienas "Der Teufel am Externstein in Sage, Mythe und Wissenschaft" (2015). Der Autor, Mitglied im "Forschungskreis Externsteine", verstehe sein Werk als anekdotisches Heimatbuch, als Einführung in die Archäoastronomie mit dem Ziel, einen "Weg für die unbefangene Forschung" frei zu machen. Die Externsteine seien als uralter Raum für Astronomie und Kult – z. B. als steinzeitliches Kalendarium, Sitz eines "germanischen Isiskults" - genutzt worden, so der Autor. Ausgangsbasis seiner Thesen bildeten völkische Thesen Wilhelm Teudts (1920er-Jahre) sowie die Grabungen durch Julius Andree (1934/35), der - wie Uta Halle aufzeigte - den klaren Willen hatte, die "vorgeschichtliche Kultfunktion der Externsteine" zu beweisen. Kritisch zu bewerten sei die neue Integration antijüdischer Legenden. Auch basierten die Thesen auf vorgefassten Ergebnissen, belegt durch Sagen, Mythen und Märchen. Fazit der Rezensenten: Das Werk täusche durch die professionelle Aufmachung über starke methodische Mängel hinweg, sei weder "unbefangen" noch könne es als Forschung gelten.
Roland Linde und Stefanie Haupt, "Abenteuerliche Externsteine-Deutung in völkischer Tradition - Das Buch ‘Der Teufel am Externstein in Sage, Mythe und Wissenschaft. Ein Forschungsabenteuer’ von Ralf Koneckis-Bienas" (AFM-Blog, 24.8.): http://www.afm-oerlinghausen.de/blog/start-de/abenteuerliche-externsteine-deutungen-in-voelkischer-tradition

10.3.
Streng rechts orientierte Weiße in den USA, DNA-Tests und die Sache mit den afrikanischen Wurzeln
Analysen an rezenter DNA werden preiswert und populär, Angebote für "Herkunftsanalysen" zu Preisen zwischen 60 und 500 Euro sind schnell gefunden. Die Ergebnisse gibt es auf Wunsch auch (gegen Aufpreis) als Urkunde in Geschenkverpackung. "Entdecken Sie Ihre ethnische Herkunft und finden Sie, mit unserem einfachen DNA-Test, neue Verwandte." "Das Resultat zeigt sowohl Ihr Urvolk (z. B. Kelten, Germanen, Wikinger oder Juden), als auch die Ursprungsregion Ihrer Vorfahren (z. B. Westeuropa, Skandinavien oder Naher Osten)." Stellen wir die Frage nach der wissenschaftlichen Seriosität der Ergebnisse einmal zurück und auch die Tatsache, dass Firmen hier weitgehend unkontrolliert einen riesigen sensiblen Datenpool sammeln: Die Angebote sprießen, weil es einen Markt gibt; den Markt gibt es, weil es einen Bedarf gibt. In der Regel folgen Befunde, dass man soundso viel dies, und soundso viel jenes ist. Das mag mit der bekannten und belegbaren Familiengeschichte übereinstimmen, unterhaltend sein, oft auch hie und da überraschen. US-Fernsehshows und YouTube-Clips liefern reiches Anschauungsmaterial. Doch was, wenn die Ergebnisse als zutiefst unpassend empfunden werden? So geht es jedenfalls nicht selten politisch streng rechts orientierten Weißen in den USA, die ungern von ihren Anteilen afrikanischer DNA oder ähnlichem lesen. Wiederholtes Würfeln ist da eine beliebte Lösung: Man testet bei verschiedenen Anbietern, bis das Ergebnis passt. Oder man bezweifelt - natürlich erst jetzt - die Wissenschaftlichkeit von DNA-Analysen. Wie wäre es stattdessen mit Nachdenken? Darüber, was DNA wirklich sagt; was DNA mit Kultur, mit Ethnizität zu tun hat; ob Vermischung nicht das Normale ist; ob, wenn alles vermischt ist, Unterschiede mehr sozial gemacht als biologisch vorbestimmt sind.
"White nationalists are flocking to genetic ancestry tests. Some don’t like what they find" (Statnews, 16.8.): https://www.statnews.com/2017/08/16/white-nationalists-genetic-ancestry-test/
"Plötzlich hat man eine ganz neue Herkunft" (Noizz.de, 7.5.): https://noizz.de/wissen/dna-tests-verraten-einem-seine-genetische-herkunft/vvpzypn
"The DNA Journey" (Momondo, 31.7.2016; Video, 5:16 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=tyaEQEmt5ls
"Meine DNA Test Ergebnisse l Das hätte ich nie gedacht!" (Silvi Carlsson, 8.7.; Video, 6:47 Min.): https://www.youtube.com/watch?v=LlTqcFIaF60

10.4.
Es muss nicht immer Google Earth sein: Neuer, weltweiter Satellitenbild-Datensatz mit ohne Wolken
Wer gerade sowieso an seinem GIS bastelt, zum Beispiel um die im vergangenen Newsletter vorgestellten TanDEM-X-Höhendaten (Punkt 10.3.) einzubauen, der sei hier noch auf einen weiteren potenziell nützlichen Datensatz hingewiesen: Die österreichische Firma EOX stellt neu kostenlos einen den kompletten Globus abdeckenden Satellitenfoto-Datensatz, den "Sentinel Cloudless Atlas", zur Verfügung. Der Clou: Die Daten sind, eben, cloudless - wolkenfrei. Garantiert schönes Wetter also. Sie lassen sich als WMTS/WMS-Layer schnell und problemlos in ein GIS einbinden - die einzelnen Kacheln liegen damit nicht auf dem eigenen Rechner, sondern werden als Web-Service dynamisch aus dem Internet nachgeladen. Was bei langsamer Internetverbindung anfänglich durchaus mal dauern kann. Sind die Daten des Arbeitsgebietes einmal heruntergeladen und gecacht (liegen also doch wieder auf der eigenen Maschine), geht's deutlich fixer. Weitere Probleme: Insbesondere in Nordamerika und Ostasien sind deutliche Streifen erkennbar, weil die einzelnen Bildstreifen leicht versetzt sind. Überdies ist die Bodenauflösung von 15 m für kleinräumige Kartierungsprojekte herzlich ungeeignet. (Zum Vergleich: Deutsche Vermessungsämter liefern Orthofotos mit meist 20 cm Auflösung.) Wer aber in seinem weitläufigen Arbeitsgebiet bei Google Earth immer Regenwetter hat (all' die Dschungelkämpfer unter uns ...), hat mit dem Sentinel Cloud Atlas vielleicht eine bessere Chance, mehr zu sehen als wenig spannende Wolken von oben.
"New Sentinel Cloudless Atlas" (Digital Geography, 25.8.): http://www.digital-geography.com/short-announcement-new-cloudless-sentinel-atlas/
"Sentinel-2 cloudless" (Web-Karte zur Voransicht der Daten): https://s2maps.eu/

10.5.
Gezeichnete Archäologie: "Archaeo Lounge" – Das Blog des Kieler SFB 1266
Prof. Dr. Johannes Müller vom Institut für Ur- und Frühgeschichte in Kiel führte im August und September eine Expedition nach Moldawien zu der kupfersteinzeitlichen Großsiedlung Stolniceni durch. Die ca. 6.000 Jahre alte "Mega-Site" gehört zur Tripolje-Cucuteni Kultur. Das Kieler Forschungsteam arbeitete gemeinsam mit Kollegen der Şcoala Antropologică Superioară in Chişinău, Moldawien. Der Zeichner Jonas Fischer begleitete die Gruppe nach Moldawien, skizzierte seine Erlebnisse in bemerkenswerten Bildern und guten Texten; veröffentlicht sind sie in der "Archaeo Lounge". Und nein, es geht dabei nicht nur um die archäologischen Untersuchungen selbst, sondern auch um Kollegen wir Brandlehm-Bjarne, um Weißkohl und das Thema Lagerkoller.
http://archaeo-lounge.com/

10.6.
Erfreulich: Thüringens Archäologie ist hoch begehrt
Das "Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens" befindet sich in Weimar, und zwar seit dem vorletzten Jahrhundert: Ende August 2017 feierte man dort das 125-jährige Gründungsjubiläum. 1999 neu eingerichtet, liegt es mit 1.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche, 300.000 Inventarnummern und ca. 20.000 Besuchern jährlich ganz praktisch gleich neben dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar. Doch das Land Thüringen denkt über ein landesweites "Museumskonzept 2025" nach, das im Oktober 2017 vorgestellt werden soll. Hier kommt nun Erfurt ins Spiel, das dem Archäologischen Landesmuseum einen großen Bau anbietet, die "Defensionskaserne" auf dem Petersberg. Eine Investitionssumme von 50 Mio. Euro steht im Raum, die Bundesgartenschau 2021 in Erfurt böte einen schönen Umzugs- und Eröffnungstermin. Das darf nicht sein! - meinen Weimarer Bürger und gründen am 31.7. eine Bürgerinitiative "Unser Museum bleibt", die innerhalb weniger Wochen mehr als 10.000 Unterschrift für ihr Anliegen gesammelt hat. Stand Mitte September 2017: Man rangelt, man debattiert, man sucht Kompromisse. Liebe Kollegen, genießen wir das Schauspiel: zwei Städte kämpfen darum, ein Museum für die Archäologie ihres Bundeslandes zu gewinnen, Archäologie ist begehrt!
"Ende August begeht das Museum ein ganz besonderes Jubiläum!" (Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens, 11.8.): http://alt-thueringen.de/2017/08/11/125-jahre-museum-fuer-ur-und-fruehgeschichte/
"Die Defensionskaserne soll Landesmuseum werden" (Thüringer Allgemeine, 21.6.2016): http://erfurt.thueringer-allgemeine.de/web/erfurt/startseite/detail/-/specific/Die-Defensionskaserne-soll-Landesmuseum-werden-1168369085
"Positive Signale für Landesmuseum auf dem Petersberg in Erfurt" (Thüringer Allgemeine, 11.7.): http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Positive-Signale-fuer-Landesmuseum-auf-dem-Petersberg-in-Erfurt-712789171
"Wo landet das Museum für Ur- und Frühgeschichte?" (Thüringer Allgemeine, 2.8.): http://erfurt.thueringer-allgemeine.de/web/erfurt/startseite/detail/-/specific/Wo-landet-das-Museum-fuer-Ur-und-Fruehgeschichte-471955341
"Über 10.000 Unterschriften für Verbleib des Landesmuseums in Weimar" (Thüringer Allgemeine, 12.9.): http://weimar.thueringer-allgemeine.de/web/weimar/startseite/detail/-/specific/Das-archaeologische-Landesmuseum-in-Weimar-ist-offenbar-bereits-Geschichte-816239846?fref=gc&dti=168788384335


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