DGUF-Newsletter vom 1.4.2014

DGUF-Newsletter vom 1. April 2014

1. DGUF-Nachrichten
1.1. DGUF fordert Baustopp von "Stuttgart 21", damit einzigartiger La-Hoguette-Fundplatz sachgerecht ausgegraben werden kann
1.2. Autorinnen und Autoren für den DGUF-Newsletter gesucht
1.3. Retro-Digitalisierung der Archäologischen Informationen: Neu steht Jg. 26, 2003 online

2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1. Das Programm steht: DGUF-Tagung "Open Access und Open Data verändern die Archäologie" (Berlin, 6.10.)
2.2. "Culture Under Threat: The future of the 1954 Hague Convention" (Rom, 15.-21.5.; CfP bis 14.4.)
2.3. "Coding da Vinci - Der Kultur-Hackathon" (Berlin, 26.-27.4.; Sprint bis 5./6.7.)
2.4. "Ordnungen des Wissens – Disziplinäre Macht im archäologischen Diskurs" (Berlin, 6.-10.10.; CfP bis 15.4.)
2.5. "Museum and Politics" (Sankt Petersburg und Jekaterinburg, 9.-14.9.)
2.6. 3rd International Landscape Archaeology Conference (Rom, 17.-20.9.)
2.7. Horizonterweiterung: Kunst trifft Archäologie. Zur Ausstellung "Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart" (Salzburg, bis 8.6.)
2.8. Zur Lage der Archäologie in NRW: Stimmen vom 5. Tag der Archäologie in Westfalen-Lippe (Münster, 24.3.)

3. Forschung
3.1. Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
3.2. Aktuelle Forschung in den Medien
3.3. Neue Argumente zur Datierung des Vulkanausbruchs von Thera stützen konventionelle Chronologie
3.4. König Rædwalds Hof entdeckt?
3.5. Frühe Europäer waren dunkelhäutig. Die Merkmale hellhäutig, blond und blauäugig kommen in Europa erst spät auf
3.6. Studie zur Milchverträglichkeit in Afrika
3.7. Katzen in Ägypten möglicherweise ca. 2.000 Jahre früher domestiziert als bisher angenommen

4. Kulturgutschutz
4.1. Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2. "Nazi War Diggers": National Geographic in der Kritik
4.3. DEGUWA forciert Lobbyarbeit für den Beitritt Deutschland zur UNESCO-Konvention zum Schutz des Unterwassererbes
4.4. Plündern, wegschauen, zerstören: Syrien im März 2014
4.5. Eine Zeit des Wiederaufbaus und der Rückkehr: Mali

5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1. Für einen erfolgreichen Start ins Studium: DGUF-Handreichung für Erstsemester

6. Und sonst …
6.1. Indiana Jones und die Sache mit der Seriosität. Oder: Sagen Sie nicht, Archäologie sei langweilig!
6.2. Filmfundstück: "Das Wikinger-Rätsel" (D 2013, 43 Min.) - Aufwendige Produktion mit inkohärentem Aufbau
6.3. "e-Forschungen": die neue Open-Access-Zeitschrift des DAI
6.4. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften lädt zur Mitwirkung an der Online-Konsultation "Publikationssystem" ein
6.5. Aktuelle europäische Forschungsförderung schließt Kulturerbe ein
6.6. "Nutzung von Social Media und onlinebasierten Anwendungen in der Wissenschaft". Erste Ergebnisse einer Untersuchung des Leibniz-Forschungsverbunds "Science 2.0"
6.7. Der "All Cannings Long Barrow": Zum Schnäppchenpreis bestattet werden wie im Neolithikum
6.8. Kleine Reflexion zum Begriff "Besucher"
6.9. Kulturelles Erbe als Friedensstifter im Libanon
6.10. "Weltkultursprung" und "Weltkulturgebirge": Eiszeitkunst als Wirtschaftsfaktor
6.11. Die Nazca-Linien mit Google-Maps betrachten
6.12. "Konkurrierende Nachbarschaften" und die aktuelle Krise auf der Krim
6.13. DGUF unterstützt Petition "Österreich braucht Wissenschaft und Wissenschaft braucht öffentliche Finanzierung"
6.14. Stadt Köln überrascht mit ambitionierten Museumsplänen
6.15. Die Forscher des Neanderthal Museums via Twitter begleiten
6.16. Mit Belehrungen erreicht man gar nichts: Wie Wissenschaftskommunikation (nicht) funktioniert
6.17. Serie in der FAZ zur "Ratlosigkeit der Geisteswissenschaften": "Das Digitale denken"
6.18. Start einer Spendenkampagne für das "Grand Egyptian Museum"

7. Impressum und Redaktionshinweise


1. DGUF-Nachrichten
1.1.
DGUF fordert Baustopp von "Stuttgart 21", damit einzigartiger La-Hoguette-Fundplatz sachgerecht ausgegraben werden kann
Anfang März sind in der Baugrube des Bahn-Großprojekts "Stuttgart 21" direkt beim Stuttgarter Hauptbahnhof Funde der La-Hoguette-Kultur aus der Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr. gemacht worden. Die neue Fundstelle liegt weniger als 3 km von dem bekannten La-Hoguette-Fundplatz in der Wilhelma entfernt. Entdeckt wurde das Grab einer Frau, das nach seiner Keramikbeigabe eindeutig der La-Hoguette-Kultur angehört. Im direkten Umfeld wurden mehrere Siedlungshorizonte angeschnitten. Für die Notgrabung sind 6 Wochen Zeit eingeräumt worden. Dr. Jörg Bofinger, leitender Denkmalpfleger im Regierungspräsidium Stuttgart, sagte gegenüber dem Südwestrundfunk: "Der Fund hat eine solche Bedeutung, dass wir wirklich unser komplettes Repertoire auffahren." Neben modernsten Grabungs- und Dokumentationsmethoden unterstützen schnell mobilisierte internationale Teams die Ausgrabung, u. a. das CNRS in Aix-en-Provence, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die University of California in Berkeley. Sogar die Vorsitzende des Chinesischen Archäologen-Verbandes, Prof. Yu Chong-Wen, reiste extra nach Stuttgart, um den Fund persönlich in Augenschein zu nehmen und den Kollegen "zu ihrem großartigen Fund, der weltweit zu den aufregendsten der letzten Jahrzehnte zählt," zu gratulieren. Aus Sicherheitsgründen war für die Notgrabung bis Ende vergangener Woche eine völlige Nachrichtensperre verhängt worden. Mittlerweile wurde die Grabungsfläche von einer zunächst nur 5 x 5 Meter großen Grube auf fast zwei Hektar erweitert, die Befundgrenzen sind noch nirgends erreicht. Die angeschnittene Siedlungsstratigraphie scheint mehrere Jahrhunderte zu umfassen. Aktuell arbeiten die Grabungsteams rund um die Uhr in drei Schichten, nachts unterstützen sie eigens vom THW aufgestellte Flutlichtmasten. Rund 50 Schlafstätten wurden in bereitstehenden Containern der Bahn eingerichtet, die Kantine des Zuffenhausener Autobauers Porsche sponsert die Archäologen mit Verpflegung. Trotz aller Maßnahmen besteht keine Chance, das Areal vollständig nach fachlichen Standards zu ergraben. Daher fordert die DGUF nun neben einer Verdopplung des Fachpersonals auch einen Baustopp von wenigstens vier weiteren Monaten im Herzstück des Bahnprojekts "Stuttgart 21" rund um den Hauptbahnhof. Der DGUF-Vorstand hat in dieser Angelegenheit Ende vergangener Woche die Grabung besucht und ein erstes Mal interveniert. Die stellvertretende DGUF-Vorsitzende Diane Scherzler sagt: "Die Grabungen müssen in der gebotenen Ruhe und mit der wissenschaftlichen Präzision, die nötig ist, fortgeführt werden. Das Grabungsprojekt ist eine einmalige Chance. Die Archäologie darf hier nicht schon wieder klein beigeben, bloß um ja niemanden zu verärgern! Sollten vier Monate nicht genügen, muss die Grabungsdauer angesichts des Fundes, des Ausmaßes und der Komplexität der Schichten verlängert werden, notfalls auch auf ein Dreivierteljahr." Verbündete von Fachamt und DGUF sind die Gegner des umstrittenen Bahnprojekts. Die gestrige, 216. Montagsdemonstration fiel laut eines Berichts der SWR-Landesschau mit 7.500 Teilnehmern auch tatsächlich um ein Vielfaches größer aus als die Kundgebungen der zurückliegenden Monate. Bislang bezieht die Deutsche Bahn AG keine klare Position, hat aber den Protest erkennbar wahrgenommen. Wilma Hüffrich, Sprecherin des Bahn-Vorstandes, sagte gestern am späten Abend im Südwest-Fernsehen: "Wir suchen nach einer Lösung. Dr. Rüdiger Grube verfolgt die Ereignisse mit großem persönlichem Interesse." Dem stellvertretenden DGUF-Vorsitzenden PD Dr. Frank Siegmund geht das nicht weit genug. Er sagt: "Nicht nur die Bahn hat hier ein Großprojekt, sondern auch die Ur- und Frühgeschichte. Die Kollegen vom Landesdenkmalamt leisten Enormes, aber sie brauchen nun angemessene Arbeitsmöglichkeiten und eine breite öffentliche Unterstützung. Die DGUF hat ihre Forderung heute offiziell an die Deutsche Bahn AG sowie an die Hauptfinanzierer von Stuttgart 21 gestellt." Dr. Gerhard Ermischer, Sprecher des AK Kulturgutschutz der DGUF, ergänzt: "Es darf hier keine langen Auseinandersetzungen geben, was die Verursacherkosten anbelangt. Sicher können wir von einem einstelligen Millionenbetrag ausgehen - für die Grabung, die Auswertung, die Restaurierung, die Konservierung und die Präsentation. Sollten wir nicht bis Beginn kommender Woche eine positive Rückmeldung erhalten, erwägen wir eine weltweite Petition als ersten Schritt. Wir können auf unser Netzwerk internationaler Organisationen zurückgreifen, das wir angesichts unseres erfolgreichen Protests vor einem Jahr in Nordrhein-Westfalen gegründet haben." Diane Scherzler sagte heute gegenüber der Stuttgarter Zeitung: "Wir denken auch über eine interdisziplinäre Tagung am Grabungsort nach, seitens der UNESCO wurde bereits Interesse an einer Kooperation signalisiert."
Der Südwestrundfunk (SWR) begleitet die Ausgrabung und das Engagement der DGUF in seinem Programm: "Archäologische Sensation an Baustelle des Stuttgarter Bahnhofs" (SWR2 Wissen, 1.4., 8:30 bis 9:00 Uhr. Nach der Sendung sind Audio und Sendemanuskript online verfügbar): http://www.swr.de/swr2/wissen/fenster-in-die-steinzeit/-/id=661224/did=13076578/nid=661224/9b8itj/index.html

1.2.
Autorinnen und Autoren für den DGUF-Newsletter gesucht
Länger werden oder häufiger erscheinen soll er nicht - der DGUF-Newsletter. Aber wir möchten eine größere Bandbreite von Themen in hoher Qualität abdecken. Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir Autorinnen und Autoren, die Freude daran hätten, am DGUF-Newsletter mitzuwirken. Unsere Autoren haben den fachlichen Überblick über ihr Themengebiet. Von Zeit zu Zeit bieten Sie der Redaktion selbständig Beiträge an, und Sie erhalten entsprechend Ihres Fachgebietes Themen aus dem Team zugesandt, bewerten sie und ordnen sie ein. Sie formulieren kurz und verständlich und sind mit dem Stil und den üblichen Themen des Newsletters vertraut. Die Tätigkeit ist regelmäßig erbeten, der Aufwand liegt geschätzt und abhängig von Ihrem Themengebiet bei zwischen zwei und sechs Stunden pro Monat. Wir freuen uns, wenn Sie DGUF-Mitglied sind, das ist aber keine Bedingung. Wie alle Arbeit in der DGUF erfolgt auch diese ehrenamtlich. Bitte melden Sie sich bei Interesse bei Diane Scherzler M. A., Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..
DGUF-Auxiliare: Die DGUF aktiv unterstützen: http://www.dguf.de/index.php?id=289

1.3.
Retro-Digitalisierung der Archäologischen Informationen: Neu steht Jg. 26, 2003
Schwerpunkt des nun online gestellten Bandes 26/1 sind die Vorträge der DGUF-Jahrestagung 2003 "Deutsche Archäologie heute - vom Blick zurück nach vorn" in Köln. Die Tagung unternahm begleitend zu den musealen Leistungsschauen der Landesarchäologen in Berlin und Bonn "Menschen, Zeiten, Räume - Archäologie in Deutschland" den Versuch, strukturiert nach Themen und Zeitscheiben die wissenschaftlichen Erkenntnisgewinne der zurückliegenden 25 Jahre zu beleuchten und auf dieser Basis Perspektiven und Aufgaben für die künftige Forschung zu umreißen. Der zweite Band des Jahres, Nr. 26/2, setzte den Schwerpunkt "Ten years after - Gedanken zu den Neolithisierungsprozessen in Europa", womit er auf die von A. Tillmann im Jahrgang 16, 1993 angestoßene Neolithisierungsdebatte zurückkommt. In mehreren der aktuellen Beiträge wird die damalige These A. Tillmanns einer deutlichen indigenen Komponente bei der Neolithisierung untermauert. Zudem fehlen, so der Beitrag von U. Eisenhauer, in der Ältesten Bandkeramik die typischen Merkmale einer kriegerischen Einwanderung.
Archäologische Informationen 26/1, 2003: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/1475/showToc
Archäologische Informationen 26/2, 2003: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/issue/view/1476/showToc


2. Tagungen und Veranstaltungen
2.1.
Das Programm steht: DGUF-Tagung "Open Access und Open Data verändern die Archäologie" (Berlin, 6.10.)
Mit 13 hochkarätigen Vorträgen wird bei der DGUF-Tagung 2014 der aktuelle Status von Open Access und Open Data in der Archäologie und ihren Nachbarwissenschaften beleuchtet. Reflektiert wird aber auch über Implikationen für die Zukunft. Dr. Johannes Fournier (DFG) wird die Positionen und Perspektiven der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Hinblick auf Open Access und Open Data skizzieren. Dr. Mirko Vonderstein thematisiert Open-Access-Publikationen in einem Wissenschaftsverlag am Beispiel von De Gruyter. Dr. Nadine Riedl und Dr. Gisela Eberhardt (Topoi) präsentieren eine To-do-Liste für den Übergang zu Open Access in den Altertumswissenschaften. Dr. Felix Schäfer und Maurice Heinrich (IANUS) bilanzieren die aktuelle Situation von Forschungsrohdaten für die Altertumswissenschaften. Prof. Dr. Raimund Karl und Katharina Möller (Bangor University) setzen sich mit Open Data, Archäologie und Bürgerbeteiligung in England und Wales auseinander. Eine wichtige europäische Perspektive liefert auch Prof. Dr. Nicholas P. Canny vom Europäischen Forschungsrat mit einem Vortrag über Open Access und Geisteswissenschaften. Im Verlauf des Aprils werden die Abstracts der Vorträge online gestellt. Die Tagung findet im Rahmen des 8. Deutschen Archäologiekongresses in Berlin statt.
http://www.dguf.de/index.php?id=336

2.2.
"Culture Under Threat: The future of the 1954 Hague Convention" (Rom, 15.-21.5.; CfP bis 14.4.)
Vor 60 Jahren wurde die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten abgeschlossen. Auch zwei ergänzende Protokolle jähren sich 2014 zum 60. bzw. 15 Mal. Der völkerrechtliche Vertrag soll während eines Krieges oder eines bewaffneten Konfliktes Kulturgut vor Zerstörung, Beschädigung und Plünderung schützen. Die Tagung untersucht, mit welchen Maßnahmen die Zerstörung von Kulturgut bisher verhindert oder wenigstens abgemildert werden, und wie die Maßnahmen verbessert werden könnten. Diskutiert werden soll auch ein Entwurf des World Archaeological Congress (WAC) "Accord on the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict". WAC-Präsident Prof. Koji Mizoguchi sagt über das Konferenz-Thema: "The issue is one of the most pressing which we have to confront." Vorschläge für Vorträge können bis 14.4. eingereicht warden.
http://www.aur.edu/gradschool/2014/02/28/the-future-of-the-1954-hague-convention/

2.3.
"Coding da Vinci - Der Kultur-Hackathon" (Berlin, 26.-27.4.; Sprint bis 5./6.7.)
Mehr als 30 Millionen Objekte aus Bibliotheken, Archiven und Museen wurden bis Januar alleine über die virtuelle Bibliothek Europeana erschlossen. "Wer kann schon diese Menge übersehen? Was für Schätze sind dort zu finden?", fragen die Veranstalter von "Coding da Vinci". Es sei jetzt an der Zeit herauszufinden, welche neuen Perspektiven und Fragestellungen sich im digitalen Umfeld für das kulturelle Erbe ergeben. "Was kann entstehen, wenn Digitalisate des kulturellen Erbes frei zugänglich und (nach-)nutzbar werden? Was passiert, wenn Museen, Galerien, Archive und Bibliotheken mit der Entwickler-, Designer- sowie Games-Community ins Gespräch kommen und gemeinsam das Potenzial des digitalen Kulturerbes ergründen?" "Coding da Vinci" wird u. a. veranstaltet von der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Open Knowledge Foundation Deutschland und Wikimedia Deutschland. Kultureinrichtungen können sich mit Programmierern und Entwicklern austauschen. Auch Einzelpersonen sind hochwillkommen, ob mit oder ohne Codingkenntnisse – die Veranstalter schreiben dazu freundlich: "Wenn du ein Bibliotheks-, Museums-, Galerie-, Archivnerd bist, umso besser!" Die "Nerds" erwarten z. B. Workshops und Kurzvorträge über Datenvisualisierungen und Kultur-Datenformate. Coding da Vinci läuft insgesamt zehn Wochen von Ende April bis Anfang Juli. Nach einer zweitägigen Auftaktveranstaltung am 26.-27.4. in Form eines Barcamps setzt ähnlich der Entwicklungsmethode Scrum ein zehnwöchiger Sprint ein, in dem Projekte weiterentwickelt werden und dabei Unterstützung angeboten wird. Anfang Juli findet eine Preisverleihung für herausragende Projekte statt. Die Veranstalter vergeben übrigens an eine begrenzte Personenzahl Stipendien für Reise und Übernachtung.
http://codingdavinci.de/

2.4.
"Ordnungen des Wissens – Disziplinäre Macht im archäologischen Diskurs" (Berlin, 6.-10.10.; CfP bis 15.4.)
In der Sektion der AG Theorien in der Archäologie auf dem Deutschen Archäologiekongress in Berlin steht das Thema "Ordnungen des Wissens – Disziplinäre Macht im archäologischen Diskurs" im Mittelpunkt. Es soll beleuchtet werden, wie bestimmte Themen, Methoden und Ausrichtungen im Fach zum dominanten Mainstream werden und weshalb anderen Themen und Wegen weniger Aufmerksamkeit und Finanzierung zukommt. Eine Selbstreflektion, mit der sich auch die im DGUF-Newsletter vom 3. Febr. (Punkt 7.3.) angezeigte Streitschrift von St. Samida & M. K. H. Eggert beschäftigt hatte. Einreichungen für Vorträge sind bis zum 15. April möglich.
http://www.theorieag.de/cfp-ordnungen-des-wissens/

2.5.
"Museum and Politics" (Sankt Petersburg und Jekaterinburg, 9.-14.9.)
Museums form identity, they "generate not only knowledge and education, but also income and employment". Investing in museums can be regarded as a way to develop and improve the quality of cultural tourism. At the same time the funding of museums is facing cuts - more and more sponsors are needed whose interests complement museum development. The conference plans to explore amongst others the following sub-themes: Museum and the "Making of Memory"; Museums as instruments for developing state and society - new arguments and legitimations; and The responsibility for financing the cultural and natural heritage between the public and the private sector. The Conference will consist of two parts, held in Saint Petersburg and Yekaterinburg. "Museum and Politics" is organized by three ICOM National Committees: Russia, Germany and USA.
http://www.museumandpolitics.ru/en/

2.6.
3rd International Landscape Archaeology Conference (Rom, 17.-20.9.)
The conference will cover five broad themes: Landscape Archaeology and Contemporary Society; Integrated Approaches in Landscape Archaeology; Mediterranean Landscape Archaeology; Social Dimensions in Landscape Archaeology; and Digital Landscape Archaeology.
www.let.vu.nl/lac2014rome

2.7.
Horizonterweiterung: Kunst trifft Archäologie. Zur Ausstellung "Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart" (Salzburg, bis 8.6.)
Seit den Anfängen der Archäologie haben sich Kunstschaffende mit den Funden, Rekonstruktionen und Ergebnissen unserer Wissenschaft auseinandergesetzt. Doch sind Ausstellungen zu diesem Thema eher die Ausnahme. Initiativ und richtungsweisend für den deutschsprachigen Raum zeigte sich 1974 die Ausstellung "Spurensicherung. Archäologie und Erinnerung" des Hamburger Kunstvereins. In den 1990er Jahren folgten mehrere Projekte unter dem Stichwort "Jetzt-Archäologie", besonders erwähnenswert die "Peitsche der Erinnerung" (Kunsthaus Stade 2006) und "Arkhaiologia: Archäologie in der Zeitgenössischen Kunst "(Biel 2011), aber auch der Film "Déjeuner sous l'herbe" (2011)des französischen Filmemachers Laurent Védrine, der ein Kunstprojekt Daniel Spoerris (1983/2010) in Zusammenarbeit mit dem französischen Denkmalamt (INRAP) dokumentierte. In internationalen Archäologen- und Kunstkreisen sorgte Mark Dions "Tate Thames Dig" 1999 für Aufsehen, nicht zuletzt durch Colin Renfrews programmatischen Aufsatz "It may be art, but it is archaeology?" Ein gelungener Versuch, das Spektrum künstlerischer Arbeiten zur Archäologie aufzuzeigen, ist jetzt im Salzburg Museum zu sehen. Von Martin Hochleitner hervorragend kuratiert, sind dort unter dem Titel "Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart" noch bis zum 8. Juni Zeichnungen, Gemälde, Fotos, Installationen, Skulpturen und Videoarbeiten ausgestellt, die Archäologie reflektieren. Neben Arbeiten des 18. und 19. Jahrhunderts aus den Beständen des Salzburg Museums liegt der Schwerpunkt der Ausstellung in den Beiträgen zeitgenössischer Künstler. Gezeigt werden Werke von Martin Bilnovac, Peter Dressler (†), Hans-Peter Feldmann, Matthias Herrmann, Norbert W. Hinterberger, Ulrike Lienbacher, Aurelia Mihai, Annelies Oberdanner, Andrew Phelps, Anne und Frank Pourier, Lisl Ponger, Alfred Seiland, Simon Wachsmuth und Clemens von Wedemeyer. Die meisten künstlerischen Beiträge setzen sich mit klassisch-archäologischen Themen auseinander. Zentrales Werk, das nicht nur durch seine monumentalen Ausmaße von 11,40 x 5,75m besticht, ist das tönerne Ostia-Antica-Modell des Künstlerpaares Anne und Patrick Pourier. Schon 1974 in der o. g. Hamburger Ausstellung zu sehen, damit auch Anknüpfungspunkt der Rezeptionsgeschichte, war es lange im Depot des Museums Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien verschwunden. Das gesamte Spektrum archäologischer Bodendenkmalpflege hat Andrew Phelps in seinem Fotoessay festgehalten und in Petersburger Hängung präsentiert. Sein Blick auf die Archäologen an ihrem Arbeitsplatz - ob im Depot, im Grabungsschnitt oder in der Restaurierung - ist intim und immer emphatisch. Dabei zieht die besondere Lichtsetzung der Protagonisten durch versteckte zusätzliche Lichtquellen den Bildbetrachter in seinen Bann. Ähnlich faszinierend, doch ganz anders, die großformatigen Foto-Tableaus der Wiener Film- und Fotokünstlerin Lisl Ponger, die in ihren Arbeiten "Indian(er) Jones I – IV" das Geflecht von Kolonialismus und "Dritter Welt", von Kulturraub und Identitätsverlust, von Warenwelt und Medienmythen thematisiert. Doch sehen Sie selbst. Es lohnt sich. Denn: It's art and archaeology!
Website zur Ausstellung "Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart" (Salzburg, bis 8.6.): http://www.salzburgmuseum.at/1027.html

2.8.
Zur Lage der Archäologie in NRW: Stimmen vom 5. Tag der Archäologie in Westfalen-Lippe (Münster, 24.3.)
Die westfälische Landesarchäologie veranstaltete am 24. März ihren 5. Tag der Archäologie, zu dem Fachleute wie interessierte Bürger eingeladen waren, sich über besondere Themen und Entdeckungen des zurückliegenden Jahres zu informieren. Der Landesarchäologe Prof. Dr. M. Rind begrüßte insbesondere die wesentlich verbesserten Arbeitsbedingungen, die das neue Denkmalschutzgesetz in NRW mit sich bringe, das nun das Verursacherprinzip und das Schatzregal auch in NRW rechtsfest verankert habe. Einige noch bestehende Unsicherheiten in der Auslegung der neuen Regelungen werden in Ausführungsbestimmungen bereinigt werden, deren Veröffentlichung unmittelbar bevorstehen soll. Dr. Th. Otten, Leiter des Referates "Baudenkmalschutz und Baudenkmalpflege, Bodendenkmalschutz und Bodendenkmalpflege" im für Archäologie zuständigen Düsseldorfer Ministerium, unterstrich vor den etwa 350 Teilnehmern, dass die Archäologie in NRW bei den Mittelkürzungen mit einem blauen Auge davon gekommen sei. Nach seiner Kenntnis zeichne sich für 2015 sogar ein gegenüber 2014 wieder leicht höherer Etatansatz ab. Die öffentlichen Proteste gegen die Kürzungen und die dadurch hervorgerufene breite Berichterstattung in der Presse habe den Politikern in NRW deutlich gemacht, dass man in der Archäologie Entscheidungen nicht mehr heimlich fällen könne, z. B. um Kürzungen weitgehend unbemerkt vorzunehmen. Der Politik sei bewusst, dass sie hier unter starker öffentlicher Beobachtung stehe. Vor einem Jahr waren auf dem 4. Tag der Archäologie in Westfalen-Lippe (18.3.2013) die zuvor nur als Gerücht greifbaren Kürzungs- und Streichungspläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung öffentlich gemacht worden und gaben u. a. Anlass zur DGUF-Petition gegen diese Kürzungen, die im Juni 2013 mit 27.000 Unterschriften dem zuständigen Minister übergeben wurden. In Folge waren die ursprünglich deutlich weitergehenden Kürzungspläne erheblich reduziert worden.
"LWL-Archäologie stellt sich und ein bewegtes Jahr vor - mit einer Rekordbesucherzahl zur Jahrestagung" (Pressemitteilung des LWL vom 24.3.): http://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=32550#.UzE57M6mU5c
"Archäologie in Südwestfalen wieder auf festem Boden" (WAZ, 25.3.): http://www.derwesten.de/region/sauer-und-siegerland/archaeologie-in-suedwestfalen-wieder-auf-festem-boden-id9156334.html


3. Forschung
3.1.
Aktuelle Ausgrabungen in den Medien
"Pre-inca tomb discovered in the house where Mario Vargas Llosa was born" (Peru this Week, 27.3.): http://www.peruthisweek.com/news-pre-inca-tomb-discovered-in-the-house-where-mario-vargas-llosa-was-born-102614
"Geheimversteck im Altar: Goldmünzen aus dem 6. Jahrhundert in einem koptischen Kloster in Luxor entdeckt" (Pressemeldung DAI, 25.3.): http://www.dainst.org/de/node/33647?ft=all
"Erste archäologische Nachweise für einen karolingischen Handelsplatz in Forchheim" (Pressemeldung Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 24.3.): http://www.blfd.bayern.de/medien/pmforchheim.pdf
Bad Muskau: "Fundament von Pücklerturm gefunden" (MDR, 24.3. Video, 1:30 Min.): http://www.ardmediathek.de/mdr-sachsen/sachsenspiegel/fundament-von-puecklerturm-gefunden?documentId=20366280
"Cambridge University archaeologists find 'oldest' Roman irrigation system" (BBC, 18.3.): http://www.bbc.com/news/uk-england-cambridgeshire-26630365
"Ausgrabungen in der Mainzer Johanniskirche: 'Es ist immer mit einer Überraschung zu rechnen'" (SWR-Landesschau, 17.3.): http://www.swr.de/landesschau-rp/ausgrabung-mainzer-johanniskirche/-/id=122144/did=13018204/nid=122144/ht1n3u/

3.2.
Aktuelle Forschung in den Medien
"The diet and journeys taken by those who lived in the Sahara Desert thousands of years ago are being analysed through their teeth and bones" (Information Universität Cambridge, 26.3.): http://www.cam.ac.uk/research/features/biographies-in-bone
Zur Ausstellung "Roads of Arabia. Archäologische Schätze aus Saudi-Arabien" (Berlin, 2012): "Archäologie und die politische Zensur" (Archaeologik, 26.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/archaologie-und-die-politische-zensur.html
"Neck ribs in woolly mammoths provide clues about their decline and eventual extinction" (Heritage Daily, 25.3.): http://www.heritagedaily.com/2014/03/neck-ribs-in-woolly-mammoths-provide-clues-about-their-decline-and-eventual-extinction/102606
98 Mio. Euro: "Qatar in biggest ever funding for Sudan archaeology" (AFP, 23.3.): http://news.yahoo.com/qatar-biggest-ever-funding-sudan-archaeology-140804628.html
"Dust in the wind drove iron fertilization during ice age" (Pressemeldung Universität Princeton, 21.3.): http://www.princeton.edu/main/news/archive/S39/53/29A19/index.xml
Sudan: "3.200 Jahre altes Skelett mit Krebs-Metastasen entdeckt" (Zeit, 17.3.): http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-03/krebs-skelett-ausgrabung-metastasen
Australopithecus "Little Foot": "New dating for old bones" (Pressemeldung Universität Johannesburg, 14.3.): https://www.wits.ac.za/newsroom/newsitems/201403/23089/news_item_23089.html
"Laser and radar unveil the secrets of Roman bridges" (Science Daily, 12.3.): http://www.sciencedaily.com/releases/2014/03/140312082633.htm
"New analyses verify the use of fire by Peking Man" (Phys.org, 11.3.): http://phys.org/news/2014-03-analyses-peking.html
"Secrets of Chinese Terra-Cotta Warrior Weapons Revealed" (LiveScience, 11.3.): http://www.livescience.com/44024-terracotta-warrior-weapons-construction.html

3.3.
Neue Argumente zur Datierung des Vulkanausbruchs von Thera stützen konventionelle Chronologie
Der Vulkanausbruch von Thera (Santorini, Griechenland) spielt für die Chronologie der ägäischen Bronzezeit eine bedeutende Rolle, da seine Sedimente eine weiträumige Isochronlage in vielen Stratigraphien ergeben. Konventionell wird er auf um 1.520/30 v. Chr. datiert. Seit längerem tobt um dieses wichtige Datum ein heftiger Streit, da 14C-Datierungen von Hölzern aus den Vulkanaschen auf ein älteres Datum hinweisen und zuletzt von eingebetteten Olivenbäumen dendrochronologische Daten gewonnen wurden, die den Ausbruch auf 1.613 v. Chr. datieren. Der einschlägige Wikipedia-Artikel "Minoische Eruption" einschließlich der zugehörigen Diskussion zeichnet die Kontroverse und ihre Heftigkeit gut nach. Ein Forscherteam aus Zürich hat nun in einer sorgfältigen Studie aufgezeigt, dass die dendrochronologische Datierung von Olivenhölzern nicht möglich ist, da Oliven unter mediterranen Wachstumsbedingungen nicht zuverlässig jedes Jahr einen erkennbaren Wachstumsring anlegen. Da die 14C-Datierung solcher Olivenhölzer aus methodischen Gründen ebenfalls ausnehmend problematisch ist, ist nach aktuellem Kenntnisstand die gegenüber dem konventionellen Ansatz um 100 Jahre ältere Datierung naturwissenschaftlich nicht belegt.
Cherubini, P., Humbel, T., Beeckman, H., Gärtner, H., Mannes, D., Pearson, C., Schoch, W., Tognetti, R. & Lev-Yadun, S. (2013): Olive Tree-Ring Problematic Dating: A Comparative Analysis on Santorini (Greece). PLoS ONE 8, 1: e54730, http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0054730
Cherubini, P., Humbel, T., Beeckman, H., Gärtner, H., Mannes, D., Pearson, C., Schoch, W., Tognetti; R. & Lev-Yadun, S. (2014): The olive-branch dating of the Santorini eruption. Antiquity 88, pp. 267-273. http://antiquity.ac.uk/ant/088/ant0880267.htm
"Santorini: Baumringe stützen Zeitpunkt des Vulkanausbruchs" (Pressemeldung Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, 4.3.): http://www.wsl.ch/medien/news/Santorini_2014/index_DE

3.4.
König Rædwalds Hof entdeckt?
In etwa 4 km Entfernung zum Grab von Sutton Hoo aus dem frühen 7. Jahrhundert n. Chr. wurden auf einem größeren Gelände bei Rendlesham (Suffolk) verschiedene kostbare Funde gemacht, die zeitlich und qualitativ mit dem Grabfund in Verbindung stehen können. Das reiche Schiffsgrab von Sutton Hoo gilt als Bestattung eines Königs, oft genannt wird der ostanglische König Rædwald, der um 625 n. Chr. starb.
"Royal settlement linked to Sutton Hoo treasures" (The Guardian, 10.3.): http://www.theguardian.com/science/2014/mar/10/royal-settlement-sutton-hoo-treasures
"Rendlesham: Archaeologists’ excitement at discovery of ‘exceptional’ royal site linked to Sutton Hoo" (Ipswich Star, 10.3.): http://www.ipswichstar.co.uk/news/rendlesham_archaeologists_excitement_at_discovery_of_exceptional_royal_site_linked_to_sutton_hoo_1_3415304

3.5.
Frühe Europäer waren dunkelhäutig. Die Merkmale hellhäutig, blond und blauäugig kommen in Europa erst spät auf
Die heute in Europa weit verbreitete helle Pigmentierung geht auf Gene zurück, die sich in Europa erst relativ spät weit verbreitet haben. Die Forschungsgruppe um J. Burger (Mainz) und Mark G. Thomas (UCL) hat an 48 Individuen des Äneolithikums (ca. 4.500-3.000 v. Chr.) und der Bronzezeit (ca. 3.000-2.000 v. Chr.) aus dem nördlichen Schwarzmeergebiet (vorwiegend der Ukraine) drei für diese Frage wesentliche Gensequenzen untersucht und mit 60 rezenten Individuen aus der gleichen Region verglichen. Die genetische Selektion in Richtung auf die heute weit verbreitete Pigmentierung hatte in der äneolitischen Stichprobe zwar bereits deutlich begonnen, aber keinesfalls die moderne Intensität erreicht. Nach Einführung der neolithischen Ernährungsweise bietet die hellhäutige Pigmentierung in Mitteleuropa Überlebensvorteile, doch ein zusätzlicher Selektionsdruck dürfte - so das Forscherteam - auch auf eine Selektion durch Partnerwahl zurückgehen.
"Partnerwahl der Ur-Europäer: Vom jungen Boom der Blonden und Blauäugigen" (FAZ.net, 11.3.): http://www.faz.net/aktuell/wissen/partnerwahl-der-ur-europaeer-vom-jungen-boom-der-blonden-und-blauaeugigen-12841719.html
Wilde, S., Timpson, A., Kirsanow, K. et al. (2014). Direct evidence for positive selection of skin, hair, and eye pigmentation in Europeans during the last 5,000 y. PNAS, Early View, online 1.2.2014. doi: 10.1073/pnas.1316513111 http://www.pnas.org/content/early/2014/03/05/1316513111.abstract

3.6.
Studie zur Milchverträglichkeit in Afrika
Ein Team der Universität Pennsylvania hat in einer sehr umfangreichen genetischen Studie die Laktoseverträglichkeit rezenter afrikanischer Populationen untersucht und mit der Ausbreitung der Viehwirtschaft in Afrika in Verbindung gebracht. Dabei konnten u.a. genetische Mutationen festgestellt werden, die zeitlich gut zur ersten Einführung von Rindern in Nordafrika passen, und Mutationen, die zeitlich mit der Domestikation von Kamelen zusammenfallen. Andererseits konnten Gruppen nachgewiesen werden, die tatsächlich Milch gut vertragen, aber nach den genetischen Informationen laktoseunverträglich sind. Entweder beruht dieser Widerspruch auf Aufbereitungstechniken für Milch, wie sie jüngst auch J. Lüning (2014) vorschlug, oder darauf, dass Laktoseverträglichkeit auch auf anderen Abschnitten des Genoms kodiert sein kann, die derzeit noch nicht untersucht werden. Gleichwie: Ergebnisse, die auch für die europäische Archäologie von hoher Relevanz sind.
Ranciaro, A., Campbell, M. C., Hirbo, J. B. et al. (2014). Genetic Origins of Lactase Persistence and the Spread of Pastoralism in Africa. American Journal of Human Genetics, 13.3.2014 10.1016/j.ajhg.2014.02.009 http://www.cell.com/AJHG/abstract/S0002-9297%2814%2900067-6
"Africans' ability to digest milk linked to spread of cattle raising" (ScienceDaily, 13.3): http://www.sciencedaily.com/releases/2014/03/140313123133.htm
Lüning. J. (2014). Einiges passt, anderes nicht: Archäologischer Wissensstand und Ergebnisse der DNA-Anthropologie zum Frühneolithikum. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 16. Jan. 2014. http://www.dguf.de/index.php?id=9

3.7.
Katzen in Ägypten möglicherweise ca. 2.000 Jahre früher domestiziert als bisher angenommen
Bei Untersuchungen am prädynastischen Oberschicht-Gräberfeld Hierakonpolis in Ober-Ägypten wurde in Kontexten aus der Zeit 3.800-3.600 v. Chr. eine Bestattung von sechs Katzen geborgen: ein Kater, eine Katze und vier Kätzchen aus zwei unterschiedlich alten Würfen. Beide erwachsenen Tiere, die als Felis silvestris bestimmt wurden, gehören nach ihren Langknochenmassen in das Spektrum domestizierter Katzen. Die gängigen Kriterien zur Unterscheidung von Wild- und Hauskatzen wurden jedoch an außerhalb von Afrika lebenden Katzen entwickelt, so dass die Beobachtungen Anlass geben, diese Kriterien zu überdenken. Andererseits passt das an den Kätzchen aus Hierakonpolis beobachtete Altersspektrum nicht in das Reproduktionsverhalten von Wildkatzen, sondern deutet ebenfalls auf Domestikation hin. Wenn, dann wäre dies ein Domestikationsnachweis für Katzen in Ägypten, der deutlich älter ist als bislang angenommen.
"Ancient Egyptian Kittens Hint at Cat Domestication" (livescience, 17.3.): http://www.livescience.com/44108-ancient-egyptian-kitten-burials.html
van Neer, W., Linseele, V., Friedman, R. & de Cupere, B. (2014). More evidence for cat taming at the Predynastic elite cemetery of Hierakonpolis (Upper Egypt). Journal of Archaeological Science 45, pp. 103-111. dx.doi.org/10.1016/j.jas.2014.02.014 http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0305440314000636


4. Kulturgutschutz
4.1.
Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"How To Save Mummies From the Egyptian Revolution" (Vice News, 29.3.): http://news.vice.com/articles/how-to-save-mummies-from-the-egyptian-revolution
"Ägyptens geplündertes Kulturgut" (ARTE, 28.3.; Video, 2:35 Min.): http://info.arte.tv/de/aegyptens-gepluendertes-kulturgut
"Sieben Stücke des Seuso-Hortfundes durch Ungarn angekauft" (Archaeologik, 28.3.): http://www.archaeologik.blogspot.de/2014/03/sieben-stucke-des-seuso-hortfundes.html
"Rheinfelden: Mit Metalldetektor illegal auf Schatzsuche" (Badische Zeitung, 27.3.): http://www.badische-zeitung.de/rheinfelden/rheinfelden-mit-metalldetektor-illegal-auf-schatzsuche--82382356.html
"British Museum Not Bidding For Fragment of Assyrian Stele, Even Though it Has The Rest" (PACHI, 27.3.): http://paul-barford.blogspot.de/2014/03/british-museum-not-bidding-for-fragment.html
Ratiaria:" Google Street View zeigt Raubgräber bei der Arbeit" (Archaeologik, 20.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/google-street-view-zeigt-raubgraber-bei.html
"Fresko-Raub in Pompeji: Die abgesägte Brust der Artemis verkauft sich gut" (FAZ, 19.3.): http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/fresko-diebstahl-in-pompeji-die-abgesaegte-brust-der-artemis-verkauft-sich-gut-12854317.html
"Die Kulturstätten Ägyptens im Februar/März 2014" (Archaeologik, 17.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/die-kulturstatten-agyptens-im.html
Berching: "Reste einer Keltensiedlung zerstört" (Mittelbayerische Zeitung, 13.3.): http://www.mittelbayerische.de/region/neumarkt/artikel/reste-einer-keltensiedlung-zerstoert/1031572/reste-einer-keltensiedlung-zerstoert.html
"Great Wall of China to establish graffiti area for tourists. Authorities in China to allow tourists to graffiti on a specific section of the wall, in the hope of reducing its spread" (The Guardian, 4.3.): http://www.theguardian.com/travel/2014/mar/04/great-wall-of-china-graffiti-area

4.2.
"Nazi War Diggers": National Geographic in der Kritik
Der National Geographic Channel zeigt eine Serie von Videos, darunter "Human Bone Removal: The crew discovers the remains of a body on a former battle site" (2:46 min), auf seiner Website "Nazi War Diggers". Das Video wird ob seiner unkommentierten und ungebrochenen Verherrlichung von Menschen kritisiert, die respektlos und unfachmännisch Skelette von Toten aus dem Zweiten Weltkrieg ausgraben bzw. aus der Erde zerren. So schreibt z. B. Dr. Rainer Schreg in einem ausführlichen Blogpost auf "Archaeologik", National Geographic "zerstört bewusst Geschichte für sein Marketing". Die internationalen Medien, darunter die New York Times, kritisieren die Serie. Auch in verschiedenen Facebook-Gruppen z. B. von Anthropologen / Bio-Archäologen wird dazu aufgefordert, vor allem das Video "Human Bone Removal" kritisch zu kommentieren. Mit Erfolg: die Kommentare auf der Website von National Geographic sind zahlreich und vorwiegend kritisch. Es wäre zu begrüßen, wenn diese Kritik noch weiter wachsen würde.
"Human Bone Removal. The crew discovers the remains of a body on a former battle site" (natgov.com; 2:46 min): http://natgeotv.com/za/nazi-war-diggers/videos/human-bone-removal
"National Geographic Nazi War Diggers - Leichenfledderei im Dienst des Kommerz" (Archaeologik, 29.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/national-geographic-nazi-war-diggers.html
"TV Series Is Criticized in Handling of Deceased" (The New York Times, 28.3.): http://www.nytimes.com/2014/03/29/arts/television/tv-series-is-criticized-in-handling-of-deceased.html
"Nazi War Diggers: Looting war graves on TV" (Anonymous Swiss Collector, 28.3.): http://www.anonymousswisscollector.com/2014/03/nazi-war-diggers-looting-war-graves-as-reality-tv.html

4.3.
DEGUWA forciert Lobbyarbeit für den Beitritt Deutschland zur UNESCO-Konvention zum Schutz des Unterwassererbes
Die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie e. V. (DEGUWA) hat auf ihrer Jahrestagung "In Poseidons Reich XIX" vom 21.-23. März im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen die angekündigte Komiteegründung vollzogen. Das "Komitees zur Förderung der Ratifizierung der UNESCO-Konvention 2001 durch den Deutschen Bundestag" soll nun herausragende Persönlichkeiten der deutschen Archäologie dafür gewinnen, sich bei Parlament und Regierung zusammen mit der DEGUWA für den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum "UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser" (2001) einzusetzen. Unterstützung und weitere Mitglieder bei diesem Komitee sind willkommen, Ansprechpartner bei der DEGUWA sind R. Bleile, R. Bockius, H. G. Martin, G. Schöbel und P. Winterstein. Die UNESCO-Konvention wurde 2001 verabschiedet, ist seit 2009 in Kraft und wurde weltweit bereits von 46 Staaten ratifiziert, Deutschland ist jedoch nicht dabei. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist die Ratifizierung des Vertrags festgeschrieben worden. Die Konvention soll verhindern, dass Kulturgüter in den Weltmeeren geplündert und zerstört werden. Zum Unterwasserkulturerbe gehören der Konvention zufolge alle Spuren menschlicher Existenz, die mehr als 100 Jahre unter Wasser liegen und von historischer und kultureller Bedeutung sind.
"Schutz des Kulturerbes unter Wasser" (Deutsche UNESCO-Kommission): http://www.unesco.de/unterwasserkulturerbe.html
"Safeguarding the Underwater Cultural Heritage" (UNESCO): http://www.unesco.org/new/en/culture/themes/underwater-cultural-heritage/
Website der DEGUWA: http://www.deguwa.org/?id=121

4.4.
Plündern, wegschauen, zerstören: Syrien im März 2014
Die Funde aus 25 Jahren ihrer Forschung am Tell Sabi Abyad in Syrien wurden höchstwahrscheinlich gestohlen, meldet die Universität Leiden. Paul Barford berichtet in seinem Blog PACHI über den Zorn Syriens auf die angebliche Ignoranz der Türkei gegenüber Raubgräberei und Antikenhehlerei. Nachrichtenberichten zufolge hat die Assad-treue syrische Armee im März den zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Krak des Chevaliers eingenommen. Die Global Post bietet eine interaktive Karte Syriens an, auf der die Zerstörungen, Plünderungen und militärischen Besetzungen von archäologischen und historischen Stätten verzeichnet sind.
"Depots of Leiden archaeologists in Syria plundered" (Pressemeldung Universität Leiden, 11.3.): http://news.leiden.edu/news-2014/depots-of-leiden-archaeologists-in-syria-plundered.html
"Turkish Involvement in Syrian Looting" (PACHI, 18.3.): http://paul-barford.blogspot.de/2014/03/turkish-involvement-in-syrian-looting.html
"Syrische Armee erobert Kreuzfahrerburg Krak des Chevaliers" (Burgerbe-Blog, 21.3.): http://www.burgerbe.de/2014/03/21/syrische-armee-erobert-kreuzfahrerburg-krak-des-chevaliers/
"This map shows you just how much damage the Syrian conflict has done to its (and our) heritage" (Global Post, 28.3.): http://www.globalpost.com/dispatch/news/regions/middle-east/syria/140324/interactive-syrian-war-heritage-damage-map

4.5.
Eine Zeit des Wiederaufbaus und der Rückkehr: Mali
Am 14. März wurde mit dem Wiederaufbau der zerstörten Mausoleen in Timbuktu begonnen, welche die radikalen Islamisten Ansar Dine Ende 2011 zerstört hatten (der DGUF-Newsletter berichtet heute zum 11. Mal). Die Türkei möchte sich daran beteiligen, das islamische Erbe in Timbuktu zu restaurieren. Der Wiederaufbau wird als wichtigen Zeichen für Frieden und Stabilität im ganzen Land wahrgenommen. Auch die einzigartige und traditionsreiche Musik Malis, welche unter den radikalen Islamisten verboten war, beginnt wiederaufzuleben – ein weiteres zentrales Symbol für den Frieden in Mali. Wim Wenders möchte mit "Return to Timbuktu" filmisch dokumentieren, wie herausragende malische Musiker mit einem Bus durch das zerstörte Land reisen, um den größten Exodus der südlichen Sahara umzukehren und die Menschen zur Rückkehr zu bewegen. Auf Indiegogo sammeln Wenders und seine Kollegen noch bis Mitte April Spenden.
Wim Wenders: "Return to Timbuktu", Crowdfunding-Kampagne: http://www.indiegogo.com/projects/return-to-timbuktu
"Après le retour de la sécurité à Tombouctou : Les grands travaux de réhabilitation" (Malijet, 28.3.): http://www.malijet.com/la_societe_malienne_aujourdhui/97479-apres-le-retour-de-la-securite-a-tombouctou-les-grands-travaux-d.html
"La résurrection des mausolées de Tombouctou" (Le Temps, 27.3.): http://www.letemps.ch/Page/Uuid/018a34bc-b520-11e3-b5d1-d7f6272333fa/La_r%C3%A9surrection_des_mausol%C3%A9es_de_Tombouctou
"Turkey wishes to rebuild Islamic heritage in Timbuktu" (Worldbulletin News, 26.3.): http://www.worldbulletin.net/news/132056/turkey-wishes-to-rebuild-islamic-heritage-in-timbuktu
"Mali begins rebuilding mausoleums from Timbuktu's 'golden age', UN agency" (Pressemeldung der Vereinten Nationen, 14.3.): http://www.un.org/apps/news/story.asp/html/story.asp?NewsID=47356&Cr=cultural&Cr1=#.UyiDUhCx18E


5. Ausbildung, Job-Themen und Personalia
5.1.
Für einen erfolgreichen Start ins Studium: DGUF-Handreichung für Erstsemester
Wie plane ich mein Semester realistisch? Welche einführende Literatur ist empfehlenswert? Woran erkennt man einen guten Dozenten? Und was braucht es für ein gutes Referat? Für Erstis der Ur- und Frühgeschichte und weiterer archäologischer Studiengänge haben wir einige Informationen zusammengestellt, die Ihnen den Einstieg ins Studium erleichtern sollen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!
http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/Studierende/DGUF-Dok_2013_Handreichung_fuer_Erstsemester.pdf


6. Und sonst …
6.1.
Indiana Jones und die Sache mit der Seriosität. Oder: Sagen Sie nicht, Archäologie sei langweilig!
Recht viele Archäologen hegen gegenüber der Filmfigur Indiana Jones ausgeprägte Antipathien, allenfalls übertroffen vom Missempfinden gegenüber Lara Croft. Wir liefern uns keine Verfolgungsjagden, um an die Bundeslade zu gelangen! Sehr ausgeprägte weibliche Körpermerkmale wie bei Lara gibt es durchaus – bei den paläolithischen Frauenfiguren! Archäologen achten auf maximale Seriosität und wollen daher größtmögliche Distanz zwischen Filmfiguren und das Fach bringen. Also erzählen wir bei öffentlichen Vorträgen oder beim Kontakt mit Journalisten gerne von Methoden, wir betonen, dass wir Statistik betreiben und Clusteranalysen, dass wir Drittmittelanträge formulieren, wir heben auf Keramikmagerungen ab usw. Man könnte das Beharren mancher Archäologen, den eigenen Beruf gegenüber Fachfremden als maximal unsexy und öde darzustellen, ja vielleicht putzig finden. Dr. Colleen Morgan weist in ihrem Blog "Middle Savagery" jetzt aber ganz richtig darauf hin, dass eine solche Strategie - vielleicht noch garniert mit einem herablassenden Verweis auf Indy Jones - nicht nur die Archäologie, sondern vor allem einen selbst als langweilig dastehen lässt. Vollkommen nutzlos sei dieses Vorgehen dazuhin, denn man sorge damit überhaupt nicht dafür, der Pop-Kultur eine wissenschaftliche Sichtweise an die Seite zu stellen. Tatsächlich überlässt man dem Mainstream nur schmollend das Feld. Statt auf seiner Seriosität herumzureiten, solle man – so Morgan - besser erzählen, warum man selbst von seiner Arbeit begeistert ist, was daran aufregend ist, denn das fasziniere die Menschen. Ganz richtig ist das, denn die eigene Begeisterung (die man im Alltag leider oft vergisst) ist der Balancepunkt zwischen Korrektheit und der so gefürchteten reißerischen Anbiederung ans Publikum. Übrigens: Astronomen tun sich deutlich leichter, mit Indys Äquivalent spielerisch umzugehen, also mit James T. Kirk und dem ganzen Star-Trek-Universum. Anstatt z. B. verkrampft darauf hinzuweisen, dass Astronomen sich üblicherweise nicht von Galaxie zu Galaxie knutschen, hält Dr. Hubert Zitt (FH Kaiserslautern) seine mittlerweile berühmten Star-Trek-Vorlesungen und beleuchtet dabei u. a. temporale Logik und Teleportation. Dass das halbe Publikum als Klingonen oder Ferengi verkleidet erscheint, stört Zitt nicht – Hauptsache, er findet offene Ohren für die Wissenschaft. Auch der Physiker Prof. Dr. Harald Lesch kennt in der Vortragsserie "Star Trek Science vs. Fiction" keine Berührungsängste. Wissenschaftliche Ungenauigkeiten und Fehler in der Fernsehserie werden nicht etwa indigniert als Belege für Stümperei genutzt, sondern als Zündfunke, um zu erläutern, wie es wirklich aussieht, zum Beispiel mit der Krümmung des Raums. Lehrreich für uns!
"Stop Saying ‘Archaeology is actually boring’" (Blog Middle Savagery, 5.3.): http://middlesavagery.wordpress.com/2014/03/05/stop-saying-archaeology-is-actually-boring/
Dr. Hubert Zitts Star-Trek-Vorlesungen: http://startrekvorlesung.fh-kl.de
"Star Trek: Wie funktioniert Impuls- und Warpantrieb?" (Prof. Dr. Harald Lesch, 31.12.2009; Video, 8:41 Min.): http://www.youtube.com/watch?v=QC8WGXJeGTw

6.2.
Filmfundstück: "Das Wikinger-Rätsel" (D 2013, 43 Min.) - Aufwendige Produktion mit inkohärentem Aufbau
Der schottische Archäologe, Moderator und Buchautor Neil Oliver präsentiert "Das Wikinger-Rätsel", einen Film von knapp 45 Minuten Länge, der in Deutschland als eine "ZDF-History"-Sendung lief und aktuell noch in der ZDF-Mediathek zu sehen ist. Gregor Greve (Förderverein Cinarchea), hat den Film nun rezensiert. Allein die Themenblöcke machten deutlich, dass bei der Film-Länge oder besser: -Kürze vieles nur angerissen werde: Bootsbau, die nordische Götterwelt, Menschenopfer, Grabbeigaben, Handelswege und- Güter usw. Technisch sei die Produktion auf hohem Niveau, der Aufbau aber inkohärent. Als Ursache macht Greve aus, dass "Das Wikinger-Rätsel" ein Zusammenschnitt der dreiteiligen BBC Produktion "Vikings" mit "Der Untergang der Wikinger" sei. Es zeige sich hier deutlich das Problem von Zweitverwertungen und der Rekombination von Inhalten.
"Das Wikinger-Rätsel" – Rezension von Gregor Greve (März 2014): www.uni-kiel.de/cinarchea/text/wikinger-raetsel-d.htm
"Das Wikinger-Rätsel" in der ZDF-Mediathek (Video, 42:38 Min.): http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/1936814/Das-Wikinger-R%C3%A4tsel

6.3.
"e-Forschungen": die neue Open-Access-Zeitschrift des DAI
Das Deutsche Archäologische Institut möchte aktueller über seine vielfältigen Forschungen berichten und dies weltweit frei zugänglich machen. Die dazu begründete Zeitschrift "e-Forschungen" wird in loser Folge erscheinen. Das erste Heft 2014 (1) berichtet über die Forschungsergebnisse der Jahre 2012-13 und steht zum freien Download bereit.
http://www.dainst.org/de/e-jahresbericht?ft=all

6.4.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften lädt zur Mitwirkung an der Online-Konsultation "Publikationssystem" ein
Veröffentlichung und Rezeption wissenschaftlicher Publikationen sind derzeit großen Veränderungen unterworfen. Welche Art von Publikationssystem brauchen wir? Eine Arbeitsgruppe der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) möchte die Stimme der Wissenschaft stärken und erarbeitet Empfehlungen für die zukünftige Gestaltung des Publikationswesens. Sie lädt zum Mitmachen ein: Auf einer Online-Plattform besteht seit 18.3. und bis 17.4. die Möglichkeit, auf die entstehenden Empfehlungen Einfluss zu nehmen. Zum einen werden dort Kriterien für ein gutes wissenschaftliches Publikationssystem zur Diskussion gestellt. Zum anderen besteht die Gelegenheit, auf konkrete, sich im Fach und darüber hinaus stellende Problemlagen hinzuweisen und die Beiträge anderer Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu diskutieren und zu bewerten. Ziel ist es, gemeinsam mit den Beteiligten die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zu verbessern.
http://www.publikationssystem.de

6.5.
Aktuelle europäische Forschungsförderung schließt Kulturerbe ein
Der Verband der Restauratoren (VdR) macht darauf aufmerksam, dass das aktuelle europäische Rahmenprogramm "horizon 2020" zur Forschungsförderung ausdrücklich auch Projekte zur "Kulturerbeforschung" einschließt, und zwar unter den Oberthemen "Klimaschutz, Ressourceneffizienz und Rohstoffe" und "Reflektierende Gesellschaften". Der VdR hatte sich 2011 u. a. mit einer Petition dafür eingesetzt, dass dieser Forschungsbereich mit in den Katalog der geförderten Themen aufgenommen wird. Kurz: Archäologische Projekte können im finanziell gut ausgestatteten Rahmenprogramm "horizon 2020" Forschungsgelder beantragen. An fast allen Universitäten bestehen inzwischen Beratungsbüros, die potenzielle Antragsteller im Kampf mit der unvermeidlichen Bürokratie beraten und unterstützen.
VdR: "Kulturerbeforschung ist Bestandteil von Horizon 2020" (März 2014): http://restauratoren.de/termine-details/1360-kulturerbeforschung-ist-bestandteil-von-horizon-2020.html

6.6.
"Nutzung von Social Media und onlinebasierten Anwendungen in der Wissenschaft". Erste Ergebnisse einer Untersuchung des Leibniz-Forschungsverbunds "Science 2.0"
Bundesweit und fächerübergreifend wurden 778 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Herbst 2013 befragt, welche Online- und Social-Media-Tools sie in Forschung und Lehre nutzen. Nun liegen erste Ergebnisse der Studie von Daniela Pscheida et al. vor. Ein paar Aspekte: 95% der befragten Wissenschaftler nutzen Wikipedia auch dezidiert beruflich – hört, hört! War Wikipedia nicht eben noch "igitt!"? Sehr zu hoffen ist, dass Wissenschaftler die Online-Enzyklopädie nicht zum Nachschlagen nutzen, sondern die Zeit investieren, im eigenen Interesse an den Einträgen auch mitzuarbeiten – damit alle Nutzer korrekte, aktuelle Informationen vorfinden. Zurück zur Studie: Populär sind Video- und Fotoportale (d. h. YouTube und Flickr) mit 80% Nutzung, dahinter folgen Social Networks mit 58%; Blogs rangieren weit abgeschlagen mit 30%. Sozialwissenschaftler Marc Scheloske kommentiert in seinem Blog "Wissenswerkstatt" die Studie und macht hinsichtlich Blog-Nutzung immerhin einen Aufwärtstrend aus. Dass aber nur 1,8% der Befragten angeben, Blogs zu nutzen, "um meine eigene Reputation zu steigern", wundert ihn sehr: "Unter allen Web-2.0-Tools sind Blogs das beste Instrument, um Profilbildung zu betreiben und seine (auch dezidiert akademische!) Reputation zu stärken! Blogs werden offensichtlich immer noch missverstanden und unterschätzt."
Dr. Daniela Pscheida, Dr. Steffen Albrecht, Sabrina Herbst, Claudia Minet, Prof. Dr. Thomas Köhler: Nutzung von Social Media und onlinebasierten Anwendungen in der Wissenschaft. Erste Ergebnisse des Science 2.0-Survey 2013 des Leibniz-Forschungsverbunds „Science 2.0“, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-132962
"Science 2.0: Wissenschaftler probieren online" (Wissenswerkstatt, 20.3.): http://www.wissenswerkstatt.net/2014/03/20/science-2-0-wissenschaftler-probieren-online/

6.7.
Der "All Cannings Long Barrow": Zum Schnäppchenpreis bestattet werden wie im Neolithikum
Das erste "neolithische" Langhügelgrab, das in Großbritannien nach rund 5.000 Jahren gebaut wird, soll als moderne Grabstätte dienen und steht nahe Devizes in Wiltshire. Es ist damit nur sechs Kilometer vom West Kennet Long Barrow entfernt, der seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Bauherr ist Tim Daw, studierter Landwirt und nebenberuflich Aufseher in Stonehenge; das Langhügelgrab entsteht auf Daws Privatgrund. Es wird aus sieben Kammern bestehen, die insgesamt 350 Nischen beherbergen. Jede Nische biete Platz für sechs bis acht Urnen. Für den Platz für eine einzelne Urne fallen 300 Britische Pfund (360 Euro) an, eine Standard-"Familien-Nische" kostet 1.000 Pfund (ca. 1.200 Euro); die Liegezeit beträgt 99 Jahre. Ein Schnäppchen also! Tim Daw bezeichnet sich selbst als Atheisten und sieht die Anlage auch als Option für jeden, der nicht weiß, entsprechend welchem religiösen Ritus er sich oder seine Angehörigen bestatten lassen soll. Der Grabhügel steht jedem offen, erste Buchungen liegen bereits vor. Ende 2013 begann der Bau der Grabkammer aus Steinen der Umgebung, die Arbeiten sollen im Lauf dieses Jahres beendet werden. Über eine Entscheidung der örtlichen Behörde ist Daw übrigens besonders froh: Sie sieht die Grabkonstruktion als "Struktur" an und nicht als "Gebäude" – damit entkommt Daw der Auflage, Fluchtwege für den Brandfall anbieten zu müssen.
"All Cannings 'Neolithic' long barrow takes shape" (BBC, 22.3.): http://www.bbc.com/news/uk-england-wiltshire-26683268
Website des "All Cannings Long Barrow": http://www.thelongbarrow.com/home

6.8.
Kleine Reflexion zum Begriff "Besucher"
"What do you call the people who come to your museum?", fragt Museums-Expertin Linda Norris in einem kurzen Post bei "Museums, Politics and Power". "Besucher" oder "Gast", das impliziere: "das Museum ist nicht euer Platz, sondern unserer!" Falls wir nicht wirklich erreichen wollen, dass die Menschen möglichst schnell wieder gehen: welche Begriffe wären denn besser? Und wie nennen wir die Menschen, die nicht in unser Museum kommen, fragt Norris in ihrem kleinen, klugen Text.
http://museumspoliticsandpower.org/2014/03/19/what-do-you-call-the-people-who-come-to-your-museum-and-those-who-dont/

6.9.
Kulturelles Erbe als Friedensstifter im Libanon
"Biladi - heritage for peace building" ist der Name eines Projekts im von Bürgerkriegen geschüttelten Libanon, das versucht, Kinder und Jugendliche durch kulturelle Bildung an ihre Heimat und ihr gemeinsames kulturelles Erbe heranzuführen. Die ein- bis mehrtägigen Kurse und Projekte sollen dazu führen, die in viele untereinander verfeindete Gruppen zersplitterten und sich bekämpfenden jungen Menschen an das allen gemeinsame Naturerbe und kulturelle Erbe zu erinnern und dadurch Brücken zu bauen, Gemeinsamkeit zu stiften. Biladi (zugleich die Bezeichnung der palästinensischen Nationalhymne) ist eine NGO, die von der libanesischen Archäologin und Journalistin Joanne Farchakh Bajjaly gegründet wurde; das Projekt ist beheimatet in den Räumen der Libanesisch-Deutschen Universität in Jounieh, wenig nördlich von Beirut. Biladi versucht, die Schüler und Jugendlichen vor allem durch Exkursionen zu archäologischen Stätten und Museumstage zu fesseln und bietet auch Fortbildungen für Lehrer an. Biladi ist aktuell nur im Libanon aktiv, aber die Initiatorin betont die Übertragbarkeit der Idee in andere Länder.
Website des Projekts: http://thisisbiladi.com/
Joanne Farchakh Bajjaly Introduces Biladi (YouTube, 6.7.2011, 2:36 min): http://www.youtube.com/watch?v=-6E8sO5ZOlY

6.10.
"Weltkultursprung" und "Weltkulturgebirge": Eiszeitkunst als Wirtschaftsfaktor
"Weltkultursprung" wird Dachmarke der Landkreise Heidenheim und Alb-Donau sowie der Stadt Ulm, um damit die Eiszeitkunst aus den Höhlen des Ach- und des Lonetals zu bewerben. Der Name wurde laut Augsburger Allgemeiner im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren mit Hilfe eines Marketingberaters entwickelt und mit Prof. Dr. Nicholas Conard, Universität Tübingen, abgestimmt. Die Ausstellungsorte Archäopark Vogelherd, das Ulmer Museum und das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren wollen sich künftig zusammen um mehr Touristen bemühen, gleichzeitig aber weiterhin eigenständig bleiben. "Gemeinsam aber sind Venus, Mammut und Löwenmensch noch stärker, wenn es darum geht, Touristen für die Region zu interessieren", sagt Georg Hiller, Vorstand der Stiftung Urgeschichtliches Museum Blaubeuren. Unter dem Begriff "Weltkultursprung" werden neben den Ausstellungsorten künftig auch die Fundhöhlen Vogelherd bei Niederstotzingen, Hohlenstein Stadel bei Asselfingen, Bockstein bei Rammingen, Geißenkösterle bei Blaubeuren, Sirgenstein und Hohler Fels zwischen Blaubeuren und Schelklingen vermarktet. Über einen Lenkungs- und einen Koordinierungskreis sind archäologische Einrichtungen eingebunden, Städte und Gemeinden, Vereine, der Tourismusverband und mehrere Ministerien. Den Worten folgen bereits Taten, so wird derzeit vor den Hohlenstein-Höhlen der Wald gelichtet, um Touristen den freien Blick auf die Fundorte zu ermöglichen. Im Januar wurde übrigens mit "Weltkulturgebirge" der Name für die Positionierung der Schwäbischen Alb als "Qualitätsmarke" kommuniziert, Leitsymbol ist der Löwenmensch aus dem Lonetal.
"Weltkultursprung als neue Dachmark" (Augsburger Allgemeine, 24.3.): http://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/Weltkultursprung-als-neue-Dachmarke-id29291337.html
"'Weltkultursprung' - Löwenmensch, Venus und Mammut sind die Stars" (Pressemeldung Stadt Ulm, 24.3.): http://www.ulm.de/_weltkultursprung_loewenmensch_venus_und_mammut_sind_die_stars.127997.3076,.htm
Forstarbeiten bei Asselfingen: Freier Blick auf Löwenmensch-Höhle (SWR, 24.3.): http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/ulm/forstarbeiten-bei-asselfingen-freier-blick-auf-loewenmensch-hoehle/-/id=1612/did=13095974/nid=1612/gyx39p/index.html
"'Weltkulturgebirge' in Sicht" (Alb-Bote, 10.1.): http://www.swp.de/muensingen/lokales/muensingen/Weltkulturgebirge-in-Sicht;art5701,2391412

6.11.
Die Nazca-Linien mit Google-Maps betrachten
Die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Nazca-Linien – bis zu 20 km lange Linien und mehrere hundert Meter große, figürliche Scharrbilder – können gut über Google Maps betrachtet werden. Dort ist auch das Hinein- und Hinauszoomen der umgebenden Landschaft möglich. "Heritage Daily" hat jetzt bekannte Figuren mit ihrer Verortung auf Google Maps zusammengestellt - bequemer geht's nicht.
"Googling the Nazca Lines" (Heritage Daily, 24.3.): http://www.heritagedaily.com/2014/03/googling-the-nazca-lines/102595

6.12.
"Konkurrierende Nachbarschaften" und die aktuelle Krise auf der Krim
Mehrere Feldkampagnen führte das RGZM zwischen 2006 und 2008 auf der Krim durch, um die kulturelle Entwicklung in der Peripherie des byzantinischen Reiches vor allem während Spätantike und Frühmittelalter zu erforschen. Dr. Rainer Schreg (RGZM) hat nun einen sehr persönlichen, sehr lesenswerten Beitrag in seinem Blog "Archaeologik" verfasst, in dem er sich mit der Interpretation archäologischer Daten und der gegenwärtigen politischen Krise auf der Krim auseinandersetzt. Gängigen Interpretation habe die Forschergruppe eine Sicht entgegensetzen wollen, "die nicht auf Basis der ethnischen Gruppen, sondern mit dem Blick von unten, von den einzelnen Siedlungsgemeinschaften ausgehend, die regionale Kulturentwicklung beschreibt". Es entstand das Modell der "konkurrierenden Nachbarschaften", das kulturellen Wandel nicht durch Einwanderungen, sondern aus der Region, aus sozialen Prozessen heraus erklärt. Nicht Volksgruppen, sondern Clans und Nachbarschaften verantworten kulturelle Entwicklung. Bei der Feldarbeit erlebten Schreg und seine Kollegen, welche Rolle Krieg und Politik im Alltag der Krim spielen. Vielleicht täte es der Gegenwart auf der Krim ganz gut, schreibt Schreg, "die Geschichte gerade in der jetzigen Situation tatsächlich nicht als Geschichte von Volksgruppen zu verstehen, die sich in konkurrierenden Staaten repräsentiert sehen. Der Blick von unten, der Geschichte als etwas versteht, was nicht zuletzt von Nachbarn gemacht wird, die heute gemeinsam auf der Krim leben (und gelebt haben), hätte vielleicht auch die Kraft, solch unsinnigen Konflikte mit ihren geopolitischen Risiken zu vermeiden."
"Konkurrierende Nachbarschaften auf der Krim - Ein archäologisches Modell zur Völkerwanderungszeit im Licht der aktuellen Krim-Krise" (Archaeologik, 15.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/konkurrierende-nachbarschaften-auf-der.html
"Archäologie zwischen Kiew und St. Petersburg - Kulturgut im Krim-Konflikt" (Archaeologik, 28.3.): http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/archaologie-zwischen-kiew-und-st.html

6.13.
DGUF unterstützt Petition "Österreich braucht Wissenschaft und Wissenschaft braucht öffentliche Finanzierung"
Auch in Österreich wird gespart, bedroht ist in den aktuellen Haushaltsberatungen u. a. der Etat für Forschung und Universitäten. Ein breites Bündnis aus Forschenden, Lehrenden und Wissenschaftsorganisationen aus Österreich hat eine öffentliche Petition lanciert, die die Mindestforderung des zuständigen Ministers für die Haushaltsperiode 2016-2018 unterstützt; er beantragt ein Wachstum des Etats um 1,6 Milliarden Euro. Die am 17.3. lancierte Petition hatte am 25.3. gut 35.000 Unterschriften erreicht, davon 9 % aus dem Ausland.
Link zur Petition: http://www.wissenschaft-ist-zukunft.at/
"Wir bohren hier dicke Bretter" (der standart.at, 19.2.): http://derstandard.at/1392685670158/Wir-bohren-hier-dicke-Bretter
"Weniger Uni-Plätze in Jus?" (Wiener Zeitung, 19.2.): http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/609681_Weniger-Uni-Plaetze-fuer-Jus.html

6.14.
Stadt Köln überrascht mit ambitionierten Museumsplänen
Der chronisch klammen Stadt Köln fällt es seit langem immer schwerer, ihre Museen zu finanzieren. Zuletzt wurde das geplante Jüdische Museum im Herzen der Altstadt nach schier endloser Debatte aus finanzieller Not heraus mit dem Landschaftsverband Rheinland LVR geteilt: die Stadt baut, aber der LVR übernimmt die Betriebskosten und betreibt das Museum. Kaum ist diese Not gelöst, überrascht Bürgermeister Jürger Roters die Stadt mit großen Plänen direkt am Dom: Das Verwaltungsgebäude des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGM) und das so genannten Kurienhaus sollen abgerissen werden, und ein großzügiger Neubau soll neu gemeinsam das Kölner Stadtmuseum, die RGM-Verwaltung und die Dombauverwaltung beheimaten. Zusammen mit dem bestehenden RGM ergäbe das einen archäologischen und historischen Museumsschwerpunkt direkt an Dom und Hauptbahnhof. Die dafür nötigen 27 Millionen Euro seien schon im Haushaltsplan eingestellt, so OB Roters. Kernige Aussagen und große Pläne, pünktlich vorgestellt kurz vor den Kommunalwahlen in NRW am 25. Mai.
"Neues Gebäude geplant: Museums-Sensation am Kölner Dom" (Express, 28.3.): http://www.express.de/koeln/neues-gebaeude-geplant-museums-sensation-am-koelner-dom,2856,26690044.html
"Roncalliplatz: Stadtmuseum soll an den Dom ziehen" (Kölner Stadtanzeiger, 28.3.): http://www.ksta.de/kultur/-koelnisches-stadtmuseum-roters-plant-umzug-an-roncalliplatz,15189520,26688004.html
Zum Jüdischen Museum zuletzt: "Das Phantom-Museum" (RuhrBarone. 28.3.): http://www.ruhrbarone.de/das-phantom-museum/76286

6.15.
Die Forscher des Neanderthal Museums via Twitter begleiten
Erneut eine gute Idee aus dem Neanderthal Museum: Auf Twitter berichten Forscher des Hauses seit 23. März von ihren derzeitigen Reisen. Sie erfahren von Bohrungen im Lake Afrid, neuen Lampen in Les Trois-Frères und genauso von marokkanischen Fußbädern ("ein Genuss"). Unterwegs sind Prof. Dr. Gerd-Christian Weniger und sein Team in den marokkanischen Fundstellen Ifri n'Etsedda und Ifri n'Ammar, dort gehen sie der Frage nach der Ausbreitung des frühen Menschen nach (Hashtag: #MarokkoC2). Dr. Andreas Pastoors erforscht an Fundstellen der nördlichen Pyrenäen die Netzwerke zwischen Menschen und Gruppen der jüngsten Eiszeit (Hashtag: #frenchcaves). In den nächsten Tagen beginnt außerdem Yvonne Tafelmaier zu twittern, sie untersucht Spuren eiszeitlicher Jäger und Sammler auf der iberischen Halbinsel (Hashtag: #IberiaC1). Unter @ExpeditionNM können Sie den Tweets folgen. Gesammelt dargestellt werden die Tweets und Twitpics auch auf expedition.neanderthal.de.

6.16.
Mit Belehrungen erreicht man gar nichts: Wie Wissenschaftskommunikation (nicht) funktioniert
Dass man unter guter Wissenschaftskommunikation nicht die Aufklärung eines unwissenden Publikums verstehen sollte, wenn man erfolgreich sein möchte, ist im DGUF-Newsletter nicht zum ersten Mal zu lesen (vgl. z. B. Newsletter vom 7.3.2014, Punkt 5.6.). Reiner Korbmann fasst jetzt in seinem Blog dankenswerterweise einen Vortrag der US- amerikanischen Sozialpsychologin Prof. Dr. Susan Fiske (Universität Princeton) zusammen, den sie im Herbst 2013 beim Kolloquium "Science of Science Communication" gehalten hat. Fiske benennt klar ein Problem von Wissenschaftlern: "We have the respect of our audiences but we don’t have the trust." Vertrauen aber sei zwingend notwendig, wolle man sein Publikum von etwas überzeugen. Auch wir Archäologen müssen überzeugen können – beispielsweise davon, dass wir Forschungsgelder brauchen oder dass das ungeregelte Suchen nach Münzen mit Metalldetektoren keine gute Sache ist. Dass es richtig ist, auch den 450. annähernd gleich aussehenden Topf aufzubewahren und dass nun leider die zentrale Kreuzung in einer Großstadt aus guten Gründen noch zwei Wochen länger eine Großbaustelle bleiben muss, der Archäologie wegen. Fiskes Äußerung ist richtig, aber nicht neu, so hebt z. B. auch seit vielen Jahren der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Matthias Kohring auf die Bedeutung von Vertrauen ab. Er sagt, dass eine wirkliche Erläuterung wissenschaftlicher Details wegen ihrer Komplexität oft kaum noch möglich ist und das Vertrauen in die Wissenschaft und die Person des Wissenschaftlers ein gutes Stück weit das Nachvollziehen wissenschaftlicher Fakten und Beweise ersetzt hat. Fiske setzt sich nun aber damit auseinander, wie man das Vertrauen des Publikums gewinnt. Vor allem über Emotionen sei das möglich, denn damit entstehe Wärme, und man könne Nähe zu den Menschen herzustellen versuchen, die der Wissenschaft fern stehen. Die Zuschreibung der Menschen gegenüber Wissenschaftlern - hohe Kompetenz, geringe "Wärme" – wecke bei den Bürgern eher Neid als Vertrauen, und das führe zu Gleichgültigkeit gegenüber den Sorgen der Wissenschaft, gerne auch einmal zu Schadenfreude. Also, sagt Fiske: viel weniger die Bürger belehren, sondern abwägend kommunizieren, Unsicherheiten thematisieren und den Menschen z. B. etwas von den eigenen ehrenwerten Absichten erzählen.
"Nur Rechtsanwälte sind schlimmer – Wie Wissenschaftskommunikation funktioniert" (Blog "Wissenschaft kommuniziert", 26.3.): http://wissenschaftkommuniziert.wordpress.com/2014/03/26/nur-rechtsanwalte-sind-schlimmer-wie-wissenschaftskommunikation-funktioniert/

6.17.
Serie in der FAZ zur "Ratlosigkeit der Geisteswissenschaften": "Das Digitale denken"
"Die lineare Schrift war der Ausgangspunkt für eine mehr als zweieinhalbtausend Jahre dauernde Epoche, welche wir die 'Zeit des Textes' nennen können", schreibt Ulrich Gumbrecht im ersten Teil einer Serie in der FAZ zur digitalen Revolution und der Rolle der Geisteswissenschaften. Diese "stabilen" Texte würden nun von plastischen Inhalten abgelöst, also solchen, die nie abgeschlossen sind. Das versperre sich vor den traditionellen Begriffen und Denkstrukturen und konfrontiere uns mit einer bis vor kurzem kaum geahnten Herausforderung. Mit einer Serie von Essays möchte die FAZ "den Impuls zu einem Denken der elektronischen Welt verstärken". Drei dieser Essays sind bisher erschienen. Den von Ulrich Gumbrecht zerreißt Ben Kaden ausführlich bei "Libreas".
Ulrich Gumbrecht, "Das Denken muss nun auch den Daten folgen" (FAZ, 12.3.): http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/neue-serie-das-digitale-denken-das-denken-muss-nun-auch-den-daten-folgen-12840532.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
Claus Pias, "Die Zeit, die aus der Kälte kam" (FAZ, 14.3.): http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/das-digitale-denken-ii-die-zeit-die-aus-der-kaelte-kam-12845616.html
Philip Mirowski, "Die offene Wissenschaft und ihre Freunde" (FAZ, 29.3.): http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/das-digitale-denken-iii-die-offene-wissenschaft-und-ihre-freunde-12862246.html
Ben Kaden, "Am Impuls der Zeit? Hans-Ulrich Gumbrecht ringt in der FAZ um ein Verständnis der digitalisierten Gegenwart" (Libreas, 12.3.): http://libreas.wordpress.com/2014/03/12/am-impuls-der-zeit/

6.18.
Start einer Spendenkampagne für das "Grand Egyptian Museum"
Vor drei Jahren wurden die ersten Bauabschnitte vollendet, 2015 soll das "Grand Egyptian Museum" auf der Hochfläche von Gizeh vollendet sein … wäre da nur nicht das liebe Geld. Nun soll jeder Tourist pro Übernachtung in einem Hotel 1 US-Dollar Aufschlag zahlen - freiwillig versteht sich, sonst wär's ja keine Spende. Außerdem soll jeder Ägypter gefragt werden, ob er umgerechnet 21 Cent spenden möchte. Das werde nicht nur beim Aufbau des Museums helfen, sondern gleichzeitig das Bewusstsein der Ägypter für ihr kulturelles Erbe stärken, behauptet der Archäologe Bassam El-Shamaa. Immerhin soll jeder Spender zehn Tage lang kostenlos in das künftige Museum dürfen.
"Spendenkampagne für das Große Ägyptische Museum (GEM)" (Selket's Blog, 21.3.): http://blog.selket.de/tourismus-aegypten/spendenkamppagne-fuer-das-grosse-aegyptische-museum-gem
Website des künftigen Museums: http://www.gem.gov.eg/index.htm


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