Inhalt
1.1 Bitte nehmen Sie teil! 3-Minuten-Umfrage zu Ihrer Social-Media-Nutzung (bis 31.1.)
1.2 DGUF zieht sich von X/Twitter zurück
1.4 Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie für 2025 (bis 28.2.)
1.5 DGUF unterstützt bei der von der DFG verlangten Open-Access-Publikation der Abschlussberichte
1.6 DGUF-Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl am 23.2.
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 MAI-Tagung (Brühl/Rheinland, 15.-15.5.; CfP bis 24.1.)
2.2 Annual Meeting der European Association for Archaeologists (Belgrad, 3.-6.9.; CfP bis 6.2.)
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
3.3 Baden-Württemberg: Neues Späthallstattgrab bei Riedlingen
3.4 Vorbildlich: natürliche Strontiumisotopie für Belgien veröffentlicht
3.5 Schmiedeprozess der Himmelsscheibe rekonstruiert
3.6 John Hines (2024): Keine Pesttoten in Edix Hill vor 540 n. Chr.
4.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
4.2 Zum Stellenwert von Ethik und Kulturgüterschutz an archäologischen Instituten in Deutschland
4.3 Verpackungsmaterialien & -Methoden archäologisch-historischer Objekte
5.2 Ausbildung für zertifizierte Forschungstaucher mit Schwerpunkt Unterwasserarchäologie
5.3 Michaela Schauer erhält Philippika-Preis 2023 für Ihre Dissertation zu La Hoguette
5.4 Tagungsbericht "archaeoworks 5" (Köln, 18.-20.10.)
5.5 Archäologie in Hessen: Arbeitskräftemangel nimmt zu, Universitäten fahren Ausbildung herunter
5.6 Kristin Eichhorn sichtet Karriereratgeber für Jungwissenschaftler
5.7 Verdi fordert Arbeitszeiterfassung an Hochschulen
5.8 Zum Tod von Prof. Lord Colin Renfrew
6.1 CIfA Deutschland jetzt bei LinkedIn
7.1 Chroniques / Fundberichte frei zugänglich: Das neue Portal von "Archäologie Schweiz"
7.2 "Rheinische Ausgrabungen" nun auch bei Propylaeum
7.3 Open Data: alle Äxte der Bronzezeit in Großbritannien
7.4 Im Open Access und gedruckt: Die Snettisham-Horte
7.6 Münchner Memorandum 2024: "Forschungsdaten in der Kunstgeschichte: 10 Thesen"
8 Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1 Reiches Latène-A-Grab vor Irlbach (Ldkr. Straubing-Bogen) verursacht Streit
8.2 Karin Reichenbach zur Verwendung (früh-) mittelalterlicher Archäologie in der rechten Szene
9.1 Berlin und Brandenburg: Streichung der vormodernen Geschichte aus dem Schulunterricht vorgesehen
9.3 Schöne Schattenwürfe – Drohnenflugplanung & mehr mit ShadeMap
9.4 Vermeintliche Sensation in Petra (Jordanien)
9.5 Von X/Twitter zu Bluesky: "Starter-Pack"
1 DGUF-Nachrichten
1.1 Bitte nehmen Sie teil! 3-Minuten-Umfrage zu Ihrer Social-Media-Nutzung (bis 31.1.)
Mit einer kurzen anonymen Umfrage möchten wir von Ihnen erfahren, wo sie in den Social Media (nicht) aktiv sind. Ausdrücklich laden wir auch alle von Ihnen zur Beantwortung ein, die Social Media nicht oder kaum aktiv nutzen. Die DGUF gehört seit 2012 in den Sozialen Netzwerken zu den sehr reichweiten-starken Fachgesellschaften in der deutschsprachigen Archäologie. Die Social-Media-Landschaft verändert sich jedoch beständig, und wir wollen weiterhin dort aktiv sein, wo sich viele unserer Archäologie- und/oder DGUF-Interessierten und Mitglieder aufhalten. Die Beantwortung dauert ca. 3 Minuten und ist bis 31.1. möglich. Wir danken Ihnen schon jetzt für die Zeit, die Sie uns schenken!
Zur Umfrage: https://www.soscisurvey.de/DGUFsocialMedia/
1.2 DGUF zieht sich von X/Twitter zurück
Seit Februar 2016 war die DGUF auch auf Twitter aktiv und hatte dort einen recht erfolgreichen Account, in dem wir insbesondere über neue Publikationen und DGUF-Aktivitäten berichteten und auch am Tagungsgeschehen breitere Teilhabe ermöglichten. Doch trotz zuletzt ca. 1.560 Followern haben die schleichenden Veränderungen dieser sich seit Juni 2023 "X" nennenden Plattform insbesondere 2024 rund um den US-amerikanischen Wahlkampf und nun auch der aktuellen Bundestagswahl den Vorstand dazu geführt, dort nicht mehr präsent sein zu wollen. Die DGUF twittert nicht mehr, der Account ruht und wird gelöscht werden.
"'Da kann man von Zensur sprechen': Ist die Plattform 'X' ehemals Twitter unter Elon Musk ein Ort der Zensur, des Rassismus, Antisemitismus und des rechten Agendasettings geworden? Das Journalisten-Team von Social Media Watchblog beobachtet die Entwicklung der Medienlandschaft aus professioneller Perspektive. Ein Interview." (NDR, 5.12.): https://www.ndr.de/kultur/kulturdebatte/Simon-Hurtz-ueber-X-Da-kann-man-von-Zensur-sprechen,simonhurtz102.html
1.3 "Das archäologische Jahr 2024". Tagung von DGUF und CIfA Deutschland (Online, 22.2.; CfP bis 7.2.)
Welche spannenden archäologischen Ausgrabungen, Entdeckungen und Entwicklungen gab es in Deutschland? Ausgräber, Forschende und Fachleute berichten auf unserer virtuellen Tagungsreihe erneut von ihren Ergebnissen. Die Veranstaltung am Samstag, dem 22. Februar, richtet sich gleichermaßen an Fachkollegen wie an interessierte Bürgerinnen und Bürger – sie alle sind uns ganz herzlich willkommen! Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist erforderlich. – Wenn Sie einen Vortragsvorschlag einreichen möchten: Ihre Ausgrabung/Ihr Forschungsprojekt muss in Deutschland (plus Grenzgebiete) und großteils im Jahr 2024 stattgefunden haben. Bei mehrjährigen Projekten können Sie den Anteil aus dem Jahr 2024 vorstellen. Zur Anmeldung eines Vortrags (15 Minuten und 5 Minuten für Diskussion/Fragen) senden Sie bitte bis spätestens 10. Febr. ein Abstract von max. 200 Wörtern & einen Vortragstitel von max. 15 Wörtern an
Tagungswebsite: http://www.das-archaeologische-jahr.de
Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung: https://dguf.de/tagungen-events/events/46-das-archaeologische-jahr-2024
1.4 Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie für 2025 (bis 28.2.)
Die aktuelle Ausschreibung richtet sich wie immer an Studierende aller archäologischen Fachdisziplinen und ihrer Nachbarwissenschaften, die an einer deutschen Hochschule preiswürdige Studienleistungen erbracht haben. Hierzu zählen Seminar‐ oder Abschlussarbeiten und erste eigene Publikationen, die sich innovativ mit für die europäische Archäologie relevanten Forschungsthemen auseinandersetzen. Als preiswürdig erachtet werden herausragende archäologische Forschungsarbeiten zur Geschichte Mitteleuropas oder zu Regionen der Welt, die auf die kulturellen Entwicklungen Mitteleuropas Einfluss ausgeübt haben respektive zu deren Verständnis wichtig sind. Ebenso können innovative methodologische Arbeiten in der Archäologie oder ihren Nachbardisziplinen gewürdigt werden, die der archäologischen Wissenschaft, der archäologischen Denkmalpflege, dem Kulturgüter- und Kulturlandschaftsschutz oder den archäologierelevanten Rechts- und Umweltwissenschaften einen wichtigen Impuls geben. Die eingereichte Arbeit soll auf Grundlage eines findigen interdisziplinären Ansatzes oder einer besonderen Vernetzung oder eines unorthodoxen Forschungskonzeptes oder eines innovativen Einsatzes neuer Medien oder technischer Anwendungen erfolgt sein. Die DGUF kann auch hochschulpolitische Aktivitäten auszeichnen, die der Verbesserungen der archäologischen Studiengänge oder der allgemeinen Studienbedingungen dienen. Die ausgezeichnete Studienleistung kann in eine Publikation in einer der DGUF-Schriften münden. Wir unterstützen dies durch ein bis zu vierstündiges Publikations-Coaching durch einen der Herausgeber bzw. Redakteure der DGUF‐Schriften, das der Preisträgerin bzw. dem Preisträger bei Bedarf hilft, der Arbeit den letzten Schliff zu geben. Die viele Zeit und der große Aufwand, der in die Erstellung der prämierten Arbeit geflossen ist, können sich für den Preisträger also besonders lohnen, wenn die Arbeit einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Veröffentlichung trägt zudem dazu bei, für den am Anfang seiner Karriere stehenden Preisträger eine fachliche Reputation aufzubauen. Der Preis ist ansonsten undotiert. Vorschläge können durch Studierende und Dozenten einer deutschen Hochschule oder Mitglieder einer deutschen archäologischen Gesellschaft eingereicht werden. Der Einreichungszeitraum endet am 28.2.2025.
https://dguf.de/archaeologiepreise/studienpreis/deutscher-studienpreis-fuer-archaeologie
1.5 DGUF unterstützt bei der von der DFG verlangten Open-Access-Publikation der Abschlussberichte
Von der DFG geförderte Projekte müssen bei Ende ihrer Förderung einen kurzen Abschlussbericht verfassen und diesen an die DFG senden. Neu "legt die DFG den Bewilligungsempfänger*innen die Publikation des öffentlichen Teils ihres Abschlussberichts im Open Access nahe." Die DGUF bietet an, solche Berichte in der Open-Access-Zeitschrift "Archäologische Informationen" zu veröffentlichen, in der etablierten Rubrik "Projekte, Arbeitsgemeinschaften & Tagungen". Der Leitende Herausgeber der DGUF-Schriften, Frank Siegmund, sagt: "Die Beiträge erscheinen zunächst im Early View, d. h. sie sind schnell verfügbar, und werden später Teil des Online-Only-Bereichs des entsprechenden Jahrgangs. Sie sind also Teil des regulären Inhaltsverzeichnisses des Jahrgangs, werden vollumfänglich bibliographisch erfasst, und können wie gewöhnliche Zeitschriftenartikel zitiert werden. Dieser Weg erfüllt alle Bedingungen der DFG inkl. einer Qualitätssicherung, bietet den Autoren aber wegen der Renommees der Zeitschrift und ihrer hohen Verbreitung einen deutlichen Mehrwert.
DFG-Abschlussberichte in den Archäologischen Informationen: https://dguf.de/publikationen/archaeologische-informationen/dfg-abschlussberichte
DFG (April 2024): "Veröffentlichung von Abschlussberichten": https://www.dfg.de/de/foerderung/antrag-foerderprozess/abschlussberichte/veroeffentlichung
DGUF: "Das Profil der Archäologischen Informationen" - unter: Die Rubrik "Projekte, Arbeitsgemeinschaften & Tagungen": https://dguf.de/publikationen/archaeologische-informationen/profil-der-ai
1.6 DGUF-Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl am 23.2.
Die ehedem für den 28.9.2025 angesetzte Bundestagswahl findet nach überraschenden Veränderungen in der Bundesregierung am 6. Nov. nun wohl bereits am 23.2. statt. Der DGUF-Vorstand hat zu dieser Wahl fünf Wahlprüfsteine formuliert und diese am 2.12. an alle wahlrelevanten Parteien übermittelt; die Fragen drehen sich um die bundespolitisch archäologie-relevanten Themenfelder Wissenschaftszeitvertragsgesetz / #IchBinHanna, BAFöG und Open Access. Inzwischen haben sich CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke darüber verständigt, angesichts der knappen Zeit generell auf das Bearbeiten von Wahlprüfsteinen zu verzichten und verweisen auf ihre Wahlprogramme. Daher finden Interessierte auf DGUF.de nun neben dem O-Ton der Wahlprüfsteine und – wie gewohnt – allen vorliegenden Parteiantworten zusätzlich eine Sichtung der Wahlprogramme im Hinblick auf die fünf Fragen der DGUF. Beides wird nach und nach ergänzt.
1.7 Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Wiebke Kirleis et al.: Neu (im) Land – erste Bäuer:innen in der Peripherie. Der linienbandkeramische Fundplatz Lietzow 10 im Havelland, Brandenburg
Unter den zahlreichen Publikationen, welche die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" zur Rezension ausschreiben, sei diesmal der fünfte Band der "Roots Studies"-Reihe herausgehoben. Aus dem Klappentext: "Die in der äußersten Peripherie des damaligen bäuerlichen Siedlungsgebiets gelegene Siedlung Lietzow 10 bestand über ungefähr zwei Generationen. Die von dichtem Eichen-Kiefernwald umgebene Siedlung lag wie eine kleine Insel auf einer Grundmoränenplatte, die mit relativ fruchtbarem Boden und guter Grundwasserversorgung einen günstigen Standort für eine bäuerliche Existenz bot. Die nahen Niederungsgebiete waren zur gleichen Zeit von mesolithischen Wildbeutergruppen bewohnt. Die Analysen der zahlreichen Tier- und Pflanzenreste von Lietzow 10 zeigen das Bild einer voll entwickelten neolithischen Landwirtschaft mit dem Rind als wichtigstem Nutztier und Emmer als Hauptgetreide. Fischfang und wohl auch Sammelwirtschaft trugen in größerem Umfang zur Nahrungssicherung bei. Die Jagd spielte nur eine untergeordnete Rolle. Trotz ihrer randlichen Lage war die Siedlung aber keinesfalls isoliert. Der Großteil der Formen und Verzierungen des umfangreichen Keramikinventars zeigt deutlich den Einfluss aus dem mitteldeutschen Raum. Darüber hinaus sind weitreichende Fernbeziehungen bis Süddeutschland nachweisbar." Wenn Sie Interesse an einer Rezension haben, richten Sie bitte Ihre Anfrage mit Ihrer vollständigen Postanschrift sowie einer kurzen Begründung, weshalb Sie dieses Werk besprechen wollen, an:
Alle Rezensionsangebote der "Archäologischen Informationen" mit weiteren Informationen zu Modalitäten und Ablauf: https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/dguf-dok_arch-inf_rezensionsangebote.pdf
Wiebke Kirleis, Andrea Hahn-Weishaupt, Mara Weinelt und Susanne Jahns (Hrsg.): Neu (im) Land – erste Bäuer:innen in der Peripherie. Der linienbandkeramische Fundplatz Lietzow 10 im Havelland, Brandenburg. ROOTS Studies 05. 154 Seiten. Juli 2024. Mehr zum Buch: https://www.sidestone.com/books/neu-im-land-erste-baeuerinnen-in-der-peripherie
2 Tagungen und Veranstaltungen
2.1 MAI-Tagung (Brühl/Rheinland, 15.-15.5.; CfP bis 24.1.)
Wie immer stehen neue und innovativen Entwicklungen im Bereich internetbasierter Museumspräsentationen und -dienste im Fokus der Tagung. Diskutiert werden Informationen und Sachstandsberichte über museale Internetprojekte aus dem In- und Ausland; ein Fokus soll auf KI liegen. Vorschläge für Vorträge, Kurzvorträge und Workshops können bis 24.1. gemacht werden. Die Tagung soll hybrid stattfinden.
https://mai-tagung.lvr.de/de/programm_1/inhaltsseite_15.html
2.2 Annual Meeting der European Association for Archaeologists (Belgrad, 3.-6.9.; CfP bis 6.2.)
Die EAA hat kurz vor Weihnachten den Call for Papers zu ihrer 31. Jahrestagung eröffnet, Einreichungsschluss ist am 6.2. Die Themen, unter denen sich die ca. 275 angenommenen Sessions gruppieren, lauten: On artefacts and beyond; Intertwined Epistemologies: Transcending the Data – Theory Divide; Exploring methods in research, education and communication; De nobis fabula narratur: archaeological practice and a profession in flux; Finding the way! Archaeological sciences and opening new research perspectives; Intertwining archaeology, heritage, and museums; Climate Change in the Past and Present; Along and across the Danube!.
3 Forschung
3.1 Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"
Flückiger, A. (2024). Rezension zu: Muhl, A. & Schwarz, R. (2023). Kulturenstreit. Frühmittelalter zwischen Harz und Elbe. (Begleithefte zur Dauerausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, 9). Halle /Saale: Landesamt f. Denkmalpflege u. Archäologie Sachsen-Anhalt. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 11. Dez. 2024.
Flückiger, A., Helmbrecht, M., Lobinger, Chr., Palmowski, V., Prien, R. & Tobias, B. (2024). Tagungsbericht: Circular economies? Materielle Ressourcen und ihre Nutzung in Spätantike und Frühmittelalter. Session der AG Spätantike und Frühmittelalter, Bochum, 7.–8. Oktober 2024. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 6. Dez. 2024.
Karl, R. (2024). Kann überhaupt irgendwer graben? Archäologische Feldforschung im Spannungsfeld zwischen Partizipation und Gefahrenabwehr. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 4. Dez. 2024.
Becker, N. (2024). Eine Ethik für Uni-Absolventen? – Die Marburger Ethikerklärung. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 29. Okt. 2024.
https://www.dguf.de/early-views
3.2 Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien
"Überraschender Fund in der Türkei: Einmaliges Amulett eröffnet neue Perspektive auf die Antike" (Frankfurter Rundschau, 23.12.): https://www.fr.de/panorama/ueberraschender-fund-in-der-tuerkei-einmaliges-amulett-eroeffnet-neue-perspektive-auf-die-antike-zr-93448784.html
Mallorca: "Excavating the Roman Villa Son Sard: Insights into Archaeological Research" (Leiden Archaelogy, 19.12.): https://www.leidenarchaeologyblog.nl/articles/excavating-the-roman-villa-son-sard-insights-into-archaeological-research
"Die Syphilis hatte ihren Ursprung in Amerika und fand erst durch den europäischen Kolonialismus weltweite Verbreitung" (MPG, 18.12.): https://www.mpg.de/23905318/1216-evan-der-syphiliserreger-stammt-aus-amerika-150495-x?c=2191
"Mehr als 1.300 prähistorische Grabhügel in West-Aserbaidschan erstmals systematisch vermessen" (Roots, 18.12.): https://www.uni-kiel.de/de/cluster-roots/detailansicht/news/220-kurgane
- Jahrhundert: "Archaeologists Discovered a Mysterious Ancient Bone Floor in Alkmaar, the Netherlands" (Arkeonews, 16.12.): https://arkeonews.net/archaeologists-discovered-a-mysterious-ancient-bone-floor-in-alkmaar-the-netherlands/
"'Something horrible': Somerset pit reveals bronze age cannibalism. Oxford analysis shows evidence of bloody massacre, with hand and feet bones chewed by human molars" (The Guardian, 16.12.): https://www.theguardian.com/science/2024/dec/16/something-horrible-somerset-pit-reveals-bronze-age-cannibalism und Schulting RJ, Fernández-Crespo T, Ordoño J, et al. ‘The darker angels of our nature’: Early Bronze Age butchered human remains from Charterhouse Warren, Somerset, UK. Antiquity. Published online 2024:1-17. doi:10.15184/aqy.2024.180 https://www.cambridge.org/core/journals/antiquity/article/darker-angels-of-our-nature-early-bronze-age-butchered-human-remains-from-charterhouse-warren-somerset-uk/93EBB135C857C7B7992FC80A4ED927AF
"Vermischung mit Neandertalern zeitlich neu eingeordnet. Zeitlicher Rahmen und Auswirkungen des Genflusses vom Neandertaler zum frühen modernen Menschen entschlüsselt" (MPG, 12.12.): https://www.mpg.de/23833753/1205-evan-vermischung-mit-neandertalern-zeitlich-neu-eingeordnet-150495-x?c=2191
"Älteste Genome moderner Menschen entschlüsselt. Diese frühen Europäer gehörten zu einer kleinen, isolierten Gruppe, die kurz nach der Vermischung mit Neandertalern existierte, heute aber ausgestorben ist" (MPG, 12.12.): https://www.mpg.de/23822754/1204-evan-aelteste-genome-moderner-menschen-entschluesselt-150495-x?c=2191
"Des occupations néolithiques et protohistoriques à Font-Romeu (Pyrénées-Orientales)" (INRAP, 11.12.): https://www.inrap.fr/des-occupations-neolithiques-et-protohistoriques-font-romeu-pyrenees-orientales-19718
"Archäologen haben ältestes christliches Zeugnis nördlich der Alpen entdeckt. In Frankfurt am Main wurde ein Silberamulett mit christlicher Inschrift ausgegraben, das aus der Römerzeit stammt. Die Geschichte des Christentums begann in der Region demnach früher als bislang gedacht" (Spiegel, 11.12.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/frankfurt-am-main-archaeologen-haben-aeltestes-christliches-zeugnis-noerdlich-der-alpen-entdeckt-a-45669f5d-d56e-4877-87b9-c08ca551e1e6
"Un espace thermal antique découvert à Soyons (Ardèche)" (INRAP, 9.12.): https://www.inrap.fr/un-espace-thermal-antique-decouvert-soyons-ardeche-19614
Frühneolithikum/Slowakei: "Weitere kopflose Skelette in Vráble gefunden" (Roots, 5.12.): https://www.uni-kiel.de/de/cluster-roots/detailansicht/news/2024-12-05-vrable-2024
"Aus dem 4. Joerhonnert: Zu Holztem goufen 141 réimesch Mënzen entdeckt, Wäert vun iwwer 300.000 Euro" (RTL, 2.12.): https://www.rtl.lu/news/national/a/2255871.html
"Teilen macht Freu(n)de: Mitteleuropas erste Bauerngesellschaft lebte gleichberechtigt" (Universität Wien, 29.11.): https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/teilen-macht-freunde-mitteleuropas-erste-bauerngesellschaft-lebte-gleichberechtigt/
Capability Approach: "Chancen auf Verwirklichung beflügeln Innovationen vor 6000 Jahren" (Roots, 5.12.): https://www.uni-kiel.de/de/cluster-roots/detailansicht/news/200-archaeo-capability-approach
"Ägyptologen vermuten Felsheiligtum in Athribis" (Universität Tübingen, 25.11.): https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/aegyptologen-vermuten-felsheiligtum-in-athribis/
Dänemark: "Alte Steinzeit-Siedlung ausgegraben – Fund stellt bisherige geschichtliche Annahmen in Frage" (Frankfurter Rundschau, 20.11.): https://www.fr.de/panorama/alte-steinzeit-siedlung-ausgegraben-fund-stellt-bisherige-geschichtliche-annahmen-in-frage-zr-93366410.html und Brinch M, Philippsen B, Groß D, Kanstrup M. Stone-Paved Cellars in the StoneAge? Archaeological Evidence for a Neolithic Subterranean Construction From Nygårdsvej 3, Falster, Denmark. Radiocarbon. Published online 2024:1-25. doi:10.1017/RDC.2024.79 https://www.cambridge.org/core/journals/radiocarbon/article/stonepaved-cellars-in-the-stone-age-archaeological-evidence-for-a-neolithic-subterranean-construction-from-nygardsvej-3-falster-denmark/24C3A1B68B0730C639BF3F1C51DB15FB
"Alte DNA schreibt die Geschichte der Verschütteten von Pompeji neu. Studie widerlegt bisherige Annahmen und enthüllt die kosmopolitische Herkunft der Bewohner Pompejis" (MPG, 7.11.): https://www.mpg.de/23701587/1106-evan-alte-dna-schreibt-die-geschichte-der-verschuetteten-von-pompeji-neu-150495-x?c=2191
3.3 Baden-Württemberg: Neues Späthallstattgrab bei Riedlingen
Ein im April entdecktes Kammergrab der Späthallstattzeit bei Riedlingen (Kr. Biberach), ca. zehn km nordöstlich der Heuneburg, wurde im Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt. Die aus massiven Eichenhölzern errichtete Grabkammer wurde von oben abgegraben, d. h. die Deckenbalken wurden entfernt und der Konservierung zugeführt. Eine erste dendrochronologische Datierung weist auf das Jahr 585 v. Chr. Grabinhalte wurden noch nicht geborgen, doch zeigen Spuren an, dass das Grab antik beraubt wurde.
"Archäologen sprechen von höchst seltenem Fund: 'Kleine Sensation': Keltische Grabkammer in Riedlingen ausgegraben" (SWR, 10.10.): https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/tuebingen/keltische-grabkammer-in-riedlingen-entdeckt-100.html
"Archäologen gelingt 'Sensation': Keltische Grabkammer in Baden-Württemberg freigelegt" (Merkur, 15.10.): https://www.merkur.de/deutschland/baden-wuerttemberg/riedlingen-kelten-grabkammer-baden-wuerttemberg-archaeologie-heuneburg-ausgrabung-93350304.html
"Vollständig erhaltene keltische Grabkammer bei Riedlingen vorgestellt" (SWR, 18.10.): https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/friedrichshafen/keltengrab-bei-riedlingen-vorgestellt-100.html
3.4 Vorbildlich: natürliche Strontiumisotopie für Belgien veröffentlicht
Ein inzwischen in der Archäologie geläufiges Verfahren: anhand der Bestimmung der stabilen Strontiumisotopen 87Sr/86Sr - bevorzugt aus Zähnen - lassen sich Aussagen darüber ableiten, ob Individuen schon lange / schon seit Geburt am Ort lebten oder irgendwann migriert sind. Voraussetzung für die Aussagekraft des Verfahrens ist es, dass man auch weiß, wie die natürliche Strontiumisotopie am jeweiligen Standortes aussieht. Zu diesem Zweck werden in der Archäologie neben den Menschenzähnen, die im Fokus des Interesses stehen, meist Tierknochen aus den gleichen Kontexten mitgemessen, um an ihnen – d. h. hochwahrscheinlich standortreuen, nicht migrierten Individuen – das lokal natürliche Isotopenverhältnis zu ermitteln. Eine große Forschungsgruppe an der Universität Brüssel rund um Amanda Sengeløv hat hierzu nun eine wichtige und in Zukunft Aufwand sparende Grundlagenarbeit geleistet: Auf Basis von 540 Isotopenmessungen an Pflanzen von 199 Standorten über ganz Belgien hinweg wurde eine flächendeckende Karte entworfen, die den natürlichen Sr-Isotopenpegel für Belgien ausweist. "Selbstverständlich" wurden neben der Kartierung auch die zugrundeliegenden Daten als Open Data veröffentlicht. Die Publikation versteht sich als erster Schritt; die Datengrundlage soll im nächsten Schritt um weitere 570 Messungen ausgebaut werden, so dass insgesamt 374 Standorte vermessen sind. Vorbildlich! - und hoffentlich Anregung, in Deutschland z. B. rund um NFDI4Objects Ähnliches zu unternehmen.
Sengeløv, A. (2024). From plants to patterns: Constructing a comprehensive online strontium isoscape for Belgium (IsoBel) using high density grid mapping. Geoderma, 453 no. 117123: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0016706124003525
3.5 Schmiedeprozess der Himmelsscheibe rekonstruiert
Die Himmelsscheibe von Nebra, genauer: ihre bronzene Grundplatte, wurde mit diversen naturwissenschaftlichen Verfahren untersucht und gemäß dieser Daten anschließend experimentalarchäologisch nachgebildet. Danach sei sie in einem zyklischen Warmschmiedeprozesse hergestellt worden, bei dem das Material jeweils durch Schmieden in Form gebracht wurde (d. h. verflacht und verbreitert wurde) und die Bronze anschließend per Erhitzen auf ca. 700 Grad wieder entspannt wurde.
Dieck, S., Michael, O., Wilke, M. et al. (2024). Archaeometallurgical investigation of the Nebra Sky Disc. Scientific Reports, 14, no. 28868. https://doi.org/10.1038/s41598-024-80545-5
"3600 Jahre alt: Geheimnis um Herstellung der Himmelsscheibe von Nebra gelüftet" (Spiegel, 29.11.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/himmelsscheibe-von-nebra-geheimnis-um-herstellungsprozess-gelueftet-a-89b979c3-b62f-45ed-b4fd-3e6b1fac65c8
3.6 John Hines (2024): Keine Pesttoten in Edix Hill vor 540 n. Chr.
Der bei vielen Naturwissenschaftlern übliche leichtfertige, labor-gläubige Umgang mit 14C-Daten führte u. a. zu der These, dass es in Unterthürheim (Lkr. Dillingen, ca. 15 km nordwestlich von Augsburg) und Edix Hill (ca. 10 km südwestlich von Cambridge) Pesttote aus der Zeit vor der historisch überlieferten Justitianischen Pest in den 540er-Jahren gegeben habe. Der erfahrene Frühmittelalterarchäologe John Hines, zusammen mit Chris Scull der Kern des 2013 publizierten, bedeutenden britischen Chronologieprojektes zum frühen Mittelalter, hat diese These nun für das Gräberfeld von Edix Hill kritisch überprüft. Seines Erachtens gibt es weder seitens neu angefertigter 14C-Daten noch seitens der konventionellen antiquarischen Datierungen der betreffenden Gräber nachvollziehbare Gründe, eine Datierung vor 540 v. Chr. zu vertreten.
Hines, J. (2024). Dating the Justinianic Plague in England: integrating historical and archaeological data on the early Cambridgeshire region. The Archaeological Journal (26.11.2024): https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00665983.2024.2419157
Hines, J. & Bayliss, A. (eds) (2013). Anglo-Saxon graves and grave goods of the 6th and 7th centuries AD: A chronological framework. (The Societey for Medieval Archaeology Monograph 33). London.
3.7 Kenia: Fußabdrücke belegen die Bewegungsvielfalt und gemeinsamen Lebensräume frühpleistozäner Homininen
Während eines Großteils des Pliozäns und Pleistozäns lebten mehrere Homininenarten in denselben Regionen Ost- und Südafrikas. Da es recht wenige Funde von Skelettfossilien gibt, ist offen, inwieweit die Spezies miteinander interagierten. Jetzt liefern ca. 1,5 Millionen Jahre alte Fußabdrücken aus der berühmten Fundstelle Koobi Fora (Kenia) den ersten Beweis für zwei verschiedene Muster pleistozäner bipeder Homininen auf derselben Oberfläche. Die Fachpublikation erschien in "Science". Die Spuren, so der "Spiegel", können innerhalb von Stunden oder vielleicht ein paar Tagen hinterlassen worden sein: Am Ostufer des Turkana-Sees könnten die beiden Homininen aneinander vorbeigegangen sein, im Wasser watend, vielleicht jagend und sammelnd. Neue Analysen zeigen, dass solche Spuren wiederholt an mehreren zeitgleichen Fundorten im östlichen Turkanabecken beobachtet werden können. Diese Daten weisen auf eine Beziehung zwischen Homo erectus und Paranthropus boisei im gleichen Siedlungsgebiet hin. Lebensräume am Seeufer waren mutmaßlich für beide Arten wichtig.
"1,5 Millionen Jahre alte Fußspuren deuten auf Begegnung früher Menschenarten hin" (Spiegel, 3.12.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/1-5-millionen-jahre-alte-fussspuren-bezeugen-homo-erectus-und-paranthropus-boisei-kannten-sich-a-43f740cd-d668-4e6a-91af-c1d838fbad7b
Hatala, K. G. et al. (2024). Footprint evidence for locomotor diversity and shared habitats among early Pleistocene hominins. Science 386(6725), 1004-1010: https://www.science.org/doi/10.1126/science.ado5275
4 Kulturgutschutz
4.1 Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien
"Fünf Millionen für Zehn Gebote: Sie gilt als die älteste bekannte Steintafel mit den Zehn Geboten. Nun erzielte sie bei einer Sotheby's-Auktion eine Millionensumme. Dabei lässt sich nicht nur über den Inhalt streiten" (Tagesschau, 19.12.): https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/steintafel-zehn-gebote-100.html
"Palmyra, Aleppo, Damaskus, Ugarit: Wie es um Syriens UNESCO-Welterbe nach Bürgerkrieg und Assad-Sturz steht" (Deutschlandfunk, 19.12.): https://www.deutschlandfunk.de/wie-es-um-syriens-unesco-welterbe-nach-buergerkrieg-und-assad-sturz-steht-100.html
"Syrische Altertumsbehörde berichtet von massiven Zerstörungen" (Archaeologik, 15.12.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/12/syrische-altertumsbehorde-berichtet-von.html
"Aleppo wird erneut Kriegsschauplatz" (Archaeologik, 3.12.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/12/aleppo-wird-erneut-kriegsschauplatz.html
Indigene Völker: "UN veröffentlicht richtungsweisende Leitlinien zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen im Naturschutz" (Survival, 9.12.): https://www.survivalinternational.de/nachrichten/14113
"Italian police seize Etruscan princesses’ treasures from suspected ‘tomb raiders’" (The Guardian, 20.11.): https://www.theguardian.com/world/2024/nov/20/italian-police-seize-etruscan-princesses-treasures-from-suspected-tomb-raiders
4.2 Zum Stellenwert von Ethik und Kulturgüterschutz an archäologischen Instituten in Deutschland
Wie kann man wissenschaftliche Ethik und Kulturgüterschutz als integralen Bestandteil archäologischer Ausbildung etablieren? Eine Möglichkeit zeigt die Marburger Ethikerklärung, die bereits im BA angehende Archäologen für die Verantwortung im Umgang mit Kulturgütern sensibilisiert. Der Artikel von Niklas Becker beleuchtet die Historie dieser Erklärung, ihren möglichen Nutzen und die Grundlagen, auf denen sie fußt.
Becker, N. (2024). Eine Ethik für Uni-Absolventen? – Die Marburger Ethikerklärung. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 29. Okt. 2024.
https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_becker.pdf
4.3 Verpackungsmaterialien & -Methoden archäologisch-historischer Objekte
Im Rahmen ihrer Masterarbeit befasste sich Saskia Blumenstein (HTW Berlin) vergangenes Wintersemester mit den aktuellen Materialien und Methoden, die im deutschsprachigen Raum im Umgang mit der Verpackung zur Langzeitlagerung von archäologisch-historischem Kulturgut angewendet werden. Dafür überprüfte sie das Spektrum des Kulturgutschutzes in Hinblick auf definierte Handlungsvorschriften, -Grundlagen und -Empfehlungen und verglich es mit den Ergebnissen einer interdisziplinären Umfrage. Das Ergebnis ihrer Untersuchung ist eine Bestandsprobe des derzeitig gültigen Handlungs-Konsenses sowie ein Ausblick, wie zukünftig mit der Problematik der fachgemäßen Verpackung zur Langzeitlagerung verfahren werden könnte. Blumenstein hat die Umfrageergebnisse zusammengefasst und online verfügbar gemacht.
https://sites.google.com/view/allesgutverpackt/start
5 Beruf Archäologie
5.1 Ist eine Behörde geeignet und qualifiziert, die wissenschaftliche Qualität archäologischer Feldforschung zu beurteilen?
Ausgehend von einem nicht ganz erfundenem Alltagsgespräch unter Archäologen im Wirtshaus beleuchtet Raimund Karl die Frage, wer zum fachgerechten Ausgraben tatsächlich befähigt ist. Roter Faden des Textes sind Karls rechtliche Auseinandersetzungen mit dem österreichischen Bundesdenkmalamt und die dazu nunmehr vorliegenden Urteile. Raimund Karls Schlussfolgerung: Kontrolle durch eine staatliche Behörde ist nicht geeignet, die wissenschaftliche Qualität archäologischer Feldforschung sicherzustellen.
Karl, R. (2024). Kann überhaupt irgendwer graben? Archäologische Feldforschung im Spannungsfeld zwischen Partizipation und Gefahrenabwehr. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 4. Dez. 2024. https://dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_karl.pdf
5.2 Ausbildung für zertifizierte Forschungstaucher mit Schwerpunkt Unterwasserarchäologie
Einen Forschungstaucher-Lehrgang am Bodensee veranstalten die Grabungsfirma ArchaeoTask GmbH und Teraqua-Forschungstaucherausbildung ab März; der Schwerpunkt liegt auf der Binnengewässer-Archäologie. Für Studierende und Graduierte aller archäologischen Disziplinen, für Techniker und Grabungsarbeiter schließe sich, so Teraqua, damit eine Lücke, und es ergäben sich wieder gute Aus- und Weiterbildungschancen. Georg Häusler, Geschäftsführer von ArchaeoTask, teilte der Newsletter-Redaktion mit: "Wir sind ab nächstem Jahr der erste und einzige Ausbildungsbetrieb für zertifizierte Forschungstaucher mit Schwerpunkt auf Unterwasserarchäologie in Deutschland." Der Kurs beinhalte eine intensive Ausbildung in professionellen Tauchfertigkeiten für wissenschaftliche Zwecke und werde mit einer theoretischen und praktischen Prüfung durch die berufsgenossenschaftliche Prüfungskommission für Forschungstaucher und die Zertifizierung zum Geprüften Forschungstaucher abgeschlossen.
Ausschreibung: https://www.uwarc.de/materials/Ausschreibung_FT25.pdf
5.3 Michaela Schauer erhält Philippika-Preis 2023 für Ihre Dissertation zu La Hoguette
Am 25.10. wurde in der Universität Trier der Philippika-Preis 2023 für herausragende interdisziplinäre altertumswissenschaftliche Dissertationen an Michaela Schauer verliehen. Der Philippika-Preis des Harrassowitz Verlags wird in Abstimmung mit den Herausgebern der Reihe "Philippika. Marburger altertumswissenschaftliche Abhandlungen" als – so der Verlag – "Auszeichnung für herausragende Dissertationen mit fachübergreifenden Fragestellungen im Bereich der Altertumswissenschaften ausgelobt. Sein Zweck ist es, frisch Promovierte bei der Drucklegung ihrer Doktorarbeiten finanziell und organisatorisch zu unterstützen, somit den Fortgang ihrer wissenschaftlichen Karriere zu erleichtern und zu beschleunigen sowie ihren interdisziplinären Forschungsansatz öffentlich anzuerkennen und zu fördern." Michaela Schauer erhielt den Preis für ihre Münchner Dissertation "La Hoguette - Kultur, Subkultur, Phänomen? Neue archäologische Studien sowie portable, energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalysen (P-ED-RFA) an Keramik zu einer altbekannten Frage" bei Profs. C. Metzner-Nebelsick, W.-R. Teegen und J. Peters. "Nebenbei" war sie in dieser Zeit als Präsidentin von CIfA Deutschland tätig und als Beirätin der DGUF. Nach ihrer Dissertation wechselte sie an das renommierte VIAS der Univ. Wien, wo sie im Rahmen des FWF Esprit-Projektes (ESP 476) zur Standardisierung und Qualitätssicherung von pXRF-Messungen forscht. Die Dissertation soll 2025 in der Reihe "Philippika. Altertumswissenschaftliche Abhandlungen" bei Harrassowitz publiziert werden.
"Philippika-Preises für herausragende interdisziplinäre altertumswissenschaftliche Dissertationen 2023" (Univ. Wien, 25.10.): https://ucrisportal.univie.ac.at/de/prizes/philippika-preises-f%C3%BCr-herausragende-interdisziplin%C3%A4re-altertumsw
VIAS Univ. Wien: "Standardising Portable X-ray Fluorescence for Archaeometry": https://vias.univie.ac.at/projekte/standardising-portable-x-ray-flourescence-for-archaeometry/
5.4 Tagungsbericht "archaeoworks 5" (Köln, 18.-20.10.)
Zwar konnte man sich seit dem 1.8. zur Teilnahme an der vom DASV e.V. und den Kölner Fachschaften der Archäologien organisierte Berufsmesse anmelden, ein verbindliches Vortragsprogramm ging allen Teilnehmern und auch den Standbetreibern erst am Montag (14.10.) der Messewoche zu. Die Veranstaltung hatte 130 angemeldete Teilnehmer, gezählt ohne Helfer, Vortragende und Messestandbetreiber; angesichts der nicht abgeholten Schildchen dürften es tatsächlich etwa 115 Teilnehmende gewesen sein - wobei gefühlt die Ur- und Frühgeschichte die knappe Hälfte des Publikums ausmachte und die anderen Archäologien die starke andere Hälfte. Die überwiegende Mehrheit der Studierenden kam aus Köln und Bonn, das weitere NRW war zählbar vertreten (Bochum, Münster), Besucher jenseits von NRW eher die Ausnahme. Das Vortragsprogramm war entschleunigend gestaltet: Die Vortragenden hatten 45 Minuten Vortragszeit plus 15 Minuten zur Diskussion. Neben ca. fünf Vorträgen, die auf eine Berufstätigkeit tatsächlich in der Archäologie fokussierten, gab es ca. sechs Vorträge, die teils auf schmalste Felder innerhalb der Archäologie und mehr noch auf eher individuelle Wege aus der Archäologie heraus zielten. Die abschließende Podiumsdiskussion führten drei Vertreter der staatlichen Bodendenkmalpflege, die Chefin einer rheinischen Grabungsfirma und ein Klassischer Archäologe. Richtig: angesichts der (nicht nur) aktuellen Arbeitsmarktlage, die von einem gravierenden Mangel an Fachkräften Ur- und Frühgeschichte geprägt ist, erneut eine irritierende Schwerpunktsetzung der Vortragsthemen für eine Veranstaltung, die darüber informieren will "Was willst du damit später machen?". Die Messe umfasste Stände von sieben Grabungsfirmen u. a. aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen, während nur zwei rheinische Firmen mit Ständen vertreten waren. Daneben gab es Stände der regionalen Bodendenkmalpflege (LVR), der DGUF und von CIfA Deutschland. Während die Vorträge im Hörsaalgebäude der Kölner Universität stattfanden, war die Messe ca. 400 m entfernt im Seminarraum der Klass. Archäologie untergebracht, was Vorträge und Messe voneinander entfernte: Für die Standbetreiber war es kaum möglich, zumindest an ausgewählten Vorträgen teilzunehmen; die Besucher wiederum fanden vor allem in der Mittagspause ihren Weg zur Messe, während die Stände ansonsten eher einsam blieben. Zusätzlich bot der dArV eine Karriereberatung an, durchgeführt von der Klass. Archäologin Dr. Anke Bohne, Leiterin des Career Service an der Uni Bonn.
Tagungswebsite: https://fs-archaeologie.phil-fak.uni-koeln.de/archaeoworks-2024
5.5 Archäologie in Hessen: Arbeitskräftemangel nimmt zu, Universitäten fahren Ausbildung herunter
Wie in anderen Bundesländern herrscht auch in der hessischen Archäologie Arbeitskräftemangel. Das zeigen die jüngsten bilanzierenden Studien der DGUF zum Jahr 2023 und zahlreiche aktuelle Stellenanzeigen. In der ersten Jahreshälfte 2025 wird sich die Mangelsituation aufgrund der zusätzlich erforderlichen archäologischen Maßnahmen auf den neuen Stromtrassen verschärfen. Nur eine kurze Konjunktur? Keinesfalls, wie u. a. ein Blick auf die laufenden Planungs- und Genehmigungsverfahren der Bundesnetzagentur zeigt. So laufen derzeit z. B. die Planungen für eine weitere Ost-West-Trasse an, welche die SuedLink-Trasse (Nord-Süd) nach Westen hin Richtung Frankfurt /Main anbinden soll – mitten durch archäologie-reiche Landschaften. Bundesweit werden Ende 2024 ca. 400 km neuer Stromtrassen in Betrieb sein, Ende 2030 sollen es ca. 4.500 Kilometer sein! Archäologische Fachkräfte werden nicht nur in den Fachfirmen nur für die Baubegleitungen und Ausgrabungen benötigt, sondern auch die Stromtrassen-Betreiber suchen Fachberater, und es braucht Spezialisten für die Erstellung von archäologischen Fachgutachten und Mitarbeiter für die Betreuung der zu erwartenden Fundmassen. Auch für die Denkmalfachämter und -behörden fällt ein erhebliches Mehr an Aufgaben und zu bewältigenden Anträgen, Dokumentationen und Fundmassen an. Wie reagieren die hessischen Landesuniversitäten auf diesen massiv wachsenden Arbeitskräftebedarf? Sie fahren die Kapazitäten im Fach Ur- und Frühgeschichte an den Universitäten Marburg und Frankfurt zurück. In Marburg standen bislang innerhalb des Studiengangs "Archäologische Wissenschaften" für den Hessen-relevanten Teilbereich Vor- und Frühgeschichte 2,0 Stellen zur Verfügung: eine W3-Professur und eine Stelle wiss. Mitarbeiter. Aktuell klemmt die pensionsbedingte Wiederbesetzung der W3-Stelle, und die wiss. Mitarbeiterstelle soll auf 50 % gekürzt werden, d. h. neu 1,5 statt zuvor 2,0 Stellen resp. neu 10 SWS Lehrkapazität statt zuvor 12 SWS. Das sind bei bereits jetzt knappst ausgestatteten Studiengängen starke Einschnitte, die tiefe Lücken hinterlassen. Zeitgleich ist an der Universität Frankfurt die Neuausschreibung der vakanten W3-Professur seit April 2024 hängig: "nur" um ein Jahr verschoben?, Herabstufung auf W2 vorgesehen? Auch für Frankfurt ist der Wegfall einer Mittelbaustelle im Gespräch, d. h. u. a. ein Verlust an 4 SWS Lehrkapazität. Botschaften, die schon jetzt Studienzeiten verlängern, Studierende verunsichern, sie zum Weg in andere Fächer oder an außer-hessische Studienorte motivieren. Die Fachschaften in Frankfurt und Marburg wehren sich, u. a. mit öffentlichen Petitionen. Hoffentlich hat auch die bekanntermaßen eng mit der Politik verzahnte hessische Landesarchäologie, ihre Beamtenpflichten wahrnehmend, die absehbare Notlage auf dem Dienstweg nach oben gemeldet, um Unheil von den landesarchäologisch relevanten Studienfächern abzuwenden.
Siegmund, F. (2024). Deutliche Lohnverbesserungen im Jahr 2023 und Wachstumspläne für 2024 – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2023. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 12. Juni 2024. https://dguf.de/fileadmin/AI/siegmund_2024a.pdf
Siegmund, F. (2024). Die Studierenden- und Absolventenzahlen in den Fächern Ur- und Frühgeschichte sowie Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit und Provinzialrömische Archäologie im Jahr 2023. Archäologische Informationen 47, Early View, online publiziert 12. Juni 2024. https://dguf.de/fileadmin/AI/siegmund_2024b.pdf
"Stand der Genehmigungsverfahren der Bundesnetzagentur" (Bundesnetzagentur): https://www.netzausbau.de/Vorhaben/uebersicht/prognose/de.html
"#saveMARchaologies - Erhalt qualitätvoller Lehre der Archäologischen Wissenschaften in Marburg" (Petitionsplattform Compact, 23.11.): https://weact.campact.de/petitions/savemarchaologies-erhalt-qualitatvoller-lehre-der-archaologischen-wissenschaften-in-marburg?source=rawlink&share=eb30ab16-99e2-4e35-9e3f-304ab524a671
"Gegen die Kürzungen der Sprach- & Kulturwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt" (change.org, 8.4.): https://www.change.org/p/gegen-die-k%C3%BCrzungen-der-sprach-kulturwissenschaften-an-der-goethe-universit%C3%A4t-frankfurt?recruited_by_id=78eb6b80-5477-0130-675e-3c764e04b838
5.6 Kristin Eichhorn sichtet Karriereratgeber für Jungwissenschaftler
Kristin Eichhorn, eine der drei tragenden Säulen der #IchBinHanna-Bewegung, die sich gegen das BMBF für ein besseres Wissenschaftszeitvertragsgesetz einsetzt, hat die aktuellen, deutschsprachigen Ratgeber gesichtet, die junge Wissenschaftler auf ihrem Weg in den Beruf Wissenschaft unterstützen wollen. Mit klaren Worten beschreibt sie den Inhalt, die Ausrichtung und den Nutzen dieser Werke, sie trennt Spreu von Weizen. Für die betroffene Gruppe hilfreich und lesenswert.
Kristin Eichhorn: "Ratgeber für die wissenschaftliche Karriere – taugen die was?" (Soziopolis, 23.10.): https://www.soziopolis.de/ratgeber-fuer-die-wissenschaftliche-karriere-taugen-die-was.html
5.7 Verdi fordert Arbeitszeiterfassung an Hochschulen
In einem Positionspapier fordert die Gewerkschaft Verdi eine Arbeitszeiterfassung an Hochschulen. Nur so könnten geltende europäische Normen umgesetzt und die Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten werden. Die derzeitige Nicht-Erfassung führe gerade im Milieu der Wissenschaft zu einem hohen Anteil an unbezahlten Arbeitsstunden, einer Selbstausbeutung, der entgegengewirkt werden müsse.
"Arbeitszeit in der Wissenschaft. Von Arbeitszeiterfassung bis Zeitsouveränität: ver.di legt Leitplanken für eine zeitgemäße Arbeitszeitpolitik in der Wissenschaft vor." (Verdi, 26.11.): https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/hochschulen/++co++7065f740-abf5-11ef-b774-cd401bec83e6
5.8 Zum Tod von Prof. Lord Colin Renfrew
Colin Renfew, Lord Renfrew of Kaimsthorn, emeritierter Professor für Archäologie und Gründungsdirektor des McDonald Institute for Archaeological Research an der Universität Cambridge, starb am 24.11. im Alter von 87 Jahren. Er war bekannt insbesondere für seine umfangreichen Feldforschungsaktivitäten in der prähistorischen Ägäis, als Pionier auf dem Gebiet der kognitiven Archäologie und für seine Argumentation für einen anatolischen Ursprung der indoeuropäischen Sprachfamilie. Vor seiner Professur an der Universität Cambridge lehrte Renfrew an den Universitäten von Southampton und Sheffield. Der Guardian bezeichnet in seinem Nachruf Renfrew als Titanen der Archäologie. Die International Union of Prehistoric and Protohistoric Sciences (UISPP) schreibt: "Colin Renfrew's contribution to our understanding of World Prehistory is difficult to overstate." Prof. Cyprian Broodbank schreibt: "Colin was, and will always remain, one of the titans of modern archaeology, a distinguished public figure, and a fine friend and colleague to innumerable archaeologists around the world. This loss makes the world of archaeology a poorer place intellectually, as well as in terms of the sheer energy and optimism that he brought to everything he did."
Cyprian Broodbank: "Professor Lord Colin Renfrew – 1937-2024" (University of Cambridge, 25.11.): https://www.cam.ac.uk/news/professor-lord-colin-renfrew-1937-2024
"Professor Lord Colin Renfrew (1937-2024)" (British School at Athens, 25.11.): https://www.bsa.ac.uk/2024/11/25/professor-lord-colin-renfrew-1937-2024/
"Colin Renfrew, renowned scholar of Cycladic civilization dies" (Ekathimerini, 25.11.): https://www.ekathimerini.com/news/1254364/colin-renfrew-renown-scholar-of-cycladic-civilisation-dies/
"Professor Colin Renfrew – the passing of a truly great archaeologist" (The Ness of Brodgar, 26.11.): https://www.nessofbrodgar.co.uk/professor-colin-renfrew/
"Professor Lord Colin Renfrew (1937-2024)" (Jesus College Cambridge, 26.11.): https://www.jesus.cam.ac.uk/articles/professor-lord-colin-renfrew-1937-2024
"Lord Renfrew of Kaimsthorn obituary" (The Guardian, 2.12.): https://www.theguardian.com/science/2024/dec/02/lord-renfrew-of-kaimsthorn-obituary
6 Berufsverband
6.1 CIfA Deutschland jetzt bei LinkedIn
Social Media werden von vielen Institutionen genutzt und sind zugleich schwierig: Die Kanäle kosten Zeit, sie wollen gepflegt werden; zu wenig Posts sind ebenso wenig hilfreich wie zu viele Posts – und nicht zuletzt: welcher Kanal ist passend? CIfA Deutschland hatte sich nach seiner Gründung 2018 angesichts knapper Ressourcen und anderer Prioritäten zunächst von Facebook, Instagram, X/Twitter etc. ferngehalten und stattdessen einen Newsletter aufgebaut. Seit 3.12. ist CIfA Deutschland nun mit einem Account auf der Berufs- und Geschäftsplattform LinkedIn vertreten, da, wo derzeit auch viele deutsche Fachfirmen und Uni-Institute unterwegs sind.
CIfA Deutschland bei LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/cifa-deutschland/
Kostenloser Newsletter von CIfA Deutschland: https://cifa-deutschland.de/veroeffentlichungen/newsletter
7 Open Access & Open Data
7.1 Chroniques / Fundberichte frei zugänglich: Das neue Portal von "Archäologie Schweiz"
Die Gesellschaft "Archäologie Schweiz" (AS), die ähnlich der DGUF in einem föderalen Staat länderübergreifend tätig ist und Mitgliedschaften von Fachleuten wie interessierten Bürgern vereint, hat am 29.11. ihre Website grundlegend erneuert. Ist das eine Nachricht wert? Ja! Denn AS ermöglicht mit diesem Relaunch den Online-Zugang für Mitglieder wie Nicht-Mitglieder zu den jährlichen Chroniques / Fundberichten über die gesamte Schweiz hinweg. Diese Fundberichte waren zuvor von Jahr zu Jahr in gedruckter Form Bestandteil der Mitgliederzeitschrift. Nun sind diese Fundberichte über das Online-Portal suchbar frei zugänglich, und zwar lizensiert im CC BY SA. Zunächst ausschließlich für die jüngsten 35 Jahre, d. h. 1988-2024, mit mehr als 6.800 Fundberichten, doch eine Erschließung der älteren Bestände 1908 ff. ist vorgesehen. Ab 2025 werden dann die bisher gedruckt erschienenen jährlichen Meldungen aus den Kantonen nicht mehr in die gedruckte Zeitschrift aufgenommen, sondern jeweils circa im Juni jeden Jahres für das zurückliegende Jahr in die Online-Datenbank integriert. Wow! Bürger können sich ohne Hindernisse z. B. über die Fundstellen in ihrer näheren Umgebung orientieren, Wissenschaftler können einfache Verbreitungskarten ableiten. Das Suchformular auf der Startseite der AS wirkt aus wissenschaftlicher Sicht auf den ersten Blick recht grobkörnig, doch hinter "Erweiterter Filter" öffnen sich willkommene Optionen zu detaillierten Spezifizierungen. Damit sind z. B. viel leichter als bisher (z. B. Siegmund, 2008) quellenkritische Studien möglich, die allen GIS-Auswertungen vorgeschaltet sein sollten. Übrigens: bei e-periodica.ch sind alle Ausgaben der Fachzeitschrift Jahrbuch AS / SGUF von 1908 bis 2006 online im Open Access verfügbar wie auch die Publikumszeitschrift AS Archäologie Schweiz, beide neu ohne Sperrfrist.
Portal AS: https://archaeologie-schweiz.ch/as-portal/
Siegmund, F. (2008). Zwei Jahrzehnte Fundmeldung im Jahrbuch SGUF/AS. Jahrbuch Archäologie Schweiz 91, 2008, 89-98: https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=jas-004%3A2008%3A91#92
"Jahrbuch Archäologie Schweiz" bei e-periodica.ch: https://www.e-periodica.ch/digbib/volumes?UID=jas-004
"AS Archäologie Schweiz" bei e-periodica.ch: https://www.e-periodica.ch/digbib/volumes?UID=ars-006
7.2 "Rheinische Ausgrabungen" nun auch bei Propylaeum
Die traditionsreiche Schriftenreihe "Rheinische Ausgrabungen" (1968 ff.) wird nun ebenfalls bei Propylaeum /UB Heidelberg sukzessive in den Open Access gestellt. Die beiden ersten online verfügbaren Bände sind:
Claßen, E. (2011). Siedlungen der Bandkeramik bei Königshoven (Rheinische Ausgrabungen, 64). Aichwald: Linden Soft Verlag. – Nun: https://doi.org/10.11588/propylaeum.1500
Siegmund, F. (1998). Merowingerzeit am Niederrhein: Die frühmittelalterlichen Funde aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf und dem Kreis Heinsberg (Rheinische Ausgrabungen, 34). Köln: Rheinland-Verlag. - Nun: https://doi.org/10.11588/propylaeum.1515
7.3 Open Data: alle Äxte der Bronzezeit in Großbritannien
In einer konzertierten Aktion hat ein großes Autorenteam um Andrew Bevan alle derzeit bekannten ca. 8.000 bronzezeitlichen Äxte aus Großbritannien gesammelt, die Informationen zu den Objekten selbst (Fundortkoordinaten, Maße und Gewicht) um ggf. vorhandene Kontextinformationen, 14C-Daten, Element- und Isotopenanalysen etc. bereichert und diesen Datenfundus als Open Data publiziert. Eine Einladung zum weiteren Forschen! ... und zugleich ein gelungenes Beispiel, wie "data papers" aussehen können.
Bevan, A. et al. (2024). Data papers: A Catalogue of British Bronze Age Axes, Including Basic Typology, Compositional Analyses and Associated Radiocarbon Dates. Open archaeology data 12 no. 12, DOI: 10.5334/joad.119: https://openarchaeologydata.metajnl.com/articles/10.5334/joad.119
7.4 Im Open Access und gedruckt: Die Snettisham-Horte
Seit den 1960er-Jahren werden bei Snettisham (Norfolk, UK) immer wieder Funde aus Gold und Silber geborgen. Es handelt sich um eine Konzentration von mindestens 14 separaten Horten, die zwischen 150 v. Chr. und 100 n. Chr. deponiert wurden. Zwar sind einzelne dieser Objekte weithin bekannt, doch eine vollständige Veröffentlichung fehlte. Die im Nov. 2024 erschienene Publikation schließt dieses Desiderat. In zwei Bänden werden alle Funde vorgelegt und wissenschaftlich eingeordnet; die Originale befinden sich vorwiegend im Britischen Museum, eine wichtige Sammlung auch im Norwich Castle Museum. Zusätzlich zum klassischen Katalog werden auch umfangreiche naturwissenschaftliche Analysen vorgelegt, die insbes. Details zur Herstellung von Torques offenlegen. Anschließend folgen wissenschaftliche Analysen, die u. a. den sozialen und landschaftlichen Kontext der Horte beleuchten. Nach Ansicht der Autoren steht jeder Hort für eine eigene, andere Geschichte des Sammelns und der Deponierung. Die wiederholten, aber unterschiedlichen Deponierungsvorgänge seien Teil der Schaffung, Aushandlung und Stärkung sozialer Strukturen sowie der Durchführung und Schaffung sozialer Veränderungen.
Farley, J. & Joy, J. (eds) (2024). The Snettisham Hoards. Vol. I - II. London: The British Museum. - Open Access: https://britishmuseum.iro.bl.uk/concern/books/9c3acd1e-2ff6-4cd5-ad53-0f967c34fc58
7.5 Zeitgemäßes Publizieren archäologischer Ausgrabungen: Bericht von "Aus der Erde ins Netz?" (Online, 20.11.)
Am 20.11. fand der Online-Workshop "Aus der Erde ins Netz? Datenmanagement von der Ausgrabung bis zur E-Publikation" statt, organisiert von Propylaeum /UB Heidelberg und NFDI4Objects Task-Area 5. Ziel des Workshops war es, in einem umfassenden Austausch unter den ca. 30 Teilnehmern auszuloten, wie das derzeitige "Verschwinden" von Grabungsberichten in die Archive der Landesdenkmalämter vermieden und überführt werden kann in ein digitales Publizieren, in vernetzte Forschungsdaten nach dem FAIR-Prinzip. Vier Impulsvorträge eröffneten die Veranstaltung, u. a. von DGUF-Herausgeber Frank Siegmund, der über das Modell "Archäologische Quellen" berichtete. Vorträge und Diskussion legten offen, dass aktuell nur ein sehr kleiner Teil der Aktivitäten publiziert wird, obwohl dafür inzwischen die IT-Infrastruktur, das nötige Wissen und die nötigen Dienstleitungen etc. vorhanden sind. Wo klemmt es? Ein Themenfeld, das wiederholt aufkam, war das Thema Urheberrecht und Nutzungsrechte. Ob rechtens oder nicht: das Gebaren vieler Landesämter, die Nutzungsrechte zunächst einmal komplett zu vereinnahmen, demotiviert viele Ausgräber, ihre Grabung nach Projektende selbst zu publizieren. In Folge sei - von der Frage der Zeit-Ressourcen im Ausgrabungswesen einmal völlig abgesehen - das Publizieren gar nicht Teil der etablierten Workflows in einer Fachfirma. Weiterhin würden Fachfirmen als Archäologen minderer Stellung behandelt, denen z. B. wichtige Zugriffsrechte und damit Recherche- und Arbeitsmöglichkeiten in den Bodendenkmälerdatenbanken und amtlichen Archiven nicht eingeräumt resp. praktisch erschwert würden. Darüber hinaus - ein Thema nicht nur bei den Fachfirmen - seien "konventionelle" Publikationen wie Bücher und Aufsätze fachintern weiterhin als wertvoll anerkannt, während man für Open Data und Datapapers ungleich weniger Anerkennung ernte. Doch die Teilnehmenden ergingen sich keinesfalls allein im Klagen. In einem fruchtbaren Diskurs wurde versucht, eine Unterscheidung herauszuarbeiten: Was gehört ins Archiv (d. h. bei Bedarf zugänglich, aber nicht notwendigerweise publiziert), und was soll publiziert werden? Wie steht es um Kapazitäten? Selbst das derzeit staatlich geförderte Pilotprojekt im LAD Baden-Württemberg, PIA (Pilotprojekt Inwertsetzung Ausgrabungen) könne nie und nimmer "alle" Grabungen in eine Publikation überführen, sondern müsse eine Auswahl treffen. Woran sich eine Debatte anschloss, die das Auswählen nicht in Abrede stellte, jedoch nach transparenten Auswahlkriterien suchte. Gäbe es nicht neben solchen ausgewählten e-Publikationen die Möglichkeit, alle Grabungen zumindest als Liste zu erfassen und diese Listen als z. B. jährlich aktualisierte Tabellen öffentlich zu machen, so dass Interessierte zumindest erfahren, was es im Archiv gibt? Einigkeit bestand darin, dass das derzeitige Finanzierungsmodell bei Verursachergrabungen nicht stimme: Die von Deutschland unterzeichnete Konvention von Malta besage, dass eine (einfache) Abschlusspublikation Pflichtteil jeder Ausgrabung sei - weshalb die Grabungsgenehmigungen auch entsprechende Auflagen machen könnten und sollten. Solchermaßen finanziert, hätten Firmen wie Landesdenkmalämter ganz andere Möglichkeiten, das aktuelle Publikationsdesiderat anzugehen. Doch dies sei derzeit "politisch nicht durchsetzbar", meinten bedauernd die Vertreter der Amtsarchäologie. NFDI4Objects Task Area 5 plant, die Ergebnisse "sacken zu lassen" und zu einer Folgeveranstaltung einzuladen.
Informationen zur Veranstaltung: https://www.propylaeum.de/fileadmin/media/blog/Workshop_Objects_Datenmanagement_final.pdf
7.6 Münchner Memorandum 2024: "Forschungsdaten in der Kunstgeschichte: 10 Thesen"
Auf der Tagung "Sind das Forschungsdaten oder kann das weg? Forschungsdaten und Digitalstrategien in der Kunstgeschichte" Anfang Juli in München wurde von den etwa 200 Teilnehmenden abschließend ein "Münchner Memorandum" erarbeitet. Es fasst in zehn Thesen zusammen, welche Bedeutung Forschungsdaten haben und wie mit ihnen in der Kunstgeschichte umgegangen werden sollte. Viel der Thesen sind keine apodiktischen Feststellungen, sondern formulieren Ziele und Arbeitsaufgaben. Lesenswert - auch für Archäologen!
Deutscher Verband für Kunstgeschichte e. V., Universitätsbibliothek Heidelberg & Zentralinstitut für Kunstgeschichte München (Hrsg.) (2024). Forschungsdaten in der Kunstgeschichte: 10 Thesen (Münchner Memorandum 2024). ART-Dok: https://doi.org/10.11588/artdok.00009194
Effinger, M. (2024). Forschungsdaten in der Kunstgeschichte: 10 Thesen. Münchner Memorandum 2024 - Jetzt unterstützen und mitunterzeichnen! blog.arthistoricum.net, 18.9.2024: https://blog.arthistoricum.net/beitrag/2024/09/18/muenchner-memorandum-2024
8 Bürger und Archäologie & Citizen Science
8.1 Reiches Latène-A-Grab vor Irlbach (Ldkr. Straubing-Bogen) verursacht Streit
Ein Sondengänger entdeckt erste Reste einer etruskisch-italischen Situla, meldet den Fund und schenkt ihn der örtlichen Gemeinde. Die amtliche Nachgrabung deckt ein reiches Latène-A-Grab auf. Statt Lob und Anerkennung erntet der Finder ein beträchtliches Bußgeld. Aktuell steht der Fall vor Gericht. – So erzählt das Magazin "quer" des Bayerischen Rundfunks die Geschichte und rückt den Kreisarchäologen in ein schlechtes Licht. Gleich wie die Sachlage sein mag: ein unglückliches Vorgehen und eine unglückliche Kommunikation sind es allemal, wie nicht zuletzt die innerhalb von sechs Wochen zustande gekommenen mehr als 715.000 Aufrufe des Videos allein auf YouTube (dazu kommen die Aufrufe in der ARD-Mediathek) und mehr als 2.600 Kommentare bei YouTube zeigen.
"Schatz von Irlbach: Finder soll hohe Strafe zahlen" (BR, 4.11.; Video, 6:06 min): https://www.ardmediathek.de/video/quer-mit-christoph-suess/schatz-von-irlbach-finder-soll-hohe-strafe-zahlen/br/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdFNjaGVkdWxlU2xvdC80MDQ2MzI1NjY4MTNfRjIwMjNXTzAxNzUwNkEwL3NlY3Rpb24vYjkzMzgzNzUtZjg1Ni00NmYwLWJiNDYtMDJmNjdiMjg3MzVk und inhaltsgleich auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=Avl9_poQ8uo
"Eimerweise Streit: Irlbacher macht Sensationsfund - und landet deshalb vor Gericht" (idowa.de, 31.10.): https://www.idowa.de/bayern/irlbacher-macht-sensationsfund-und-landet-deshalb-vor-gericht-3978087.html
"Situla von Irlbach: Sensationeller archäologischer Fund erstmals der Öffentlichkeit präsentiert" (Gemeinde Irlbach, 17.7.2023): https://www.landkreis-straubing-bogen.de/buergerservice/aktuelles-pressemitteilungen/situla-von-irlbach/
"Archäologische Sensation: Die Situla von Irlbach" (FAZ, 17.7.2023): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/die-situla-von-irlbach-ist-eine-sensation-der-archaeologie-19039848.html
8.2 Karin Reichenbach zur Verwendung (früh-) mittelalterlicher Archäologie in der rechten Szene
In einem Interview mit dem Leibniz-Magazin berichtet die Archäologin und Historikerin Karin Reichenbach über aktuelle Trends, das (Früh-)Mittelalter als Epoche eines vorbildlichen Lebens zu verherrlichen und die Versuche insbes. rechter Gruppen, sich in diesen Trend einzuhängen.
"'Es werden Traditionen erfunden, die es nie gab' - Die Historikerin Karin Reichenbach untersucht, wie rechtsextreme Gruppen Geschichte gezielt ideologisieren. Ein Interview von Ruben Schaar" (Leibniz-Magazin.de, 2024): https://www.leibniz-magazin.de/alle-artikel/magazindetail/newsdetails/es-werden-traditionen-erfunden-die-es-nie-gab
9 Und sonst …
9.1 Berlin und Brandenburg: Streichung der vormodernen Geschichte aus dem Schulunterricht vorgesehen
Für die gymnasiale Oberstufe für Berlin und Brandenburg ist im Entwurf des Rahmenlehrplans die Streichung der vormodernen Geschichte vorgesehen. In Berlin soll das Modul "Die Grundlegung der modernen Welt in Antike und Mittelalter" ersatzlos gestrichen werden. Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) beobachtet diese Entwicklung "mit großer Sorge". Der Verband schreibt: "Die einseitige Betonung nur der neueren Epochen verhindert die Entwicklung einer historischen Kompetenz, die größere historische Zusammenhänge angemessen zu bewerten weiß. Die frühe und sehr kurze Behandlung der älteren Epochen in der Sekundarstufe I sorgt bereits jetzt dafür, dass eine intellektuell anregende Begegnung mit der Geschichte vor dem Ende des 18. Jahrhunderts kaum mehr möglich ist. Eine zweite Unterrichtsphase in der gymnasialen Oberstufe ist daher unverzichtbar, um die Komplexität historischer Prozesse der Vormoderne, die bis in die Gegenwart wirkmächtig sind, angemessen zu vermitteln." Und weiter: "Das Ziel, durch die Abschaffung der diachronen Perspektiven zu einem zeitgemäßen Geschichtsbild zu kommen, wird komplett verfehlt; stattdessen werden überholte Narrative weiter gestärkt. So verliert der Geschichtsunterricht in der gymnasialen Oberstufe seine Balance. Die Schüler:innen erlangen nicht die Kompetenz, die wechselvollen historischen Prozesse zu identifizieren, durch die es etwa in der Frühen Neuzeit zur europäischen Hegemonie kommen konnte. Die Schüler:innen lernen ferner nicht, zentrale Argumente in aktuellen politischen Debatten zur Legitimation von Kriegen, Migration oder zum Verhältnis unterschiedlicher Kulturen zu bewerten." Bei der Vorbereitung des Rahmenlehrplans seien jenseits von zwei Fachdidaktikern keine Vertreter des Fachs Geschichte der Berliner und Brandenburger Universitäten beteiligt gewesen.
"VHD macht sich stark für ältere Epochen im Geschichtsunterricht" (VHD, 25.10.): https://www.historikerverband.de/aktuelles/meldungen/vhd-macht-sich-stark-fuer-aeltere-epochen-im-geschichtsunterricht/
Berlin: "Streit über Lehrpläne: Über Geschichte lernen sie nur wenig" (FAZ, 2.12.; Paywall): https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/berliner-schueler-lernen-nur-wenig-ueber-geschichte-110146345.html
9.2 "Eine offene Wunde": Nach der Schließung des Institut für Archäologie an der Universität Sheffield
Die zuvor weltberühmte und erfolgreiche Archäologie in Sheffield wurde nun geschlossen. Seit 2021 hatte es dagegen starke Proteste aus dem In- und Ausland gegeben. Prof. Umberto Albarella (University of Sheffield) schreibt am 8.12. über die Gefühle in Sheffield: "The situation is *very difficult* but we are still trying to keep archaeology alive in Sheffield by integrating our teaching and research with other disciplines. At the same time, it is important for us to keep alive the memory of what has happened." Dazu haben die Archäologen zusammen mit ihrer Gewerkschaft eine straffe und sehr eindrückliche Schilderung der Ereignisse seit 2021 formuliert.
"The closure of Archaeology: an open wound for the University and the city" (UCU Sheffield, Dezember 2024): https://ucu.group.shef.ac.uk/campaigns/state-of-the-university-2024-25/archaeology/
"Die Schlächter der Archäologie" (Archaeologik, 19.12.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/12/die-schlachter-der-archaologie.html
9.3 Schöne Schattenwürfe – Drohnenflugplanung & mehr mit ShadeMap
"Kansse nich ma'n Bild machn vonne Grabungsfläche? Du hast da doch so ne Drohne." Kommt immer wieder, auch wenn die Drohnendichte unter Archäologen doch signifikant zugenommen hat. Und dann beginnt man mal mit der Flugplanung - und hier kommt ShadeMap ins Spiel: Klar, auch bisher konnte man den zu befliegenden Bereich mit Satellitenbilden und Digitalen Höhenmodellen vorab schon detailliert rekognostizieren. Auch Apps wie etwa PhotoPills, die den Sonnenwinkel zum geplanten Zeitpunkt des Fluges ausgeben, sind nicht so ganz neu. Aber die (offenbar US-amerikanische) Website "ShadeMap" geht da noch einen Schritt weiter: Ausgehend von einem detaillierten Höhenmodell simuliert sie die Schattenwürfe in der Landschaft im Tagesverlauf auf Luftbild oder Karte, auch in 3D. Wann liegt die Grabungsfläche in der Sonne? Oder lieber im Schatten fotografieren? Kein Problem, einfach Zeit und Ort einstellen und nachschauen. Und zumindest da, wo der Newsletter-Redakteur gemeinhin arbeitet, ist das extrem nützlich, denn: Da werden nicht nur die Schattenwürfe des Terrains, sondern auch die von Gebäuden und einzeln stehenden Bäumen angezeigt. Sogar die drei Olivenbäume in des Redakteurs' Lieblingswüste?! Cool! (Die Funktion, nicht die Wüste. Jedenfalls nicht tagsüber im August. Definitiv nicht.) Und: Die Schattenbereiche sind als GeoTiff (!!!) exportierbar, damit (Q)GIS-tauglich und fröhlich bebastelbar! Was die Tür für ganz andere Analysen öffnet ... Denn ShadeMap kann noch viel mehr: Angezeigt werden auch die täglichen und jährlichen Sonnenstunden - so für die ideale Positionierung des die Grabung mit Strom versorgenden Photovoltaik-Panels. (Yes, this is a thing!) Oder: Liegt eigentlich meine geplante Wandertour im kühlen Schatten oder sollte ich den Sonnenhut einpacken? Kein Problem, GPX- oder KML-Track hochladen, anzeigen lassen. Auch eigene Höhenmodelle gehen (Paläorelief, anyone?), und es gibt durchaus auch eine Zeichenfunktion für eigene schattenwerfende Strukturen - und noch vieles mehr. Irgendwann wird's kostenpflichtig (vor allem, wenn man bessere Daten haben will) - aber da steckt 'ne Menge drin, lange bevor man blechen muss. Und "academic and hobby projects" seien umsonst - die zahlende Zielgruppe ist da eher die Immobilien- oder Tourismusbranche.
9.4 Vermeintliche Sensation in Petra (Jordanien)
Mitte Oktober läuft die Nachricht von einer sensationellen Entdeckung in Petra durch die Weltpresse – gleich vor dem berühmten "Schatzhaus" sei von US-amerikanischen und britischen Archäologen ein verborgenes Grab entdeckt worden. In Deutschland war u. a. der "Spiegel" elektrisiert und zitierte u. a. Josh Gates, der das Grab als "eine äußerst seltene Entdeckung" einordnet; in den zwei Jahrhunderten, in denen Petra von Archäologen untersucht wurde, habe man noch nie etwas Vergleichbares gefunden. Klingt beeindruckend, aber: Gates ist kein Fachmann, sondern Moderator von "Expedition Unknown" des Senders Discovery Channel, der die Expedition mit der Kamera begleitete. Einige Fachleute reagierten auf die Schlagzeilen gleich skeptisch: "Ich glaube, die Medien bauschen das ein bisschen auf", sagte Dr. Lucy Wadeson, Expertin für nabatäische Bestattungstraditionen und Dozentin an der Universität Edinburgh gegenüber dem "Guardian". "Wir wussten bereits, dass dieses Grab existiert. Die [jordanische] Altertumsbehörde hatte dort bereits zwei Gräber ausgegraben und das eine für einen späteren Zeitpunkt verschlossen gelassen, es ist also nichts Neues." Das betont auch Megan Perry, Professorin für biologische Anthropologie an der East Carolina University in den USA und Expertin für nabatäische Gräber. Auf X/Twitter zirkulieren vergleichende Fotos vom Eingang zum Grab – einmal fotografiert während der "Neuentdeckung" und einmal vom jordanischen Hauptkommissar der Tourismusbehörde Dr. Suleiman Farajat. Dieser ist einer der eigentlichen Entdecker des Grabes und wehrt sich auf Facebook: Das Grab, die Skelette von elf Menschen und Artefakte im Inneren seien keine neue Entdeckung, sondern 2003-2005 von einem Team aus dem Archäologischen Park Petra entdeckt und ausgegraben worden. Alle Artefakte seien dem örtlichen Museum übergeben worden, einige davon seien dort jetzt ausgestellt. Die Grabungsdoku sei vorhanden. Im deutschsprachigen Raum berichtet Geesche Wilts in ihrem Blog ausführlich von der Story: Weil Farajat seine Untersuchung damals aus Ressourcenmangel abbrechen musste, wurde die Grabung sorgsam abgedeckt und für spätere Untersuchungen liegen gelassen. Nun führten das American Center of Research (Acor) und die britische St.-Andrews-Universität, begleitet vom Discovery Channel, im Umfeld Prospektionsmaßnahmen durch und entfernten die alten Abdeckungen. Sie feiern sich als Entdecker. Rainer Schreg kommentiert: "Schäbig, kolonialistisch, unverantwortlich und zum Schaden der Wissenschaft und des Anstands." – Übrigens: ein weiteres Mittel, um sich vor solchen Enten zu schützen, ist die Konsultation des US-amerikanischen Register of Professional Archaeologists (RPA). Dort lassen sich alle seriös in den USA arbeitenden Archäologen akkreditieren. Mit einer einfachen Suche lässt sich also feststellen, ob jemand dort als professioneller Archäologe registriert ist, d.h. sich zu ethisch korrektem fachlichem Verhalten verpflichtet hat, in einem Peer-Review-Verfahren überprüft wurde und sich bei begründeten Zweifeln einem Schiedsverfahren stellen würde. Proof of concept: alle an dem Fall in Petra Beteiligten sind dort nicht registriert. In Europa bietet die Akkreditierung bei CIfA und dessen "Professional Regsister" eine vergleichbare Sicherheit.
Unter berühmtem Bauwerk: Wissenschaftler entdecken verborgenes Grab in Felsenstadt Petra (Spiegel, 16.10.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/petra-in-jordanien-forscher-entdecken-verborgenes-grab-unter-schatzhaus-in-felsenstadt-a-233530f6-1352-4a7a-b93c-47258c7565b3
"‘A little hyped up’: experts downplay claims over Petra archaeological find. Researchers urge caution after Jordan tomb excavation and say new clues about Nabataean culture may lie elsewhere" (The Guardian, 19.10.): https://www.theguardian.com/science/2024/oct/19/petra-jordan-archaeology-tomb-excavation-nabataean-experts
Dr. Suleiman Farajat (Facebook, 19.10.): https://www.facebook.com/suleiman.farajat/posts/pfbid0ZATpWibfcdb1sxZtKnNS7uVWCje2PE8FnZMEh12ucfSdDAAP4kCeoN7QruAmnQW3l
Geesche Wilts: "Jordanien: Peinliches Posing in Petra" (Blog Miss Jones, 8.11.): https://www.miss-jones.de/2024/11/08/jordanien-peinliches-gepose-in-petra/
Rainer Schreg: "Schäbige Archäologie! Eine Raubgrabung der besonderen Art" (Blog Archaeologik, 11.11.): https://archaeologik.blogspot.com/2024/11/schabige-archaologie-eine-raubgrabung.html
"Find a Registrant" (RPA): https://rpanet.org/registrant-directory?&tab=1
CIfA, Professional Register: https://www.archaeologists.net/lookingforanarchaeologist
9.5 Von X/Twitter zu Bluesky: "Starter-Pack"
Der US-Wahlkampf 2024 war auf X mit vielen Informationen und Begleiterscheinungen verbunden, die vielen X-Nutzern unwillkommen waren. Nach der Wahl setzte erneut eine Welle ein, X zu verlassen. In Deutschland z. B. sind viele Aktive der #IchBinHanna-Bewegung zu Bluesky migriert, aber auch Journalisten, Universitäten, Wissenschafts-Institutionen und -Organisationen. So sind die Nutzerzahlen bei Bluesky in den vergangenen Wochen erheblich gestiegen. Lagen sie im Februar 2024 noch bei 3 Millionen, im Juli 2024 bei weltweit knapp 6 Millionen Nutzern, werden aktuell weltweit mehr als 25 Millionen Nutzer verzeichnet, bei weiterhin schnellem Wachstum. Ein bei der Migration zu Bluesky um sich greifendes Phänomen sind "Starterpakete": Listen von Bluesky-Accounts, die zu einem spezifischen Themenbündel zusammengestellt worden. So jetzt auch, dank Lukas Werther (RGK), für die "Archäologie in Deutschland und Österreich". Dort findet man gebündelt "alle" relevanten Accounts, aus denen man sich dann jene zusammenstellen kann, denen man folgen möchte. – Übrigens: Interessant, dass der Strom nun offenbar erneut in eine US-amerikanische, proprietäre Plattform fließt, während vom dezentralen, quelloffenen und in Deutschland gegründeten Mastodon kaum mehr die Rede ist. Anfang November 2024 gab es bei Mastodon zwar ca. 9 Millionen registrierte Nutzer, aber nur knapp 900.000 monatlich aktive Nutzer.
Lukas Werther (RGK): Starter-Pack "Archäologie in Deutschland und Österreich": https://bsky.app/starter-pack/leizafriends.bsky.social/3lay7nrs5mp2o