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DGUF-Newsletter vom 28.05.2020

DGUF-Newsletter vom 28.05.2020

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DGUF Newsletter

vom 28. Mai 2020

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Inhalt

1  DGUF-Nachrichten

1.1  #DGUFNothilfe: Viele Anträge, viele Spenden, viele Bewilligungen

1.2  Aus ethischen Gründen ausschließlich online: DGUF-Tagung 2020 "Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?" am 20. September

1.3  Deutscher Studienpreis für Archäologie 2020 für David N. Matzig M.A.

1.4  Neu: Dietrich K. Hartmann, "Die ehemalige katholische Pfarrkirche St. Georg in Burladingen" (Archäologische Berichte, 33)

1.5  Neu: "Archäologische Informationen" unter OJS mit stark verbesserter Suche

1.6  Jetzt publiziert: EvaBA 2 – Löhne und Gehälter in der deutschen Archäologie: Fast ein Viertel der Archäologen mit wiss. Hochschulabschluss arbeitet im öff. Dienst mit einer niedrigeren Eingruppierung als es ihrem Abschluss nach angemessen wäre; befristete Verträge sind v. a. im öff. Dienst an der Tagesordnung: Unis & Co. mehr als 70 %, staatl. Bodendenkmalpflege 55 % Befristungen; Festanstellungen sind das Hauptbeschäftigungsverhältnis in der privatwirtschaftl. Archäologie, befristete Arbeitsverträge werden dort meist verlängert; im Mittel erhalten die Kollegen im öff. Dienst für gleiche Arbeit um ca. 30 % höhere Bruttogehälter als in der privatwirtschaftl. Archäologie, auf der Ebene der wiss. Grabungsleiter liegt die Differenz sogar bei 60 %; TV-L-13-Archäologen bewegen sich nur wenig oberhalb des dt. Durchschnittslohns; in berüchtigten Niedriglohnsektoren (z.B. Logistik, Systemgastronomie) wird oft mehr verdient als bei Grabungshelfern oder Grabungsfacharbeitern in der privatwirtschaftl. Archäologie.

1.7  DGUF unterzeichnet Aufruf "Aus der Krise lernen: Digitale Zivilgesellschaft stärken!"

1.8  Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Robert Hosfield, The Earliest Europeans – a Year in the Life: Survival Strategies in the Lower Palaeolithic

2  Forschung

2.1  Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"

2.2  Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien

2.3  Neue Methode zum Beleg malzbasierter Lebensmittel auch anhand verbrannter archäologischer Speisereste

2.4  Conference talks "Queer Frontier: LGBTQ Research and Experiences in Archaeology" available online

2.5  Kastbjerg Å - Entdeckung eines reichen frühkaiserzeitlichen Männergrabes

2.6  Wichtige Neuerscheinung: Lederfunde und Schusterwerkzeuge aus Einbeck, Niedersachsen

2.7  Zur Konstruktion von Identitäten in einem Kulturraum und wie sich diese archäologisch erkennen lassen

2.8  Engare Sero, Lake Natron, Nord-Tansania: 408 Fußabdrücke der Zeit 19.100 - 5.760 v. H.

2.9  Frühes Jungpaläolithikum in der Bacho-Kiro-Höhle (Bulgarien) datiert auf 45.820 bis 43.650 v. H.

2.10      Fast vollständig erhaltener Waldelefant aus Schöningen

2.11      Wieder mal neu gedeutet: die 30 cm hohe Elfenbeinfigur aus dem Hohlenstein-Stadel

3  Archäoinformatik

3.1  "ModernDive" - kompakter R-Kurs, kostenlos & online

3.2  Wissenschaftliches Schreiben ohne Office-Paket ...in "Markdown"?

4  Kulturgutschutz

4.1  Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien

5  Studium, Job-Themen und Personalia

5.1  "Archäologie Schweiz" legt mit dem "Prix Archéologie Suisse" Preis für Leistungen ihrer studierenden Mitglieder auf

5.2  #Coronasemester als Chance zur Reflektion und Verbesserung der Didaktik an Hochschulen

6  Berufsverband

6.1  CIfA Deutschland: Unterlagen zur Dokumentation beruflicher Weiterbildung frei verfügbar

6.2  CIfA Deutschland: Antrag für das "Gütezeichen für archäologische Fachfirmen" (GZA) jetzt in deutscher Sprache verfügbar

7  Open Access & Open Data

7.1  Kantonsarchäologie Bern gibt Monografien in den Open Access

7.2  Niederlande erneuern "DEAL" mit Elsevier

7.3  Nachbericht zur Session 1.1 "Datenqualität und LOD in den Geisteswissenschaften" des Barcamps "Vermittlung von Data Literacy in den Geisteswissenschaften" auf der 7. Jahrestagung 2020 "Spielräume" des "Verbands Digital Humanities im deutschsprachigen Raum" in Paderborn (2.-6.3.)

7.4  Wissenschaftsverlage & Preprints: ein Lagebericht Roger C. Schonfeld und Oya Y. Rieger

7.5  British Museum relauncht Online-Datenbank stellt 1,9 Mio. Bilder kostenlos zur Verfügung

8  Bürger und Archäologie & Citizen Science

8.1  Unerwünschte Belehrungen und Schönfärberei: Der Silberschatz von Ellwangen bei Terra Xpress und Reaktionen aus der Sondlerszene

9  Ausstellungen und Museen

9.1  NEMO untersucht Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Museen in Europa

10     Gastkommentar

10.1      Universitäre (Un-)Gleichstellung in Zeiten von Corona. Von Thomas Meier

11     Und sonst …

11.1      Gedanken über das Auftreten der aDNA-Forschung in den Medien

 

 

1         DGUF-Nachrichten

1.1        #DGUFNothilfe: Viele Anträge, viele Spenden, viele Bewilligungen

Die Mitte April spontan ins Leben gerufene Aktion "DGUF-Fonds für infolge der Corona-Pandemie in Not geratene Archäologie-Studierende" (vgl. DGUF-Newsletter vom 29.4., Punkt 1.2) endete am 22.5. und verlief in vielerlei Hinsicht überraschend. Zunächst kamen Spenden von 40 Geberinnen und Gebern in Höhe von insgesamt 6.020 Euro zusammen. Die großzügige Sammelspende des Vorstandes von CIfA Deutschland (855 €) wurde von einer beachtlichen Einzelspende von 1.200 € übertroffen, aber auch Spenden über fünf, zehn, zwölf € füllten den Unterstützungsfonds. Häufig wurden 50 oder 100 € gespendet. Unter den Spendern finden sich – soweit wir es sehen können – weit über die DGUF-Mitglieder hinaus Professoren aller archäologischen Fächer, Denkmalpfleger, Firmenarchäologen, Doktoranden, Studierende, Sondengänger und auch Nicht-Archäologen. Über die Idee und die Abwicklungs-Leistung der Nothilfe hinaus gab die DGUF auch einen Geldbetrag in den Spendentopf. Sodann erreichten die DGUF 18 der Ausschreibung entsprechende Anträge aus allen Regionen Deutschlands und allen Archäologien: 8x UFG, 3x Klass. Arch., 2x AMANZ, 2x "Archäologie", 1x Ägyptologie, 1x Provinzialrömische Archäologie und 1x Vorderorientalische Archäologie; nur ein Antrag stammt von einem DGUF-Mitglied. Deutlich wurde dabei auch, wie knapp die studentischen Budgets schon "vor Corona" waren, mit Mietkosten von im Mittel ca. 350 €, Krankenkassenbeiträgen von meist ca. 110 € und weiteren monatlichen Lebenshaltungskosten zwischen 140 - 675 € (Mittelwert 350 €). In den meisten Fällen waren durch Corona die studentischen Jobs weggebrochen, die Folgen schwer – keiner der Anträge wurde "aus Lust und Laune heraus" geschrieben oder weil der Antragsteller "mal schnell Geld abgreifen" wollte. Beantragt werden konnten Beträge (Einmalzahlung) von 150, 300 oder 450 Euro. Kriterium für die Vergabe einer Förderung war die individuelle Notlage. Keinen Einfluss nahm hingegen die studierte Fachrichtung innerhalb der Archäologie. Die Antragstellung war außerdem unabhängig von einer DGUF-Mitgliedschaft möglich; DGUF-Mitglieder wurden bei der Vergabe nicht bevorzugt. Nach einem schwierigen Abwägungsprozess, der die Notlage und deren tatsächliche Corona-Bedingtheit in den Vordergrund stellte, konnten 16 der 18 Anträge bewilligt werden, d.h. 89 % aller Anträge und 82 % der beantragten Unterstützungssumme: 6x UFG, 3x Klass. Arch., 2x AMANZ, 2x "Archäologie", 1x Ägyptologie, 1x Provinzialrömische Archäologie und 1x Vorderorient. Archäologie. Dabei wurde bei 14 Anträgen die gesamte beantragte Summe bewilligt, bei 2 Bewilligungen wurden niedrigere Beträge als beantragt vergeben. Alle Antragsteller wurden inzwischen unterrichtet und das Geld überwiesen – da die Not akut ist, konnte weder bei der Aktion noch bei deren Abwicklung gezaudert werden. Dankesschreiben unterstreichen, dass das Geld hochwillkommen war, es aber auch um mehr als die reine Geldzahlung ging. So schrieb ein Studierender: "Ich möchte mich aus tiefstem Herzen bedanken! Es fällt mir schwer in Worte zu fassen, wie sehr ich mich darüber freue und wie dankbar ich bin. Ich werde mich nun wieder auf mein Studium konzentrieren können, ohne zu viel an Geld oder die Umstände denken zu müssen." Eine Studierende schrieb: "Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr es mich freut und wie viel mir der Betrag hilft! Von tiefstem Herzen: vielen Dank! Ich bin überglücklich und das macht mir einiges sehr viel einfacher! Ich danke für diese Aktion und wünschte, ich hätte auch spenden können." Im DGUF-Vorstand sind wir überrascht und sehr berührt, wie viel handfeste Unterstützung in so kurzer Zeit zusammengekommen ist, und wie viel Gutes und Sinnvolles man erreichen kann, wenn man - ggf. auch unkonventionell - zusammenspannt und beherzt zupackt. Ein ganz herzlicher Dank an alle Spenderinnen und Spender!

https://www.dguf.de/dgufnothilfe.html

 

1.2        Aus ethischen Gründen ausschließlich online: DGUF-Tagung 2020 "Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?" am 20. September

Der DGUF-Vorstand hat beschlossen, die geplante Jahrestagung am 20.9. als Online-Tagung zu veranstalten und aus ethischen Gründen auf die Präsenztagung in Kiel zu verzichten. Sehr lange haben wir als Veranstalter gezögert, haben jede positive Veränderung der Corona-Lage (nicht nur wegen der Tagung!) mit Freude und Hoffnung verfolgt. Vermutlich (aber nicht sicher) wäre eine Tagung unserer avisierten Größe im September behördlich auch erlaubt. Doch gerade die Lockerungen und Nachrichten der 2. Mai-Hälfte sowie das wachsende Wissen um die Infektionswege (Aerosole wirksamer denn Tröpfcheninfektion) haben gezeigt, dass Veranstaltungen mit vielen Personen in geschlossenen Räumen weiterhin mit einem hohen Gesundheitsrisiko verbunden sind – selbst in größeren Räumlichkeiten als im beengten Flandernbunker. Wir wollen uns nicht in die Gefahr begeben, eine zwar sozial sehr erwünschte "analoge" Tagung mit vielen – auch ersehnten – persönlichen Begegnungen durchgeführt zu haben, dabei aber potenziell zum "Superspreader" zu werden. Selbst wenn wir Alle bereit wären, das (vermutlich kleine) persönliche Risiko auf uns zu nehmen: Wie steht es um unsere nahen Angehörigen oder Arbeitskollegen, an die wir im schlimmen Fall unsere Infektion weitergäben und die womöglich sogar zur Risikogruppe gehören? Wir müssen diese Last und Verantwortung von unseren Schultern nehmen, wir müssen sie aber auch allen Vortragenden und Teilnehmenden von der Schulter nehmen. Daher: wir freuen uns auf eine gut organisierte und inhaltlich gehaltvolle Online-Tagung in sicheren und stressarmen äußeren Verhältnissen! Denn nur verantwortungsvolles Handeln und persönliche Sicherheit lassen uns den Kopf frei haben für die Konzentration auf die wichtigen Inhalte, die wir behandeln wollen.

 

So sieht der neue Plan für die DGUF-Tagung aus

Die Tagung findet wie geplant am 20. Sept. statt – inkl. der üblichen Riten wie Tagungsanmeldung, Veröffentlichen eines Vortragsprogramms. Die Tagungsteilnahme ist kostenlos. Wir bitten alle Vortragenden, uns bis spätestens zum So., 13. Sept. eine Schriftfassung (Entwurf) ihres Vortrags und ggf. auch ihrer Präsentation zu übermitteln. Diese Unterlagen gehen zeitnah an alle angemeldeten Tagungsteilnehmer, damit sie zum 20. Sept. bereits von allen Teilnehmern gelesen und durcharbeitet sind. Am 20. Sept. findet die Veranstaltung dann für alle angemeldeten Tagungsteilnehmer als Online-Konferenz statt, und zwar in Zeitblöcken zu max. eineinhalb Stunden Dauer, mit einer anschließenden auskömmlichen Pause. Denn die aktuellen Erfahrungen in vielen Teams und im laufenden Sommersemester zeigen, dass "Dauer-Zoomen" sehr zehrend und ermüdend ist. Die Vortragenden fassen ihren "Vortrag" – der ja schriftlich vorliegt – zusammen, stellen das Wesentlichste heraus, so dass viel Zeit in die Debatte fließen kann.

 

Publikation der Vorträge bis Ende 2020/Anfang 2021

Die Vorträge und sich daraus entwickelnde Debatten werden im Anschluss an die Tagung, trotz der dann knappen Zeit, noch im Jahrgang 2020 in den "Archäologischen Informationen" veröffentlicht werden, weshalb die Manuskripteinreichung auf den 30. Sept. 2020 terminiert ist. Um die Vorträge gebündelt im Oktober prozessieren zu können, haben die Herausgeber der Zeitschrift schon jetzt begonnen, interne Arbeitsabläufe dahingehend auszurichten.

 

Für die Vortragenden bedeutet dies, dass ihre Beiträge auf der Tagung im Kollegenkreis eingehend debattiert werden und die daraus resultierenden Anregungen, Hinweise und Meinungsbilder noch für die finale, zur Veröffentlichung vorgesehene Fassung berücksichtigt werden können. Für die Tagungsteilnehmer bedeutet dies, dass ihr Input am 20. Sept. eine wichtige Rolle spielt und dass die Ergebnisse der Tagung dann wenige Monate später schon auch als Veröffentlichung greifbar sein werden. Denkbar ist auch, für weitergehende Diskussionen mit dem seit langen Jahren bewährten Debattenformat "Forum" in den Archäologischen Informationen zu arbeiten.

 

Die Verluste der sozialen Qualitäten einer analogen Tagung vermag die neue Planung nicht völlig auszugleichen, doch die wissenschaftliche Qualität kann aufrechterhalten werden.

"DGUF-Tagung 2020: Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?":

https://www.dguf.de/496.html

 

1.3        Deutscher Studienpreis für Archäologie 2020 für David N. Matzig M.A.

David Matzig erhält für seine an der Universität Kiel erstellte Masterarbeit den diesjährigen Deutschen Studienpreis für Archäologie. Seine Arbeit "Zur computerbasierten Identifikation archäologischer Fundstellen auf Ackerbauflächen mittels multispektraler Satellitenbilder" hat zum Ziel, anhand frei zugänglicher Satellitendaten archäologisch relevante Bewuchsmerkmale zu identifizieren und semiautomatisiert zu klassifizieren. Die Preisverleihung findet am 20.9. im Rahmen der DGUF-Tagung statt, die Laudatio hält Prof. Dr. Raiko Krauß.

https://www.dguf.de/511.html

 

1.4        Neu: Dietrich K. Hartmann, "Die ehemalige katholische Pfarrkirche St. Georg in Burladingen" (Archäologische Berichte, 33)

Die ehemalige Pfarrkirche St. Georg in Burladingen auf der Zollernalb (Baden-Württemberg) ist in ihrem heutigen Erscheinungsbild ein Bau des Spätbarock. Die im Jahr 1982 vorgenommenen archäologischen Untersuchungen wiesen jedoch eine Reihe von Vorgängerbauten nach, der älteste aus dem 8. Jh. Die detaillierte Auswertung der Grabung zeigt das für die Schwäbische Alb typische Bild einer ländlichen Kirche. Dem einfachen frühmittelalterlichen Kirchenbau, der seinerseits auf einem bereits bestehenden Friedhof errichtet wurde, folgen mehrere hoch- und spätmittelalterliche Bauphasen, bevor in der frühen Neuzeit ein grundlegender Neubau zum heutigen Aussehen führte. Die für eine Kirchengrabung ungewöhnlich hohe Anzahl von Funden – insbes. Keramik – bietet eine willkommen Ergänzung des bisher für diesen Raum eher spärlich bekannten Materials. Die Monografie ist eine Fallstudie, die den vom selben Autor erarbeiteten und 2019 publizierten Überblick über die Entwicklung der Dorfkirchen im ehem. Bistum Konstanz (Arch. Ber. 32) ergänzt.

Hartmann, D. K. (2019): "Die ehemalige katholische Pfarrkirche St. Georg in Burladingen" (Archäologische Berichte, 33). 325 Seiten (inkl. 4 Tabellen, 62 Abb. u. 42 Taf.). Gedruckte Ausgabe: ISBN 978-3-945663-07-3. Softcover. 59 Euro, für DGUF-Mitglieder 38 Euro. Kerpen-Loogh: DGUF.

Direkt zur Online-Ausgabe: https://books.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum/catalog/book/653

 

1.5        Neu: "Archäologische Informationen" unter OJS mit stark verbesserter Suche

Der DGUF-Partner Propylaeum /UB Heidelberg ist dabei, die Funktionalitäten der Plattform OJS, unter der alle Zeitschriften gehostet werden, zu verbessern und zu erweitern. In diesem Kontext wurde die Artikelsuche neu programmiert und für die DGUF-Zeitschrift "Archäologische Informationen" implementiert. Die neue Suchmaske bietet nun vier Eingabefelder an, in denen man via Pull-Down-Menü wahlweise gezielt nach Autor, Titel oder Schlagwort suchen kann oder auch offen in "Metadaten und Volltext", also in den Volltexten der Aufsätze! Ein kleiner, ungemein wertvoller Button rechts oberhalb der Suchfelder heißt "Hilfe": Er klappt die Erklärung auf, dass und wie sich Suchbegriffe per Boolschen Operatoren verknüpfen lassen, also eine suchende Verbindung als "und", "oder" sowie "nicht" zulassen. Die Anzeige der Ergebnisse kann dann wiederum nach Name, Titel, Datum oder Relevanz sortiert angezeigt werden. Nach kurzem Einüben bietet diese Suche ein mächtiges Werkzeug, zielgenau in den Inhalten der Archäologische Informationen zu recherchieren.

Artikelsuche Archäologische Informationen: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/search/results

 

1.6        Jetzt publiziert: EvaBA 2 – Löhne und Gehälter in der deutschen Archäologie: Fast ein Viertel der Archäologen mit wiss. Hochschulabschluss arbeitet im öff. Dienst mit einer niedrigeren Eingruppierung als es ihrem Abschluss nach angemessen wäre; befristete Verträge sind v. a. im öff. Dienst an der Tagesordnung: Unis & Co. mehr als 70 %, staatl. Bodendenkmalpflege 55 % Befristungen; Festanstellungen sind das Hauptbeschäftigungsverhältnis in der privatwirtschaftl. Archäologie, befristete Arbeitsverträge werden dort meist verlängert; im Mittel erhalten die Kollegen im öff. Dienst für gleiche Arbeit um ca. 30 % höhere Bruttogehälter als in der privatwirtschaftl. Archäologie, auf der Ebene der wiss. Grabungsleiter liegt die Differenz sogar bei 60 %; TV-L-13-Archäologen bewegen sich nur wenig oberhalb des dt. Durchschnittslohns; in berüchtigten Niedriglohnsektoren (z.B. Logistik, Systemgastronomie) wird oft mehr verdient als bei Grabungshelfern oder Grabungsfacharbeitern in der privatwirtschaftl. Archäologie.

Die längste Überschrift des DGUF-Newsletters seit dem Start vor mehr als acht Jahren erhält dieser Bericht. Denn wir wetten, dass Sie mindestens eines der Ergebnisse überrascht hat. Doch zum Thema: Was verdient man als Archäologe? Eine gewiss oft gestellte Frage, die sich für Archäologen im öffentlichen Dienst leicht beantworten lässt: Die weit überwiegende Mehrheit der Kollegen ist nach TV-L 13 (bzw. TVöD 13) eingruppiert und erhält damit auf mittlerer Erfahrungsstufe ca. 4.560 € brutto pro Monat. Für diese Erkenntnis hätte es keiner DGUF-Umfrage "Evaluation Beruf Archäologie" (EvaBA) bedurft! Doch der neueste Bericht des EvaBA-Auswertungsteams Frank Siegmund, Michaela Schauer und Diane Scherzler – für den insgesamt 517 aktiv Berufstätige aus allen Branchen der Archäologie berücksichtigt werden konnten – zeigt, dass es dann doch nicht ganz so einfach ist. Nach dem Bericht EvaBA 2 arbeitet fast ein Viertel aller Archäologen mit wissenschaftlichem Hochschulabschluss im öffentlichen Dienst in einer niedrigeren, ihrem Ausbildungsstand (BA, MA, Promotion etc.) nicht angemessenen Eingruppierung, oft nach TV-L 9b – das macht 1.185 € /Monat weniger als das o.g. Gehalt. Zudem sind knapp ein Drittel der Angestellten im öffentlichen Dienst einer geringeren Erfahrungsstufe zugeordnet, als es ihre in der Umfrage ebenfalls abgefragte Berufserfahrung erwarten lässt. Auch das Thema Befristungen überrascht: Quer durch die Archäologie-Branchen arbeiten 43 % aller EvaBA-Teilnehmer auf Basis einer befristeten Anstellung. Was hilft ihnen ein ggf. auskömmliches Gehalt, wenn der Vertrag bald wieder endet, für Viele schon nach einem Jahr? Klar, die meisten befristeten Verträge gibt es in den Grabungsfirmen, möchte man entsprechend den bisherigen Klischees denken. Doch weit gefehlt! EvaBA 2 zeigt, dass Grabungsfirmen nur mit ca. 20 % befristeten Arbeitsverträgen arbeiten. Die hohe Befristungsquote ist eher eine Spezialität des öffentlichen Dienstes. Nicht nur an Universitäten und Forschungsinstituten, wo diese Quote bei über 70 % liegt, sondern auch in der staatlichen Bodendenkmalpflege mit 55 % Befristungen! EvaBA kann sogar aufzeigen, woran das liegt: In Bundesländern, in denen Verursachergrabungen vor allem von Grabungsfirmen ausgeführt werden, beträgt der Anteil befristeter Arbeitsverträge bei der staatlichen Bodendenkmalpflege 33 % – gegenüber 77 % in den Bundesländern, in denen keine Grabungsfirmen tätig sind. Nicht zuletzt: befristete Arbeitsverträge in der Privatwirtschaft haben gute Verstetigungs-Chancen, während Befristungen im öffentlichen Dienst – Stichworte Kettenvertrag und Wissenschaftszeitvertragsgesetz – bald in eine Sackgasse führen. Den Karriereweg also auf die privatwirtschaftliche Archäologie ausrichten, die aktuell immerhin ca. die Hälfte des gesamten Arbeitsmarktes ausmacht (Siegmund & Scherzler, 2019) und wo die Arbeitsplätze sicherer sind? Das wäre ein vernünftiger Plan, gälte der Grundsatz: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Doch das Gehaltsniveau in der privatwirtschaftlichen Archäologie ist erschreckend niedrig. Im Mittel erhalten die Kollegen im öffentlichen Dienst um ein Drittel höhere Bruttogehälter, auf der Ebene der wissenschaftlichen Grabungsleiter liegt die Differenz sogar bei 60 %. In der nun veröffentlichten Studie EvaBA 2 wird über das Fach hinausgeblickt, die Gehälter von Archäologen auch mit der Welt jenseits der Archäologie verglichen. Hierbei wird deutlich, dass sich auch vermeintlich gut verdienende, im öffentlichen Dienst tätige TV-L-13-Archäologen nur wenig oberhalb des bundesdeutschen Durchschnittslohns bewegen, und dass in berüchtigten Niedriglohnsektoren (z. B. Logistik, Systemgastronomie) oft mehr verdient wird als von Grabungshelfern oder Grabungsfacharbeitern in der privatwirtschaftlichen Archäologie. Im Hinblick auf das Gehalt besonders durchwachsen ist der Bereich der Selbstständigen und Freiberufler, von denen ein Viertel gut verdient, ein Viertel aber nur knapp über Mindestlohn liegt. Die immer wieder fachöffentlich geäußerte These einzelner, im öffentlichen Dienst beruflich etablierter Archäologen: "Es gibt kein Prekariat in der deutschen Archäologie!" wird durch die Ergebnisse von EvaBA 2 klar widerlegt, und zwar im Hinblick auf das Thema Befristungen sogar für die Archäologie im öffentlichen Dienst. Mehr noch: der (auch) bei EvaBA 2 vorgenommene Blick allein auf das Gehalt ist eine (bewusste und notwendige) Dekontextualisierung. Denn die im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitgeberleistungen – wie Zuschüsse zur Kranken- und Rentenversicherung, zur betrieblichen Altersvorsorge, sechs Wochen bezahlter Urlaub, Bildungsurlaub und nicht zuletzt ein voll ausgestatteter Arbeitsplatz – sind (viel) Geld wert, das z. B. ein Freiberufler/Werkvertragsnehmer aus seinen Honoraren erwirtschaften muss. Sein Honorar – so eine Faustformel – sollte mindestens das Doppelte pro Stunde betragen wie der reine Lohn eines im öff. Dienst Angestellten. Umso erschreckender die reinen Gehaltsunterschiede zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft, die jetzt erstmals handfest offenliegen. EvaBA 2 ist als Preprint im Open Access frei verfügbar.

Siegmund, F., Schauer, M. & Scherzler, D. (2020). Löhne und Gehälter in der deutschen Archäologie. Auswertung der DGUF-Umfrage „Evaluation Beruf Archäologie“, 10.6.2019 - 31.10.2019 (EvaBA 2). DGUF-Preprint, online publiziert 28. Mai 2020. https://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/EvaBA/DGUF-Dok_Preprint_EvaBA_2_Loehne-und-Gehaelter.pdf

Mehr zum Projekt "Evaluation Beruf Archäologie" (EvaBA): https://www.dguf.de/evaba.html

Siegmund, F., Scherzler D. & Schauer, M. (2020). DGUF-Umfrage „Evaluation Beruf Archäologie“, 10.6.2019 - 31.10.2019: Durchführung und Teilnehmer der Umfrage (EvaBA 1). DGUF-Preprint, online publiziert 23. März 2020. https://www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Schauer-etal.pdf

Gehaltstabellen öff. Dienst: http://oeffentlicher-dienst.info/

Siegmund, F. & Scherzler, D. (2019). Die derzeitige Wirtschaftslage in der privatwirtschaftlichen Archäologie Deutschlands – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2019. Archäologische Informationen 42, 79-98: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/69349

 

1.7        DGUF unterzeichnet Aufruf "Aus der Krise lernen: Digitale Zivilgesellschaft stärken!"

Im Mai 2020 hat die DGUF einen Aufruf von z. Zt. 80 namhaften NGOs und Bürgerwissenschafts-Gesellschaften unterzeichnet, die ein Lernen aus der Corona-Krise fordern. Der Lockdown und die Verlagerung weiter Lebenssphären in den digitalen Raum hätten, so dieser Aufruf, den großen kommerziellen Technologiekonzernen unnötig hohe Marktanteile und viel staatliches Geld zugespült. Der Aufruf fordert stattdessen: "Der Aufbau eines gemeinwohlorientierten digitalen Ökosystems muss endlich politische Priorität bekommen!" Dies wird in vier Punkten genauer spezifiziert: (1) Öffnung der Digitalpolitik für gesellschaftlichen Input, (2) Gezielte Förderung, (3) Öffentliches Geld, öffentliches Gut, und (4) Entwicklung öffentlicher digitaler Infrastruktur. Es gehe darum, die digitale Souveränität der Zivilgesellschaft (und auch des Staates) zu erlangen, Betreibermonopole abzubauen und offene Standards, Freie- und Open-Source-Software-Technologien konsequent einzusetzen. Die DGUF erhebt seit langen Jahren zu diesen Themen nicht nur Forderungen, sondern ist vielmehr mit handfesten Projekten in diesem Sinne tätig ist, verändert sich und übt Veränderungsdruck aus. Gerade angesichts der erfreulichen (!) Förderung von Digital Humanities und des Aufbaus einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur ist es auch für die Archäologie von Bedeutung, Geld und Elan achtsam in die Richtung der o. g. Forderungen zu steuern.

Aufruf "Aus der Krise lernen: Digitale Zivilgesellschaft stärken!": https://digitalezivilgesellschaft.org/

 

1.8        Unter den DGUF-Rezensionsangeboten: Robert Hosfield, The Earliest Europeans – a Year in the Life: Survival Strategies in the Lower Palaeolithic

Unter den zahlreichen Bänden, welche die Herausgeber der "Archäologischen Informationen" zur Rezension ausschreiben, sei diesmal der im Mai erschienene Band "The Earliest Europeans – a Year in the Life: Survival Strategies in the Lower Palaeolithic" hervorgehoben. Das gut 400 Seiten starke Buch von Robert Hosfield, Universität Reading, ist der fünfte Band der Reihe "Oxbow Insights in Archaeology". Aus dem Klappentext: "How sustained and ‘successful’ were the individual phases of European occupation by Lower Palaeolithic hominins and what sorts of ‘human’ where they? Using a season-by-season chapter structure to explore, for example, the contrasting demands and opportunities of winter versus summer survival, Hosfield explores how foods and other resources would vary across the four seasons in quantity and quality, and the resulting implications for hominin behaviours. Text boxes provide the background on key issues, and the book draws on a range of supporting evidence including technology (e.g. the nature of Lower Palaeolithic stone tools; the evidence for organic tools), hominin life history (e.g. the length of infant dependency; the nature of ‘parenting’; the implications of different mating models; the Social Brain Hypothesis), cognitive studies (e.g. brain scanning research into possible planning capabilities) and potential bias in the archaeological record (e.g. in terms of what is and isn’t preserved). By testing the likelihood of different scenarios by comparing short-term, site-based insights with long-term, regional trends, Hosfield is able to put forward ideas on how our earliest European ancestors survived and what their lives were like." - Wenn Sie Interesse an einer Rezension haben, richten Sie bitte Ihre Anfrage mit Ihrer vollständige Postanschrift sowie einer kurzen Begründung, weshalb Sie dieses Werk besprechen wollen, an: editor@dguf.de.

Alle Rezensionsangebote der "Archäologischen Informationen" mit weiteren Informationen zu Modalitäten und Ablauf: http://www.dguf.de/fileadmin/user_upload/publikationen/AI/DGUF-Dok_Arch-Inf_Rezensionsangebote.pdf

Mehr zum Buch: https://www.oxbowbooks.com/oxbow/the-earliest-europeans-a-year-in-the-life.html

 

2         Forschung

2.1        Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"

Mischka, D. (2020). Rezension zu: Zeeb-Lanz, A. (ed.) (2019). Ritualised Destruction in the Early Neolithic – the Exceptional Site of Herxheim (Palatinate, Germany). (Forschungen zur Pfälzischen Archäologie, 8.2). Speyer: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 28. Mai 2020.

Baysal, E. L. (2020). Review of: Querré, G., Cassen, S. & Vigier, E. (eds) (2019). La parure en callaïs du Néolithique européen. Oxford: Archaeopress. Archäologische Informationen, Early View, published online 27 May 2020.

Ducke, B. (2020). Rezension zu: Iacono, Fr. (2019). The Archaeology of Late Bronze Age Interaction and Mobility at the Gates of Europe People. Things and Networks around the Southern Adriatic Sea. London: Bloomsbury Academic. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 6. Mai 2020.

Steinmetz, W.-D. (2020). Rezension zu: Knoll, F. (2018). Rot, Weiß, Schwarz – Die Wandmalerei Mitteldeutschlands während der späten Bronze-/frühen Eisenzeit (1300-450 v.Chr.) im europäischen Kontext. (Veröffentlichungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte, 75). Halle /Saale: Landesamt f. Denkmalpflege u. Archäologie Sachsen-Anhalt. Archäologische Informationen 43, Earyl View, online publiziert 5. Mai 2020.

Binder, M. (2020). Review of: Steckel, R. H., Larsen, C. S., Roberts, C. A. & Baten, J. (eds) (2019). The Backbone of Europe: Health, Diet, Work, and Violence over Two Millennia. (Cambridge Studies in Biological and Evolutionary Anthropology, 80). Cambridge: Cambridge University Press. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 5 May 2020.

Hussain, Sh. T., Matzig, D. N. & Riede, F. (2020). Review of: Gillings, M., Hacıgüzeller, P. & Lock, G. (eds) (2019). Re-Mapping Archaeology. Critical Perspectives, Alternative Mappings. London: Routledge. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 4 May 2020.

http://www.dguf.de/earlyview.html

 

2.2        Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien

"Material and genetic resemblance in the Bronze Age Southern Levant" (Universität Wien, 28.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/uov-mag052820.php

"Who were the Canaanites? New insight from 73 ancient genomes" (Cell Press, 28.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/cp-wwt052120.php

"Menschliche Mobilität und die frühen Staaten im Vorderen Orient. Archäogenetische Analysen an prähistorischen Menschen aus Anatolien, der nördlichen Levante und des Südkaukasus beleuchten die Bevölkerungsdynamik von der Jungsteinzeit bis zur Bronzezeit" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 28.5.): https://www.shh.mpg.de/1708395/anatolian-dna

"4,000 years of contact, conflict & cultural change had little genetic impact in Near East. Only three periods had lasting effect on genetics of local people in Beirut" (Wellcome Trust Sanger Institute, 28.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/wtsi-4yo052720.php

"Genomic analysis shows long-term genetic mixing in West Asia before world's first cities

International team provides some of the earliest genetic glimpses at the movement and interactions of populations in West Asia 8,500 years ago" (Harvard University, 28.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/hu-gas052720.php

"Initial Upper Paleolithic technology reached North China by ~41,000 years ago. Refined dating techniques provide method to discern spread of new culture across Asia" (PLOS, 27.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/p-iup052120.php

"Neue C14-Daten stellen Datierung der griechischen Antike in Frage" (ÖAW, 27.5.): https://www.oeaw.ac.at/detail/news/neue-c14-daten-stellen-datierung-der-griechischen-antike-in-frage/

"Information technology played key role in growth of ancient civilizations" (Washington State University, 27.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/wsu-itp052620.php

Taunus: " Neu entdeckter Grabhügel und zwei Steinbeile schreiben die Geschichte der 6000 Jahre alten Besiedlung des Kapellenbergs um" (RGZM, 26.5.): https://web.rgzm.de/a/article/neu-entdeckter-grabhuegel-und-zwei-steinbeile-schreiben-die-geschichte-der-6000-jahre-alten-besiedlun-1/

"Ear infections discovered in remains of humans living in Levant 15,000 years ago" (American Friends of Tel Aviv University, 26.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/afot-eid052620.php

"Wüstungsarchäologie in der Oberpfalz 1858" (Archaeologik, 26.5.): https://archaeologik.blogspot.com/2020/05/wustungsarchaologie-in-der-oberpfalz.html

"Frauen mit Neandertaler-Gen bringen mehr Kinder zur Welt. Die Neandertaler-Variante des Progesteron-Rezeptors wirkt sich günstig auf die Fruchtbarkeit aus" (Max-Planck-Gesellschaft, 26.5.): https://www.mpg.de/14878846/0526-evan-019609-frauen-mit-neandertal-gen-bringen-mehr-kinder-zur-welt

"Langbogen aus dem Mittelalter genauso tödlich wie heutige Infanteriewaffen" (Stern, 23.5.): https://www.stern.de/digital/technik/langbogen-aus-dem-mittelalter-genauso-toedlich-wie-heutige-infanteriewaffen-9275114.html

"‘There are too many’: bones of 60 mammoths found in Mexico. Archaeologists face surfeit of mammoths after bones found at airport under construction north of Mexico City" (The Guardian, 22.5.): https://www.theguardian.com/world/2020/may/22/mexico-city-mammoth-bones-found

Schnurkeramik: "Erstmals Siedlung aus indogermanischer Frühzeit in Tschechien gefunden" (Radio Prague International, 21.5.): https://www.radio.cz/de/rubrik/tagesecho/erstmals-siedlung-aus-indogermanischer-fruehzeit-in-tschechien-gefunden

"European Ice Age Hunters Ate Wolf Meat, Say Scientists" (Science in Poland, 21.5.): http://scienceinpoland.pap.pl/en/news/news%2C82346%2Ceuropean-ice-age-hunters-ate-wolf-meat-say-scientists.html

Neolithikum: "A game of cat and mouse: new study reveals Europe’s earliest house mouse…. followed swiftly by the house cat" (University of York, 21.5.): https://www.york.ac.uk/archaeology/news-and-events/news/external/news-2020/agameofcatandmousenewstudyrevealseuropesearliesthousemouse/

"Älteste genetische Verbindung zu Ureinwohnern Amerikas nahe des Baikalsees in Sibirien entdeckt. Neu sequenzierte Genome prähistorischer Jäger und Sammler aus der Baikalregion offenbaren genetische Verbindung zu den ersten Amerikanern und zwischen Bevölkerungsgruppen quer durch Eurasien" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 20.5.): https://www.shh.mpg.de/1703362/oldest-connection-with-native-americans-identified-near-lake-baikal-in-siberia

"Supercomputer model simulations reveal cause of Neanderthal extinction" (Institute for Basic Science, 20.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/ifbs-sms052020.php

"Recycling im antiken Pompeji: Näher, mein Müll, zu mir" (FAZ, 20.5.): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/recycling-im-antiken-pompeji-muellhaufen-lagen-auf-den-friedhoefen-16777622.html

Bayern: "'Volltreffer' auf der Schulsportanlage: Spätantikes Grab in Oberding gefunden" (Merkur, 19.5.): https://www.merkur.de/lokales/erding/oberding-ort29189/oberding-spaetantikes-grab-auf-schulsportanlage-gefunden-13769314.html

Ägypten: "Außergewöhnliches Grab in Oxyrhynchos entdeckt" (Selkets Blog, 19.5.): https://blog.selket.de/aus-der-archaeologie/aussergewoehnliches-grab-in-oxyrhynchos-entdeckt

"Carbon dating, the archaeological workhorse, is getting a major reboot. A long-anticipated recalibration of radiocarbon dating could shift the age of some prehistoric samples hundreds of years" (Nature, 19.5.): https://www.nature.com/articles/d41586-020-01499-y

"New study records dual hand use in early human relative" (University of Kent, 18.5.): https://www.kent.ac.uk/news/environment/25455/new-study-records-dual-hand-use-in-early-human-relative

"Schätze aus der Kühltruhe: Über den Lendbreen-Pass in Norwegen führte einst ein wichtiger Wikinger-Pfad. Wegen des Klimawandels schmilzt das Eis und gibt uralte Wanderstöcke, Tierschädel, Schneeschuhe für Pferde und vieles andere frei" (Süddeutsche, 18.5.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/archaeologie-norwegen-wikinger-lendbreen-pass-1.4909185

"So hart war das Leben der ersten Berliner. Schon vor knapp 1000 Jahren zog es Siedler in die heutige Hauptstadtregion. Knochenanalysen zeigen, wie Hunger, Krankheiten und Gewalt das Leben der Menschen beherrschten" (Spiegel, 15.5.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/archaeologie-so-hart-war-das-leben-der-ersten-berliner-a-00000000-0002-0001-0000-000170923549

Paläolithikum: "Researchers trace evolution of self-control" (University of York, 15.5.): https://www.york.ac.uk/archaeology/news-and-events/news/external/news-2020/researcherstraceevolutionofself-control

Graubünden/19. und 20. Jh.: "Ausgrabungen Anstaltsfriedhof - Einblick in den Gesundheitszustand von Zwangsverwahrten" (SRF, 14.5.): https://www.srf.ch/news/regional/graubuenden/ausgrabungen-anstaltsfriedhof-einblick-in-den-gesundheitszustand-von-zwangsverwahrten

"Early humans thrived in this drowned South African landscape. The Paleo-Agulhas Plain had diverse, verdant ecosystems and abundant game" (University of California Riverside, 14.5.): https://news.ucr.edu/articles/2020/05/14/early-humans-thrived-drowned-south-african-landscape

Schussenrieder Kultur: "Das Rätsel der großen Knöpfe. In einer Steinzeit-Siedlung bei Ulm haben Archäologen flache Scheibchen aus Kalk gefunden. Was war ihr Zweck?" (Süddeutsche, 14.5.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/archaeologie-das-raetsel-der-grossen-knoepfe-1.4907746

LiDAR: "Dozens of prehistoric, Roman and medieval sites discovered by archaeology volunteers working at home during lockdown" (University of Exeter, 13.5.): https://www.exeter.ac.uk/news/homepage/title_796334_en.html

"Study suggests remnants of human migration paths exist underwater at 'choke points'"

(University of Kansas, 12.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/uok-ssr051220.php

"Geometry guided construction of earliest known temple, built 6,000 years before Stonehenge. Hunter-gatherers built colossal Göbekli Tepe 11,500 years ago in today's Turkey as a single structure of ritual significance, say Tel Aviv University researchers" (American Friends of Tel Aviv University, 12.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/afot-ggc051220.php

"Pofatu: Neue Datenbank für geochemische „Fingerabdrücke“ von Artefakten" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 11.5.): https://www.shh.mpg.de/1689873/pofatu-database

"Norway To Excavate Viking Ship, First Time In 100 Years" (Forbes, 11.5.): https://www.forbes.com/sites/davidnikel/2020/05/11/norway-to-excavate-viking-ship-first-time-in-100-years

"Chemical evidence of dairying by hunter-gatherers in highland Lesotho in the first millennium AD" (University of Bristol, 11.5.): http://bristol.ac.uk/news/2020/may/hunter-gatherers-in-highland-lesotho.html

"Neandertals were choosy about making bone tools" (University of California – Davis, 8.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/uoc--nwc050820.php

"Ancient DNA paints genetic portrait of Andes civilizations" (University of Adelaide, 7.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/uoa-adp050720.php

"Größtes Römermosaik am Attersee entdeckt" (ORF, 7.1.): https://ooe.orf.at/stories/3047558/

"Verraten Tutanchamuns Grabbeigaben, wer seine Eltern waren?" (Selkets Blog, 6.5.): https://blog.selket.de/aus-der-forschung/verraten-tutanchamuns-grabbeigaben-wer-seine-eltern-waren

"Sensationsfund in Frankfurt: Von den Nazis zerstörte Synagoge entdeckt" (Frankfurter Neue Presse, 6.5.): https://www.fnp.de/frankfurt/frankfurt-zweiter-weltkrieg-sensationsfund-synagoge-nazis-zerstoert-13749495.html

Basel 1814: "Epidemie und Archäologie: Verlauste Truppen verbreiten das Fleckfieber" (Stadtgeschichten Basel, 6.5.): https://www.stadtgeschichtebasel.ch/index/geschichten/2019-2020/01/epidemie_archaeologie.html

Eisenzeit: "Archaeologists in Denmark discover huge defensive structure from the past. Museum in Lolland estimates that the structure could have been upwards of 1,400 metres long" (The Copenhagen Post, 5.5.): http://cphpost.dk/?p=113819

"Demographic expansion of several Amazonian archaeological cultures by computer simulation. The study uses simulation techniques and shows that some cultural expansions from Amazonia during the late Holocene may have arisen from similar demographic processes to the Neolithic in Eurasia" (Universitat Barcelona, 5.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/upf--deo050520.php

"Forschungsgeschichte als Teil der archäologischen Quellenkritik" (Archaeologik, 4.5.): https://archaeologik.blogspot.com/2020/05/forschungsgeschichte-als-teil-der.html

"The Enduring Mystery of the Human-Horse Story. New archaeological research sheds light on early horse domestication" (Sapiens, 4.5.): https://www.sapiens.org/archaeology/horse-domestication-archaeology/

"Forscher durchleuchten 2600 Jahre alten unterirdischen Friedhof aus dem alten Ägypten. In Sakkara wurden Priester einer geheimnisvollen Schlangengöttin bestattet: Deutsch-ägyptisches Team untersucht Grabanlage mit modernsten Methoden und stößt immer wieder auf Überraschungen" (Universität Tübingen, 4.5.): https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/newsfullview-aktuell/article/forscher-durchleuchten-2600-jahre-alten-unterirdischen-friedhof-aus-dem-alten-aegypten/

"Tierreliefs in antiker Höhle im Sinai entdeckt" (Selkets Blog, 3.5.): https://blog.selket.de/aus-der-archaeologie/tierreliefs-in-antiker-hoehle-im-sinai-entdeckt

Mexiko: "After 12 years, a giant pre-Hispanic jar tells its story. Large urns discovered in Jalisco were used to make tejuino, a traditional corn beer" (Mexico News Daily, 1.5.): https://mexiconewsdaily.com/mexicolife/after-12-years-a-giant-pre-hispanic-jar-tells-its-story/

Lechlade-on-Thames (England): "4,200-year-old burial of Bronze Age chieftain discovered under UK skate park" (LiveScience, 1.5.): https://www.livescience.com/bronze-age-chieftain-burial.html

"Infectious disease modeling study casts doubt on impact of Justinianic plague. Work shows value of new examinations of old narratives of this pandemic" (University of Maryland, 1.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/uom-idm050120.php

"Halle (Saale): Rund 7200 Jahre alter Ritualort bei Bad Kösen entdeckt" (Süddeutsche, 1.5.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/archaeologie-halle-saale-rund-7200-jahre-alter-ritualort-bei-bad-koesen-entdeckt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200501-99-902847

"Israeli Archaeologists Find Hidden Pattern at ‘World’s Oldest Temple’ Göbekli Tepe. Neolithic hunter-gatherers who erected massive monoliths in central Turkey 11,500 years ago had command of geometry and a much more complex society than previously thought, archaeologists say" (Haaretz, 28.4.): https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-israeli-archaeologists-find-hidden-pattern-at-gobekli-tepe-1.8799837

 

2.3        Neue Methode zum Beleg malzbasierter Lebensmittel auch anhand verbrannter archäologischer Speisereste

Ein Forschungsteam rund um das Österreichische Archäologische Institut hat eine neue Methode entwickelt, um archäologische Belege von stark verarbeitetem Getreidemalz eindeutig zu identifizieren und damit auch einen der wichtigsten Schritte der Bierbereitung nachzuweisen. U. a. an verkohltem Material aus neolithischen Seeufersiedlungen in Mitteleuropa entdeckten die Wissenschaftler die Hinweise: Amorphe Speisekrusten aus der Grabung Parkhaus Opéra am Schweizer Zürichsee erwiesen sich als malzhaltig, ebenso zwei Funde aus Sipplingen-Osthafen und Hornstaad-Hörnle am Bodensee. Die Ergebnisse wurden in PLOS ONE veröffentlicht.

”Mashes to Mashes, Crust to Crust. Presenting a novel microstructural marker for malting in the archaeological record”, A. G. Heiss, M. Berihuete Azorín, F. Antolín, L. Kubiak-Martens, E. Marinova, E. K. Arendt, C. G. Biliaderis, H. Kretschmer, A. Lazaridou, H.-P. Stika, M. Zarnkow, M. Baba, N. Bleicher, K. M. Ciałowicz, M. Chłodnicki, I. Matuschik, H. Schlichtherle, S. M. Valamoti
PLOS ONE 2020. DOI: 10.1371/journal.pone.0231696

"Hinweise auf steinzeitliches Bierbrauen in Mitteleuropa" (ÖAW, 6.5.): https://www.oeaw.ac.at/detail/news/hinweise-auf-steinzeitliches-bierbrauen-in-mitteleuropa/

 

2.4        Conference talks "Queer Frontier: LGBTQ Research and Experiences in Archaeology" available online

How do LGBTQ archaeologists experience, navigate, and challenge the discipline? Is the past still dominated by heterosexual readings and narratives? If so, what can we do about it? A session at the 40th TAG Conference (Dec 2018) seeked to explore the experiences and research of LGBTQ archaeologists, as well as archaeologists who engage with queer theory. Three videos (with slides) are available now online on "Doug's Archaeology".

https://dougsarchaeology.wordpress.com/2020/05/06/queer-frontier-lgbtq-research-and-experiences-in-archaeology/

 

2.5        Kastbjerg Å - Entdeckung eines reichen frühkaiserzeitlichen Männergrabes

Das Ostjütlandmuseum Randers meldet den Fund eines reichen frühkaiserzeitlichen Männergrabes, das sozial etwas unterhalb der Fürstengräber des Typs Lübsow eingeordnet werden kann. Das bei einer Rettungsgrabung nahe Kastbjerg Å entdeckte, 2,2 x 1,5 m große, ca. 75 cm tiefe und steinumstellte Kammergrab enthielt ein Schwert, einen Schild, eine silberne Fibel, einen golden Fingerring und neun Tongefäße. Auf der Grabkammer standen weitere drei Tongefäße. Die geborgenen Funde werden nun in den Werkstätten des Museums Randers konserviert, um sie der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

"Kriger, guld og sværd – og en rystet arkæolog" (Museum Østjylland, 5.5.): https://museumoj.randers.dk/nyheder/kriger-guld-og-svaerd-og-en-rystet-arkaeolog/

Prunkgräber von Lübsow: https://de.wikipedia.org/wiki/Prunkgr%C3%A4ber_von_L%C3%BCbsow

Schuster, J. (2014). Bestattungen vom Lübsow-Typ als Kammergräber – ein Phantom? In A. Abegg-Wigg & N. Lau (Hrsg.), Kammergräber im Barbaricum (Schriften des Archäologischen Landesmuseums, Ergänzungsreihe, 9) Neumünster: Wachholtz. https://www.academia.edu/15208883/Bestattungen_vom_L%C3%BCbsow-Typ_als_Kammergr%C3%A4ber_-_ein_Phantom_In_A._Abegg-Wigg_N._Lau_eds._Kammergr%C3%A4ber_im_Barbaricum._Schriften_des_Arch%C3%A4ologischen_Landesmuseums_Erg%C3%A4nzungsreihe_9_Neum%C3%BCnster_Hamburg_2014_?auto=download

 

2.6        Wichtige Neuerscheinung: Lederfunde und Schusterwerkzeuge aus Einbeck, Niedersachsen

Die Literatur zu Lederfunden, insbesondere Schuhen und Trippen des Mittelalters, ist in Deutschland dünn gesät. Publikationen, die dem aktuellen Forschungsstand entsprechen (Volken, 2014), fehlen im Gegensatz etwa zu den Niederlanden vollständig, obwohl es in Deutschland wertvolle Fundkomplexe gäbe, die einer Bearbeitung wert wären - vor allem aus den großen Hansestädten. In diese Lücke zielt eine aktuelle Neuerscheinung: Das aufgrund des hohen Grundwasserstandes gut erhaltene Ledermaterial (Schuhe, Trippen, Schwert- und Messerscheiden, Sattelleder, Fäustlinge etc.) aus Einbeck (Niedersachsen), Grabung "Petersilienwasser", wird von einem ausgewiesenen Autorenteam vorgelegt. Den Kern der Arbeit liefert die Lederexpertin Marquita Volken, hinzu treten die beiden ehemaligen Stadtarchäologen von Einbeck, Andreas Heege und Stefan Teuber, die den archäologischen und stratigrafischen Hintergrund darlegen und ein Kapitel zu den bislang meist fehlinterpretierten Eisenbeschlägen von Trippen ("Ponyhufeisen") beisteuern. Eine weit über Einbeck hinaus relevante Neuerscheinung.

Marquita Volken (2014). Archaeological footwear. Development of shoe patterns and styles from Prehistory till the 1600's. Zwolle: SPA Uitgevers.

Marquita Volken, Andreas Heege, Stefan Teuber (2020). Einbeck-Petersilienwasser 2 - Lederfunde und Schusterwerkzeuge (Studien zur Einbecker Geschichte 19), Oldenburg 2020. 200 Druckseiten, 174 farbige Textabbildungen, Hardcover, ISBN 978-3-7308-1642-4, verlag@isensee.de. Inhaltsverzeichnis: https://www.academia.edu/43076512/Einbeck_Petersilienwasser_2_Lederfunde_und_Schusterwerkzeuge

 

2.7        Zur Konstruktion von Identitäten in einem Kulturraum und wie sich diese archäologisch erkennen lassen

Identität wird zumindest teilweise davon bestimmt, wo man lebt oder woher man stammt. Eine geografisch definierte Identität ist in der archäologischen Aufzeichnung erkennbar: Die Regionen einer Kulturgruppe unterscheiden sich in ihrer materiellen Kultur und ihren Praktiken, sind jedoch erkennbar miteinander verwandt. Unter diesen Identitätsvarianten unterscheide sich, so postulierte es eine Session auf der 40. Jahrestagung der TAG im Dezember 2018, die Identität an der Grenze deutlich von denen im Zentrum oder im Hinterland eines Kulturbereichs. Die Session "Location, Location, Location: Constructing Frontier Identity" konzentrierte sich auf die Dreiteiligkeit von Kern, Peripherie und Grenze und wie sich diese archäologisch unterscheiden lassen. Jetzt wurden die Vorträge mitsamt Vortragsfolien als Videos veröffentlicht.

Session "Location, Location, Location: Constructing Frontier Identity" (Doug's Archaeology, 27.5.): https://dougsarchaeology.wordpress.com/2020/05/27/location-location-location-constructing-frontier-identity/

 

2.8        Engare Sero, Lake Natron, Nord-Tansania: 408 Fußabdrücke der Zeit 19.100 - 5.760 v. H.

Es ist die bislang größte Anzahl von menschlichen Fußabdrücken, die je in Afrika dokumentiert wurde, gut konserviert in seinerzeit nasser Vulkanasche, die dann schnell austrocknete. Die Abdrücke lassen sich 17 gemeinsam in eine Richtung laufenden Spuren zuweisen, Menschen von 1,56 cm mittl. Körperhöhe, die mit 1,2 bis 1,5 m pro Sekunde gemeinsam gleich schnell in eine Richtung unterwegs waren. Die Gruppe bestand aus 14 erwachsenen Frauen, zwei erwachsenen Männern und einem Jüngling. Sechs weitere Fußspur-Reihen verlaufen in andere Richtungen, ihre Zusammengehörigkeit bleibt offen und ist eher unwahrscheinlich. Alle erschlossenen Spuren wurde sorgsam 3D-dokumentiert. Nun laufen Bemühungen, den Befund vor Ort zu erhalten. - Zugegeben, schon als Kind beim Indianer-Spielen war der Newsletter-Autor im Spurenlesen eine Niete, getröstet nur durch die Tatsache, dass ja sogar Old Shatterhand in dieser Sache gerne erfahrene Experten hinzuzog. Daher begegnet der Autor solch detaillierter Rekonstruktion des hinter den Spuren stehenden Geschehens mit einer Mischung aus staunender Bewunderung und hochgradiger Skepsis. Aber jetzt steht's ja in "Nature", zusammen mit Open Data und sogar dem R-Code zum Nachvollziehen der Analysen: da muss es wohl stimmen.

"Archaeology: Fossilized footprints suggest ancient humans divided labor" (Scientific Reports, 14.5.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-05/sr-aff050720.php

"Prehistoric human footprints reveal a rare snapshot of ancient human group behavior" (The Conversation, 14.5.): https://theconversation.com/prehistoric-human-footprints-reveal-a-rare-snapshot-of-ancient-human-group-behavior-138502

Hatala, K. G. et al. (2020). Snapshots of human anatomy, locomotion, and behavior from Late Pleistocene footprints at Engare Sero, Tanzania. Nature Scientic Reports 10, no. 7740 (2020): https://www.nature.com/articles/s41598-020-64095-0 (Open Access)

 

2.9        Frühes Jungpaläolithikum in der Bacho-Kiro-Höhle (Bulgarien) datiert auf 45.820 bis 43.650 v. H.

Ausgrabungen eines internationalen Teams unter Beteiligung des MPI für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben in der Bacho-Kiro-Höhle in Bulgarien eine Klingenindustrie des frühen Jungpaläolithikums erschlossen, die auf 45.820 bis 43.650 vor Heute datiert wird. Zugehörig sind wenige, kleinstückige Menschenreste, die nach aDNA-Analysen dem Homo sapiens zugeordnet werden können. Die Knochenwerkzeuge und Schmuckgegenstände erhärten diese Aussagen. "Aha, eine neue Fundstelle des Aurignacien, die etwas älter ist als bisherige Datierungen", möchte man denken und denkt der Schreiber dieser Zeilen auch weiterhin. Bestärkt wird er durch die geradezu plattitüdenhafte Schlagzeile der Pressemeldung des MPI: "Ältester Homo sapiens Europas lebte im Jungpaläolithikum". Ja wann denn sonst?!, muss man fragen. Denn, so Lehrmeinung schon früh im 20. Jahrhundert: der Homo Sapiens und das Jungpaläolithikum gehören eng zusammen, ebenso wie Neandertaler und das Mittelpaläolithikum. Eine "Sensation" (so der Spiegel) wird daraus nur, wenn man Altbekanntes neu benennt - nun also IUP "Initial Upper Paleolithic", und vor allem irgendwie die Kurve zum Neandertaler kriegt. Im vorliegenden Fall durch die schlichte Tatsache, dass die zeitliche Koexistenz von Homo sapiens und Neandertalern in Europa (um die wir ja längst wissen) nun ein paar wenige tausend Jahre länger dauerte als nach bisherigen Daten. Das war's, denn Neandertaler-Reste sind in der Bacho-Kiro-Höhle nicht nachgewiesen worden.

"Ältester Homo sapiens Europas lebte im Jungpaläolithikum. Wichtiger kultureller Übergang in Europa fand früher statt als bisher angenommen" (Max-Planck-Gesellschaft, 11.5.): https://www.mpg.de/14782878/0506-evan-019609-aeltester-homo-sapiens-europas-lebte-im-jungpalaeolithikum

Fewlass, H. et al. (2020). A 14C chronology for the Middle to Upper Palaeolithic transition at Bacho Kiro Cave, Bulgaria. Nature ecology & evolution (11.5.2020): https://www.nature.com/articles/s41559-020-1136-3

Huiblin, J.-J. et al. (2020). Initial Upper Palaeolithic Homo sapiens from Bacho Kiro Cave, Bulgaria. Nature, 581, 299-302 (11.5.2020): https://www.nature.com/articles/s41586-020-2259-z

"Sensationsfund in Bulgarien: Älteste europäische Überreste des modernen Menschen entdeckt" (Spiegel, 11.5.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/bulgarien-aelteste-europaeische-ueberreste-des-modernen-menschen-entdeckt-a-95d8a339-25ad-4feb-b0b9-2b3813ff5a9f

 

2.10    Fast vollständig erhaltener Waldelefant aus Schöningen

Die Forschungsgruppe vom Senckenberg-Zentrum für menschliche Evolution und Paläoumwelt der Universität Tübingen, kooperierend mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, hat nun den Fund eines ungewöhnlich vollständigen Waldelefanten aus dem Schöninger Tagebau vorgestellt. Das Skelett wird auf ca. 300.000 v. H. datiert. Das Tier starb am damaligen Seeufer im Flachwasser, daher die gute Erhaltung. Offen bleibt die Frage, ob es einer natürlichen Todes starb. Absplisse von Feuerstein wurden nahe der Knochen gefunden, doch nun gilt es, jede Knochenoberfläche sorgsam auf Bissspuren von Raubtieren und/oder Schnittspuren o. ä. zu untersuchen, denn nur so könnte ein Zusammenhang des Skeletts mit menschlichen Aktivitäten erwiesen werden.

"300.000 Jahre alter Elefant aus Schöningen fast vollständig erhalten. Was am Seeufer geschah: Archäologen dokumentieren Spuren von Steinzeitmenschen und Fußabdrücke von Elefanten" (Universität Tübingen, 19.5.): https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/300000-jahre-alter-elefant-aus-schoeningen-fast-vollstaendig-erhalten/

 

2.11    Wieder mal neu gedeutet: die 30 cm hohe Elfenbeinfigur aus dem Hohlenstein-Stadel

Der Geologe Otto Völzing fand im August 1939 bei Grabungen im Hohlenstein-Stadel (Alb-Donau-Kreis) in aurignacien-zeitlichen Schichten Reste einer Elfenbeinfigur. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beendete Grabung wie Beschäftigung mit den Funden. 1969 entdeckte Wolfgang Hahn die vergessenen Reste und puzzelte sie zusammen, zu einer "männlichen Elfenbeinstatuette". Seitdem folgen neue Restaurierungen, Anfügungen neuer Stücke, neue Deutungen usw. usf. Aktuell wird die Figur im Ulmer Museum als "Löwenmensch" angesprochen, eine Männerstatuette mit Löwenkopf. Noch spannender, aber keinesfalls einfacher wurde die Sachlage, als 2009 bei Nachgrabungen der Schutt der alten Fundstelle durchgearbeitet werden konnte und ca. 700 kleinste Elfenbeinfragmente hinzukamen. Doch die wenigen Hinzufügungen haben den Befund nicht eindeutiger gemacht. Nun wird die Statuette von Elle Clifford und Paul Bahn in einem kurzen Beitrag in World Archaeology als "eindeutig ein Bär" angesprochen. Kernargument: für eine Mensch-Tier-Kombination gebe es keinen vernünftigen Grund, und nicht Löwen, sondern Bären könnten auch in freier Natur so aufrecht stehen wie in der Figur dargestellt. Nun denn – warten wir die angekündigte umfassende Argumentation ab, die im nächsten Band der "Kunde" erscheinen soll. Bis dahin kann man sich z. B. über die Website des Urgeschichtlichen Museums Blaubeuren (urmu) selbst ein Bild machen, wo ein gutes 3D-Bild des Ist-Zustandes bereitsteht.

Clifford, E. & Bahn, P. (2020). The bear necessities: A new view of the so-called ‘Lion Man’. World Archaeology (19.5.): https://www.world-archaeology.com/issues/the-bear-necessities/

"Löwenmensch" (urmu): https://www.urmu.de/de/Forschung-Archaeologie/Eiszeitkunst/Hohlenstein-Stadel/Loewenmensch

 

3         Archäoinformatik

3.1        "ModernDive" - kompakter R-Kurs, kostenlos & online

Eine Einführung in "R" und Datenanalyse in elf Kapiteln liefert das Buch "Statistical Inference via Data Science. A ModernDive into R and the tidyverse" von Chester Ismay and Albert Y. Kim, das neben einer im Dezember 2019 erschienenen gedruckten Fassung auch als kostenlose Online-Version verfügbar ist. Die Autoren haben sich für die moderne R-Variante entschieden, d. h. das Arbeiten mit "tibbles, "tidyverse", "pipe" und "ggplot2", um vier charakteristische Stichwörter zu nennen. Ihr Kurs ist anwendungsorientiert, d. h. im Vordergrund stehen Ziele und das Machen, die Theorie und die Regelwerke werden "nur" en passant mitgeliefert. Das Buch ist gut gegliedert und liefert einen Kurs in elf Sitzungen, d. h. er füllt - je nach verfügbarer Zeit und Naturell - ein Semester oder auch einen zweiwöchigen Crashkurs. Jedes Kapitel sollte in einem Halbtag konzentrierter Arbeit bewältigbar sein, wobei die Arbeit aus dem Lesen und vor allem dem durch das Buch angeleiteten praktischen Üben besteht. Im Kurs stehen Grafiken und das Verwalten von Daten vor dem Arbeiten mit Statistiken und Kennzahlen, was gewiss der Forschungspraxis entspricht, wo erst einmal die Daten erfasst, geprüft und visualisiert werden wollen. Da auch die Software "R" kostenlos ist, bietet das Buch eine gute Grundlage fürs Selbststudium, wenn man sich z. B. uni-fern ohne Anleitung und institutionell bereitgestellte Software selbständig in die angewandte Statistik einarbeiten will.

Ismay, Ch. & Kim, A. Y. (2019). Statistical Inference via Data Science. A ModernDive into R and the tidyverse: https://moderndive.com/index.html

 

3.2        Wissenschaftliches Schreiben ohne Office-Paket ...in "Markdown"?

Die Masterarbeit von Clemens Schmid wurde 2019 auch deshalb mit dem Deutsche Studienpreis für Archäologie der DGUF ausgezeichnet, weil sie so vorbildlich transparent auf GitHub dokumentiert ist. Text, Daten und R-Code sind dort öffentlich einsehbar. Der gesamte Text der Masterarbeit ist mit Dateien der Art .Rmd auf GitHub hinterlegt. ".Rmd"? Das ist kein sofort lesbares PDF und auch nicht das Dateiformat einer der gängigen Textverarbeitungsprogramme wie MS-Word, OO-Writer oder WordPerfect. .Rmd ist die R- bzw. RStudio-typische Vorstufe von .md-Dateien, Textdateien im Markdown-Format. Warum bitte macht man es uns Lese-Interessierten so schwer, was ist und warum braucht man "Markdown"? Das erklärt - beispielsweise - in einer gut geschriebenen kleinen Broschüre der US-amerikanische Sozialwissenschaftler Kieran Healy, mehr noch, er wirbt dafür, genau dies für wissenschaftliches Schreiben einzusetzen und konsequent auf Open-Source-Produkte zu setzen. Seine Broschüre skizziert den gesamten Workflow für ein anderes wissenschaftliches Schreiben ohne Office-Pakete, das insbes. auch für die Zusammenarbeit mit Co-Autoren besser geeignet sei. Man fokussiere dabei erst einmal allein auf das Schreiben und die Inhalte, ohne das Kümmern um das spätere Aussehen der Texte. Dazu gehört das Schreiben im Format Markdown, erst später folgt das "Setzen" der Texte zum fertigen PDF, wobei das Programm "pandoc" eine zentrale Rolle spielt. Dieser Weg ermögliche es, auch ausführbaren R-Code direkt in die Texte zu integrieren, d. h. das Geschriebene mit dem statistischen Hintergrund und den Daten unmittelbar zu verbinden. Womit man verstanden hat, weshalb z. B. DGUF-Preisträger Clemens Schmidt diesen Weg wählte. So lesenswert die Broschüre von Healy ist, als Software hängt er am Editor EMACS, was nicht das bevorzugte Werkzeug des Schreibers dieser Zeilen ist. Und das mächtige Werkzeug "pandoc", das u. a. PDF, MS-Word oder auch LaTex-Dateien erzeugt, ist nur per Kommandozeile aufrufbar, erfordert von Windows-Nutzern also eine erhebliche Umstellung ihrer Gewohnheiten. [Den Kommandozeilenmodus erreicht man unter Windows mit Eingabe des Befehls "cmd". In dem kleinen schwarzen Fenster funktioniert Windows dann per Textbefehlen wie früher MS-DOS.] Kurz: das Ganze klingt eher kompliziert und leicht abschreckend. Muss es nicht. Denn Texte in Markdown lassen sich auch mit modernen Editoren schreiben, die etwas geschmeidiger arbeiten als EMACS und in denen die am Ende nötigen Konvertierungen mit pandoc gleich eingebaut sind, d. h. die u. a. als graphische Benutzeroberfläche für pandoc dienen können. Statt des Klassikers Notepad++ empfiehlt der Newsletter-Autor einen Blick auf "Typora" und vor allem "PanWriter": Schreiben pur ohne Schnickschnack mit den wenigen wirklich nötigen Formatierungsanweisungen, und anschließendem Export z. B. nach *.docx mit pandoc, doch ohne dass man der Kommandozeile bedarf. Doch das eigentliche Ziel dieser Art des Schreibens ist es, neben der Option zum PDF und damit zum Gedruckten zugleich auch HTML-Texte zu gewinnen, inkl. Code-Einbettung. Was das ist und wie das aussieht, zeigt z. B. das neue Lehrbuch von Yihui Xie zu "Bookdown", das neben der gedruckten Fassung auch kostenlos als Website angeboten wird. "Bookdown" ist die RStudio-Variante von Markdown, womit wir im Thema dieser Nachricht bleiben.
Kieran Healy: "The Plain Person’s Guide to Plain Text Social Science" (2019): https://kieranhealy.org/files/papers/plain-person-text.pdf

Typora: https://typora.io/

PanWriter: https://panwriter.com/

Xie, Y. (2020). bookdown: Authoring Books and Technical Documents with R Markdown (2020): https://bookdown.org/yihui/bookdown/

Grolemund, G. & Wickham, H. (2017). R for Data Science: https://r4ds.had.co.nz/r-markdown.html

 

4         Kulturgutschutz

4.1        Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien

Australien: "A sacred site showing 46,000 years of continual occupation and it's completely legal to blow it up" (The Guardian, 27.5.): https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/may/27/a-sacred-site-showing-46000-years-of-continual-occupation-and-its-completely-legal-to-blow-it-up und "Rio Tinto blasts 46,000-year-old Aboriginal site to expand iron ore mine" (The Guardian, 26.5.): https://www.theguardian.com/australia-news/2020/may/26/rio-tinto-blasts-46000-year-old-aboriginal-site-to-expand-iron-ore-mine

"A Virtual Homecoming for Lost Treasures. Digital Benin, a new online database, will track thousands of objects looted from the West African kingdom" (The Wall Street Journal, 14.5.): https://www.wsj.com/articles/a-virtual-homecoming-for-lost-treasures-11589565236

Namur (Belgien): "Quand le confinement révèle la fragile protection du patrimoine archéologique" (The Conversation, 6.5.): https://theconversation.com/quand-le-confinement-revele-la-fragile-protection-du-patrimoine-archeologique-136866

"Die Corona-Krise und der Kulturgüterschutz" (Archaeologik, 2.5.): https://archaeologik.blogspot.com/2020/05/die-corona-krise-und-der.html

"Fake antiquities made for unsuspecting collectors" (British Museum, 1.5.): https://blog.britishmuseum.org/fake-antiquities-made-for-unsuspecting-collectors/

"Online antiquities smugglers are taking advantage of the coronavirus crisis. Heritage watchdog sees rise in posts from trafficking groups on Facebook" (The Art Newspaper, 29.4.): https://www.theartnewspaper.com/news/increase-in-online-trade-of-illicit-antiquities-during-the-coronavirus-crisis

"WAC statement on the on-going wildfires and the destruction of the Indigenous Homelands and the Quilombola communities of the Amazonian Basin" (World Archaeological Congress, 28.4.): https://worldarch.org/blog/wac-statement-on-the-on-going-wildfires-and-the-destruction-of-the-indigenous-homelands-and-the-quilombola-communities-of-the-amazonian-basin/

 

5         Studium, Job-Themen und Personalia

5.1        "Archäologie Schweiz" legt mit dem "Prix Archéologie Suisse" Preis für Leistungen ihrer studierenden Mitglieder auf

Die Fachgesellschaft "Archäologie Schweiz" vergibt ab diesem Jahr zweijährlich einen Preis für besondere Leistungen von studierenden Mitgliedern. Ausgezeichnet werden können herausragende und an einer Schweizer Hochschule verfasste Qualifikationsarbeiten Studierender (Bachelor, Master, Diplom), die sich inhaltlich mit einem Forschungsfeld der Archäologie mit Bezug zur Schweiz befasst haben. Der Prix Archéologie Suisse ist mit 1.500 CHF dotiert, außerdem kann die ausgezeichnete Arbeit in einem Print- oder Onlinemedium der Fachgesellschaft veröffentlicht werden. Bewerberinnen und Bewerber, die zum Zeitpunkt der Einreichung noch kein Mitglied bei "Archäologie Schweiz" sind, können sich zu einem reduzierten Preis von 40 CHF im ersten Jahr als Mitglied einschreiben. Einreichungsfrist ist der 30.6.

http://www.archaeologie-schweiz.ch/fileadmin/user_upload/customers/archaeologie_schweiz/AS/Bilder/Veranstaltungen/Prix_AS_2020_Ausschreibung_dt.pdf

 

5.2        #Coronasemester als Chance zur Reflektion und Verbesserung der Didaktik an Hochschulen

An deutschen Universitäten befindet man sich in der Mitte des Sommersemesters und ganz allmählich tritt eine gewisse Routine ein im Unterricht, im Lernen und gemeinsamen Arbeiten ohne analoge Begegnung, mit all seinen digitalen Tools und diversen Erschwernissen. Sieh an, auch Prof. XYZ hat quengelnde Kinder, die bisweilen unüberhörbar werden, oder ein lustiges Haustier, das im Hintergrund durchs Bild huscht. Derartiges ist nunmehr so normal geworden, dass es kaum noch erzählenswert ist. Derweil tauchen hie und da lesenswerte Erfahrungsberichte auf von Lehrenden, wie sich ihr Unterricht verändert hat, wie z. B. Blogbeiträge der Archäologin Doris Gutsmiedl-Schümann oder der Linguistin Konstanze Marks. Bis ins wertkonservative Feuilleton hinein fordern manche lautstark, es müsse sobald als möglich wieder alles werden wie früher an den Universitäten, Normalität zurückkehren. Umso auffallender die ausnehmend verhaltene lokale Kommunikation und Mitarbeiterinformation vieler Universitätsleitungen hinsichtlich des nach der ersehnten Sommerpause irgendwann dann eben doch kommenden Wintersemesters, Festlegungen vermeidend, wie dieses praktisch aussehen könne. Da führt ein Beitrag des in Antwerpen lehrenden deutschen Germanisten Thomas Ernst schon weiter, dessen zu Deutschland verschobener Semesterrhythmus ihm schon jetzt einen Rückblick auf das Sommersemester 2020 erlaubt. Er sammelt seine Erfahrungen und die seiner Studierenden und blickt beherzt nach vorne: Welche weiterführenden Erfahrungen wurden gewonnen, welche Vorkehrungen sind zu treffen? Onlinelehre habe Vorteile, Präsenzlehre habe Vorteile, am besten sei ein Mix - seit langem schon als "Blended Learning" benannt - der beider Vorteile verbinde, und zwar egal, ob nun corona-bedingt erzwungen oder freiwillig gewollt. Doch dazu brauche es jetzt weiterer Vorkehrungen, trotz aller bestehenden Anstrengungen weiterhin auch technischer Art: bessere und vor allem performantere Lernplattformen, Schulung darin, und bessere Internet-Verbindungen für Lehrende wie Studierende. Gute Onlinelehre bedeute mehr Zeitaufwand für Lehrende wie Studierende: das müsse mit einer Durchforstung der Curricula verbunden werden. In einer idealen Welt wäre didaktisch gut durchdacht, zu welchen Inhalten und Lernzielen digitale Formate besser passen und wo Präsenzunterricht überlegen sei. Für all das brauche es auch politische wie finanzielle Unterstützung, und nun auch ein planvolles Vorgehen. So seien Datenschutz, Datensouveränität, Open Source und Open Access von zentraler Bedeutung, weshalb auch die Gelder dorthin gelenkt werden müssten statt z. B. überhastet proprietäre Videokonferenzsysteme zu kaufen. Kollegen sollten sich zusammenschließen, um Erfahrungen und Inhalte zu teilen, so schlägt Ernst z. B. Portale zur Online-Didaktik und Best Practices vor. "Persönlich habe ich das Coronasemester unter den aktuellen Bedingungen zwar als besonders ermüdend erfahren. Zugleich erlebe ich die positiven persönlichen Rückmeldungen der Studierenden jedoch als sehr motivierend" endet seine Rück- und Vorschau, die durchaus auch Resonanzen in der Archäologie verdient hätte.

Doris Gutsmiedl-Schümann: "Präsenzfreies Sommersemester 2020 (4): Leitfragen und Grundsätze bei der Konzeption meiner digitalen Veranstaltungen" (archaeologiskop, 16.4.): https://archiskop.hypotheses.org/592

Konstanze Marks: "Die große blaue Stille" (Blog Linguistische Werkstattberichte, 24.5.): https://lingdrafts.hypotheses.org/1646

Thomas Ernst: "Wo Coronasemester war, soll gutes Blended Learning werden: Digitale Lehrerfahrungen 2020 und Empfehlungen für eine bessere Zukunft" (Blogbeitrag, 25.5.): https://www.thomasernst.net/2020/05/25/von-coronasemester-zu-blended-learning/

Eckhart Arnold: "Erfahrungen mit der digitalen Lehre in Corona-Zeiten" (dhmuc, 18.5.): https://dhmuc.hypotheses.org/2816

 

6         Berufsverband

6.1        CIfA Deutschland: Unterlagen zur Dokumentation beruflicher Weiterbildung frei verfügbar

In der Archäologie lernt man ständig Neues – jede Grabung, jedes Projekt birgt etwas Überraschendes, oft Unbekanntes. Artikel und Tagungen vermitteln ständig neue Entwicklungen und Erkenntnisse über vielfältige Themen. Für manche Archäologen ist dieses Lernen Teil ihres Alltags, für viele jedoch gehen Weiterbildung und persönliche, berufliche Weiterentwicklung aber in den vielfältigen Anforderungen des alltäglichen Berufslebens unter. Aber: wenn die Weiterentwicklung von Archäologen ins Stocken gerät, so droht auch die Archäologie als Beruf stecken zu bleiben, ist bald nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Um sich an die eigene Nase zu packen, sich zu motivieren, oder auch bei der Stange zu halten, können z. B. die auf der Website von CIfA frei zugänglichen Formulare – nunmehr vollständig in deutscher Sprache – für einen so genannten persönlichen Weiterbildungsplan (PWP) und für ein Protokoll zur kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung (KBW-Protokoll) heruntergeladen werden. Im PWP können der persönliche und berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildungsbedarf identifiziert und formuliert werden, während im KBW Schritt für Schritt dokumentiert wird, welche entsprechende Bildungsmaßnahmen dann auch durchgeführt wurden, um die Ziele des PWP zu erreichen. Indem man diese Protokolle führt, erhält man einen Überblick über die eigene berufliche Weiterbildung und hat für den weiteren beruflichen Werdegang alle wichtigen Unterlagen zur Hand. Auch für berufliche Beurteilungsgespräche und Gehaltsverhandlungen kann solch eine Zusammenstellung von Weiterbildungen ein aussagekräftiges Argument sein. Alle akkreditierten Mitglieder von CIfA verpflichten sich zur Führung dieser Protokolle und damit zu jährlichen Weiterbildungen.

PWP und KBW sowie ein Leitfaden und Musterbeispiele: https://www.archaeologists.net/kontinuierliche-berufliche-weiterbildung-kbw

 

6.2        CIfA Deutschland: Antrag für das "Gütezeichen für archäologische Fachfirmen" (GZA) jetzt in deutscher Sprache verfügbar

Bereits seit November 2019 bietet CIfA ein Gütezeichen für archäologische Fachfirmen an. Das Gütezeichen nimmt Bezug auf die Gemeinnützigkeitsmatrix, prüft soziale Nachhaltigkeit nach ISO 26 000, die Erfüllung der Anforderungen von § 34 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge, sowie die Anforderungen an eine nachvollziehbare Prozesskette nach ISO 9 001. Darüber hinaus zielt es auf das Einhalten hoher ethischer und sozialer Standards bei der Schaffung der Produkte (CIfA Verhaltenskodex, Standards und Richtlinien), einschließlich der Frage nach fairen Löhnen. Das Gütezeichen bescheinigt demnach allen Betrieben unabhängig von ihrer Größe hohe fachliche und ethische Kompetenz und bestätigt dem Träger die nachgewiesene Einhaltung der geltenden Gesetze und anerkannten fachlichen Vorschriften. Der Newsletter-Redaktion berichtet CIfA Deutschland: Die Registrierung erfolgt beim CIfA in einem objektiv nachprüfbaren und offenen Verfahren, wobei die Neutralität des prüfenden Gremiums garantiert ist: Die Anforderungen werden von Dritten erstellt, wobei ein maßgeblicher Einfluss durch das zu registrierende Unternehmen ausgeschlossen wird. Das CIfA-Gütezeichen bietet demnach die Möglichkeit, diskriminierungsfrei und objektiv Standards für archäologische Fachfirmen festzulegen, die ein sozial faires, wirtschaftlich tragbares und wissenschaftlich niveauvolles Arbeiten in den archäologischen Dienstleistungen garantieren. Handelt eine mit dem Gütezeichen versehene Fachfirma ihren Selbstverpflichtungen zuwider, kann dies Jeder an CIfA melden. Begründeten Zweifeln wird in einem seriösen, transparenten Verfahren inkl. Anhörung des Beschuldigten nachgegangen, das in Auflagen oder ggf. sogar in den Entzug des Gütezeichens münden kann. So schützt das Gütezeichen u. a. Firmenmitarbeiter und Auftraggeber. Für interessierte Firmen ist der Zugang nun deutlich erleichtert: Das Antragsformular zur Anerkennung des Gütezeichens für Archäologie (GZA) ist vollständig in deutscher Sprache verfügbar.

CIfA: "Antragsunterlagen und Antragsablauf des Gütezeichens für Archäologie (GZA)" (Mai 2020): https://www.archaeologists.net/antrag-gza

 

7         Open Access & Open Data

7.1        Kantonsarchäologie Bern gibt Monografien in den Open Access

Der Archäologische Dienst des Kantons Bern hat nun auch seine Monografien in den Open Access gestellt, seit 1977 insgesamt 131 Titel. Die wissenschaftliche Zeitschrift ist bereits seit einiger Zeit auch online zugänglich. Da der AD Bern nicht nur zu den flächig und personal größten Kantonsarchäologien der Schweiz zählt, sondern auch zu den publikationsstarken, dürfte dieser Schritt nicht nur für sich wertvoll sein, sondern auch rundum das Nachdenken über einen umfassenden Wandel in den Open Access verstärken. In der kleinteiligen Schweiz fehlt es an einem zentralen archäologischen Fachbuchhandel, der z. B. auch Institutsbibliotheken in Deutschland kompakt über die zahlreichen archäologischen Publikationen informiert und ggf. auch beliefern würde. Daher ist die Find- und Suchbarkeit von archäologischen Fachbüchern aus dem Ausland heraus erschwert. Der Schritt in den Open Access und die damit erheblich erleichterte Auffindbarkeit dürfte den Forschungsbeiträgen aus Bern nun eine erhöhte internationale Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Monografienreihen des AD Bern: https://boris.unibe.ch/view/divisions/a4f6049f-e733-47ca-8b36-2763caa623de.html

Archäologisches Jahrbuch des AD Bern: https://www.e-periodica.ch/digbib/volumes?UID=akb-002

 

7.2        Niederlande erneuern "DEAL" mit Elsevier

Die Niederlande haben am 19.5. jene Art der Vereinbarung mit dem niederländischen Wissenschaftsverlag Elsevier erreicht, den das Konsortium DEAL für Deutschland anstrebt - im Kern eine Art Nationallizenz, die niederländischen Wissenschaftlern (d. h. nicht allen Bürgern!) ein freies Lesen und Publizieren in Elsevier-Zeitschriften erlaubt - genauer: der auf drei Jahre abgeschlossene Vertrag aus dem Jahr 2016 wurde erweitert und ergänzt. "Leiden Madtrics", der Blog des Zentrums für Wissenschaft und Technologie der Universität Leiden, nimmt kritisch Stellung zu dem Vertrag: So nützlich die Vereinbarung im Forscher-Alltag auch sei, wesentliche strategische Ziele der niederländischen Wissenschaftslandschaft würden verfehlt. Eine wirklich offene "Open Knowledge Base" sei damit nicht erreicht, die Vereinbarung sei nicht auf Linie der "Dutch Open Science goals". Genauer: als Gegenleistung zum Open Access erhalte Elsevier Zugriff auf bereits öffentliche Metadatensammlungen und dürfe seine und diese Daten zu einem "Open Science Services for Research Intelligence and Scholarly communication" bündeln, die letztlich proprietär seien, d. h. Elsevier gehören. Die Vereinbarung stärke vor allem Elseviers Position als Besitzer und Dienstleister zu wiss. Metadaten. Der Blogger Didier Torny beleuchtet auch die finanziellen Aspekte der Vereinbarung: So, wie auch international zu sehen sei, würden die Kosten stetig und stark steigen, mit dem aktuellen Vertrag um gut 35 %! Das sei weit entfernt von der Forderung eines kostenneutralen Umstiegs auf Open Access, wie es auf EU-Ebene gemäß OA2020 und Coalition S vereinbart sei.

Der Vertragstext (15.5.2020): https://vsnu.nl/files/documenten/Nieuwsberichten/Signed%20UKB%20Elsevier%20SD%202020-2024%20agreement.pdf

"Elsevier and the Dutch Open Science goals" (Blog Leiden Madtrics, 20.5.): https://leidenmadtrics.nl/articles/s-de-rijcke-cwts-leidenuniv-nl

Didier Torny: "Faustus pact with Lucifer or… How Open Science becomes sustaining Elsevier data infrastructure in exchange for open access papers" (Blog PolEcoPub, 19.5.): https://polecopub.hypotheses.org/2028

 

7.3        Nachbericht zur Session 1.1 "Datenqualität und LOD in den Geisteswissenschaften" des Barcamps "Vermittlung von Data Literacy in den Geisteswissenschaften" auf der 7. Jahrestagung 2020 "Spielräume" des "Verbands Digital Humanities im deutschsprachigen Raum" in Paderborn (2.-6.3.)

Ein paar Leute haben sich in Paderborn getroffen und über Linked Open Data geredet.

"Datenqualität und LOD in den Geisteswissenschaften" (DHd-Blog, 26.5.): https://dhd-blog.org/?p=13704

 

7.4        Wissenschaftsverlage & Preprints: ein Lagebericht Roger C. Schonfeld und Oya Y. Rieger

Preprintserver sind eine Erfindung von Wissenschaftlern, gleich nach der Erfindung des Internet. Der älteste und wohl weiterhin noch bekannteste Preprintserver "arXiv" wurde 1991 aufgebaut, zunächst vor allem um Themen der Physik kreisend. Vor Anbeginn an gab es zwei Funktionen: (a) Qualitätssicherung: Aufsätze noch vor ihrer förmlichen Einreichung bei einer Zeitschrift der Fachgemeinschaft vorzulegen, um jenseits der Kreises der Co-Autoren und direkten Bekannten weiteres fachliches Feedback zu erhalten, um diese letzte Vorfassung ggf. zur Einreichung in eine wiss. Zeitschrift noch verbessern zu können. (b) Freie Zugänglichkeit: Mit der Einreichung geraten die Aufsätze in der Welt des Closed-Access-Publizierens physisch wie rechtlich in die Hände von Wissenschaftsverlagen und sind dann ggf. nur mehr sehr begrenzt zugänglich. Der Text auf dem Preprintserver jedoch bleibt weiterhin rechtlich beim Autor, also "frei" und somit auch frei zugänglich. Insofern waren Preprintserver eine Hintertür zum Open Access, bevor der Begriff überhaupt erfunden war. Klar, dass Preprintserver die Herzen der Wissenschaftsverlage nicht erwärmten. Der Blogbeitrag der Bibliothekswissenschaftler Schonfeld und Rieger stellt in einer systematischen Übersicht die aktuellen Aktivitäten der großen Wissenschaftsverlage in Bezug auf Preprintserver zusammen, vor allem über den Versuch, attraktive eigene Angebote zu schaffen - sprich: die existierenden, wirklich offenen und freien Preprintserver irgendwie auszutrocknen oder zu "domestizieren".

Roger C. Schonfeld & Oya Y. Rieger: "Publishers Invest in Preprints" (The Scholarly Kitchen, 27.5.): https://scholarlykitchen.sspnet.org/2020/05/27/publishers-invest-in-preprints/

 

7.5        British Museum relauncht Online-Datenbank stellt 1,9 Mio. Bilder kostenlos zur Verfügung

Das British Museum hat seine bestehende Online-Sammlungsdatenbank überarbeitet und im Rahmen einer neuen Vereinbarung mehr als 1,9 Mio. Fotos seiner Sammlung kostenlos unter einer CC 4.0-Lizenz zur Verfügung gestellt. Benutzer müssen sich nicht mehr registrieren, um diese Fotos zu verwenden, und können sie jetzt direkt herunterladen. Sie sind frei für nichtkommerzielle Nutzung und Veränderung, die Quelle muss genannt werden. Die Online-Sammlung umfasst die berühmtesten Objekte des Museums wie den Rosetta-Stein, die Funde von Sutton Hoo, den Parthenon-Fries und die Benin-Bronzen. Die neue Version der Datenbank – die größte Überarbeitung seit ihrer Erstellung im Jahr 2007 - kommt infolge der Corona-Pandemie und der Schließung des Museums früher als geplant. Veröffentlicht wurden bis Anfang Mai 280.000 neue Objektfotos und 85.000 neue Objektdatensätze; weitere Erweiterungen finden derzeit statt. Die Datensätze umfassen physische Beschreibungen, Informationen zu Materialien, Anzeige- und Erfassungshistorie, Abmessungen, Vorbesitzer und kuratorische Kommentare. Eine weitere Neuerung ist die Möglichkeit, Fotos einer ausgewählten Anzahl von Schlüsselobjekten aus der Nähe zu betrachten, darunter die Rapa-Nui-Skulptur "Hoa Hakananai'a".

https://www.britishmuseum.org/collection

 

8         Bürger und Archäologie & Citizen Science

8.1        Unerwünschte Belehrungen und Schönfärberei: Der Silberschatz von Ellwangen bei Terra Xpress und Reaktionen aus der Sondlerszene

In der Sendung vom 24.5. (18:30 Uhr) behandelt das ZDF-Magazin Terra Xpress u. a. den großen Münzfund von Ellwangen: 9.200 Silbermünzen aus der Zeit um 1300, im Sommer 2008 von Sondengängern entdeckt und nicht gemeldet. Das Video mit eher spielfilmartigen und pseudodramatischen denn dokumentarischen Szenen wirkt etwas gestelzt, es betont die Sicht der Amtsarchäologie und arbeitet die Illegalität des Findevorgangs heraus. Die Sondlerperspektive wird nicht beleuchtet. Der Zuschauer soll offenbar belehrt werden - vor allem über die Rechtslage und auch über die Gefahren des Sondengehens, Stichwort "Fund einer Handgranate". Die Reaktionen aus der Szene folgen schnell. Der Sondengänger Carsten Konze stellt noch am gleichen Tag gegen 20:19 Uhr ein kurzes, kommentierendes Video auf Facebook ein und kündigt einen längeren Beitrag auf seinem reichweitenstarken YouTube-Kanal "German Treasure Hunter" (29.500 Abonnenten) an; dieser war bis Redaktionsschluss des Newsletters aber noch nicht veröffentlicht. Carsten Konze ist in Nordrhein-Westfalen als legaler Sondengänger unterwegs, aber auch hochgradig vernetzt und mit tiefem Einblick in die Szene der Illegalen. Seine Kritik: der Beitrag verfehle sein Ziel, er mache neugierig aufs Sondengehen und motiviere Sondler, im Zweifel auch illegal vorzugehen. Einen Tag später hat sein Beitrag mehr als 250 Reaktionen und mehr als 150 Kommentare, die zu lesen erhellend ist. Denn sie bieten sehr viele Erlebnisberichte von enttäuschten Sondlern, die ihr Hobby legal ausführen möchten, d. h. bei den Ämtern um Schulungen und Genehmigungen nachgesucht haben. Tenor: Wir haben's versucht, das Amt reagierte nicht; es schrieb pampige Briefe; das Amt vertröstete auf die nächste Schulung in 1 Jahr, in 2 Jahren, 4 Jahren ... Kurz: diese Kommentare spiegeln wider, wie Sondengänger die Amtsarchäologie erleben. Deutlich wird, dass die Darstellung "Alles ist gesetzlich klar geregelt, alles fein, und wir Amtsarchäologen arbeiten gerne und fruchtbar mit Sondlern zusammen", wie sie unlängst in insgesamt zehn Beiträgen im "Blickpunkt Archäologie" betont wurde, von vielen Sondlern völlig anders wahrgenommen wird. Carsten Konze arbeitet genau dies heraus: Die offiziellen Darstellungen werden von den an Archäologie Interessierten und mit den Ämtern kooperieren Wollenden als unehrlich und Schönfärberei wahrgenommen - so jedenfalls der Tenor der Facebook-Kommentare zum Terra-Xpress-Beitrag. So ist der nachdenkliche Aufsatz von Christoph Huth (2013), der die starren Haltungen vieler Ämter in Deutschland hinterfragt und auf den Wert echter Kooperation aufmerksam macht, weiterhin einer erneuten Lektüre wert.

"Dreister Autodeal und ein Silberschatz" (ZDF, Terra Xpress, 24.5., 28 min): https://www.zdf.de/wissen/terra-xpress/terra-xpress-480.html ("Ellwangen" bei Min. 19:38 - 28:40).

"Größter Münzschatzfund des späten Mittelalters: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart präsentiert Ellwanger Schatzfund" (LAD, 9.4.2019): https://www.denkmalpflege-bw.de/service/presseoeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilungen/pressemitteilungen/news/groesster-muenzschatzfund-des-spaeten-mittelalters-landesamt-fuer-denkmalpflege-im-regierungspraesidium-s/?

"Reaktion auf ZDF TerraXpress" (German Treasure Hunter, Facebook, 24.5.; Video, 7 Min.): https://www.facebook.com/watch/?v=873305586414171

YouTube-Kanal "German Treasure Hunter": https://www.youtube.com/channel/UC14t0yOqM9lS04L66dTlS4w

"Fluch oder Segen? Über die Arbeit der Kommission 'Illegale Archäologie' des Verbandes der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland" Blickpunkt Archäologie 3/2019, 164-207.

Huth, Chr. (2013). Vom rechten Umgang mit Sondengängern: Das 'Portable Antiquities Scheme' in England und Wales und seine Folgen. Archäologische Informationen, 36, 129-137. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/15327

 

9         Ausstellungen und Museen

9.1        NEMO untersucht Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Museen in Europa

NEMO, das "Network of European Museum Organisations", erfasste vom 24.-30.4. mittels einer Umfrage die Auswirkungen der Corona-Pandemie  auf den Museumssektor. Jetzt liegen die Ergebnisse vor, die auf den Rückmeldungen von ca. 1.000 Museen beruhen: Die überwiegende Mehrzahl der Museen in Europa bzw. weltweit waren im April geschlossen. 3 von 5 Museen gaben an, aufgrund von Schließung und Reisestopp durchschnittlich 20.300 Euro/Woche verloren zu haben. Viele Museen meldeten einen Einkommensverlust von 75-80 %. Die meisten Museen in Europa mussten Ende April noch kein Personal entlassen. 3 von 10 Museen haben jedoch Verträge mit freiberuflichen Mitarbeitern gestoppt. 4 von 5 Museen haben ihre digitalen Dienste erweitert, um ihr Publikum zu erreichen, häufig indem Mitarbeiter neue Aufgaben übernahmen. 2 von 5 Museen meldeten im Berichtszeitraum einen Anstieg der Online-Besuche zwischen 10 % und 150%.

"NEMO report on the impact of COVID-19 on museums in Europe" (NEMO, 12.5.): https://www.ne-mo.org/news/article/nemo/nemo-report-on-the-impact-of-covid-19-on-museums-in-europe.html

 

10    Gastkommentar

10.1    Universitäre (Un-)Gleichstellung in Zeiten von Corona. Von Thomas Meier

Vor gut einem Monat, am 22. April 2020, hat die Bundesregierung mit der Änderung des WissZeitVG auf die Folgen der Corona-Pandemie für den wissenschaftlichen Nachwuchs reagiert und die Möglichkeit eröffnet, bei laufenden Verträgen wissenschaftlicher Mitarbeit*s die zulässige Befristungsdauer um höchstens weitere sechs Monate zu verlängern. Was auf den ersten Blick gut aussieht und sicherlich eine conditio sine qua non ist, um den scharenweise im Prekariat gehaltenen Nachwuchs die Folgen der Corona-Pandemie nicht allein ausbaden zu lassen, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Augenwischerei: Angesichts notorisch klammer Mittel ist absehbar, dass die Hochschulen eine Vertragsverlängerung regelmäßig wegen fehlender Finanzierung ablehnen werden. Solange die Länder diese Änderung des WissZeitVG nicht mit entsprechenden Geldern unterfüttern, werden es eben doch die Nachwuchswissenschaftl*s sein, deren Karrierepfade von der Pandemie besonders hart getroffen werden. Doch die Wissenschaftsministerien verharren länderauf, länderab in der Dystopie, trotz Pandemie könne an den Hochschulen alles so laufen wie immer.

Am 20. Mai teilte die DFG nun mit, eine Finanzhilfe von mindestens 175 Millionen Euro beschlossen zu haben, um "die finanziellen und zeitlichen Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeit in den Forschungsprojekten abzufedern". Den Kern machen "Ausgleichs-, Überbrückungs- und Zusatzfinanzierungen oder die Verlängerung von […] Stipendien und Anstellungsverträgen von Promovierenden" aus (https://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/2020/info_wissenschaft_20_28/index.html). Konkret geht es vor allem um Personal- und Sachmittel für eine Projektverlängerung von bis zu 3 Monaten, sofern die Projekte bis 30. Juni 2021 enden. Das könnte ein Anfang sein, auch wenn die DFG hier nur für die Hälfte der möglichen Verlängerung und freilich nur für Beschäftigte in "ihren" Förderprogrammen einsteht. Wo bleiben nun die matching funds der Länder? Und was ist vor allem mit all jenen, die nicht DFG-finanziert sind? Ist eine 2-Klassen-Förderung wirklich das richtige Signal an den Nachwuchs? Und wer erklärt das all jenen, die mit befristeten Verträgen außerhalb drittmittelfinanzierter Projekte schuften und vielfach einen Großteil der akademischen Lehr- und Verwaltungslasten tragen, von denen Projektmitarbeitende ohnehin weitestgehend befreit und damit erheblich privilegiert sind?

Aber noch mehr: Vollkommen unter dem Radar wissenschaftsministerieller Aufmerksamkeit bleiben die vielen Nachwuchswissenschaftl*s, die parallel zu ihren Jobs mit Care-Aufgaben für Kinder oder Angehörige befasst sind. Während Kinderlose aus der aktuellen Situation dem Vernehmen nach zuweilen den Gewinn einer ruhigen Arbeitsphase ziehen können – was ihnen sicherlich gegönnt sei, denn an diesen Phasen mangelt es in der neoliberalisierten Hochschulwelt am meisten – kommen alle, die etwa auch kleine Kinder betreuen, sie unterrichten und/oder Angehörige zu pflegen haben, seit zweieinhalb Monaten und bis auf Weiteres – möglicherweise bis in das nächste Jahr – nur noch sehr begrenzt zum Arbeiten. Und hier oft nur zur reichlich aufwendigen Digitalisierung ihrer Lehre und den nötigsten(?) Verwaltungsdingen. Forschung, die letztlich allein auf dem Karrierepfad zählt, kann unter diesen Umständen nicht gelingen. Auch nach der Pandemie wird diese Ungleichheit andauern, denn Care-Aufgaben werden nicht verschwinden, sondern sich nur auf das übliche Maß reduzieren; wer Verantwortung für andere trägt, wird daher nach der Pandemie deutlich länger brauchen, die Rückstände der Krisenzeit aufzuholen, als wer den Rücken frei hat.

Sicher, niemand ist gezwungen, Kinder zu bekommen bzw. eine Familie zu gründen – bei pflegebedürftigen Angehörigen sieht es oft anders aus – aber wenn die sonntagsredliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie als gesellschaftliches und politisches Ziel ernst genommen werden will, dann muss sie gerade in Krisenzeiten besonders unterstützt werden, um nicht die alten Ungleichheiten neu zu stärken. Daher fordert nun eine Petition, zum ersten die neue 6-Monate-Kann-Bestimmung des WissZeitVG durch einen Rechtsanspruch für alle befristet Beschäftigten in der Wissenschaft zu ersetzen, und zum zweiten und vor allem die Mehrbelastung durch Care-Aufgaben angemessen und das heißt durch eine Verdoppelung des Anspruchs um weitere 6 Monate zu kompensieren (http://mehrbelastung.de/). Nun muss sich zeigen, ob  solche Forderungen aus der Wissenschaft ausreichend Rückendeckung erhalten und sich die Politik ihrer Verantwortung für Wissenschaft UND Familien auch stellt.

 

11    Und sonst …

11.1    Gedanken über das Auftreten der aDNA-Forschung in den Medien

In einer lesenswerten, kritischen Zusammenschau beleuchtet Stefanie Samida, wie derzeit in den Medien über die aDNA-Forschungen berichtet wird, und wie die Forschenden und deren Pressestellen durch passende Zulieferung diese unkritische, sensationsorientierte Berichterstattung evozieren. Ihre Schlussthese aus der Perspektive der Kulturwissenschaften: "Gewiss, es ist einfacher den Pressemitteilungen der einschlägigen Institutionen zu folgen und eingängige Geschichten zu erzählen, als sich etwa in die Tiefen komplexer historischer und archäologischer Debatten um Begriffe und Konzepte, um Funde und Befunde, um Klassifikations- und Datierungsprobleme und um anderes mehr zu begeben, um weitere Perspektiven einzubringen – es würde sich aber allemal lohnen."

Samida, St. (2020). Über mediale Präsenz und Prominenz DNA-gestützter Vergangenheitsforschung. NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin (13.5.2020) (Open Access): https://link.springer.com/article/10.1007/s00048-020-00249-5

 

 

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