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DGUF-Newsletter vom 22.02.2021

DGUF-Newsletter vom 22.02.2021

 

DGUF Newsletter

vom [22. Februar 2021]

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Inhalt

1  DGUF-Nachrichten

1.1  DGUF Firmenumfrage zeigt: Corona-Pandemie betrifft auch die Archäologie

1.2  Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie der DGUF

1.3  Erinnerung: Der 100. DGUF-Newsletter - "Themen, über die man in der Archäologie spricht oder dringend sprechen sollte"

2  Tagungen und Veranstaltungen

2.1  EAA 2021 "Widening Horizons" in Kiel online, nicht hybrid (8.-11.9.; CfP bis 26.2.)

2.2  CAA-Tagung "Digital Crossroads" (Online, 14.-18.6.; CfP bis 1.3.)

3  Forschung

3.1  Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"

3.2  Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien

3.3  Was wissen wir über Neandertalerinnen?

3.4  "Eine kraftvolle Durcharbeitung des Stoffes": Anthony Harding, "Bronze Age Lifes" (2021)

3.5  "Fachwissenschaftlich einwandfrei und zugleich allgemeinverständlich": Martin Langebach (Hrsg.), "Germanenideologie. Einer völkischen Weltanschauung auf der Spur" (2020)

3.6  5.000 Einwohner auf der Heuneburg? Eine spannende Debatte in der aktuellen "Germania"

3.7  Klimawandel bedingt Aussterben der Megafauna in Nordamerika

3.8  Das Konzept des Anthropozäns und die Archäologie

4  Archäoinformatik

4.1  Handreichung zur Rezension von Forschungssoftware

4.2  LiDAR-Auswertungssoftware "Relief Visualization Toolbox" jetzt als QGIS-Plugin verfügbar

4.3  Forschungsdatenmanagement in Baden-Württemberg

4.4  Zehn Jahre! - AG CAA feiert Geburtstag

4.5  Skalen mit ggplot2

4.6  ggpointgrid: Visualisierung kleiner Kreuztabellen

4.7  Im Open Access: "Modern Data Science with R"

4.8  Im Open Access: "QGIS Online Course for Classical Studies"

4.9  Eine Dosis QGIS-Spline-Plugin - und Deine Zickzack-Linie ist schön rund!

5  Kulturgutschutz

5.1  Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien

6  Studium, Job-Themen und Personalia

6.1  EAA-Umfrage "Belästigung, Übergriffe, Mobbing und Einschüchterung (HABI) in der europäischen Archäologie"

6.2  Evžen Neustupný im Alter von 87 Jahren verstorben

6.3  Wissenschafts-Blog des Jahres 2020: Blog "Miss Jones" der Archäologie-Studentin Geesche Wilts

6.4  Gesparte Flüge entlasten das Klima – und vier weitere große Vorteile virtueller Konferenzen

6.5  "Tutorium Augustanum" neu online bei Propylaeum

6.6  Museumspädagogik und Kulturvermittlung in die Künstlersozialkasse?

6.7  Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs: Jetzt ist gut dokumentiert, was man schon immer wusste

6.8  Zur corona-bedingten Online-Lehre: "Kamera an? Kamera aus?"

7  Open Access & Open Data

7.1  Vier Leidener Merowingerzeit-Gräberfeldmonografien neu im Open Access

7.2  "Plan S" - aktueller Status und Rückblick

8  Bürger und Archäologie & Citizen Science

8.1  Dass Andere genauso gern nachdenken wie man selbst, ist eine lebensfremde Annahme

8.2  "Rechtsradikale, sexistische und homophobe Beträge": Beschwerden über WhatsApp-Chat der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz:

9  Ausstellungen und Museen

9.1  Bund fördert Neubau des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen mit 1,5 Mio. Euro

9.2  Direktoren der SPK-Museen streben mehr Autonomie an

10     Gastkommentar

10.1      Eindrückliche Darstellung der Ausgrabungen in Sutton Hoo, mit erzählerischen Schwächen – Review zu "Die Ausgrabung" (Netflix 2021). Von Jens Notroff

11     Und sonst …

11.1      Carcassonne Jäger und Sammler - Prokrastination mit Fachbezug

11.2      Frühkeltische Fürstensitze Glauberg und Heuneburg werden für das nationale Vorauswahlverfahren zum UNESCO-Welterbe vorgeschlagen

11.3      Neues Blog archäologischer Sammlungen: "das Rollpodest"

11.4      EU-Projekt "REVIVAL!": Baukulturelles Erbe von hoher Bedeutung für Lebensqualität und nachhaltige Entwicklung von Kommunen

 

1         DGUF-Nachrichten

1.1        DGUF Firmenumfrage zeigt: Corona-Pandemie betrifft auch die Archäologie

Die noch laufende "Firmenumfrage" alias "DGUF-Monitoring privatwirtschaftliche Archäologie 2020" hat naheliegenderweise auch nach den Auswirkungen der Corona-Pandemie gefragt. Wiewohl die Umfrage noch bis 22.2. läuft, ist eine erste valide Trendmeldung möglich, da sich bereits jetzt ebenso viele Firmen und Selbständige an der Umfrage beteiligt haben wie im Jahr zuvor. 7 Teilnehmer geben an, der Pandemie ein Umsatz-Plus zu verdanken, im Mittel von 12 %. Hingegen geben 18 Teilnehmer an, aufgrund der Pandemie ein Umsatz-Minus zu verzeichnen, und zwar im Mittel von 26 % (häufigste Angabe: 10 bzw. 15 %). Erstmals enthält die Umfrage auch ein Stimmungsbarometer und fragt: "Ihre Betriebsperspektiven 2021: Wie schätzen Sie auf einer Skala von 0 bis 10 die wirtschaftliche Entwicklung und die Perspektiven Ihres Büros/Betriebes in den nächsten 12 Monaten ein? 0 = katastrophal, 10 = optimal & boomend; die 5 steht für die neutrale Mitte / keine Veränderung." Ein Drittel der Antwortenden entschieden sich für die neutrale Mitte / keine Veränderung, doch der Mittelwert über alle Antworten liegt bei 7, d. h. im verhalten positiven Bereich. Dabei fällt die Einschätzung der Grabungsfirmen (Mittelwert 8) signifikant besser aus als die Einschätzung der Büros / Berater / Dienstleister, bei denen der Mittelwert bei 6 liegt. Die abschließenden Ergebnisse der Umfrage sollen noch vor dem Sommer 2021 im Open Access und damit für Alle frei zugänglich  publiziert werden.

Siegmund, F. & Scherzler, D. (2019). Die derzeitige Wirtschaftslage in der privatwirtschaftlichen Archäologie Deutschlands - DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2019.

Archäologische Informationen, 42, 79-98: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/69349

 

1.2        Ausschreibung des Deutschen Studienpreises für Archäologie der DGUF

Seit 15.2. läuft der Ausschreibungszeitraum für den Deutschen Studienpreis für Archäologie 2021 der DGUF. Die Ausschreibung richtet sich an Studierende aller archäologischer Fachdisziplinen und ihrer Nachbarwissenschaften, die an einer deutschen Hochschule im Jahr 2020 preiswürdige Studienleistungen erbracht haben. Hierzu zählen Seminar‐ oder Abschlussarbeiten und erste eigene Publikationen, die sich innovativ mit für die europäische Archäologie relevanten Forschungsthemen auseinandersetzen. Als preiswürdig erachtet werden herausragende archäologische Forschungsarbeiten zur Geschichte Mitteleuropas oder zu Regionen der Welt, die auf die kulturellen Entwicklungen Mitteleuropas Einfluss ausgeübt haben respektive zu deren Verständnis wichtig sind. Ebenso können innovative methodologische Arbeiten in der Archäologie oder ihren Nachbardisziplinen gewürdigt werden, die der archäologischen Wissenschaft, der archäologischen Denkmalpflege, dem Kulturgüter- und Kulturlandschaftsschutz oder den archäologierelevanten Rechts- und Umweltwissenschaften einen wichtigen Impuls geben. Die eingereichte Arbeit soll auf Grundlage eines findigen interdisziplinären Ansatzes oder einer besonderen Vernetzung oder eines unorthodoxen Forschungskonzeptes oder eines innovativen Einsatzes neuer Medien oder technischer Anwendungen erfolgt sein. Die DGUF kann auch hochschulpolitische Aktivitäten auszeichnen, die der Verbesserungen der archäologischen Studiengänge oder der allgemeinen Studienbedingungen dienen. Die ausgezeichnete Studienleistung kann in eine Publikation in einer der DGUF-Schriften münden. Wir unterstützen dies durch ein bis zu vierstündiges Publikations-Coaching durch einen der Herausgeber bzw. Redakteure der DGUF‐Schriften, das der Preisträgerin bzw. dem Preisträger bei Bedarf hilft, der Arbeit den letzten Schliff zu geben. Die viele Zeit und der große Aufwand, der in die Erstellung der prämierten Arbeit geflossen ist, können sich für den Preisträger also besonders lohnen, wenn die Arbeit einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Veröffentlichung trägt zudem dazu bei, für den am Anfang seiner Karriere stehenden Preisträger eine fachliche Reputation aufzubauen. Der Preis ist ansonsten undotiert. Vorschläge können durch Studierende und Dozenten einer deutschen Hochschule oder Mitglieder einer deutschen archäologischen Gesellschaft eingereicht werden. Der Einreichungszeitraum endet am 30.4.

https://www.dguf.de/archaeologiepreise/studienpreis

 

1.3        Erinnerung: Der 100. DGUF-Newsletter - "Themen, über die man in der Archäologie spricht oder dringend sprechen sollte"

Im März 2012 erschien der erste DGUF-Newsletter. Genau neun Jahre später, im April 2021, werden wir glücklich und auch etwas stolz die 100. Ausgabe publizieren. Mehr als 1.800 Abonnentinnen und Abonnenten werden sie erhalten, also wie immer weit mehr Personen als die DGUF an Mitgliedern hat. Dieser Jubiläums-Newsletter wird nicht primär aktuell orientiert sein – was ist im vergangenen Monat passiert? –, sondern er soll exklusiv die Stimmen der DGUF-Mitglieder versammeln. Wir laden alle unsere Mitglieder herzlich ein, aktiv mitzuwirken und ihre Perspektiven bis zum (verlängerten) Redaktionsschluss am 15.3. einzusenden! Was sind nach Ihrer Überzeugung und Erfahrung Themen, über die Ihre Fachkolleginnen und -kollegen sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger mehr sprechen sollten? Entweder, weil sie das Fach bzgl. Forschung, Arbeitsrealität, Rahmenbedingungen usw. gerade voranbringen, verändern oder auch behindern. Oder, weil sie bedeutsam sind, aus unterschiedlichen Gründen aber "niemand" darüber spricht und sich das ändern sollte. – Wer an dieser Jubiläumsausgabe mitwirken möchte, aber noch kein DGUF-Mitglied ist: Sie sind herzlich eingeladen, auf www.DGUF.de den Mitgliedsantrag auszufüllen und einzureichen. ;-)

Alle Informationen zur Jubiläumsausgabe und wie Sie Ihren Beitrag einreichen: https://www.dguf.de/100-newsletter

 

2         Tagungen und Veranstaltungen

2.1        EAA 2021 "Widening Horizons" in Kiel online, nicht hybrid (8.-11.9.; CfP bis 26.2.)

Am 15.2. gab die EAA bekannt, dass die Jahrestagung in Kiel nicht, wie zwischenzeitlich geplant, als hybride Tagung stattfinden könne. Die derzeitige Lage der Corona-Pandemie zwinge dazu, die Tagung neu gänzlich als virtuelle Tagung zu planen. Folgen dieser Entscheidung z. B. hinsichtlich einer Reduzierung der Tagungsgebühren würden demnächst kommuniziert werden. Das CfP endet mit einer Verlängerung erst am 26.2., so dass das genaue Tagungsprogramm noch nicht verfügbar ist.

https://www.e-a-a.org/EAA2021/General_Info_tabs/Covid-19.aspx

 

2.2        CAA-Tagung "Digital Crossroads" (Online, 14.-18.6.; CfP bis 1.3.)

Die internationale Tagung "Computer Applications in Archaeology" (CAA) findet nicht auf Zypern, sondern in digitaler Form statt. Bis zum 1.3. ist es möglich, einen Vortrag oder ein Poster zu einer der 35 Sessions anzumelden. Themensphären sind wieder GIS, Stratigraphie, Netzwerkanalyse, Big Data, FAIR Data uvm.

https://2021.caaconference.org/

 

3         Forschung

3.1        Neu im Early View der "Archäologischen Informationen"

Mehler, N. (2020). Warum wir mehr Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an den Universitäten brauchen. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 9. Febr. 2021.

Hüglin, S. (2020). Durch die Archäologie der Moderne zur modernen Archäologie. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 25. Jan. 2021.

Homburg, T., Klammt, A., Mara, H., Schmid, Cl., Schmidt, S. Ch., Thiery, F. & Trognitz, M. (2020). Diskussionsbeitrag: Handreichung zur Rezension von Forschungssoftware in der Archäologie und den Altertumswissenschaften. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 19. Jan. 2021. - In English: Recommendations for the review of archaeological research software. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 19. Jan. 2021.

Schneider, P. I. (2020). Die Historische und Archäologische Bauforschung als Stakeholder einer Archäologie der Moderne. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 18. Jan. 2021.

Finkeldey, I. & Laaha, V. (2020). Integrierung einer Archäologie der Moderne in die Lehre aus Sicht der Studierenden-Vertretungen. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 14. Jan. 2021.

Augstein, M. (2020). Rezension zu: Fontijn, D. (2020). Economies of destruction: How the systematic destruction of valuables created value in Bronze Age Europe, c. 2300-500 BC. Abingdon: Routledge. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 12. Jan. 2021.

https://www.dguf.de/early-views

 

3.2        Aktuelle Ausgrabungen und Forschung in den Medien

"Ausgrabungen in Pompeji: Auf dem schönsten Archäologenposten der Welt" (FAZ, 21.2.): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/zuchtriegel-wird-chef-archaeologe-in-pompeji-17209352.html

Ägypten: "Pharao Seqenenre auf dem Schlachtfeld hingerichtet?" (Selkets Blog, 20.2.): https://blog.selket.de/aus-der-forschung/pharao-seqenenre-auf-dem-schlachtfeld-hingerichtet

"The shoulders of 'Homo antecessor' and modern humans are similar" (CENIEH, 18.2.): https://www.cenieh.es/en/press/news/shoulders-homo-antecessor-and-modern-humans-are-similar

"A mammoth discovery: oldest DNA on record from million-year-old teeth. Researchers sequence the oldest DNA ever recovered, and the people bringing art and science together" (Nature, 17.2.): https://www.nature.com/articles/d41586-021-00442-z

"Der Euro der Bronzezeit. Mehr als 4000 Jahre alte Ringe, Spangenbarren und Beilklingen waren auffallend einheitlich gefertigt. Damit könnten sie Handel über große Distanzen ermöglicht haben - als eine Art frühe gemeinsame Währung" (Süddeutsche, 17.2.): https://www.sueddeutsche.de/wissen/bronzezeit-waehrung-europa-geld-spangenbarren-1.5207802

"Changing livestock in ancient Europe reflect political shifts. Archaeology shows that politics and economics played a major impact in choosing livestock" (PLOS, 17.2.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-02/p-cli021621.php

Kharaneh IV (Jordanien): "A body burned inside a hut 20,000 years ago signaled shifting views of death. Linking the dead with human-built structures may have brought the dead and living closer" (Science News, 16.2.): https://www.sciencenews.org/article/ancient-body-burned-burial-jordan-death-views

"Acht Meter tief Geschichte. In Köln schaufeln derzeit Archäologen das alte Judenviertel aus. Ein Besuch in der wohl spannendsten Grube der Republik" (taz, 16.2.): https://taz.de/Juedisches-Leben-in-Koeln/!5748613/

"Neandertaler-Genvarianten können das Risiko für schwere Covid-19 Verläufe sowohl erhöhen als auch verringern" (MPI für evolutionäre Anthropologie, 16.2.): https://www.mpg.de/16435641/0216-evan-neandertaler-genvarianten-150495-x

"Neandertaler und Homo sapiens nutzten beide nubische Levallois-Technik" (MPI für Menschheitsgeschichte, 15.2.): https://www.shh.mpg.de/1957165/blinkhorn-nubian-technology

"Stonehenge stand ursprünglich ganz woanders. Eines der berühmtesten Bauwerke der Welt ist womöglich nur ein Secondhand-Monument. Forscher haben Hinweise darauf gefunden, dass Stonehenge schon vor langer Zeit 200 Kilometer versetzt wurde" (Spiegel, 12.2.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/stonehenge-steinzeit-monument-stand-urspruenglich-in-wales-a-e58a6930-b2ba-4544-951a-c4745ab4bb38 und "England’s Stonehenge was erected in Wales first" (Science Magazine, 11.2.): https://www.sciencemag.org/news/2021/02/england-s-stonehenge-was-erected-wales-first

"Une halte de chasse gravettienne à Crest, dans la Drôme" (INRAP; 10.2.): https://www.inrap.fr/une-halte-de-chasse-gravettienne-crest-dans-la-drome-15492

"Über die Ursprünge unserer Art. Neue fossile Funde und genetische Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es nicht den einen geografischen und zeitlichen Ursprung des modernen Menschen gibt" (MPI für Menschheitsgeschichte, 10.2.): https://www.shh.mpg.de/1956165/scerri-on-the-origin-of-our-species

"Specialists highlight the potential of La Cova del Moro to further explore the Upper Palaeolithic in the Valencian Community" (Asociación RUVID, 5.2.): https://www.alphagalileo.org/en-gb/Item-Display/ItemId/204261

"Die frühmittelalterlichen Bestattungen des Jauntals. Kärnten war ein kultureller Schmelztiegel. Gräbern ermöglichen Rückschlüsse auf Geschichte und Gesellschaft von vor 1.000 Jahren" (Der Standard, 4.2.): https://www.derstandard.at/story/2000123839524/die-fruehmittelalterlichen-bestattungen-des-jauntals

Sobibor: "Children's ID tags unearthed at Nazi death camp in Poland" (Live Science, 4.2.): https://www.livescience.com/nazi-death-camp-sobibor-children-id-tags.html

"Archaeologists unearth bronze age graves at Stonehenge tunnel site. Experts also find neolithic pottery and mysterious C-shaped enclosure at A303 excavation site" (The Guardian, 4.2.): https://www.theguardian.com/uk-news/2021/feb/04/archaeologist-unearth-bronze-age-graves-stonehenge-a303-tunnel-site

"12 Ausgrabungen in Berlin: Gold, Schädel und Häuser unter der Stadt" (Tip Berlin, 3.2.): https://www.tip-berlin.de/stadtleben/geschichte/ausgrabungen-in-berlin-archaeologie

"Plusieurs millénaires d’occupation humaine à Guilers (Finistère)" (INRAP, 3.2.): https://www.inrap.fr/plusieurs-millenaires-d-occupation-humaine-guilers-finistere-15481

"Was 3500 Jahre alter Zahnstein über unsere Vorfahren verrät. Zähne sind für Anthropologen Schatzkammern. Durch DNA-Tests, Isotopenuntersuchung und Paläoproteinanalyse finden sie Erstaunliches über frühere Ernährungsgewohnheiten und Berufe heraus" (Spiegel, 3.2.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/archaeologie-was-zaehne-ueber-unsere-ahnen-verraten-a-00000000-0002-0001-0000-000175089091

"New discovery sheds light on human history of symbols. A recent discovery by archeologists has uncovered evidence of what may be the earliest-known use of symbols" (The Hebrew University of Jerusalem, 3.2.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-02/thuo-nds020321.php

"What did the Swiss eat during the Bronze Age? Scientists from UNIGE have analysed the skeletons of several Bronze Age communities that lived in Western Switzerland in order to reconstruct the evolution of their diet" (Universität Genf, 1.2.): https://www.unige.ch/communication/communiques/en/2021/que-mangeaient-les-suisses-a-lage-de-bronze/

"Un cimetière mérovingien à Mortagne-sur-Sèvre" (INRAP, 1.2.): https://www.inrap.fr/un-cimetiere-merovingien-mortagne-sur-sevre-vendee-15477

"Als Flüsse durch eine grüne Sahara flossen" (Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum, 29.1.): https://www.gfz-potsdam.de/medien-kommunikation/meldungen/detailansicht/article/als-fluesse-durch-eine-gruene-sahara-flossen/

"Beweglicher Daumen ebnete den Weg zur menschlichen Kultur. Präzise Greifen und grazilere Werkzeuge herstellen: Vor rund zwei Millionen Jahren verschaffte ihre bessere Feinmotorik den ersten Menschen einen evolutionären Vorteil" (Universität Tübingen, 28.1.): https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/newsfullview-aktuell/article/beweglicher-daumen-ebnete-den-weg-zur-menschlichen-kultur/

"The Enigmatic Tablets from Late Bronze Age Deir ‘Alla" (ASOR, 28.1.): http://www.asor.org/anetoday/2021/01/enigmatic-tablets

"A glimpse into the wardrobe of King David and King Solomon, 3000 years ago. Joint research by the Israel Antiquities Authority, Tel Aviv University and Bar Ilan University" (Tel-Aviv University, 28.1.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-01/tu-ag012721.php

"Alte Proteine helfen, frühen Milchkonsum in Afrika nachzuvollziehen. In Ostafrika wurde bereits vor der Entwicklung von Laktase-Persistenz Milch konsumiert" (MPI für Menschheitsgeschichte, 27.1.): https://www.shh.mpg.de/1950851/boivin_bleasdale_ancient_proteins?c=1936384

"Pace of prehistoric human innovation could be revealed by 'linguistic thermometer'. Physics expert joins forces with linguists to better model the past" (University of Manchester, 27.1.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-01/uom-pop012621.php

"Spuren des Leidens und des Mordens. Mit den Mitteln der Archäologie, der Materialforschung und der Epidemiologie: Wie Holocaustforschende lange verborgene Zeugnisse der Opfer sichtbar machen" (Tagesspiegel, 26.1.): https://www.tagesspiegel.de/wissen/interdisziplinaere-holocaustforschung-spuren-des-leidens-und-des-mordens/26853818.html

"Inequality in medieval Cambridge was ‘recorded on the bones’ of its residents" (University of Cambridge, 26.1.): https://www.cam.ac.uk/stories/medievalinequality

"Un crâne de cerf dans une fosse circulaire du Mésolithique à Crisenoy (Seine-et-Marne)" (INRAP, 26.1.): https://www.inrap.fr/un-crane-de-cerf-dans-une-fosse-circulaire-du-mesolithique-crisenoy-seine-et-15463

"First people to enter the Americas likely did so with their dogs" (Durham University, 25.1.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-01/du-fpt012221.php

Tabun-Höhle (Israel): "The oldest known abrading tool was used around 350,000 years ago. Using a grinding or rubbing stone represented an early shift in stone-tool making" (The Scientist, 21.1.): https://www.sciencenews.org/article/oldest-known-abrading-tool-archaeology-tabun-cave

"So sahen im bronzezeitlichen Europa die Vorläufer des Geldes aus. Forscher untersuchten Ringe, Spangen und Äxte, die vor allem eines haben mussten: Standardgröße" (Der Standard, 21.1.): https://www.derstandard.de/story/2000123465421/so-sahen-im-bronzezeitlichen-europa-die-vorlaeufer-des-geldes-aus

"Ostsee" Taucher bergen sechs Enigma-Chiffriermaschinen" (Spiegel, 21.1.): https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/enigma-taucher-bergen-sechs-chiffriermaschinen-aus-der-ostsee-a-7eab6f23-ea83-4311-aaa8-89d45b29f350

"Des Nécropoles et des habitats de l’âge du Bronze final et de La Tène ancienne à Bazicourt (Oise)" (INRAP, 20.1.): https://www.inrap.fr/des-necropoles-et-des-habitats-de-l-age-du-bronze-final-et-de-la-tene-ancienne-15419

"On the origins of money: Ancient European hoards full of standardized bronze objects. Early Bronze Age cultures traded in bronze objects of standardized weight" (PLOS, 20.1.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-01/p-oto011321.php

"Georadar reveals 15 burial mounds and 32 mysteries. Studies using ground penetrating radar (GPR) have revealed exciting archaeological finds from the Viking Age and earlier in Nordland county" (Norwegian University of Science and Technology, 19.1.): https://norwegianscitechnews.com/2021/01/georadar-reveals-15-burial-mounds-and-32-mysteries/

"50 ancient coffins uncovered at Egypt's Saqqara necropolis. Wooden sarcophagi discovered at site south of Cairo along with funerary temple of Queen Naert" (The Guardian, 17.1.): https://www.theguardian.com/world/2021/jan/17/archaeologists-uncover-new-treasure-trove-at-egypts-saqqara-necropolis

Karelia, Russia: "Teeth pendants speak of the elk’s prom­in­ent status in the Stone Age" (University of Helsinki, 14.1.): https://www.eurekalert.org/pub_releases/2021-01/uoh-tps011421.php

"Une maison de l’âge du Bronze à Ivry-sur-Seine (Val-de-Marne)" (INRAP; 13.1.): https://www.inrap.fr/une-maison-de-l-age-du-bronze-ivry-sur-seine-val-de-marne-15443

"Warty pig is oldest animal cave art on record. The piggies were painted in Indonesian caves" (LiveScience, 13.1.): https://www.livescience.com/pig-oldest-cave-animal-drawing.html

 

3.3        Was wissen wir über Neandertalerinnen?

"Neandertalerinnen"? Das Wort klingt so sperrig, dass sich Mancher überlegt, ob es überhaupt existiert, ob nicht "weibliche Neandertaler" korrekt wäre. Über die vielen Jahrzehnte ihrer archäologischen Erforschung wurden Neandertaler meist als männlich gedacht, weibliche Neandertaler wurden seltener und vor allem hinsichtlich "häuslicher" Aktivitäten (Kinderbetreuung, Nahrungszubereitung, Körperpflege) diskutiert. Die Anthropologin Diane Gifford-Gonzalez spricht dabei von "Kulissen", in welche die Archäologie Neandertalerinnen steckte: Sie sahen sie kaum als Akteure, die beispielsweise Steinbearbeitung vornehmen oder jagen. Nuanciertere Ansätze seit den 1980er-Jahren hätten sich kaum durchsetzen können, schreibt jetzt Rebecca Wragg Sykes in einem lesenswerten Essay im digitalen Kulturmagazin "Aeon". Die Autorin des viel beachteten Buchs "Kindred: Neanderthal Life, Love, Death and Art" betont: "Failing to consider the biological and social context of half the population will lead to unbalanced theories, and potentially miss key perspectives." Beispielsweise hätten Neandertalerinnen höchstwahrscheinlich gejagt, doch vieles über das Leben der Frauen sei noch unbekannt. Der Artikel ist nicht kurz, aber eine höchst kundige Einführung ins Thema.

Rebecca Wragg Sykes: "Sheanderthal. Not all Neanderthals were ‘cavemen’: half were women. What can archaeologists tell us about how they lived?" (Aeon, 12.1.): https://aeon.co/amp/essays/what-do-we-know-about-the-lives-of-neanderthal-women

 

3.4        "Eine kraftvolle Durcharbeitung des Stoffes": Anthony Harding, "Bronze Age Lifes" (2021)

Der weithin bekannte britische Metallzeitspezialist Anthony Harding, geb. 1946, hat 2015-16 im Kontext einer Gastprofessur an der LMU München Vorträge über die Bronzezeit gehalten, weit ausgreifende Synthesen zum aktuellen Forschungsstand aus seiner Sicht. Dabei beflügelten ihn besonders die vielen neuen Informationen, die sich im vergangenen Jahrzehnt ergeben hatten, insbes. durch die naturwissenschaftlichen Daten und genetischen Analysen. Nun ist im Verlag de Gruyter im Open Access eine Schriftfassung dieser Vortragsreihe veröffentlicht worden, als handliches Buch von etwa 125 Seiten Text. In sechs Kapiteln geht es um "The life of ..." (1) the Bronze Age, (2) people, (3) objects, (4) places, (5) societies, (6) The afterlife of the Bronze Age - also eine fragestellungsorientierte Gesamtdarstellung der europäischen Bronzezeit. Während viele Epochen-Synthesen heute als Kollektionen von Essays in Ausstellungskatalogen erscheinen, hier also eine kraftvolle Durcharbeitung des Stoffes durch einen in der Forschung tief verwurzelten Experten, eine Synthese im echten Sinne.

Harding, A. (2021). Bronze Age Lifes. (Münchner Vorlesungen zu Antiken Welten, 6). Berlin: de Gruyter. Open Access: https://www.degruyter.com/view/title/580436

 

3.5        "Fachwissenschaftlich einwandfrei und zugleich allgemeinverständlich": Martin Langebach (Hrsg.), "Germanenideologie. Einer völkischen Weltanschauung auf der Spur" (2020)

Björn Höcke spielt mit dem Forschungsbegriff "Ethnogenese", Rechtsterroristen beziehen sich auf das germanische Erbe, völkische Weltanschauungssekten legen Friedhöfe in Grabhügelfeldern an: Die extreme Rechte hat einen besonderen Bezug zur Frühgeschichte. Sieht man einmal von der Bremer Ausstellung "Graben für Germanien" (2013) ab (die letztlich nicht auf die Germanen, sondern die germanophile Archäologie während des Nationalsozialismus zielte), fehlte bislang eine spartenübergreifende Gesamtdarstellung dieses Phänomens "Germanen", die fachwissenschaftlich einwandfrei und zugleich allgemeinverständlich ist. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat diese Lücke mit einem Ende 2020 erschienenen, ca. 200 Seiten starken Band geschlossen: Der Herausgeber Martin Langebach konnte dafür fachliche Schwergewichte wie Mischa Meier, Uta Halle oder Uwe Puschner gewinnen. Kompetent und eingängig formuliert ist in dem Band der aktuelle Forschungsstand zum Thema dargelegt. Der Bogen spannt sich von den althistorischen Grundlagen (Mischa Meier) über die Geschichte der völkischen Forschung (Ingo Wiwjorra, Uwe Puschner), der Archäologie im Nationalsozialismus (Uta Halle), dem Germanenbild in Lehrplänen und Medien (Miriam Sénécheau) bis hin zur Bedeutung des Stoffes für die moderne extreme Rechte (Karl Banghard). Dank des geringen Preises von 4,50 Euro und des enormen Verteilerkreises der Bundeszentrale für politische Bildung erreicht das Thema damit Bevölkerungskreise, an die selbst archäologische Populärwissenschaft nicht herankommt.

Martin Langebach (Hrsg.) (2020). Germanenideologie. Einer völkischen Weltanschauung auf der Spur. (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, 10589). Bonn: https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/316813/germanenideologie

 

3.6        5.000 Einwohner auf der Heuneburg? Eine spannende Debatte in der aktuellen "Germania"

In einem sehr lesenswerten Aufsatz im jüngsten, noch nicht im Open Access stehenden Jahrgang der "Germania" hat Robert Schumann (Hamburg) die derzeit im Heuneburg-Team als wahr erachtete Schätzung der Einwohnerzahl der Heuneburg von 5.000 Einwohnern (und damit ähnlicher Größenordnung wie das zeitgenössische Athen oder die Etruskerstädte) kritisch beleuchtet. Nach gründlicher Sichtung aller publizierten Daten und deren kritischer Einordnung und Bewertung kommt er auf eine Schätzung von mindestens 1.800 und maximal 2.800 Einwohnern - was immer noch sehr hohe Ansätze sind. In einem in dieser Auslegung mit Rede, Gegenrede(n) und Conclusio für die Germania neuen Format "Diskussionen/Discussions", das dem seit 1972 in der Archäologischen Informationen etablierten "Forum" sehr ähnelt, findet anschließend eine Debatte dieser Thesen durch andere Experten statt. Dirk Krausse und das Heuneburg-Team verteidigen die Zahl 5.000, schließen sogar höhere Ansätze nicht aus. John Bintliff wie auch Knut Rassmann betonen, dass solche (hohen) Zahlen mit spezifischen Sozialstrukturen einhergehen und man diese vertieft beleuchten müsse, um den hohen Schätzungen Plausibilität zu geben. In seiner Antwort drückt Robert Schumann seine Freude aus, dass seine Intention, eine Debatte dieser bislang unhinterfragten hohen Schätzungen anzuschieben, erfolgreich war. In der Sache verteidigt er seine Schätzungen und betont, dass viele Informationen, die die hohen Schätzungen von Krausse & Team evtl. bestätigen könnten, noch unpubliziert seien. Die Debatte zeige daher auch, in welch hohem Ausmaß derzeit wichtige Quellenvorlagen zur Heuneburg ausstünden.

Schumann, R. (2020). 5000 Heuneburgians? A critical evaluation of the estimated population size of the exceptional early Iron Age settlement complex of the Heuneburg. Germania 97 (2020), 171-205 :

https://www.academia.edu/45043272/5000_Heuneburgians_A_critical_evaluation_of_the_estimated_population_size_of_the_exceptional_early_Iron_Age_settlement_complex_of_the_Heuneburg

 

3.7        Klimawandel bedingt Aussterben der Megafauna in Nordamerika

Seit den 1960er Jahren verbindet man das Aussterben großer Landsäugetiere wie z. B. Mammut, Mastodon u. a. - der sog. Megafauna mit einem Erwachsenenkörpergewicht von größer 44 kg - in Nordamerika mit dem Einwirken der Menschen. Um etwa 9500 v.Chr. sei es durch übermäßigen Jagddruck zum Aussterben von etwa 37 Arten gekommen. Eine groß angelegte neue Studie verwirft nun die Menschen als alleinige Ursache dieses Aussterbens oder auch die Kombination von Mensch und Umweltveränderung, sondern macht alleine den abrupten Klimawandel am Ende der Eiszeit (Bölling/Alleröd, Jüngere Dryaszeit) für das Aussterben der Megafauna in Nordamerika verantwortlich. Interessant. Erst vor fünf Jahren war eine (im gen. Aufsatz nicht zitierte) Studie von Frédérik Saltré et al. in derselben Zeitschrift bei gleicher Fragestellung für Australien zum gegenteiligen Ergebnis gekommen: Der Klimawandel könne nicht die Ursache für das massenhafte Aussterben der Megafauna in Australien gewesen sein.

Stewart, M., Carleton, W. C. & Groucutt, H. S. (2021). Climate change, not human population growth, correlates with Late Quaternary megafauna declines in North America. Nature Communications, 12, 965 (2021). https://www.nature.com/articles/s41467-021-21201-8

Saltré, F., Rodríguez-Rey, M., Brook, B. et al. (2016). Climate change not to blame for late Quaternary megafauna extinctions in Australia. Nature Communications, 7, 10511 (2016). https://www.nature.com/articles/ncomms10511

 

3.8        Das Konzept des Anthropozäns und die Archäologie

Auf den Chemiker Paul Crutzen geht der Begriff "Anthropozän" zurück. Dieser bezeichnet nach dem Pleistozän und Holozän jene Periode, in welcher der Mensch zur entscheidenden Kraft für die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde ist. Der Beginn dieses Zeitalters ist wird in der Forschung verschieden datiert, u. a. auf ca. 1950. Rainer Schreg (Univ. Bamberg) widmete der Thematik anlässlich des Todes von Paul Crutzen am 28.1. einen ausführlichen Blogpost und diskutiert dabei, inwiefern die prähistorische Archäologie, aber auch die historische Archäologie gefragt sind.

Rainer Schreg: " Paul Crutzen, das Anthropozän und die Archäologie" (Archaeologik, 20.2.): https://archaeologik.blogspot.com/2021/02/paul-crutzen-das-anthropozan-und-die.html

 

4         Archäoinformatik

4.1        Handreichung zur Rezension von Forschungssoftware

Im September 2019 hatten S. Ch. Schmidt, K.-Chr. Bruhn und F. Siegmund auf der Tagung der deutschen CAA in Wilhelmshaven ihre Überlegungen zu einer neuen thematischen Option in den Archäologischen Informationen vorgestellt und begründet: Rezensionen von Forschungssoftware (DGUF-Newsletter vom 3.10.2019 Punkt 4.4). Das Fachpublikum war von dem Gedanken angetan, insbesondere von der damit verbundenen Respekt- und Reputationsbezeugung dieser immer wichtiger werdenden digitalen Produkte und ihrer Autorinnen und Autoren. Doch die dem Vortrag folgende lebendige Aussprache machte auch deutlich, dass zur Etablierung dieses Formats Orientierung gewünscht werde und eine Art Regelwerk. Im Jan. 2021 hat die Expertenrunde, welche sich im Anschluss an den Vortrag formierte, eben dieses vorgelegt - eine Handreichung, bescheiden als "Diskussionsbeitrag" tituliert. Diese Handreichung umreißt, welche Art von Software aus ihrer Sicht in Betracht komme, und welche Kriterien an sie angelegt werden könnten resp. sollten. Denn die Kriterien sind in der Handreichung sogleich gewichtet in erwägenswerte, wichtige und besonders wichtige Themen. Das siebenköpfige Autorenteam betont am Ende des Aufsatzes: "Unsere hier vorgestellten Überlegungen und der Fragenkatalog sollen [...] als Diskussionsanstoß und Impuls zur Etablierung eines gemeinsamen Verständnisses der Anforderungen an eine Software-Rezension verstanden werden." Die Autoren hoffen, dass der Beitrag eine weitergehende Debatte anstößt, die ggf. auch in ein Update der Handreichung münden könnte. Doch bereits im Ist-Zustand bietet der Text für Interessierte einen soliden und in der Community nun akzeptierten Rahmen. Wobei der Text keineswegs an die Arch. Inf. gebunden ist, sondern einen allgemeingültigen Charakter hat. Auf vielfachen Wunsch der Community bieten die Autoren ihren Artikel auch in englischer Sprache an. - Die DGUF, die 1999 ihren ersten "Deutschen Archäologiepreis" an I. Scollar und I. Herzog vergeben hatte für ihre "Verdienste um die Einführung elektronischer Datenverarbeitungssysteme in die deutsche Archäologie und die Entwicklung mathematischer und statistischer Methoden für die archäologische Arbeit", setzt mit diesem Paket aus Publikationsangebot plus Handreichung ihr bes. Augenmerk auf Statistik und fachliche IT fort und bietet den laufenden Innovationen eine Publikations- und Diskussionsplattform. Die Autoren haben auf GitHub einen Raum für die weitere Diskussion ihrer Vorschläge eingerichtet. Je nach Verlauf dieser Debatte soll in einem Folgejahrgang der Arch. Inf. die Handreichung ein Update erfahren und die Diskussion darum zusammenfassend vorgestellt werden oder auch (in einem "Forum") die das Thema diskutierenden Aufsätze publiziert werden.

Homburg, T., Klammt, A., Mara, H., Schmid, Cl., Schmidt, S. Ch., Thiery, F. & Trognitz, M. (2020). Diskussionsbeitrag: Handreichung zur Rezension von Forschungssoftware in der Archäologie und den Altertumswissenschaften. Archäologische Informationen 43, Early View, online publiziert 19. Jan. 2021. https://www.dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_homburg-etal.pdf

- In English: Recommendations for the review of archaeological research software. Archäologische Informationen 43, Early View, published online 19. Jan. 2021. https://www.dguf.de/fileadmin/AI/archinf-ev_homburg-etal_english.pdf

Research-Squirrel-Engineers: "Impuls Softwarerezensionen DGUF": https://github.com/Research-Squirrel-Engineers/Impuls_SoftwareRezensionen_DGUF

"1999: Deutscher Archäologiepreis für Irwin Scollar und Irmela Herzog" (DGUF.de): https://www.dguf.de/archaeologiepreis/preistraeger-1999

 

4.2        LiDAR-Auswertungssoftware "Relief Visualization Toolbox" jetzt als QGIS-Plugin verfügbar

Für Insider ist mit dem Titel schon alles klar, Freude herrscht, Newsletterbeitrag fertig. Das ging mal schnell ... Nur, alle Nichteingeweihten verstehen vermutlich wieder Bahnhof und Bratkartoffeln, maximal. Also, Langfassung: QGIS, das ist dieses berühmt-berüchtigte Geographische Informationssystem, von dem hier im Newsletter gerne mal die Rede ist. Frei, kostenlos, Open Source, kann alles (außer Kaffeekochen), wird in der Archäologie inzwischen vielfach eingesetzt für alles, was irgendwie auskartiert werden muss - von der Grabung bis zur Fundverbreitung der frühmittelalterlichen Gürtelschnalle vom Typ Heinsberg-Wegberg Süd IIIa1b. Und die Relief Visualization Toolbox, kurz RVT? Hierbei handelt es sich um ein Software-Paket einer slowenischen Arbeitsgruppe um Žiga Kokalj, das dazu dient, ein Geländerelief zu visualisieren - logo, sagt der Name ja schon. Heißt: Man nimmt ein beliebiges digitales Geländemodell und lässt es von der RV-Toolbox so durch den Wolf drehen, dass man hinterher - hoffentlich! - die archäologisch relevanten Gelände(klein)formen, also Grabhügel, Erdwerke, Gräben und Co, besser sieht. Oder überhaupt sieht. Funktioniert mit LiDAR-Daten des Airborne Laserscanning genauso wie mit per Photogrammetrie erstellten Geländemodellen. Früher, als RVT ausschließlich als eigenständiges Programm verfügbar war, hieß der Workflow häufig: Zeugs aus QGIS raus, nach RVT rein, prozessieren, abwarten und den von QGIS nicht gekochten Kaffee trinken, wieder zurück nach QGIS laden, anschauen, an den Parametern schrauben, da capo. Und jetzt geht das dank RVT-Plugin für die wichtigsten Funktionen direkt in QGIS - schlank, schnell, bequem und ohne Programmwechsel oder Rumschieben von Daten. Wie gesagt: Freude herrscht.

Ankündigung des RVT-Plugins für QGIS auf Twitter: https://twitter.com/Geosapere/status/1352759946056785921

Website Relief Visualization Toolbox: https://iaps.zrc-sazu.si/en/rvt#v

Website QGIS: https://qgis.org/de/site/

Nina Lutz: "Relief Visualization Toolbox 2.0. Ein nützliches Tool zur Auswertung von Lidardaten" (Rundbrief Grabungstechnik 15, 2019, 8-11): https://feldarchaeologie.de/wordpress/wp-content/uploads/2019/08/Publ_News_15.pdf

 

4.3        Forschungsdatenmanagement in Baden-Württemberg

Am 25. Jan. veröffentlichte der Arbeitskreis Forschungsdatenmanagement der baden-württembergischen Universitäten einen "Leitfaden - Verantwortungsvoller Umgang mit Forschungsdaten". Er wird von der AG der Direktorinnen und Direktoren der Universitäts- und Landesbibliotheken Baden-Württembergs und dem Arbeitskreis der Leiterinnen und Leiter der wissenschaftlichen Rechenzentren in Baden-Württemberg befürwortet und soll nun an den Universitäten des Landes implementiert werden. Kai-Christian Bruhn, NFDI4Objects, begrüßt das Papier, weil "es geeignet ist, konkrete institutionelle Maßnahmen zum Forschungsdatenmanagement anzuregen und auf eine belastbare Grundlage zu stellen". Dank der Veröffentlichung unter der Lizenz CC BY sei es gut möglich, hiervon "rechtssicher angepasste Dokumente abzuleiten". Der 13-seitige Leitfaden spricht insbes. die Themen (1) Rahmenbedingungen, (2) Stakeholder, (3) Umsetzung und (4) Kosten eines verantwortungsvollen Umgangs mit Forschungsdaten an und gibt konkrete Empfehlungen.

"Leitfaden zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsdaten" (forschungsdaten.info, 25.1.):

https://www.forschungsdaten.info/nachrichten/nachricht-anzeige/leitfaden-zum-verantwortungsvollen-umgang-mit-forschungsdaten/

 

4.4        Zehn Jahre! - AG CAA feiert Geburtstag

Am 5.2. feierte die (deutsche) AG Computer-Anwendungen und Quantitative Methoden in der Archäologie e. V. (AG CAA) ihren 10. Geburtstag, notwendigerweise als Videoschalte. Von den derzeit ca. 310 Mitgliedern der AG nahmen ca. 25 Mitglieder an der Feier teil, insbes. auch die aktuellen und vergangenen Vorstände. Interessant waren die gemeinsamen Erinnerungen an die förmliche Gründung der AG im Februar 2011 und "an früher". Dabei wurde deutlich, dass aus Sicht der Vorstände die Tagung der internationalen CAA 2007 in Berlin einen wesentlichen Impuls gab, sich förmlicher als zuvor zum Verein zu organisieren. Als zweites Gründungsstandbein, der zu einem Identitätskern der AG wurde, wurden die in jener Zeit begründeten Workshops genannt. Während sich die eigentlichen Tagungen der AG CAA eher als Treffen der Spezialisten und Forschenden verstanden, wandten sich die (erfolgreichen) Workshops mehr an Neugierige, an Anfänger und Lernende, um diese in die Arbeit und die Themen der AG CAA einzuführen. Interessant, dass die ehemaligen und aktiven Vorstände der AG CAA nur mehr wenige Verbindungen zur frühen Zeit anführten, d. h. an die Epoche der 1981 gegründeten "Arbeitsgemeinschaft Quantitative Methoden in der Archäologie". Tim Kerig, Gründungsvorstand der AG CAA, sprach in seinem "Blick zurück" von einem inhaltlichen Umbruch, der anfangs der 2000er-Jahre erfolgt sei: Während im 20. Jahrhundert - der Pionierzeit - vor allem statistische Methoden und Datenbanken im Vordergrund der Tagungen gestanden hätten, sei ab der Jahrtausendwende der Themenbereich praktische Software und Softwarepraxis in den Vordergrund getreten. Mit der seinerzeit erfolgenden breiten Aufnahme von IT, Datenbanken und GIS in die Bodendenkmalpflege seien ganz neue Anwenderkreise hinzugekommen. Der Ära der Spezialisten sei ab den 2000er-Jahren die Ära der Anwender gefolgt. Für die Frage nach der Zukunft der AG CAA und ihres Tätigkeitsfeldes bestand Konsens: IT-gestützte Methoden seien nun zwar fast überall verankert, insbes. auch in der universitären Lehre, aber der Kreis der Spezialisten und Stellen sei in Relation zum tatsächlich Bedarf und zur Bedeutung weiterhin zu gering.

https://ag-caa.de/

 

4.5        Skalen mit ggplot2

"R" ermöglicht sehr elaborierte, exakt abgestimmte Grafiken - sagt man. Doch in der Praxis rätselt man allzu oft am "wie?" resp. am "wie ging das noch mal?". Der Blog "ggplot2tor" von Christian Burkhart hat sich zur Aufgabe gemacht, beispielhafte Modellgrafiken sorgfältig zu erklären und den Lernenden guten Code anzubieten. Aktuelle Neuerscheinung im Blog ist ein "Complete Guide to Scales", d. h. ein Führer durch alle Möglichkeiten von ggplot2, Skalen zu erzeugen. Neben einer kompletten Liste gibt es zwei einfache Filter, mit denen man die Art der darzustellen Variablen auswählen kann und die grundsätzliche "aesthetic". Übrig bleibt dann eine entsprechend verkürzte Liste von Skalen-Optionen. Dazu gibt es dann Grafik-Beispiele plus R-Code, das Ganze interaktiv dank Shiny. Ein wirklich schönes Nachschlagewerk.

Complete Guide to Scales (ggplot2tor): https://ggplot2tor.com/scales

ggplot2tor - "Custom-made tutorials and applications that upskill your ggplot2 knowledge": https://ggplot2tor.com/

 

4.6        ggpointgrid: Visualisierung kleiner Kreuztabellen

DGUF-Studienpreisträger Clemens Schmid ("nevrome") stellt auf seinem GitHub-Account neu das R-Paket ggpointgrid zur Verfügung, das es ermöglicht, kleine Kreuztabellen zu visualisieren, indem die Häufigkeiten als Punkte bzw. Punktblöcke auf einem Gitter dargestellt werden. Das kann nach Meinung der Newsletter-Redaktion zwar die konventionelle Analyse mit Erwartungswerten, Residuen und Chi-Quadrat-Test nicht ersetzen, hilft jedoch sehr, die statistische Analyse durch eine schnell auffassbare Visualisierung zu unterstützen.

nevrome / ggpointgrid (15.2.): https://github.com/nevrome/ggpointgrid/

 

4.7        Im Open Access: "Modern Data Science with R"

Die zweite Ausgabe des o. g. Buches ist via GitHub kostenlos les- und nutzbar. Das Buch bietet eine sehr umfassende Einführung in die Datenverwaltung, -visualisierung (inkl. Kartierungen) und auch in die statische Analyse. Alle Themen werden an Beispielen mit adaptier- und weiterverwendbarem Code erläutert. Die Autoren bewegen sich vollständig im Milieu des Tidyverse (inkl. ggplot2). Für R-Nutzer, die dem klassischen R verhaftet sind, ist es daher wenig hilfreich, für Freunde des Tidyverse jedoch eine wirklich gute und umfassende Einführung. Ab März 2021 ist auch eine gedruckte Fassung erhältlich.

Baumer, B. S., Kaplan, D. T. & Horton, N. J. (2021). Modern Data Science with R. 2nd edition. (GitHub): https://mdsr-book.github.io/mdsr2e/

Baumer, B. S., Kaplan, D. T. & Horton, N. J. (2021). Modern Data Science with R. 2nd edition. (10.1.2021). CRC Press. https://www.routledge.com/Modern-Data-Science-with-R/Baumer-Kaplan-Horton/p/book/9780367191498

 

4.8        Im Open Access: "QGIS Online Course for Classical Studies"

Im Oktober 2020 hielten Dr. Pieter Houten (Univ. Nottingham) und Dr. Jan Schneider (Grabungsfirma SPAU) im Kontext des TOLETUM-Netzwerkes einen einwöchigen Online-Kurs über das Geoinformationssystem QGIS, gerichtet an Anfänger im Bereich Archäologie und Altertumswissenschaften. Der Kurs steht nun auf GitHub im Open Access zur Verfügung. Er eignet sich zum Selbststudium.

"QGIS Online Course for Classical Studies": https://github.com/Toletum-Network/QGIS_Classical_Studies

 

 

4.9        Eine Dosis QGIS-Spline-Plugin - und Deine Zickzack-Linie ist schön rund!

Aus aktuellem Anlass (weil's der Newsletterredakteur gerade brauchte) noch ein schneller QGIS-Tipp, bevor der DGUF-Newsletter rausgeht: Zackelig digitalisierte Linien werden schön sanft geschwungen mit dem neu auf QGIS 3 portiertem QGIS-Spline-Plugin. Fast wie mit Perwoll gewaschen. Funktioniert sowohl beim Neudigitalisieren als auch nachträglich. Und auch mit Polygonen. Hübsch!

"QGIS-Tipp: Spline-Plugin" (geoobserver.wordpress.com, 8.1.): https://geoobserver.wordpress.com/2021/01/08/qgis-tipp-spline-plugin/

QGIS-Spline-Plugin bei GitHub: https://github.com/erpas/spline

Lemma "Spline" bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Spline-Interpolation

 

5         Kulturgutschutz

5.1        Aktuelles rund um Kulturgutschutz in den Medien

"Eine weitere Fantasieprovenienz" (Archaeologik, 7.2.): https://archaeologik.blogspot.com/2021/02/eine-weitere-fantasieprovenienz.html

"Cross-Motorradfahrer zerstören Teile des Danewerks" (Nordschleswiger, 24.1.): https://www.nordschleswiger.dk/de/suedschleswig/cross-motorradfahrer-zerstoeren-teile-des-danewerks

"Porta Westfalica: Grabräuber gibt Urne nach mehr als 30 Jahren zurück" (Radio Westfalica, 21.1.): https://www.radiowestfalica.de/nachrichten/muehlenkreis/detailansicht/porta-westfalica-grabraeuber-gibt-urne-nach-mehr-als-30-jahren-zurueck.html

Swandro: "The ancient Orkney site where Picts and Vikings settled now under threat from pandemic" (The Scotsman, 16.1.): https://www.msn.com/en-gb/money/technology/the-ancient-orkney-site-where-picts-and-vikings-settled-now-under-threat-from-pandemic/ar-BB1cNIOX

 

6         Studium, Job-Themen und Personalia

6.1        EAA-Umfrage "Belästigung, Übergriffe, Mobbing und Einschüchterung (HABI) in der europäischen Archäologie"

Die Arbeitsgemeinschaft Archaeology and Gender in Europe (AGE) der European Association of Archaeologists (EAA) führt, nach einer räumlich begrenzten Pilotstudie im Jahr 2020, aktuell europaweit eine Umfrage über "Belästigung, Übergriffe, Mobbing und Einschüchterung (HABI) in der europäischen Archäologie" durch. Es geht um beleidigende Verhaltensweisen, sexuelle Belästigung und Übergriffe, geschlechtsspezifische, rassistische, religiöse, persönliche, auf der sexuellen Orientierung basierende, altersbedingte und behinderungsbedingte Belästigung, psychologische und machtbezogene Belästigung, körperliche Belästigung und Übergriffe, Online-Belästigung, Vergeltung sowie Mobbing und Einschüchterung umfassen. Der Fragebogen untersucht, ob die Fachleute und Studierenden der Archäologie in Europa (1) sich der Existenz von Belästigung, Übergriffen, Mobbing und Einschüchterung in ihrem Arbeits-, Forschungs- und Studienumfeld bewusst sind; (2) Gegenstand solcher Handlungen waren, und wenn ja (3) auf welche Weise diese sie auf persönlicher und beruflicher Ebene beeinträchtigt haben, (4) ob sie sie gemeldet haben und (5) ob Maßnahmen ergriffen wurden. Etwas naiv schreiben die Organisatoren: "Dieser Fragebogen kann sowohl von Überlebenden und Zeugen der oben genannten Verfehlungen, von Archäologen, die in keiner Weise davon betroffen waren, als auch von Tätern ausgefüllt werden." Dass Täter (und Wegschauende) die Umfrage nutzen, um ihr Verhalten zu reflektieren und darüber Auskunft zu geben, hält die Redaktion des DGUF-Newsletters für eher unwahrscheinlich. Gleichwie: Die Umfrage ist anonym, die Ergebnisse werden ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet, das Ausfüllen des in englischer und französischer Sprache verfügbaren Fragebogens dauert nach Angaben der Organisatoren ca. 15 Minuten. Wegen des sensiblen Sachverhalts und des spezifischen Vokabulars, das gelegentlich das Hinzuziehen eines Wörterbuchs erforderte, aber auch des "Erinnerungsschmerzes", hat das Ausfüllen des Fragebogens - so berichtete eine Gewährsperson der Newsletter-Redaktion - etwas länger als die genannten 15 Minuten gedauert. Die Umfrage endet am 28.2.

Link zum Fragebogen (bei Google Docs): http://bit.ly/3qSwi0H

 

6.2        Evžen Neustupný im Alter von 87 Jahren verstorben

Am 14.1. starb der tschechische Archäologe Evžen Neustupný. Er zählte zu den einflussreichsten Archäologen Europas der vergangenen 50 Jahre. Neustupný wurde 1933 als Sohn des Archäologen Jiří Neustupný in Prag geboren. Er studierte Vorgeschichte und Ägyptologie an der Prager Karls-Universität und wurde 1957 in prähistorischer Archäologie promoviert. Bis 1966 arbeitete er auf Rettungsgrabungen, kehrte dann nach Prag zurück und arbeitete bis 1998 hauptsächlich im Bereich der archäologischen Theorie; von 1990-1993 als Direktor des Institut. Neustupný war Mitglied des Präsidiums der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften. 1998 war er Gründungsdirektor und Ordentlicher Professor der Abteilung für Archäologie an der Universität Westböhmen in Pilsen; er war Gründungsmitglied der EAA. 2013 bei der EAA-Tagung in Pilsen wurde ihm zu Ehren ein Symposium "An Archaeologist at the Centre of Europe" abgehalten. EAA-Präsident Felipe Criado-Boad schrieb anlässlich Neustupnýs Tod über ihn: "One of those who made a substantial contribution to the real cultural and intellectual reunification of Europe, something that none of us should forget in these current circumstances, amidst centrifugal trends to break through the European dream."

 

6.3        Wissenschafts-Blog des Jahres 2020: Blog "Miss Jones" der Archäologie-Studentin Geesche Wilts

"Die Blogautorin hat keine Hemmungen, ihre ganze Persönlichkeit in ihre Berichte mit einzubringen", schreibt Wissenschaftsjournalist Reiner Korbmann, "das macht die Berichte so attraktiv gerade für Nicht-Archäologen." Wir gratulieren herzlich! Die Auszeichnung basiert auf knapp 5.000 abgegebenen Stimmen auf Korbmanns eigenem Blog "Wissenschaft kommuniziert". Im vergangenen Jahr hatte Wilts im Ranking en zweiten Platz belegt. Der letztjährige Sieger, das " Zukunftsblog" der ETH Zürich, belegte diesmal den zweiten Platz.

https://wissenschaftkommuniziert.wordpress.com/2021/01/19/die-wissenschafts-blogs-des-jahres-2020-sind-gewahlt-qualitat-und-kontinuitat/

 

6.4        Gesparte Flüge entlasten das Klima – und vier weitere große Vorteile virtueller Konferenzen

Die ZEIT berichtet von der "Neutrino 2020", einer mit 4.350 registrierten Teilnehmern aus 67 Ländern großen internationalen Physiker-Tagung, die im Juni/Juli 2020 notgedrungen als Online-Tagung stattfand. Die Erfahrungen der Teilnehmer mit dem Onlineformat zusammengefasst in fünf Thesen: (1) Die virtuelle Konferenz passt in den Alltag. (2) Keine Teilnahme scheitert am Geld (sofern keine bzw. nur geringe Teilnahmegebühren erhoben werden). (3) Virtuelle Konferenzen sind grün. [gemeint ist: umweltfreundlicher]. (4) Sachthemen rücken in den Vordergrund. (5) Koryphäen sind auch nur Roboter. Wobei zu (4) und (5) zu erläutern ist, dass die Teilnehmer nicht mit einem Porträtfotos oder Videobildern sichtbar waren, sondern mit einem aus einem großen Bildfundus ausgewählten Avatar. Vielleicht als zusätzliche These zitieren wir Steve Brice vom Forschungsinstitut FermiLab, der die Neutrino 2020 organisiert hat: "Ich bin der Letzte, der sagt, dass das hier eine echte Konferenz ersetzen kann", sagt. Was denken Sie: Sind die Erfahrungen physikspezifisch, und ist in der Archäologie alles ganz anders?

"Wenn die Avatare tagen. Eine virtuelle Konferenz mit Tausenden von Teilnehmern? Geht! Es gibt sogar viele Vorteile gegenüber normalen Treffen" (ZEIT, 20.1.): https://www.zeit.de/2021/04/virtuelle-konferenzen-vorteile-physikertagung-klima-kontakt

 

6.5        "Tutorium Augustanum" neu online bei Propylaeum

Das "Tutorium Augustanum", im WS 2002/03 von Andreas Hartmann in Augsburg ins Leben gerufen und seitdem stetig weiterentwickelt, ist heute eine weithin verwendete Grundlage für den Anfängerunterricht im Fach Alte Geschichte. Es versucht, noch praxisnäher und anschaulicher in den Umgang mit Bibliotheken, Quellen und Sekundärliteratur zur Alten Geschichte einzuführen, um den Preis einer deutlichen Steigerung des Umfangs gegenüber seinem Vorgänger, dem "Althistorischen Proseminarheft" von Kai Brodersen, Beate Greif und Gregor Weber. Der in Kopien weit verbreitete und vielerorts kanonisch genutzte Text ist nunmehr ins Portal Propylaeum eingestellt worden und steht frei online zur Verfügung. Nach diesem Transfer hat der Autor eine umfassende Überarbeitung angekündigt. Das "Tutorium Augustanum" ist ein beachtliches Beispiel dafür, wie an einem Standort entwickelte Lehre und das zugehörige Lehrmaterial fürs ganze Fach nutzbar gemacht werden können.

Hartmann, A. (2021). Tutorium Augustanum.

https://www.propylaeum.de/e-learning/tutorium-augustanum

 

6.6        Museumspädagogik und Kulturvermittlung in die Künstlersozialkasse?

"MuseumspädagogInnen und KulturvermittlerInnen müssen in die Künstlersozialkasse (KSK) aufgenommen werden", um dort einen günstigen Zugang zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu erhalten. Das fordert seit 2.2. und noch gut zwei Monate lang die Petition der "MusPaeds Hamburg", einer Gruppe von Geisteswissenschaftlern und Künstlern. Die Petition wendet sich an den Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil und an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags. Die Petition kann frei unterzeichnet werden und hatte zum Redaktionsschluss des Newsletters 2% des Quorums von 50.000 Unterstützungen erreicht. Erreicht eine Petition innerhalb der Mitzeichnungsfrist das Quorum, so wird die Petentin bzw. der Petent regelmäßig in öffentlicher Ausschusssitzung des Deutschen Bundestags angehört.

Petition "Kulturvermittlung braucht soziale Absicherung! KSK für Museumspädagogik und Kulturvermittlung!": https://www.openpetition.de/petition/online/kulturvermittlung-braucht-soziale-absicherung-ksk-fuer-museumspaedagogik-und-kulturvermittlung

MusPaeds Hamburg: https://muspaeds.de/

 

6.7        Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs: Jetzt ist gut dokumentiert, was man schon immer wusste

Am 19.2. wurde in Berlin der "Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs" (BuWiN) vorgestellt. Der 248 Seiten lange Bericht trägt "Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland" zusammen. Ein umfassender Informationsfundus, aus dem man sich nun bedienen kann. Die Bundesbildungsministerin beispielsweise sieht sich bestätigt und titelt: "Tenure-Track-Programm sorgt für verlässliche Karrierewege in Wissenschaft und Forschung". Andere, wie z. B. René Krempkow bei "SciLogs" oder Armin Himmelrath im "Spiegel", entnehmen dem Bericht, dass sich nichts zum Guten geändert habe und der akademische Nachwuchs in Deutschland weiter schmählich schlecht behandelt werde. Das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung liest aus dem Bericht die klassische Heldengeschichte "nur die Härtesten kommen durch" heraus - formuliert dies allerdings vornehmer: "Für eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere braucht es in allen Disziplinen Begeisterung, Beharrlichkeit, viel harte Arbeit, einen gelassenen Umgang mit Unsicherheit und ein bisschen Glück." Auch die Universität Kassel, deren INCHER an der Studie beteiligt war, betont die positiven Aspekte: "Studie: Mit der Promotion nach wie vor gute Karrierechancen". Ungewöhnlich ist der inhaltliche Schulterschluss zwischen GEW und "Forschung & Lehre", dem offiziellen Organ des Deutschen Hochschullehrerverbandes. Beide oft konträren Interessenvertreter betonen: "Kein Ende der Misere" bzw. "Kaum Besserung für Forschernachwuchs". Bei so diversen Deutungen hilft am Ende nur, den Original-Bericht lesen und sich selbst ein Urteil bilden.

"Bundesbericht Wissenschaftlichen Nachwuchs 2021": https://www.buwin.de/

"Karliczek: Tenure-Track-Programm sorgt für verlässliche Karrierewege in Wissenschaft und Forschung" (Pressemitteilung des BMBF, 19.2.): https://www.bmbf.de/de/karliczek-tenure-track-programm-sorgt-fuer-verlaessliche-karrierewege-in-wissenschaft-und-13815.html

René Krempkow: "BuWiN 2021: Situation verbessert?" (SciLogs, 19.2.): https://scilogs.spektrum.de/wissenschaftssystem/buwin-2021/

Armin Himmelrath: "Frauen promovieren schneller - und seltener" (Spiegel, 19.2.): https://www.spiegel.de/panorama/bildung/frauen-promovieren-schneller-und-seltener-a-8889b231-c1c1-42f1-b39d-2141981c9b90?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ

"IHF-Begleitstudie „Fachkulturen und wissenschaftliche Karrieren“  zum Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) veröffentlicht: Fachkulturen beeinflussen die Wege zur Professur" (IHF, 19.2.): https://www.ihf.bayern.de/aktuell

"Studie: Mit der Promotion nach wie vor gute Karrierechancen" (Pressemitteilung Universität Kassel, 19.2.): https://www.uni-kassel.de/uni/aktuelles/meldung/2021/02/19/studie-mit-der-promotion-nach-wie-vor-gute-karrierechancen

"Befristungen: Kaum Besserung für Forscher-Nachwuchs" (Forschung & Lehre, 19.2.): https://www.forschung-und-lehre.de/karriere/kaum-besserung-fuer-forscher-nachwuchs-3510/

"Kein Ende der Misere in Sicht – Bund und Länder müssen handeln!" (GWE, 19.2.): https://www.gew.de/presse/pressemitteilungen/detailseite/neuigkeiten/gew-kein-ende-der-misere-in-sicht-bund-und-laender-muessen-handeln/

 

6.8        Zur corona-bedingten Online-Lehre: "Kamera an? Kamera aus?"

... fragt die Bloggerin und Hochschullehrerin Doris Gutsmiedl-Schümann in ihrer Serie von Reflektionen zur corona-bedingten Online-Lehre. Nach einem Rückblick auf ihre Erfahrungen aus zwei Semestern und sorgfältiger Abwägung der Argumente schlussfolgert sie: Kamera aus, wann immer möglich. Nur dann, wenn es didaktisch erforderlich sei, solle man um das Einschalten der Videofunktion bitten.

"Präsenzfreies Semester (8): Kamera an? Kamera aus?" (Blog archaeologiskop, 18.1.): https://archiskop.hypotheses.org/630

 

7         Open Access & Open Data

7.1        Vier Leidener Merowingerzeit-Gräberfeldmonografien neu im Open Access

Das große Leidener Frühmittelalterprojekt "Rural riches" (Frans Theuws) hat seit 2012 u. a. insgesamt fünf umfangreiche Gräberfeldmonografien veröffentlicht. In der Reihe "Merovingian Archaeology of the Low Countries" erschienen im Habelt-Verlag die Vorlagen von Bergeijk, Posterholt, Sittard / Obbicht / Stein, Maastricht St. Servatius und zuletzt Broechem. Seit Februar werden die ersten vier Bände dieser Reihe auch kostenlos als PDF angeboten. Dabei handelt es sich nicht um Scans, sondern um Druck-PDFs, d. h. die Bücher können nach Stichwörtern durchsucht werden. Wer sich vorab kurz über die Publikationen informieren möchte, sei auf die Rezensionen von Frank Siegmund in den Arch. Inf. verwiesen.

Rural riches, Free publications from previous projects (etwas versteckt: ganz nach unter scrollen!): https://www.merovingianarchaeology.org/blog/about/publications-on-merovingian-archaeology/

Siegmund, F. (2017). Rezension zu: Theuws, F. & Kars, M. (eds) (2017). The Saint-Servatius complex in Maastricht: The Vrijthof excavations (1969-1970). (Merovingian Archaeology in the Low Countries 4). Bonn: Habelt. - Archäologische Informationen 40, 2017, 556-558. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/42594

Siegmund, F. (2017). Rezension zu: ) Kars, M., Theuws, F. & de Haas, M. (2016). The Merovingian cemeteries of Sittard-Kemperkoul, Obbicht-Oude Molen and Stein-Groote Bongerd (Merovingian Archaeology in the Low Countries 3). Bonn: Habelt. - Archäologische Informationen, 40, 2017, 554-555. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/42593

 

7.2        "Plan S" - aktueller Status und Rückblick

Mona Alina Kirsch (NSUB Göttingen) bilanziert in ihrem ausführlichen Aufsatz "Plan S in der Diskussion - Reaktionen aus der Wissenschaft auf die internationale Open-Access-Initiative" den Ist-Zustand um dieses von "cOAlition S" getragene Projekt, das einen dezidiert anderen Ansatz zur Beförderung von Open Access sucht als das deutsche Konsortium DEAL. Ihres Erachtens wird Plan S, dessen Einführung für 2021 ansteht, große Auswirkungen auf die wissenschaftliche Publikationslandschaft haben. Ob die Sorgen von Kritikern - wie z. B. höhere APCs - berechtigt seien, werde sich allerdings erst zeigen, wenn viele Länder an Plan S teilhaben. Ein Beitrag in einer neuen Open-Access-Zeitschrift im Wissenschaftsverlag Wiley (!) setzt ähnlich an, mit einer Rückschau auf die Genese und Entwicklung von Plan S. Die naturwissenschaftlich orientierte Autorengruppe wirft Plan S vor, sich allein auf das Publizieren zu fokussieren, während es tatsächlich um mehr gehe - um Kollaboration, um Open Data usw. Nicht zuletzt: die Idee, Open Access mache Wissenschaft den Bürgern wieder zugänglich, die sie bezahlten, gehe fehl, weil die zumeist hochspezialisierten Publikationen für die überwiegende Mehrheit der Menschheit auch bei technisch freiem Zugang nicht verständlich seien. Es brauche daher zusätzlich zur wissenschaftlichen Publikation stets "Übersetzungen" für die Allgemeinheit. Kurz: ein schneller Wandel im Sinne Plan S könne Schaden anrichten, ohne Nutzen zu bringen - Thesen, die gewiss in eine Wiley-Zeitschrift gehören.

Kirsch, M. A. (2021). Plan S in der Diskussion - Reaktionen aus der Wissenschaft auf die internationale Open-Access-Initiative. Perspektive Bibliothek 9(1): https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bibliothek/article/view/77850

Kamerlin, Sh. C. L., Allen, D. J., de Bruin, B., Derat, E., Urdal, H. (2021). Journal Open Access and Plan S: Solving Problems or Shifting Burdens? Development and Change 0(0): https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/dech.12635

 

8         Bürger und Archäologie & Citizen Science

8.1        Dass Andere genauso gern nachdenken wie man selbst, ist eine lebensfremde Annahme

"Wieso glauben Menschen, die akademisch ziseliert und bedeutungsvoll auf Welt und Nachwelt blicken, ihre Leidenschaft würden auch diejenigen pflegen, die nichts anderes wollen und können, als ihr Leben auf die Reihe zu kriegen?" Das fragt die Poetik-Professorin Kerstin Hensel im Deutschlandfunk Kultur. Nein, die Bevölkerung reflektiere nicht ständig ihr Tun, und das aus guten Gründen! Lesenswerter kurzer Beitrag, nicht nur für Diejenigen von uns, die davon träumen, Bürgerinnen und Bürger würden nur zu gerne die Archäologie so betrachten, wie wir Archäologinnen und Archäologen es tun.

Kerstin Hensel: "Arroganz der Eliten. Warum die Überheblichkeit mancher Intellektueller nervt" (Deutschlandfunk, 26.1.): https://www.deutschlandfunkkultur.de/arroganz-der-eliten-warum-die-ueberheblichkeit-mancher.1005.de.html?dram:article_id=491390

 

8.2        "Rechtsradikale, sexistische und homophobe Beträge": Beschwerden über WhatsApp-Chat der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz:

Ein kurzer Rückblick: Im Dezember hatten menschliche Wirbelsäulen, arrangiert als "Pflanzen" in Blumentöpfen, für öffentliche Empörung über die "Landesarchäologie Koblenz" gesorgt: Eine ehemalige Mitarbeiterin hatte den Schreibtisch-"Schmuck" wohl im Mai 2019 gebastelt, Mitarbeiter amüsierten sich in einem Cartoon darüber, und die Behörde duldete dies offenbar über anderthalb Jahre lang. Außerdem gab es in der Außenstelle Koblenz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Konflikte um das Bild eines völkischen Malers, das erst nach Protesten von Mitarbeitern wieder abgehängt wurde. Es tobe, so äußern sich mehrere Mitarbeiter der Behörde, "seit einigen Wochen im Koblenzer Landesamt ein lautloser Streit zwischen Mitarbeitern und Behördenleitung". Ende 2020 trugen dies mehrere Whistleblower aus der Denkmalbehörde in die ARD (DGUF-Newsletter vom 11.1.2021 Punkt 7.1). Zehn Tage später berichten die Medien schon über den nächsten Vorfall. Diesmal sind es Sondengänger, mit denen die Behörde zusammenarbeitet, die sich an die ARD wenden. Sie empören sich über Beiträge von sechs Sondengängern in einer WhatsApp-Gruppe von insgesamt 30 Sondengängern aus der Gegend um Ahrweiler, welche ein Mitarbeiter der Außenstelle Koblenz "als Administrator in wissenschaftlichen Angelegenheiten" begleitete. Dieser Mitarbeiter habe "rechtsradikale, sexistische und homophobe Beträge in nicht unerheblichem Umfang akzeptiert und sogar durch eigene Beiträge entsprechend partizipiert". U. a. wurde eine Mitarbeiterin der Landesarchäologie im benachbarten Bundesland NRW als "Archäologin zum Anfassen" und als "Krähe" beleidigt. Mit dem Mitarbeiter der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz wollen die Sondengänger aus der Gruppe, die sich beschweren, "auf keinen Fall zusammenarbeiten". Zuerst beschwerten sich über die Vorgänge bei der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer brieflich und legten Screenshots der Chatverläufe bei. Als daraus – so klingt es in einem Beitrag des SWR an – keine Konsequenzen folgen, wenden sie sich an die für Rheinland-Pfalz zuständige zweitgrößte ARD-Anstalt, den SWR, der bereits kurz zuvor über die Außenstelle Koblenz berichtet hatte und nun auch dieses erneute Thema aufgreift. Den Journalisten bestätigt das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur (MWWK) in Mainz die Informationen der Sondengänger; es beurteilte die WhatsApp-Beiträge als "indiskutabel und unangemessen". Und welchen Lösungsweg schlägt das Ministerium ein? Rascher Rückzug lautet offenbar die Devise: Die Landesarchäologie distanziere sich von den Inhalten. Sie sei weder Betreiber des Chats noch für dessen Inhalte verantwortlich. Das Ministerium weiter: "Die Art der Beiträge hat uns veranlasst, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuweisen, nicht nur aus dieser, sondern auch aus anderen Sondengänger-Chat-Gruppen auszutreten." Außerdem prüfe das Ministerium, "eine dienstrechtliche Überprüfung des Sachverhaltes einzuleiten. Das Verfahren dauert noch an." Und in den Sozialen Medien? In Sondengänger-Gruppen auf Facebook heißt es z. B.: "Fazit: Einfach bedeckt halten. Kein Mensch braucht eine Zusammenarbeit [mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe] unter diesen Bedingungen, denn die Felder sind weit und der Wald ist dunkel." Andere Sondengänger mit Nachforschungsgenehmigung fürchten um ihren guten Ruf: "Trauerspiel! So wird man [als Sondengänger] wieder in eine Ecke gedrängt, in der man nichts verloren hat." Und Carsten Konze aka German Treasure Hunter fragt: "Warum schreiben mich offizielle Sucher der Außenstelle [Koblenz] an und berichten von undemokratischen Zuständen, einem Klima der Angst und Klüngelei? […] So macht sich die Generaldirektion Kulturelles Erbe auf jeden Fall sehr angreifbar, was extrem schade ist, da gerade die Außenstelle Speyer so tolle Arbeit *für* eine gute Zusammenarbeit geleistet hat."

Ahmet Şenyurt: "Rassismus, Pornos, Weltkriegsbombe - Beschwerden über WhatsApp-Chat der Landesarchäologie" (SWR Aktuell, 20.1.): https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/recherche-unit-whatsapp-chat-2001-2021-100.html

"Öffentliche Empörung über menschliche Wirbelsäulen in Blumentöpfen" (DGUF-Newsletter vom 11.1.2021 Punkt 7.1): https://www.dguf.de/ausgaben-jan-2020-ff/archive/523-dguf-newsletter-vom-11-01-2021?userid=-&tmpl=raw&language=de-DE#_Toc61281319

 

9         Ausstellungen und Museen

9.1        Bund fördert Neubau des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen mit 1,5 Mio. Euro

In den nächsten drei Jahren wird der Bund mit seinem Programm "Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland" den Neubau des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen (Bodenseekreis) fördern; dafür werden 1,5 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. "Die nationale Bedeutung des Museums ergibt sich aus der zentralen Aufgabe der Vermittlung des UNESCO-Weltkulturerbes – über Generationen und alle Bevölkerungsschichten hinweg", sagte Petra Olschowski, die Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. "Die Anlage und die Präsentation der Sammlung sind einzigartig." Mit dem Geld soll ein Erweiterungsbau realisiert werden. Das Pfahlbaumuseum hofft, dafür und für einen Umbau des Bestandsgebäudes noch weitere Förderungen der öffentlichen Hand oder von privater Seite zu erhalten.

"1,5 Millionen Euro für Pfahlbaumuseum: 'Es ist wirklich eine Sensation, dass ein dezentrales Museum so etwas bekommt'" (Südkurier, 15.1.): https://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis/uhldingen-muehlhofen/15-millionen-euro-fuer-pfahlbaumuseum-es-ist-wirklich-eine-sensation-dass-ein-dezentrales-museum-so-etwas-bekommt;art372496,10712181

Website des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen: https://www.pfahlbauten.de/

 

9.2        Direktoren der SPK-Museen streben mehr Autonomie an

Im Juli 2020 empfahl der Wissenschaftsrat in einem von der Kulturstaatsministerin M. Grütters angefragten Gutachten die Auflösung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK): sie sei zu groß, zu hierarchisch, zu verbürokratisiert (DGUF-Newsletter vom 31.7.2020 Punkt 9.2). Der Donner war laut, die Resonanz erwartbar hoch, doch nach wenigen Wochen der medialen Aufgeregtheit wurde es deutlich stiller um das Gutachten. Und jetzt, ein halbes Jahr später? - und damit quasi zur Halbzeit der Reformplanung, denn "bis Mitte 2021 wollen wir konkrete Vorstellungen zur Autonomie der Einrichtungen, aber auch zur Rolle der Stiftung insgesamt haben" (SPK-Präsident H. Parzinger am 29.10.2020). In einem ausführlichen Interview mit dem Tagesspiegel berichten nun die Museumsleiter Friederike Seyfried (Ägyptologie) und Matthias Wemhoff (Mittelalter- und Neuzeitarchäologie) aus ihrer Sicht über den aktuellen Stand der Debatte. Es habe sich gelohnt, dass sich im August 2020 die 19 betroffenen Direktorinnen und Direktoren der in der SPK gebündelten Museen in einem offenen Brief zu Wort gemeldet hätten, der vor allem verhindern wollte, bei der Planung der anstehenden Reform übergangen zu werden. Aus dem Interview geht deutlich hervor, wo es die Museumsdirektoren drückt. Sätze wie "Die bisherige Organisation mit einer Generaldirektion und darüber angesiedelten Verwaltung funktioniert nicht mehr. Wir brauchen größere Effizienz, es gibt zu viel Hierarchie" (Wemhoff) und "Dazu wünschen wir einen neuen kollegialen Führungsstil" (Seyfried) sind eindeutig. Einstweilen hätten die Direktoren sich zu vier Clustern organisiert, die jeweils auf Zeit einen der Ihren zum Cluster-Sprecher wählen. Offenbar auch ihr Organisationsmodell für die Zukunft: "Künftig sollen vier Sprecher jeweils die Cluster vertreten und damit den Verbund der Staatlichen Museen repräsentieren" (Seyfried) - womit man sich auch gegen den Vorschlag des Wissenschaftsrates wende, einen Generalintendanten einzusetzen. Das Vorbild für eine solche, kollegiale Führung der SPK-Museen sei eher der Wirtschaft oder den Universitäten entliehen, "wo die Leitung ebenfalls auf Zeit übertragen wird" (Wemhoff).

"Stiftung Preußischer Kulturbesitz: 'Wir spüren eine Befreiung'" (Tagesspiegel, 16.2.): https://www.tagesspiegel.de/kultur/stiftung-preussischer-kulturbesitz-wir-spueren-eine-befreiung/26917602.html

"Wissenschaftsrat empfiehlt Auflösung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) in kleinere, autonome Einheiten – und was seitdem geschah" (DGUF-Newsletter, 31.7.2020): https://www.dguf.de/ausgaben-jan-2020-ff/archive/57-dguf-newsletter-vom-31-07-2020?userid=-&tmpl=raw#_Toc47096983

 

 

10    Gastkommentar

10.1    Eindrückliche Darstellung der Ausgrabungen in Sutton Hoo, mit erzählerischen Schwächen – Review zu "Die Ausgrabung" (Netflix 2021). Von Jens Notroff

1939, am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, der bereits im Nebel hinter der eindrucksvoll fotografierten englischen Landschaft lauert und mit Verdunklungsübungen, marschierenden Soldaten und tief fliegenden Jagdflugzeugen in die sorgsam inszenierten Postkartenidylle hereinbricht, beauftragt die verwitwete Landbesitzerin Edith Pretty (Carey Mulligan) den Archäologen Basil Brown (Ralph Fiennes) mit der Ausgrabung eines der monumentalen Grabhügel auf ihrem Grundbesitz: "The Dig" (Die Ausgrabung, Regie: Simon Stone, Netflix 2021) stellt, "nach einer wahren Geschichte" – und dem gleichnamigen Roman (2007) aus der Feder des englischen Journalisten und Erzählers John Preston, die Ausgrabungen eines angelsächsischen Bootsgrabes aus dem 7. Jh. bei Sutton Hoo in Suffolk in den Mittelpunkt einer (um die Tragik und Romantik zwischenmenschlicher Beziehungen ergänzten) Erzählung.

Ohne weit vorzugreifen, kann wohl festgehalten werden, dass Browns Vorhaben sensationell erfolgreich sein, dass dieser Erfolg sich bald herumsprechen und namhafte Akademiker anziehen wird – die schließlich die Ausgrabung des inzwischen von nichts weniger als nationaler Bedeutung eingeschätzten Fundes an sich ziehen.

Es ist dieses den Film durchdringende britische Klassenbewusstsein, das Nebeneinander von "working man" und Grundbesitzerin (von deren Titel auf das Land Ausgrabung und Entdeckung maßgeblich abhängen) einerseits, insbesondere aber der als zentrales Handlungselement herausgestellte Gegensatz zwischen archäologischem Ausgräber und akademischen Archäologen, das innehalten lässt und nachdenklich stimmt: bezüglich Genese und Geschichte der archäologischen Disziplinen – aber auch die gegenwärtige Diskussionen um Beitrag und Teilhabe aktueller Feldforschungsprojekte spiegelnd, in denen i. d. R. lokale Arbeitskräfte als (durchaus erfahrene) Ausgräber von Fachwissenschaftlern (einschließlich Studierender) angeleitet werden ... mit gelegentlich umgekehrtem Umfang an Grabungserfahrung.

Jener Blick auf archäologische Kernthemen zeichnet den Film aus. Die Inszenierung nimmt sich Zeit, den Moment der Entdeckung hinauszuzögern und als Ergebnis eines Ausgrabungs-PROZESSES darzustellen, in dem Freilegung und Dokumentation selbstverständlich Hand in Hand gehen und einer Eisenniete ebensolche Bedeutung für die Einordnung des Fundes beigemessen wird wie einer Goldmünze als datierendes Element.

Im Vergleich dazu fällt der restliche Cast, dem das Drehbuch angesichts der Sensation der archäologischen Entdeckung kaum Möglichkeiten zur Entfaltung lässt, erzählerisch blass aus. Für die Handlung ist das tatsächlich wenig von Belang, wird doch die zentrale Erkenntnis, dass Archäologie eben nicht (nur) der Blick in episodenhafte Vergangenheit(en), sondern auch Brücke zur eigenen Gegenwart ist, v.a. in den Dialogen zwischen Brown und Pretty über persönlichen Verlust, individuelle Vergänglichkeit und historische Kontinuität ausgehandelt.

Die Anreicherung der Geschehnisse um dramaturgische Elemente wie die fiktive Dreiecksbeziehung um das (reale) Archäologenpaar Peggy und Stuart Piggot (Lily James und Ben Chaplin) erscheint vor diesem Hintergrund unnötig und bemüht. Insbesondere die Charakterisierung von Peggy Piggot (a.k.a Margaret Guido, geb. Preston – der Autor der Buchvorlage ist ihr Neffe), die als ausgewiesene Siedlungsarchäologie-Expertin Bekanntheit erlangen wird und bereits zum Zeitpunkt der Sutton-Hoo-Entdeckung als erfahrene Ausgräberin gelten konnte, im Film hingegen bestenfalls als etwas ungeschickte Begleitung ihres Ehemannes in Erscheinung tritt, irritiert. Selbst wenn man annehmen mag, dass dahinter die Absicht steckt, die marginalisierte Rolle weiblicher Archäologinnen jener Zeit zu illustrieren, tappt der Film angesichts des ohnehin an weiblichen Mitgliedern armen Grabungsensembles damit in die selbstgestellte Sexismus-Falle.

Die Erzählung kulminiert schließlich, die historische Realität des nun sehr realen Krieges tritt aus dem Nebel hervor, im Moment Neville Chamberlains Rede an die Nation – von allen Beteiligten im Radio verfolgt. Dem in unserer Vorstellung zum Ruhme eines unbekannten Helden aus grauer Vorzeit aufgeschütteten Hügelgrab werden sich bald unzählige neuer Gräber beigesellen. Für Ruhm bleibt dann wenig Raum.

"Die Ausgrabung": Trailer und Informationen zum Film (Netflix): https://www.netflix.com/de/title/81167887

"Sutton Hoo excavation romance is none too deep. Carey Mulligan and Ralph Fiennes unearth an Anglo-Saxon burial ship, but leave their emotions interred, in this robustly English drama" (The Guardian, 13.1.): https://www.theguardian.com/film/2021/jan/13/the-dig-review-carey-mulligan-ralph-fiennes

"Inside 'The Dig': how the star-studded film squares with reality of Sutton Hoo. Curator Sue Brunning looks at how the silver screen portrayal compares to the momentous historical excavation" (British Museum, 28.1.): https://blog.britishmuseum.org/inside-the-dig-how-star-studded-film-squares-with-reality-of-sutton-hoo/

"Digging the dirt: The true story behind The Dig" (National Trust): https://www.nationaltrust.org.uk/sutton-hoo/features/digging-the-dirt-the-true-story-behind-the-dig

 

11    Und sonst …

11.1    Carcassonne Jäger und Sammler - Prokrastination mit Fachbezug

Wetter schlecht, Läden zu und jede Menge zu tun, aber einfach keine Lust auf Grabungsaufarbeitung in der Freizeit oder irgendein fachbezogenes ehrenamtliches Engagement? Kennen (natürlich auch) wir - aber für Brettspielfans hätten wir da einen Tipp: das Spiel "Carcassonne Jäger und Sammler"! Es handelt sich dabei um eine Version vom Oktober 2020 des originalen, gleichnamigen Spiels von 2002, dass sich bereits im Schrank des Newsletterredakteurs befindet. Carcassonne Jäger und Sammler ist wiederum eine Variante des (zumindest unter Brettspielfans) berühmten Legespiels "Carcassonne" von Klaus-Jürgen Wrede, zu dem mittlerweile 15 eigenständige Spiele und zahlreiche Erweiterungen veröffentlicht sind. Anders als das "mittelalterliche" Original ist die Jäger-und-Sammler-Variante thematisch in der Altsteinzeit angesiedelt, das Spielprinzip aber bleibt gleich: Bei jedem Spielzug wird ein Landschaftsplättchen gelegt, so dass Zug um Zug eine (allerdings nur entfernt eiszeitlich wirkende) Landschaft aus Wäldern, Wiesen, Flussläufen und Seen entsteht, in der es reichlich jagdbares Wild wie Rothirsche, Auerochsen und Mammuts gibt. Und Fische satt. Und Säbelzahntiger. (Seit Ice Age müssen die sein, Höhlenlöwen oder -hyänen reichen da nicht mehr. Zähne zu kurz oder so ...) Auf die neu angelegten Jagdgründe kann der Spieler Spielfiguren, in der Carcassonne-Welt "Meeple" genannt, platzieren und so Beute, pardon, Punkte machen, was Glück und Strategie gleichermaßen fordert. Was es auch noch gibt, sind Menhire, die ergeben einen Extrazug. Was die in der Altsteinzeit machen, ist nicht so klar - aber die sind ja auch schwierig zu datieren, die Menhire. Und mit Menhir ist hier vielleicht auch mehr so generell ein heiliger Ort gemeint. Oder so. Wie auch immer: Eine Spielrunde dauert rund 40 Minuten, mitspielen können 2-5 Personen, empfohlen ist das Spiel ab 8 Jahren. Aber die interessante Frage ist ja: Macht denn das auch Spaß? Klare Antwort: Tut es, sehr sogar. Wer über seinen professionellen Schatten springen und bei den inhaltlichen und grafischen Details (Menhire!?! Säbelzahntiger!?! Mammuts und Wald!?!) mal Fünfe gerade sein lassen kann (so Zeug merkt von den Archäologie-Muggles am Spieltisch eh keiner...), hat mit dem Jäger-Sammler-Carcassonne ein nettes, unkompliziertes Spiel, das man auch mit kleineren Kindern schnell mal spielen kann, ohne gleich ein telefonbuchdickes Regelwerk auswendig lernen zu müssen. Bleibt als letzte Frage: Was ist der Unterschied zwischen alter Spielversion von 2002 und neuer Spielversion von 2020 (außer dem Zahlendreher in der Jahreszahl)? Im Prinzip keiner, Spielablauf und -regeln sind mit winzigen Ausnahmen identisch. Allerdings wurde, offenbar zum 20. Jubiläum des Original-Carcassonnes, die Jäger-und-Sammler-Variante grafisch neu überarbeitet. Dabei mutierten, geologisch interessant, die alten Goldklumpen zu Menhiren, und der langweilige Standard-Tiger von früher hat jetzt Säbelzähne. Sonst tut sich eigentlich nix. Wer die alte Spielversion hat (und kein Brettspielsammler ist), braucht die neue also nicht wirklich. In diesem Sinne wird der Newsletterredakteur das neue Spiel in gute Hände abgeben und aus nostalgischen Gründen mit der alten Version weiterspielen. Fazit: Überhaupt nicht neu, aber trotzdem noch immer gut quarantänegeeignet! Anmerkung: Das hier vorgestellte Spiel wurde der DGUF-Newsletterredaktion dankenswerterweise vom Hans im Glück Verlag als Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Carcassonne Jäger und Sammler (Hans im Glück Verlag): https://www.hans-im-glueck.de/spiele/carcassonne-js.html

Carcassonne-Variante "Jäger und Sammler" bei Wikipedia : https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_auf_Carcassonne_basierenden_eigenst%C3%A4ndigen_Spiele#Die_J%C3%A4ger_und_Sammler

Eintrag zum Spiel auf luding.org: https://luding.org/Skripte/GameData.py/DEgameid/14155

Spielanleitung der alten Version bei der Wayback Machine: https://web.archive.org/web/20120417070320/http://www.hans-im-glueck.de/fileadmin/data_archive/Regeln/Carc_J_S_RegelWeb.pdf

 

11.2    Frühkeltische Fürstensitze Glauberg und Heuneburg werden für das nationale Vorauswahlverfahren zum UNESCO-Welterbe vorgeschlagen

Es ist einer der ersten Schritte von vielen, die folgen könnten oder nicht: Baden-Württemberg und Hessen schlagen gemeinsam die Fürstensitze Glauberg und Heuneburg für das nationale Vorauswahlverfahren vor. Beide Orte seien "Teil eines herausragenden Netzwerks frühkeltischer Fürstensitze und gehören zu den bedeutendsten Geländedenkmalen der keltischen Geschichte. Als wirtschaftliche und kulturelle Zentren ihrer Zeit beeindrucken sie uns mit ihren stadtartigen Strukturen, gewaltigen Befestigungsanlagen und Großgrabhügeln mit reich ausgestatteten Prunkgräbern bis heute". Das erklärten die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und die hessische Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn. Für die Vorschlagsliste (auch Tentativliste genannt) für zukünftige Nominierungen zur Aufnahme in die Welterbeliste können pro Bundesland zwei Nominierungsvorschläge in das aktuelle Auswahlverfahren eingebracht werden. Deutschland kann jedes Jahr eine Stätte bei der UNESCO nominieren.

"Glauberg und Heuneburg sollen UNESCO-Welterbe werden" (Hessische Landesregierung, 10.2.): https://www.hessen.de/presse/pressemitteilung/glauberg-und-heuneburg-sollen-unesco-welterbe-werden

 

11.3    Neues Blog archäologischer Sammlungen: "das Rollpodest"

Seit dem 15.1. gibt es mit dem "Rollpodest" eine Plattform für Termine und Aktuelles archäologischer Sammlungen, für Berichte über Projekte und Forschungen und für Blicke hinter die Kulissen. Dabei handelt es sich zugleich um das Blog der archäologischen Sammlungen der Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen. Unter den bisherigen Themen: "Erkenntnisse zum Verständnis einer Tübinger Scherbe", "Antikensammlung in Coronazeiten: ein Lagebericht aus Heidelberg" und: Wie viel Flüssigkeit geht in einen ordentlichen Mischkessel fürs griechische Trinkgelage?".

https://rollpodest.hypotheses.org

 

11.4    EU-Projekt "REVIVAL!": Baukulturelles Erbe von hoher Bedeutung für Lebensqualität und nachhaltige Entwicklung von Kommunen

"Mit ihren historischen Stadtkernen weisen viele Klein- und Mittelstädte in Deutschland und Europa eine ganz eigene Lebensqualität auf", schreibt das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung. "Die meisten Studien und Städte-Rankings zum Thema berücksichtigen dieses Potenzial von kulturellem Erbe allerdings kaum." Ein deutsch-polnisches Team von Wissenschaftlern untersuchten anhand der Regionen Niederschlesien und Sachsen, inwieweit kulturelles Erbe – vor allem die Baukultur in historischen Stadtkernen, aber auch immaterielles Erbe wie etwa Handwerkstraditionen – zur Lebensqualität und auch zur nachhaltigen Entwicklung von Klein- und Mittelstädten beiträgt. Zu den bearbeiteten Themen gehören der Spagat zwischen Denkmalschutz und Modernisierungsbedarf bei der Nutzung historischer Gebäude oder die Fragen, wie sich die jüngere Generation für das kulturelle Erbe begeistern lasse und wie sich die Baukultur auch dazu nutzen ließe, die Abwanderung aus den Städten zu stoppen. Deutlich wurde aber auch, dass es von den lokalen Rahmenbedingungen abhängt, ob die Städte das Potenzial ihres kulturellen Erbes auch aktivieren können: "Die bloße Existenz von historischer Bausubstanz und immateriellem Erbe impliziert nicht, dass sie automatisch auch einen Beitrag zur Lebensqualität in den Städten leisten", sagt Projektleiter Robert Knippschild. Die Liste der Indikatoren, die den Beitrag von kulturellem Erbe zur Lebensqualität von Städten messbar machen sollen, ist noch nicht abgeschlossen. Die Indikatoren sollen später Eingang finden in Studien zu städtischer Lebensqualität und in die viel beachteten Städte-Rankings. Für die Region sowie die beteiligten vier sächsischen und sechs polnischen Städte liegen indes bereits Strategieempfehlungen vor.

"Baukultur als Faktor für Lebensqualität – historische Klein- und Mittelstädte angemessen bewerten" (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, 25.1.): https://www.ioer.de/presse/einzel-2021/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=600&cHash=a32d01b4be9db49da3bc204e2af9f261

"Baukultur für mehr Lebensqualität aktivieren – Strategieempfehlungen für Städte in Sachsen und Polen" (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, 1.2.): https://www.ioer.de/presse/einzel-2021/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=602&cHash=862ba6a8e8b22696075604676b126f1f

 


 

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